| Titel: | Neuerungen in der Papierfabrikation. | 
| Autor: | Alfred Haussner | 
| Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 73 | 
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                        Neuerungen in der
                           								Papierfabrikation.
                        Von diplom. Ingenieur Alfred
                                 									Haussner.
                        (Schluss des Berichtes S. 49 d. Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen in der Papierfabrikation.
                        
                     
                        
                           Schneidmaschinen für Papier und Pappe.
                           Textabbildung Bd. 294, S. 73Schneidmaschine von Setz. Einige Patente für Längsschneider mögen als nicht bedeutend und von
                              									fraglicher Neuheit hier übergangen werden. Aber auch für Querschneider liegt nicht
                              									viel vor, was eingehendere Besprechung verdienen würde, ausgenommen etwa die
                              									Querschneidmaschine für endloses Papier von Oskar Setz
                              									in Düren nach D. R. P. Nr. 57692, welche verhältnissmässig recht einfach ist (Fig. 77 und 78). Bekanntlich ist es
                              									nothwendig, die Papierbahn während des Schnittes festzuhalten und dann erst das
                              									Messer zum Schnitte sich bewegen zu lassen. Beide Bewegungen sind hier von einer
                              									Curvenscheibe recht einfach abgeleitet. Das bewegliche Messer wird durch den
                              									Kniehebel f nach abwärts gedrängt, wenn die Zugstange
                              										g vom oberen Ende des Hebels h zwischen Rollen x nach
                              									rechts gezogen wird, und das geschieht, wenn die Rolle r am unteren Ende von h in den Theil q der Curvenscheibe n
                              									gelangt. Dann geht aber auch ein Arm b, der an den
                              									Hebel h oben geschlossen ist, nach rechts, so dass die
                              									Federn p wirken können, den Pressbalken i nach abwärts drücken und vermöge des Kniehebels k die Stange l mit ihrer
                              									Endrolle y zwingen, dem Arme b zu folgen, gerade so, als ob l mit b fest verbunden wäre. Somit ist den beiden oben
                              									angedeuteten Forderungen genügt. Verlässt die Rolle r
                              									die Stelle q der Scheibe n
                              									bezieh. dreht sich diese weiter, so gelangt Hebel h in
                              									die Stellung, wie er in Fig.
                                 										77 gezeichnet ist, d.h. Rolle y ist nach
                              									links geschoben, somit wegen Stange l und Kniehebel k die Federn p
                              									zusammengedrückt, der Pressbalken i angehoben. Weiter
                              									sind aber auch die Rollen x nach links gebracht,
                              									daher wegen der Stange g und des Kniehebels f auch das Messer s
                              									hochgehoben. Somit kann ein neues Stück der Bahn vorgeschoben werden. Dies geschieht
                              									durch die Walzen aa und bb1, wobei bb1 grössere Umfangsgeschwindigkeit als
                              										aa1 erhalten. Die
                              									Bahn zwischen aa1 und
                              										bb1 ist daher immer
                              									straff gespannt. Weil aber die eben bezeichneten Walzen sich fortwährend drehen, so
                              									muss während des Schnittes, der allerdings wegen der geringen Länge der Stelle q der Curvenscheibe n
                              									verhältnissmässig nur ganz kurze Zeit dauert, sich das Papier hinter dem Pressbalken
                              										i zwischen diesem und den Walzen bb1 etwas stauen. Das
                              									ist wohl das einzige Bedenkliche an der Maschine, dürfte aber bei sorgfältiger
                              									Wartung und geeigneter Regelang der Zufuhrgeschwindigkeit des Papieres kaum wirklich
                              									Schaden verursachen. Dieser Umstand muss eben wegen der sonstigen Einfachheit der
                              									Maschine mit in den Kauf genommen werden. Uebrigens können auch verschiedene Formate
                              									geschnitten werden, ohne die Curvenscheibe n auswechseln zu müssen, wenn nur die Geschwindigkeit
                              									des Antriebes derselben im Verhältniss zur Zufuhrgeschwindigkeit z.B. mit
                              									Riemenkonus o. dgl. geregelt werden kann.
                           Falls die vorbeschriebene Maschine genügend kräftig gebaut wird, kann sie wohl
                              									unbedenklich auch zum Querschneiden von Pappe benutzt werden. Es dürfte dieses
                              									System entschieden empfehlenswerther sein, als etwa das von R. Nyblad in Pappenburg, welcher verhältnissmässig sehr schwere Messer
                              									frei fallen lässt, um dadurch Pappen quer zu schneiden; einfacher als bei der obigen
                              										Setz'schen Maschine wird die Ausführung kaum.
                           Von anderen Ausführungen, die hauptsächlich Handbetrieb voraussetzen, sei nur
                              									bemerkt, dass die meisten darauf ausgehen, in irgend einer Weise die Aufgabe zu
                              									lösen, „ziehenden Schnitt“ zu erzielen. Hervorgehoben sie eine Ausführung der
                              										Maschinen-Cartonnagen-A.-G. in Hamburgnach D. R. P. Nr. 66489; wo
                              									das gekrümmte Messer E um einen festen Drehpunkt b (Fig. 79) schwingt,
                              									während mit Hilfe des Armes F, der eigentlich mit E einen Winkelhebel bildet, und der Zugstange Z der in Führungen am Untergestell gleitende Tisch T gegen den Messerdrehpunkt gezogen wird, wenn das
                              									Messer niedergeht, und von b entfernt wird, wenn das
                              									Messer gehoben wird. Ein Gegengewicht, das nicht gezeichnet ist, balancirt das
                              									verhältnissmässig schwere Messer E aus. Um Platz zu
                              									sparen, kann das Balancirgewicht auch durch eine Hebelverbindung leicht unter den
                              									Tisch verlegt werden; auf eine derartige Anordnung hat z.B. Molitor und Co. in Heidelberg das D. R. P. Nr. 67817 bekommen.
                           Textabbildung Bd. 294, S. 74Fig. 79.Schneidmaschine der Maschinen-Cartonnagen-A.-G. Nicht wenige von anderen derartigen Maschinen benutzen einen
                              									Zahnstangentrieb mit schief gelegter Zahnstange, um den ziehenden Schnitt zu
                              									erreichen. Auch werden bezügliche ältere deutsche Ausführungen als neue
                              									amerikanische Patente aufgewärmt. Dabei ist die Schneidkante des Messers entweder
                              									wagerecht oder auch geneigt gegen die Wagerechte gelegt, um im letzteren Falle auch
                              									allmählichen Angriff, also nur allmählicher zu steigernde Kraftwirkung zu erzielen.
                              									Der Pressbalken ist dann derart zu verbinden, dass er eher sich auf den zu
                              									beschneidenden Papierstoss setzt, als das Messer zu schneiden beginnt, dann aber den
                              									weiteren Abwärtsgang des Messers nicht hindert, was durch eingeschaltete Federn in
                              									verschiedenen Anordnungen erreicht ist. Um auch Streifen von kleinerer Breite, als
                              									sie der Pressbalken besitzt, sicher schneiden zu können, hat z.B. C. Fr. Sprich in Biebrich nach D. R. P. Nr. 70909 einen
                              									nachgiebigen Anschlag construirt, der aus zwei durch Federn verbundenen Platten
                              									gebildet ist, so dass, wenn der Pressbalken niedergeht und nur eine geringe Breite
                              									des Papierstosses klemmt, er sich auch noch auf den nachgiebigen Anschlag stützen
                              									kann, wobei dieser überdies verhindert, dass die unteren Lagen des Papierstosses
                              									ungehörig ausweichen.
                           Andere Ausführungen wieder, wie z.B. jene von Eugène
                                 										Ravasse in Paris nach D. R. P. Nr. 67935, sind mit Rücksicht auf die
                              									immerhin einfache Aufgabe, welche zu lösen ist, ganz unglaublich verwickelt
                              									construirt.
                           
                        
                           Glätten.
                           Für Rollenpapier werden die Kalander, welche das Glätten zu besorgen haben, jetzt
                              									immer mehr mit vielen Walzen, man geht bis auf vierzehn Stück, ausgestattet, um den
                              									grossen Anforderungen, welche heute in Bezug auf die Glätte an bessere, oft aber
                              									auch schon an minderwerthige Papiere gestellt werden, zu genügen, und doch die hohe
                              									Glätte in möglichst kurzer Zeit zu erreichen. Weil nun die Walzen fast ausnahmslos
                              									über einander gelegt werden und mit Rücksicht darauf, dass die Durchbiegung der
                              									Walzen trotz des bedeutenden Druckes nicht merklich sein soll, ziemlich bedeutende
                              									Walzendurchmesser angenommen werden müssen, erreichen die neueren Kalander eine
                              									grosse Höhe und bedeutendes Gewicht. Da ist es dann um so wichtiger, die Walzen
                              									derart zu lagern, dass man jede Walze für sich auswechseln könne, ohne etwa für eine
                              									tief liegende erst alle höheren herausnehmen zu müssen. So finden wir in den
                              										Industries, October 1891, einen achtwalzigen
                              									Kalander, bei dem sämmtliche Lager an geeigneten Ständern fliegend angebracht sind.
                              									Der Drück wird durch Gewichtsbelastung mit Hebelübersetzung in oft ausgeführter
                              									Anordnung erzielt. Diese Kalander werden von Bentley und
                                 										Jackson in Bury gebaut. Bei anderen Systemen finden wir statt der
                              									Gewichtsbelastung hydraulischen Druck durch Accumulatoren vermittelt, von welchen
                              									entweder jeder Kalander einen für sich allein besitzt, oder es werden in grösseren
                              									Kalandersälen für eine Reihe von Glättwerken gemeinsame Accumulatoren benutzt. So
                              									wie bei dieser Einzelheit finden wir auch sonst noch an Einzelheiten manches
                              									geändert, an dem Systeme selbst ist nicht leicht, schon seiner grundsätzlichen
                              									Einfachheit halber, irgend etwas anders zu machen. So sind nach dem Vorschlage von
                              										Richard Smith in Sherbrook nach dem amerikanischen
                              									Patent Nr. 497610 Luftströme dazu verwendet, um bei der selbsthätigen Einführung des
                              									Papiers in die Kalander, was ja zur leichteren Vermeidung von schweren Unfällen
                              									jetzt häufig geschieht, die sonst oft gebrauchte Bändchenführung entbehren zu
                              									können. Dabei wird (Fig. 80) in der Nähe der
                              									Einführstelle ein Theil eines Hohlringes c concentrisch
                              									und ziemlich nahe zur Walze gelegt, der eine bedeutende Anzahl von Löchern b gegen die eine Walze besitzt und von dem allen
                              									derartigen Theilen gemeinsamen Rohr a mit Luft gespeist
                              									wird, welche allenfalls von einem Ventilator zugeführt zu denken ist. Die aus den
                              									Oeffnungen b gegen die bezügliche Walze strömende Luft
                              									drängt das Papier an die Walze, so dass es bis zur nächsten Walze mitgenommen wird.
                              									Man könnte dieser Vorrichtung schon das Wort reden, aber die Zuführung der Blaseluft
                              									mit dem, was noch dazu gehört, macht doch den Kalander ziemlich theuer. Die
                              									Verlängerung s wirkt als Schaber, um zu verhindern,
                              									dass die Papierbahn einen falschen Weg nehme.
                           Textabbildung Bd. 294, S. 74Fig. 80.Papiereinführung von Smith.Textabbildung Bd. 294, S. 74Glättvorrichtung von Brulé. Bei anderen Kalandern finden wir ganz empfehlenswerthe Vorrichtungen dazu,
                              									um bleibende Falten u. dgl. beim Glätten zu vermeiden. Diese Falten verursachen
                              									Ausschuss, oft nicht wenig, und können auch unter Umständen die Papier- (oder
                              									Baumwoll-) Walzen ernstlich beschädigen. Es ist daher durchaus nicht unwichtig; die
                              									Falten ordentlich auszustreichen, bevor das Papier dem Walzendrucke unterworfen
                              									wird. Eine derartige, recht einfache Vorrichtung ist die nach D. R. P. Nr. 59592 von
                              										August Brulé in Flot. Dabei ist eine Bürste BB1 aus zwei Theilen
                              									verwendet (Fig. 81).
                              									Die beiden Theile B und B1 sind gelenkig bei V an einander geschlossen, so dass man die Bürste
                              									innerhalb gewisser Grenzen in einem beliebigen Winkel knicken kann. Weil nun die
                              										Haareder Bürste
                              									auf der Papierbahn streifen, Reibung auf derselben hervorrufen, also sozusagen die
                              									Bahn zurückzuhalten streben, wird dieselbe gespannt und ergeben sich bei geeigneter
                              									Knickung der Bürstenhälften auch Kraftcomponenten, welche die Tendenz zeigen, das
                              									Papier in die Breite zu ziehen, also Falten auszustreichen, wie aus der Fig. 82 entnommen werden
                              									kann. In derselben bedeuten AB und AC die beiden Bürstenhälften, P die Papierbahn und M1M2 zwei symmetrisch liegende Punkte. Sind dann M1K1 und M2K2 diejenigen Kräfte in
                              									der Laufrichtung, welche zur Ueberwindung der Reibungsantheile nothwendig sind, so
                              									folgen daraus Componenten M1N1 und M2N2 senkrecht gegen die
                              									bezüglichen Bürstentheile, welche durch den Widerstand derselben aufgehoben werden,
                              									während die Componenten M1F1 und M2F2 senkrecht gegen die
                              									Papierlaufbahn einander gerade entgegengesetzt sind, sich durch die Papierbahn
                              									hindurch aufzuheben trachten, daher dieselbe spannen und Falten ausstreichen werden.
                              									– Bei dem Falten ausstreicher von C. G. Haubold in
                              									Chemnitz ist statt der Bürsten (im D. R. P. Nr. 67752) nur eine gekrümmte
                              									Streifstange verwendet.
                           Bei dem Glättwerke von M. A. Gandillon werden einzelne
                              									Bogen durch Walzen gegeben. Um hier die Falten zu vermeiden, werden durch belastete
                              									Hilfswälzchen, welche mittels eines Fusstrittes angehoben werden können, die Bogen
                              									an den Zuführtisch gepresst und soweit gehalten, dass beim Einschieben in das
                              									Glättwerk Falten nicht so leicht entstehen können.
                           Selbstverständlich ist es, dass das besondere Kalandern um so weniger Arbeit
                              									verursachen wird, je glatter das Papier schon von der Papiermaschine kommt. Deshalb
                              									ist es schon lange bei Siebcylindermaschinen hier und da gebräuchlich, eine glatte
                              									Walze an den Siebcylinder, etwa mittels eines Fusstrittes, anzudrücken, um jene
                              									Unebenheiten etwas auszugleichen, welche durch die Beschaffenheit des Filzes
                              									hervorgerufen werden. Natürlich soll dies erst kurz vor dem Abnehmen der Pappe
                              									geschehen. Wie erwähnt, ist dies nichts Neues, und kann daher auch das D. R. P. Nr.
                              									63077 von F. Flach in Brieg, welches Patent sich auf
                              									den geschilderten Umstand bezieht, auf Originalität keinen Anspruch erheben.
                           Ueber diejenigen Glättwerke, bei denen ein pendelnd aufgehängter Glättstein oder eine
                              									derartige Rolle benutzt wird (vgl. z.B. 1892 286 53),
                              									liegen einige amerikanische „Neuheiten“ vor, von denen es aber ihrer
                              									Geringfügigkeit halber nur zu wundern ist, wie Patente dafür erlangt werden konnten,
                              									wo es sich doch um vielfach Altbekanntes handelt und vielleicht nur die Form des
                              									Gestelles u. dgl. etwas abgeändert ist, ohne dass aber an der Sache selbst etwas
                              									anders geworden wäre.
                           Dagegen kann dem Vorschlage nur zugestimmt werden, welcher dahin geht, bei derartigen
                              									Maschinen mit Glättsteinen oder Glättrollen, welche in bestimmter lothrechter Ebene
                              									pendeln, wobei also auch nur ein verhältnissmässig kleiner Theil der Bahn, welche
                              									kurze Zeit ruht, während dieser Zeit bearbeitet wird, die Unterlage mit
                              									nachgiebigeren Stoffen, z.B. geleimter Pappe o. dgl., auszukleiden, damit, wegen der
                              									nachgiebigeren Unterlagen, die Stellen nicht so vortreten, wo zu glätten aufgehört
                              									und von Neuem begonnen worden ist.
                           Nicht uninteressant, obwohl einem ganz speciellen Zwecke dienend, ist die
                              									Glättmaschine für Papierhülsen von A. Schneider in
                              									Werdau nach D. R. P. Nr. 71065. Es handelt sich dabei um solche Hülsen, wie sie in
                              									Spinnereien verwendet, und die allerdings recht glatt und mit abgerundeten Kanten
                              									gewünscht werden. Diese Hülsen werden in mehreren Reihen, radial geordnet, auf einer
                              									Scheibe oder Armen aufgesteckt, welche sich an einer langsam drehenden Welle
                              									befinden und der Reihe nach durch Glättwerkzeuge, welche die Hülsen in der
                              									Längsrichtung streichen, in jenen oben angedeuteten Zustand gebracht, in dem sie
                              									erst verkäuflich sind. Die Maschine entfernt auch selbsthätig die fertigen
                              									Hülsen.
                           
                        
                           Herstellung verschiedener Papiere und Pappen.
                           
                              a) Buntpapiere.
                              Die Zusammenstellung von Farben, die geeignet sind, für gewisse Farbentöne auf
                                 										Papiere gestrichen zu werden, wird vielfach als Fabrikgeheimniss behandelt, weil
                                 										es hier fast einzig und allein auf den Versuch, welche Farben und in welcher
                                 										Mischung dieselben den gewünschten Farbenton hervorbringen, ankommt. Innerhalb
                                 										dieses Berichtes ist wohl nicht der Ort, auf verschiedene Recepte, welche in
                                 										Erfahrung gebracht wurden, näher einzugehen. Dagegen sei verwiesen auf eine
                                 										anscheinend der Erfahrung entstammende Zusammenstellung von Farben für viele
                                 										verschiedene Buntpapiere, welche z.B. in der Papierzeitung, 1892 S. 706, gegeben worden ist. Hervorgehoben werde im
                                 										Allgemeinen, dass zu Deckfarben für feine Papiere Blanc fixe, dann aber auch
                                 										Chinaclay u. dgl. gerne genommen wird, allerdings nicht für alle Farben. Weiter
                                 										spielen eine grosse Rolle die Farblacke, Stärke, Schellack und Borax. Soll durch
                                 										Reibung Glanz auf den Buntpapieren erzielt werden, so kommen zu den Farben auch
                                 										Abkochungen mit Wachs, Paraffin u. dgl., wobei man unter Umständen auch noch
                                 										erreichen kann, dass diese gestrichenen Papiere waschbar werden. Bei diesen verschiedenartigen Stoffen hat es
                                 										begreiflicher Weise oft seine liebe Noth, eine gleichmässige, haltbare und gut
                                 										zu streichende Farbe zu gewinnen. Der Auflösung von Paraffin in
                                 										Schwefelkohlenstoff, um diese Lösung in die Farbe zu bringen, mag wegen der
                                 										bedeutenden Feuergefährlichkeit nicht das Wort geredet werden. Einen Versuch
                                 										werth dürfte aber das D. R. P. Nr. 71305 an Alois
                                    											Dessauer in Aschaffenburg sein. Danach wird eine Schellacklösung mit
                                 										Borax oder Salmiak versetzt und hierzu geeignete indifferente schleimige Körper gebracht, welche einen
                                 										gleichmässigen Farbbrei erzielen lassen. Hierfür wird empfohlen eine Abkochung
                                 										im Verhältniss von 500 g Wasser zu 100 g Althäawurzel. Die derart hergestellte
                                 										Schellacklösung wird gemischt mit schwach alkalisch reagirendem
                                 										Aluminiumhydroxyd, Kaliumchromsulfat und einer Leimlösung von 1,05 spec. Gew.,
                                 										das Ganze mit genügend Wasser tüchtig durch einander gerührt. Zum Farbbrei
                                 										selbst wird auch Blanc fixe empfohlen, das mit der schon bezeichneten Leimlösung
                                 										angerührt wird. Bei dem im Patente angegebenen Mengenverhältniss soll dann ein
                                 										so schöner, geschmeidiger und streichfähiger Brei entstehen, dass damit
                                 										vollständig befriedigende waschbare weisse, allenfalls auch farbige Glacefarben
                                 										für photographische und lithographische Cartonpapiere erzeugt werden können.
                              Von anderer Seite wird sogen. „präparirtes Stearin“ empfohlen – es ist
                                 										dies eigentlich eine Stearinseife –, oder es werden auch Wachsseifen genommen.
                                 										Insbesondere imletzteren Falle lässt sich ziemlich leicht die richtige, zu nehmende
                                 										Menge durch einen kleinen Versuch mit dem Glattstein bestimmen. Gibt ein mit der
                                 										Farbe bestrichener Versuchsbogen beim Glätten mit dem Steine Farbe ab, so ist zu
                                 										wenig Wachs, schmiert sich die Farbe aber, so ist zu viel Wachs genommen worden.
                                 										Auch Talk, der Farbe beigemischt, hat in manchen Fällen guten Erfolg. Für
                                 										billige Buntpapierfarben sind Anilinfarben, mit Stärke gemischt, gut zu
                                 										empfehlen.
                              Um Glanz bei den eben erwähnten Papieren zu erzielen, ist die Bürste, sowohl
                                 										durch die Hand des Arbeiters, wie auch mechanisch bewegt, ganz vorzüglich. So
                                 										werden z.B. von der Firma F. Müller in
                                 										Potschappel-Dresden Bürstmaschinen mit drei Walzenbürsten geliefert, welche bei
                                 										richtiger Behandlung sehr schönen Glanz erzielen lassen.
                              Wenn nur matte, weisse Chromopapiere gemacht werden sollen, so kann die sogen.
                                 											„Tragantine“ statt Stärke benutzt werden, wobei nach Angabe der Firma
                                 											Kantorowicz und Co., welche Tragantine liefert,
                                 										der Farbbrei auch kalt verwendet werden kann.
                              Nicht unerwähnt bleibe das D. R. P. Nr. 68443 an Berger
                                    											und Wirth in Leipzig-Schönefeld, nach welchem ein besonders für
                                 										Illustrationszwecke geeignetes Papier dadurch erzeugt wird, dass unmittelbar auf
                                 										der fertigen Papierbahn gewisse Niederschläge hervorgerufen werden, welche sich
                                 										innig an das Papier schliessen, die Poren verstopfen und einen schönen, satten
                                 										Druck erzielen lassen. Zu diesem Zwecke leitet man das Papier etwa durch ein
                                 										Alaun-, Thonerde- o. dgl. Bad und hierauf durch eine Lösung von Chlorbarium,
                                 										Soda oder ähnlicher Salze. Die Folge davon ist dann, dass man an das Papier
                                 										innig adhärirenden schwefelsauren Baryt oder ein ähnliches Product bekommt, das
                                 										ganz wohl geeignet ist, jene oben hervorgehobenen Eigenschaften dem Papiere zu
                                 										vermitteln.
                              Für solche Papiere, welche im Dunkeln leuchten
                                 										sollen, ist dem Farbbrei – es handelt sich hier natürlich nur um gestrichene
                                 										Papiere – Schwefelcalcium in entsprechender Menge zuzusetzen, wenn das Papier
                                 										gelblich leuchten soll; wird jedoch violett gewünscht, so ist das
                                 										Schwefelcalcium vorher in der Glühhitze mit einem Wismuthsalz zusammen zu
                                 										bringen. Die Farbe ist besonders sorgfältig anzusetzen und warm zu streichen.
                                 										Meist genügt wohl zweimaliger Strich.
                              Marmorirtes Papier wird nach dem D. R. P. Nr. 59999
                                 										von Carl Le Bret in Köln dadurch erzeugt, dass man
                                 										das Papier über eine in Benzol gelöste Schicht von Asphalt zieht, welche auf
                                 										einem Wasserbade bezieh. einer anderen geeigneten Zwischenschicht schwimmt und
                                 										mit Hilfe eines Pinsels, Kammes o. dgl. derart unregelmässig auf der unterhalb
                                 										befindlichen Schicht vertheilt wird, dass eine Marmormaserung entsteht, die sich
                                 										dann auf das darüber gezogene Papier überträgt.
                              Die sehr verwickelte Maschine von Charles Harley
                                    											Bellamy in South Hadley Falls (vgl. 1892 286
                                 										136) nach D. R. P. Nr. 58922, um marmorirtes Papier zu erzeugen, wird in der
                                 										vorliegenden Form schwerlich Eingang in die Praxis finden. Ist doch der
                                 										Verbrauch an marmorirtem Papier kein so ungemein grosser, dass die zu
                                 										erzeugenden Mengen von marmorirtem Papier sogar die bedeutenden Kosten einer so
                                 										verwickelten Maschine vertragen würden. Dagegen dürfte der Gedanke im D. R. P.
                                 										Nr. 65673 von Ernst Lehmann in Arnau, marmorirtes
                                 										Papier auf der gewöhnlichen Papiermaschine zu erzeugen, voraussichtlich
                                 										besseren Erfolg nach sich ziehen. Es wird nämlich ein gelatinöser Niederschlag
                                 										durch Zusammenbringen von harzsaurem Natron (Harzseife) und schwefelsaurer
                                 										Thonerde gebildet, der beliebig dadurch gefärbt werden kann, dass der genannten
                                 										Mischung etwa Anilinfarben (und es gibt ja heute auch lichtechte Anilinfarben)
                                 										beigesetzt werden. Die Mengenverhältnisse, welche dabei zu wählen sind, hängen
                                 										von der Nuance der beabsichtigten Marmorirung ab, nur muss auf einen Ueberschuss
                                 										von schwefelsaurer Thonerde gedacht werden, weil die Farbe dann an den flockigen
                                 										Niederschlag inniger gebunden wird. Farbstoffe, welche derart hergestellt worden
                                 										sind, füllt man in Gefässe und lässt deren Inhalt, wobei Hähne zum Reguliren
                                 										eingeschaltet sind, auf den Stoffstrom fallen, welcher der Papiermaschine
                                 										zuzufliessen im Begriffe ist. Dadurch werden die Farben zwischen den Fasern
                                 										eingebettet und das Papier erscheint auf beiden Seiten, dem angewendeten
                                 										Farbstoffe entsprechend, marmorirt. – Ein ähnliches Princip der Farbvertheilung
                                 										finden wir im amerikanischen Patent Nr. 471288 von A.
                                    											Butterfield in Trenton, nur werden bei Butterfield die Farbtropfen von einem Luftstrome aus einem Ventilator
                                 										auf eine Vertheilungsflüssigkeit geblasen und über die Farbetropfen fertiges
                                 										Papier gezogen.
                              Das für Packpapiere, insbesondere solche festerer Gattung, beliebte rostgelbe Bankpack wird dadurch erzeugt, dass man
                                 										im Stoffe künstlich Eisenoxydhydrat, und das ist ja Rost, hervorruft. Es
                                 										geschieht dies, indem man dem Holländerinhalte vor
                                 										der Leimung Eisenvitriol in geeigneter Menge zusetzt und dann Eisenoxydul durch
                                 										Zusatz von Soda oder viel billiger durch Zusatz von gelöschtem oder ungelöschtem
                                 										Kalk ausfällt. Sorgt man dann dafür, dass genügend Luft in den Holländerinhalt
                                 										gelangt, peitscht man also denselben ordentlich durch, so tritt allmählich immer
                                 										mehr und mehr die rostbraune Farbe hervor, indem das Eisenoxydulhydrat in
                                 										Eisenoxydhydrat durch Aufnahme von Sauerstoff aus der Luft übergeht. Zusatz von
                                 										Chlorkalklösung und Erwärmen des Stoffes vermag den Process zu befördern.
                              
                           
                              b) Spitzenpapier und gewelltes
                                    											Papier.
                              Ein Verfahren zur Herstellung von Spitzenpapier
                                 										finden wir im D. R. P. Nr. 60073 von Georg Raabe in
                                 										Wien, nach welchem aus endlosem Papier Spitzenpapier gemacht werden soll. Damit
                                 										die Vorsprünge der Präge walze nicht leiden, ist es nothwendig, dass dieselben,
                                 										nachdem sie die Papierbahn durchdrungen haben, auf eine weiche Unterlage
                                 										treffen. Damit das aber sicher geschieht, muss diese ganz glatt sein, sich also
                                 										beständig erneuern, weil ja die durch das Papier gedrungenen Vorsprünge der
                                 										Prägewalze unbedingt auch in der weichen Unterlage Eindrücke verursachen werden.
                                 										Zu dem Zwecke wird als weiche Unterlage ein sehr nachgiebiges Metallband aus
                                 										Zinn oder einer Mischung von Zinn mit Antimon und allenfalls noch Blei benutzt,
                                 										was leicht schmelzbar ist und, nachdem es Eindrücke von der Präge walze
                                 										empfangen hat, wieder eingeschmolzen wird. Das geschieht aber in
                                 										ununterbrochener Reihenfolge, wie aus Fig. 83
                                 										ersehen werden mag. Das weiche Metallband wird aus dem in der Schmelzpfanne A im Ofen O
                                 										befindlichen Metallbade dadurch gebildet, dass das flüssige Metall in den
                                 										entsprechend geformten Auslauf a tritt, der bei B fortwährend gekühlt wird, so dassdas Metall schon fest
                                 										von den Riffelwalzen c erfasst und den Glättwalzen
                                 											d zugeführt wird, worauf es als glattes
                                 										Metallband C zwischen die Walzen E und D kommt. Davon
                                 										ist D die Prägewalze, während E das harte, feste Widerlager abzugeben hat.
                                 										Zwischen Metallband C und Walze D wird aber auch noch die Papierbahn F geleitet, so dass die Bedingungen für die Prägung
                                 										des Papieres F, wie dieselben oben entwickelt
                                 										worden sind, erfüllt scheinen. Das Papier geht geprägt weiter, ebenso das jetzt
                                 										rauhe Metallband C, welches jedoch abseits von dem
                                 										Papier über Leitwalzen zu der Schmelzpfanne A
                                 										zurückkehrt, um neuerlich eingeschmolzen zu werden und nach einer gewissen Zeit
                                 										als neues, glattes Metallband in den beschriebenen
                                 										Kreislauf zu treten und neuerlich Dienste zu thun. Jedenfalls ist bei dem
                                 										Verfahren die Pfanne A so gross zu nehmen, dass das
                                 										feste Metall hinreichend Zeit findet, in den flüssigen Zustand überzugehen.
                              Textabbildung Bd. 294, S. 77Fig. 83.Spitzenpapier von Raabe.Textabbildung Bd. 294, S. 77Fig. 84.Gewelltes Papier von Edwards. Für gewisse Zwecke, wo es auf eine verzierte Verpackung ankommt, wird
                                 										hierfür gewelltes Papier genommen. Weil aber für die Verpackung selbst glattes
                                 										Papier besser ist, so werden zwei Bahnen, eine glatt, die andere gewellt,
                                 										vereint, wobei man noch erreicht, dass das gewellte Papier bei der Verpackung
                                 										mehr geschont wird. Nachgiebiger, also für die Verpackung günstiger, wird das
                                 										Papier dann sein, wenn die beiden Papierbahnen nicht zusammengeklebt, sondern
                                 										zusammengegautscht werden. Dies bezweckt das D. R. P. Nr. 69731 von Stuart Edwards in London. Danach sollen zwei noch
                                 										feuchte, also noch nicht getrocknete Papiere in folgender Weise behandelt
                                 										werden: Es geht die eine Bahn A (Fig. 84) durch ein Gouffrierwerk, also zwischen
                                 										entsprechend gewellten Walzen a, b und c, wobei die Walzenumfänge natürlich in einander
                                 										greifen müssen, so dass Wellen in die noch feuchte Papierbahn gepresst werden.
                                 										Die solcherart gewellte Papierbahn trifft nun zwischen Walze c und einer vierten glatten Walze d mit einer zweiten, ebenfalls noch feuchten
                                 										Papierbahn zusammen und bewirkt der Walzendruck zwischen c
                                 										und d, dass die beiden Bahnen
                                 										zusammengautschen und so zu einer zusammenhängenden vereint werden, welche,
                                 										natürlich mit der glatten Seite, um einen Trockencylinder e geführt wird und sodann, um Leitwalze f gehend, bei g
                                 										aufgewickelt werden soll. Dies scheint uns nun mit Rücksicht auf die
                                 										Beschaffenheit der Bahn nicht unbedenklich, weil dabei die Wellen ungemein
                                 										leicht verdrückt werden können, so dass das Papier einen ganz unansehnlichen
                                 										Anblick gewähren müsste. Glücklicher dürfte es sein, wenn die Papierbahn so,
                                 										dass nur die glatte Seite zum Aufliegen käme, weitergeführt und das fertige
                                 										Papier, statt aufgewickelt zu werden, gleich in das allenfalls gewünschte
                                 										Bogenformat geschnitten würde.
                              
                           
                              c) Metallpapiere.
                              Das schon 1892 286 136 berührte Verfahren, Papiere mit
                                 										einer wirklichen metallischen Schicht zu versehen, hat sich insofern als noch
                                 										unvollkommen herausgestellt, als die Metallschicht, welche auf einer geeigneten
                                 										Platte erzeugt wird, leicht unganze Stellen bekommt und daher Ausschuss in
                                 										solcher Menge bewirkt, dass die Herstellungskosten für die wirklich gelungenen
                                 										Papiere allzu bedeutende werden. Nun soll, um dem vorzubeugen, nach D. R. P. Nr.
                                 										68561 zu D. R. P. Nr. 43351 von C. Endruweit in
                                 										Berlin in folgender Weise vorgegangen werden. Es wird nämlich die Kathodenplatte
                                 										für den auf elektrolytischem Wege zu erzeugenden Niederschlag mit einer
                                 										Sulfidschicht isolirt, welche durch Benetzen der Platte mit einer Lösung von
                                 										Mehrfach-Schwefelalkali o. dgl. erzeugt wird, der aber etwa 1 Proc. Spiritus
                                 										beigemengt wird, um allenfalls vorhandene fettige Stellen vom Fette zu befreien
                                 										und zu bewirken, dass die Platte tadellos überzogen wird. Um dann den im
                                 										entsprechenden Metallbade hervorgerufenen Niederschlag sicherer mit dem Papier
                                 										zu verbinden, wird auf die nicht zur Ansicht gelangende Metallschicht noch eine
                                 										ganz dünne Zinkschicht auch auf elektrolytischem Wege niedergeschlagen, weil
                                 										diese dann, mit Allylsulfid, Mercaptan o. dgl. behandelt, ermöglicht, dass der
                                 										Klebstoff sicherer die Metallschicht mit dem Papier vereinigt.
                              Auf dasselbe Ursprungs – D. R. P. Nr. 43351 bezieht sich das D. R. P. Nr. 63319
                                 										von C. Lautensall und A.
                                    											Brandweiner in Wien. Danach soll die Metallschicht auf dem Papier sogar
                                 										noch ein matt oder glänzend hervortretendes Bild oder eine sonstige Zeichnung
                                 										aufweisen. Es wird nämlich auf einer schon oben erwähnten blanken Metallplatte
                                 										nach irgend einem photographischen Verfahren ein Bild in der Weise erzeugt, dass
                                 										der Grund aus blankem Metall besteht, während die Zeichnung von einem durch das
                                 										photographische Verfahren erzeugten, gegen Säuren festen und den elektrischen
                                 										Strom nicht leitenden Ueberzug bedeckt ist, oder auch umgekehrt. Aetzt man dann
                                 										die blanken Stellen durch eine Säure und entfernt man dann auch die eben
                                 										erwähnte Schutzschicht, so befindet sich die Platte in einem solchen Zustande,
                                 										dass sie ganz ähnlich wie vor weiter behandelt werden kann, jedoch gemäss der
                                 										Vorbereitung, welche mit der Ursprungsplatte geschah, eine Zeichnung auf dem
                                 										Metallüberzuge des Papieres aufweisen wird.
                              Gegen diese elektrischen Verfahren, oder im Grundprincip ähnliche, stehen die
                                 										anderen Erzeugungsarten, wo durch Aufstäuben oder Streichen ein metallischer
                                 										Ueberzug erzielt wird. In dieser Richtung finden wir einenVorschlag von Dr. J. Perl in Berlin im D. R. P. Nr. 68356, dahin
                                 										gehend, dass man zum Bronziren eine flüssige Bronze verwendet, die nach
                                 										Versuchen des Erfinders wirklich brauchbar sein soll, so dass das
                                 										gesundheitsschädliche Stäuben auf eine bereits aufgetragene Firnisschicht
                                 										entfällt. Es sollen nämlich etwa 10 Th. Pyroxylin mit 90 Th. Essigäther oder
                                 										anderen geeigneten Flüssigkeiten gelöst und mit dieser Lösung etwa 25 Th.
                                 										Bronzepulver in einer Reibmaschine verrieben werden, um eine für Tapetendruck u.
                                 										dgl. geeignete Farbmischung zu bekommen.
                              
                           
                              d) Geklebte Pappe.
                              In nicht viel mehr als in der Anordnung der einzelnen Theile unterscheiden sich
                                 										die verschiedenen Maschinen, welche bezwecken, mehrere Papier- oder auch
                                 										Pappbahnen unter Zuhilfenahme von Klebstoffen zu einer Pappbahn zu vereinigen.
                                 										Dabei kommt es vor, dass bis sechs Bahnen wie bei den Maschinen von Friedr. Müller in Potschappel-Dresden geklebt
                                 										werden. Entweder werden beide an einander zu liegen kommende Bahnseiten
                                 										bekleistert oder aber, und das dürfte für viele Fälle ausreichen, man
                                 										bekleistert nur eine. Immer sind Abstreicher dann nothwendig, wenn der Klebstoff
                                 										durch Walzen, welche in den Klebstofftrog tauchen, auf die über die Walze
                                 										gleitende Papierbahn aufgetragen wird, um das Zuviel an Klebstoff zu entfernen
                                 										und denselben immerhin gleichmässiger zu verstreichen. So finden wir es z.B. bei
                                 										der Rollenklebmaschine von H. Pitzler in Birkesdorf
                                 										nach D. R. P. Nr. 65306, so bei der Maschine von Wagner
                                    											und Co. in Köthen, wo drei Bahnen, geeignet mit Klebstoff versehen,
                                 										gleichzeitig durch ein Walzenpresswerk gehen und dadurch vereint werden.
                                 										Verwickelter ist schon die Maschine von Cartiaux
                                 										und Pigouche nach dem französischen Patent Nr.
                                 										229491, weil da mit der Klebemaschine noch Liniirvorrichtungen verbunden sind,
                                 										was allerdings als von fraglichem Werthe erklärt werden muss. Es sind die beiden
                                 										Arbeiten, welche die Maschine verrichten soll, so grundverschieden, dass sich
                                 										eher empfehlen dürfte, dieselben aus einander zu halten. – Auch Pappen werden
                                 										mit Papier beklebt, wie z.B. Eisenbahnfahrkarten,
                                 										welche beiderseits beklebte Pappe sind.
                              Besondere Beachtung verdient jedoch das Auftragen von
                                    											Klebstoff mit Hilfe eines Zerstäubers, weil dabei vielleicht am meisten
                                 										mit dem Klebmittel gespart und das Papier möglichst trocken gehalten werden
                                 										kann, so dass auch gesondertes Trocknen unter Umständen entfällt. Nur ist es
                                 										vorläufig noch unangenehm, dass der Klebstoff durch den dabei verwendeten
                                 										Luftstrom fein vertheilt nicht bloss dorthin getragen wird, wo man ihn
                                 										thatsächlich braucht, sondern sich der Luft des Arbeitsraumes überhaupt
                                 										mittheilt, also mancherlei Gegenstände verschmiert und zusammengeklebt werden,
                                 										von denen man das durchaus nicht haben möchte. Ueberdies wird der Klebstoff auch
                                 										in die Lungen der Arbeiter dringen, so dass ohne Schutzmaske nicht gearbeitet
                                 										werden soll.
                              Nicht selten werden Papiere verlangt, welche mit Klebstoff einerseits oder
                                 										beidseitig versehen sind, so dass man erst später an dieselben geeignete
                                 										Gegenstände ankleben kann. Eine der Einrichtungen ist die von H. Pitzler in Birkesdorf nach D. R. P. Nr. 59618.
                                 										Wir bemerken in Fig. 85 endlose Führungsbändchen
                                 											g, welche bei x
                                 										die Papierbogen aufgelegt erhalten und bei y
                                 										abliefern, während sie den Klebstoff aus den beiden Kästen b und b1 bekommen. Dies geschieht nicht unmittelbar,
                                 										sondern durch Vermittelung der endlosen Tücher ff1 um Walzen P und r, sowie P1 und r1 bezüglich. Auf die Tücher fliesst
                                 										der Klebstoff aus den Ausläufen oo1 der Behälter und zwar in die Winkel, welche
                                 										durch Presswalzen w und w1 mit den grossen Walzen P und P1 gebildet werden. Weil w und w1
                                 										durch geeignete Gewichte an die Walzen P und P1 bezieh.
                                 										angedrückt werden, ist man in der Lage, die Klebstoffmenge, welche an die Tücher
                                 											f und f1 und von diesen auf das Papier übergeht, zu
                                 										regeln. Der Klebstoff, welcher zugeführt wird, hat vor seiner Verwendung Siebe
                                 											s und s1 zu durchdringen, deren Lochweite so bemessen
                                 										ist, dass alle Knoten des Klebstoffes zurückgehalten werden und daher nur
                                 										knotenfreies Klebmittel zum Papiere kommt. Zahnräder vermitteln die richtige
                                 										Drehung der Walzen, damit die Bewegung der Führungsbändchen u.s.w.
                              Textabbildung Bd. 294, S. 78Fig. 85.Papier mit Klebstoff von Pitzler. Bei der Maschine von Hayward, King und
                                    											Loveland nach D. R. P. Nr. 70635, ebenso wie bei der von G. J. Feldon nach dem amerikanischen Patent Nr.
                                 										470115 geht die mit Klebstoff zu versehende Bahn unmittelbar über eine oder zwei
                                 										Walzen, welche in einen Trog mit Klebstoff tauchen. Bei der ersteren sind diese
                                 										Walzen auch noch hohl gehalten, um durch eine Dampfheizung allenfalls Wärme
                                 										zuführen zu können.
                              
                           
                              e) Gepresste Gegenstände aus
                                    											Papierstoff.
                              Zwei Hauptverfahrungsarten sind es, nach denen man vorgeht. Entweder wird der
                                 										hinreichend verkleinerte Papierstoff, wie er etwa aus dem Holländer kommt, in
                                 										Sieb formen gebracht und unter Druck entwässert, wie es in Beispielen 1892 286 154 geschildert worden ist; oder aber es wird
                                 										bereits fertiges Papier durch Zusammenkleben mehrerer Bogen oder Bahnen in
                                 										geeigneter Form zu einer Art Pappe gestaltet, welche dann wohl noch meist, um
                                 										ihre Festigkeit zu erhöhen, in geeigneter Weise einem hinreichenden Drucke
                                 										unterworfen wird, wobei auch mehrere gesondert hergestellte Theile zu einem
                                 										Ganzen vereinigt werden können. Auf die erstere Verfahrungsart bezieht sich z.B.
                                 										die Pressmaschine von Uzal Hull und W. W. Mc Evan in Belvidere nach dem amerikanischen
                                 										Patent Nr. 471966. Das Pressen geht ganz ähnlich vor sich wie bei der Maschine
                                 										von Christensen (1892 286 154),. nur werden die Gegenstände nochmals bei Anwendung von Wärme
                                 										nachgepresst, um dieselben fester zu machen. Die Wärme wird durch Dampf
                                 										zugebracht, welcher in die doppelwandigen Formen eingeführt wird. – Eine Art
                                 										Filz wird nach D. R. P. Nr. 68499 von Robert Sputh
                                 										und hübsch gemusterte Platten werden nach Grünert's
                                 										Verfahren (D. R. P. Nr. 66388) auch aus Papierstoff hergestellt.
                              Nach Ozouf und Leprince
                                 										in Paris (Oesterreichisch-ungarisches Privilegium vom 11. Januar 1892 und D. R.
                                 											P.Nr. 61832)
                                 										wird eine ziemlich gleichmässige Dicke auch bei unregelmässig geformten
                                 										Gegenständen in der Weise erstrebt, dass (Fig. 86) Papierstoff
                                 										aus dem Kasten A in die Form bei B eingesaugt wird. Diese Form ist aus Guttapercha
                                 										oder anderen geeigneten Stoffen durch Abdruck vom Original hergestellt und mit
                                 										einer grossen Anzahl Löcher versehen. Wird nun mittels einer Luftpumpe aus dem
                                 										Kasten B, an den die Rohrleitung F mit Hahn E
                                 										schliesst, gesaugt, so dringt der Stoff in die mit Gazestoff ausgekleidete Form
                                 										ein, die Fasern legen sich zum Theil an die Wandungen, während das Wasser
                                 										theilweise abgesaugt wird. Ist die abgesetzte Fasermasse dick genug geworden, so
                                 										wird dieselbe in folgender Weise gepresst, um einerseits genügend dicht zu
                                 										werden und andererseits eine scharf geprägte Aussenseite zu erhalten: Der rohe
                                 										Gegenstand aus Papierstoff kommt nämlich in eine Metallform j (Fig. 87), in seine
                                 										Höhlung wird der Kautschukbeutel H am Querhaupte
                                 										einer hydraulischen Presse eingeführt und dann Druckwasser in den Innenraum von
                                 											H eingelassen. Der Beutel H weitet sich aus und presst den noch feuchten
                                 										Papierstoff fest an die Metall wand, dadurch einen scharfen Abdruck
                                 										herstellend.
                              Textabbildung Bd. 294, S. 79Ozouf und Leprince's Gegenstände aus Papierstoff. Eine ganze Reihe von Ausführungen bezieht sich auf die zweite Art der
                                 										Herstellung. Als Typus mag hervorgehoben werden das Verfahren von Prokop und Fiedler in
                                 										Semil nach dem österreichisch-ungarischen Privilegium vom 30. Juni 1893. Danach
                                 										werden auch für jeden zu pressenden Gegenstand Matrize und Patrize in geeigneter
                                 										Weise hergestellt. In die Matrize führt man feuchtes und mit Klebstoff
                                 										versehenes, fertiges Papier ein und drückt dasselbe möglichst gut an die Form
                                 										an. Hierauf folgt ein zweiter, dritter u.s.w. Bogen, bis man die gewünschte
                                 										Dicke der Papiermasse erreicht hat. (Man sieht, es ist etwas Aehnliches wie beim
                                 										Bilden der Papierformen für das Stereotypiren.) Hierauf folgt das Einführen der
                                 										Patrize unter genügendem Druck, um die Aussenseite hinreichend scharf
                                 										ausgedrückt zu erhalten. Selbstverständlich kann man nur solche Gegenstände
                                 										derart herstellen, wo man nach der Pressung die Patrize ohne weiteres
                                 										herausziehen kann, oder man muss dieselbe in solcher Weise getheilt herstellen,
                                 										dass man sie allmählich aus der Presse entfernen kann.
                              Die grösste Menge der nach dem zweiten Prinzip gebildeten Papiergegenstände
                                 										bilden vielleicht die Spulen verschiedenster Form,
                                 											Webeschützen u. dgl., wie sie in Spinnereien
                                 										und Webereien gebraucht werden. Diese werden meistens aus Papierröhren (vgl.
                                 										1892 286 154) gebildet und hierzu noch andere Theile
                                 										entweder aus Holz gedreht, oder auch aus Papier gepresst benutzt, welche dann
                                 										unter Zuhilfenahme von Klebstoffen und unter Druck in Formen und über
                                 										Dornen vereinigt werden. Als Papierröhren werden nun meistens
                                 											„gewickelte“, also aus fertigem Papier durch Uebereinanderrollen
                                 										mehrerer mit Klebstoff versehener Lagen gebildete, verwendet, wenn auch immerhin
                                 										solche aus Papierstoff unmittelbar gepresste auch ganz gut gebraucht werden
                                 										können. Als Beispiel sehen wir in Fig. 88 den
                                 										Querschnitt einer Flyer-Spule, zusammengesetzt aus dem Hauptrohr A, dem Ansatz B, der
                                 										unteren Verstärkung C und der Führungshülse D. Mittels Fräse sind dann noch Mitnehmerschlitze
                                 										in die Wandungen einzuarbeiten. In Fig. 89 ist eine
                                 										etwas schwieriger, weil konisch zu wickelnde Rabbeth-Spule zu bemerken, deren
                                 										rohe Herstellung aus entsprechend zugeschnittenem Papier ziemlich ähnlich wie
                                 										die der Flyer-Spule geschehen kann. Um jedoch eine glatte genaue Oberfläche zu
                                 										erzielen, wird die Rabbeth-Spule auf eigenen Schleifmaschinen weiter bearbeitet
                                 										und fertig gestellt. Für die Herstellung von Spulen für die Textilindustrie
                                 										besitzen Gebrüder Adt das D. R. P. Nr. 51463,
                                 										während nach D. R. P. Nr. 63099 von Eli Jagger in
                                 										Werneth die Spulen mit Löchern versehen hergestellt werden dadurch, dass
                                 										perforirte Papierstreifen über einander geklebt werden und zwar so, dass die
                                 										Oeffnungen immer über einander zu liegen kommen. Wenn das nun auch mittels der
                                 										Maschine, also ziemlich regelmässig gemacht wird, so ist doch nicht zu erwarten,
                                 										dass die Löcher ganz genau über einander kommen werden. Das verschlägt aber
                                 										nicht viel, da sie nur den Zweck haben, beim Bleichen, Färben u. dgl. zu dienen
                                 										und der betreffenden Flüssigkeit den Durchtritt zum Garne zu gestatten haben. –
                                 										Webeschützen werden dagegen nach D. R. P. Nr. 61140 von Krüger in Düsseldorf unmittelbar aus einer besonderen Art von
                                 										Papierstoff, nämlich aus Zellstoff, dem fein geraspelte Lederabfälle, Borax und
                                 										Essigsäure beigemengt werden, gepresst. Solche Webeschützen haben vor denen aus
                                 										Holz jedenfalls das voraus, dass sie unter den vorkommenden heftigen Bewegungen
                                 										nicht zersplittern und Splitter daher auch die Kette nicht beschädigen
                                 										werden.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 294, S. 79
                                 Spulen aus Papierstoff.
                                 
                              
                           
                        
                           Papierprüfung.
                           Das Hauptinteresse für diesen insbesondere in den letzten Jahren weit ausgebildeten
                              									Zweig richtet sich darauf, ob und in wie weit die bekannten und benutzten Proben dem
                              									Zwecke entsprechen. Für Holzschliff stellt es sich
                              									heraus, dass bis jetzt die Prüfung mit Phloroglucin oder Naphtylamin als die
                              									einfachste und für die Praxis vollständig ausreichende anzusehen ist. Denn die Godeffroy-Coulon'sche Methode durch Reduction von Gold
                              									aus Lösungen stellt sich nach den Untersuchungen Prof. R.
                                 										Finkener's als keineswegs verlässlich dar, schon deshalb, weil die
                              									verschiedenen Holzschliffarten in verschiedenartiger Weise die Goldlösung, sowohl
                              									was Menge der Ausscheidung des Goldes in einer bestimmten Zeit, als auch dadurch
                              										beeinflussen,dass für manche Holzschliffarten zur Ausscheidung von Gold verhältnissmässig
                              									lange Kochdauer nothwendig ist.
                           Durch die Bestimmung in den preussischen Papiernormalien, dass zu Stoffklasse II
                              									nicht mehr als 25 Proc. Zellstoff genommen werden dürfe, ist auch die Frage nach der
                              									Prüfung des Mengenverhältnisses verschiedener Stoffe im fertigen Papiere eine
                              									brennende geworden. Nach den eingehenden Versuchen der Anstalt in Charlottenburg ist
                              									man wohl berechtigt, die Schätzung der Fasern im mikroskopischen Bilde als die
                              									vergleichsweise beste, wenigstens derzeit, anzusehen. Verhehlt kann aber nicht
                              									werden, dass es hier und da zu Härten führen mag, weil eben die erwähnte Methode
                              									keine absolut sichere zu nennen ist. Ergaben sich doch nach den Veröffentlichungen
                              										Herzberg's, allerdings unter 189 Einzelfällen,
                              									zweimal Abweichungen von 65 Proc. von der wahren Stoffzusammensetzung und nur etwa
                              									vier Zehntel der Schätzungen waren ganz richtig. Es bleibt aber eben doch heute kaum
                              									etwas anderes übrig, als dieses Verfahren zu benutzen, weil man kein besseres kennt.
                              									Irrthümer können und werden immer vorkommen, besonders wenn man bedenkt, wie sehr
                              									die Fasern durch die mechanische Bearbeitung verändert werden, so dass die
                              									Schlussproducte aus ursprünglich wesentlich verschiedenen und verschiedenwerthigen
                              									Fasern manche Aehnlichkeiten aufweisen können. So liefern Leinenfasern als
                              									charakteristisch die überaus fein ausgefransten, besenartigen Enden. Ganz Aehnliches
                              									kommt aber auch beim Hanf vor, sogar Baumwolle und hier und da Zellstoff können
                              									solche Fransen aufweisen, weil sie alle mehr oder weniger spaltbar sind. Es ist
                              									allerdings das Ueberprüfen besonders nach Anwendung der Mikrophotographie da. Aber
                              									sicher ist man noch immer nicht, man ist unsicherer als bei den mechanischen Proben,
                              									wie Festigkeitsuntersuchungen u. dgl. Wir möchten uns deshalb und auch darum, weil
                              									nach den Versuchen der Winkler'schen Prüflingsanstalt
                              									in Leipzig neuere Zellstoffpapiere doch auch grössere Dauer versprechen, dahin
                              									neigen, dass ein grösserer Zellstoffgehalt als 25 Proc. bei Stoffklasse II
                              									zugestanden werden könnte, ohne zu verkennen, dass kaum so bald eine Abänderung der
                              									vor kurzem erst festgesetzten Normalien erwartet werden kann. Selbstredend ist aber
                              									der weitergehenden Verwendung von Zellstoff, insbesondere des Sulfitzellstoffes, nur
                              									dann zuzustimmen, wenn nicht etwa durch denselben Schwefligsäure in das Papier
                              									gelangt, welche zerstörend, insbesondere vergilbend;
                              									wegen der immer vorhandenen Farbstoffe, einwirkt. Nun ist wohl kaum anzunehmen, dass
                              									bei der lange dauernden und weitgehenden Behandlung, wie sie der Zellstoff erfährt,
                              									ehe er ins fertige Papier kommt, freie Schwefligsäure durch den Zellstoff ins Papier
                              									geführt werde; aber jedenfalls gelangt schwefligsaurer Kalk mit dem Sulfitstoff ins
                              									Papier, und da wäre es, insbesondere nachdem Dr. H.
                                 										Stockmeier, Vorstand des chemischen Laboratoriums am bayerischen
                              									Gewerbemuseum, wirklich Schwefligsäure im Papier nachgewiesen hat, denkbar, dass
                              									sich dieselbe aus dem schwefligsauren Kalk entwickelt habe. Das müsste wohl
                              									festgestellt und dann danach gestrebt werden, die Ursache der Bildung von
                              									Schwefligsäure zu entfernen.
                           Mit der Zusammensetzung des Papiers hängt auch die Vergilbung desselben innig zusammen. Auch heute ist wohl fast allgemein
                              									die von Prof. J. Wiesner vertretene Ansicht in Geltung,
                              									dahin gehend, dass verholzten Fasern
                              									und der oxydirenden Einwirkung der Luft, befördert
                              									durch das Sonnenlicht, die Vergilbung zuzuschreiben
                              									ist. Neuestens hat in dieser Richtung Wiesner wieder
                              									dargethan, dass elektrisches Glühlicht noch weniger wirksame Strahlen aussendet, als
                              									etwa Gaslicht, so dass jenes derzeit als das für Bibliotheken geeignetste zu
                              									bezeichnen ist. Begreiflich ist auch das Streben, die Prüfung auf das Vergilben
                              									rascher durchzuführen, als es durch die unmittelbare Belichtung durch die Sonne
                              									möglich ist. Gelungen ist es aber wohl noch nicht, hierfür geeigneten Ersatz zu
                              									finden. Denn der Methode der Leipziger Prüfungsanstalt von Winkler möchten wir doch nicht so ohne weiteres zustimmen, weil sie
                              									unseres Erachtens weit strenger vorzugehen zwingt, als es für die Praxis nothwendig
                              									ist. Es wird das auf Vergilben zu prüfende Papier nämlich Salpetersäuredämpfen oder
                              									der Einwirkung von Ammoniak ausgesetzt. Da zeigt es sich nun, dass auf diese Art
                              									Papiere gebräunt werden können, welche als ganz vorzüglich zu bezeichnen sind, auch
                              									als lang lagernde Dokumente nicht vergilben würden, bei der Probe aber verändert
                              									worden sind, weil die zum Weissen u. dgl. beigesetzten Farbstoffe durch die
                              									Reagentien geschädigt worden sind. Daraufhin aber ein Papier zu verurtheilen,
                              									scheint um so weniger gerecht, weil ja durch die Farbstoffe die
                              									Festigkeitseigenschaften, Dauer u. dgl. des Papiers keineswegs ungünstig beeinflusst
                              									werden müssen, während bei dem durch noch ganz oder theilweise verholzte Fasern
                              									(schlecht aufgeschlossener oder noch nicht vollkommen gebleichter Zellstoff und zwar
                              									gleichgültig ob von Holz oder von Stroh) bewirkten Vergilben auch die Güte des
                              									Papiers, insbesondere seine Festigkeitseigenschaften unzweifelhaft zurückgehen; das
                              									Papier wird spröder, brüchiger, weniger fest.
                           Zur Prüfung auf Harzleimung kann unter Umständen eine
                              									von Herzberg vorgeschlagene Methode gute Dienste
                              									leisten. Gibt man nämlich auf ein Papier einen Tropfen Aether, so bildet sich auch
                              									dann, wenn das Papier doppelt, mit Harz und thierisch, geleimt sein sollte, nach dem
                              									Verdunsten des Aethers ein Rand dort, bis wohin der Aether gelangt ist, und rührt
                              									dieser Rand eben wesentlich vom Harze der Leimung her. Ist das Papier fett gewesen,
                              									so ist diese Probe allerdings nicht zuverlässig, da auch das Fett einen Rand bei dem
                              									geschilderten Vorgange erzeugen würde. In einem solchen Falle dürfte aber die höchst
                              									empfindliche Morawski'sche Probe gute Dienste thun.
                              									Kocht man nämlich Papier mit Essigsäureanhydrid und lässt nach dem Erkalten einen
                              									Tropfen Schwefelsäure in das bezügliche Reagensgläschen fliessen, so entsteht eine
                              									sofort wieder verschwindende rothe bis violette Färbung, falls Harz anwesend
                              									ist.
                           Ein anderer Punkt der Papiernormalien, welcher manchen Streit und manche Beschwerde
                              									verursacht hat, betrifft den Widerstand gegen Knittern.
                              									Zweifellos ist, dass gerade mit Rücksicht auf die Verwendung des Papiers der
                              									Widerstandsfähigkeit des Papiers gegen Zerknittern ein hoher Werth beizumessen ist.
                              									Nur daran mag man sich stossen, dass es eben rein nur auf das Gefühl des Prüfenden
                              									ankommt. Deshalb verdient ein Vorschlag Winkler's in
                              									dieser Richtung volle Beachtung. Bekanntlich wird das Papier auf Knittern derart
                              									geprüft, dass man einen genügend grossen Bogen, etwa 17 × 21 cm, vorerst zu einem
                              									Ball zusammenknüllt, der in der hohlen Hand Platz findet, und dies vielleicht noch
                              									einmal wiederholt,nachdem das Papier wieder vorsichtig ausgebreitet worden war, um recht viele
                              									Knickstellen zu bekommen. Darauf wird der Bogen mit beiden Händen gefasst und
                              									ähnlich gebogen und gerieben, wie es beim Waschen von Leinenzeug u. dgl.
                              									gebräuchlich ist. Winkler fand nun, dass die
                              									erfahrungsgemäss besten Papiere das Hin- und Herbiegen bezieh. Reiben, ohne Risse zu
                              									bekommen, etwa siebenzig Mal aushalten und bezeichnet für jene Papiere, welche
                              									wenigstens siebenzig Mal die geschilderte Beanspruchungsweise aushalten, den
                              									Knitterwiderstand als „ausserordentlich gross“. Den sieben bezüglichen
                              									Abstufungen der Normalien entsprechend, wird jede um einen Grad im Knitter
                              									widerstände tiefer stehende Papierart um zehn Biegungen weniger, also z.B. sehr
                              									gross (sechste Klasse) mindestens sechzig Hin- und Herreibungen, u.s.w. für die
                              									folgenden Klassen, auszuhalten haben. Gewiss ist dadurch das persönliche Empfinden
                              									des Prüfers nicht vollständig ausgeschlossen, aber doch in anscheinend günstiger
                              									Weise eingeschränkt.
                           Textabbildung Bd. 294, S. 81Fig. 90.Papierfabrik der Shattuck and Babcock Company. Die Erkenntniss, dass durch richtige Prüfungsmethoden die
                              									Papierfabrikation nur gefördert werde, zieht erfreulicher Weise immer weitere
                              									Kreise. Einerseits beginnt der Verbraucher auf den inneren Werth des Papiers
                              									aufmerksam zu werden, lässt sich nicht ohne weiteres durch hübsche äussere
                              									Ausstattung bestechen, sondern greift hier und da mit Vorliebe schon zu bestimmt
                              									guten Papieren, was durch die vorgeschriebenen Wasserzeichen in den Normalpapieren
                              									auch für den Laien erleichtert wird; andererseits werden nicht mehr so viel
                              									zweifelhafte Producte für solche Zwecke erzeugt, wo es auf bessere Qualität ankommt,
                              									der Papierfabrikant muss nicht mehr wirkliche Schundwaare erzeugen, um gegen die
                              									Concurrenz aufzukommen. Das Beispiel Preussens ist allerdings noch keineswegs
                              									überall nachgeahmt; aber doch ist in neuester Zeit in Russland nach preussischem
                              									Vorbilde eine von Prof. Lenz geleitete Versuchsanstalt
                              									errichtet und in Bayern ist eine solche dem bayerischen Gewerbemuseum in Nürnberg,
                              									geleitet von Dr. H. Stockmeier, angegliedert worden. In
                              									Ungarn wird dem Prüfungswesen auch nahe getreten. Wenn man auch durchaus nicht mit
                              									allen Ausführungen Prof. Rejtö's, der zur Papierprüfung
                              									in Ungarn wohl den Anstoss gegeben hat, einverstanden sein kann, so ist es gewiss
                              									ihm als Verdienst anzurechnen, dass er die Sache in Fluss gebracht hat. Auch möchten
                              									wir seiner Anregung, ausdrücklich den „Arbeitsmodul“ bei der Feststellung der
                              									Güte des Papiers zu berücksichtigen, durchaus nicht entgegen treten, aber vielleicht
                              									dahin erweitern, dass Reisslänge und Dehnung für sich keinesfalls vergessen werden
                              									dürfen. – Eigenthümlich finden wir es in Holland. Während den Aemtern die Wahl des
                              									Papiers für sich selbst frei steht, müssen Eingaben u. dgl. unbedingt auf solches
                              									Papier geschrieben werden, welches durch einen aufgedrückten Staatsstempel
                              									verräth, dass es unter staatlicher Aufsicht hergestellt worden ist. Wir haben es
                              									also hier keinesfalls mit so weitgehenden Bestimmungen wie in Preussen z.B. zu thun.
                              									Man dürfte aber kaum irre gehen, wenn man den durch neuestens von Herzberg ausgeführte Untersuchungen festgestellten
                              									Umstand, dass die einen so ausserordentlich guten Ruf geniessenden holländischen
                              									besten Büttenpapiere weit nachstehen den besseren deutschen, auf der Maschine
                              									hergestellten Dokumentenpapieren, dem günstigen Einfluss der preussiscben Normalien
                              									zuschreibt.
                           
                        
                           Papierfabriksanlage.
                           Eine nach den neuesten Erfahrungen praktisch am Fox river angelegte Papierfabrik der
                              										Shattuck and Babcock Company ist nach The Paper Mill in Fig.
                                 										90 skizzirt. Die Haupteintheilung ist aus dem gezeichneten Grundrisse und
                              									seiner Beschreibung leicht zu ersehen. Bemerkt sei noch, dass das Gebäude für die
                              									Hadern vier Stockwerke hoch ist, wobei die Lumpen ganz oben gestäubt, sortirt und geschnitten werden, so dass der Staub nicht so
                              									leicht in andere Abtheilungen des Gebäudes gelangen kann. An diesen Gebäudetheil
                              									schliesst sich dann der Raum für die grossen je 5000 k Stoff aufnehmenden
                              									Kugelkocher. Die Holländer für je 500 k Stoff stehen ebenso wie die zwei
                              									Papiermaschinen im ersten Stockwerke, während unterhalb der Holländer Abtropf kästen
                              									angebracht sind. Das daran stossende Gebäude ist wieder vier Stockwerke hoch, die
                              									drei oberen dienen als Trockenräume für thierisch geleimtes Papier; eine Treppe hoch
                              									stehen die Kalander, Pressen, Schneidmaschinen. In der Zurichtabtheilung, welche
                              									auch vier Stockwerke hoch ist, finden wir oben wieder Trockenräume, darunter
                              									Liniirmaschinen, Falz- und Schneidmaschinen, Stempelpressen u. dgl. Der Wasserthurm
                              									ist acht Stockwerke hoch und enthält zuhöchst zwei Wasserbehälter mit je 600 hl
                              									Inhalt, von denen 2300 Spritzröhren in alle Räume gehen und zum sofortigen Löschen
                              									jeden Schadenfeuers benutzt werden können. Feuersichere Wände trennen überdies die
                              									Hauptabtheilungen von einander. Gewöhnlich sollen Turbinen die Fabrik und auch die
                              									elektrische Beleuchtung derselben bedienen.