| Titel: | Ueber die Genauigkeit der Polarplanimeter. | 
| Autor: | -r | 
| Fundstelle: | Band 297, Jahrgang 1895, S. 15 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Ueber die Genauigkeit der
                           Polarplanimeter.
                        Mit Abbildung.
                        Ueber die Genauigkeit der Polarplanimeter.
                        
                     
                        
                           Unter dem Titel: The Polar-Planimeter, macht William Cox im American
                                       Machinist folgende Mittheilungen:
                           Es liegt nicht in meiner Absicht, in diesen Zeilen die Theorie oder die
                              Anwendungsmethoden des Polarplanimeters zu beschreiben, sondern vielmehr an den
                              Versuchen derjenigen, welche dem Studium und der Anwendung dieser geistvollen
                              Erfindung Jahre gewidmet haben (ebenso als an meinen eigenen Versuchen) zu zeigen,
                              dass es trotz der Zweifel, welche neuerdings an seiner Richtigkeit erhoben werden,
                              volle Glaubwürdigkeit verdient.
                           Als bezeichnend müssen wir uns vergegenwärtigen, dass es Planimeter gibt, welche sich
                              mit einem Preise von 5 bis auf 100 Dollars für das Stück und mehr einreihen lassen,
                              so dass das Vertrauen, welches denselben entgegengebracht werden kann,
                              augenscheinlich abhängig ist von ihrem System, von ihrer Constructionsart, von ihrer
                              Güte und somit auch von ihrem Preis. Meine Bemerkungen beziehen sich hauptsächlich
                              auf das in der Figur dargestellte Instrument, weil dessen System für Civil- oder
                              Maschineningenieurarbeiten das passendste, sowie seine Güte eine der besten, ferner
                              der bewegliche oder Stangenarm durchaus auf seine ganze Länge gut getheilt ist, so
                              dass es so corrigirt werden kann, dass der wirkliche Flächeninhalt einer gegebenen
                              Figur, welche zeichnerisch in irgend einem Maasstabe dargestellt ist, leicht
                              erhältlich ist.
                           Die Genauigkeit der Messung, welche mittels des Polarplanimeters vorgenommen wird,
                              hängt ab von der Sorgfalt, welche beim Umfahren des Umfanges der Figur, deren Inhalt
                              gesucht werden soll, mit dem Gestänge gehandhabt wird, ebenso von der Sorgfalt,
                              welche auf die Construction und Correction der verschiedenen Instrumententheile
                              verwendet ist. Es gibt aber noch einen anderen Factor, welcher die Genauigkeit der
                              Resultate wesentlich beeinflusst, und das ist die Oberfläche des Papiers, auf
                              welchem der Planimeter gebraucht wird. Das Instrument ist nothwendiger Weise ein
                              sehr empfindlich construirtes, und da das Messungsergebniss durch Rollen oder
                              Gleiten der Räder allein, sowie durch deren combinirtes Rollen und Gleiten erzeugt
                              wird, so muss die Oberfläche, über welche es geht, augenscheinlich die grössere oder
                              geringere Regelmässigkeit seines Fortschreitens beeinflussen, indem das Ergebniss in
                              manchen Fällen zu gross (vermehrt), in anderen zu klein (vermindert) wird.
                           Um sowohl im Allgemeinen die Genauigkeit des Planimeters nachzuweisen, als auch um
                              die Correctur des Gestängearmes in Bezug auf den Maasstab, in welchem die Zeichnung
                              hergestellt ist, zu erleichtern, wird gewöhnlich ein rundes Messingscheibchen dem
                              Instrument beigegeben, welches einen feinen Einschnitt rund herum an seinem Rande
                              hat und dem Inhalt einer gegebenen bezieh. bekannten Fläche, z.B. 4 Quadratzoll,
                              entspricht. Das Gestänge kann mit beträchtlicher Genauigkeit rund um die Scheibe
                              mittels des Einschnitts geführt und das Resultat am Rade verglichen werden mit der
                              bekannten Fläche, welche mittels des Einschnitts umfahren ist. Einige wenige
                              Versuche, sowohl vorwärts als rückwärts, ergeben den Grad der erreichbaren
                              Genauigkeit mit ziemlicher Gewissheit. In einigen Fällen wird statt des Einschnitts
                              ein kleiner Metallstreifen benutzt, der am einen Ende eine feine Centralnadel und 1,
                              2, 3 u.s.w. Zoll entfernt davon Löcher enthält, in welche die Gestängespitze
                              eingesetzt werden kann, so dass damit genaue Kreise von 2, 4, 6 u.s.w. Zoll
                              Durchmesser beschrieben werden können und das Resultat am Rade mit der bekannten
                              Fläche je eines solchen Kreises verglichen werden kann. Selbstverständlich wird bei Forderung
                              einer grösseren Genauigkeit das Mittel von mehreren Umdrehungen genommen und der
                              Gestängearm corrigirt, um die mittlere Ablesung so genau als möglich mit der
                              bekannten Fläche des Kreises in Einklang zu bringen. So bekam ich beim Prüfen eines
                              Instrumentes die folgenden Resultate nach einander für jedes Durchlaufen des
                              Gestänges um die Scheibe: 4,18 + 4,175 + 4,178 + 4,170 + 4,180 + 4,172 = 25,055; im
                              Mittel 4,176. Hieraus ist ersichtlich, dass die grössten Abweichungen vom Mittel
                              sind: + 0,004 und – 0,006, was 0,10 und 0,12 Proc. ausmacht. Die Fläche der
                              benutzten Scheibe war 4,17 Quadratzoll, so dass das mittlere Resultat sehr nahe
                              richtig war und wahrscheinlich durch eine geringe Correction des Gestängearmes noch
                              genauer hätte erreicht werden können. Die grösste Abweichung zwischen zwei
                              Resultaten war nur 1 : 417 oder weniger als ¼ Proc.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 297, S. 15
                              Polarplanimeter.
                              
                           Prof. Franz Lorber in Leoben (Oesterreich), der eine
                              grosse Menge Zeit der Prüfung von verschiedenen Arten von Planimetern gewidmet und
                              verschiedene Tausende von sorgfältigen und vollkommenen Versuchen damit anstellte,
                              kam zu dem Schluss, dass der Fehler in den Resultaten durch eine Gleichung
                              dargestellt ist, welche zusammengezogen die Form hat:
                           
                              E=K\,f+m\,\sqrt{F\,f}
                              
                           
                              
                                 wobei
                                 
                                    E =
                                    
                                 Fehler im Resultat, ausgedrückt in Theilender gemessenen
                                    Fläche,
                                 
                              
                                 
                                 F =
                                 wirklich gemessene Fläche,
                                 
                              
                                 
                                 f =
                                 Werth eines Umganges des Messrades, abhängigvom Stand des
                                    Gestängearmes,
                                 
                              
                           K und m sind Constante,
                              verschieden nur nach der Art des Instruments, und bei dem durch unsere Figur
                              dargestellten:
                           K = 0,00126 und m = 0,00022.
                           Prof. Lorber fertigte Tafeln über die Resultate einer
                              Anzahl von Versuchen an; die folgende bezieht sich auf den hier dargestellten
                              Planimeter.
                           
                              
                                 Wirklich ge-messeneFläche = F
                                 Absoluter Fehlerim Resultat = E
                                 Relativer Fehler im Resultatf mit = 100 qc
                                 
                              
                                 qc
                                 qc
                                 1 auf:
                                 Proc.
                                 
                              
                                 200
                                 0,157
                                 1,247
                                     0,0785
                                 
                              
                                 100
                                 0,148
                                    682
                                   0,148
                                 
                              
                                   50
                                 0,141
                                    355
                                   0,282
                                 
                              
                                   20
                                 0,135
                                    148
                                   0,675
                                 
                              
                                   10
                                 0,133
                                      75
                                 1,33
                                 
                              
                                     5
                                 0,131
                                      39
                                 2,62
                                 
                              
                           Das Obige sind die Fehler eines einzigen Umlaufs des Gestängpunktes um die zu
                              messende Fläche und nicht die Mittel von verschiedenen Umläufen. Es muss bemerkt
                              werden, dass die absoluten Fehler, welche von 0,131 bis 0,157 qc variiren, nur
                              wenig von einander verschieden sind und ganz und gar nicht im Verhältniss zu der
                              gemessenen Fläche stehen, so dass auf der anderen Seite sich der relative Fehler
                              beträchtlich vermindert, wenn die gemessene Fläche grösser ist, indem er nahezu
                              umgekehrt proportional zur Vermehrung der Fläche steht.
                           Prof. Henry S. H. Shaw sagt in einem werthvollen, dem
                              Institut der Civilingenieure zugestellten Schreiben: „Ich kenne ein
                                 Civilingenieurbureau, wo eine grosse Anzahl von Erdmassen erhoben werden
                                 mussten; die Berechnungen schritten langsam voran und mit vielen Wiederholungen,
                                 bis ein Angestellter sich einen Planimeter verschaffte, und dann ging das
                                 Uebrige mit dem Resultate einer schnellen Durchführung und fast ganz ohne Fehler
                                 und selbst dann nur in den Decimalstellen, wo vorher die Abweichung nach
                                 Einheiten zählte.“
                           Clemens Herschel, Civilingenieur, sagt in einem
                              Schreiben, welches 1874 dem Journal des
                                 Franklin-Institutes zugetheilt wurde, nachdem er die Methode der
                              mechanischen Berechnung der Erdmassen nach der Prismoidalformel mittels des
                              Polarplanimeters beschrieben hat, dass er finde, dass der wahrscheinliche Fehler
                              nicht grösser sein dürfe, als 2 Yards auf 1000 oder 0,2 : 1 Proc.
                           Ein Correspondent des Engineering News sandte vor
                              wenigen Monaten einige Specialarbeiten, welche von ihm mit dem gleichen hier
                              illustrirten Planimeter ausgeführt sind. Er sagt: „Verschiedene Artikel über den
                                 Gebrauch des Polarplanimeters sind in Ihrem Journal von Zeit zu. Zeit
                                 erschienen, aber sie waren nur Beschreibungen und mathematische Darlegungen
                                 seines Arbeitens, gleichzeitig mit verschiedenen Formeln und nicht Vergleiche
                                 von Resultaten aus der täglichen Praxis. Es werden selten Ingenieure in
                                 Eisenbahnconstructionen angetroffen, welche je den Planimeter zur Berechnung
                                 ihrer Anschläge benutzten oder irgend etwas über seine Vortheile bei solchen
                                 Arbeiten wissen. Bei der Berechnung von Flächen mit complicirten Querschnitten
                                 und beim Revidiren von monatlichen Anschlägen, wobei die Zeit immer eine Rolle
                                 spielt, ist er bestens zu empfehlen und seine Genauigkeit wird durch folgenden
                                 Vergleich gezeigt, welcher aus der wirklichen Praxis schwieriger
                                 Eisenbahnconstructionen in Erde und Fels entnommen ist, wo die Arbeit mit
                                 Dampfschaufeln verrichtet wird und zahlreiche Einschlitzungen nöthig sind, um
                                 jeden Einschnitt zu vollenden.
                           Vergleich der Resultate von Originalquerschnitt, definitivem
                              Kostenanschlag und Polarplanimeter.
                           
                              
                                 
                                    
                                    Aushub
                                    
                                 NachOriginal-quer-schnitt
                                 Nach de-finitivemKosten-anschlag
                                 NachPolar-plani-meter
                                 Differenz
                                 
                              
                                 
                                 Cub.-Yds
                                 Cub.-Yds
                                 Cub.-Yds
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Dalrymple-Einschnitt
                                   61,164
                                   61,196
                                   60,871
                                 – 0,52
                                 
                              
                                 Heine-Einschnitt
                                   52,801
                                   52,801
                                   51,763
                                 – 1,96
                                 
                              
                                 Herrick-Einschnitt
                                   44,211
                                   45,521
                                   45,683
                                 + 0,35
                                 
                              
                                 Smith-Einschnitt
                                   43,947
                                   43,223
                                   43,088
                                 – 0,31
                                 
                              
                                 Baker-Einschnitt
                                 116,647
                                 113,510
                                 114,502
                                 + 0,86
                                 
                              
                           Für Revisionen in zwei Fällen, welche analytisch berechnet und nach der graphischen
                              Methode erstellt sind:
                           
                           
                              
                                 1419187
                                 Cubik-Yards,    der Planimeter hatte + 0,024 Proc. Differenz,
                                 
                              
                                 1027839
                                 Cubik-Yards,    der Planimeter hatte + 0,0316 Proc. Differenz.
                                 
                              
                           Ich denke, ich habe genug gesagt, um zu zeigen, dass den Resultaten, welche mittels
                              des Polarplanimeters gefunden wurden, volles Vertrauen entgegengebracht werden kann,
                              wenn man vor Benutzung des Instrumentes es sorgfältig mit der beschriebenen Scheibe
                              untersucht und genau nach dem Zeichenmaasstab corrigirt hat. Bei den grösseren und
                              kostspieligeren Instrumenten sind Erfindungen der einen oder der anderen Art
                              angebracht, wodurch der Factor der ungleichen Papieroberfläche mehr oder weniger
                              beseitigt wird.
                           -r.