| Titel: | Cylinderanordnung von C. Sondermann. | 
| Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 180 | 
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                        Cylinderanordnung von C. Sondermann.Der gesetzliche
                                 										Schutz ist in allen Industriestaaten nachgesucht und in den meisten schon
                                 										ertheilt.
                        Mit Abbildungen.
                        Cylinderanordnung von Sondermann.
                        
                     
                        
                           Eine Cylinderanordnung, die sich für Dampfmaschinen sowohl wie für Gas- und
                              									Erdölmotoren und auch für Compressoren eignen soll, hat Conrad Sondermann, Civilingenieur in Stuttgart, angegeben.
                           Das Wesen dieser Anordnung besteht darin, dass in einem Hauptcylinder, welcher auch
                              									den Schieberkasten für die gesammte Vertheilung des Dampfes, der Gase oder der Luft
                              									trägt, zu beiden Seiten doppelwandige Nebencylinder eingesetzt werden. Die Kanäle
                              									für diese Nebencylinder gehen unmittelbar in jene am Hauptcylinder über. Die
                              									Abdichtung der Cylinder unter einander erfolgt sowohl an der inneren Ringfläche des
                              									Hauptcylinders, als auch an Flanschen der Nebencylinder, welche gleichzeitig die
                              									Deckel des ersteren darstellen. Nach Bedarf kann der eine der Nebencylinder
                              									eingesetzt sein, während der andere mit dem Hauptcylinder ein Gusstück bildet.
                           Textabbildung Bd. 294, S. 180Fig. 1.Sondermann's Cylinderanordnung. In diesen Cylindern arbeitet ein symmetrischer Differentialkolben mit zwei
                              									kleinen Aussen- und zwei grösseren Innenflächen.
                           Fig. 1 stellt einen Horizontalschnitt durch den
                              									Cylinder einer Betriebsmaschine dar, welche mit einem zweiten grösseren Cylinder
                              									noch zur Dreifach-Expansionsmaschine, ein- oder zweikurbelig, erweitert werden
                              									könnte. Die Dampfvertheilung erfolgt durch den bekannten Hick'schen Schieber, der in seinem mittleren Theil entlastet und möglichst
                              									gestreckt ist, um für den Niederdruckcylinder, der von einem Theil des erwähnten
                              									Hauptcylinders gebildet wird, kürzeste Kanäle zu erhalten; die längeren und
                              									entsprechend schmäleren Kanäle für die beiden Hochdruckcylinderhälften sind
                              									bekanntlich von geringem Einfluss auf die Völligkeit der Diagramme, d.h. die
                              									Oekonomie der Maschine. Auf dem Rücken des Grundschiebers arbeitet ein vom Regulator
                              									beherrschter Expansionsschieber. Bei vorliegender Construction ist angenommen, dass
                              									das betreffende Excenter mit einem Schwungradregulator verbunden ist und mit seinem
                              									Mittel für die Maximalfüllung sich mit dem Excentermittel des Grundschiebers deckt,
                              									während es für die Minimalfüllung diesem um 180 bis 2 δ
                              									voreilt.
                           Die einfachste Steuerung ist die nach Fig. 2, die auch
                              									mit einem gestreckten Kolbenschieber für die Dampfvertheilung der Hoch- und
                              									Niederdruckcylinder im Sinne des kürzeren Flachschiebers eingerichtet werden kann.
                              									Dieser Kolbenschieber mit federnden Ringen wird dann von einem Excenter bethätigt,
                              									welches in üblicher Weise von einem Schwungradregulator verstellt wird. Obschon bei
                              									einer derartigen Steuerung die Compressionsperiode im Cylinder ebenfalls, aber nur
                              									in kleinem Maasse veränderlich ist, so kommt der entsprechende geringe
                              									Dampfarbeitsverlust durch die erhöhte Compression bei den kleinen Füllungen –
                              									geringe Leistung und Leergang der Maschine – gar nicht in Betracht gegenüber der
                              									wohlfeileren Herstellung der Maschine, weil für deren Normalleistung die
                              									Dampfvertheilungen ebenso vollkommen erreicht werden als mit einer
                              									Zweischieber-Steuerung nach Fig. 1.
                           Die Hohlräume der Hochdruckcylinder verhindern die Wärmeabgabe von den inneren
                              									Cylinderwandungen, d.h. ersetzen die Isolirmasse.
                           Fig. 2 zeigt den Schnitt eines Locomotivcylinders. Bei
                              									diesem ist der Schieber möglichst zusammengedrängt und der Dampfmantel des
                              									Niederdruckcylinders weggelassen.
                           Als Anfahrvorrichtung dient ein Dreiwegehahn (Fig. 3),
                              									dessen Gehäuse drei Oeffnungen hat, von denen eine mit dem Schieberkasten, die
                              									beiden anderen durch angegossene Rohre mit den äusseren Kanälen verbunden sind. Bei
                              									einer Drehung des Hahnes um 60° nach rechts oder links deckensich dessen Oeffnungen mit
                              									jenen des Gehäuses, so dass vom Schieberkasten aus der Dampf nach beiden
                              									Hochdruckseiten strömt und durch den Verbindungskanal des Schiebers von der einen
                              									Hochdruckseite gleichzeitig nach der gegenüberliegenden Niederdruckseite tritt. Es
                              									heben sich somit die Belastungen der beiden Hochdruckkolbenflächen gegenseitig auf
                              									und der Frischdampf drückt einerseits auf den Kolben des Niederdruckcylinders.
                           Textabbildung Bd. 294, S. 181Fig. 2.Sondermann's Cylinderanordnung. Die Bewegung des Hahnes kann direct vom Steuerhebel abgeleitet werden, so
                              									dass bei dessen äussersten Lagen die Oeffnungen im Gehäuse und Hahn correspondiren,
                              									oder letzterer wird durch einen besonderen Hebel bewegt.
                           Bei Gas- und Erdölmotoren dient der grosse Innencylinder als Ladepumpe, die
                              									Aussencylinder als Arbeitscylinder, jedoch arbeiten dann jeweils die beiden rechten
                              									und die beiden linken Kolbenseiten zusammen. Die Maschine ist dann nicht mehr
                              									Viertact-, sondern Eintactmotor, so dass solche Maschinen merklich kleinere
                              									Abmessungen erhalten, mit leichtem Schwungrad wie eincylindrige Dampfmaschinen
                              									arbeiten und besonders die bisherigen Zwillingsmotoren auch bezüglich der
                              									Herstellungskosten vortheilhaft ersetzen können. Der erforderliche Raum für das
                              									Gasgemisch wird in üblicher Weise hinter bezieh. vor dem Hochdruckkolben angeordnet.
                              									Zur Gasvertheilung dienen Schieber oder Ventile. Die Hohlräume der Aussencylinder
                              									und nach Bedarf auch der Mantel des Innencylinders dienen zur Wasserkühlung.
                           Bei Compressoren ist die Arbeitsweise umgekehrt wie bei Dampfmaschinen, d.h. das zu
                              									verdichtende Gas bezieh. die Luft wird durch den Auspuffkanal angesaugt und im
                              									Innen- und Aussencylinder comprimirt; die Ableitung ist am Schieberkasten. Die
                              									Steuerung kann dieselbe sein, jedoch mit solchen Excenterstellungen, dass der
                              									Expansionsschieber die Kanäle des Vertheilungsschiebers erst dann öffnet, wenn im
                              									kleinen Cylinder der gleiche Druck als im Schieberkasten erreicht ist. Dasselbe gilt
                              									auch für das Ueberströmen vom Niederdruck- zum Hochdruckcylinder. Die Kühlung
                              									ist wie bei Gas- und Erdölmotoren.
                           Als besondere Vorzüge dieser Cylinderanordnung hebt der Constructeur hervor:
                           1) Grosse constructive Einfachheit und leichte Herstellungsweise, daher geringe
                              									Anschaffungs- und Betriebskosten.
                           2) Anwendung von nur zwei Cylinderdeckeln und einer einzigen Stopfbüchse, eine
                              									hierdurch bedingte einfachere Bedienung und höhere Betriebssicherheit gegenüber der
                              									bisherigen Cylinderanordnung mit vier Cylinderdeckeln, einem Verbindungsstück
                              									zwischen den inneren Cylinderdeckeln und drei oder vier Stopfbüchsen.
                           3) Verwendung eines sich selbst tragenden langen Kolbens und dadurch erzielter
                              									geringerer Verschleiss der gleitenden Theile.
                           4) Verwendung nur eines Schiebers mit einer Steuerung.
                           5) Wegfall des Receivers und Verringerung des schädlichen Raumes durch Erzielung
                              									möglichst kurzer Kanäle.
                           Textabbildung Bd. 294, S. 181Fig. 3.Anfahrthahn zu Sondermann's Cylinderanordnung. 6) Gleiche Arbeitsleistungen beim Vor- und Rückgange des Kolbens, weil die
                              									jeweils grösseren Füllungen des hinteren Hochdruckcylinders ebenfalls eine grössere
                              									Leistung dann im vorderen Niederdruckcylinder bewirken und die jeweils kleineren
                              									Füllungen im vorderen Hochdruckcylinder eine kleinere Dampfarbeit im hinteren
                              									Niederdruckcylinder bedingen, daher
                           7) Sehr gleichmässiger Gang auch bei Maschinen mit niedriger Umdrehungszahl, z.B.
                              									Pumpmaschinen.