| Titel: | Das Eisen zum Bau von Wohnhäusern. | 
| Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, S. 279 | 
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                        Das Eisen zum Bau von
                           								Wohnhäusern.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 241 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Das Eisen zum Bau von Wohnhäusern.
                        
                     
                        
                           Bemerkenswerthe Mittheilungen über einige Wand- und Deckenconstructionen in den
                              									amerikanischen sogen. unverbrennlichen Stahlrahmen-Gebäuden macht Architekt H. Maier in Konstanz in der Deutschen Bauzeitung, 1894 Nr. 39. Es heisst dort:
                           
                              „In technischer Hinsicht gingen die Amerikaner von jeher ihre eigenen Wege und
                                 										sind allen anderen Völkern weit vorausgeeilt. Ich habe vorigen Sommer viele
                                 										ihrer Constructionen auf dem Gebiete der Baugewerbe an Ort und Stelle eingehend
                                 										studirt und viel Gutes und Nachahmenswerthes gefunden.
                              
                           
                              Im Nachstehenden gebe ich einige Skizzen mit kurzer Beschreibung von feuersicheren
                                 										Bauconstructionen, die auch in weiteren Kreisen bekannt zu werden verdienen.
                                 										Unsere Verfechter des Eisen- oder Gefachstils hatten gehofft, die Ausstellung
                                 										würde diesen so viel gepriesenen und besprochenen Stil etwas vervollkommnet
                                 										bringen, jedoch bot die Ausstellung kein einziges derartiges Gebäude.
                              
                           
                              Dieser unbildsame nackte Skelettstil findet in Amerika keinen Anklang. Man schützt
                                 										in der Regel schon aus technischen Gründen das Eisen mit feuer- und wetterfesten
                                 										Materialien, und aus ästhetischen Gründen umgibt man das Skelett mit Fleisch und
                                 										Blut.
                              
                           
                              Die Ausführung der Stahlrahmen- (steel frame) Gebäude ist eigenartig; es werden
                                 										beispielsweise keine durchgehenden Mauern gegründet, sondern nur Pfeiler für die
                                 										Säulen des Stahlgerüstes.
                              
                           
                              In Chicago ist der Baugrund schlecht und trotzdem werden 21geschossige Gebäude mit
                                 										92 m Höhe ohne jede Gefahr für die Dauerhaftigkeit derselben errichtet. Die
                                 										Gründung geschieht meist auf folgende Weise:
                              
                           
                              Für jeden Pfeiler werden 6 bis 8 Pfähle von etwa 15 m Länge eingerammt und mit
                                 										einem Balkenrost wagerecht abgeglichen. Darauf kommt eine Lage dicht neben
                                 										einander liegender Eisenbahnschienen und quer darüber ein Rost aus neben
                                 										einander liegenden ⌶-Trägern. Die Hohlräume der Roste
                                 										werden mit Cementmörtel ausgegossen. Die oberen Trägerflanschen bilden das
                                 										Auflager für die gusseisernen Säulensockel, die, quer zum ⌶-Trägerrost liegend, den Druck auf sämmtliche Träger übertragen und
                                 										diese wiederum auf alle Eisenbahnschienen.
                              
                           
                              Die Säulensockel werden äusserst genau mit dem Theodolit versetzt. Hierauf wird
                                 										das ganze Stahlgerüst bis einschliesslich Dach in kürzester Zeit mit Hilfe der
                                 										den ganzen Bauplatz beherrschenden grossen Krahnen aufgestellt. Ein Aufzug wird
                                 										sofort eingerichtet, der Personen und Material nach oben befördert. Zuerst
                                 										werden nun die Decken eingezogen und dann erst mit der Ummantelung der Säulen an
                                 										den Umfassungswänden begonnen. Ein äusseres Gerüst fällt fort. Die Baukrahnen
                                 										rücken mit dem Gebäude in die Höhe und finden ihre Unterstützung auf einer Säule
                                 										des Gebäudes.
                              
                           Die Stahlsäulen haben die bei uns gebräuchlichen Querschnitte. Man unterscheidet
                                 										offene  und geschlossene . Die ersteren sind beliebter, weil sie
                                 										besser controlirbar sind und Raum bieten zur Unterbringung von Gas- und
                                 										Wasserleitungsröhren. Alle diese Säulen erfordern 4 Nietreihen. Das kostet
                                 										Zeit und Arbeit, und der Amerikaner, dem Zeit Geld ist und Arbeit theuer zu
                                 										stehen kommt, trachtet bei allem danach, diese zu umgehen oder möglichst zu
                                 										verringern.
                           
                              Die American Iron and Steel Works Jones and Langhlins
                                 										in Chicago fertigen nun eine Stahlsäule aus ⌶-Trägern
                                 										mit nur einer Nietreihe (vgl. auch 1891 281 * 216, wo
                                 											Larimer anstatt Latimer zu lesen ist). Sie nennt sich ‚Larimer Column‛ und besteht aus
                                 										2 in der Längsachse gebogenen ⌶-Trägern und einem
                                 										Ausfülleisen (filier bar). Ein Hauptvortheil dieser Säule ausser der billigen
                                 										Herstellung und der leichten Controlirbarkeit ist die äusserst einfache
                                 										Anflanschung von Unterzügen nach allen Seiten mittels gewöhnlicher ∟- und
                                 										⊏-Eisen (Fig. 44
                                 										und 46).
                              
                           
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 292, S. 279
                                 Fig. 44 a. e ∟-Eisen.c Larimersäule.Fig. 44 c. g
                                    											Gussplatte.Fig. 45 a bis c. Fussplatte für leichte Säulen.Fig. 46
                                    											a. e 2 ⊏-Eisen. f 1 ∟-Eisen.Fig. 46 e. h Stahlklammer, i Putz.Fig.
                                    											46 a bis c. Anflanschung von Unterzügen an die  Larimersäule.Fig. 46 d
                                    											und e. Ummantelung der Larimersäule mit gebrannten Hohlsteinen.
                                 
                              Originell ist bei leichten Säulen die Gestaltung der Fuss- und Kopfplatte. Die
                                 										quadratische Platte wird kreuzweise nach den Diagonalen von der Mitte aus soweit
                                 										als nöthig aufgeschnitten. Die dadurch entstehenden Lappen werden nach Fig. 45a bis c aufgebogen und
                                 										dienen zur Befestigung an der Säule. Gas- und Wasserleitungsröhren finden
                                 										ausgezeichnete Unterkunft. Die Larimersäule wird in 8 verschiedenen
                                 										Querschnittsgrössen von etwa 15 bis 40 cm Durchmesser und in Längen bis zu 12 m
                                 										hergestellt. Das Material ist, wie es scheint, nur ein Flusseisen, das dem Stahl
                                 										etwas nahe kommt.
                              
                           
                              Die Ummantelung der Säulen geschieht nach Fig. 46c bis e mit gebrannten
                                 										Hohlziegelsteinen. Die einzelnen Hohlsteine werden durch Stahlklammern zusammen
                                 										gehalten. Die Stossfugen sind der Höhe nach versetzt und die über einer Fuge
                                 										liegende Klammer kommt in den Hohlraum der nächst folgenden Schicht zu liegen
                                 										und gibt dieser an der Auflagerfläche einen festen Halt. Die äussere Fläche ist
                                 										gerauht und mit Killen versehen zur Aufnahme des Putzes.
                              
                           
                              Zur Bildung feuerfester Decken verwendete man bis vor wenigen Jahren wie in Europa
                                 										Ziegelsteinkappen, Wellblech und Beton zwischen I-Trägern. Nachdem aber die hohen 10- bis 20geschossigen Gebäude immer
                                 										mehr Eingang gefunden hatten, waren diese Constructionen zu schwer und mussten
                                 										verlassen werden. Man griff auch hier zu gebrannten Hohlsteinen, wegen ihrer
                                 										Dauerhaftigkeit und Leichtigkeit.Eine
                                       												einschlägige Mittheilung findet sich in Engineering News vom 4. Juli 1891.
                              
                           
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 292, S. 280
                                 Fig. 47. Aeltere Methode.Fig. 48. Einschubziegel.Fig. 49.
                                    											Deckenbildung mit sogen. Hourdis der Konstanzer
                                    											Patent-Falzziegelei.Fig. 50. Neueste Methode sogen. End section
                                    											arch.Fig. 51. Leichte feuersichere Decke.Fig. 52.
                                    											Deckenziegel.
                                 
                              Die ältere Methode (Fig.
                                    											47) ist seit einer Reihe von Jahren und auch jetzt noch vielfach in
                                 										Gebrauch. Die Hohlsteine nehmen stets auch in der Höhe das ganze Trägerfach ein,
                                 										ein Auffüllen oder Ausbetoniren des Faches fällt also weg. Die Steine werden in
                                 										mehreren Grössen hergestellt und zu Decken stets so gewählt, dass ihre Oberkante
                                 										etwa 1 bis 2 cm unter Trägeroberkante zu liegen kommt, um auf letztere mit
                                 										Cementmörtel noch wagerecht abgleichen zu können. Unmittelbar hierauf kommt der
                                 										Terrazzo- oder Plättchenboden. Bei Holzfussböden werden auf den Estrich zuerst
                                 										schwalbenschwanzförmige Latten zur Befestigung der Riemen in geeigneten
                                 										Abständen aufgelegt und die Zwischenräume wiederum mit Cementmörtel oder
                                 										Schlackenbeton abgeglichen, so dass der Holzfussboden überall ein festes
                                 										Auflager besitzt.
                              
                           
                              Der untere Flansch der I-Träger wird durch
                                 										Einschubziegel verkleidet. Dieselben sind geformt und gebrannt, wie Fig. 48 zeigt,
                                 										nämlich je zwei zusammen. An den Stellen s sind sie
                                 										leicht eingerissen, so dass sie beim Gebrauch mit dem Hammer oder der Kelle aus
                                 										einander gesprengt werden können.
                              
                           
                              
                              Nur bei untergeordneten und schwächeren Decken greift die untere Fläche des
                                 										Widerlagsteins um den unteren Flansch herum, wie bei den Widerlagsteinen der Konstanzer Patent-Falzziegelei (Fig. 49). Bei
                                 										geringen Constructionen läuft auch die Schlussteinfuge mit der Widerlagfuge
                                 										parallel. Diese Methode hat den Nachtheil, dass für jeden Stein des einzelnen
                                 										Bogens eine besondere Form herzustellen ist und dass nur etwa 25 Proc. des
                                 										Materials unmittelbar auf Druck beansprucht wird.
                              
                           
                              Die neue Methode (Fig.
                                    											50), welche die ältere rasch verdrängen wird, vermeidet beide
                                 										Nachtheile. Die Hohlräume laufen rechtwinkelig zu den früheren; sämmtliches
                                 										Material ist auf Druck ausgenutzt und die Hohlräume eignen sich vorzüglich zur
                                 										Unterbringung von Zugstangen, so dass die Decke auch zwischen freiliegenden
                                 										Trägern eingespannt werden kann. Beachtenswerth ist der Querschnitt der
                                 										einzelnen scheitrechten Bogen, die in Bezug auf ihre rechteckige Grundform (vgl.
                                 											Fig. 49 rechts)
                                 										von einander abgerückt erscheinen. Die entstehenden Zwischenräume sind jedoch
                                 										durch Auskragungen oben und unten wieder geschlossen.
                              
                           
                              Möglicher Weise hat auch der ⌶-Trägerquerschnitt das
                                 										Motiv dazu gegeben, obwohl die Beanspruchung als Bogen eine andere ist. Die
                                 										Construction ist „End section arch“ benannt und wird gefertigt für jede
                                 										Trägerhöhe bis zu 38 cm.
                              
                           
                              Zum Vergleich zeigt Fig.
                                    											49 eine ähnliche Deckenbildung mit sogen. Hourdis der Konstanzer Patent-Falzziegelei. Die Hourdis werden
                                 										leider nur 12 cm hoch und nur für 1 m Spannweite hergestellt, so dass noch eine
                                 										Menge Beton zur Ausfüllung nöthig wird.
                              
                           
                              Nachstehende Tabelle gibt einigen Aufschluss über die zulässige Spannweite und das
                                 										Eigengewicht des End section arch einschliesslich Cementestrich bis
                                 										Trägeroberkante.
                              
                           
                              
                                 Hohe der Decke
                                 
                                 GrössteSpannweite
                                 Gewichtfür 1 qm
                                 
                              
                                 23 cm
                                 End section arch
                                 2,10 m
                                 147 k
                                 
                              
                                    30,5 cm
                                    „       „        „
                                 3,05 m
                                 198 k
                                 
                              
                                 38 cm
                                    „       „        „
                                 3,35 m
                                 246 k
                                 
                              
                                 23 cm
                                 Hourdis (Fig.
                                       												49)
                                 1,00 m
                                 239 k
                                 
                              
                           
                              Daraus ist ersichtlich, dass durch das Ausfüllen der ganzen Trägerhöhe mit
                                 										Hohlsteinen eine verhältnissmässig sehr leichte Decke bei grosser Spannweite
                                 										gewonnen werden kann ohne erhebliche Mehrkosten.
                              
                           
                              Fig. 50 gibt links
                                 										die Verkleidung der Endträger mit geeignet geformten Ziegeln. Leichte,
                                 										aufgehängte, feuersichere Decken werden gebildet nach Fig. 51. Die
                                 										einzelnen Tafeln sind geformt und gebrannt nach Fig. 52 und werden
                                 										beim Gebrauch ebenfalls bei t aus einander
                                 										gesprengt, zwischen ⊥-Eisen eingesetzt und
                                 										verputzt.
                              
                           
                              Zum Schütze einer bestehenden Balkenanlage oder Holzdecke werden die gleichen
                                 										Ziegelplatten zwischen angenagelten passend geformten Stahlblechstreifen in
                                 										gleicher Weise eingeschoben.“
                              
                           
                           Es sei hier auch des Vortrages gedacht, den nach der Deutschen Bauzeitung, 1894 Nr. 6, B. Ohrt im
                              									Architekten- und Ingenieurverein zu Hamburg (3. November 1893) über den Speicherbau
                              									in Amerika und die Maassregeln gegen Feuersgefahr bei diesen Bauten gehalten
                              									hat.
                           Der Vortragende hat auf seiner Rundreise in Amerika einen möglichst eingehenden Blick
                              									in die Bauverhältnisse der Speicher dadurch bekommen, dass er viele Architekten
                              									aufgesucht hat, die ihm durch das Bureau der Engineering
                                 										Society als im Speicherbau besonders hervorragend bezeichnet waren; er
                              									rühmt sehr die liebenswürdige Zuvorkommenheit, mit der diese Herren ihre neu
                              									erbauten Speicher zeigten und ihn über die dortigen Verhältnisse belehrten. Im
                              									Nachstehenden sollen nun einige Ergebnisse dieser Studien aufgeführt werden:
                           
                              „In New York ist in Betreff der Maassregeln gegen Feuersgefahr bei Speicherbauten
                                 										und in Betreff der zulässigen Grösse der Lagerräume, sowie der Einrichtung von
                                 										feuersicheren Treppenhäusern und Aufzügen von der Baupolizei nichts
                                 										vorgeschrieben. Es kann jeder seinen Speicher bauen wie er will, so lange
                                 										derselbe die Höhe von 85 Fuss (28 m) nicht überschreitet. Dagegen schreibt das
                                 										Baupolizeigesetz von New York bei Hotels, Theatern, Hospitälern, Schulen,
                                 										Gefängnissen u.s.w. und bei solchen Häusern, die eine Höhe von 85 Fuss
                                 										überschreiten, eine feuersichere Bauart vor. Dieselbe besteht der Hauptsache
                                 										nach darin, dass zu allen Constructionstheilen dieser Gebäude nur Stein, Eisen
                                 										(einerlei ob Gusseisen oder Schmiedeeisen) und unverbrennbare Stoffe verbraucht
                                 										werden dürfen. Ferner müssen bei diesen Gebäuden alle Eisentheile eingemauert
                                 										werden.
                              
                           
                              Es werden daher meistens die Wandsäulen unmittelbar in die Umfassungsmauern
                                 										eingemauert. Zwischen den Trägern werden aus besonders für solche Zwecke
                                 										hergestellten Terracottasteinen hergestellte Decken eingespannt. Eine Lage
                                 										Beton, in vorgeschriebener Mischung, 1 Th. Cement und 2 Th. Sand, überdeckt die
                                 										Träger und nimmt die Lagerhölzer für den darüber liegenden Fussboden auf. Alle
                                 										freistehenden Säulen, zu denen Gusseisen oder Schmiedeeisen verwendet werden
                                 										darf, müssen ebenfalls mit Terracottasteinen umkleidet werden.
                              
                           
                              Verlangt der Bauherr eines Speichers einen feuersicheren Bau, so richten sich die
                                 										Architekten meistens nach den eben angeführten Gesetzen, aber immer nur so weit
                                 										es dem Bauherrn für passend erscheint.
                              
                           
                              Bei Besichtigung einer ganzen Anzahl solcher sogen. feuersicherer Speicher fielen
                                 										mir die Verschiedenartigkeit und theilweise eine gewisse Sorglosigkeit, mit der
                                 										die Speicher erbaut waren, sehr auf. In keinem solcher Speicher war z.B. für
                                 										feuersichere Treppenhäuser gesorgt. Die Treppen wie die Aufzüge lagen in den
                                 										Waarenräumen selbst, und erstere waren in äusserst geringer Zahl vorhanden. Die
                                 										Waarenräume waren oft übermässig gross; einer hatte z.B. bei einer Breite von
                                 										rund 28 m eine Tiefe von über 100 m, ohne dass in einem der zehn Geschosse
                                 										irgend eine Trennungswand aufgeführt war. Bei anderen Speichern waren die
                                 										Wandsäulen in die Aussenmauern eingemauert, während die Innensäulen aus
                                 										Gusseisen oder Schmiedeeisen nicht ummauert waren.
                              
                           
                              Aus der Herstellung dieser Ummauerungssteine aus Terracotta hat sich in den
                                 										letzten 20 Jahren ein sehr gewinnbringendes Gewerbe herausgebildet, da diese
                                 										Steine vielfach auch bei Privathäusern Verwendung finden. Einer der
                                 										grössten Fabrikanten gab die Erklärung ab, dass die Eisentheile, die mit gutem
                                 										Terracottamaterial umkleidet wären, vor übergrosser Erhitzung unbedingt
                                 										geschützt würden, weil solche Steine beim Brand schon 1200 bis 1500° C.
                                 										ausgehalten hätten. Nach Aussage von mehreren Architekten sollen bei dem grossen
                                 										Brande des Metropolitan Opernhauses, Ecke der 40. Strasse und Broadway, die
                                 										Träger, die ummauert waren, dem Feuer auch vollständig erfolgreichen Widerstand
                                 										geleistet haben, während alles andere Eisenzeug zusammenstürzte.
                              
                           
                              Die Form der Umkleidungssteine hat sich einestheils der Gestalt der Säulen und
                                 										Träger angepasst, anderentheils haben die Architekten passende Säulen zur
                                 										Verwendung ausgesucht, um die Herstellung der Terracottasteine zu vereinfachen
                                 										und dadurch zu verbilligen. Die jetzt am meisten gebräuchliche Art der Säulen
                                 										hat die in Fig. 53 dargestellten Profile.
                              
                           
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 292, S. 281
                                 Fig. 53.Säulen für Speicherbauten.
                                 
                              In Chicago sind fast alle Speicher ganz primitive Bauten, mit den einfachsten
                                 										Föhrenholzconstructionen. Von 12 besichtigten Speichern war nur einer mit
                                 										ummauerten eisernen Säulen gebaut, einer hatte freistehende gusseiserne Säulen
                                 										mit Föhrenholzunterzügen und Balken, während die übrigen alle
                                 										Föhrenholzconstructionen hatten. Auch hier war nirgends für feuersichere
                                 										Treppenhäuser und Aufzüge gesorgt. Mehrere hervorragende Architekten erklärten,
                                 										für Chicago seien die Holzconstructionen in Speichern entschieden am
                                 										vortheilhaftesten. Holz sei in Chicago billig und die ausserordentlichen Kosten
                                 										der Eisenconstructionen mit den Ummauerungen ständen gar nicht in dem
                                 										Verhältnisse zu dem Nutzen, da bei einem wirklichen Speicherbrande allemal die
                                 										Eisenconstructionen ebenfalls zerstört würden. Wenn man in Chicago zu den
                                 										himmelhohen Geschäftshäusern Eisen und feuerfestes Material nähme, so hätte das
                                 										seine volle Berechtigung, weil man in diesen Häusern ausser den paar Möbeln
                                 										nirgends brennbare Stoffe aufstapele. Es könne in diesen Häusern also nie ein
                                 										Waarenbrand entstehen, und gegen einen einfachen Möbelbrand seien die
                                 										Eisenconstructionen durch die Ummauerung erfahrungsgemäss vollkommen geschützt.
                                 										– Um die Haltbarkeit der Holzconstructionen zu erhöhen, werden besondere
                                 										Maassregeln getroffen. Ein Architekt, der bei seinen Speicherbauten für Säulen
                                 										nur Eichenholz, für Unterzüge Pitchpine und für Balken und Fussboden Föhrenholz
                                 										gebraucht, bohrt aus der Mitte der Säulen, der Länge nach, ein Loch von 4 cm
                                 										Durchmesser, sowie oben und unten je eins bis zur Mitte, um auf diese Weise ein
                                 										Durchströmen von Luft im Inneren der Holzsäule zu erwirken. Hierdurch soll
                                 										erfahrungsgemäss eine gute Austrocknung des Holzes bewirkt und ein Faulen von
                                 										innen heraus, sowie ein Reissen des Holzes gänzlich vermieden werden.
                              
                           
                              In St. Louis sind bis vor etwa 6 Jahren die Speicher in ähnlicher Weise erbaut und
                                 										nur vereinzelt mit ummauerten Eisenconstructionen versehen worden. Seitdem aber
                                 										ein solcher Speicher (freilich mit nicht ummauerten Säulen) vom Feuer
                                 										vollständig zerstört wurde, ist man dort zu einer anderen Bauart übergegangen
                                 										und es sind bis jetzt 8 Speicher in dieser neuen Weise ausgeführt, von denen ich
                                 										Gelegenheit hatte, den grössten eingehend zu besichtigen.
                              
                           
                              Dieses Gebäude hat Umfassungsmauern und Zwischenwände von Stein, während alle
                                 										Säulen, Unterzüge, Balken und Fussböden von Föhrenholz sind. Dafür ist aber hier
                                 										das Grinell-Löschsystem angewendet. In dem ganzen Speicher sind für 50000 Doll.
                                 										eiserne Röhren in 2,6 m Entfernung unter allen Decken angebracht. In diesen
                                 										Röhren sind alle 2,6 m, im Ganzen 11000 Oeffnungen von 40 mm Durchmesser
                                 										vorhanden, die mit einem Metall verlöthet sind, das bei einer Hitze von 66° C.
                                 										schmilzt und aus denen dann Wasser, mit 6 bis 7 at Druck, sich auf das darunter
                                 										befindliche Feuer ergiesst. Auf diese Art kommen also auf einen Flächenraum von
                                 										6,7 qm = 4 Oeffnungen. Zur Speisung dieser Röhren stehen auf dem Boden 3
                                 										Reservoire von je 180 cbm Inhalt; ausserdem sind in dem Keller auch noch 3
                                 										Reservoire von demselben Inhalt aufgestellt, die mit einer stets unter Dampf
                                 										gehaltenen Maschine zum Hinaufpumpen in die oberen Reservoire in Verbindung
                                 										stehen. Die gesammten Schmelzplomben stehen mit einem Alarmapparat in
                                 										Verbindung, der auf dem Hofe angebracht ist; sobald eine Plombe geschmolzen ist,
                                 										wird dieser Apparat in Bewegung gesetzt und gleichzeitig zeigt eine Scheibe an,
                                 										welche Plombe zerstört ist. Ausserdem sind an den Aussenmauern eine ganze Anzahl
                                 										eiserner Feuerleitern angebracht, von denen aus die Feuerleute das Feuer
                                 										unmittelbar angreifen können. Ist das Feuer trotz all dieser
                                 										Vorsichtsmaassregeln doch heftig zum Ausbruch gekommen und alles Wasser aus den
                                 										6 Reservoiren verbraucht, so kann die Feuerwehr ihre Schläuche an auf den
                                 										Aussenmauern angebrachte Röhren anschrauben, wodurch das Wasser der Feuerwehr
                                 										unmittelbar in die Grinell'schen Röhren gepresst
                                 										wird. Dieser Speicher ist seit 3 Jahren in Betrieb und die Kaufleute zahlen in
                                 										diesem, wie in allen Speichern, in denen das Grinell-System eingeführt ist, nur
                                 										die Hälfte der sonst üblichen Versicherungsprämien, so dass die Anlagekosten
                                 										dieses Systems, nach Angabe der dortigen Herren, sehr bald sich bezahlt
                                 										machen.
                              
                           
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 292, S. 282
                                 Fig. 54.Löschvorrichtung für amerikanische Speicher.
                                 
                              Der besichtigte Speicher ist 133 m lang, etwa 80 m breit und besteht aus 2
                                 										Kellern, Raum und 6 Geschossen; 4 Gleise führen zum benachbarten Bahnhof, wo
                                 										täglich 60 bis 70 Eisenbahnwagen ent- und beladen werden.“
                              
                           Die weiteren Mittheilungen übergehen wir, da sie sich meistens auf Holzconstruction
                              									beziehen. Der Vortragende kommt übrigens zu dem Endergebniss, dass in Hamburg
                              									erheblich sorgfältiger gebaut wird, als drüben in Amerika.