| Titel: | Ueber die Verharzungsfähigkeit und den sogen. Harzgehalt der Mineralöle. | 
| Autor: | S. Aisinman | 
| Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 65 | 
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                        Ueber die Verharzungsfähigkeit und den
                           								sogen. Harzgehalt der Mineralöle.
                        Von Dr. S.
                                 								Aisinman.
                        Ueber die Verharzungsfähigkeit und den sogen. Harzgehalt der
                           								Mineralöle.
                        
                     
                        
                           Die Untersuchung der Mineralschmieröle auf ihre physikalischen und chemischen
                              									Eigenschaften ist erst seit einigen Jahren über das Stadium der rohen Empirie
                              									hinausgekommen und auf eine wissenschaftliche Basis gestellt worden. Es ist darum
                              									durchaus nicht befremdend, wenn einzelne Vorschriften oder „Methoden“ trotz
                              									ihrer völligen Unrichtigkeit und der Ermangelung jeder wissenschaftlichen Stütze
                              									weiter bestehen bleiben.
                           Da sie aber geeignet sind, den Mineralölfabrikanten unnöthige Schwierigkeiten zu
                              									bereiten und bei den Consumenten verworrene und unrichtige Vorstellungen
                              									hervorzurufen über die Natur der Mineralschmieröle und die an letztere zu stellenden
                              									Anforderungen, so ist es im Interesse aller Betheiligten gelegen, wenn einzelne
                              									dieser Vorschriften und Anforderungen einer kritischen Beleuchtung unterworfen
                              									werden.
                           Unter den üblichen Anforderungen, welche an ein Mineralöl als Schmiermittel gestellt
                              									zu werden pflegen, wie entsprechender Flüssigkeitsgrad, Flammpunkt,
                              									Entzündungspunkt, Kältepunkt und Säuregehalt, figurirt noch eine ganze Reihe
                              									anderer, unter welchen die Bestimmungen über die Verharzungsfähigkeit und den
                              									Harzgehalt oder den „Gehalt an verharzenden Producten“ besonderes Interesse
                              									beanspruchen.
                           In Bezug auf die Verharzungsfähigkeit der Mineralschmieröle finden wir in den meisten
                              									Lieferungsbedingungen der Staatseisenbahnen über Schmiermaterialien, sowie in der
                              									einschlägigen Litteratur die Anforderung: „Das Oel darf keine trocknenden
                                 										Eigenschaften besitzen; d.h., in dünnen Lagen längere Zeit der Einwirkung der
                                 										Luft ausgesetzt, weder verharzen, noch zu einer firnissartigen Schicht
                                 										eintrocknen.“ Meistens knüpft sich daran die Bedingung, dass im Oel
                              										„keine Harz- und Theeröle irgend welcher Art“ vorhanden sein dürfen.
                           Die üblichen Methoden zur Bestimmung der Verharzungsfähigkeit der Oele sind rein
                              									mechanischer Natur.
                           Die Methode von Nasmith und Albrecht besteht z.B. darin,
                              									dass man gleiche Quantitäten der Oele zu gleicher Zeit in schwach geneigte Rinnen
                              									tropfen lässt und beobachtet, welches Oel am längsten seine Bewegung nach abwärts
                              									fortsetzt. Die schlechten Oele bleiben nach einigen Tagen zurück, werden dickflüssig
                              									oder gerinnen.R. Benedikt, Analyse der Fette, 1892 S.
                                    											222.
                           Eine in der Praxis noch öfters gebräuchliche Methode besteht darin, dass man eine
                              									sehr dünne Oelschicht auf einer Glas- oder Metallplatte ausbreitet und geschützt vor
                              									Staub der Wärme aussetzt. Verharzende Oele werden klebrig und trocknen ein.
                           Die Anforderung: das Oel darf nicht verharzen, findet ihre Berechtigung in der
                              									Thatsache, dass trocknende Oele durch Krustenbildung die Reinigung der Maschine
                              									erschweren, die Reibung der gleitenden Flächen erhöhen und so zu einer rascheren
                              									Abnutzung der betreffenden Maschinentheile führen, d.h. den eigentlichen Zweck des
                              									Schmiermittels – Verminderung der Reibung und Conservirung der Maschine –
                              									illusorisch machen.
                           In welchem Maasse ist aber diese Eigenschaft bei reinen Mineralschmierölen
                              									vorhanden?
                           Das Trocknen der Oele ist ein chemischer Process und besteht im Wesentlichen in
                              									der Absorption des Sauerstoffes der atmosphärischen Luft unter Bildung
                              									sauerstoffreicherer Verbindungen. Absolut nichttrocknende Oele gibt es überhaupt
                              									nicht und unterscheiden sich die sogen. trocknenden und nichttrocknenden Oele nur im
                              									Grade der chemischen Veränderung, welcher durch die Quantität des absorbirten
                              									Sauerstoffes oder die Additionsfähigkeit für Jod gemessen wird.
                           So addiren die trocknenden vegetabilischen Oelglyceride der Linolensäure 18 Atome J,
                              									die der Linolsäure 12 Atome J, während die nichttrocknenden, animalischen und
                              									vegetabilischen Oele – Glyceride der Oelsäurereihe – nicht mehr als 6 Atome J
                              									aufzunehmen vermögen. Der Repräsentant der ersten Gruppe, Leinöl, hat eine Jodzahl
                              									von 158, nach
                           
                              
                                 v. Hübl
                                 Moore
                                 Dieterich
                                 Wilson
                                 Benedikt
                                 
                              
                                 158
                                 155,2
                                 161,7
                                 148,1–149,1
                                 170–181
                                 
                              
                           Der Repräsentant der zweiten Gruppe, Rüböl, hat dagegen eine Jodzahl von nur 100,
                              									nach
                           
                              
                                 v. Hübl
                                 Moore
                                 Dieterich
                                 Wilson
                                 
                              
                                 100
                                 103,6
                                 98,5–105
                                 100,4–102,8
                                 
                              
                           Analog ist es bei den Harzölen und reinen Mineralölen. Die Jodzahl liegt bei dem
                              									Harzöl zwischen 43 und 48, bei den Mineralölen übersteigt sie nur in den seltensten
                              									Fällen 14.Valenta, D. p. J. 1884 253 420.
                           Dasselbe beobachtet man in Bezug auf die Absorptionsfähigkeit der Oele für
                              									Sauerstoff. Die Arbeiten von BachChem.-Ztg., 1889 S. 905. nach der
                              										Fox'schen MethodeZeitschr. für anal Chem., Bd. 23 S.
                                    										434. ergaben folgende Resultate:
                           Je 1 g Oel absorbirt Sauerstoff:
                           
                              
                                 Valveöl
                                 0,10
                                 cc
                                 
                              
                                 Valvolinöl
                                 0,45
                                 „
                                 
                              
                                 Raffinirtes Cylinderöl
                                 0,34
                                 „
                                 
                              
                                 Mineralöl (Baku)
                                 0,74
                                 „
                                 
                              
                                 Lubricating Oil 0,877
                                 0,70
                                 „
                                 
                              
                                         „          „   0,865
                                 4,80
                                 „
                                 
                              
                                 90 Th. Lubricating Oil mit 10 Th. Leberthran
                                 9,40
                                 „
                                 
                              
                                 90 Th. Oleonaphta mit 10 Th. Leberthran
                                 8,60
                                 „
                                 
                              
                                 Tovotes Schmierfett
                                 21,80
                                 „
                                 
                              
                                 Harzöl
                                 181,00
                                 „
                                 
                              
                                 Rüböl
                                 166,00
                                 „
                                 
                              
                                 Cottonöl
                                 111,00
                                 „
                                 
                              
                           Die Aufnahmefähigkeit für Sauerstoff ist danach bei reinen Mineralölen ungemein
                              									gering im Vergleich zu den Harzölen und dem als Schmiermittel beliebten Rüböl. Dies
                              									entspricht auch der chemischen Beschaffenheit der Mineralöle, welche der Hauptmenge
                              									nach aus Kohlenwasserstoffen der Fettreihe bestehen (Grenzkohlenwasserstoffe,
                              									Olefine, Naphtene) und nur zum geringen Theil aus aromatischen Kohlenwasserstoffen,
                              									Phenolen und Petrol- oder Naphtensäuren, welch letztere einer weitergehenden
                              									Oxydation fähig sind.
                           Wenn die Sauerstoffaufnahme der Mineralöle bei so günstigen Bedingungen, wie es nach
                              									der Bach'schen Methode der Fall ist – Einwirkung von
                              									reinem Sauerstoff bei einer Temperatur von 110° C. während 10 Stunden – so geringist, so muss sie
                              									unter normalen Umständen fast gleich Null gesetzt werden.
                           Mit Recht schreibt darum auch SchaedlerSchaedler, Technologie der Fette und Oele, 1887
                                    											Bd. 2 S. 402.: „Die Mineralöle, welche ja nur primäre
                                 										Verbindungen sind, bleiben in noch so grosser Flächenausdehnung bei der
                                 										Berührung mit dem Sauerstoff der Atmosphäre indifferent, sie unterscheiden sich
                                 										dadurch wesentlich von den Thier- und Pflanzenölen u.s.w., welche eine
                                 										Zersetzung erleiden und ranzig werden.“
                           Das ausgedehnte Untersuchungsmaterial der königl. mechanisch-technischen
                              									Versuchsanstalt in Charlottenburg bestätigt diese Annahme vollständig, da sämmtliche
                              									von der Versuchsanstalt geprüften reinen Mineralöle als nicht verharzend befunden
                              										wurden.Mitth. der königl. mech.-techn.
                                       												Versuchsanstalten, 1889 Ergänzungsheft 5 Tabelle 5 Spalte 47 S. 43
                                    											bis 59.
                           Berücksichtigt man die angeführten Thatsachen, so kann man sich der Ansicht von Künkler nur anschliessen, wenn er sagt: „Die Prüfung
                                 										der Oele auf.... Krustenbildung kann wegfallen, da sie durch die Vorschrift,
                                 										dass die Oele reine Mineralöle sein müssen, ihre Erledigung findet.“Künkler, Schmiermittel und ihre Untersuchung,
                                    											1893 Anhang S. 30.
                           Das unvollkommene Verfahren des Auftragens der Oele auf Glasplatten und das
                              									Abfliessenlassen in schwach geneigten Rinnen dürfte nur als Vorprüfung auf fremde
                              									Bestandtheile im Oel dienen, während der exacte Nachweis von der Anwesenheit der
                              									Harz- und Theeröle nach den üblichen Methoden, wie Polarisation, Jodzahl,
                              									chromatische Reactionen, specifisches Gewicht u.s.w., geführt werden muss. Nicht zu
                              									unterschätzen ist auch die Asphaltbestimmung, welche einen Aufschluss über das
                              									Verpechen der Oele gibt.Holde, D. p. J. 1894 292 69.
                           In seiner bekannten Arbeit vom Jahre 1887: Das deutsche
                                 										Erdöl, schreibt Engler:
                              									„Ueber die Natur der harzartigen bezieh. asphaltartigen Stoffe, welche ohne
                                 										Zweifel Producte der oxydirenden Wirkung der Luft auf das Erdöl sind, herrscht
                                 										noch fast völliges Dunkel. Wir wissen nur, dass ihre Menge in einzelnen Erdölen
                                 										verschieden ist.“Engler, Das deutsche Erdöl, 1887 S.
                                    										23.
                           Seit dieser Zeit fehlte es zwar nicht an Versuchen, etwas mehr Licht über diese
                              									Bestandtheile des Erdöles zu verbreiten, jedoch ohne positiven Erfolg.
                           Ein Streiflicht auf diese Producte wird eigentlich erst durch die neuesten Arbeiten
                              									von Zaloziecki geworfen, welcher das Verharzen und
                              									Verpechen der Erdöle in causalen Zusammenhang mit der Anwesenheit der Terpene im
                              									Erdöl bringt.
                           So schreibt er: „Die Entdeckung der Terpene im Erdöl gestattet eine Erklärung über
                                 										mannigfache Erscheinungen, so des Verharzens und Verpechens. Eine Polymerisation
                                 										und Oxydation der Terpenbestandtheile der Erdöle wäre die einfachste Ursache
                                 										dieser Erscheinungen, die Bildung von Colophon und den eigentlichen Harzen
                                 										nahestehenden Körpern das Resultat davon.“D. p. J. 1894 293
                                    											118.
                           Da es aber Zaloziecki nicht gelungen ist, in jedem Erdöl
                              									die Terpene nachzuweisen und die Ergebnisse seiner Untersuchungen einen noch
                              									meist hypothetischen Charakter tragen, so haben wir vorläufig keinen sicheren
                              									wissenschaftlichen Aufschluss über die Natur der harzartigen Producte im Erdöl und
                              									den daraus hergestellten Producten.
                           Während es wahrscheinlich noch vieler wissenschaftlichen Versuche bedürfen wird, um
                              									die vorläufig räthselhafte Beschaffenheit dieser Körper aufzuklären, bedient sich
                              									die Praxis schon lange einer Methode zur quantitativen Bestimmung der sogen.
                              									harzartigen Producte in den Erdölen und Mineralschmierölen. Diese Methode besteht in
                              									der Einwirkung von concentrirter Schwefelsäure auf eine Lösung des Mineralöles in
                              									Petroleumäther und wird, obwohl ihre vollständige Unbrauchbarkeit eigentlich für
                              									denjenigen, welcher sich mit den neueren Forschungen über die Constitution der
                              									Mineralöle vertraut gemacht hat, klar zu Tage liegen muss, leider nicht nur von
                              									Empirikern, sondern auch von wissenschaftlichen Anstalten, wie z.B. der
                              									chemisch-technischen Versuchsanstalt in Charlottenburg, gebraucht.
                           Letztere schreibt vor: „40 cc Oel und 60 cc Petroläther werden mit 20 cc
                                 										concentrirter Schwefelsäure unter Zusatz von Glasperlen in einem getheilten, mit
                                 										eingeschliffenem Glasstöpsel verschlossenen Cylinder 2 volle Minuten kräftig
                                 										geschüttelt. Die Schichten trennen sich bald, so dass eine Ablesung stattfinden
                                 										kann. Ein längeres Stehenlassen ist unzulässig; weil dann Zersetzungen des
                                 										absorbirten Oeles stattfinden.“
                           A. VeithA. Veith, Das Erdöl, 1892 S. 112.
                              									beschreibt die auf derselben Grundlage beruhende Methode wie folgt: „Der
                                 										Harzgehalt wird am zweckmässigsten in der Weise bestimmt, dass man zu einem
                                 										gewissen Volumen (gewöhnlich 40 cc) Rohöl das gleiche Volumen (40 cc) fettfreies
                                 										Benzin hinzufügt und in einem graduirten Cylinder gut durchmischt. Hierzu mengt
                                 										man 20 cc concentrirter Schwefelsäure von 66°, schüttelt einige Minuten kräftig
                                 										damit und lässt so lange absitzen, bis die über der braun gewordenen
                                 										Schwefelsäure stehende Mischung ganz durchsichtig wird und sich der Niederschlag
                                 										nicht vermehrt.Meine
                                       												Erfahrung deckt sich mit der Angabe von Veith. Sogar nach 1- bis 2tägigem Stehen verändert sich das
                                       												Volumen der Schwefelsäure nicht. Die Volumenzunahme der
                                 										Schwefelsäure gibt den Gehalt an Harzproducten an.“
                           Veith bringt den Harzgehalt der Erdöle mit dem
                              									specifischen Gewicht und der Farbe in genetischen Zusammenhang. „Je specifisch
                                 										schwerer und je dunkler die Erdöle sind, um so höher ist auch der Gehalt an
                                 										Harzproducten. Im Allgemeinen schwankt er zwischen 10 bis 25 Proc.“
                           J. GrossmannJ. Grossmann, Die Schmiermittel, 1894 S.
                                    											105. benutzt buchstäblich dieselbe Methode, sie ausdrücklich auch
                              									für ungereinigte dunkle Mineralschmieröle empfehlend. Er schreibt: „Der Gehalt an
                                 										Harzproducten – nach der angegebenen Methode bestimmt – soll nicht mehr als 15
                                 										Proc., keineswegs aber über 20 Proc. betragen, während die Schmieröle für
                                 										Locomotiven nicht mehr als 10 Proc. Harze enthalten dürfen.“Ibid. S.
                                    											133.
                           BenediktBenedikt, Analyse der Fette und Wachsarten, II.
                                    											Aufl. 1892 S. 225. gebraucht die etwas modificirte Methode,
                              										„um einen vergleichsweisen Anhaltspunkt über die Quantität der Asphalt- und
                                 										Schleimstoffe, sowie von Brandharzen zubekommen“. Bei guten Oelen beträgt nach Benedikt der Harzgehalt 6 bis 12 Proc., darf aber 20
                              									Proc. nicht übersteigen.
                           Man sieht also, dass diese Methoden kaum im Wesentlichen von einander abweichen; sie
                              									scheinen sämmtlich auf eine und dieselbe Quelle zurückzuführen zu sein.
                           Nach der Vorschrift der chemisch-technischen Versuchsanstalt untersuchte ich
                              									verschiedene Mineralöle auf deren sogen. Harzgehalt und erhielt folgende
                              									Resultate:
                           I. Bakuer Schmieröle.
                           
                              
                                 
                                 Farbe
                                 Spec.-Gew.bei 15° C.
                                 Flüssigkeitsgrad nachEngler
                                 Flamm-punkt
                                 Harzgehaltin Proc.
                                 
                              
                                 bei20° C.
                                 bei50° C.
                                 bei100° C.
                                 
                              
                                 Spindelöl
                                 hell
                                 0,891
                                   4,7
                                     2,02
                                 –
                                   155°
                                   0,0
                                 
                              
                                 Maschinenöl
                                 hell
                                 0,907
                                 40,9
                                 6
                                 –
                                 200
                                   7,5
                                 
                              
                                 Waggonöl
                                 dunkel
                                 0,912
                                 40,9
                                     6,74
                                 –
                                 170
                                 30,0
                                 
                              
                                 Cylinderöl
                                 hell
                                 0,912
                                 –
                                 13,7
                                   2,62
                                 210
                                 10,0
                                 
                              
                                 CylinderölDieses
                                          													Cylinderöl wurde von der chem.-techn. Versuchsanstalt in
                                          													Charlottenburg geprüft und ein Harzgehalt von 12,5 Proc.
                                          													constatirt.
                                 hell
                                 0,916
                                 –
                                   20,27
                                 2,6
                                 265
                                 15,0
                                 
                              
                                 Cylinderöl
                                 dunkel
                                   0,9326
                                 –
                                   72,45
                                 5,3
                                 246
                                 50,0
                                 
                              
                           II. Amerikanische Schmieröle.
                           
                              
                                 
                                 Farbe
                                 Spec.-Gew.bei 15° C.
                                 Flüssigkeitsgrad nachEngler
                                 Flamm-punkt
                                 Harzgehaltin Proc.
                                 
                              
                                 bei20° C.
                                 bei50° C.
                                 bei100° C.
                                 
                              
                                 Pale Oil
                                 hell
                                 0,905
                                 10,8
                                     3,03
                                 –
                                   195°
                                     0,0
                                 
                              
                                 Intermediate    Oil
                                 hell
                                   0,8705
                                   11,11
                                     2,68
                                   1,15
                                 205
                                     0,0
                                 
                              
                                 Standard filte-  red Cylinder-  Oil Special
                                 hell
                                 0,917
                                 –
                                 –
                                 2,5
                                 230
                                     0,0
                                 
                              
                                 Special Loco-  motive Cylin-  der-Oil
                                 dunkel
                                 0,925
                                 –
                                 41,7
                                   4,41
                                 355
                                     0,0
                                 
                              
                                 Winter Dark
                                 dunkel
                                 0,883
                                   19,94
                                     4,33
                                 –
                                 177
                                     7,5
                                 
                              
                                 Medium Sum-  mer Dark
                                 dunkel
                                 0,885
                                   25,81
                                   5,7
                                 –
                                 215
                                 25
                                 
                              
                           III. Deutsche Schmieröle.
                           
                              
                                 
                                 Farbe
                                 Spec.-Gew.bei 15° C.
                                 Flüssigkeitsgrad nachEngler
                                 Flamm-punkt
                                 Harzgehaltin Proc.
                                 
                              
                                 bei20° C.
                                 bei50° C.
                                 bei100° C.
                                 
                              
                                 Pechelbronner  Oel
                                 hell
                                 0,870
                                   2,35
                                 1,44
                                 –
                                   155°
                                 10
                                 
                              
                                 Pechelbronner  Goldöl
                                 dunkel
                                   0,9179
                                   7,49
                                 2,11
                                 –
                                 140
                                 20
                                 
                              
                                 Elsässer Oel
                                 dunkel
                                   0,9032
                                 21,47
                                 4,23
                                 –
                                 115
                                 59
                                 
                              
                           Diese Ergebnisse zeigen, dass die Bezeichnung des durch Schwefelsäure löslichen
                              									Antheils der Mineralöle als Harzgehalt, welcher nach oben angeführten Autoritäten
                              									höchstens 25 Proc. (wohl bei den schlechtesten Oelen) betragen solle, durchaus
                              									unzutreffend ist, denn es steigt der Gehalt an den in Schwefelsäure löslichen
                              									Bestandtheilen bei sehr gut bewährten Mineralölen bis zu 50 Proc.
                           Auffallend ist es, dass die amerikanischen hellen Oele ganz frei von
                              									schwefelsäurelöslichen Antheilen sind, was in der abweichenden Constitution dieser
                              									Oele seinen Grund hat, wie wir weiter unten sehen werden.
                           Was sind es aber für Körper, welche als Harzproducte bezeichnet werden?
                           Die Antwort auf diese Frage ist in der chemischen Beschaffenheit der Mineralöle zu
                              									finden. Wie bekannt, bestehen die Bakuschen Mineralöle zum grössten Theil aus
                              									Naphtenen und Olefinen und zum geringeren Theile aus Grenzkohlenwasserstoffen,
                              									aromatischen Kohlenwasserstoffen und Sauerstoffverbindungen. Das Verhalten dieser
                              									Kohlenwasserstoffe gegenüber concentrirter Schwefelsäure ist sehr verschieden.
                              									Während die Grenzkohlenwasserstoffe von der Schwefelsäure nicht angegriffen werden,
                              									lösen sich in derselben die Naphtene, Olefine, die Sauerstoffverbindungen und die
                              									aromatischen Kohlenwasserstoffe, indem sie meistens in Sulfosäuren bezieh. Alkohole
                              									übergeführt werden. Die Naphtene werden durch wiederholte Behandlung mit rauch.
                              									Schwefelsäure vollständig in Lösung gebracht, indem sie sich zum Theil in
                              									aromatische Sulfokohlenwasserstoffe, zum Theil in wenig untersuchte pechartige
                              									Substanzen verwandeln, die theilweise mit Wasserdämpfen flüchtig sind.Markownikow und Spadi, Konowalow, Journal der
                                       												russisch. physik. Gesellschaft.
                           Während die Bakuer Oele nach den Angaben von Markownikow
                              									und Ogloblin mindestens 80 Proc. Naphtene enthalten,
                              									bestehen die amerikanischen Oele hauptsächlich aus Grenzkohlenwasserstoffen und nur
                              									zum sehr geringen Theile aus Naphtenen und wasserstoffärmeren Verbindungen.
                           Berücksichtigt man nun die eben angeführten Thatsachen, so tritt die Unzulässigkeit
                              									der beschriebenen Methode zur Bestimmung des Harzgehaltes zur Evidenz hervor, denn
                              									die nach dieser Methode gewonnenen Resultate constatiren nicht den Harzgehalt,
                              									sondern den Gehalt an in Schwefelsäure löslichen Kohlenwasserstoffen.
                           Zieht man noch die Vorgänge bei der Raffinirung der schweren Mineralöle in Betracht,
                              									so erkennt man auch durch diese, dass die Menge der in Schwefelsäure löslichen
                              									Bestandtheile der Oele kein Kriterium für den sogen. Harzgehalt derselben abgeben
                              									kann. Zur Herstellung der weissen Vaselinöle nach Pharm.
                                 										Germ. III beispielsweise behandelt man die Schmieröldestillate mit
                              									Schwefelsäuremonohydrat oder rauch. Schwefelsäure, danach mit Natronlauge und
                              									filtrirt durch Knochenkohle. Bei diesem Process gehen etwa 75 Proc. des Oeles in
                              									Form von sogen. Brandharzen, einer schwarzen pechartigen Substanz, verloren. Sind
                              									nun alle diese 75 Proc. des in Schwefelsäure gelösten Oeles Harzproducte? Würde es
                              									der Fall sein, so müssten die aus denselben Destillaten gewonnenen Maschinenöle und
                              									Spindelöle bei Behandlung mit einem bedeutend geringeren Procentsatz concentrirter
                              									Schwefelsäure unbrauchbar sein. Die Unrichtigkeit dieser Ansicht tritt deutlich
                              									genug hervor, um bei ihr nicht weiter verweilen zu müssen.
                           Die allgemeine, in stetem Wachsen begriffene Anwendung der raffinirten und
                              									unraffinirten dunklen Mineralöle als Schmiermittel beweist, dass dieselben, wenn
                              									zweckentsprechend angewandt, allen an ein gutes Schmieröl zu stellenden
                              									Anforderungen genügen, und muss daher die Vorschrift des begrenzten Gehaltes an in
                              									Schwefelsäure löslichen Antheilen als unrichtig und verfehlt bezeichnet werden.
                              									Diese Vorschrift sollte demnach aus der Reihe der Vorschriften für
                              									Lieferungsbedingungen für Mineralschmieröle ausgeschieden werden.
                           Auch der Ansicht der mechanisch-technischen Versuchsanstalt, welche den Harzgehalt
                              									der Oele mit dem Säuregrad derselben in Verbindung bringt, können wir uns nicht
                              									anschliessen. Die Versuchsanstalt schreibtMitth. der königl. mech.-techn.
                                       												Versuchsanstalten, 1889 Ergänzungsheft 5 S. 21.: „In
                                 											allendenjenigen Fällen, in welchen ein Oel als säurefrei oder ohne einen
                                 										irgendwie wesentlichen Säuregehalt befunden wurde, lässt sich mit Sicherheit
                                 										behaupten, dass es auch frei von Harz ist, da die Harze sämmtlich säureartige,
                                 										also gegen Natron reagirende Körper sind und. sich mithin durch einen merklichen
                                 										Verbrauch an Natronlaugen kundgeben müssen.“
                           Diese Ueberzeugung hat die Versuchsanstalt auf Grund des untersuchten reichhaltigen
                              									Materials gewonnen. Die Methode, welcher sich die Versuchsanstalt zur Bestimmung des
                              									Harzgehaltes bedient hat, bezeichnet sie selbst als nicht scharf genug und begnügte
                              									sich mit ihr „in Ermangelung eines besseren Nachweises“.
                           Die Methode besteht darin, dass man ungefähr 5 cc des Oeles mit der gleichen Menge
                              									70procentigen Alkohols im Reagensglase kocht, nach dem vollständigen Abkühlen einen
                              									Theil des Alkohols auf ein Uhrglas filtrirt und dieses bis zum Verschwinden des
                              									Alkoholgeruches auf einem Wasserbade erhitzt. Nach dem Erkalten des Rückstandes
                              									prüft man ihn durch Anfühlen mit dem Finger und durch den Geruch auf harzige
                              									Bestandtheile.
                           Die Methode ist so mangelhaft, dass die erzielten Resultate kaum in Betracht kommen
                              									können, besonders wenn man berücksichtigt, dass die Versuchsanstalt auch bei Oelen
                              									mit einem unzulässig hohen Säuregehalt von 0,4 Proc. (auf SO3 berechnet) keine Harze finden konnte.
                           Sodann unterscheiden wir auch in der Praxis zwischen sauerstoffhaltigen Producten
                              									alkalischen Charakters, welche durch Schwefelsäure aufgenommen werden, und solchen
                              									sauren Charakters, welche durch Natronlauge entfernt werden, und ist das
                              									Mengenverhältniss beider in Mineralölen verschiedener Herkunft und verschiedener
                              									Reinheit sehr wechselnd und unabhängig von einander.
                           Resumiren wir die gemachten Ausführungen, so ergibt sich, dass die Natur der Harze im
                              									Mineralöl bis jetzt noch unergründet ist und dass die bestehenden Methoden zum
                              									quantitativen Nachweise derselben nur irreleitend sind, indem sie alle in
                              									Schwefelsäure löslichen Kohlenwasserstoffe unter die „Harzproducte“ rangiren.
                              									Da ausserdem der wirkliche Harzgehalt in den Mineralölen entsprechend dem
                              									Sauerstoffgehalt derselben nur sehr gering sein kann, so kann die Prüfung der
                              									Mineralöle auf ihre Reinheit sich beschränken auf die Ermittelung der fremdartigen
                              									Bestandtheile, wie Harzöle, Theeröle und trocknende Oele, und auf den Nachweis des
                              									Asphaltgehaltes, wie an anderer Stelle bereits erwähnt.
                           Aus dem Laboratorium der Mineralölwerke Albrecht und Co.
                              									Hamburg, September 1894.