| Titel: | Fortschritte in der Eisen- und Stahlgiesserei. | 
| Fundstelle: | Band 295, Jahrgang 1895, S. 155 | 
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                        Fortschritte in der Eisen- und
                           								Stahlgiesserei.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 125 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Fortschritte in der Eisen- und Stahlgiesserei.
                        
                     
                        
                           III. Arbeitsverfahren.
                           In den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
                                 										Gewerbefleisses, 1894 S. 96, 256, 281, wird unter der Ueberschrift „Ueber Massenfabrikation im Maschinenbau“ die
                              									praktische Handhabung des Giessereibetriebes, sowie die Anordnung der
                              									Giessereianlage besprochen und die Vortheile gewisser Anordnungen derselben
                              									erörtert. Wir machen auf den vielfach interessanten Inhalt hiermit aufmerksam.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 295, S. 155
                              Fig. 12.Giessen unter Vacuum.
                              
                           Ein Verfahren zum Giessen von Metallen und anderen Materialien besteht nach dem
                              									österreichisch-ungarischen Privilegium vom 28. Juli 1893 darin, durch Absaugen der
                              									Luft aus dem Formkasten mit oder ohne Verwendung eines äusseren Gusskastens scharfe
                              									Abgüsse zu erzielen, indem hierdurch die Bildung von Gussfehlern zufolge der in der
                              									Form enthaltenen Luft oder Gase wesentlich verringert wird.
                           In Fig. 12 ist A ein
                              									Gusskasten, der den Formkasten oder die Form und eine Vacuumkammer enthält. Er ist
                              									oben offen und am Boden mit Ausnahme der Oeffnung C –
                              									mit Hahn D – geschlossen, die mit einem
                              									Luftabsaugeapparat in Verbindung steht und durch welchen die Verbindung des
                              									Gusskastens mit dem Exhaustor hergestellt oder unterbrochen werden kann.
                           Der äussere Kasten ist durch eine gelochte Scheidewand B
                              									in zwei Räume getheilt. Der unter der Scheidewand liegende Raum bildet die
                              									Vacuumkammer, während auf dieser Wand der Formkasten E
                              									aufliegt, welcher in gewöhnlicher Weise eingestampft wird. Der Raum um den
                              									Formkasten herum ist mit Sand F ausgefüllt. Die
                              									Oberseite des Formkastens E, sowie die Füllung F ist mit undurchlässigem Material G überdeckt und lässt nur einen oder mehrere Eingüsse
                              										H frei; die Form wird in gewöhnlicher Weise
                              									vorbereitet. Findet das Giessen in einem Formkasten E
                              									statt, so wird dieser auf die Scheidewand B gesetzt und
                              									der Raum F gefüllt. Die obere Fläche wird sodann mit
                              									einem undurchlässigen Material, z.B. einer Lehm- oder Firnisschicht, überzogen,
                              									welche man genügend trocknen lässt, worauf der Apparat bei geschlossenem Hahn D mit dem Exhaustor verbunden wird. Nun wird das
                              									Schmelzgut in den Einguss H eingegossen und
                              									gleichzeitig der Hahn D geöffnet, wodurch die Luft und
                              									Gase abgesaugt werden und das Metall ohne Gefahr von Luftblasenbildung die Form
                              									ausfüllt. Als Vortheile dieses Verfahrens werden aufgeführt:
                           Geringere Neigung zur Bildung von Blasen und Rissen, schärfere Abgüsse und die
                              									Möglichkeit, complicirtere Gussformen leichter herstellen zu können.
                           Ein österreichisches Privilegium vom 10. August 1894, ertheilt an Thomas Hampton in Sheffield, England, bezieht sich auf
                              									Neuerungen in dem Verfahren und an den Formen zum Giessen von zusammengesetzten
                              									Ingots für Panzer- und andere Verkleidungsplatten, sowie auch auf Verbesserungen an
                              									den zur Durchführung dieses Verfahrens dienenden Formen. Die Erfindung soll das
                              									Eingiessen der zweiten oder irgend welchen folgenden Schichten von besonderen
                              									Metallen oder Metallegirungen in die Form ermöglichen, während die vorhergehende
                              									Schicht noch im flüssigen oder halbflüssigen Zustande sich befindet, und zwar so,
                              									dass nur eine geringe Störung bezieh. Aenderung der vorhergehenden Schicht durch
                              									dieses Aufgiessen hervorgebracht und dadurch ein Vermischen der verschiedenen
                              									Schichten, wodurch dieselben ihre besonderen Eigenschaften verlieren würden,
                              									verhindert wird. Dabei ist es jedoch wichtig, die einzelnen Schichten nicht zu
                              									hindern, an ihren wagerechten Berührungsflächen sich vollkommen zu verbinden.
                           Zur Durchführung dieses Verfahrens dient die in Fig. 13 bis 15 dargestellte Form, in
                              									welcher Fig. 13 einen
                              									Endaufriss einer Form mit abgenommenem Ende und versehen mit zwei Giesstrichtern im
                              									Schnitt zeigt. Fig. 14
                              									ist die Draufsicht eines Theiles der Deckplatte mit zwei Giesstrichtern, von welcher
                              									Platte ein Theil weggenommen ist, um die im Uebrigen durch punktirte Linien
                              									angedeuteten Leitungen sichtbar zu machen. Fig. 15 zeigt die
                              									Leitungsrohre und Verbindungsstücke.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 295, S. 155
                              Hampton's Giesskasten für Panzerplatten.
                              
                           Die Form besteht aus einer Grundplatte 1, welche mit den
                              									Wänden 2 und 2 a auch aus
                              									einem Stück gegössen sein kann. Die Wandtheile können entweder aus einem Stück
                              									bestehen, oder auch in mehreren Abtheilungen aufgebaut, oder gesondert hergestellt
                              									und durch Schraubenbolzen mit einander verbunden sein; in jedem Falle ist das Innere
                              									der Form mit einer Schicht 3 aus feuerfestem Thon
                              									ausgefüttert.
                           Die Mulde ist mit einem schweren Deckel geschlossen. In der oberen Fläche der Platte
                              										4 sind einander durchschneidende Kanäle für die
                              									Aufnahme der Leitungsrohre 7 angeordnet, sowie auch
                              									offene Ausschnitte zur Aufnahme der Verbindungen oder Blöcke 8 und der Strahldüse 9; die letzterwähnten
                              									Theile sind aus feuerfestem Thon hergestellt. Die Deckplatte 5 ist zur Aufnahme der Giesstrichter 10 und 11 eingerichtet, deren Form, Anzahl und gegenseitige
                              									Stellung je nach der Grösse der herzustellenden Ingots gewählt werden kann.
                           Das Giessverfahren eines aus drei Lagen zusammengesetzten Ingots für eine
                              									Panzerplatte mit harter Stirnfläche, weichem Mitteltheil und halbhartem Rücken wird
                              									wie folgt durchgeführt: Der geschmolzene Stahl für die harte Stirnfläche wird zuerst
                              									in die Form durch den Trichter 10 geschüttet, welcher
                              									direct mit dem Inneren der Form in Verbindung steht, entweder in der dargestellten
                              									Weise oder derart, dass der Trichter an der Aussenseite der Form nach abwärts
                              									geführt wird und von der Seite und nahe dem Boden der Form in letztere mündet. Das
                              									geschmolzene Metall für die mittlere Schicht wird dann in einen oder mehrere der
                              									Trichter 11 geschüttet, welche mit den Leitungsrohren 7
                              									und den Düsen 9 in Verbindung sind, aus welch letzteren
                              									es dann in schwachen Strahlen oder Streifen auf die Oberfläche des bereits in der
                              									Form befindlichen harten Stahlkörpers fällt. Die Theilung des flüssigen Metalles in
                              									schwache Strahlen vermindert dessen Neigung, das Metall, auf welches es fällt, zu
                              									zerstören bezieh. dessen Zusammensetzung zu ändern.
                           Die dritte Schicht wird dann in gleicher Weise in die Form eingeschüttet.
                           Um das Entweichen des in der Form entwickelten Gases zu ermöglichen, sind die Düsen
                              										9 durchbohrt, mit welchen Bohrungen sie mit den die
                              									Leitungsrohre enthaltenen Kanälen in Verbindung sind, aus welchen das Gas durch
                              									Nuthen 12 oder 13, die
                              									zwischen der Deckplatte 4 und dem obersten Theile der
                              									Form hergestellt sind, entweichen kann.
                           Die Patentansprüche lauten:
                           1) Bei der Herstellung von zusammengesetzten Ingots das Verfahren, das geschmolzene
                              									Metall für die zweite Schicht, eventuell für die folgenden Schichten, zwecks
                              									Vertheilung in zahlreiche schwache Strahlen oder Streifen, durch Düsen 9 in die Form zu giessen, welche Düsen oberhalb der
                              									Fläche der Form angeordnet sind, und welche Einrichtung den Zweck hat, eine
                              									Zerstörung der schon in der Form befindlichen Schicht durch den Auffall des
                              									folgenden eingeschlossenen Metalles möglichst zu verhindern, damit jede Schicht ihre
                              									besondere Stellung im Ingot und ihre charakteristischen Eigenschaften
                              									beibehalte.
                           2) Zum Giessen von zusammengesetzten Ingots für Panzer und analoge
                              									Verkleidungsplatten eine Giessform mit einer Deckplatte 4
                                 										5, versehen mit einem oder mehreren Giesstrichtern 11, die durch Leitungsrohre 7 mit einer Anzahl von Düsen 9 verbunden sind, welch letztere in das Innere der Form
                              									zu dem Zweck münden, das geschmolzene Metall in schwachen Streifen oder Strahlen
                              									über die Fläche der Form zu vertheilen.
                           3) In einer Form für die Herstellung von zusammengesetzten Ingots, die Combination
                              									eines Trichters 10, welcher das geschmolzene Metall
                              									direct in die Form einlaufen lässt, mit einem oder mehreren Trichtern 11, welche mittels Leitungen 7 und Düsen 9 das geschmolzene Metall
                              									indirect in die Form zuleiten.
                           Zu den vielen Versuchen, welche angestellt worden sind, um dichte und haltbare Walzen
                              									für die Stabeisenherstellung zu erhalten, sind einige neuere hinzugetreten.
                           Das vorzeitige Erstarren wollen J. Kudlicz in Prag-Bubna
                              									und R. Klostermann in Dortmund nach D. R. P. Nr.
                              									75043 vom 3. October 1893 dadurch verhindern, dass das in die Form strömende Metall
                              									erst in Ruhe kommt, wenn die ganze Form gefüllt ist.
                           Das Verfahren besteht darin, dass die flüssige Masse, von unten eingeführt, zunächst
                              									bis zu einem gewissen Grade angesammelt und hierauf durch in einem Zwischenstück
                              									angebrachte Kanäle in die Form gelangt, welche Kanäle so gestaltet und gerichtet
                              									sind, dass das Metall in eine rotirende Bewegung geräth. Hierbei muss dasselbe
                              									zuerst einen Widerstand überwinden, welcher das Metall zwingt, in einzelnen Strahlen
                              									in die Gussform einzutreten, so dass die rotirende Bewegung sich durch die ganze
                              									Gussform bis hinauf in den verlorenen Kopf fortsetzen kann. Die Verunreinigungen,
                              									welche in dem Metall enthalten sind, setzen sich unten an dem Zwischenstück ab.
                           Durch den seitlich angebrachten Einguss wird das flüssige Metall eingeführt und
                              									sammelt sich zunächst in einem unterhalb der eigentlichen Gussform angeordneten
                              									Behälter. Zwischen der Form und dem Behälter ist ein Zwischenstück aus
                              									feuerbeständigem Material eingesetzt, welches den unvermittelten Zutritt des
                              									flüssigen Metalles in die Gussform verhindert. Durch dasselbe gehen mehrere gerade
                              									oder gebogene, schräg, und zwar am besten schraubenförmig aufsteigende Kanäle und
                              									stellen auf diese Weise eine Verbindung zwischen der Form und dem Sammelraum her.
                              									Die Richtung dieser Kanäle, welche sich nach oben etwas verjüngen, muss so gewählt
                              									werden, dass alle aus denselben austretenden Strahlen flüssigen Metalles in
                              									derselben Richtung in Drehung gerathen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 295, S. 156
                              Van Riet's blasenfreier Guss.
                              
                           Nach dem amerikanischen Patent Nr. 517747 will W. E.
                                 										Harris in Niels, Ohio, widerstandsfähige Walzen dadurch erzielen, dass er
                              									in die Walzenform ein schmiedeeisernes Rohr einsetzt und dieses inwendig mit Stahl,
                              									aussen mit Gusseisen umgiesst. Das Ausgiessen geschieht in senkrechter Form. Ein
                              									ähnliches Verfahren, bei welchem anstatt des Rohres eine verzinnte Stahl- oder
                              									Eisenstange angewendet wird, ist unseren Hüttenleuten längst bekannt.
                           Van Riet wendet zur Erzielung blasenfreien Gusses (Fig. 16a und 16b) ein Zwischenstück
                              									in Form eines Eingusskastens an. Derselbe besteht aus einem Gusskasten, welcher drei
                              									cylindrische Abtheilungen a b c enthält. Diese
                              									Abtheilungen sind mit einander verbunden durch eigenartig angeordnete Kanäle, die
                              									mit Chamotte ausgekleidet und so bemessen sind, dass das in die Abtheilung a eingegossene flüssige Eisen gezwungen wird, auf
                              									seinem Wege durch die Abtheilungen b und c die durch Pfeile angedeuteten Drehbewegungen
                              									auszuführen. Die Abtheilung c befindet sich oberhalb
                              									des Eingusses der eigentlichen Form.
                           Durch die Drehbewegung findet eine Separation der Verunreinigungen und des reinen
                              									Eisens statt. Dieser Trennungsprocess vollzieht sich so schnell, dass ein weiteres
                              									Oxydiren der in den dritten Raum c übergetretenen
                              									Massen nicht erfolgen kann. Die ausgeschiedenen Theile bilden in b einen Kegel von schwammiger Beschaffenheit, der die
                              									ganze Oberfläche der Abtheilung b bedeckt und um den
                              										sich die ganze
                              									Eisenmasse dreht, ehe sie nach c übertritt. Im Apparate
                              									findet man nach einem Gusse in der ersten Abtheilung a
                              									eine Lage Schlacke, in der Abtheilung b eine Masse,
                              									welche aus Schlacken und sonstigen Unreinlichkeiten besteht, und in der Abtheilung
                              										c reines, dichtes Metall.
                           Ein Verfahren nebst der Vorrichtung zur Erzielung dichter Gussblöcke hat Wilh. Reunert in Annen (Westfalen) sich unter D. R. P.
                              									Nr. 74617 vom 25. August 1893 patentiren lassen. Das Verfahren besteht darin,
                              									während des Giessens oder nach eben beendetem Guss des Blockes nur den unteren und
                              									den mittleren Theil des Schalenmantels äusserlich durch Luft oder Gas abzukühlen,
                              									den oberen Theil des Schalenmantels dagegen vor Abkühlung möglichst zu bewahren.
                              									Durch diese Art der Abkühlung wird erzielt, dass der obere Theil des Blockes länger
                              									flüssig bleibt als der untere, und in Folge dessen im Herzen des Blockes ein
                              									Nachsinken der oberen Schichten in die unteren, also ein Ausfüllen des Lunkers
                              									stattfinden muss. Zur Ausführung dieses Verfahrens wird eine Gusschale aus zwei
                              									Mänteln benutzt, deren Durchmesser so bemessen sind, dass zwischen ihnen ein
                              									Hohlraum von 26 bis 30 mm Weite bleibt, der durch eine die beiden Mäntel verbindende
                              									wagerechte Scheidewand in einen oberen, kürzeren Hohlraum und einen unteren längeren
                              									getheilt ist. Der obere Hohlraum wird mit feuerbeständigem, Wärme schlecht leitendem
                              									Material gefüllt, oder man lässt in diesem Raum einfach den beim Giessen der Schale
                              									nöthig gewesenen Sandkern sitzen.
                           Durch den unteren Raum wird Luft oder Gas geleitet, um den inneren Mantel bis zur
                              									Scheidewand hinauf zu kühlen. Die Gebläseluft tritt durch ein Ansatzrohr in den
                              									unteren Hohlraum ein, um diesen durch eine dicht unter der Scheidewand angebrachte
                              									Oeffnung wieder zu verlassen.
                           Während des Giessens leitet man mittels eines kleinen Gebläses oder einer sonstigen
                              									geeigneten Vorrichtung Luft oder Gas durch den Raum hindurch, wodurch das Erstarren
                              									der eingegossenen Metallsäule bis herauf an die Scheidewand möglichst beschleunigt
                              									wird. Die Kühlung erfolgt so lange, bis der Block im Inneren nicht mehr dünnflüssig
                              									ist. Hierauf stellt man den Zutritt des Kühlmittels ab. Während der Kühlung des
                              									unteren Theiles der Metallsäule verzögert der in dem oberen Raume befindliche Mantel
                              									aus Wärme schlecht leitendem Material das Erstarren der Metallsäule an dieser
                              									Stelle, so dass dieser obere Theil des Blockes länger flüssig bleibt und somit in
                              									der Schale nach Maassgabe des sich beim Erkalten zusammenziehenden, unteren Theiles
                              									gehörig nachsinken kann. Hierdurch wird die Bildung eines Lunkers gänzlich
                              									unmöglich. Zur grösseren Sicherheit kann man dann noch oben auf das Metall, wenn es
                              									anfängt auch dort zu erstarren, den bisher üblichen Thonkopf aufstellen und diesen
                              									mit flüssigem Metall anfüllen.
                           P. Huth in Gelsenkirchen wendet nach seinem D. R. P. Nr.
                              									78532 vom 10. Mai 1894 die Centrifugalkraft zum Vergiessen zweier verschiedener
                              									Metalle an, um diese oder Metallegirungen oder ein Metall in verschiedenen
                              									Härtestufen in gesonderter Ablagerung zu vergiessen.
                           Bei diesem Verfahren wird das zuerst eingegossene Metall an den Umfang der Form
                              									geschleudert und stellt sich hier innen, die Fläche eines Umdrehungsparaboloids
                              									bildend, ein; das zweite Metall füllt den übrigen Raum der Form.
                           In den Fig. 17 und 18 sind als Beispiel ein
                              									Laufrad und eine Granate dargestellt.
                           Beim Laufrade kann das den Umfang bildende härtere Metall durch die Nabe h oder durch den ringförmigen Schlitz g der Form während der zweckentsprechenden Drehung der
                              									letzteren eingegossen werden; es füllt den Raum a b c
                                 										d, wobei a b eine Parabel ist, deren Scheitel
                              									in M liegt; das darauf nachgegossene weichere Metall
                              									bildet den Unterreifen a b e f und den Stern oder die
                              									Scheibe und die Nabe. Ist die Form voll, so wird mit der Drehung aufgehört. Die
                              									Parabel a b M ist abhängig von dem Radius des Rades und
                              									von der Umdrehungszahl.
                           Bei der Granate wird das härtere Metall unter Rotation der Form in letztere gegossen;
                              									es bildet hier eine paraboloidisch ausgehöhlte Oberfläche, auf welche dann das für
                              									den übrigen Theil der Granate zweckentsprechende Metall vergossen wird.
                           Diese beiden Beispiele dürften die Tragweite, welche dieser Erfindung innewohnt,
                              									genügend kennzeichnen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 295, S. 157
                              Huth's Centrifugalguss.
                              
                           In der Decembersitzung des Vereins deutscher Maschineningenieure hielt Ingenieur Lohmann von der Firma Julius
                                 										Pintsch in Berlin, dem Licenzträger für Benardos
                                 										und Slavianoff, einen Vortrag (vgl. Glaser's
                                 										Annalen vom 15. Januar 1895) über das von dem russischen Ingenieur Nicolai Slavianoff neuerdings erfundene elektrische
                              									Giessverfahren, welches dem bereits 1886 patentirten Benardos'schen elektrischen Schweissverfahren verwandt ist und dieses in
                              									vielen Fällen zu ersetzen geeignet scheint.
                           Dem elektrischen Giessverfahren liegt ebenso wie dem Schweissverfahren die Anwendung
                              									des Volta'schen Lichtbogens zu Grunde. Die Ueberwindung
                              									des Luftwiderstandes durch den Strom erzeugt hierbei an der Unterbrechungsstelle des
                              									Leiters eine so starke Erwärmung, dass die Elektroden, zwischen denen sich die
                              									Luftschicht befindet, stark erglühen.
                           An dieser Stelle ist die elektrische Energie in Wärme umgewandelt. Je kleiner nun der
                              									Leiter an Umfang ist, desto mehr concentrirt sich bekanntlich die Wärme, und um so
                              									höher ist die Temperatur, so dass man in einem solchen Lichtbogen Temperaturen
                              									erreichen kann, wie sie bei der Verbrennung kaum zu erzielen sind, bei
                              									Kohlenelektroden z.B. etwa 2000° C.
                           Bei Slavianoff bestehen beide Elektroden aus Metall; die
                              									eine bildet der zu bearbeitende Metallgegenstand, zum anderen Pol macht man das
                              									Metall, das bei der Bearbeitung aufgeschmolzen werden soll und das man in der Form
                              									eines runden Stabes verwendet. Bei der Erzeugung des Lichtbogens schmilzt der
                              									Metallstab schnell ab und tropft auf den zu bearbeitenden Gegenstand, welchem der
                              									Metallstab stets so weit zu nähern ist, dass der Lichtbogen erhalten bleibt. Daraus
                              									erhellt auch, welcher Art die Bearbeitung ist, welche man so vornehmen kann.
                           Hat z.B. ein Gusstück einen Riss erhalten, so schliesst man diesen durch Ab tröpfeln
                              									von einem Stab aus demselben Metall. Ist ein Stück abgebrochen, so tröpfelt man so
                              									viel auf, als zur Neubildung nöthig ist. In beiden Fällen muss man durch zuvorige
                              									Herstellung einer Umgrenzung der betreffenden Stelle – gleichsam einer Form – die
                              									Grenzen feststellen, innerhalb deren sich das flüssige Metall ausbreiten soll.
                           Beide Metalle, für den Flicken, wie für das zu flickende Stück, können beliebiger Art
                              									sein, z.B. Gusseisen, Stahl, Schmiedeeisen, Kupfer, Bronze u.s.w., denn alle werden
                              									im Lichtbogen niedergeschmolzen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 295, S. 158
                              Fig. 19.Slavianoff's elektrisches Griessverfahren.
                              
                           Die Vorzüge vor dem Benardos'schen Verfahren bestehen in
                              									der durch vollständige Schmelzung des Metalles erreichbaren grösseren Vielartigkeit
                              									der Flickarbeiten; sodann ist der Nutzeffect grösser, weil die dort zum Erhitzen des
                              									Kohlenstabes benutzte Wärmemenge hier der Schmelzung zu Gute kommt, endlich wird das
                              									Metall an der Flickstelle nicht unbequem hart. Die bei Benardos nicht vorhandene Schwierigkeit, den Abstand zur Bildung des
                              									Lichtbogens trotz des abschmelzenden Metallstabes gleich-massig zu erhalten, hat Slavianoff dadurch gelöst, dass er den Metallstab trotz
                              									der Führung durch des Arbeiters Hand selbsthätig bis auf die richtige Entfernung vom
                              									Flickstück einstellt. Der hierzu dienende Apparat beruht auf der anziehenden Wirkung
                              									eines vom elektrischen Strome umflossenen weichen Eisenkernes. Je grösser die
                              									Entfernung zwischen dem abschmelzenden Metallstab und dem Arbeitsstück wird, um so
                              									grösser wird der Widerstand für den Strom, um so geringer die Stromstärke und die
                              									Anziehungskraft. Dadurch kommt eine Feder stärker wie zuvor zur Geltung; deren Kraft
                              									nähert den Metallstab dem Arbeitsstück bis zur richtigen Entfernung für den
                              									Lichtbogen. Immerhin findet diese Regelung nur in engen Grenzen statt und Sache
                              									des Arbeiters ist es, diese Grenzen von Hand einzuhalten, da anderenfalls unliebsame
                              									Störungen in der Dynamomaschine auftreten. In der Pintsch'schen Filiale ist der in Fig. 19
                              									dargestellte Apparat seit mehreren Jahren ohne jede Störung in praktischer
                              									Verwendung.
                           Der automatische Regulator besteht aus dem um das Centrum O schwingenden Hebel L, dessen oberer Arm mit
                              									dem Eisenkerne, welcher in das Solenoid S hineinragt,
                              									in Verbindung steht. Am unteren Ende des Hebels L,
                              									normal zu diesem, ist eine hohle Welle befestigt, durch welche eine Triebstange
                              									geht, die mittels eines Handrades in Rotation versetzt werden kann. Vorn trägt die
                              									Triebstange ein gezahntes Stahlrädchen, welches den Nachschub des eingespannten
                              									Stabes bewirkt. Das Gewicht hat den Zweck, das ganze bewegliche System im
                              									Gleichgewicht zu halten, sowie auch unter Zuhilfenahme der Federn die
                              									Empfindlichkeit des Apparates reguliren zu können. Der Rahmen ist mit farbigen
                              									Glasscheiben versehen, die dazu dienen, das Auge des Arbeiters vor dem intensiven
                              									Scheine des Lichtbogens zu schützen.
                           Der Stromlauf ist folgender: Der Strom geht in die Polklemme durch den Kupferstab zum
                              									Solenoid durch letzteres hindurch, dann weiter durch das biegsame Kabel zum
                              									Metallstab, durch den Lichtbogen, das zu bearbeitende Metallstück zurück zur
                              									Stromquelle. Den Regulator in Thätigkeit zu setzen, verfährt man folgendermaassen:
                              									Der Arbeiter lenkt mit der linken Hand an dem Holzgriffe den Apparat, dreht mit der
                              									rechten Hand das Handrad, bis die stabförmige Elektrode mit der anderen in Berührung
                              									kommt. In demselben Moment beginnt die automatische Regulirung, indem der die
                              									kupferne Spirale durchlaufende, den Eisenkern umkreisende elektrische Strom diesen
                              									einzieht. Der Lichtbogen ist hergestellt. Sofort wird der Stab an seinem unteren
                              									Ende schmelzen und das flüssig gewordene Metall fällt in die Gussform. Mit dem
                              									Abschmelzen des Stabes nimmt auch die Entfernung beider Elektroden zu; der
                              									Widerstand wird grösser, die Stromstärke demzufolge geringer und das
                              									Einziehungsvermögen des Solenoides lässt nach. Der Stab wird sich wieder dem anderen
                              									Pole nähern. Die automatische Regulirung ist, wie man sieht, eine begrenzte, daher
                              									ist es erforderlich, in demselben Maasse, wie der Stab abschmilzt, letzteren mittels
                              									des Handrades vorzuschieben, was weiter keine Schwierigkeiten verursacht, da der
                              									Regulator die Fehler der Hand selbsthätig ausgleicht.
                           Die automatische Regulirung des Lichtbogens bietet den grossen Vortheil, den Strom
                              									direct von einer Dynamomaschine entnehmen zu können. Es ist die kostspielige Anlage
                              									einer Accumulatorenbatterie nicht nothwendig. Vorausgesetzt ist hierbei, dass die
                              									Dynamomaschine einen einigermaassen feuerfesten Anker besitzt und auch plötzlich
                              									erfolgende Belastungen bis zu 600 Ampère auszuhalten vermag.
                           Die Firma Pintsch benutzt in ihrer Filiale Fürstenwalde
                              									eine Fritsche'sche Radanker-Gleichstromdynamo und zwar
                              									eine Shunt- oder Nebenschlussmaschine. Seit zwei Jahren dient diese Dynamo zum
                              									elektrischen Gusse und ist in dieser Zeit auch nicht die geringste Beschädigung der
                              									Maschine bezieh. des Ankers vorgekommen.
                           Die zum elektrischen Metallgusse nach dem Verfahren Slavianoff benöthigte Stromstärke richtet sich nach dem Durchmesser der
                              									stabförmigen Elektrode. Es sind für das Quadratmillimeter Querschnittsfläche 7,5 bis 8 Ampère
                              									erforderlich. Das würde bei einem Stabdurchmesser von
                           
                              
                                 10
                                 mm
                                 = 78,5
                                 qmm
                                 = 600
                                 Ampère
                                 
                              
                                 9
                                 „
                                 = 63,6
                                 „
                                 = 500
                                 „
                                 
                              
                                 8
                                 „
                                 = 50
                                 „
                                 = 400
                                 „
                                 
                              
                                 6
                                 „
                                 = 28
                                 „
                                 = 200
                                 „
                                 
                              
                           ergeben.
                           Die vom Vortragenden vorgezeigten Proben, namentlich die durchschnittenen und auf der
                              									Schnittfläche sauber polirten Stücke, zeigten den tadellosen fugenlosen Uebergang
                              									von einem Metall zum anderen.
                           Ausser dem genannten Regelungsapparat und einem Rheostat zur Regelung der Stromstärke
                              									ist in den Stromkreis ein Commutator zur Veränderung der Stromrichtung
                              									eingeschaltet. Da am positiven Pole etwa doppelt so viel Wärme ausgeschieden wird,
                              									als am negativen, hat man es durch Umkehrung der Stromrichtung in der Hand, nach
                              									Belieben das eine oder andere Metallstück stärker zu erwärmen. Beim Einschmelzen von
                              									Gusseisen hat die Umkehrung der Pole auch noch einen Einfluss auf die chemische
                              									Zusammensetzung; das abgeschmolzene Metall kann man hierdurch je nach Wahl als
                              									hartes, weiches oder als weiches graues Gusseisen zur Anwendung bringen.
                           Ein guter Guss ist abhängig von einer dauernd metallischen Oberfläche des flüssigen
                              									Metalles, da eine Oxydschicht eine Trennungsfuge zwischen altem und frischem Metall
                              									bilden, eine tadellose Verbindung also hindern würde. Diese metallische Oberfläche
                              									wird durch Aufstreuen pulverisirten Glases auf das Metallbad erzielt, das dieses mit
                              									einer dünnen Haut gegen die Luft abschliesst.
                           Natürlich ist das Niederschmelzen von Metall nach Slavianoff theurer, als unter gewöhnlichen Umständen; in zahllosen Fällen
                              									spielen aber diese Kosten überhaupt keine Rolle, entweder weil das zu reparirende
                              									Stück einen hohen Eigenwerth hat und auf anderem Wege überhaupt nicht zuverlässig
                              									ausgebessert werden kann, oder weil die Beschaffung eines Ersatzstückes aus
                              									örtlichen Gründen trotz grösster Dringlichkeit unmöglich ist. In letzterer Hinsicht
                              									ist das lehrreichste Beispiel ein Schiff auf hoher See. Elektrischer Strom steht
                              									dort zur Verfügung; was der kostet, ist ganz gleichgültig gegenüber der Möglichkeit
                              									einer Maschinenreparatur auf hoher See, die das Schiff davor bewahrt, steuerlos den
                              									Wellen preisgegeben zu sein.
                           Werthvolle Stücke, die sonst verworfen werden müssten, hat die
                              									Staats-Eisenbahnverwaltung bereits wiederholt nach dem Slavianoff'schen Verfahren in Fürsten walde ausbessern lassen, so z.B.
                              									gerissene Treibräder und Dampfcylinder, auch Triebstangen für Locomotiven. An
                              									solchen Stücken ist nach der Bearbeitung gar nicht zu sehen, wo die Fehlstelle
                              									war.
                           An den Vortrag schloss sich eine aufklärende Besprechung, wegen derer und
                              									verschiedener Einzelheiten wir auf die Quelle verweisen.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)