| Titel: | Setzmaschinen von Ansbert E. Vorreiter und F. Müllendorff. | 
| Fundstelle: | Band 295, Jahrgang 1895, S. 294 | 
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                        Setzmaschinen von Ansbert E. Vorreiter und
                           								F. Müllendorff.
                        Setzmaschinen von Vorreiter und Müllendorff.
                        
                     
                        
                           Von den Ingenieuren Ansbert E. Vorreiter und Dr. phil.
                              										F. Müllendorff in Berlin ist eine neue
                              									Lettern-Setz-, Ausschliess- und Ablegemaschine in fast allen Staaten zum Patent
                              									angemeldet worden, welche sich von der Linotype, dem Typograph und ähnlichen
                              									Maschinen zunächst dadurch unterscheidet, dass sie wirklich einen aus einzelnen
                              									Lettern hergestellten Satz liefert, und daher alle diejenigen Vortheile bewahrt,
                              									welche dem bisher gebräuchlichen Satz eigen sind. Diese Vortheile bestehen in der
                              									ausserordentlichen Schärfe des Abdruckes selbst bei grosser Auflage und in dem
                              									Umstände, dass diese Schärfe auch auf dem Cylinder der Rotationsmaschine nicht
                              									verloren geht, da hierbei nur ein einmaliger Abguss und zwar nach den tiefen und
                              									scharfen Letternbildern erforderlich ist. Daher eignet sich die neue Maschine nicht
                              									allein zur Herstellung der Tagesblätter, sondern auch für Werksatz, für illustrirte
                              									und Fach-Zeitschriften und selbst für Prachtwerke. Diese vielseitige Verwendbarkeit
                              									wird durch den Umstand erleichtert, dass die Maschine während des Setzens einen
                              									Wechsel mehrerer Schriftarten, selbst innerhalb einer Zeile ohne weiteres gestattet.
                              									Dabei nimmt die Maschine nur einen sehr kleinen Raum ein, da sie einen Cylinder von
                              									etwa ½ m Durchmesser und 1 m Höhe bei Benutzung zweier Schriftarten bildet. Ihr
                              									Antrieb kann von einer Transmission aus erfolgen, am einfachsten aber durch einen
                              									kleinen Elektromotor von etwa ⅕ , der zu diesem Zwecke in den Fuss der
                              									Maschine eingebaut wird.
                           Die Maschine wird in zwei Ausführungsformen hergestellt. Bei der ersten Form, welche
                              									den Namen Autotype erhalten hat, wird das Manuscript, welches von der Maschine
                              									gesetzt werden soll, auf einer Art Schreibmaschine hergestellt, welche das Papier
                              									ausser mit den Schriftzeichen noch mit Löchern versieht. Wird dann ein solches
                              									Manuscript in einen Contactapparat gebracht, so veranlassen die Löcher das
                              									Schliessen elektrischer Stromkreise, durch welche Elektromagnete an der Setzmaschine
                              									erregt werden, welche ihrerseits ein Ausstossen der Lettern aus den Kanälen
                              									veranlassen. Die Maschine reiht diese Lettern nun zum Satz an einander. In ähnlicher
                              									Weise erfolgt später das Ablegen dieses Satzes, wenn dasselbe Manuscript, das zu
                              									seiner Herstellung diente, in einen zweiten Contactapparat gebracht wird, welcher
                              									die Erregung der Ablegeelektromagnete veranlasst. Das Ablegen eines alten und die
                              									Herstellung eines neuen Satzes erfolgt dabei gleichzeitig, und da die abgelegten
                              									Lettern sogleich wieder zum Setzen benutzt werden, ist ein nur geringer Vorrath von
                              									Schriftsatz erforderlich. Dabei beansprucht die Maschine keineswegs Lettern von
                              									irgend welcher besonderen Form, vielmehr kann jede vorhandene Letter ohne weiteres
                              									auch zum Maschinensatz verwendet werden. Nur für Ligo- und Logotypen, deren
                              									Benutzung bei Herstellung des Manuscriptes wie des Satzes eine weitere
                              									Zeitersparniss gestattet, sind natürlich vorkommendenfalls neue Lettern
                              									anzufertigen. Da die Correctur bereits am Manuscript erfolgt, so ist der von der
                              									Maschine gelieferte Satz druckfertig. Das Ausschliessen geschieht durch einen
                              									einfachen kleinen Rechenapparat, der mit dem Schreibapparat verbunden ist, und am
                              									Schlusse jeder Zeile den für diese Zeile passenden Ausschluss selbsthätig einstellt.
                              									Der Schreibapparat, der Contactapparat und die Setzmaschine sind räumlich von
                              									einander völlig unabhängig. Das Manuscript kann daher unter Umständen der Druckerei
                              									zum Setzen fertig eingesandt werden, und kommt, da die Contactapparate zweckmässig
                              									in einem anderen Raume untergebracht werden als die Maschinen, mit diesen selbst gar
                              									nicht in Berührung. Die erste Maschine dieser Art soll in kurzer Zeit in Berlin im
                              									Betriebe vorgeführt werden.
                           Die zweite Ausführungsform, Plektrotype genannt, unterscheidet sich von der
                              									Autotype im Wesentlichen nur dadurch, dass die Erregung der Setzelektromagnete nicht
                              									durch das Manuscript, sondern durch das Spielen auf einer Tastatur direct erfolgt.
                              									Da aber durch das Niederdrücken der Tasten nur elektrische Contacte hergestellt
                              									werden, so ist die Bedienung dieser Tastatur eine ausserordentlich leichte.
                              									Hierdurch, sowie durch Anwendung geeigneter Ligo- und Logotypen geht die Setzarbeit
                              									noch rascher von statten als das Schreiben auf den gebräuchlichen Schreibmaschinen.
                              									Das Ausschliessen erfolgt auch hier vollständig automatisch seitens der Maschine,
                              									und ebenso wird gleichzeitig mit dem Setzen ein alter Satz abgelegt. Zu diesem
                              									Zwecke sind allerdings die Lettern mit Signaturen zu versehen. Diese brauchen jedoch
                              									nur flach zu sein, beeinträchtigen daher die Stabilität der Letter nicht und lassen
                              									sich auf jedem vorhandenen Schriftsatz leicht und ohne grosse Kosten anbringen.
                              									Irgend welcher Führungssignatur jedoch bedürfen die Lettern auch bei dieser
                              									Ausführungsform nicht.
                           Beide Maschinen, die Autotype wie die Plektrotype, sind als diejenigen Maschinen zu
                              									bezeichnen, welche das Setzmaschinenproblem in der bis jetzt vollkommensten Weise
                              									lösen und am meisten denjenigen Anforderungen entsprechen, welche der Buchdrucker an
                              									eine Setzmaschine und das Publikum an den Druck stellt.
                           Wir können hinzufügen, dass in Folge der grossen Einfachheit der Maschinen nicht nur
                              									ihr Preis ein sehr massiger, sondern auch ihr Betrieb ein sehr sicherer sein
                              									wird.
                           Wir werden seinerzeit auf diese beiden interessanten Maschinen und ihre constructiven
                              									Einzelheiten zurückkommen.