| Titel: | Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei. | 
| Autor: | Eckhardt | 
| Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 285 | 
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                        Ueber Fortschritte in der
                           								Bierbrauerei.
                        (Schluss des Berichtes S. 261 d. Bd.)
                        Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei.
                        
                     
                        
                           Die Kellerkühlung besorgt in Amerika, wie Vuylsteke in der Wochenschrift
                                       										für Brauerei, 1893 S. 537, berichtet, die Eismaschine von de la Vergne. Dieselbe beruht auf Compression und
                              									Expansion von Ammoniak. Der Compressionscylinder befindet sich in senkrechter Lage,
                              									wodurch mehrere grosse Vortheile erzielt sind: Die Vermeidung schädlicher Räume, die
                              									vollkommene Dichtheit der Stopfbüchsen, der Ventile und der Kolben in Folge der
                              									Einführung einer gewissen Menge Oeles bei jeder absteigenden Bewegung des Kolbens.
                              									Als Condensator nimmt de la Vergne den Baudelot-Kühler in Benutzung. Das Salzwasser, welches
                              									bei europäischen Kühlanlagen die Uebertragung der Kälte vermittelt, fällt bei der
                              									Anlage von de la Vergne ganz weg. Die Vergasung des
                              									Ammoniaks geht direct im Keller vor sich und entnimmt die zur Vergasung nöthige
                              									Wärme direct der Kellerluft. Dadurch wird eine Ersparniss bis zu 20 Proc. möglich,
                              									ohne bei der Construction der Röhren, welche aus Schmiedeeisen bestehen, eine
                              									etwaige Undichte, die freilich gefährlich wäre, fürchten zu müssen. Es sind vor 10
                              									Jahren aufgestellte Batterien bis jetzt noch nicht im Geringsten reparaturbedürftig
                              									geworden.
                           Behufs einfacheren und schnelleren Arbeitens benutzt H. van
                                 										Laer Aenderungen an dem Verfahren zur Erzielung von Reinhefeculturen und
                                 										analogen Mikroorganismen nach Hansen's Methode (Allgemeine Brauer- und Hopfenzeitung, 1893 S. 1419). Er ersetzt die Böttcher'sche feuchte Kammer dadurch, dass er auf einen
                              									Objectträger einen Tropfen gelatinisirte Würze bringt, welcher die genügende Anzahl
                              									Hefenzellen enthält. Nachdem dieser Tropfen ziemlich fest geworden, bedeckt er ihn
                              									mit einem quadratischen Plättchen sterilisirten Glimmers, dessen eine Ecke
                              									aufgebogen ist. Die Zellen werden markirt. Die Kolonien impft man ab, nachdem zuvor
                              									das nicht fest haftende Glimmerplättchen mit Hilfe der umgebogenen Ecke abgenommen
                              									worden, und gibt sie in Pasteur-Kolben oder in besondere Kolben, die van Laer praktisch und billig findet, und die mit
                              									geradem Hals und zur Zurückhaltung des Schaumes mit einer Ausbuchtung versehen sind.
                              									Die Hefen werdennach dem Ausfall einer optischen Analyse mit den Hefen Saaz und Frohberg
                              									verglichen und klassificirt.
                           In einer Abhandlung, betitelt: Die Einzellcultur im hängenden
                                 										Tropfen: gealterte Zellen in frischer Würze; abnormale Zellformen und
                                 										Querwandbildungen bei Betriebshefe, beschreibt P.
                                 										Lindner (Wochenschrift für Brauerei, 1893 S.
                              									1354) eine Methode, welche er im Sommer an Stelle der Hansen'schen Einzellcultur in Würzegelatine benutzt. Eine Anzahl kleiner
                              									Tropfen von Würze, in welcher entsprechend wenig Hefe vertheilt ist, werden auf die
                              									Unterseite eines sterilen Deckgläschens gebracht, welches nun mit Vaselin auf einen
                              									hohlen Objectträger festgeklebt wird. Jene Tropfen, welche nur eine Hefezelle
                              									enthalten, werden auf der Oberseite mit einer Marke versehen. Die Kolonien, die sich
                              									aus den einzelnen Zellen bilden und die sich nicht wie bei Würzegelatine zu Kugeln
                              									gruppiren, sondern sich mehr in der Fläche ausbreiten, gestatten bessere Controle
                              									bezüglich der etwaigen Gegenwart von Bakterien und ermöglichen zugleich, die
                              									Veränderungen der ausgesäten Zellen zu beobachten. Unter diesen Veränderungen
                              									verdient in einem Beispiel, wo normale untergährige Betriebshefe zur Aussaat
                              									gelangte, die Bildung von absonderlichen Keimschläuchen und Querwänden besondere
                              									Beachtung.
                           Die Braumeister C. Pohl und H.
                                 										Bauer haben einen neuen Reinzuchtapparat (D. R. P. Nr. 64372; Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 3)
                              									construirt, den die Firma Franz Hochmuth in Dresden
                              									entweder mit einem Cylinder oder mit zwei Cylindern herstellt. Im ersteren Fall
                              									dient der Gährcylinder zugleich als Sterilisator und es ist dann stets nach
                              									beendigter Gährung ein Theil der Hefe nach einem kleinen Kolben überzudrücken, um
                              									dort so lange aufbewahrt zu bleiben, bis wieder frische Würze sterilisirt und
                              									abgekühlt worden ist. Die Luft, welche für die Durchlüftung der Würze bestimmt ist,
                              									strömt durch die hohle Achse der Rührvorrichtung und einen durchlochten Rohrstern
                              									ein. Für kleinere Brauereien ohne Dampfanlage wird der Apparat mit einem Ofen
                              									geliefert, der die Würze zu erhitzen und mit Hilfe des entweichenden Dampfes zu
                              									sterilisiren hat. – Bei der Reinzüchtung obergähriger Hefe gährt diese in einen
                              									vorgelegten kleineren Kolben aus.
                           A. Jörgensen schreibt in der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 299, über die Anwendung von Hansen's System in
                                 										Obergährungsbrauereien. Nach den Erfahrungen Jörgensen's, welcher zuerst und zwar schon im J. 1885 Reinhefe in
                              									obergährige Brauereien eingeführt hat, gilt für diese ebenso gut, wie für die
                              									Untergährungsbrauereien, der Satz, dass man mit einer einzigen Art bessere Erfolge
                              									erzielt, als mit Mischungen. Bezüglich der Bildung von Varietäten in Folge der
                              									Darstellung von Reinculturen bemerkt Jorgensen
                              									Folgendes: Hansen hat angeführt, dass Varietäten, wenn
                              									auch nur zeitweilige, durch Anwendung von Gelatine bei hoher Temperatur erzeugt
                              									werden können. In solchen Fällen ist seine ältere Methode der Darstellung von
                              									Reinculturen anzuwenden; alle Reinculturen, welche derselben Art angehören, müssen
                              									schliesslich vereinigt werden. Diese Cultur wird dann alle Eigenthümlichkeiten der
                              									Art schon in ihrem ersten Entwickelungsstadium zeigen. Bei obergähriger Hefe hat Jorgensen eine Varietätenbildung in Folge des
                              									Wachsthums auf Gelatine noch nicht beobachtet, ebenso hat die Aufbewahrung in
                              									10procentiger Zuckerlösung keine Schwierigkeiten verursacht.
                           In ihrer Arbeit: Ueber das Effront'sche Verfahren zur
                                 										Reinigung bezieh. Conservirung der Hefe mittels Flussäure und Fluoriden
                              										(Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1893 S.
                              									126), greifen A. Jorgensen und J. C. Holm die in den Patentbeschreibungen Effront's aufgestellten Behauptungen an, dass Flussäure mit Vortheil in
                              									Presshefefabriken und Brauereien zur Reinigung und Conservirung der Hefe angewendet
                              									werden könne, indem dadurch alle fremden Fermente unterdrückt würden. Die Flussäure
                              									wirkt vielmehr, wie aus Laboratoriumsversuchen hervorgeht, ähnlich wie Weinsäure,
                              									sie begünstigt die Vermehrung unerwünschter Organismen; so wurde z.B. in einer
                              									Brauereihefe, welche nur schwach von Mycoderma
                              									verunreinigt war, letztere stark zur Entwickelung gebracht. In einem Gemisch von
                              									Hefe Karlsberg II mit Saccharomyces pastorianus III ward letztere Art durch die Effront'sche Behandlung begünstigt; in einer Mischung
                              									von Brauereihefe und Brennereihefe erhielt erstere das Uebergewicht. Gegen Bacterium
                              									aceti erwies sich Flussäure als wirkungslos.
                           In seiner Erwiderung: Ueber die Anwendung der
                                 										Fluorverbindungen in den Gährungsgewerben (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 143), hebt Effront den Nutzen hervor, den sein Verfahren für die
                              									Erhöhung der Alkoholausbeute in Folge der ausgezeichneten Desinfectionswirkung der
                              									Flussäure gebracht hat, und betont den grossen Einfluss, den die Zusammensetzung
                              									(Acidität) der Nährlösung auf die Wirkung der Flussäure ausübt, geht aber nicht
                              									näher auf die Versuche seiner Gegner ein, in welchen diese beweisen, dass die
                              									Behandlung der Brauereihefe mit Flusssäure die Entwickelung fremder, schädlicher
                              									Hefearten begünstigt.
                           In der Antwort auf Effront's Bemerkungen rücksichtlich
                                 										unserer Untersuchung über die Einwirkung der Flusssäure auf die verschiedenen in
                                 										der Gährungsindustrie auftretenden Mikroorganismen von A. Jorgensen und J. C.
                                 										Holm (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen,
                              									1893 S. 191) betonen die Verfasser, dass ihr Hauptzweck bei der ganzen Sache war,
                              									Protest gegen Effront's Versuch zu erheben, ein
                              									falsches Princip in die Wissenschaft und die Praxis einzuführen; man kann keine
                              									Reinculturen aus einer unreinen Hefe mittels einer chemischen Behandlung der
                              									letzteren darstellen.
                           H. Elion veröffentlicht ein
                                 										neues Verfahren zur Reinigung der Hefe. Die Hefe wird mit Wasser gemischt,
                              									die Mischung kräftig geschüttelt und sorgfältig gesiebt, damit die Hefenzellen sich
                              									von einander lösen und hierbei von den festen Verunreinigungen getrennt werden. Nach
                              									dieser Operation wird die Hefe centrifugirt, wobei sie sich als feste teigartige
                              									Masse an der Innenseite der sich drehenden Trommel abscheidet, während die
                              									Flüssigkeit mit den Verunreinigungen abgeführt wird. Hierzu wird in der Wochenschrift für Brauerei, 1893 S. 81, bemerkt, dass
                              									in der Berliner Versuchsstation die Hefe bereits seit Bestehen derselben durch
                              									Centrifugiren gereinigt wird.
                           Als Merkmale zur Erkennung der Hefearten können Photographien von Riesenkolonien dienen, welch letztere P. Lindner dadurch erzeugt, dass er die Aussaat in Form
                              									eines kleinen Tupfens auf Würzegelatine gibt, ohne die Oberfläche der letzteren
                              									dabei zu verletzen (Wochenschrift für Brauerei, 1893 S.
                              									692; D. p. J. 1893 289
                              									84).
                           
                           Nach H. Elion's Studien über Hefe (Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde, 1893
                              									XIV. 2/3. 53; D. p. J. 1894 293 45) liefert die Gährungsenergie, d.h. die Gährwirkung, welche die Hefe
                              									in beschränkter Zeit zu äussern vermag, sehr geeignete Merkmale zur Charakteristik
                              									der Hefenvarietäten, wenn dieselbe bei verschiedenen Temperaturen bestimmt wird. Bei
                              									einigen liegt das Maximum der Gährungsenergie bei 30 bis 35°, während bei 40° die
                              									Gährkraft bedeutend geringer ist und ungefähr derjenigen bei 25° entspricht. Andere
                              									haben ihr Maximum bei 35 bis 40°. Schliesslich gibt es solche, bei welchen die
                              									Gährungsenergie bei 40° nur wenig grösser gefunden wird als bei 30°.
                           Ueber den Schizosaccharomyces Pombe n. sp. von P. Lindner siehe 1894 293
                              									70.
                           H. Elion berichtet im Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde, 1893 Nr. 23 S. 749, von
                              									der Züchtung von Ascosporen auf Thonwürfeln.
                           H. Wichmann weist im Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde, 1893 Nr. 213 S. 62, auf
                              									die Ascosporenzüchtung auf Thon hin.
                           Nielsen theilt in den Berichten
                                 										des Karlsberg er Laboratoriums, Bd. 3, mit, dass auf den Chamotteblöcken
                              										Wichmann's die Sporen sich immer später entwickeln
                              									als auf Gypsblöcken. Bei Anwendung der Thonwürfel Elion's findet sich kein wesentlicher Unterschied. Nielsen sieht keinen Grund ein, warum man von den Gypsblöcken abgehen
                              									soll.
                           Vergleichende Versuche über die Sporenbildung im hängenden
                                 										Wassertropfen und auf dem Gypsblock von H.
                                 										Will (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen,
                              									1893 S. 248) ergaben, dass im ersteren die Sporenbildung bedeutend später auftrat.
                              									Das Sporenbildungsvermögen war gegenüber der Gypsblockcultur gering. Die Intensität
                              									der Sporenbildung hatte durch das Abwässern gelitten, indem dieselbe eine geringere
                              									als bei der frischen, ungewässerten Hefe war.
                           H. Will bringt in der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 29, eine Notiz, betreffend den Nachweis von wilden Hefearten in
                                 										Brauereihefen und Jungbieren, sowie das Vorkommen von Saccharomyces apiculatus
                                 										in denselben. Durch Züchtung einer zur Untersuchung bestimmten Hefeprobe
                              									nach Hansen's Angabe in 10procentiger Saccharoselösung
                              									unter Zusatz von 4 Proc. Weinsäure kann die Untersuchungszeit gekürzt werden. Man
                              									lässt 48 Stunden bei 25° in besagter Lösung stehen, impft dann in Würze über, wo
                              									nach 3 bis 4 Tagen ein Hefenabsatz sich bildet, der auf den Gypsblock gebracht wird.
                              										Will hebt hervor, dass die angegebene Methode
                              									bezüglich des Nachweises von Saccharomyces apiculatus besonders scharfe Resultate
                              									gibt. Will fand in 57 Proc. der untersuchten Proben
                              									Saccharomyces apiculatus; es entwickelte sich dieser Pilz in seiner
                              									charakteristischen Citronenform meist schon in der Zuckerlösung, während er im Bier
                              									selbst durch directe mikroskopische Untersuchung meist nicht nachgewiesen werden
                              									konnte, weil er dort, wie andere Hefearten, die mannigfachsten Formen annimmt.
                           In einem Referat über Will's Arbeit wird (American Brewer's Review, 1893 Bd. VI Nr. 36 S. 571)
                              									bemerkt, dass eine gesättigte Lösung von Saccharose (Syrupus simplex) ganz ähnlich
                              									wie Weinsäure wirkt.
                           Ueber das Thema: Welche Anforderungen sind an die
                                 										Reinlichkeitspflege in der Brauerei zu stellen! hielt H. Will
                              									auf der Generalversammlung der wissenschaftlichen Station in München (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 443)
                              									einen Vortrag. Er macht besonders darauf aufmerksam, dass eine bloss mechanische
                              									Reinigung mit Zuhilfenahme von Wasser nicht genügt, dass die Wasserreserve vielfach
                              									in der Nähe von Putzmaschinen und anderen Staubentwicklern aufgestellt ist, dass die
                              									Brunnen nicht gehörig isolirt sind. Ist eine Infection durch Wasser nicht
                              									ausgeschlossen, so soll dasselbe in filtrirtem, abgekochtem oder kochend heissem
                              									Zustand zur Reinigung der Brauereigeräthschaften verwendet werden. Zur Unterstützung
                              									der mechanischen Reinigung muss die chemische herangezogen werden. Einzelne
                              									Chemikalien wirken dabei gleichzeitig reinigend und desinficirend (z.B. 10 Proc.
                              									heisse Sodalösung), andere wirken nur desinficirend. Allen Lagerungsstellen für
                              									Abfälle und den Kanälen ist besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die Hauptforderung,
                              									die zu stellen ist, lautet: Die Reinigung sei eine zielbewusste, systematische, vor
                              									allem eine intensive und stetige. Es soll neben der mechanischen Reinigung
                              									mindestens einmal wöchentlich eine solche unter Anwendung von Desinfectionsmitteln
                              									vorgenommen werden.
                           Ueber die Wirkung einiger Desinfectionsmittel auf Hefe
                              									geben von H. Will (Zeitschrift
                                 										für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 151. 411; 1894 S. 43) angestellte
                              									Versuche Aufschluss nicht nur in Bezug auf den Werth der einzelnen Mittel, sondern
                              									auch mit Rücksicht auf den niedrigsten Concentrationsgrad, welcher selbst bei sehr
                              									kurzer Einwirkungsdauer für verhältnissmässig grosse Hefemengen noch tödtlich ist.
                              									Zur Untersuchung wurden untergährige, sowie obergährige Culturhefen aus dem Betrieb
                              									und in Reincultur verwendet, ausserdem aber auch die zwei von H. Will (Zeitschrift für das
                                 										gesammte Brauwesen, 1891 S. 145) beschriebenen wilden Hefearten, sowie eine
                              									Micoderma-Art. Als Maasstab für die Abschwächung bezieh. für die Abtödtung der Hefe
                              									wurde die Verminderung bezieh. vollständige Aufhebung der Gährkraft gewählt, welche
                              									nach der Methode von Meissl bestimmt ward. Eine Reihe
                              									von Versuchsergebnissen sind nur qualitativ, indem Verfasser nach Behandlung der
                              									Hefe mit den betreffenden Desinfectionsmitteln sich darauf beschränkte,
                              									festzustellen, ob noch in Würze entwickelungsfähige Zellen vorhanden waren. Von den
                              									26 untersuchten Desinfectionsmitteln entsprachen unter den eingehaltenen
                              									Versuchsbedingungen nur folgende 8 der Anforderung, die Hefezellen rasch und selbst
                              									in sehr schwacher Concentration abzutödten:
                           1) Sublimat (1 pro Mille),
                           2) Chlorkalklösung (0,2 Proc. actives Chlor),
                           3) die alkalisch reagirende Javelle'sche Lauge (0,2
                              									Proc. actives Chlor),
                           4) doppeltschwefligsaurer Kalk (4,0 g SO2 im
                              									Liter),
                           5) das sauer reagirende Wismutnitrat (5 Proc.),
                           6) Kaliumpermanganat (0,8 Proc.),
                           7) alkoholische Salicylsäurelösung (5 Proc.),
                           8) Kreolin (3 Proc.).
                           Das Sublimat kann wegen seiner Giftigkeit für den Brauereibetrieb nicht in Betracht
                              									kommen, ebenso auch nicht Salicylsäure, Kreolin ist wegen seines lang anhaftenden
                              									Geruches zu verwerfen; andere Mittel sind zu kostspielig; dagegen empfehlen sich
                              									Chlorkalk und doppeltschwefligsaurer Kalk.
                           Es ist eine durch die Untersuchung der mannigfachenInfectionsquellen im
                              									Brauereibetrieb festgestellte Thatsache, dass sich auch sehr häufig Hefe mit Sporen
                              									als Verunreinigung vorfindet. Die Culturhefe scheint sich allerdings im Allgemeinen
                              									unter den Verhältnissen, wie sie in der Brauerei vorliegen, in anderer Weise,
                              									nämlich durch den Uebergang in Dauerzellen, unter starker Verdickung der Membran vor
                              									einem baldigen Untergang zu schützen, aber bei den wilden Hefezellen findet man oft
                              									Sporen. In der Widerstandsfähigkeit der letzteren liegt deren grosse Bedeutung und
                              									die grosse Gefahr für den Brauereibetrieb. Es ist deshalb die Untersuchung H. Will's über den Einfluss von Desinfectionsmitteln
                              									auf sporenhaltige Hefe von der grössten praktischen Bedeutung. Es wurden zwei
                              									Hefearten näher geprüft:
                           1) Eine obergährige Culturhefe, 2) eine wilde Hefe. Beide Arten wurden durch Züchtung
                              									in klarem Hefezuckerwasser fast frei von jeglichen Ausscheidungen erhalten. Zur
                              									Sporenbildung wurden dieselben auf eine Reihe steriler Filter gegossen, welche gegen
                              									Infection geschützt aufgestellt waren. Die Trichter mit der dünnen Hefeschicht auf
                              									dem Filter wurden dann in ihrem oberen Theil in sterilisirtes Filtrirpapier
                              									eingehüllt und in kleine Cylindergefässe gestellt, welche, um ein Eindringen von
                              									Keimen durch die untere Oeffnung des Trichters, gleichzeitig aber auch ein
                              									Vertrocknen der Hefe auf dem Filter zu verhüten, soweit mit Sublimatlösung in der
                              									Stärke von 1 : 1000 angefüllt waren, dass die weit herabhängenden Enden der
                              									Papierhülle in die Lösung eintauchten, das Filter mit der Hefe aber nicht mit
                              									derselben in Berührung kommen konnte. Unter wiederholter Erneuerung des Wassers
                              									wurden die Filter mit wilder Hefe 4 Tage, diejenigen mit Culturhefe 24 bis 48
                              									Stunden in den Thermostaten gestellt, um die Sporen in grosser Anzahl zur völligen
                              									Reife zu bringen. Die Versuche wurden dann weiter wie oben ausgeführt. Die Sporen
                              									zeigten sich stets widerstandsfähiger als die vegetativen Zellen und nach der
                              									Einwirkung der Desinfectionsmittel erschienen bei Anwendung von Anilinfarben die
                              									sporenhaltenden Zellen inmitten der intensiv gefärbten vegetativen fast farblos.
                              									Diejenigen Concentrationen, welche die vegetativen Zellen abtödten, machen aber auch
                              									schliesslich die Sporen keimungsunfähig, freilich manchmal, wie z.B. bei Anwendung
                              									von Sublimat (1 : 1000) oder von 0,2 Proc. starker Kaliumpermanganatlösung erst nach
                              									mehreren Minuten. Die Sporen der wilden Hefe erwiesen sich widerstandsfähiger als
                              									die der Culturhefe. Bei der Verallgemeinerung der gefundenen Resultate folgt für die
                              									Praxis, dass Chlorkalk und doppelt-schwefligsaurer Kalk in einer solchen Stärke zu
                              									verwenden sind, dass sie 1 Proc. actives Chlor bezieh. schweflige Säure enthalten.
                              									Gasförmiges Chlor und gasförmige schweflige Säure wirken ebenfalls energisch auf die
                              									Hefe.
                           Die Desinfection der Keller durch Bestreuen des Bodens
                              									mit Chlorkalk ist, wie F. Eckhardt im Deutschen Bierbrauer, 1893 S. 653, mittheilt, eine
                              									vorzügliche: Die in solchen Kellern mit steriler Würzegelatine beschickten
                              									Petri-Schalen geben auch bei längerer Exposition keine Culturflecken. Als
                              									Desinfectionsmittel kommt in neuester Zeit ein von den Farbenfabriken F. Bayer und Co. in Elberfeld hergestelltes Präparat, das
                              										Orthonitrokresolkalium, in den Handel, das gemischt
                              									mit Seife und Glycerin unter dem Namen Antinonnin
                              									ursprünglich von v. Miller und Harz zur Vertilgung der Nonnenraupe empfohlen wurde, und das nach Stettner (Süddeutsche
                                 										Bauzeitung, Nr. 60) auch vorzügliche Dienste zur Bekämpfung des
                              									Hausschwammes leistet, aber auch auf andere Pilze tödtend wirkt. Es wird den Brauern
                              									unter dem Namen Pilzwehr empfohlen. In der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 9,
                              									findet sich eine Mittheilung, derzufolge eine stets nasse und schleimige Wand eines
                              									Gährkellers nach der Behandlung mit Antinonnin bleibende trockene Beschaffenheit
                              									annahm, was durch Behandlung mit doppeltschweflig-saurem Kalk, Emaillefarbe und
                              									gewöhnlicher Kalkmilch nicht erreicht werden konnte.
                           Aubry geht in der Zeitschrift
                                 										für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 141, auf das Antinonnin im Dienste der Brauerei näher ein und hebt dabei besonders
                              									seine giftige Wirkung auf Bakterien hervor. Er empfiehlt das Antinonnin zur
                              									Behandlung der Senklöcher, Rinnen und sonstigen Abwasserleitungen, wodurch der üble
                              									Geruch beseitigt wird. Es eignet sich das Antinonnin zum Trocknen der in Folge von
                              									Pilzwucherungen feuchten Kellerwände und bewirkt hierdurch auch eine Reinigung der
                              									Luft, was zur Vermeidung von Infection von grösstem Nutzen ist. Mit Vortheil wird
                              									man sich einer aus 100 bis 200 g Antinonnin im Hektoliter hergestellten Lösung
                              									bedienen können zum Anstrich der feuchten Wände von Kellern und Tennen, der
                              									hölzernen Kellerthore, der Aufzüge, der Ganterhölzer, zum Waschen des
                              									Kellerpflasters, der hölzernen Podien im Sudhaus und beim Kühlschiff, des Holzwerkes
                              									der Fasswäscherei. Man kann, wo das Mauerwerk nicht sehr stark verpilzt ist, den
                              									Weisskalk mit der Desinfectionsflüssigkeit anmachen und damit tünchen lassen. Da das
                              									Antinonnin giftig ist, so empfiehlt es sich jedoch nicht für Geräthschaften, mit
                              									welchen Bier oder Würze direct in Berührung kommt.
                           
                              Eckhardt.