| Titel: | Laufrollen. | 
| Autor: | Alexander Dieterich | 
| Fundstelle: | Band 293, Jahrgang 1894, S. 98 | 
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                        Laufrollen.
                        Von Alexander Dieterich in Köln-Ehrenfeld.
                        Mit Abbildungen.
                        Laufrollen.
                        
                     
                        
                           Die Laufrollen der Laufkatzen, welche auf den in Fig.
                                 										1 dargestellten geneigten Flächen des ⌶-Eisens laufen, findet man vielfach
                              									mit Laufflächen ausgeführt, die eine Neigung haben, welche derjenigen des ⌶-Eisens
                              									genau entspricht. In dieser Anordnung liegt ein Constructionsfehler, welcher die
                              									Leistungsfähigkeit einer derartigen Laufkatze beeinträchtigt. Es ergibt sich dies
                              									aus dem Folgenden:
                           Textabbildung Bd. 293, S. 97Fig. 1.P1QST (Fig. 2) stellen den
                              									Querschnitt einer konischen Laufrolle dar; es legt dann bei derselben ein Punkt P1 auf dem Kreise mit
                              									dem Halbmesser R1 bei
                              									einer Umdrehung den Weg 2πR1 zurück; entsprechend durchläuft ein Punkt Px auf einem beliebigen anderen Kreise mit
                              									dem Halbmesser Rx in
                              									derselben Zeit den Weg 2πRx; nennt man die Entfernung der Kreismittelpunkte hx und den halben Winkel an der Spitze des
                              									Kegels α, so ist der Unterschied der beiden
                              									Kreisumfänge und somit der Wegunterschied der beiden Punkte P1 und Px gleich:
                           2πR1 –
                              										2πRx = 2πR1
                              									– 2π(R1
                              									– hx . tgα) = 2πhx . tgα,
                           d.h. der Weg des Punktes Px ist kleiner als der des Punktes P1 und zwar um den
                              									Umfang eines Kreises, dessen Halbmesser = hxtgα oder gleich dem
                              									Unterschiede der Halbmesser der beiden Kreise, auf denen P1 und Px liegen.
                           Textabbildung Bd. 293, S. 97Fig. 2.Textabbildung Bd. 293, S. 97Fig. 3.Textabbildung Bd. 293, S. 97Fig. 4. Die ganze Mantelfläche des geneigten Rades kann nur dann gleichmässig zur
                              									Abwickelung kommen, wenn jeder Kreis derselben sich continuirlich abwickelt, also
                              									jeder Punkt eines solchen Kreises die Weglänge des Umfanges auf der Laufbahn
                              									zurücklegt. Denselben Weg durchläuft in der Zeit einer Umdrehung der
                              									Mittelpunkt jedes Kreises auf dem Laufmantel; der Ort dieser sämmtlichen
                              									Mittelpunkte ist die Achse des Kegels, dessen Mantel die Lauffläche angehört (Fig. 2). Rollt dieser Kegel auf einer ebenen Fläche,
                              									so bestreicht die Achse desselben einen Kegelmantel; jeder Punkt der Achse
                              									beschreibt also einen Kreis; dabei ändert die Kegelachse stetig ihre Richtung und
                              									tritt in jedem Augenblicke in eine andere Ebene; auch in dem besonderen Falle, in
                              									welchem die Kegelachse in einer Ebene bleibt – was dann stattfindet, wenn der Kegel
                              									sich auf einem zweiten abwickelt, dessen Winkel an der Spitze das Supplement vom
                              									Winkel des rollenden Kegels ist –, ändert die Achse des letzteren continuirlich ihre
                              									Richtung in ihrer Ebene, und jeder ihrer Punkte beschreibt einen Kreis in
                              									derselben.
                           Auf Grund dieser Ueberlegung ergibt sich ein principieller Constructionsfehler bei
                              									den gebräuchlichen Laufkatzen. Die Achsen der beiden konischen Rollen liegen in
                              									einer Geraden, welche stets dieselbe Richtung beibehält; der Mantel der Rollen kommt
                              									auf ebenen Flächen zur Abwickelung. Nach den obigen Ausführungen müsste aber die
                              									Achse jeder der beiden konischen Rollen, wenn die Bewegung eine ungehemmte wäre,
                              									einen Kegelmantel bestreichen, und zwar ist der angestrebte Drehungssinn der beiden
                              									Achsen entgegengesetzt. Es wird demnach, wenn der Rollenbolzen durchgehend wäre,
                              									eine Knickung desselben in der Mitte, oder, wenn er, wie gewöhnlich, nicht
                              									durchgehend ist, eine Knickung zwischen Rolle und Hängeeisen angestrebt. Da die
                              									Festigkeit des Materials dem Bruche und der Verbiegung widersteht, so kann, da die
                              									Bolzen der beiden Rollen ihrer natürlich angestrebten Bewegung nicht folgen können,
                              									die gleichmässige Abwickelung des Mantels auf den ebenen Laufflächen nicht zu Stande
                              									kommen; die natürliche Kreisbewegung jedes Punktes der Achse der beiden Rollen wird
                              									in eine geradlinige Bahn gezwungen, d.h. jeder zu einem solchen Punkte als
                              									Mittelpunkt gehörende Kreis des Mantels wird gezwungen, sich auf einer in der
                              									Laufrichtung liegenden Geraden abzuwickeln,* statt, wie es die ungehemmte Bewegung
                              									erfordert, auf einem Kreise. Da nun diese geraden Laufbahnen für die sämmtlichen
                              									Kreise des Laufmantels einer Rolle parallel sind, die Mittelpunkte der Kreise
                              									fortwährend sämmtlich in einer zur Laufrichtung rechtwinklig liegenden Geraden sich
                              									befinden, die Kreisumfänge aber stetig sich ändern, so kann nur ein einziger der
                              									unendlich grossen Anzahl von Laufkreisen zur unbehinderten Abwickelung kommen,
                              									während die Bewegung der sämmtlichen übrigen gehemmt oder beschleunigt sein wird, je
                              									nachdem die Umfange grösser oder kleiner sind als die des freirollenden Kreises; es
                              									muss also nahezu der ganze Mantel mehr oder weniger auf der Lauffläche schleifen. Welchen der
                              									Kreise man als freirollend annimmt, ist gleichgültig; rollt der äussere a (Fig. 2) frei, so muss
                              									jeder der übrigen während der Dauer einer Umdrehung einen grösseren Weg als die
                              									Länge seines Umfanges zurücklegen, muss also durch Schleifung beschleunigt werden,
                              									oder hemmt umgekehrt die Bewegung von a; rollt i (Fig. 2) frei, so
                              									müssen alle übrigen Kreise, die vermöge ihres grösseren Umfanges während der Dauer
                              									einer Umdrehung einen grösseren Weg zu durchlaufen suchen als i, in ihrer Bewegung durch Schleifung gehemmt werden;
                              									rollt irgend ein Kreis m (Fig.
                                 										2) von mittlerer Lage frei, so werden alle übrigen hemmend oder
                              									beschleunigend geschleift, je nachdem ihre Durchmesser grösser oder kleiner sind als
                              									der von m. Aus diesem Umstände erklärt sich das
                              									Rütteln, welches man gewöhnlich bei in Bewegung befindlichen Laufkatzen beobachtet.
                              									Im Allgemeinen wendet man als Laufschienen ⌶-Eisen (deutsche Normal-Profile) an mit
                              									einer Flanschneigung von 14 : 100 = 14 Proc; in diesem Falle wird ∢ α = arctg0,14; bei einer
                              									Rollenhöhe von h mm ist demnach der Unterschied der
                              									Umfange des grössten und des kleinsten Kreises
                           
                              
                                 = 2πR1 – 2π(R1 – htgα)
                                 
                                 
                              
                                 = 2πhtgα = 0,14 . 2π . h = 0,28πh =
                                 0,87964584284 . h
                                 
                              
                                 
                                 oder rund 0,88.
                                 
                              
                           Textabbildung Bd. 293, S. 98Verschiedene Formen von Laufrollen.Macht also der grösste Kreis eine freie Umdrehung, so kommt auch der kleinste
                              									einmal zur völligen Abwickelung; er wird aber gleichzeitig um die Strecke 0,88. h mm in seiner Bahn geschleift; dasselbe gilt für
                              									sämmtliche Umfange zwischen dem grössten und dem kleinsten Kreise, und die
                              									Weglängen, um welche ihre Umfange bei der Fortbewegung geschleift werden, liegen
                              									stetig zwischen 0 und 0,88. h. Aehnliches gilt
                              									umgekehrt für den Fall, dass man den kleinsten Laufkreis als ungehemmt bewegt
                              									annimmt. Das Schleifen geschieht natürlich nicht plötzlich um den ganzen
                              									Wegunterschied, sondern vertheilt sich auf die Zeit eines Umlaufes und geschieht
                              									durch eine sehr grosse Zahl einzelner kleiner Sprünge, wodurch das schon erwähnte
                              									Rütteln und Zittern verursacht wird. Es ist einleuchtend, dass dadurch, dass der
                              									grösste Theil vom Mantel der konischen Rollen auf der Schiene schleift, der
                              									Reibungswiderstand bei der Fortbewegung ganz bedeutend vergrössert wird, was
                              									namentlich ungemein störend wird, wenn die Belastung der Rollen gross ist. Um den
                              									erwähnten Uebelständen abzuhelfen, müssten Schienen angewandt werden, bei denen die
                              									Laufbahnen in einer Ebene liegen, und entsprechend die Rollen cylindrisch sein. Da
                              									nun in den meisten Fällen Normal-⌶-Eisen zur Anwendung kommen mit einer Flanschneigung
                              									von 14 Proc., bei geneigten Laufbahnen jedoch nur eine ungehemmte Bewegung
                              									stattfinden kann, wenn die Rolle nur mit einem Kreisumfange auf der Laufbahn sich
                              									abwickelt (vorausgesetzt, dass die Bolzen der Rollen wagerecht liegen sollen), so
                              									wird man den theoretischen Bedingungen für eine ungehemmte Bewegung am nächsten
                              									kommen, wenn man dem äusseren Kranze der Rollen die in Fig.
                                 										3 und 4 dargestellte gewölbte oder
                              									keilförmige Gestalt gibt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 293, S. 99
                              Laufrollen mit Kugelführung.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 293, S. 99
                              Laufrollen mit Kugelführung.
                              
                           In diesem Falle wird die Bewegung der Rollen, abgesehen von
                              									der Reibung, völlig ungehemmt sein. Auch wenn seitliche Verschiebungen
                              									eintreten, wenn sich also die eine Rolle dem Stege des ⌶-Eisens nähert, die
                              									andere sich entsprechend von demselben entfernt, so wird die Fortbewegung eine
                              									ungehemmte und gleichmässige bleiben, da die eine Rolle der anderen nicht
                              									vorauseilen kann, wenn die Durchmesser gleich gross genommen werden; damit diese
                              									letztere Voraussetzung immer erfüllt sei, ist es am zweckmässigsten, dem
                              									Rollenkranze die Form eines Doppelkegels zu geben, wobei die scharfe Kante der
                              									gemeinsamen Basis abzustumpfen ist (Fig. 4).
                           Um die Möglichkeit seitlicher Verschiebungen übrigens ganz auszuschliessen, braucht
                              									man an der äusseren Seite der Laufrollen nur einen übergreifenden Kranz (Fig. 5) oder besser gegen
                              									die Abrundung des unteren Flansches des ⌶-Eisens Führungsrollen anzubringen (Fig. 6 bis 10), die sich unabhängig
                              									von den Tragrollen, ebenfalls wie diese, auf dem gemeinsamen Bolzen frei drehen
                              									können; diese Rollen wären dann, um ein Auflaufen auf die geneigten Flächen des
                              									unteren Flansches zu verhüten, mit starker Neigung (Fig. 6 bis 10) auszuführen. Damit
                              									nun bei Einfügung einer derartigen Führungsrolle der Angriffspunkt der Last, also
                              									die Mitte des Hängeeisens M, nicht zu weit vom
                              									Mittelpunkte M1 des
                              									Laufkreises der Tragrolle entfernt wird – wodurch die Stabilität erheblich leiden
                              									würde –, kann man die Anordnung so treffen, dass die Nabe der Tragrolle der
                              									Führungsrolle als Bolzen dient (Fig. 6 bis 10). Die Führungsrollen
                              									lassen sich vermeiden, wenn man in die gegen den Steg des ⌶-Eisens gerichteten
                              									ausgebohrten Enden der Laufrollenbolzen je eine Stahlkugel frei beweglich einsetzt
                              										(Fig. 11 bis 15) oder die Stahlkugeln
                              									in ausgebohrte, an die Enden der Seitenarme der Hängeeisen geschraubte Bolzen lagert
                              										(Fig. 16 bis 18). Bei Laufkatzen mit
                              									vier Tragrollen lassen sich zweckmässig die Kugeln durch kleine gewölbte Rollen
                              									ersetzen, die um senkrechte Bolzen drehbar sind. Die Anordnung ist aus den Fig. 19 bis 21 deutlich ersichtlich.
                              									Derartige gewölbte Führungsrollen sind bei Laufkatzen mit zwei Laufrollen nicht wohl
                              									anwendbar, weil bei pendelnden Bewegungen des Gehänges in der Laufrichtung die Bolzen dieser
                              									Führungsrollen aus der senkrechten Richtung gebracht und dementsprechend bei
                              									Berührung mit dem Stege des ⌶-Eisens eine würgende Drehung bedingt würde. Damit
                              									nicht die ganze Last immer auf einem so schmalen Kranze ruhe, wie es durch die
                              									keilförmige Gestalt des Rollenkranzes bedingt wird, kann man zweckmässig auf jeder
                              									Seite noch eine zweite Tragrolle anbringen, die sich unabhängig von der ersteren
                              									drehen kann, obgleich die Durchmesser verschieden sind, wenn man sie auf der Nabe
                              									der ersten Rolle als Achsen laufen lässt. In den Fig. 6 bis 10 ist die Anordnung
                              									zugleich mit zwei äusseren Führungsrollen dargestellt.
                           Textabbildung Bd. 293, S. 100Laufrollen mit Rollenführung.Textabbildung Bd. 293, S. 100Fig. 22.Textabbildung Bd. 293, S. 100Fig. 23.Textabbildung Bd. 293, S. 100Fig. 24.Textabbildung Bd. 293, S. 100Fig. 25. Die obigen Erörterungen lassen sich auch auf die Construction von
                              									Laufschienen und Rollen bei Drehbrücken und Drehscheiben anwenden. Unter diesen
                              									findet man oft Laufrollen von cylindrischer Form, deren Mantel sich auf
                              									Brückenschienen mit geraden Laufflächen und abgerundeten Kanten abwickelt. Diese
                              									Rollen sind nun ihrer Construction gemäss zu einer geradlinigen Bewegung bestimmt,
                              									während sie durch die Construction des ganzen Systems zu einer kreisförmigen
                              									Bewegung gezwungen werden. Dadurch werden in umgekehrter Weise, wie dies oben für
                              									die konischen Rollen der Laufkatzen aus einander gesetzt ist, die nämlichen
                              									Uebelstände wie dort bedingt; die Bewegung muss immer eine durch Schleifung eines
                              									Theiles des Rollenmantels auf dem Schienenkopfe gehemmte sein. In diesem Falle
                              									käme man den theoretischen Voraussetzungen für ungehemmte Bewegung am nächsten, wenn
                              									man der Lauffläche des Schienenkopfes eine schwach geneigte Form gäbe, auf dem die
                              									konische Rolle sich ungehemmt abwickeln kann (Fig.
                                 									22). Die Spitze der beiden Kegel, durch welche die Neigung von Rolle und
                              									Lauffläche des Schienenkopfes bestimmt wird, ist der Drehungsmittelpunkt. Da diese
                              									Form der Brückenschiene jedoch nicht gewalzt wird und durch Hobeln zu kostspielig
                              									auszuführen ist, kann man einfach bei Schienen, deren Köpfe ebene Laufflächen mit
                              									abgerundeten Kanten haben, den Rollenkranz gewölbt oder stumpf keilförmig wählen
                              									nach Fig. 23 und 24;
                              									dann werden die bei den Rollen der Laufkatzen besprochenen Unzuträglichkeiten auch
                              									hier aus den oben angeführten Gründen fortfallen. Werden als Laufschienen
                              									Eisenbahnschienen mit gewölbten Laufflächen benutzt, so kann man vortheilhaft die
                              									Rollen nach Fig. 25 ausführen.