| Titel: | Untersuchungen über Sämischleder und dessen Zusammensetzung. | 
| Autor: | v. Schroeder, Pässler | 
| Fundstelle: | Band 295, Jahrgang 1895, S. 211 | 
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                        Untersuchungen über Sämischleder und dessen
                           								Zusammensetzung.
                        Von Prof. v. Schroeder
                           								in Tharand und Dr. Pässler in Freiberg i. S.
                        Untersuchungen über Sämischleder und dessen
                           								Zusammensetzung.
                        
                     
                        
                           Bis jetzt sind in der Litteratur wenig Angaben über die Zusammensetzung der
                              									verschiedenen Lederarten zu finden; selbst den Fachleuten ist in den meisten Fällen
                              									nicht bekannt, wie die in der gerberischen Praxis hergestellten verschiedenen
                              									Ledersorten zusammengesetzt sind. Es liegt dies vor allen Dingen daran, dass
                              									einerseits die Praxis meistens den Gerbeprocess zu wenig beobachtet und andererseits
                              									bis jetzt keine zuverlässigen analytischen Methoden vorhanden waren, mit Hilfe derer
                              									die Leder auf ihre Zusammensetzung untersucht werden konnten.
                           Den ersten praktischen Vorschlag zur Untersuchung des Leders machte Muntz, indem er empfahl, den Stickstoffgehalt des
                              									Leders zu ermitteln und aus diesem die Menge der von der thierischen Haut
                              									aufgenommenen gerbenden Stoffe zu berechnen. Dieser Autor ging von der Ansicht aus,
                              									dass die thierische Haut, wie dieselbe in der Gerberei verwendet wird, auf asche-
                              									und fettfreie Trockensubstanz berechnet, einen ganz constanten Stickstoffgehalt
                              									besitze, und zwar sollte derselbe 18,16 Proc. betragen; bei dem Gerbeprocesse würden
                              									von der thierischen Haut nur stickstoffreie Substanzen aufgenommen und mithin der
                              									Stickstoffgehalt des Leders entsprechend der absorbirten Gerbstoffmenge
                              									heruntergedrückt. Nach Muntz stellt demnach der
                              									Stickstoffgehalt des fertigen Leders ein Maass dar für die Menge des im Leder
                              									enthaltenen Gerbstoffes und aus demselben lässt sich die absorbirte Gerbstoffmenge
                              									auf einfache Weise berechnen.
                           Der von Muntz aufgestellte Vorschlag setzt, um praktisch
                              									für die Lederanalyse verwerthet werden zu können, vor allen Dingen voraus, dass die
                              									elementare Zusammensetzung der asche- und fettfreien Hauttrockensubstanz vollständig
                              									constant ist, dass also nicht nur ein und dieselbe Haut an verschiedenen Stellen,
                              									sondern auch verschiedene Häute derselben Thiergattung denselben Stickstoffgehalt
                              									besitzen; den Beweis dafür hat Muntz nicht geführt, und
                              									dies ist wohl der Grund, dass die Stickstoffbestimmungen bis jetzt so wenig zur
                              									Lederanalyse herangezogen worden sind. Um die Frage bezüglich des Stickstoffgehaltes
                              									der Hautsubstanz klarzulegen, haben wir umfängliche Blössenuntersuchungen ausgeführt
                              									und die Resultate derselben, welche die Muntz'sche
                              									Ansicht vollauf bestätigen, bereits früher veröffentlicht.„Untersuchungen verschiedener Blössen“,
                                    												D. p. J. 1893 287 258, 283 und 300. Zum besseren Verständniss
                              									des Folgenden wollen wir diese Resultate nochmals hier kurz zusammenfassen.
                           
                              Der Stickstoffgehalt der wasser-, asche- und fettfreien
                                 										Blössensubstanz ist bei ein und demselben Individuum an den verschiedensten
                                 										Stellen und bei Individuen derselben Thiergattung als constant zu betrachten. Es
                                 										haben sogar mehrere Thier arten den gleichen Stickstoff geholt. Die von uns
                                 										untersuchten Blässen lassen sich hinsichtlich ihres Stickstoff geholtes in drei
                                 										Gruppen theilen:
                              
                           1) Blössen von Rind, Rips
                              										(Zebu), Ross, Schwein und
                                 										Kameel mit durchschnittlich 17,80 Proc. Stickstoff;
                           2) Blössen von der Ziege, vom
                                 										Hirsch und Reh mit durchschnittlich 17,40 Proc. Stickstoff;
                           3) Blössen vom Schaf, Hund und
                                 										von der Katze mit durchschnittlich 17,10 Proc. Stickstoff.
                           Wenn man also weiss, von welchem Thiere ein Leder abstammt,
                                 										was ja innerhalb dieser drei Gruppen bei den gerberisch wichtigen Blössen leicht
                                 										zu entscheiden ist, so wird man im Stande sein, bei allen Leder arten, welche
                                 										mit stickstoffreien Gerbstoffen gegerbt sind (lohgare, weissgare, sämischgare, fettgare und mineralgare Leder) aus dem Stickstoffgehalte der wasser-, asche- und fettfreien
                                 										Leder-Substanz berechnen zu können, wie viel das Leder Blössentrockensubstanz
                                 										und gerbende Stoffe enthält; man kann also auf einfache und schnelle Weise die
                                 										Zusammensetzung des Leders ermitteln.
                           Nachdem durch unsere Untersuchungen eine sichere Grundlage für die Lederanalyse
                              									geschaffen war, haben wir es unternommen, mit Hilfe derselben zur Untersuchung der
                              									verschiedenen Ledersorten Verfahren auszuarbeiten. Es sei hier erwähnt, dass sowohl
                              										JeanFerdinand Jean, Industrie des Cuirs et des
                                       												Peaux, S. 155 ff. (Verlag von G. Masson, Paris.), als
                              									auch ProcterProcter, A Text-Book of Tanning, 1885. (E. und
                                    											F. N. Spon, 125 Strand, London.) Verfahren zur Lederuntersuchung
                              									angeben; dieselben beziehen sich aber nur auf lohgare Leder und legen vor allen
                              									Dingen falsche Blössenstickstoffgehalte zu Grunde.
                           Wir haben unsere Untersuchungen ausgedehnt auf lohgare,
                                 										weissgare, sämischgare, fettgare und crowngare Leder. Diese Arbeiten sind
                              									vollständig abgeschlossen und die dabei erhaltenen Resultate werden wir demnächst in
                              									dieser Fachschrift in einer Reihe von Artikeln veröffentlichen. Ueber das Princip
                              									der von uns angewandten Verfahren haben wir bereits in früheren, hier„Ueber die Gerbstoffabsorption der
                                       												Haut“, D. p. J. 1892 284 256 und 283. „Finden während des
                                       												Gerbeprocesses Hautzersetzungen statt?“, D.
                                       												p. J. 1893 289 137, 210 und
                                    										229. veröffentlichten Arbeiten Mittheilung gemacht.
                           Wir beginnen mit der Veröffentlichung der bei der Untersuchung von Sämischleder erhaltenen Resultate und wollen zunächst
                              									einige allgemeine Bemerkungen über die Herstellung dieser Lederart machen. Zu der
                              									grossen Reihe von Substanzen, welche die Eigenschaft haben, die thierische Haut in
                              									Leder überzuführen, gehören auch die Thrane. Behandelt
                              									man eine entsprechend vorbereitete Blösse mit Thran und setzt sie der Einwirkung von
                              									Luft aus, so erleidet der Thran eine gewisse, bis jetzt noch nicht eingehend
                              									studirte Veränderung und führt hierbei die Blösse in Leder über, d.h. in ein
                              									Product, welches auch nach dem Trocknen Weichheit und Geschmeidigkeit besitzt und
                              									der Fäulniss widersteht. Das so hergestellte Product führt den Namen Sämischleder. Weil dieses Leder vor den nach anderen Verfahren
                              									hergestellten Ledersorten noch den Vorzug hat, mit Wasser gewaschen werden zu
                              									können, ohne dass es nach dem Trocknen seine Weichheit und Geschmeidigkeit verliert,
                              									so bezeichnet man es auch als Waschleder (nicht zu
                              									verwechseln mit Vacheleder, welches ein lohgares Leder ist). Zur Herstellung von
                              									Sämischleder werden vorzugsweise die Häute und Felle von Büffeln, Hirschen, Rehen,
                              									Gemsen, Elenthieren, Ziegen und Schafen, seltener von Kälbern und Rindern
                              									verarbeitet. Das Sämischleder findet hauptsächlich Verwendung zur Anfertigung von
                              									Riemenzeug, Bandagen, Handschuhen, Kleidungsstücken, Putzledern, Schürzen, für
                              									Futterzwecke u.s.w.
                           Zur Herstellung von Sämischleder werden die dafür bestimmten Felle zunächst fast
                              									ebenso behandelt wie in den übrigen Zweigen der Gerberei. Man legt dieselben zuerst
                              									auf 2 bis 4 Tage in reines Wasser und während dieser Zeit ersetzt man das Wasser
                              									mehrmals durch reines. Diese Operation, welche man als die „Weiche“ oder das
                              										„Wässern“ bezeichnet, hat den Zweck, das Fell vollständig zu erweichen
                              									und das anhaftende Blut und die Unreinigkeiten, bei gesalzenen Fellen auch das zur
                              									Conservirung verwendete Kochsalz zu lösen. Nachdem dies erreicht ist, gelangen die
                              									Felle auf mehrere Tage in den „Aescher“, d. i. eine dünne Kalkmilch, in
                              									welcher die Haare bezieh. die Wolle und die Oberhaut so weit gelockert werden, dass
                              									sie bei der darauffolgenden Operation des „Haarens“ mit Hilfe des Haareisens
                              									mit Leichtigkeit von der Lederhaut entfernt werden können. Der Enthaarungsprocess in
                              									der Sämischgerberei weicht von dem in anderen Zweigen der Gerberei nicht ganz
                              									unwesentlich ab. Während man bei diesen ängstlich bemüht ist, den Narben des Felles
                              									in möglichst unverletztem Zustande zu erhalten, wird derselbe in der Sämischgerberei
                              									in den meisten Fällen beim Enthaaren selbst oder nach dieser Operation abgezogen,
                              									weil der Narben beim eigentlichen Gerbeprocesse dem leichten Eindringen des Thranes
                              									in die Blösse hinderlich ist; nur in den Fällen, in welchen es sich darum handelt,
                              									sehr dünne Felle, wie z.B. Lämmerfelle oder kleine Schaffellchen, sämischgar
                              									zumachen, schont man den Narben, weil sonst das Leder zu dünn werden würde. Nach dem
                              									Enthaaren und dem Abstossen des Narbens legt man die Felle zur vollständigeren
                              									Auflockerung des Hautgewebes noch 1 bis 2 Tage in einen frischen Aescher, worauf
                              									dieselben auf der Fleischseite zur Entfernung des anhaftenden Fleisches und Fettes
                              									und der aufgesogenen Aescherbrühe auf dem Schabebaume mit dem Schabeisen geschabt
                              									werden. Nach dieser Behandlung werden die Felle ½ bis 2 Tage, je nach der Stärke
                              									derselben und je nach der Temperatur, zur möglichst vollständigen Beseitigung des
                              									Kalkes aus den Blössen in eine in saurer Gährung befindliche „Kleienbeize“
                              									eingelegt. Die so vorbereiteten Blössen werden hierauf zur theilweisen Entfernung
                              									des Wassers ausgerungen und können dann direct dem Gerbeprocesse unterworfen
                              									werden.
                           Wie erwähnt, verwendet man in der Sämischgerberei als Gerbmaterial die Thrane und man
                              									kann von diesen sowohl den Dorschthran, als auch den Robben-, Walfisch-,
                              									Delphinthran oder den Heringsthran benutzen. Nach den neueren Untersuchungen und
                              									Gerbeversuchen von EitnerDer Gerber, 1893
                                    											S. 243 und 256. soll sich nur Dorschthran vollkommen zur
                              									Sämischledererzeugung eignen, während Robben- und Walthran ein minderwertiges
                              									Product und der Haithran überhaupt kein Sämischleder liefern sollen. Die Arbeit des
                              									eigentlichen Gerbens in der Sämischgerberei ist eine sehr einfache und innerhalb,
                              									einer verhältnissmässig kurzen Zeit auszuführen; sie besteht nur in dem Einsprengen
                              									der vorbereiteten Blössen mit Thran und dem nachherigen Einwalken in besonderen
                              									Walkapparaten. Nachdem die Felle auf diese Weise einige Zeit der mechanischen
                              									Bearbeitung unterworfen worden sind, setzt man sie der Einwirkung der Luft aus und
                              									behandelt sie nachher auf gleiche Weise abwechselnd so lange mit Thran in der Walke
                              									und an der Luft, bis sie möglichst mit Fett gesättigt sind, worauf man sie noch
                              									einer weiteren Operation unterzieht, welche man als das „Färben in der Brut“
                              									oder „Färben in der Braut“ bezeichnet. Durch diesen Process soll die
                              									wahrscheinlich chemische Veränderung des Thranes, welche vorher schon bei dem Hängen
                              									an der Luft eingeleitet worden ist, weiter fortgesetzt werden. Bei dem Färben in der
                              									Brut werden die Felle in Haufen aufgeschichtet und von Zeit zu Zeit wegen der
                              									eintretenden Erwärmung umgelegt. Wenn die Felle einen gewissen gelben Farbenton
                              									angenommen haben, ist der Gerbeprocess als beendet zu betrachten und die Felle
                              									werden, da sie zu viel Thran, der zum Theil verändert ist, enthalten, noch einem
                              									Entfettungsprocesse unterworfen, welcher darin besteht, dass man die Felle entweder,
                              									wie dies neuerdings häufig geschieht, in kräftig wirkenden Pressen auspresst, wobei
                              									der eigentliche Degras oder Moëllon gewonnen wird, oder nach dem ursprünglichen
                              									Verfahren mit einer Soda- oder Potaschelösung behandelt. Durch diese
                              									Alkalicarbonatlösung wird der überschüssige Thran in eine Fettemulsion übergeführt,
                              									welche den Namen „Weissbrühe“ oder „Urläuter“ führt. Aus dieser
                              									Emulsion wird in den meisten Fällen durch Zusatz verdünnter Schwefelsäure oder
                              									Salzsäure das Fett wieder abgeschieden, welches man als „Weissgerberdegras“
                              									oder „Gerberfett“ bezeichnet und das ebenso wie der Moëllon zum Schmieren
                              									lohgarer Leder eine vielfache und beliebte Verwendung findet. Nach der Entfernung
                              									des Fettüberschusses werden die Leder getrocknet, eventuell gebleicht und dann zugerichtet. Bei der Zurichtung werden die Felle
                              									gestollt, geschlichtet und, um glatte Flächen zu erhalten, schliesslich mit
                              									Bimsstein abgerieben; zuweilen erfolgt auch noch ein dünner Auftrag mit einem Brei,
                              									welcher in der Hauptsache aus mit Wasser angerührtem Ocker, geschlämmter Kreide,
                              									Thon und ähnlichen Substanzen besteht.
                           Aus der obigen Beschreibung der Herstellung des Sämischleder ersehen wir, dass
                              									dasselbe im lufttrockenen Zustande besteht aus: Wasser,
                                 										anorganischen Substanzen, Fettsubstanz, d. i. die gerbende Substanz, und
                              										Hautsubstanz. Die Menge des in einem lufttrockenen
                              									Sämischleder enthaltenen Wassers wird, wie dies bei allen anderen Ledern der Fall
                              									ist, vollständig von dem Feuchtigkeitsgehalt der das Leder umgebenden Luft abhängen;
                              									in der feuchten, kalten Jahreszeit wird das Leder einen höheren Wassergehalt
                              									besitzen wie in der trockenen, warmen Jahreszeit. Der Eine von uns ist gegenwärtig
                              									mit einer Untersuchung über den durchschnittlichen Wassergehalt des Sämischleders,
                              									sowie des weissgaren, fettgaren und crowngaren Leders beschäftigt; dieselbe ist im
                              									Sommer 1894 begonnen worden und wird, um gute Durchschnittszahlen zu erhalten, etwa
                              									2 Jahre lang fortgesetzt werden müssen. Aus den bisher erhaltenen Zahlen ergibt
                              									sich, dass während der letzten 6 Monate in fünf verschiedenen Sämischledern die
                              									Wassergehalte zwischen 20 und 25 Proc. schwanken; der durchschnittliche Wassergehalt
                              									dürfte sich nach Beendigung unserer Versuche voraussichtlich auf etwa 22 Proc.
                              									stellen. Es würde sich demnach das Sämischleder bezüglich des durchschnittlichen
                              									Wassergehaltes zwischen ungefettetem lohgarem Leder (mit 18 Proc. Wasser) und sogen.
                              									Hornleder, d. i. getrocknete Blösse (mit 23 Proc. Wasser), stellen (vgl.
                              										„Untersuchung über den Wassergehalt des lufttrockenen lohgaren Leders“
                              									von Prof. v. SchroederD. p. J. 1894 293 139, 162 und 187.). Die
                              									Zusammensetzung der von uns analysirten Sämischleder werden wir weiter unten im
                              									wasserfreien Zustande und mit dem Wassergehalte von 22 Proc. welcher der
                              									Wirklichkeit am nächsten kommen dürfte, angeben.
                           Was die Menge der im Sämischleder enthaltenen anorganischen
                                 										Substanzen anbelangt, so sind dieselben entweder schon ursprünglich in der
                              									Blösse vorhanden gewesen, oder sie sind durch den Aescher oder durch den
                              									Entfettungsprocess mit Soda- bezieh. Potaschelösung oder schliesslich durch den
                              									Auftrag einer aus anorganischen Substanzen bestehenden Appretur in das Leder
                              									gelangt. Die Fettsubstanz, welche als die eigentliche
                              									gerbende Substanz zu betrachten ist,. rührt theilweise aus der Blösse her, zum
                              									grössten Theil ist sie jedoch durch den Gerbeprocess in das Leder gelangt (über den
                              									Fettgehalt der Blösse vgl. „Untersuchung verschiedener Blössen“ von Prof. v. Schroeder und Dr. PässlerD. p. J. 1893 287
                                    											258, 283 und 300.. Die im Sämischleder enthaltene Fettsubstanz
                              									können wir scharf in zwei Theile trennen, und zwar in einen solchen, welcher sich in
                              									unseren gewöhnlichen Fettlösungsmitteln, wie Schwefelkohlenstoff, Petroläther,
                              									Chloroform, löst, und in einen solchen, welcher sich in den genannten Flüssigkeiten
                              									nicht löst. Bei unseren Untersuchungen hat sich nämlich herausgestellt, dass sich
                              									ein Theil des von der Blösse aufgenommenen Thranes nicht wieder durch die genannten
                              									Lösungsmittel aus der Haut entfernen lässt; wir haben das Leder nach vollständiger
                              									Lösung des Fettes mit Schwefelkohlenstoff mit den verschiedensten Substanzen
                              									behandelt, ohne dass wägbare Mengen des Gerbemittels dabei in Lösung gegangen wären.
                              									Wir sehen also, dass ein Theil des Fettes von der Hautfaser vollständig fixirt ist;
                              									ob dieses von der Haut fest gebundene Fett unveränderter Thran ist oder nicht, lässt
                              									sich auf Grund unserer Untersuchungen nicht bestimmt feststellen, da wir dieselben
                              									nicht nach dieser Richtung hin ausgeführt haben. Es muss aber wohl als ziemlich
                              									wahrscheinlich hingestellt werden, dass bei dem Sämischgerbeprocesse der Thran
                              									theilweise eine chemische Umänderung erfährt; wenigstens deutet die beim „Färben
                                 										in der Brut“ auftretende starke Wärmeentwickelung auf einen chemischen
                              									Process, vor allen Dingen auf eine Oxydation hin. Möglicher Weise findet bei dieser
                              									Oxydation eine Spaltung der Fette und eine Bildung von gesättigten Oxysäuren aus der
                              									in den Thranen nie fehlenden Physetölsäure statt, und diese Oxysäuren werden dann im
                              									status nascendi von der Lederfaser derartig gebunden, dass sie durch unsere
                              									gewöhnlichen Lösungsmittel nicht mehr getrennt werden können, während das chemisch
                              									unveränderte und theilweise veränderte Fett sich z.B.
                              									durch Schwefelkohlenstoff aus dem Leder leicht extrahiren lässt. In ähnlicher
                              									Weise äussert sich Fahrion„Zur Theorie der Lederbildung“, Chem.-Zeit., 1893 S. 394. über die
                              									Theorie der Bildung des Sämischleders. Wir haben also beim Sämischleder scharf zu
                              									unterscheiden: Fett, welches durch Schwefelkohlenstoff aus dem Leder extrahirbar
                              									ist, und Fett bezieh. chemisch verändertes Fett, welches durch obiges Lösungsmittel
                              									nicht extrahirt werden kann, sondern von der Hautfaser fest gebunden ist. Die Menge
                              									des ersteren lässt sich, wie wir weiter unten bei der Beschreibung der analytischen
                              									Methode sehen werden, durch Extraction mit Schwefelkohlenstoff, die letztere nur
                              									indirect aus dem Stickstoffgehalte des extrahirten Leders bestimmen. Die Menge der
                              									im Leder vorhandenen Hautsubstanz wird natürlich aus dem Stickstoffgehalte
                              									gleichzeitig ermittelt.
                           Ausführung der einzelnen Bestimmungen:
                           Das Sämischleder wird für die Analyse erst in kleine Stücke geschnitten und dann auf
                              									einer Mühle zu Pulver vermählen.
                           Wasserbestimmung: 5,000 g des Lederpulvers werden im
                              									Trockenschrank bei 105° C. bis zur Gewichtsconstanz getrocknet, was in 1 bis 1½
                              									Tagen erreicht ist, und aus dem Gewichtsverluste wird der Wassergehalt
                              									berechnet.
                           Aschebestimmung: 5,000 g Lederpulver werden in einer
                              									gewogenen Platinschale über einer kleinen Gasflamme vorsichtig und vollständig
                              									verascht und die rückständige Asche wird gewogen.
                           Bestimmung des in Schwefelkohlenstoff löslichen Fettes:
                              									10,000 g Lederpulver werden zunächst etwas vorgetrocknet und dann im Soxhlet'schen Extractionsapparat 4 bis 5 Stunden mit
                              									Schwefelkohlenstoff extrahirt. Die Fettlösung wird quantitativ in ein kleines,
                              									gewogenes Kölbchen übergespült und der Schwefelkohlenstoff aus demselben
                              									abdestillirt. Das Kölbchen sammt gelöstem Fett wird 3 bis 4 Stunden bei 105° C.
                              									getrocknet und dann nach dem Erkalten im Exsiccator gewogen. Mit Vortheil haben wir
                              									bei der Extraction einen kleinen, einfachen Apparat verwendet, welcher zur Aufnahme
                              									des Lederpulvers dient und direct in den Soxhlet'schen
                              									Apparat eingelegt werden kann. Dieser kleine Apparat besteht aus einem 7 bis 10 cm
                              									langen Glascylinder, dessen eines Ende durch Filtrirpapier und Seidengaze
                              									abgeschlossen ist, welche mit Hilfe eines übergeschobenen Messingringes am
                              									Glascylinder befestigt werden.
                           Bestimmung des gebundenen Fettes und der Hautsubstanz:
                              									Das vom löslichen Fette befreite Leder wird vollständig getrocknet; hiervon werden
                              									zweimal je 0,500 g genau abgewogen und zu den Stickstoffbestimmungen nach Kjeldahl'scher Methode verwendet. Diese beiden
                              									Stickstoffbestimmungen, aus welchen das Mittel gezogen wird, sollen höchstens um
                              									einige Hundertstel-Procent differiren. In der getrockneten und entfetteten Substanz
                              									wird ferner eine Aschenbestimmung ausgeführt und der Stickstoffgehalt auf aschefreie
                              									Substanz berechnet. Hierauf berechnet man den Stickstoffgehalt im wasserfreien
                              									ursprünglichen Leder (also mit Asche und löslichem Fett). Wenn man weiss, von
                              									welcher Thiergattung das Leder abstammt, kann man auf einfache Weise den Gehalt des
                              									Leders an Hautsubstanz und aus der Differenz an 100 mit Berücksichtigung der Asche
                              									und des löslichen Fettes die Menge des gebundenen Fettes berechnen. Wir haben jetzt
                              									die vollständige Zusammensetzung des Leders im wasserfreien Zustande auf einfache
                              									Weise ermittelt und können dann dieselbe auf einen beliebigen Wassergehalt umrechnen; wir werden
                              									die Zusammensetzung auf einen solchen von 22 Proc. angeben.
                           Wir haben auf diese Weise sechs verschiedene Sämischleder untersucht, und zwar:
                           
                              
                                 Nr.
                                 I.
                                 Büffelleder,
                                 Nr.
                                 IV.
                                 Rehleder,
                                 
                              
                                 „
                                 II.
                                 Kalbleder,
                                 „
                                 V.
                                 Schafleder,
                                 
                              
                                 „
                                 III.
                                 Rehleder,
                                 „
                                 VI.
                                 Schafleder.
                                 
                              
                           Die dabei erhaltenen Resultate sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 295, S. 214
                              Büffelleder; Kalbleder; Rehleder;
                                 										Rehleder; Schafleder; Schafleder; Mittlere Zusammensetzung; Im absolut trockenen
                                 										Leder; Fettsubstanz (mit CS2 extrahirbar);
                                 										Asche; N im absolut trockenen, entfetteten, aschefreien Leder; N im absolut
                                 										trockenen Leder (mit Fett und Asche); N-Gehalt der Hautsubstanz; Asche; Fett;
                                 										löslich in CS2; unlöslich in CS2 (von der Hautfaser gebunden); Hautsubstanz;
                                 										Wasser; Hautsubstanz
                              
                           Um diese Zahlen mit der Zusammensetzung anderer Ledersorten, wie lohgares und
                              									weissgares Leder, besser vergleichen zu können, wollen wir zugleich einige von uns
                              									ausgeführte Analysen derselben (Mittel aus einer grossen Anzahl von Einzelanalysen)
                              									mittheilen.
                           
                              
                                 
                                 Rheinisches Sohlleder
                                 NorddeutschesSohlleder
                                 Oberleder(ohne Fett berechnet)
                                 
                              
                                 Absoluttrocken
                                 Lufttrocken
                                 Absoluttrocken
                                 Lufttrocken
                                 Absoluttrocken
                                 Lufttrocken
                                 
                              
                                 
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 
                              
                                 WasserMineralstoffeFettDurch Wasser
                                    											extrahirbarReine Ledersubstanz
                                 GerbstoffNichtgerbstoffe
                                     0,00    0,61    0,44    4,24    2,77  91,94
                                   18,00    0,50    0,36    3,48    2,27  75,39
                                     0,00    0,71    0,54    6,43    4,91  87,41
                                   18,00    0,58    0,44    5,27    4,03  71,68
                                     0,00    1,01    1,00    4,52    2,13  91,34
                                   18,00    0,83    0,82    3,71    1,75  74,89
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 
                              
                                 Stickstoff in der reinen LedersubstanzDie
                                    											Ledersubstanz besteht aus
                                 HautsubstanzGebundenem Gerbstoff
                                   12,93  54,74  37,20
                                   10,60  44,89  30,50
                                   11,84  47,68  39,73
                                     9,71  39,10  32,58
                                   13,10  55,09  36,25
                                   10,74  45,17  29,72
                                 
                              
                            
                           
                              
                                 
                                 Weissgares Rindsleder
                                 
                              
                                 Absolut trocken
                                 Lufttrocken
                                 
                              
                                 WasserFettMineralstoffe (Alaun,
                                    											Kochsalz,    Kalk u.s.w.)Hautsubstanz
                                 Proc.    0,00    0,40  21,00  78,60
                                 Proc.  25,00    0,30  15,75  58,95
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 100,00
                                 
                              
                           Bei der Zusammensetzung der Sämischleder fällt zunächst auf, dass der Gehalt an
                              									Asche wesentlich höher ist als bei anderen, mit Ausschluss von Mineralstoffen
                              									gegerbten Ledern, wie z.B. bei lohgaren Ledern. Dieser höhere Gehalt – in den
                              									Ledertrockensubstanzen 4,19 bis 7,17 Proc. – ist auf verschiedene Ursachen
                              									zurückzuführen. Bei der qualitativen Analyse der Asche ergab sich nämlich, dass
                              									dieselbe zum grössten Theil aus Kalk- und Natronverbindungen und aus geringen Mengen
                              									von Thonerdeverbindungen besteht. Die Kalkverbindungen stammen in der Hauptsache aus
                              									dem Aescher und die Natronsalze sind durch die Entfettung mittels Soda in das Leder
                              									gelangt. Bei den vom Leder aufgenommenen Fettmengen müssen wir, wie erwähnt, scharf
                              									unterscheiden „lösliches Fett“ und „unlösliches Fett“. Die Menge des
                              									löslichen Fettes schwankt in unseren sechs Ledern zwischen 2,07 und 6,69 Proc. (in
                              									der Trockensubstanz); dieselbe ist natürlich vollständig abhängig von der Art und
                              									Weise der Entfettung des Leders mit Soda- bezieh. Potaschelösung; ein mit Sodalösung
                              									sorgfältig ausgewaschenes Fell muss selbstverständlich weniger lösliches Fett
                              									enthalten als ein nur vorübergehend damit behandeltes Fett. Die Menge des
                              									unlöslichen Fettes ist in den sechs Ledern auch sehr schwankend, und zwar innerhalb
                              									der Grenzen 2,00 bis 9,17 Proc.; diese Zahlen hängen wahrscheinlich von der der thierischen Haut
                              									dargebotenen Menge Thran und von der Länge des Gerbeprocesses ab. Ist der
                              									Gerbeprocess auf längere Zeit ausgedehnt und bei der Oxydation günstigen
                              									Temperaturverhältnissen vorgenommen worden, so wird sicher die von der Haut gebundene Fettmenge grösser sein als im umgekehrten
                              									Falle. Die sechs Leder zeigten also laut Analyse sehr verschiedene Gehalte an
                              									gebundenem Fett; beurtheilte man die Fette lediglich nach dem Augenschein, so war
                              									hinsichtlich der Durchgerbung kein Unterschied wahrzunehmen; es machten sämmtliche
                              									sechs Leder den Eindruck von sattgegerbten Producten.
                           Um zu sehen, ob lediglich das gebundene Fett oder dieses in Gemeinschaft mit dem
                              									extrahirbaren Fette die gerbende Wirkung bedinge, wurden verschiedene unzerkleinerte
                              									Lederproben zunächst mit Schwefelkohlenstoff entfettet, dann in Wasser eingeweicht
                              									und getrocknet. Nach dem Trocknen zeigten die so behandelten Leder dieselben
                              									Eigenschaften als im unentfetteten Zustande; man kann demnach dem in
                              									Schwefelkohlenstoff löslichen Fette keine gerbenden Eigenschaften zuschreiben,
                              									sondern es müssen dieselben lediglich dem gebundenen Fette zugesprochen werden.
                           Was die absoluten Mengen der von der Haut aufgenommenen gerbenden Substanzen
                              									anbelangt, so sind dieselben, wenn wir Vergleiche mit anderen Ledersorten ziehen,
                              										ausserordentlich gering – eine Thatsache, auf
                              									welche schon EitnerDer Gerber, 1893 S. 243 und 256.
                              									gelegentlich einer Untersuchung über das Gerbvermögen einiger Thransorten
                              									hingewiesen hat. Während lohgare Leder im absolut trockenen Zustande etwa 35 Proc.
                              									gebundenen Gerbstoff und weissgare Leder etwa 20 Proc. gerbend wirkende
                              									Mineralstoffe enthalten, weisen unsere sechs Sämischleder einen Gehalt von
                              									durchschnittlich 5 Proc. gebundenem Fett auf. Hieraus folgt nun weiter, dass bei der
                              									Sämischgerberei sehr niedrige Gewichtsrendements erhalten werden müssen. Wie hoch
                              									die Rendements in der Loh-, Weiss- und Sämischgerberei ungefähr sein werden, können
                              									wir unter der Voraussetzung gleichartigen Hautmaterials aus der Analyse und aus dem
                              									Trockensubstanzgehalte der weissen Blösse annähernd berechnen. Den Gehalt der
                              									Trockensubstanz von Rindsblösse wollen wir mit durchschnittlich 25 Proc. annehmen;
                              									in Wirklichkeit schwankt derselbe je nach der Behandlung (ob geschwitzt oder
                              									gekalkt) und nach der Stärke der Haut von etwa 22 bis 28 Proc. Aus den oben
                              									mitgetheilten Durchschnittsanalysenresultaten der lohgaren, weissgaren und
                              									sämischgaren Leder ersehen wir, dass
                           
                              
                                 44,89
                                 Th.
                                 Hautsubstanz
                                 liefern
                                 100
                                 Th.
                                 rheinisches Sohlleder
                                 
                              
                                 39,10
                                 „
                                 „
                                 „
                                 100
                                 „
                                 norddeutsches   „
                                 
                              
                                 45,17
                                 „
                                 „
                                 „
                                 100
                                 „
                                 Oberleder (ohne Fett)
                                 
                              
                                 58,95
                                 „
                                 „
                                 „
                                 100
                                 „
                                 Weissgarleder
                                 
                              
                                 66,29
                                 „
                                 „
                                 „
                                 100
                                 „
                                 Sämischleder
                                 
                              
                           oder auf die Einheit für Hautsubstanz umgerechnet:
                           
                              
                                 1
                                 Th.
                                 Hautsubstanz
                                 liefert
                                 2,23
                                 Th.
                                 rheinisches Sohlleder
                                 
                              
                                 1
                                 „
                                 „
                                 „
                                 2,56
                                 „
                                 norddeutsches   „
                                 
                              
                                 1
                                 „
                                 „
                                 „
                                 2,21
                                 „
                                 Oberleder (ohne Fett)
                                 
                              
                                 1
                                 „
                                 „
                                 „
                                 1,70
                                 „
                                 Weissgarleder
                                 
                              
                                 1
                                 „
                                 „
                                 „
                                 1,51
                                 „
                                 Sämischleder.
                                 
                              
                           Da 100 Th. Blösse durchschnittlich 25 Th. Hautsubstanz enthalten, so werden demnach
                              									100 Th. Blösse
                           
                              
                                 durchschnittlich
                                 55,8
                                 Th.
                                 rheinisches Sohlleder
                                 
                              
                                 „
                                 64,0
                                 „
                                 norddeutsches   „
                                 
                              
                                 „
                                 55,3
                                 „
                                 Oberleder (ohne Fett)
                                 
                              
                                 „
                                 42,5
                                 „
                                 Weissgarleder
                                 
                              
                                 „
                                 37,8
                                 „
                                 Sämischleder
                                 
                              
                           ergeben. Selbstverständlich beziehen sich diese
                              									durchschnittlichen Rendementszahlen nur auf Rindsleder bezieh. Rindsblösse. Man
                              									sieht also, dass bei der Sämischgerberei die durchschnittlichen Gewichtsrendements
                              									in Bezug auf die Blösse, natürlich auch in Bezug auf die Rohhaut, wesentlich
                              									niedriger sind als in anderen Zweigen der Gerberei, namentlich bedeutend niedriger
                              									als in der Lohgerberei.