| Titel: | Kriegswaffen auf der Ausstellung in Antwerpen und dazu Gehöriges. | 
| Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 193 | 
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                        Kriegswaffen auf der Ausstellung in
                           								Antwerpen und dazu Gehöriges.
                        Mit Abbildungen.
                        Kriegswaffen auf der Ausstellung in Antwerpen und dazu
                           								Gehöriges.
                        
                     
                        
                           In der Geschichte der Kriegswaffen wird die Ausstellung von Antwerpen keine so
                              									hervorragende Rolle spielen, wie die Pariser Ausstellung von 1889, welche zuerst die
                              									den ganzen Seekrieg umgestaltenden Schnellfeuerkanonen zur allgemeinen Kenntniss
                              									brachte. Eine so reichhaltige Zusammenstellung von Kriegswaffen aller Art konnte sie auch nicht bieten, wie es der
                              									Londoner Naval Exhibition (1891) mit Hilfe der englischen Regierung und der grossen
                              									englischen Fabriken möglich gewesen war. Noch weniger gab sie eine Anschauung des
                              										ganzen neuesten Kriegsmaterials der Welt, wie es
                              									die Ausstellung in Chicago gethan hatte.
                           Einige der in Antwerpen ausgestellten Waffen und Messinstrumente haben indess auch
                              									jetzt noch grosse Bedeutung; sie sollen hier in Betracht gezogen werden, weil sie
                              									treffliche Ausgangspunkte zu „Bemerkungen über neue Kriegswaffen“ bilden.
                              									Derartige Bemerkungen, nicht aber einen erweiterten oder zusammengedrängten Katalog
                              									soll das Nachstehende bieten.
                           Von den Kriegswaffen der Antwerpener Ausstellung fiel besonders das heutige Gewehr
                              									der belgischen Armee ins Auge. In reichhaltigster Weise hatten der Staat und viele
                              									Privatfabriken nicht nur die Waffe und deren Munition ausgestellt, sondern auch die
                              									Herstellung aller Theile aufs eingehendste vorgeführt. Deutschland hat zwar an der
                              									Ausstellung dieser Gegenstände wenig theilgenommen, nur etwas Munition und Mittel zu
                              									deren Verpackung zur Anschauung gebracht, trotzdem ist es hervorragend und in der
                              									ehrenvollsten Weise dadurch betheiligt, dass das Gewehr dienstlich den Namen seines
                              									deutschen Erfinders trägt; es heisst bekanntlich „fusil Mauser belge“. Es ist
                              									dies um so bedeutungsvoller, als Belgien ein Staat ist, der seit Jahrhunderten einen
                              									Weltruf durch seine Waffenfabrikation hat.
                           
                        
                           Entwicklungsgeschichte der Mauser-Gewehre.
                           Eine kurze Angabe der wichtigsten Entwickelungsstufen, welche zu den heutigen
                              									Mauser-Gewehren geführt haben, ist vielleicht von allgemeinerem Interesse. Als erste
                              									Stufe darf wohl das Zündnadelgewehr, als höchste das spanische Mauser-Gewehr von
                              									1892 betrachtet werden; da dieses die Einrichtungen des belgischen Gewehres von 1889
                              									mit kleinen Verbesserungen wiedergibt, so ist letzteres nicht besonders besprochen.
                              									Ausserdem ist hier nur das Wesentliche des oder
                              									vielmehr der Mauser-Gewehrsysteme näher in Betracht
                              									genommen, nämlich die Einrichtungen zum Abschliessen des Laufes, zum Entzünden der
                              									Pulverladung und zum Einbringen der Munition; die übrigen Theile des sogen.
                              									Verschlusses sind nur kurz angedeutet, der Lauf, der Schaft und sonstige
                              									Gewehrtheile gar nicht besprochen, weil diese Gegenstände keine hervorzuhebenden
                              									Eigenthümlichkeiten bieten.
                           
                              Das Zündnadelgewehr von 1841
                                 											(Fig.
                                    										1A).
                              Bei allen Gewehren mit Cylinderverschluss ist ein Rohrstück mit
                                 										verschiedenartigen Ausschnitten auf den Lauf geschraubt und am Schafte
                                 										befestigt; dasselbe dient als Hülse (boîte) für andere Verschlusstheile. Als
                                 										wichtigster dieser Theile ist ein anderes Rohrstück hervorzuheben, das den Lauf
                                 										abschliessen soll und früher „Verschlusscylinder“ genannt wurde (jetzt
                                 										trägt es meist den Namen „Kammer“).
                              Beim Zündnadelgewehr M./41 hatte dieser Verschlusscylinder einen Zwischenboden
                                 										und vorn im Rande eine kegelförmige Ausdrehung, welche so fest über das
                                 										entsprechend kegelförmig abgedrehte Ende des Laufes geschoben werden sollte,
                                 										dass keine Gase entwichen. Ein Handgriff, „Knopf“, ermöglichte diese
                                 										Bewegung, welche zuerst in einem Vorschieben, dann in einer Drehung bestand. Bei
                                 										dieser Drehung musste der Fuss des „Knopfes“ an einem schrägen
                                 										Einschnitte der Verschlusshülse entlang gleiten; der Verschlusscylinder erhielt
                                 										dadurch eine Schraubenbewegung, welche die zum festen Zuschliessen des Laufes
                                 										nöthige Kraft lieferte. Nach der Drehung musste der Cylinder noch besonders
                                 										festgelegt werden, weil bei einem Drucke der Pulvergase gegen den Zwischenboden
                                 										Gefahr vorhanden war, dass er nach rückwärts getrieben wurde. (Diese Thatsache
                                 										ist dadurch festgestellt, dass beim Schiessen ein auf einen festgelegten Lauf
                                 										geschraubter Verschluss, der nicht gegen Drehen befestigt war, sich von selber
                                 										losdrehte.) Um eine derartige Drehung zu hindern, brachte man hinten oben am
                                 										Verschlusscylinder einen rechteckigen Ausschnitt an; wurde dieser unter einen
                                 										oben in der Hülsenwand befindlichen Schlitz geschoben, dann ein besonderes Rohr
                                 										in diesen Cylinder eingeführt, welches hinten einen hohen Vorsprung hatte, der
                                 										durch beide Ausschnitte hindurch reichte, so waren die drei Röhren des
                                 										Verschlusses gegen eine Drehung fest verkuppelt. Diese Einrichtung hat die
                                 										Handhabung des Zündnadelverschlusses sehr umständlich gemacht, weil das Aus- und
                                 										Ineinanderschieben der beweglichen Rohrstücke zeitraubende Griffe waren. Jeder
                                 										Schuss des Zündnadelgewehres bedurfte zum Oeffnen des Verschlusses zweier, zum
                                 										Laden eines und zum Schliessen wieder zweier Griffe; er machte also im Ganzen
                                 										fünf Griffe nöthig. (Die Zeichnung Fig. 1 deutet
                                 										dieselben durch Pfeile bezieh. punktirte Linien an.)
                              Bei der Ausführung der Bewegungen zum Abschliessen des Laufes sollten die
                                 										Einrichtungen zum Entzünden der Pulverladung in eine Lage gebracht werden,
                                 										welche das Abfeuern ermöglichte. (Dieselben sind in der Zeichnung durch
                                 										Abtuschen hervorgehoben.) Sie bestanden aus der sogen. Abzugsvorrichtung, einem
                                 										Bolzen mit eingelötheter
                              
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 294, S. 194
                                 Fig. 1.Entwickelung der Gewehrsysteme „Mauser“; 4
                                    											Gewehrverschlüsse zum „Feuern fertig“.
                                 Fig. 1A. Zündnadelgewehr nach
                                    											Dreyse (Modell 1841); Fig. 1B. Chassepot-Gewehr (Modell 1866); Fig. 1Ba.
                                    												„Erstes“ Spannen beim Oeffnen des Gewehres; Fig. 1C. Deutsches
                                    											Gewehr (Modell 1888); Fig. 1Ca. „Erstes“ Spannen beim Oeffnen des
                                    											Gewehres (nach Mauser 1871); Fig. 1Cb. Querschnitt des Patronenrahmens nach
                                    											Mannlicher; Fig. 1Cc. Hintere Ansicht desselben; Fig. 1D. Spanisches
                                    											Mauser-Gewehr M./92 mit Repetirvorrichtung nach Mauser; Fig. 1Da.
                                    											Patronenhalter zum Heranbringen der Patronen im Querschnitt; Fig. 1E.
                                    											Patronenhalter des neuen russischen Gewehres M./92; 1 unbewegliche Schlosstheile. 2 durch
                                    											das Abdrücken bewegte Schlosstheile.
                                 
                              
                              Nadel und einer Spiralfeder. Die letzteren Theile
                                 										lagerten grösstentheils in dem zuletzt beschriebenen inneren Rohr mit dem
                                 										Vorsprunge zum Verkuppeln der Verschlussröhren gegen eine Drehbewegung. Um den
                                 										hinteren Theil des Bolzens lag die Spiralfeder, sich vorn an einen Vorsprung
                                 										desselben, hinten gegen den Boden des Rohres stützend; sie wurde
                                 										zusammengedrückt, wenn der Bolzenvorsprung sich gegen den „Stollen“ des Abzuges lehnte und das Rohr zum Kuppeln
                                 										vorgeschoben wurde. Eine auf letzterem angebrachte starke Blattfeder hielt die
                                 										Spannungslage fest, indem sie sich mit einem Einschnitt in das umschliessende
                                 										Verschlusscylinderrohr einhakte. Wurde der durch eine Feder in die
                                 										Verschlussröhren gedrückte Abzugsstollen herausgezogen (d.h. „wurde
                                    											gefeuert“), so trieb die sich entspannende Feder den Bolzen mit
                                 										Zündnadel vor und letztere entzündete die Patrone.
                              
                           
                              Das französische
                                    											Chassepot-Gewehr (1866) (Fig. 1B).
                              Bei diesem Gewehr war das „Verkuppelungsrohr“ ganz weggefallen, der
                                 										vordere Theil des Nadelbolzens mit der Nadel und der Spiralfeder in den
                                 										Verschlusscylinder gelegt und auf das hintere Ende ein besonderes
                                 										Verschlussstück (chien) befestigt. Wenn dieses sich gegen den Abzugsstollen
                                 										lehnte, so wurde die Spiralfeder gespannt durch ein Vorschieben des Knopfes und
                                 										durch das Drehen desselben in einem seitlichen Ausschnitte der Hülse, der dem
                                 										des Zündnadelgewehres entsprach. Beim Feuern, d.h. beim Entfernen des
                                 										Abzugsstollens, flog der Nadelbolzen mit dem hinteren Verschlusstheile (chien)
                                 										vor; auf diesem sass eine Schiene, welche sich nur in einem Längsschlitz bewegen
                                 										konnte, der oben aus der Verschlusshülse ausgeschnitten war. Unter dieser
                                 										Schiene befand sich eine kleine Leiste, die sich in eine Längsnuth auf dem
                                 										Verschlusscylinder schob. Wenn nun der Schuss losging, so war der
                                 										Verschlusscylinder mit dem hinteren Verschlusstheil und der Hülse fest gegen
                                 										jede Drehung verbunden. Im Vergleich zu der des Zündnadelgewehres muss diese Kuppelung eine „selbsthätige“ genannt
                                 										werden. Dieselbe hatte den Vortheil, die Griffe beim Laden um einen zu
                                 										vermindern.
                              (Die eigentlich hier nicht in Betracht zu nehmende Dichtung des
                                 										Chassepot-Gewehres bestand aus einem vor den Verschlusscylinder gelegten
                                 										Kautschukring mit Führungsstempel. Beim Schliessen wurden diese Theile in den
                                 										Lauf geschoben; beim Schiessen presste der Stempel den Kautschuk so in der
                                 										Achsenrichtung zusammen, dass er sich in radialer Richtung ausdehnte und fest
                                 										gegen die Rohrwände legte; er sollte dadurch das Austreten der Pulvergase nach
                                 										hinten verhindern.)
                              Neben der erwähnten Längsnuth hatte der Versehlusscylinder noch zwei andere,
                                 										kürzere, welche als „Rasten“ dienten (Fig. 1B). Diese drei
                                 										Nuthen sind von besonderer Bedeutung für die Entwickelung der
                                 										Cylinderverschlüsse geworden und deshalb in Fig. 1Ba besonders
                                 										dargestellt. In der unteren Skizze ruht die „schwarz“ angedeutete Leiste
                                 										am „hinteren Verschlusstück“ in der grössten Längsnuth des
                                 										Verschlusscylinders, dessen Drehung so lange verhindernd, bis sie zurückgezogen
                                 										wird. Sobald das Metall zwischen den Nuthen ausgeschnitten war, konnte eine
                                 										Drehung ohne weiteres stattfinden; dabei musste aber die Leiste aus dem
                                 										Ausschnitte treten, wenn dieser, die Enden der Nuthen verbindend, eine
                                 										dreieckige Form hatte. Durch eine derartige Drehung des Verschlusscylinders
                                 										(nach „oben“) musste natürlich der „hintere Verschlusstheil“
                                 										mit dem an ihm befestigten Nadelbolzen zurückgeschoben, die Spiralfeder
                                 										zusammengedrückt werden und der ganze Verschluss eine erste Spannung bekommen.
                                 										Dieser Gedankengang hat wahrscheinlich zum ersten Mauser-Gewehr geführt; die
                                 											„Leiste“ ist natürlich in eine andere, entsprechendere Form gebracht,
                                 										in den „dreieckigen Ansatz mit der schiefen Fläche“ verwandelt worden
                                 											(Fig.
                                    										1Ca).
                              Zur Entwickelungsgeschichte der Mauser-Gewehre gehört natürlich die Beschreibung
                                 										des ersten Einzellade-Mauser-Gewehres (von 1871), dann die des ersten deutschen
                                 										Repetirgewehres (M. 1871/84), dann die Vorführung der nach der Türkei, nach
                                 										Argentinien und Chili gelieferten Gewehre. An dieser Stelle würde ein näheres
                                 										Eingehen hierauf zu weit führen und genügt es vielleicht, die beiden Gewehre
                                 										darzustellen, aus welchen das Charakteristische der Mauser-Systeme entnommen
                                 										werden kann.
                              
                           
                              
                                 Das deutsche Gewehr von
                                    										1888.
                                 
                              Beim Zündnadel- und Chassepot-Gewehr war die Munition, d.h. Geschoss, Pulver und
                                 										Zündmittel, in verbrennliche Hülsen gepackt, bei den Mauser-Gewehren sollten
                                 										unverbrennliche Metallhülsen verwandt werden, welche sich beim Schusse nach Art
                                 										der Brahma'schen Dichtung so gegen die Laufwand und
                                 										den Verschlussboden legten, dass jedes Entweichen der Pulvergase nach hinten
                                 										verhindert war. Damit fielen nicht nur die unvollkommenen Dichtungseinrichtungen
                                 										der bisherigen Gewehre weg, sondern es wurde auch eine ganz andere Art des Lauf
                                 										Verschlusses möglich. Das „Verschlusscylinder“ (oder „Kammer“)
                                 										genannte bewegliche Rohrstück, welches sich bei den früheren Gewehren mit seinem
                                 										ziemlich weit rückwärts belegenen Knopf gegen einen seitlichen Ausschnitt des festen, „Hülse“ genannten Rohrstückes
                                 											einseitig gestützt hatte, konnte jetzt mit
                                 										seinem vorderen Theile in dem Kopfe des letzteren
                                 											symmetrisch festgelegt werden gegen einen Druck
                                 										der Pulvergase nach hinten. Zu dem Zwecke erhielt der Verschlusscylinder vorn
                                 										aussen zwei Ansätze („Klauen“ oder „Warzen“), während in den
                                 										Hülsenkopf hinter der Stelle, wo der Lauf eingeschraubt war, zwei Ausdrehungen
                                 										zum Bewegen und Lagern dieser Ansätze angebracht wurden. Die als Lager dienenden
                                 										Enden der Ausdrehungen standen natürlich senkrecht zur Rohrachse (und zur
                                 										Druckrichtung der Pulvergase), die anschliessenden Strecken aber bildeten
                                 										Nuthen, wie sie in sehr steilen Schraubenmuttern vorkommen; an diese Theile
                                 										schlössen sich dann zwei Längsnuthen in der Hülsenwand, welche in einer Ebene
                                 										mit der Rohrachse lagen. Ein vollständig zurückgezogener, durch den Knopf zu
                                 										bewegender Verschlusscylinder musste also beim Schliessen des Laufes zuerst eine einfache
                                    											Vorwärtsbewegung, dann eine steile schraubenförmige und endlich plötzlich eine einfach drehende Bewegung machen. Diese drei Bewegungen werden als ein Griff
                                 										ausgeführt, was schon daraus hervorgeht, dass das Ende der Bewegung (das
                                 										einfache Drehen ohne Vorschreiten) bei einigen ausländischen Fachschriftstellern
                                 										nicht bekannt ist. (Diese behaupten nämlich, der Mauser-Verschluss habe dieselbe
                                 										Bewegung, wie der Schraubenverschluss einer Kanone. Das ist unrichtig, bei
                                 										letzterem ist nur eine Schraubenbewegung vorhanden,
                                 										die den Nachtheil hat, dass die Schraube sich leicht „fest“ schiesst oder
                                 										unter Umständen leicht herausgeschossen wird. Da das ring-, nicht schraubenförmigeEnde der Ausdrehung in
                                 										der Hülse des Mauser-Verschlusses diesen Nachtheil verhütet, so darf letzterer
                                 										gar nicht mit einem Geschützschraubenverschluss verglichen werden, wenigstens so
                                 										lange nicht, bis Geschütze sich den betreffenden Vortheil des Gewehrverschlusses
                                 										aneignen können.)
                              Die zur Laufachse symmetrische und an den Patronenboden dicht herangeschobene
                                 										Lage der Stützpunkte des Verschlusscylinders verbessert die Treffähigkeit der
                                 										Gewehre mit Mauser-Verschluss in hohem Maasse, weil sie die vibrirende Bewegung
                                 										der Waffe während des Schusses günstig beeinflusst; sie gibt dem Mauser-System
                                 										ein Uebergewicht über andere Cylinderverschlussysteme; welche eine einseitige,
                                 										weit zurückgelegte Stützung des Verschlusscylinders beibehalten haben.
                              Die Lage der Stützflächen senkrecht zur Laufachse würde von selber schon ein
                                 										besonderes Mittel zur Verhinderung der selbsthätigen Drehung des
                                 										Verschlusscylinders überflüssig machen, wenn für das Gewehr keine Stösse beim
                                 										Gebrauch zu befürchten sein müssten. Aber mit Rücksicht auf diese und auf die
                                 										Vortheile, welche die in Fig. 1Ba dargestellte Einrichtung des Chassepot-Gewehres für das
                                 											„erste Spannen“ beim Oeffnen des Gewehres gab, hat man vorn am
                                 											„hintersten Verschlusstheil“ („Schlösschen“) den sogen.
                                 											„dreieckigen Ansatz mit schiefer Fläche“ und hinten auf dem Rande des
                                 										Verschlusscylinders einen entsprechenden Ausschnitt angebracht. Das
                                 										Ineinandergreifen dieser Theile gibt Fig. 1Ca. (Wie aus
                                 										einem Vergleich dieser Figur mit Fig. 1Ba
                                 										ersichtlich, ist ihre Stellung zum Verschlussknopf etwas anders als die der
                                 											„Leiste“ und der „Verbindung der drei Nuthen“ beim
                                 										Chassepot-Gewehr.)
                              Es muss hervorgehoben werden, dass schon bei den ersten Mauser-Gewehren von 1871
                                 										und von 1871/84 eine Verkuppelung des Verschlusscylinders mit der Hülse gegen
                                 										Drehung nicht mehr so nothwendig gewesen war wie beim Zündnadelgewehr, trotzdem
                                 										jene Gewehre sich noch mit dem Knopfe des Verschlusscylinders gegen einen Seiten
                                 										ausschnitt der Hülse stützten. Dort hatte auch schon die Einführung der
                                 										Metallpatrone ein festes Aufeinanderpressen der Stützflächen und damit eine
                                 										schraubenförmige Bewegung des Knopfes im letzten Augenblicke seiner Drehung,
                                 										sowie ein Anlehnen des Knopffusses an eine schiefe Fläche unnöthig gemacht. Die
                                 										Erleichterung des „ersten Spannens“ war auch hier hauptsächlich
                                 										maassgebend gewesen.
                              Die Einrichtung des „dreieckigen Ansatzes mit der schiefen Fläche“, das
                                 										Auffangen der Kraftäusserung der Pulvergase nach rückwärts durch den im Kopf der
                                 										Hülse liegenden, mit zwei äusseren Klauen versehenen Kopf des
                                 										Verschlusscylinders dürften die wesentlichsten Neuerungen des Mauser-Systems gewesen sein, das man wohl mit
                                 										dem Unterscheidungsnamen des „ersten“ belegen kann.
                              Die Beschreibung anderer Einrichtungen des oder der deutschen
                                 										Mauser-Gewehre gehört streng genommen nicht in deren Entwickelungsgeschichte,
                                 										daher können sie nur kurz und nur insoweit erwähnt werden, als sie noch in
                                 										irgend einer, wenn auch entfernten Beziehung zu letzterer stehen.
                              Der Verschlusscylinder des deutschen Gewehres hat einen besonderen, den
                                 										Abschlussboden bildenden, vorn eingesetzten Kopf; derselbe ist durch einen (an
                                 										die Stelle des Nadelbolzens mit Nadel getretenen) Schlagbolzen so in Verbindung
                                 										mit dem hintersten Verschlusstheil gesetzt, dass er sich nicht drehen,
                                 										sondern nur vor und zurück bewegen kann. Diese Einrichtung hat es ermöglicht, an
                                 										der rechten Seite des Kopfes eine federnde Kralle (den Auszieher) anzubringen,
                                 										welche sich beim Schliessen in eine ringförmige Ausdrehung des Patronenbodens
                                 										legt und dann diese Stelle nicht mehr verlässt, wenn der Verschluss aufgedreht
                                 										und herausgezogen wird. Links trägt der „Kopf“ einen beweglichen Stift,
                                 										der beim Zurückziehen des Verschlusses gegen einen beweglichen hakenartigen
                                 										Ansatz an der Hülse gestossen und nach rechts auf die an ihrer rechten Seite
                                 										festgekrallte Patrone getrieben, das „Auswerfen“ der letzteren
                                 										bewirkt.
                              Der „hintere Verschlusstheil“ enthält eine besondere Vorrichtung, die
                                 											„Sicherung“, wodurch es möglich wird, ein Walzensegment zwischen ihn
                                 										und den Verschlusscylinder zu legen, gegen welches er durch die
                                 										zusammengepresste (gespannte) Spiralfeder hingezogen wird. Wie aus der Figur
                                 										ersichtlich, ist dieser „hintere Verschlusstheil“ (das
                                 											„Schlösschen“) wahrscheinlich aus dem „chien“ des
                                 										Chassepot-Gewehres entstanden; er wird also ebenso wie dieser beim Abziehen der
                                 										Abzugsvorrichtung mitsammt dem Schlagbolzen durch die Entspannung der
                                 										Spiralfeder gegen das Zündhütchen der Patrone vorgeschnellt.
                              Zum Einbringen der Munition hat das deutsche Gewehr eine Repetirvorrichtung
                                 										bekommen, welche von Männlicher herrührt. Sie
                                 										bezweckt, mit einem Griffe mehrere Patronen zu laden und nach einander durch einfaches Schliessen und Oeffnen des Verschlusses
                                 										in den Lauf zu bringen, d.h. in diesem Falle: man ladet mit einem Griff fünf Patronen und spart dadurch vier
                                 										Griffe.
                              Die Repetirvorrichtung besteht zunächst in einem offenen Kasten, der unten an der
                                 										Hülse befestigt ist und in Verbindung mit einem Ausschnitte in letzterer einen
                                 										Stahlblechbehälter mit fünf Patronen aufnehmen soll. Dieser (auch
                                 											„Patronenrahmen“ genannt) ist wie der Einband eines Buches
                                 										eingerichtet, die Patronen stehen mit dem Boden auf dem Theile, der dem
                                 											„Buchrücken“ entspricht. Die „Deckel“ stehen unter spitzem
                                 										Winkel fest zum „Rücken“, ihre Enden nähern sich also; zur Aufnahme von
                                 										Patronen federn sie aus einander (Fig. 1Cb); ihre zum
                                 											„Rücken“ senkrechten Kanten sind nach innen umgebogen (Fig. 1Cc), in ihren
                                 										Flächen sind Rillen zum Festhalten der Ausdrehungen in den Patronenböden und
                                 										kreisförmige Ausschnitte zur Erleichterung angebracht. Jede Kante des
                                 											„Rückens“ ist etwas abgeschnitten, damit der Boden jeder äusseren
                                 										Patrone zum grossen Theil freiliegt (Fig. 1Cc). Wie aus
                                 											Fig. 1C zu
                                 										entnehmen, legt sich der Kopf eines zurückgezogenen Verschlusscylinders gegen
                                 										die frei liegende Bodenfläche der obersten Patrone, schiebt sie beim Schliessen
                                 										vor und in den Laderaum des Laufes (falls nicht noch eine andere Patrone oder
                                 										Hülse hier liegt). Beim Oeffnen nach dem Schusse wird die Hülse herausgeworfen,
                                 										beim nächsten Schliessen die zweite Patrone in den Lauf geschoben, weil dieselbe
                                 										mittlerweile durch einen Hebel in die Höhe gehoben worden war, der durch einen
                                 										Bolzen mit Spiralfeder gedrückt wird. – So „wiederholt sich das Laden von
                                    											selbst“, bis die „fünfte“ Patrone vorgeschoben worden ist;
                                 										alsdann federn die „Deckel“ etwas zusammen, füllen ihr „Magazin“
                                 										nicht mehr aus, der ganze Rahmen wird nun durch einen von einer Feder
                                 										getriebenen Hebel, der ihn bisher festgehalten hatte, nach rückwärts gestossen
                                 										und fällt hier durch die untere Kastenöffnung heraus.
                              
                           
                              
                              
                                 
                                 Das spanische
                                    											7-mm-Mauser-Gewehr von 1892.
                                 
                              Mauser hat den grossen Mängeln der an und für sich
                                 										recht sinnreichen Repetirvorrichtung von Männlicher
                                 										zuerst im belgischen Gewehr von 1889 und dann in bedeutend verbesserter Weise im
                                 										spanischen Gewehr von 1892 abgeholfen. Der Patronenbehälter oder besser gesagt
                                 										-halter (in Fig. 1D
                                 										oben punktirt, ferner Fig. 1Da) ist ein bogenförmiges Stahlkästchen, dessen Querschnitt ein
                                 										kleines Rechteck bildet, aus dem die Mitte einer grossen Seite so weggenommen
                                 										ist, dass fünf Patronen mit den Kerben ihres Bodens eingeschoben werden können.
                                 										In dieser Stellung werden die Patronenböden durch einen im Kästchen liegenden,
                                 										wellenförmig gebogenen federnden Stahlblechstreifen so gegen die
                                 										stehengebliebenen Ränder der ausgeschnittenen Seite gedrückt, dass die ganzen
                                 										Patronen fest neben einander stehen. Ein solcher gefüllter (buchrückenförmiger)
                                 										Patronenhalter ist natürlich viel leichter als der bucheinbandförmige von Mannlicher. Er lässt sich bei geöffnetem Verschluss
                                 										so in das Ende eines Schlitzes oben in der Hülse einsetzen, dass die Patronen
                                 										hinunter und hinausgedrückt werden können. Hierbei kommen sie in ein unten
                                 										geschlossenes Magazin, und zwar auf ein rechteckiges, mit einem seitlichen
                                 										Ansatz versehenes Stahlblatt, das durch eine Feder vom Querschnitte eines
                                 										liegenden  getragen wird. Der Ansatz auf dem Stahlblatte und die oberen
                                 										Ränder des Magazins vertheilen die Patronen so, dass sie in zwei Reihen (zu drei
                                 										bezieh. zwei Stück) neben einander liegen bei geschlossenem Verschlusscylinder; ist dieser zurückgezogen (und
                                 										geöffnet), so treibt die Feder die ganze Magazinfüllung so nach oben, dass die
                                 										obere Kante der obersten Patrone sich vor seinen Kopf, etwas seitwärts der
                                 										Längsachse, legt. (Das Magazin hat dadurch eine ungemein handliche Form
                                 										bekommen; es ist nicht mehr nöthig, dasselbe unter den Schaft heraustreten zu
                                 										lassen, wie es beim belgischen Gewehr der Fall war.) – Beim Vorschieben tritt
                                 										der Rand unter die vorspringende Kralle eines grossen, seitwärts gelegenen
                                 										Ausziehers und wird nicht eher wieder losgelassen, bis sie nach dem Schusse
                                 										durch den herausgezogenen Verschlusscylinder herausgeworfen wird. – Durch diese
                                 										Einrichtung wird es verhindert, dass eine zweite Patrone vorgeführt wird,
                                 										während die erste noch im Laufe steckt; das Laden zweier Patronen mit einem Schliessen (die doppelte Repetition) ist also unmöglich gemacht. Wenn die letzte
                                 										(fünfte) Patrone aus dem Magazin geschoben, verschossen und aus der Waffe
                                 										geworfen ist, drückt die -förmige Feder des Magazins den seitlichen
                                 										Ansatz des auf ihr liegenden Stahlblattes so in die Höhe, dass er sich vor den
                                 										geöffneten Verschlusscylinder legt und dessen Schliessen verhindert. Diese Lage
                                 										macht den Schützen darauf aufmerksam, dass er aufs Neue zu laden hat. – Es muss
                                 										noch besonders darauf hingewiesen werden, dass von unten kein Sand, kein Schmutz
                                 										in das Magazin eindringen kann, weil es dort geschlossen ist. Ausserdem bleibt
                                 										noch nachzuholen, dass der Schütze von dem Patronenhalter; der in den Schlitz
                                 										oben in der Hülse gesteckt wurde, beim Schiessen nichts mehr merkt, weil das
                                 										erste Vorschieben des Verschlusscylinders das entleerte Blechkästchen
                                 										wegwirft.
                              Die hier vorgeführte Repetirvorrichtung von Mauser
                                 										darf wohl als die beste der heutigen Kriegsgewehre angesehen und deshalb
                                 										vielleicht ihrer Entwicklungsgeschichte mit einigen Worten gedacht werden.
                              Textabbildung Bd. 294, S. 197Fig. 2.Ladeschachtel des englischen Gewehres nach Lee. Der Amerikaner Lee hatte vor mehr als 12
                                 										Jahren vorgeschlagen, in der Hülse eines Gewehres unter der Stelle einen Schlitz zu machen, wo sonst die einzelne Patrone
                                 										hingelegt wurde, und dann in und unter diesem Schlitz eine Blechbüchse zu
                                 										befestigen, die etwa dem Kastenmagazine (der
                                 										Ladeschachtel) des englischen Gewehres (nach Lee-Metford) entspricht. Auf dem Boden dieser nur an einer Seite offenen Büchse (Fig. 2) lag eine zickzackförmig gebogene Feder,
                                 										welche mittels einer aufliegenden Blechmulde eine Anzahl von Patronen (acht bis
                                 										zehn) so weit in die Höhe hob, dass die oberste an die umgebogenen Ränder des
                                 										oben offenen Endes stiess, wie es etwa beim Patronenbehälter von Mannlicher (Fig. 1C und Cc) der Fall ist.
                                 										Ebenso wie dort sollte auch das Vorschieben dieser Patrone mit dem vorderen Ende
                                 										des Verschlusscylinders erfolgen. Bei Gewehren, die jeden Augenblick
                                 										Repetirfeuer abgeben sollten, schien es nicht empfehlenswerth, für jeden
                                 										Patronenbehälter eine Feder mitzuschleppen; aus diesem Grunde scheint Mannlicher die Feder unten im Kastenmagazin construirt zu haben (Fig. 1C) in
                                 										Verbindung mit seinem bucheinbandförmigen (an drei
                                 										Seiten offenen) Behälter. Mauser hat beim
                                 										belgischen Gewehr eine sich zusammenlegende V-förmige Federvorrichtung angewandt
                                 										und die Lage der Patronen über einander
                                 										beibehalten; er ist erst beim spanischen Gewehr auf die hebende Feder von Lee zurückgegangen und zum verbreiterten Magazin
                                 										gekommen.
                              Dieser neuen eigenthümlichen Repetirvorrichtung wegen würde man schon
                                 										einigermaassen berechtigt sein, das spanische Gewehr als ein neues, besonderes
                                 										Mauser-System zu bezeichnen; man wird noch mehr dazu bewogen durch die bei
                                 										demselben angebrachten Aenderungen des Verschlusses.
                              Das sehr einfache Rohrstück des Verschlusscylinders ist vorn geschlossen, liefert
                                 										also selbst den Stossboden gegen die nach rückwärts gerichtete Kraft des
                                 										Schusses. Zur Aufnahme des hinteren Patronenrandes ist dieser „Boden“
                                 										entsprechend ausgedreht; die untere Kante ist ganz abgeschnitten, damit die aus
                                 										dem Magazin von unten, seitwärts aufsteigenden Patronen so bald als möglich mit
                                 										ihrer ringförmigen Eindrehung unter die vorspringende starke Kralle des rechts,
                                 										ausserhalb des Verschlusscylinders, liegenden Ausziehers treten. Letzterer ist
                                 										sehr lang und sehr breit (10,5 bezieh. 1 cm) und sitzt auf einem Ringe, der in
                                 										einer Nuth drehbar (und in der Zeichnung Fig. 1D sichtbar)
                                 										ist. Hinten an der linken Seite der Hülse (hier unsichtbar) sitzt ein
                                 										beweglicher Hebel, der, durch eine Feder ins Innere gedrückt, die zurückgezogene
                                 										leere Patronenhülse nach rechts auswirft, wenn ihr Rand gegenihn stösst, und der
                                 										ausserdem die Bewegung des Verschlusscylinders nach rückwärts begrenzt (der
                                 											„Schlosshalter“). An äusseren Ansätzen hat der Cylinder vorn auch
                                 										zwei „Klauen“, auf dem hinteren äussersten Rande einen Knopf. Mit den
                                 										Klauen wird er in ähnlichen Nuthen geführt, wie sie das deutsche Gewehr hat. Die
                                 										Hülse ist hinten nicht geschlitzt und ihre rückwärtige Abschlussfläche steht
                                 										nicht senkrecht zur Laufachse, sondern springt in der Mitte ein wenig vor, damit
                                 										der Knopf, welcher beim Schusse fest herangezogen war, beim Aufdrehen (nach
                                 										links oben) etwas rückwärts geführt wird und, den Verschlusscylinder nebst
                                 										Auszieher mit sich ziehend, die festgekrallte Patronenhülse lockert.
                              Das Lockern, d.h. das möglichst rucklose Anziehen einer festgeschossenen
                                 										Patronenhülse scheint bei den heutigen Gewehren eine grosse Rolle zu spielen,
                                 										und damit die Construction der Ausdrehung, in welcher sich die Klauen des
                                 										Verschlusscylinders beim Drehen bewegen, besonders wichtig geworden zu sein.
                                 										Liegt die Stützungsfläche derselben während des Schusses senkrecht zur
                                 										Rohrachse, so werden Verschlusscylinder und Patrone im ersten Theil des
                                 										Aufdrehens gar nicht zurückbewegt (falls nur die
                                 										Klauen führen); wenn aber dann die Ausdrehung plötzlich eine steile
                                 										Schraubenlinie bildet, so verursacht sie ein starkes Reissen am Auszieher und an
                                 										der Patrone. Beim spanischen Gewehr ist diesem schwierig
                                    											gewordenen Aufdrehen des Verschlusses Rechnung getragen, indem einmal
                                 										der Verschlussknopf und die schräge hintere Hülsenfläche das „Lockern“ im
                                 										ersten Moment des Aufdrehens schon aufnehmen, und indem zum anderen die ganze
                                 										Schraubenbewegung des Verschlusscylinders viel weniger steil als beim deutschen
                                 										Gewehr ist.
                              Um den geschlossenen Verschlusscylinder gegen selbsthätiges Oeffnen zu sichern,
                                 										hat das spanische Gewehr eine eigenthümliche Abzugsvorrichtung bekommen. Unter
                                 										der Verschlusshülse ist ein zweiarmiger Hebel
                                 										befestigt (der einarmigen „Abzugsgabel“ des deutschen Gewehres annähernd
                                 										entsprechend); auf dem Ende des linken Armes (Fig. 1D) ist ein
                                 										hoher Ansatz befestigt, der durch die Hülse hindurchreicht, neben ihm eine
                                 										Feder, die nach unten drückt, also den rechten Hebelarm mit Abzugsstollen immer
                                 										hoch, in die Hülse hinein hält. Beim Abziehen muss der Abzugsstollen herunter
                                 										gezogen werden, damit der gegen ihn gelehnte hintere Verschlusstheil frei wird
                                 										und eine Bewegung nach vorwärts (links) machen kann. Das ist aber nur dann
                                 										möglich, wenn der Ansatz links in den Körper des Verschlusscylinders
                                 										hineinreicht. In diesen ist nun eine Einkerbung gemacht, welche bei vollständig
                                 										geschlossenem Verschluss (aber nur dann!) genau über dem Ansätze steht. Wird in
                                 										diesem Augenblick der Hebelarm des Abzugsstollens heruntergezogen, so gibt er
                                 										nach, und der Kopf des Ansatzes geht in den Körper des Verschlusscylinders,
                                 										denselben mit der Hülse gegen Drehung verkuppelnd.
                                 										Bewegt wird der Hebelarm, wie aus der Zeichnung ersichtlich; durch den
                                 											„Abzug“ genannten Winkelhebel.
                              Durch diese Abzugsvorrichtung ist ein Theil des Zweckes erfüllt, den die ältere
                                 											Mauser'sche Erfindung, der „dreieckige
                                    											Ansatz mit der schiefen Fläche und die zugehörige Ausfräsung“ (Fig. 1Ba und Ca) hatte. Die von
                                 										dieser Einrichtung noch erfüllte andere Aufgabe, das „erste Spannen“ des
                                 										Verschlusses, ist beinahe verschwunden; der noch zu beschreibende Rest des
                                 										Verschlusses hat eine ganz neue Gestalt bekommen.
                              In einer sehr geschickten Weise ist die Sicherheitsvorrichtung zur Verhinderung
                                 										zufälligen Losgehens benutzt worden, um das Zusammensetzen und Auseinandernehmen
                                 										des Verschlusses zu vereinfachen und die Bewegung des Schlagbolzens zur
                                 										Entzündung der Patrone zu erleichtern. Diese Einrichtung selbst liegt in einem
                                 										Aufsatz auf einem Rohrstück, das vorn eine hohle Schraube als Verlängerung und
                                 										unten einen Schlitz hat; in dasselbe wird zunächst der Schlagbolzen mit
                                 										Spiralfeder eingeschoben, dabei legt sich ein entsprechender Kragen so um zwei
                                 										abgeflachte Seiten desselben, dass er nicht drehbar ist. Hierauf wird die
                                 										Schlagbolzenspitze gegen einen harten Gegenstand gedrückt, das
                                 											„Rohrstück“ so dagegen gepresst, dass die Spiralfeder zwischen diesem
                                 										und dem vorspringenden Theil des Bolzens sich zusammenpresst und dessen Ende mit
                                 										Verkragungseinschnitten hinten heraustreten lässt, damit ein Hakenstück
                                 											(„Nuss“) mit entsprechenden Verkragungsausschnitten aufgeschoben und
                                 										um 90° gedreht werden kann. Wenn nun das Rohrstück losgelassen würde, so träte
                                 										es, durch die sich entspannende Spiralfeder getrieben, über das Hakenstück,
                                 										dieses mit dem Schlagbolzen verbindend. Zum ersten Zusammensetzen des
                                 										Verschlusses aber vermindert man den Druck auf das Rohrstück nicht eher, bis man
                                 										die Scheibe der über, diesem befindlichen Sicherung durch eine Flügelbewegung
                                 										vor die obere Kante des Hakenstückchens gelegt hat; lässt man dann los, so hat
                                 										man den Schlagbolzen und die mit ihm verbundenen Theile in einer
                                 										Zusammensetzung, die sofort in das hintere Ende des Verschlusscylinders
                                 										eingeschraubt werden kann. Nachdem dies geschehen (Haken des Hakenstückes über
                                 										dem Abzugsstollen liegend), kann die sperrende Scheibe der Abzugsvorrichtung
                                 										abgedreht werden und der Entzündungsmechanismus beim Oeffnen und Schliessen frei
                                 										arbeiten. Ebenso leicht, wie das Zusammensetzen dieser Verschlusstheile, ist
                                 										auch das Auseinandernehmen; es kann sogar ganz gefahrlos bei geladenem Gewehr
                                 										geschehen.
                              Aus einem Vergleich zwischen Fig. 1C und D tritt der
                                 										Unterschied der Massen scharf hervor, welche die Spiralfeder zum Schusse beim
                                 										deutschen und beim spanischen Gewehr zu bewegen hat.
                              Der Haken unter dem Hakenstücke auf dem Abzugsbolzen gleitet beim Abfeuern vorn
                                 										aus dem Schlitze des „Rohrstückes“ hinaus in einen kleinen dreieckigen
                                 										Ausschnitt hinten im Verschlusscylinder, wahrscheinlich um die ganze, beim
                                 										Oeffnen und Schliessen bewegte Masse der Verschlusstheile besser
                                 										zusammenzuhalten. Die „erste Spannung“, welche dadurch beim Oeffnen
                                 										erzielt wird, ist sehr klein und die obige Behauptung gerechtfertigt, dass die
                                 										erste Erfindung Mauser's, die des „dreieckigen
                                    											Ansatzes mit der schiefen Fläche“, sehr an Bedeutung eingebüsst hat. Um
                                 										das beim Aufdrehen verminderte Zusammenpressen der Spiralfeder zu ersetzen, muss
                                 										jetzt mit der Hand eine sehr lange Vorwärtsbewegung des Verschlusscylinders
                                 										ausgeführt werden. Man kann aber dadurch beim Aufdrehen eine grössere Kraft auf
                                 										das Lockern der Patrone wirken lassen. Beim Schiessen soll sich herausgestellt
                                 										haben, dass die Bewegung dieses spanischen Mauser-Verschlusses weniger
                                 										anstrengend ist als die des ersten.
                              Während einerseits diese eigenthümliche Verschlussconstruction die Haltbarkeit
                                 										der Patronen vergrössert, vermindertsie andererseits auch die Gefahr, welche etwa
                                 										einer der seltenen „Patronenreisser“ dadurch für den Schützen bringen
                                 										könnte, dass ihm Gase ins Gesicht schlagen; die hinten von der Verschlusshülse
                                 										gebildete Brücke und das weite Vorspringen des an den Verschlusscylinder
                                 										geschraubten „Rohrstückes mit Sicherungsvorrichtung“ lenken deren Weg
                                 										vollständig ab.
                              Die Betrachtung über das spanische Mauser-Gewehr darf nicht geschlossen werden,
                                 										ohne den von seinem Constructeur angestrebten Wegfall aller
                                 										Schraubenverbindungen zu erwähnen. Oben wurde schon die hierher zu rechnende
                                 										Verbindung des Schlagbolzens mit seinem Hakenstück hervorgehoben. (Eine ziemlich
                                 										ähnliche „T-Verbindung“ kommt schon beim
                                 										Chassepot-Gewehr 1866 vor [Verbindung des Fusses der Zündnadel mit dem
                                 										Nadelbolzen, >Fig.
                                    											1B]). – Der Magazinkasten ist durch einen Bolzen mit Spiralfeder so im
                                 										Gewehr befestigt, dass man letzteren nur etwas zurückzudrücken, zu drehen und
                                 										dann wieder vorgehen zu lassen braucht, um die ganze Repetirvorrichtung
                                 										herausnehmen zu können. – In ähnlicher Weise ist auch durch einen Druck auf
                                 										einen Bolzen die Sicherheitsvorrichtung aus einander zu nehmen.
                              
                           
                        
                           Der Patronenhalter des neuen russischen Gewehres (Fig. 1E).
                           Nach Beobachtungen in Belgien und Mittheilungen aus Frankreich ist derselbe dem
                              									belgisch-spanischen nachgebildet. Eine Aenderung war deshalb nöthig, weil die
                              									(┴-förmigen) Patronen die stark vorspringenden (hinten abgerundeten) Ränder der
                              									früheren Berdan-Patronen beibehalten haben; bei einer Stellung mit neben einander
                              									stehenden Rändern würde der Halter übermässig lang geworden sein. Man hat dem
                              									Querschnitte des letzteren deshalb eine besondere Erweiterung gegeben, in welcher
                              									die vorderen Flächen der Ränder der ersten, dritten und fünften (letzten) Patrone an
                              									den Uebergang zur Verengung stossen sollen, die Rückflächen der zweiten und vierten
                              									Patrone aber gegen den Boden des Halters (diese Ränder
                              									liegen also gewissermaassen hinter den anderen). Dieser
                              									Boden (und nicht die Seitenwände) hat in jedem Ende
                              									einen zungenförmigen Einschnitt, welcher, in die Höhe gebogen, sich mit seinem Ende
                              									federnd gegen den Boden der Eckpatrone legt, um dieser die feste Stellung zu geben,
                              									die beim belgisch-spanischen Patronenhalter das wellenförmige Einlageblech erzeugt.
                              									(Neuerdings sind in Deutschland Beschreibungen des neuen russischen Gewehres
                              									erschienen, welche Patronenhalter anführen, die ganz anders als die oben
                              									beschriebenen eingerichtet sind und die eine recht umständliche Bedienung erfordern
                              									müssen. Es erschien nöthig, dies hier einzuschieben, um Irrthümer zu
                              									verhindern.)
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)