| Titel: | Neuerungen in der Papierfabrikation. | 
| Autor: | Alfred Haussner | 
| Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 1 | 
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                        Neuerungen in der
                           								Papierfabrikation.
                        Von diplom. Ingenieur Alfred
                                 									Haussner.
                        (Vorhergehender Bericht Bd. 292 S.
                           								97.)
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen in der Papierfabrikation.
                        
                     
                        
                           Zerkleinerung der Rohmaterialien.
                           
                              a) Holländer.
                              Als Haupttheil der Holländer beanspruchen die Messerwalzen und in diesen die Messer besondere Beachtung und Fürsorge. Es ist
                                 										ja unvermeidlich, dass auch Messer mit den besten Eigenschaften allmählich
                                 										abgenutzt werden und Spänchen von dem abgearbeiteten Materiale in den Zeug
                                 										gelangen. Stahl- oder Eisenspäne rosten aber dabei ganz sicher und erzeugen,
                                 										wenn dieselben trotz Sandfang und ähnlicher Einrichtungen ins Papier gelangen,
                                 										Rostflecken. Bei Packpapieren und anderen ordinären Sorten mag es wohl nicht
                                 										viel verschlagen, wenn dies geschieht. Unbedingt vermieden werden müssen aber
                                 										die Rostflecken bei weissen Papieren. Daraus folgt aber, dass für solche Fälle
                                 										Bronzemesser oder doch solche aus einem Materiale gewählt werden müssen, welches
                                 										die Gefahr einer Rostfleckenerzeugung nicht mit sich bringt. Dabei ist es
                                 										wünschenswerth, den Härte- und Festigkeitseigenschaften des Stahles so nahe wie
                                 										möglich zu kommen. Diese Aufgabe ist recht schwer zu lösen, wie die häufigen
                                 										Klagen über schlechte Bronzemesser beweisen. Einerseits soll das Material der
                                 										Messer hinreichende Festigkeit, andererseits auch eine gewisse Härte und doch
                                 										entsprechende Zähigkeit besitzen. Um all dem gerecht zu werden, müssen unbedingt
                                 										gewissenhafte Versuche in hinreichender Zahl ausgeführt werden.
                              Textabbildung Bd. 294, S. 1Fig. 1.Holländerconstructionen von Tait u. Hood. Die Dürener Metallwerke und andere haben
                                 										sich dieser mühevollen Arbeit unterzogen und ihren Erfahrungen gemäss eignen
                                 										sich Bronzemesser sehr gut, welche noch wenigstens 50 k/qmm absolute
                                 										Festigkeit und eine Streckgrenze von 45 k für 1 qmm bei einer Dehnung von
                                 										mindestens 15 Proc. aufweisen. Die genannten Werke erzielen dabei noch eine hohe
                                 										Indifferenz gegen Säuren und Alkalien, was ja für den vorliegenden Zweck nicht
                                 										zu unterschätzen ist.
                              Von neueren Holländerconstructionen sehen wir in
                                 											Fig. 1 eine durch englisches Patent Nr. 23130
                                 										vom 15. December 1892 geschützte von T. S. Tait und
                                 											J. Hood. Sie hat die gewöhnliche Anordnung mit
                                 										wagerecht liegender Walze D in der einen Abtheilung
                                 										des zweitheiligen Troges; an das kleine Grundwerk schliesst sich eine Wand J bis zur Höhe des Kropfes ziemlich knapp an
                                 										die Walze an und es reicht etwas unter der höchsten Kropfstelle eine scharfe
                                 										Kante F so nahe wie möglich an die Walze, um
                                 										mitgenommenen Stoff abzustreifen, diesen zu zwingen, über die Wand L herabzugehen, und im regelmässigen Umlaufe erst
                                 										wieder von unten zur Walze zurückzukehren. Das ist sicher nicht schlecht für die
                                 										Gleichmässigkeit des Productes, ist aber auch, wenigstens in Deutschland, nicht
                                 										neu, wo überdies die Holländertröge noch praktischer hergestellt werden, derart,
                                 										dass der plötzliche Fall, die starke Neigung der Wand L, vermieden und dafür das Gefälle einigermaassen vertheilt wird, so
                                 										dass ohne weitere Mithilfe ein besserer „Zug“ im Holländer zu erreichen
                                 										ist. Bei der vorliegenden Anordnung ist es wohl als ausgeschlossen zu
                                 										betrachten, dass der Holländermüller ohne Rührscheit auskommt.
                              Textabbildung Bd. 294, S. 1Fig. 2.Doppelholländer von Pieper. Bekannt ist, was mir auch einschlägige Versuche bestätigt haben, der
                                 										Einfluss, welchen das Fliessen des Stoffes in verschiedenen Entfernungen von der
                                 										Mittelwand ausübt; es gelangen eben nicht alle Stoffpartien gleich oft in
                                 										derselben Zeit zwischen Grundwerk und Walze, so dass auch selbst bei ganz
                                 										gleichmässigen Lumpen ungleichmässiger Zeug entsteht. Allerdings bewirken die
                                 										unvermeidlichen Wirbel; insbesondere in der Nähe des Kropfes, dass der Zeug zum
                                 										Theil durch einander gemischt wird, ein Uebriges geschieht auch mit dem
                                 										Rührscheit. Würde der Stoffstrom nur immer in gerader Richtung sich bewegen, so
                                 										kämen alle Theile gleich oft zur Bearbeitung; je länger also die geradlinigen
                                 										Theile des Troges im Verhältniss zum gekrümmten ausfallen, desto weniger wird
                                 										der oben bemerkte Umstand eintreten. Stark fühlbar wird er, wenn man nur
                                 										krummlinige Kanäle hat, wie es bei dem Doppelholländer von Carl Pieper in Berlin nach D. R. P. Nr. 67720 der
                                 										Fall ist (Fig. 2). Wir erkennen bei W die Messerwalze, welcher bei C der Stoff zufliesst, um bei D dieselbe zu verlassen. Hier sehen wir nun denKropf nach beiden
                                 										Seiten, nach links und rechts abfallen, so dass der zwischen den Messern
                                 										durchgegangene Stoff nach zwei Seiten abfliesst. Diese Stoffströme vereinigen
                                 										sich aber wieder bei C in der Nähe der Walze, um
                                 										wieder den Stoff von den Messern bearbeiten zu lassen. Der Erfinder erwartet nun
                                 										deshalb, weil der Stoffumlauf hier wesentlich verkürzt ist, rasches Mahlen zu
                                 										erreichen. Das dürfte auch innerhalb gewisser Grenzen gelingen; ob aber das
                                 										Rührscheit entbehrt werden kann, mag wohl bezweifelt werden. Leicht ist es hier,
                                 										durch Vergrösserung der Walzenlänge bedeutendere Stoffquantitäten zu bewältigen,
                                 										während lange Walzen bei den gewöhnlichen Holländerconstructionen unförmlich
                                 										grosse und daher auch bedeutenden Platz beanspruchende Tröge erfordern. Diese
                                 										Holländer werden von der Maschinenfabrik Escher, Wyss
                                    											und Co. in Ravensburg ausgeführt.
                              Textabbildung Bd. 294, S. 2Holländer von Reed. Wie in früheren Berichten, so sei auch hier die Ansicht vertreten,
                                 										dass die glücklichste und mechanisch richtigste Lösung der Aufgabe, guten Zug
                                 										und gleichmässigen Zeug in den Holländern zu erzielen, in der Richtung zu suchen
                                 										ist, dass man der Walze das Ueberheben des Stoffes abnimmt und einer eigenen
                                 										Pumpe o. dgl. zuweist. Eine derartige Construction finden wir im englischen
                                 										Patent Nr. 19107 vom 25. November 1890 an A. E.
                                    											Reed in Gravesend und wir sehen dieselbe in Fig. 3 und 4 nach in den Industries erschienenen Skizzen wiedergegeben. Die
                                 										Messerwalze C ist nahezu an der höchsten Stelle des
                                 										Theiles A des Troges angebracht. Von C fliesst der Stoff in fortwährendem Falle den
                                 										Kanal A, weiterhin den Kanal B hinab, um bei D
                                 										einer Centrifugalpumpe F zuzuströmen, welche den
                                 										Stoff wieder hinauf zur Walze hebt, wo er ihr auf dem kurzen Stück II einer schiefen Ebene zufliesst, um zwischen den
                                 										Messern bearbeitet zu werden. Weil bei J ein
                                 										Dreiwegehahn in die Rohrleitung eingeschaltet ist, kann man auch mit Hilfe der
                                 										erwähnten Pumpe F nach Bedarf den Stoff auch weiter
                                 										gegen K schaffen, wenn z.B. der Holländer entleert
                                 										werden soll und die Abtropfkästen nicht tiefer als die Holländer stehen. Bei L erkennen wir eine gewöhnliche Waschtrommel. Es
                                 										sei noch darauf aufmerksam gemacht, dass der Trogtheil B sich gegen den tiefsten Punkt hin allmählich verengt. Zugleich wird
                                 										der Boden allmählich vollständig halbrund, was bekanntlich einen kleineren
                                 										Strömungswiderstand zur Folge hat. Bis auf diese Einzelheit erkennen wir
                                 										aber gewiss im Princip, wie in der ganzen Ausführung eine ungemein grosse
                                 										Aehnlichkeit mit den Ausführungen der Maschinenfabrik
                                    											Golzern, auf welche schon in früheren Aufsätzen 1888 268 490 aufmerksam
                                 										gemacht worden ist.Dankend sei
                                       												hervorgehoben, dass auch heuer die erwähnte Fabrik dem Berichterstatter
                                       												Zeichnungen ihrer Constructionen zur Verfügung gestellt
                                       										hat.
                              Textabbildung Bd. 294, S. 2Holländer von Kaempf. Eine Lösung für die Aufgabe, flotten Stoffumlauf zu erzielen, bildet
                                 										der Holländer mit lothrechtem Stoffumlauf von Carl
                                    											Kaempf in Saarbrücken nach D. R. P. Nr. 65509. Wir sehen in Fig. 5 und 6 die lothrecht
                                 										stehende Walze B mit stark schraubenförmig
                                 										gekrümmten Messern B1 ausgestattet, und diese sollen nun, ähnlich wie die Schraubenflügel
                                 										einer Schraubenpumpe (vgl. 1888 268 491), den unten
                                 										bei J, zufliessenden Stoff aufwärts heben gegen J, wo derselbe auf der in ihrer Neigung
                                 										einstellbaren schiefen Wand A abwärts fliesst, bei
                                 											J1 in die
                                 										untere Abtheilung mit ebenfalls geneigtem Boden und dann wieder zur Messerwalze
                                 										zurückgelangt. Während nun der Stoff gehoben wird, findet gleichzeitig die
                                 										Zerfaserung desselben zwischen den Walzen- und den Grundwerksmessern C statt. Diese sind in den Grund werken H3 vereinigt,
                                 										welche zwischen den Wänden H2 des Troges mittels der Schrauben G wagerecht stellbar sind. Dies dürfte ein heikles
                                 										Detail sein. Weiter möge nicht verkannt werden, dass, trotzdem der Grundgedanke
                                 										rückhaltlos als gut bezeichnet sei, doch die Arbeit mit dem Apparate sich
                                 										schwerlich befriedigend darstellen dürfte. Wenn nämlich auch die Messer an der
                                 										Walze weit vorragen und derart tiefe Zellen bilden, so müssen sich diese doch
                                 										wegen des unvermeidlich nothwendigenbedeutenden Druckes zwischen Grundwerk und Walze
                                 										bald vollsetzen und lassen dann für das Heben von Flüssigkeit und Stoff wenig
                                 										Raum. Es spielt da eben wieder der Umstand mit, dass es kaum angeht, zu
                                 										verlangen, dass die Walze gleich gut zerfasere und dem Stoff ein bestimmtes
                                 										Gefälle ertheile, denselben also anhebe. Principiell wäre ja die Construction
                                 										gut, wie schon oben erwähnt, denn auch die Druckregelung zwischen den Messern
                                 										liesse sich erreichen, weil eben die Grundwerke beweglich sind.
                              Textabbildung Bd. 294, S. 3Fig. 7.Holländer von Miller. Die Construction von Guyon Miller in
                                 										Downingtown für einen Holländer mit lothrechtem Stoffumlauf besitzt nach dem
                                 										amerikanischen Patent Nr. 482 184 zur Beschleunigung der Arbeit auch zwei
                                 										Grundwerke, von denen eines, D in Fig. 7, im Boden des Troges fest ist, während das
                                 										zweite, E, gleichzeitig mit der Walze und auch
                                 										relativ gegen dieselbe gestellt werden kann. Gewiss ist, dass bei der durch
                                 										einen Pfeil angedeuteten Drehungsrichtung der Walze B und mit Rücksicht auf die knapp an die Walze schliessenden Ansätze
                                 											C2C3C4 der wagerechten
                                 										Mittelwand C eine Stoffströmung derart eintreten
                                 										wird, wie es die Pfeile im Troge angeben. Es fragt sich nur, ob diese Bewegung
                                 										befriedigend ausfällt. Gut denkbar ist es, dass der unten von rechts zuströmende Stoff von der Walze erfasst,
                                 										vielleicht emporgehoben, oben abgeschleudert oder gleich auch zwischen dem
                                 										oberen Grundwerk und der Walze durchgearbeitet und hierauf nach rechts ausgeschleudert wird, um dann in die untere
                                 										Abtheilung zu gelangen und den beschriebenen Weg wiederholt zu machen. Aber es
                                 										ist nicht zu erwarten, dass auf der linken Seite
                                 										insbesondere schwere, gröbere Stoffpartikelchen aus der unteren in die obere
                                 										Abtheilung aufsteigen, um solcherart wieder in den Kreislauf neu einzutreten.
                                 										Wenn man daher auch hoffen kann, dass rechts von der Walze eine leidliche Arbeit
                                 										zu Stande kommt und nicht viel liegen bleibt, weil der Weg zum Grundwerk kurz
                                 										ist, so ist dies von der linken Seite durchaus nicht anzunehmen, und ist dem
                                 										hier nicht einmal mit einem Rührscheit abzuhelfen, weil man nicht dazu kann.
                                 										Wollte man dann den Trog durch den Rohrstutzen n
                                 										entleeren, so würde gerade das Grobgebliebene abfliessen, während der rechts
                                 										befindliche, vielleicht ordentlich gemahlene Stoff kaum gegen den Abfluss
                                 										könnte, weil doch Grundwerks- und Walzenmesser ziemlich knapp an einander
                                 										schliessen. So, wie die vorliegende Skizze es angibt, geht es also nicht.
                              Ein neues Princip in der Art der Bearbeitung finden wir in dem
                                 										Papierstoffholländer von S. Berbuto und Ernest Marguet in Saventhem (Belgien) nach D. R. P.
                                 										Nr. 67799. Hierbei haben wir keine rotirende Walze und festes Grundwerk, sondern
                                 										es pendelt eine Messerplatte über dem festen Grundwerk hin und her. Wir
                                 										erkennen in Fig. 8 bei B. das Grund werk, über dem die Messerplatte A, welche bei a aufgehängt ist, schwingt.
                                 										Die Schwingung wird durch die Schubstange M, etwa
                                 										mit Hilfe eines Excenters, bewirkt. Eine Transportschnecke D oder irgend eine Pumpe schafft den Stoff von der
                                 										tiefer liegenden Trogpartie hindurch nach dem höher gelegenen Trogtheile, wo der
                                 										Stoff zwischen den Messern durch nach unten fliesst. Wie können wir uns nun die
                                 										Wirksamkeit dieser Einrichtung vorstellen? Etwa in der Art, wie man zwischen den
                                 										Fingern irgend einen weicheren Körper zerreibt. Das wäre nun an und für sich gar
                                 										nicht so schlecht. Aber die festliegenden Grundwerksmesser und die mit der
                                 										Platte A pendelnden Messer haben ja keineswegs
                                 										fortwährend gleichen Abstand von einander. Sind die Hängestangen T lothrecht, so stehen die Messer sich am nächsten,
                                 										und wie die Platte dann nach rechts oder links ausschwingt, entfernen sich die
                                 										in ihr befindlichen Messer mehr von den Grundwerksmessern, so dass also mit
                                 										ungleichen Abständen der beiden Messergruppen und daher auch mit einem
                                 										fraglichen Zeug gerechnet werden müsste. Dabei wäre nicht zu vergessen, dass die
                                 										Grundwerksmesseroberkanten in einem Kreiscylinder liegen, wodurch der
                                 										Uebelstand, welcher vermöge der eigenthümlichen Bewegung eintreten muss,
                                 										einigermaassen gemildert wird. Auch die projectirte federnde Aufhängung der
                                 										Platte A vermag günstig zu wirken. Ganz beseitigt
                                 										wäre dieses Bedenken, wenn nur eine Drehachse a
                                 										angewendet, wodurch allerdings das Ganze aber viel labiler würde. Jedenfalls
                                 										wird es sich, vielleicht ganz besonders bei dieser Vorrichtung, empfehlen
                                 										abzuwarten, wie die Arbeit sich bei thatsächlichem Gebrauche macht.
                              Textabbildung Bd. 294, S. 3Fig. 8.Holländer von Berbuto und Marguet.Textabbildung Bd. 294, S. 3Fig. 9.Holländer von Carter und Berst. Für gröberes Material, wie gedämpftes Holz u. dgl., ist der
                                 										Papierstoffholländer von John B. Carter und Jesse H. Berst in Kokomo nach dem amerikanischen
                                 										Patent Nr. 487912 bestimmt. Auf der Walze B (Fig. 9), welche etwas excentrisch gegen das
                                 										Grundwerk C liegt, befinden sich keine eigentlichen
                                 										Messer, sondern die Walze ebenso wie das Grundwerk sind nur mit Riffen versehen.
                                 										Gibt man nun die Faserbündel bei E, dort, wo Walze
                                 										und Grundwerk von einander am weitesten abstehen, auf, so werden dieselben
                                 										erfasst, unter fortwährend grösser werdendem Druck gequetscht, gleichzeitig
                                 										gerieben und endlich bei F ausgeworfen. Mittels der
                                 										Schraube D kann man das Grundwerk einstellen und
                                 										seine Lage dem jeweilig verarbeiteten Material anpassen. Doch wird man eine
                                 										vollständige Auflösung der Faserbündel wohl nicht erwarten dürfen.
                              Eine gewisse Verwandtschaft mit diesem Verfahren hat das von Friedrich Boegel in Partenstein nach D. R. P. Nr.
                                 										64193. Danach sollen die Hadern in gekochtem oder ungekochtem Zustande zu
                                 										Packeten gepresst und dann auf einem Schleifapparat, wie solche z.B. in
                                 										Holzschleifereien üblich sind, verschliffen werden. Natürlich sind dann auch
                                 											Sortirapparatenothwendig, um das jedenfalls ungleichmässig folgende Fasergemenge nach
                                 										Feinheitsnummern zu trennen, worauf die zu grob gerathenen Fasern in Raffineuren
                                 										fein gemahlen werden sollen. Man sieht, dass hier auf die Holzschleiferei
                                 										zurückgegriffen worden ist. Wenn nun auch keineswegs bezweifelt werden mag, dass
                                 										auf diese Art brauchbarer Papierstoff aus Lumpen erzeugt werden kann, so ist es
                                 										doch fraglich, ob auf diese Weise weniger Kraft verbraucht würde, wie es der
                                 										Erfinder behauptet, und gewiss ist die Einrichtung weniger einfach als eine
                                 										Holländeranlage. Auch sei daran erinnert, dass in der Holzschleiferei gerade
                                 										neuere Bestrebungen dahin gerichtet sind, die Schleifsteine zu ersetzen, unter
                                 										anderen gerade durch messerartig wirkende Stahltheile, so dass die Erfahrung
                                 										dafür spricht, nicht von den Messern der Holländer zum Steine
                                 										zurückzugreifen.
                              Textabbildung Bd. 294, S. 4Holländerabdichtung von Hemmer. Die Stellen, wo die Walzenzapfen aus dem Troge treten, bringen häufig
                                 										mancherlei Uebelstände mit sich. Einerseits tritt dort gern Stoff aus dem
                                 										Troginneren nach aussen, andererseits rinnt manchmal Schmiere u. dgl. aus den
                                 										Lagern nach innen und verunreinigt den Stoff unter Umständen derart, dass eine
                                 										Menge Ausschuss erzeugt wird. Eine gute Abdichtung, die nach beiden Seiten
                                 										wirkt, also auch die Lagerzapfen der Walze von Unreinigkeiten frei hält, damit
                                 										besseren und doch auch weniger Kraft verzehrenden Gang bewirkt, überdies
                                 										geringeren Verschleiss in den Lagern erzielen lässt, ist eine Construction, wie
                                 										sie Carl Hemmer in Neidenfels durch D. R. P. Nr.
                                 										65016 geschützt worden ist. Die Abdichtung wird (Fig. 10 und 11) dadurch erzielt,
                                 										dass ein Compositionsring k, welcher durch die
                                 										Trogwand geht, an die Lauffläche b der Messerwalze
                                 										angedrückt wird. Um dies verlässlich zu bewirken, ist eine Art
                                 										Stopfbüchsenbrille l angewendet; welche knapp in
                                 										das Innere des Ringes h passt und mit ihrem Flansch
                                 										sich an die äussere Stirnfläche des Ringes h
                                 										anlegt. Angezogen wird dieselbe mit Hilfe von Schrauben s, welche ihre Muttern in zwei Schildplatten hh1 finden, welche ganz zweckmässig
                                 										den Schlitz der Trogwand einfassen, in welchen der betreffende Walzenzapfen
                                 										eingelegt ist.
                              Eine Frage, die letzter Zeit in Folge einer Verfügung einer Gewerbebehörde
                                 										vielfach erörtert worden ist, ist die, ob Holländer bei Riemenantrieb
                                 										Leerscheiben erhalten sollen oder nicht. Es finden sich nämlich sehr viele
                                 										Holländer, bei welchen nur eine Vollscheibe vorhanden ist, so dass beim
                                 										Stillsetzen eines Holländers der betreffende Riemen abgeworfen werden muss. So
                                 										einfach dies auch scheint, so kann es doch nicht gebilligt werden. Es ist
                                 										ja richtig, dass bei Holländern, wo die Walze durch die Haube fast ganz
                                 										versteckt ist, selten ein Unglücksfall geschehen könne. Doch ist ein solcher
                                 										keineswegs ausgeschlossen, besonders beim Abwerfen des Riemens kann leicht etwas
                                 										derartiges geschehen. Daher muss der Anwendung irgend einer Abstellvorrichtung,
                                 										sei es eine Leerscheibe oder sonst eine Ausrückung, das Wort geredet werden.
                              
                           
                              b) Stoffmühlen.
                              Für die endgültige, insbesondere gleichmässige
                                    											Verfeinerung der Papierrohmaterialien werden immer mehr die Stoffmühlen
                                 										empfohlen. Dieselben kommen wohl so ziemlich alle auf das Princip des Kingsland'schen Centrifugalholländers zurück. So
                                 										erkennen wir am englischen Patent Nr. 11956 vom 17. Juni 1893 von D. Pearson und D. N.
                                    											Bertram eine Form, wie sie fast genau schon lange Zeit zum Raffiniren
                                 										von Holzschliff verwendet und in Hoyer's
                                    											Papierfabrikation in hübscher Zeichnung gegeben ist: eine rotirende
                                 										Messerscheibe in lothrechter Ebene, beiderseits mit Messern besetzt und gegen
                                 										beiderseits im Gehäuse festgemachte Mahlscheiben arbeitend.
                              Textabbildung Bd. 294, S. 4Papierstoffmühle von Sheldon. Eine andere, wenn auch nicht im Princip des Zerkleiners, so doch in
                                 										der Anordnung abweichende Ausführung ist die Papierstoffmühle von Alfred Sheldon in Wells nach D. R. P. Nr. 71032
                                 											(Fig. 12 und
                                 											13). Die
                                 										Mahlfläche, also auch die Mahlscheiben e und f liegen hier wagerecht und sind entsprechend mit
                                 										Messern besetzt. Für die Lage derselben gilt das, was in früheren Berichten
                                 										darüber gesagt worden ist, und finden wir gerade bei dieser Stoffmühle ein
                                 										Detail, welches darauf hinweist, dass der Erfinder sich das Durchgehen des
                                 										Stoffes zwischen den Mahlscheiben ähnlich wie in einer Centrifugalpumpe
                                 										vorstellt. Es sind nämlich die beiden Mahlscheiben, von denen die obere e an der lothrechten, durch Riementrieb bewegten
                                 										Welle d fest ist, während die untere Scheibe f ruht, von einem spiralig sich erweiternden
                                 										Gehäuse, begrenzt durch die Wand h, umgeben.
                                 										Zwischen diesem Gehäuse und einem weiteren mit Wand a, welches die ganze Stoffmühle umhüllt, findet hier eine
                                 										Stoffcirculation statt, was als besonders beachtenswerth hervorgehoben sein
                                 										soll. Es setzt sich nämlich an den Boden g des
                                 										spiraligen Gehäuses bei g1 (Fig.
                                    											13) eine schiefe Ebene l an, welche dem
                                 										von der rotirenden Messerscheibe ausgeschleuderten Stoff gestattet, in das
                                 										äussere Gehäuse (mit Wand a) abzufliessen. Nun hat
                                 										der untere Theil b des inneren Gehäuses eine
                                 										Oeffnung b1, an
                                 										welche sich die schiefe Ebene oder Schraubenfläche b2 allmählich ansteigend anschliesst,
                                 										so dass auf dieser der Stoff wieder gegen dieMahlscheiben e und
                                 											f gelangen kann. Dabei muss also wirklich von
                                 										der sich drehenden Mahlscheibe eine ähnliche Aufgabe, wie von einer
                                 										Centrifugalpumpe erfüllt werden: auf der einen Seite muss die Flüssigkeit mit
                                 										dem Zeug central angesaugt werden, auf der anderen Seite, am Umfange, wird
                                 										dieselbe ausgeschleudert. Wenn dabei auch keine grossen Höhenunterschiede zu
                                 										überwinden sind, das Wesen des Vorganges bleibt doch dasselbe, so dass auch die
                                 										entsprechende Krümmung der Messer, welche als Schaufeln wirken müssen, hier noch
                                 										mehr als bei anderen Systemen zu beachten wäre. Damit haben wir aber schon
                                 										wieder die Doppelaufgabe, welche kaum allseitig befriedigend gelöst werden kann;
                                 										der Kraftverbrauch muss im Vergleiche zur eigentlich zu leistenden Arbeit für
                                 										den Umlauf gross sein, weil man doch in erster Linie auf das richtige Schaben,
                                 										Verfeinern der Messer zu achten hat. Dafür entstehen allerdings Wirbel, welche
                                 										den Stoff ordentlich durchmischen, so dass vielleicht gerade diesem Umstände die
                                 										oft hervorgehobene Gleichmässigkeit des auf Stoffmühlen hergestellten Ganzzeuges
                                 										zuzuschreiben ist. Im Uebrigen ist die vorliegende Mühle gut durchgebildet: die
                                 										stehende Welle ist innerhalb des Gehäuses wohl umhüllt, die Mahlscheibe sitzt
                                 										auf einem kegelförmigen Theil der Welle, die Welle d ist von unten stellbar u. dgl. Eine Stoffmühle mit wagerechten
                                 										Mahlscheiben ist auch der Stoffraffineur von Hermann
                                    											Schulte. Dieser Apparat kann ebenfalls beim Fertigmahlen gute Dienste
                                 										leisten.
                              Textabbildung Bd. 294, S. 5Fig. 14.Stoffmühle von Marshall. Die 1890 277 176 beschriebene Stoffmühle
                                 										von Edward R. Marshall in Turner's Falls ist weiter
                                 										vervollkommnet worden. Wir sehen (Fig. 14), dass
                                 										in den äusseren Kegelmantel A noch ein Mantel F eingesetzt ist, der verhältnissmässig leicht
                                 										herausgenommen werden kann und die bei der Arbeit festliegenden Messer enthält,
                                 										so dass diese leicht ausgewechselt werden können, während dies in dem äusseren
                                 										Gehäusemantel recht schwierig durchzuführen ist. Aehnlich ist es bei den ebenen
                                 										Mahlscheiben L. Bei diesen sind die Messer in
                                 										Ringen montirt, welche auf die gusseisernen Mahlscheiben geschraubt werden
                                 										können. Die Wirkungsweise ist dabei natürlich gleich geblieben. Der Stoff tritt
                                 										bei B ein, wird vom Kegel bearbeitet, gelangt
                                 										allmählich an das weitere Ende desselben, um die ebenen Mahlflächen zu passiren
                                 										und dann auszutreten. Auch die Einstellung der Mahlflächen ist im Princip
                                 										ähnlich ausgeführt wie früher: es wird das Kammlager bei M durch die Schraube s gestellt.
                              Eine eigenthümliche Messeranordnung zeigt die Stoffmühle von Sharon D. Beach in Seymour nach dem amerikanischen
                                 										Patent Nr. 463823. Wir sehen (Fig. 15) lothrechte
                                 										Mahlscheiben, und die Messer sowohl in der festliegenden Scheibe B wie in der drehbaren H gesondert eingesetzt. Während nun derartige Messer meist
                                 										geradlinig gemacht werden, sind dieselben hier kreisrund in Ringen angeordnet,
                                 										wie aus Fig. 16 und
                                 											17 zu erkennen
                                 										ist, und zwar sind die Messer auf der festliegenden Scheibe B concentrisch, auf der drehbaren Scheibe H excentrisch gegen die Drehungsachse gelegt. Dies
                                 										bewirkt bei der Drehung eine relative seitliche Verschiebung der drehbaren gegen
                                 										die festliegenden Messer, wie Fig. 18 zeigt, wo
                                 										Kreis a ein festliegendes, b1 ein drehbares Messer in der
                                 										äussersten Stellung links und b2 in der äussersten Stellung rechts andeuten
                                 										soll. Die Folge von dieser Anordnung ist ein Verschieben der Stoffasern über die
                                 										Messer weg und, weil diese mit einem gewissen Druck gegen einander arbeiten, ein Zerreiben der Fasern, also ein
                                 										erwünschter Arbeitsvorgang. Von einem Scherenschnitt, wie in der Patentschrift gesagt, ist wohl keine Rede.
                                 										Befestigt werden die aus Quadranten zusammengesetzten Messer (vgl. Fig. 16, 17 und 19) mit Hilfe von
                                 										Leisten N, welche in Nuthen der Messer greifen und
                                 										die in Nuthen der Mahlscheiben eingelegten Messerquadranten unter Zuhilfenahme
                                 										von Schrauben s an die Mahlscheiben klemmen. Die
                                 										Stoffbewegung ist derart gedacht, dass der Halbstoff durch J eintritt, die Mahlfläche passirt, in das Gehäuse
                                 										ausgeschleudert wird und dann durch J1 abfliesst. Bei S
                                 										ist eine Schraubenstellung für die Achse angedeutet.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 294, S. 5
                                 Stoffmühle von Beach.
                                 
                              
                           
                              c) Verschiedene andere
                                    											Zerkleinerungsmaschinen.
                              Dieselben sollen hauptsächlich altes Papier, allenfalls Zellstoff, Holzschliff u.
                                 										dgl. wieder auflösen und geeignet machen als Zusatz zum Holländer. Bekannt ist
                                 										für diesen Zweck der Kollergang, welcher
                                 										gefeuchtetes oder sogar gekochtes Papier zerreibt und in einen ziemlich
                                 										trockenen Brei verwandelt. Ein neuerer Kollergang mit Hartgussgrundwerk wird von
                                 										der Maschinenfabrik A. Gutmann in Frankfurt a. d.
                                 										Oder gebaut und ist nach Skizzen in der Papierzeitung, 1893, in Fig. 20 bis 24 wiedergegeben.
                                 										Das Hartgussgrund werk liegt in Vertiefungen b des
                                 										Troges A und wird aus Theilen gebildet, welche in
                                 											Fig. 22 und
                                 											23
                                 										herausgezeichnet sind. Indem man diese Stäbe an einander legt und die
                                 										Vertiefungen mit einer weicheren Metallegirung ausfüllt, erhält man ein Grund
                                 										werk, von dem ein Theil in Fig. 24 so
                                 										dargestellt ist, dass die dunklen Partien den vortretenden Hartguss, die
                                 										helleren Theile das weiche Metall andeuten. Wälzen sich nun die Steine über das
                                 										Grundwerk, so geben die weichen Theile nach, während die Hartgusstheile
                                 										widerstehen und so eine feste Unterlage für das Zerreiben abgeben. Als
                                 										vortheilhaft muss es bezeichnet werden, dass die nachgiebigere Massedie Hartgusstheile
                                 										offenbar nur ganz wenig vortreten lässt, was für die zerreibende Arbeit sicher
                                 										genügt und doch auch nicht gestattet, dass irgendwo in Vertiefungen Material
                                 										unbearbeitet liegen bleibt. Es erscheint glaublich, dass die Abnutzung des
                                 										Grundwerkes nach sechsjährigem Betriebe kaum merklich war und daher auch das
                                 										Einlaufen der Läufer in den Bodenstein völlig ausbleibt. Im Uebrigen sehen wir
                                 										aus Fig. 21, dass
                                 										die Läufer durch Schleppkurbeln von der drehenden Welle mitgenommen werden, dass
                                 										die Läufer mit den Steinbüchsen nicht vergossen, sondern mit Hilfe von Platten
                                 											g und Schrauben h
                                 										geklemmt sind, dass das Schmieröl durch Büchsen k
                                 										aufgefangen wird, der Stoff nach Oeffnung eines Schiebers bei c herausfallen kann u. dgl.
                              Textabbildung Bd. 294, S. 6Kollergang von Gutmann. Es ist unvermeidlich, dass selbst bei der verhältnissmässig schonenden
                                 										Behandlung, wie sie auch im Kollergang statthat, das zu kollernde Papier nicht
                                 										bloss aufgelöst wird, sondern dass die Fasern auch noch weiter zerkleinert,
                                 										insbesondere kürzer werden. Wenn wir nun überlegen, dass ja im alten Papier die
                                 										Fasern schon so weit gemahlen waren, wie es für die betreffende Papiersorte
                                 										wünschenswerth ist, so folgt, dass die aus dem alten Papier durch Kollern
                                 										gewonnenen Fasern eigentlich nur mehr für eine mindere Papiergattung brauchbar
                                 										sein werden. Um dem zu steuern, hat Dr. C. Wurster
                                 										einen beachtenswerten Vorschlag gemacht, der auch schon in der Praxis ausgeprobt
                                 										worden ist. Es wird nämlich das alte Papier einer Knetmaschine überantwortet, und zwar hat Wurster die Knetmaschine nach System Paul
                                    											Pfleiderer mit schraubenförmigen gegen einander arbeitenden, mit
                                 										wagerechter Achse ausgestatteten Knetflügeln benutzt. Hierbei ist nun
                                 										allerdings die Reibung auf ein geringstes Maass herabgedrückt, und es dürfte
                                 										angehen, das Fasermaterial, sowie den verschiedenartigen Ausschuss, welcher
                                 										während des Ganges der Papiermaschine fällt, sofort wieder aufzulösen und der
                                 										letzten Holländerleere zuzugeben, und dies um so eher, weil nach den Erfahrungen
                                 											Wurster's bei Zuführung der geeigneten Menge
                                 										Wasser der eine Knetmaschine füllende Ausschuss, ungefähr 50 k, in 10 bis 15
                                 										Minuten verarbeitet werden kann.
                              Ganz ähnlich wirkt im Uebrigen der im Berichte 1892 286 13 besprochene Tritirateur, wie auch
                                 										die hauptsächlich in Frankreich gebräuchlichen Barbottes (Quirl), welche zum Auflösen
                                 										von altem Papier meist in Pappenfabriken gebraucht und letzter Zeit von der
                                 										Firma M. A. Gaudillon in Senlis gebaut werden. Es
                                 										sind dies ganz ähnliche Apparate wie der Zellstoffauflöser System Ziegelmayer (1890 276
                                 										55), nur sind bei den Barbottes die Quetschstäbe an der Achse und die festen
                                 										Stäbe am Gehäuse weiter gestellt und vierkantig gemacht.
                              Endlich sei noch eines Apparates von Carl Sauer in
                                 										Münster gedacht (D. R. P. Nr. 65699), welcher eine Zerreissmaschine für
                                 										Zellstoffpappe betrifft. Bei dieser arbeiten Daumen an einer Walze gegen ein
                                 										Grundwerk, dessen Schienen Zwischenräume lassen, so dass die Daumen passiren
                                 										können. Eine erfasste Zellstoffpappe wird in kleinere Stücke zerrissen, welche
                                 										dann dem Holländer oder einer Stoffmühle übergeben werden können. Ist die
                                 										Zellstoffpappe noch entsprechend feucht, so genügt es wohl vollständig, wenn der
                                 										Holländermüller dieselbe, wenn auch in ziemlich grossen Stücken, dem Holländer
                                 										übergibt, da Zellstoff in solcher Form sich sehr leicht wieder auflöst.
                              
                           
                        
                           Bleichen.
                           Die neueren Bestrebungen richten sich darauf, das bleichende Chlor möglichst billig
                              									herzustellen – entweder durch Verbesserung der altbekannten oder durch neue
                              									Verfahren, bei welch letzteren die Anwendung der Elektricität erstrebt wird – und
                              									das Chlor in richtiger Weise zu benutzen. Die Beobachtung, auf welche auch schon
                              									früher (1888 286 26) hingewiesen worden ist, dass bei der
                              									Chlorbleiche Zwischenproducte entstehen, welche wohl nicht in Wasser, aber in
                              									Alkalien löslich sind, scheint sich immer mehr zu bestätigen. Dafür spricht z.B.,
                              									dass das Bleichen von mit Kalk gekochter Jute mit Chlor dann gut gelingt, wenn man
                              									durch Anwendung von Chlorgas während 12 bis 20 Stunden die Jute nur zu etwa drei
                              									Viertel bleicht, hierauf mit alkalischem Wasser (etwa 1 Proc. Soda) auswäscht, wobei
                              									das Waschwasser braun bis schwarz wird, und dann erst mit Chlorkalk fertig
                              									bleicht.
                           Auch das unter D. R. P. Nr. 59218 patentirte elektrische Verfahren von Carl Kellner geht darauf hinaus, auf das zu bleichende
                              									Fasermaterial abwechselnd Chlor und Alkalien in Lösung einwirken zu lassen. Für
                              									dieses Verfahren kann eine ähnliche Einrichtung, wie dieselbe 1894 292 123 für die Herstellung von Zellstoff auf
                              									elektrischem Wege von demselben Erfinder angegeben worden ist, benutzt werden, was
                              									nur begreiflich ist, wenn man bedenkt, dass in beiden Fällen ähnliche Aufgaben zu
                              									lösen sind. Von nicht unmittelbar interessirten Kreisen wird allerdings noch immer
                              									hervorgehoben, dass alle elektrischenBleichverfahren – so etwa das Holland-Richardson'sche mit Anwendung von Kohlenanoden und Entwickelung
                              									von Chlor aus Kochsalzlösung, oder das Verfahren von Sergius
                                 										Stepanow in Petersburg nach D. R. P. Nr. 61708, wobei etwas mit Kalk
                              									versetzte Kochsalzlösung mittels des elektrischen Stromes behandelt wird – noch
                              									merklich theurer in der Anwendung sind, als die Benutzung des auf gewöhnlichem,
                              									bekanntem Wege gewonnenen Chlors bezieh. des Chlorkalks. Bedeutungsvoll wäre es
                              									daher gewiss, wenn die Nachricht sich bewahrheitete, dass es Kellner gelungen sei, die für die Abspaltung des Chlors nöthige
                              									elektrische Energie etwa auf den fünften Theil dadurch herabzusetzen, dass er die
                              									Wärme, welche durch Bildung und Lösung von Aetznatron an der Kathode frei wird, in
                              									elektrische Energie leicht umwandeln könne. Dadurch wäre es immerhin denkbar, die
                              									Fabrikation des Bleichchlors soweit zu verbilligen, dass man nach dem gewöhnlichen
                              									Verfahren theurer arbeitet, selbst wenn das in Amerika patentirte Verfahren
                              									einschlägt, welches darin besteht, dass sämmtliches Chlor bei der Behandlung von
                              									Salzsäure mit Braunstein dann gewonnen werden kann, wenn Salpetersäure zu der Lauge
                              									gesetzt wird, die nach der üblichen Entwickelung von Chlor aus Salzsäure mit
                              									Braunstein verbleibt.
                           Textabbildung Bd. 294, S. 7Bleichvorrichtung von Kellner. Wenn direct mit Chlorgas gebleicht wird, und dies empfiehlt sich dann,
                              									wenn im Halbzeug noch Schaben u. dgl., also solche Partien vorkommen, welche noch
                              									die sogen. incrustirende Materie enthalten, wie es auch oben für Jute erwähnt wurde,
                              									so handelt es sich darum, das Gas möglichst innig mit Zeug in Berührung kommen zu
                              									lassen, also diesen in einer Form anzuwenden, die den Zutritt des Chlorgases sehr
                              									erleichtert. Hierfür kann der Halbstoff auf Entwässerungsmaschinen, das sind
                              									vereinfachte Papiermaschinen, in eine Art Pappe verwandelt und diese leicht gerollt
                              									in die Bleichkästen gebracht werden, oder aber man bleicht den Stoff in Flockenform
                              									in möglichst dünnen Schichten, wofür Carl Kellner ein
                              									D. R. P. Nr. 65670 erhalten hat. Hierbei ist eine Art Gegenstromsystem
                              									angewendet. In einer geeigneten Kammer oder in einem Thurm (Fig. 25 und 26) sind wagerecht
                              									liegende Abtheilungen gebildet, welche durch in den verschiedenen Abtheilungen gegen
                              									einander versetzte Schlitze d communiciren. In die
                              									oberste Abtheilung wird durch die Speisewalzen l
                              									Papierstoff zugeführt, in die unterste strömt durch Rohr h Chlorgas ein. Durch die Drehung einer Achse e, welche für jede Abtheilung einen Rechen f
                              									angesetzt erhält, wird nun der Stoff, indem er durch die Schlitze d fällt, allmählich nach unten, dem Gasstrome entgegen,
                              									geschafft, so dass am meisten gebleichter Stoff mit frischem Gase in Berührung
                              									kommt, während gegen oben hin das schon theilweise ausgenutzte Gas immer weniger
                              									gebleichten Stoff trifft. Es muss natürlich ausprobirt werden, wie für jede
                              									Stoffgattung die Geschwindigkeit des Gasstromes u. dgl. eingerichtet werden muss,
                              									damit oben bei i, wo das Gas den Bleichbehälter
                              									verlässt, kein empfindlicher Verlust an Chlor stattfinde. Der gebleichte Stoff
                              									gelangt dann unten vorbei an Schieber m in einen
                              									Behälter, wo man eine Art Nachbleiche vor sich gehen lassen kann, worauf der Stoff
                              									selbstverständlich gut ausgewaschen werden muss, um die beim Bleichen gebildete
                              									Salzsäure vollständig zu entfernen bezieh. unschädlich zu machen. Die Wände der
                              									Bleichkämmer müssen natürlich aus solchem Materiale, z.B. gebranntem Thon,
                              									hergestellt werden, welches der Einwirkung des Chlors widersteht, andererseits muss
                              									die Grösse der Kammer dem jeweiligen Erforderniss, Menge des Bleichgutes u. dgl.,
                              									angepasst werden.
                           Für Bleichholländer benutzt man immer mehr Tröge, welche
                              									aus in Cement gemauerten Klinkern aufgebaut und mit Cement möglichst glatt verputzt
                              									werden. Um die Haltbarkeit des Verputzes zu erhöhen, kann man erfahrungsgemäss dem
                              									Verputzcementmörtel etwas Faserstoffe, z.B. Cellulosefasern, beimengen. Dabei werden
                              									diese Holländer gewöhnlich für ziemlich grossen Fassungsraum, bis etwa 1000 k Zeug,
                              									hergestellt. Sie halten sogar Erwärmung der Holländerflüssigkeit bis gegen 30°, was
                              									beim Bleichen vorkommt, ganz gut aus. Wichtig ist es aber, Vorkehrungen zu treffen,
                              									dass der Troginhalt ordentlich durchgemengt werde, um die Bleichflüssigkeit
                              									thunlichst gleichförmig zu vertheilen oder auch um durch allenfalls zugeführten
                              									Heizdampf den Inhalt gleichmässig zu durchwärmen. Die gewöhnliche Holländerwalze
                              									schafft wohl viele Wirbel, mischt also durch, ist aber für die Erzielung eines guten
                              									Zuges, wie schon oft bemerkt; ein ungeeignetes Mittel. Centrifugalpumpen mögen hier
                              									um so eher empfohlen werden, weil diese doch auch erwarten lassen, dass der
                              									Stoffstrom gut durchgemengt wird. Welche Detailconstruction dabei gewählt wird, ist
                              									vielfach Geschmackssache; es sei nur beispielsweise auf die Golzern'schen Constructionen (vgl. 1888 268
                              									490) und auf den Nacke'schen Holländer mit Turbinenrad
                              									(vgl. 1888 268 492) hingewiesen. Von den Holländern, bei
                              									welchen die Stoffbewegung durch Schaufelräder, wie etwa beim Debié'schen, bewirkt wird, kann dagegen für den vorliegenden Zweck ein
                              									gleich günstiges Resultat aus dem Grunde nicht erwartet werden, weil eben die
                              									Durchmischung ohne Anwendung eines Rührscheites nicht so sicher stattfindet.
                           Das gebleichte und gewaschene Fasermaterial wird dann in die meist unter den Bleich-
                              									bezieh. Waschapparaten befindlichen Abtropfkästen
                              									abgelassen. Für diese werdenmit feinen, nach aussen sich erweiternden Oeffnungen versehene Cement- oder
                              									Thonsteine oder Platten als Auskleidung immer beliebter. Neuerer Zeit fertigt z.B.
                              									die Firma Wm. Schuler in Isny solche Steine derart an,
                              									dass die Cement- oder Thonmasse einem hohen Drucke ausgesetzt wird. Man erhält
                              									dadurch begreiflicher Weise einen dichteren und auch widerstandsfähigeren Stein,
                              									weil Säuren nicht so leicht ins Innere desselben dringen können. Dabei halten
                              									Cementsteine recht gut, wenn auch nicht so lange als Thonsteine; die letzteren sind
                              									allerdings auch die theureren.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)