| Titel: | Pressen mit elektrisch erwärmten Presspänen. | 
| Autor: | Ernst Müller | 
| Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, S. 254 | 
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                        Pressen mit elektrisch erwärmten Presspänen.Nach einem vom
                                 										Verfasser freundlichst übersandten Sonderabdruck aus der Leipziger Monatsschrift für Textilindustrie, 1894 Heft
                                    								4.
                        (System Sarfert, D.
                           								R. P. Nr. 72649.)
                        Von Prof. Ernst Müller
                           								in Hannover.
                        Mit Abbildungen.
                        Pressen mit elektrisch erwärmten Presspänen.
                        
                     
                        
                           Die Glanzgebung bei den Wollgeweben durch Pressen beruht auf der Bildsamkeit des
                              									Wollhaares. Das Wollhaar – als in der Hauptsache aus Hornsubstanz bestehend – wird
                              									durch Erwärmen bildsam gemacht, erweicht, wobei auch das durch die Erwärmung in
                              									Dampf verwandelte hygroskopische Wasser eine gewisse Rolle mitspielt; in dem
                              									erweichten Zustande wird dann das Wollhaar durch Pressen in die neue Form
                              									übergeführt und behält nach dem Erkalten seine neue Form bei. Wenn wir also bei der
                              									Veredelung der Gewebe durch Pressen einen gleichmassigen, bestimmten Glanz
                              									hervorrufen wollen, so muss einerseits der Druck auf die Flächeneinheit ein
                              									gleichmassiger und bestimmter sein, andererseits muss die Erweichung durch Erwärmung
                              									auf einen bestimmten Wärmegrad stattfinden und eine gleichmässige sein, endlich muss
                              									das Gewebe unter Druck erkalten.
                           In dieser Beziehung erscheinen auf den ersten Augenblick die Walzenpressen mit Mulden
                              									als die vollkommensten, da sie als durch Dampf geheizt gleichmässig erwärmen können
                              									und auch ein bestimmter Druck gegeben werden kann, doch sind die Walzenpressen nicht
                              									für alle Waaren geeignet, da die Zeitdauer des Erwärmens und Pressens unter Druck
                              									gering ist, so dass namentlich beim Abkühlen vielfach ein Nachheizen durch die
                              									inneren Schichten und damit ein Nachlassen des Glanzes an der Oberfläche eintritt.
                              									Es lässt sich nicht für alle Waarengattungen durch die Walzenpressen der
                              									gleiche Effect wie mittels der Plattenpresse erzielen, welche in Folge dessen noch
                              									einen grossen Theil des Feldes ausschliesslich behauptet.
                           Bei den Plattenpressen, wo die Waarenstücke eingespänt in erheblicher Anzahl über
                              									einander liegen, werden wir allerdings eine ausserordentlich gleichmässige
                              									Druckvertheilung erzielen können, aber die bislang übliche Erwärmung, Heizung der
                              									Stücke ist nicht so, dass sie als gleichmässig angesprochen werden kann. Es
                              									geschieht die Erwärmung von den Stückenden aus und die Wärme muss durch das ganze
                              									Stück und die dazwischen liegenden Presspäne hindurch geschickt werden, mithin muss
                              									an den Enden immer eine erhebliche Wärme mehr vorhanden sein, damit auch die
                              									mittleren Gewebelagen genügend geheizt werden. Gleichviel nun, ob die Erwärmung der
                              									an die Stückenden sich anschliessenden Heizplatten durch Feuer stattgefunden hat,
                              									oder ob die Erwärmung durch Dampf oder durch Elektricität stattfindet, immer werden
                              									wir an den Zufuhrstellen einen erklecklichen Ueberschuss von Wärme haben müssen
                              									gegenüber den mittleren Stofflagen, was bei einigermaassen voluminösen Stücken nicht
                              									erreichen lässt, dass eine genügend gleichmässige Vertheilung der Wärme bezieh.
                              									Erweichung des Wollhaares und somit eine gleichmässige Glanzgebung durch Pressen
                              									eintritt.
                           Wollen wir eine gleichmässige Erwärmung auch bei beliebig langen und dicken Stücken
                              									haben, so muss die Wärme zwischen den Stofflagen der Stücke selbst erzeugt und an
                              									die Stückoberfläche möglichst direct abgegeben werden; dies kann bei den
                              									Plattenpressen nur der Fall sein, wenn die Presspäne selbst geheizt werden. Von
                              									diesem Gedanken ausgehend, hat J. Sarfert in
                              									Reichenbach-Vogtland die Presspäne so ausgebildet, dass sie elektrisch geheizt
                              									werden können. Wenn nun auch die Sache sehr einfach erscheint, so sind doch die
                              									praktischen Schwierigkeiten der Ausführung erheblich. Einmal muss man den
                              									Elektricitätsleiter von entsprechend hohem Leitungswiderstande anwenden, um die
                              									nöthige Erwärmung herauszubekommen, andererseits müssen die Heizpresspäne leicht,
                              									haltbar und so beschaffen sein, dass sie dauernd den ursprünglichen Glättezustand
                              									beibehalten.
                           Die Sarfert'schen Heizpresspäne bestehen aus zwei
                              									dünnen, einseitig geglätteten Presspänen – welche, als aus Zellstoffarten (reinen
                              									Lumpenfasern) bestehend, Elektricitätsnichtleiter sind – zwischen welchen ein
                              									metallischer Elektricitätsleiter eingelagert ist, der sich beim Durchfliessen des
                              									Stromes erwärmt. Im Zickzack laufende Drähte zu verwenden, geht nicht, weil die
                              									Drahtwindungen bei dem hohen Pressdruck sich auf der Glanzseite der Späne
                              									durchpressen und dadurch die glatte Oberfläche zerstören. Es sind deshalb
                              									Nickelinbleche von 0,1 mm Stärke verwendet, welche in Zickzackbändern aus vollen
                              									Tafeln ausgeschnitten sind, wie es Fig. 1 erkennen
                              									lässt. Die Zwischenräume zwischen den Metallwindungen müssen natürlich wieder mit
                              									Nichtleitern (Cartonstreifen) ausgefüllt sein, derart, dass sie im
                              									zusammengepressten Zustande genau die Dicke des Bleches annehmen.
                           Die Vereinigung der Papptheile geschieht mittels eines Klebstoffes, der die Erwärmung
                              									aushält, ohne brüchig zu werden und auch gegen Feuchtigkeit widerstandsfähig ist; so
                              									waren z.B. Späne, die 8 Tage in Wasser gelegt worden waren, noch schwierig zu
                              									schälen.
                           
                           Die Stromzuleitung erfolgt an einem Ende der Zickzacklinie, z.B. bei a (welche Stelle zu diesem Zwecke durch aufgelöthete
                              									Blechstücke verstärkt ist), die Stromableitung an dem ebenso ausgerüsteten Ende bei
                              										b. Der Anschluss an die Hauptleitung geschieht
                              									durch eine Klemmfeder (Fig. 2) mit biegsamem
                              									Drahtanschlusstück l; die Klemmfedern werden einfach
                              									über die freien Metallenden bei a und b übergeschoben. Das andere Ende des Drahtes ist mit
                              									dem Backen c ausgerüstet, welcher den Anschluss an die
                              									Hauptleitung vermittelt.
                           Textabbildung Bd. 292, S. 255Fig. 1.Sarfert's Presspäne. Die Heizplatten sind 1,3 mm dick und wiegen bei einer Grösse von 725 × 565
                              									mm nur je 725 g, während ein einfacher Presspan gleicher Grösse von 0,65 mm Dicke
                              									245 g wiegt, die Handhabung der Heizpresspäne ist somit sehr einfach und leicht,
                              									wobei noch zu berücksichtigen ist, dass jede vorhandene Presse ohne Umänderung für
                              									das neue Verfahren zu benutzen und ein jeder Heizpresspan in allen vorhandenen
                              									Pressen verwendbar ist.
                           Die Durchführung des Pressverfahrens gestaltet sich in folgender Weise: Von der
                              									Arbeiterin werden beim Einspänen der Stücke an Stelle der gewöhnlichen Presspäne in
                              									erfahrungsmassig zu bestimmenden Abständen elektrisch zu heizende Presspäne mit
                              									eingespänt, im Allgemeinen also des Oefteren für dickere, weniger oft für leichtere
                              									Waare; die fertig gespänten Stücke werden in der Presse über einander geschichtet
                              									und lose zusammengepresst, die Klemmfedern auf die Heizpresspäne aufgeschoben,
                              									wodurch die Presse für das Heizen fertig ist. Es folgt ein stufenweises, leicht zu
                              									regelndes Heizen, wobei man mit geringer Stromspannung, also geringerer Erwärmung
                              									anfängt und die Spannung bis auf den gewünschten Werth steigert, so dass das ganze
                              									Stück gleichmässig auf den geforderten Wärmegrad gebracht wird. Die Presse wird
                              									zugedrückt, der Strom unterbrochen und die Presse erkalten lassen.
                           Textabbildung Bd. 292, S. 255Fig. 2.Klemme für Sarfert's Presspäne. Bei hohen Stössen von ungleichmässig breiten Stücken, welche beim
                              									Einsetzen leicht schaukeln, verhindert man dieses durch zeitweise zwischengelegte
                              									rauhe Pappen oder Metallspäne. Letztere können nach Art der Dampfpressplatten so
                              									ausgebildet werden, dass sie durch durchgeblasene oder gesaugte Luft während des
                              									Abkühlens der Presse gekühlt werden können.
                           Die Vortheile des neuen Verfahrens liegen in erster Reihe darin, dass die elektrische
                              									Erwärmung augenblicklich in gleichem Maasse in der ganzen Presse stattfindet, dass
                              									sie eine ganz allmähliche Steigerung der Wärme gestattet und dass die Wärmegrade
                              									innerhalb jeder gewünschten Grenze geregelt werden können. Die Ausbildung der
                              									Presspäne als Heizkörper selbst gestattet, die Wärme möglichst unmittelbar an der
                              									Stelle zu erzeugen, wo sie gebraucht wird, sie somit gleichmässig im ganzen Stücke
                              									zu vertheilen, so dass die Länge der Stücke beim Pressen überhaupt keine Rolle
                              									mehr spielt. Die Handhabung der Heizpresspäne ist, da sie ausserordentlich leicht
                              									sind und im kalten Zustande wie andere Späne mit eingespänt werden, sehr bequem, der
                              									todte Raum in der Presse ist auf ein Minimum beschränkt. Gebotenenfalls können die
                              									eingespänten Stücke gleich unmittelbar in die Presse gelegt werden, wodurch ein
                              									besonderer Transport für das Einsetzen umgangen würde.
                           Ein nicht zu unterschätzender Vortheil ist noch die grosse Reinlichkeit, mit der das
                              									ganze Verfahren vor sich geht. Ferner kommt die in sehr vielen Pressräumen
                              									herrschende Hitze, welche von den Pressplattenöfen herrührt, in Wegfall, somit wird
                              									den beschäftigten Leuten eine grosse Erleichterung geschaffen und die Handhabung
                              									schwerer, heisser Platten fällt weg. Brandpappen zum Schütze der Waaren sind nicht
                              									mehr erforderlich und sind auch die Presspäne dem Verschleisse bezieh. Verbrennen
                              									weit weniger ausgesetzt als wie beim alten Verfahren. Jede vorhandene hydraulische
                              									oder Spindelpresse ist ohne weitere Umänderung für das neue Verfahren benutzbar und
                              									jeder Heizpresspan der vorhandenen Pressen kann gebraucht werden.
                           Ueber Kosten der Einrichtung, sowie über den Kraftverbrauch macht die Quelle
                              									ausführliche Angaben, auf die wir hier jedoch nur verweisen können.