| Titel: | Neuerungen an Vorrichtungen zum Anzeigen und Aufschreiben von Fahrgeschwindigkeiten. | 
| Fundstelle: | Band 295, Jahrgang 1895, S. 208 | 
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                        Neuerungen an Vorrichtungen zum Anzeigen und
                           								Aufschreiben von Fahrgeschwindigkeiten.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 183 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen an Vorrichtungen zum Anzeigen und Aufschreiben von
                           								Fahrgeschwindigkeiten.
                        
                     
                        
                           II. Pouget-Guillet's Fahrgeschwindigkeitsmesser.
                           Ein älterer Apparat von PougetVgl. Revue général des
                                       												chemins de fer vom zweiten Semester 1882 S. 462 und eine eigene
                                    											Broschüre über den Gegenstand: „Chronotachymeter“ von Ponget Louis, Post- und
                                    											Telegraphen-Generalinspector in Montpellier, bei Grollier et fils in
                                    											Montpellier., den der Erfinder mit dem Namen Chronotachyskop benannte, wurde auf französischen
                              									Bahnen und insbesondere auf der Paris-Mittelmeer-Bahn mit befriedigendem Erfolge
                              									verwendet, allein einer grösseren Verbreitung desselben stand sein hoher
                              									Anschaffungspreis entgegen. Hierdurch veranlasst, bestrebte sich Pouget im Vereine mit Guillet, einen Fahrgeschwindigkeitsmesser anzufertigen, der nach jeder
                              									Richtung den an einen solchen Apparat zu stellenden Anforderungen entsprechen
                              									sollte. Diese neue Anordnung wurde durch Ingenieur P. Laborel
                              									ausführlich geschildert in Le Génie civil, 1894 S. 151,
                              									welcher Quelle wir in Nachstehendem folgen.
                           Der Gedanke, welcher der in Betracht stehenden Einrichtung zu Grunde liegt, ist auch
                              									schon von einer Reihe anderer Constructeure in verwandter WeiseVgl. z.B. Small und
                                       												Naughéon 1887 263 * 72.
                              									ausgenutzt worden und besteht darin, dass 1) die Flüssigkeitsmenge, welche eine
                              									Pumpe liefert, der Umdrehungsgeschwindigkeit des Pumpentriebrades proportional ist
                              									und dass 2) die Flüssigkeitsmenge, welche unter stets gleichbleibendem Drucke aus
                              									einem Gefässe abfliesst, ebenfalls proportional ist der Grösse des Querschnittes der
                              									Abflussöffnung. Veränderungen dieser einfachen Verhältnisse zufolge
                              									Temperaturunterschiede können erfahrungsmässig höchstens 0,02 Proc. betragen und
                              									dürfen für belanglos gelten, wenn als Flüssigkeit eine neutrale
                              									Magnesium-Chlorür-Lösung von 1,180 Dichtigkeit in Verwendung kommt, wie sie ihrer
                              									Frostbeständigkeit wegen häufig für Gaszähler benutzt wird, oder wenn, wie es in der
                              									frostfreien Jahreszeit anstandslos geschehen kann, reines Wasser zur Anwendung
                              									kommt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 295, S. 209
                              Fig. 9.Pouget-Guillet's Fahrgeschwindigkeitsmesser.
                              
                           Der am Führerstande angebrachte, an zwei Trägern P P
                              										(Fig. 9) festgeschraubte Apparatkasten hat zwei
                              									Zifferblätter, und zwar oben ein kleineres, das einer gewöhnlichen Uhr entspricht
                              									und die Zeit angibt, mit Stunden- und Minutenzeiger, unten ein grösseres,
                              									hunderttheiliges, das Stundenkilometer darstellt, mit nur einem Zeiger. Der letztere
                              									weist während der Fahrt der Locomotive stets auf jenen Theilstrich, welcher der
                              									jeweiligen Fahrgeschwindigkeit entspricht; überläuft er dabei den Theilstrich 100, so gibt er natürlich 101, 102, 103 u.s.w.
                              									Kilometer Fahrgeschwindigkeit an. Die Zeigervorrichtung im Innern des Gehäuses e e1, welches auch das
                              									Registrirwerk birgt, steht mit dem zweiten Haupttheile der Einrichtung, welcher die
                              									Locomotivgeschwindigkeit auf den ersten zu übertragen hat, durch die zwei Rohre T1 und T2 in
                              									Verbindung.
                           Die Anordnung der beiden zusammenwirkenden Theile ist in Fig. 10 ersichtlich
                              									gemacht. Das auf den Tragrahmen der Locomotive entsprechend befestigte Gussgestell
                              										Y trägt drei Ständer Q,
                                 										Q1 und Q2, in welchen einerseits das zur
                              									Bewegungsübertragung zunächst erforderliche Räderwerk und andererseits die dreifache
                              									Kurbelwelle A A1
                              									gelagert sind. Das erstere besteht aus der Frictionsscheibe G, deren Drehachse n (Fig. 10 bis 13) in zwei Lagern H und H1 ruht, die ein Flacheisen B steif mit einander verbindet; aus dem Lagerstücke H1 steht
                              									seitlich ein Zapfen m vor und dieser lagert im Ständer
                              										Q (Fig. 10 und 11). Die Scheibe G, deren Aufgabe es ist, von einem der Locomotivräder
                              									durch Reibung in Umdrehung versetzt zu werden, kann somit ihre Lage dem Umfange des
                              									betreffenden Rades, das selbstverständlich ohne Bremse sein muss, anpassen und
                              									wird hierin durch zwei in der Zeichnung nicht dargestellte Federn unterstützt,
                              									welche an dem Locomotivgestelle befestigt sind und die, die Scheibe G von rückwärts umgreifend, das Stück H H1, d.h. also
                              									die Achse n, kräftig nach abwärts, nämlich gegen den
                              									Radreifen des in Betracht kommenden Locomotivrades, pressen. Auf der Drehachse n der Scheibe G steckt das
                              									Triebrad i (Fig. 10 und 12), welches in das
                              									Kammrad k eingreift; letzteres lagert im Ständer Q1 und
                              									überträgt gleichfalls mittels eines Getriebes die von G
                              									bezieh. vom Locomotivrad empfangene Bewegung auf das Rad r, d. i. auf die Achse A A1. Auf der dreifach gekröpften Achse A A1 hängen
                              									wechselständig die Kolbenstangen dreier Pumpen P, P1 und P2, die während der Fahrt der Locomotive durch die
                              									geschilderte Uebertragung angetrieben werden und aus dem Behälter R Flüssigkeit mittels der Saugventile b, b1 und b2 (Fig. 14) entnehmen und
                              									mit Hilfe der Druckventile b3, b4 und b5 durch das Rohr T1 (Fig. 10 und 14) in den Cylinder E unter den dicht schliessenden, aber trotzdem sehr
                              									leicht beweglichen Kolben K pressen. Der Cylinder E ist fast seiner ganzen Länge nach aufgeschlitzt, doch
                              									bleibt dieser Schlitz f vom Kolben K, solange sich dieser auf dem tiefsten Punkte, d.h. in
                              									seiner Ruhelage, befindet, vollkommen verschlossen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 295, S. 209
                              Pouget-Guillet's Fahrgeschwindigkeitsmesser.
                              
                           Wenn aber die Pumpen Flüssigkeit nach E pressen, muss natürlich K im Cylinder
                              									aufwärts steigen, wodurch, wie es beispielsweise in Fig. 10 dargestellt
                              									erscheint, der betreffende Theil des Schlitzes frei wird und die in E eingetretene Flüssigkeit in den Umhüllungscylinder
                              										e1
                              									e1 austreten
                              									lässt, wo sie bei J durch das Rohr T3 wieder in
                              									den Vorrathsbehälter R zurückgelangen kann. Sobald bei
                              									einem solchen Vorgange K so hoch gegangen ist, dass die
                              									gesammte einströmende Flüssigkeit durch den freigewordenen Schlitz wieder seinen Ausweg
                              									findet, gelangt er in Ruhe; wird die Flüssigkeitsmenge grösser, so steigt K wieder höher, wird sie geringer, so geht K so viel niederwärts, bis der Ausflusschlitz genügend
                              									verkleinert wurde. Die Weite des Ausflusschlitzes kann aufs genaueste regulirt
                              									werden, zu welchem Zwecke das Steigrohr des Kolbens K
                              									aus zwei, ähnlich den Theilen eines Hahnes in einander geschliffenen Cylindern E und E1 besteht, die beide an gleicher Stelle geschlitzt
                              									sind. An dem inneren Cylinder ist ein Arm X angebracht,
                              									mit dessen Hilfe E rechts oder links gedreht werden
                              									kann, wodurch es möglich wird, den Schlitz nach Bedarf zu erweitern oder zu
                              									verengen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 295, S. 210
                              Pouget-Guillet's Fahrgeschwindigkeitsmesser.
                              
                           Die vorgedachte auf und nieder gehende Bewegung von K
                              									ist, wie leicht zu ersehen, zufolge der getroffenen Anordnung und der schon eingangs
                              									erwähnten Grundgesetze stets proportional der Fahrgeschwindigkeit der Locomotive
                              									selbst. Es erübrigt also nur, die Kolbenbewegungen in geeigneter Weise auf die
                              									Anzeige- und auf die Schreibvorrichtung fortzupflanzen. Diese Aufgabe erfüllt eine
                              									mit K verbundene Zahnstange t, welche durch den Deckenabschluss des Cylinders E in den oberen Theil e e (Fig. 9 und 10) des Apparatkastens
                              									hinaufragt. Hier befindet sich eine genau gehende Uhr U, welche sowohl die beiden vor dem Zifferblatte C laufenden Zeiger antreibt, als auch die Schreibtrommel T innerhalb 6 Stunden einmal herumdreht. An der
                              									Mantelfläche der benannten Trommel wird der zur Aufnahme der Controlniederschrift
                              									erforderliche Papierstreifen durch Haftstifte befestigt, und in gleicher Weise muss
                              									der Streifen für jede Fahrt wieder erneuert werden.
                           Wie dann die am Kolben K (Fig. 10) befestigte
                              									Zahnstange t ihr Auf- und Niedergehen weiter
                              									fortpflanzt, lassen die Fig.
                                 										10 und 16 bis
                              									19 deutlich ersehen. Die Zähne von t greifen in das
                              									Rädchen r1 ein und
                              									drehen also die Achse a1, auf welcher noch zwei Zahnräder r2 und r4 (Fig. 16 und 17) festsitzen; davon
                              									steht r2 im Eingriff
                              									mit einem Zahnrad r3,
                              									auf dessen Drehachse a2
                              									der vor der Stundenkilometer-Kreistheilung C1 (Fig. 9) laufende
                              									Zeiger Z sitzt, wie es in Fig. 19 noch besonders
                              									herausgezeichnet ist. Das zweite auf a1 sitzende Rad r4 greift aber wieder in eine senkrecht geführte
                              									Zahnstange t2 (Fig. 10, 16, 17 und 18) ein, und diese ist
                              									an ihrem oberen Ende an einer Hülse h (Fig. 16 bis 18) festgemacht, welche
                              									sich an der Gleitstange q leicht verschieben lässt und
                              									den Schreibstift d trägt. Der letztere, ein
                              									Silberstift, wird von einem Arm gehalten, welcher an h
                              									und zwar an einem Führungsstängelchen durch eine Klemmschraube s1 befestigt ist und
                              									sich auch verlängern oder verkürzen lässt, wie Fig. 18 zeigt; mit
                              									Zuhilfenahme der Schrauben s1, s2 und s3 kann daher die Lage von d nach allen Richtungen hin leicht und genau regulirt
                              									werden.
                           Der mit Bleiweiss überzogene Papierstreifen, auf welchem der Schreibstift die
                              									Controlcurven darzustellen hat, ist der Länge nach mit 100 Strichen bedruckt, welche
                              									je 1 mm von einander abstehen und mit der Kreistheilung C1 (Fig.
                                 										9) übereinstimmend die Geschwindigkeiten von 1 bis 100 Stundenkilometer darstellen; desgleichen besitzt der
                              									Streifen eine vorgedruckte Theilung der Höhe nach durch senkrechte, mit Ziffern
                              									versehene Striche, die je 2 mm von einander abstehen und Minuten darstellen, weil sich auch die Papiertrommel mit einer
                              									Geschwindigkeit von 2 mm in der Minute bewegt. Bei Anbringung eines neuen Streifens
                              									ist derselbe stets so anzustecken, dass das Merkzeichen an der Papiertrommel,
                              									welches die Lage des Schreibstiftes anzeigt, mit jenem Minutenstriche am Papier,
                              									welcher der augenblicklichen Zeit bezieh. der Stellung des grossen Zeigers am
                              									Uhrblatt C (Fig. 9)
                              									entspricht, zusammenfalle.
                           Um etwa an der Lage des Schreibstiftes etwas zu reguliren, was allerdings nur in den
                              									seltensten Fällen nöthig werden kann, ebenso aber ganz regelmässig bei jedesmaligem
                              									Auswechseln des Papierstreifens muss der versperrte Deckel des Apparatkastens
                              									geöffnet und das Uhrwerk sammt der Papiertrommel ausgehoben und wieder eingesetzt
                              									werden, was sich leicht bewerkstelligen lässt; beim Zuschliessen des Deckels treten
                              									alle abgehoben gewesenen Theile wieder an ihren gehörigen Platz. Das Reguliren des
                              									Ausflusschlitzes lässt sich auch ohne vorausgehendes Oeffnen des Apparatkastens und
                              									selbst während der Fahrt mit Hilfe eines besonderen Schlüssels vornehmen. Es muss
                              									jedoch hierzu ein Zeitraum gewählt werden, in welchem die Locomotive mit möglichst
                              									gleichmässiger, d.h. gleichbleibender Geschwindigkeit fährt; die richtige
                              									Geschwindigkeit wird dann mittels eines Tourenzählers festgestellt und danach der
                              									Zeiger des Theilkreises für die Stundenkilometer auf die entsprechende Ziffer des
                              									Theilkreises vor oder zurück gerückt und zugleich der Ausflusschlitz so einregulirt,
                              									dass der Zeiger seine Lage nicht mehr ändert.
                           Schliesslich käme hinsichtlich der inneren Anordnung des Apparates noch nachzutragen,
                              									dass die Registrirvorrichtung sowohl als die Cylinder E
                              									und E1 im
                              									Gehäuse nicht steif
                              									befestigt sind, sondern durch eine Spiralfeder F
                              									gehalten werden, deren Aufgabe es ist, die Erschütterungen während der Fahrt
                              									möglichst auszugleichen und unschädlich zu machen. Die Pumpen und ebenso die
                              									Uebertragungsmechanismen sammt der Frictionsscheibe befinden sich selbstverständlich
                              									gleichfalls unter einem blechernen Schutzkasten.
                           Die vorstehend geschilderten Pouget'schen Apparate
                              									kommen fast 50 Proc. billiger als die der älteren Form.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)