| Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. | 
| Fundstelle: | Band 297, Jahrgang 1895, S. 117 | 
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                        Ueber Fortschritte in der
                           Spiritusfabrikation.
                        (Letzter Bericht 1895 Bd. 295 S. 88, 115,
                           137.)
                        Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
                        
                     
                        
                           I. Rohstoffe und Malz.
                           Im Anschluss an die von der Zeitschrift für
                                 Spiritus-Industrie, 1894 Nr. 8 S. 61 und 62, gebrachte und auch an diesem
                              Orte, 1895 295 88, erwähnte Zusammenstellung der Methoden der Conservirung von Kartoffeln bespricht Heinzelmann, Zeitschrift für Spiritusindustrie, 19 S.
                              157, eine denselben Gegenstand betreffende Abhandlung von
                                 Schribaux, Director der landwirthschaftlichen Versuchsstation in
                              Frankreich, nach welcher das Verderben der Kartoffeln durch die im Frühjahr
                              beginnende Keimung verursacht wird. Für die Zwecke der Haushaltung, also für
                              Aufbewahrung kleiner Quantitäten, genügt das Ausstechen der Augen oder der Keime der
                              Kartoffeln bis zu 2 oder 3 mm Tiefe vollkommen, um dieselben unter vollständiger
                              Erhaltung ihrer Qualität zu conserviren. Für Massenconservirung empfiehlt sich eine
                              10- bis 12stündige Behandlung mit 1- bis 2procentiger Schwefelsäurelösung, deren
                              Stärke nach Versuchen innerhalb dieser Grenzen so zu bemessen ist, dass sie die
                              Zerstörung der Augen bewirkt und etwa 2 mm in die Knollen eindringt, ohne den
                              essbaren Theil irgendwie zu verändern.
                           Ueber die Vortheile der Verwendung schwefliger Säure in der
                                 Mälzerei berichtet Kukla (Oesterreichische Brauer- und Hopfenzeitung und W. f.
                                 B., 1894 28 885). In erster Linie wollte zwar
                              Verfasser bei seinen Versuchen nur ein hellfarbiges Fabrikat erzielen, erreichte
                              aber nebenbei auch durch das Weichen in angesäuertem Wasser eine 20stündige
                              Abkürzung der Weichdauer, eine gleichmässigere Keimung und ein regelmassigeres und
                              rascheres Wachsthum des Malzes auf den Tennen, so dass die Mälzung gleichfalls um 2
                              bis 3 Tage schneller und unter völliger Vermeidung von Schimmelbildung und unter
                              Erzeugung vorzüglicher Malzqualitäten selbst in der wärmeren Jahreszeit verlief. Kukla gibt für die Praxis folgende Vorschrift: Zunächst
                              ist die Gerste zwecks Waschung und geeigneter Vorbereitung für die Behandlung mit
                              schwefliger Säure mehrere Stunden mit gewöhnlichem Wasser zu weichen, und erst nach
                              Entfernung des letzteren lässt man ein Wasser auf das Malzgetreide 12 oder 14
                              Stunden einwirken, welchem man so viel schweflige Säure zugesetzt hat, dass zu
                              seiner Neutralisirung für 1 cc höchstens 0,05 cc 1/10-Normalätznatron, mindestens aber
                              0,025 cc desselben erforderlich sind. Je nach den im Wasser vorhandenen Carbonaten
                              ist der Zusatz von schwefliger Säure entsprechend zu verstärken, weil nur die
                              ungebundene Säure die erwähnten günstigen Einflüsse ausübt. In Gegenwart allzu
                              grosser Mengen von kohlensaurem Kalk können jedoch die entstehenden,
                              verhältnissmässig bedeutenden Quantitäten von schwefligsaurem Kalk die Keimung so
                              nachtheilig beeinflussen, dass die Anwendung dieses Verfahrens sich überhaupt nicht
                              mehr empfiehlt. Nach Verlauf des angegebenen Zeitraumes erfolgt das Ablassen der
                              Lösung der schwefligen Säure, ein einmaliges Nachwaschen mit gewöhnlichem Wasser und
                              dann die vollständige Durchführung der Weiche in der allgemein üblichen Weise,
                              aber unter Berücksichtigung der sich bei diesen Verhältnissen um etwa 20 Stunden
                              verkürzenden Weichdauer, um ein leicht eintretendes Ueberweichen zu verhüten. Für 1
                              hl Gerste ist etwa 1 hl angesäuertes Wasser erforderlich, und die Auslagen für
                              schweflige Säure betragen für 1 Centner fertigen Malzes etwa 5 bis 7 Pfennig.
                           Im Jahre 1887 veröffentlichten Schutt und Goslich auf
                              Grund von Laboratoriumsversuchen (Wochenschrift für
                                 Brauerei, 1886 160) Beobachtungen über die Athmung
                                 des Malzes auf der Tenne, nach welchen bei normaler Haufenführung der
                              Gehalt der Haufenluft an Kohlensäure etwa 4 Proc. beträgt, während Saare in den pneumatischen Mälzereien fast nie
                              Kohlensäure in dem zu vermälzenden Getreide nachweisen konnte. Auf Anregung Delbrück's controlirte Jaeschin (Wochenschrift für
                                 Brauerei, 1894 16 473) die Angaben der beiden erstgenannten Autoren durch directe Untersuchung eines
                                 ziemlich hoch geführten Malzes auf der Tenne, und zwar unter genauer
                              Feststellung des Wassergehaltes des Getreides nach kürzerer oder längerer
                              Weichdauer, der Ermittelung der Haufentemperaturen und der in den Haufen unmittelbar
                              vor dem Wenden in den verschiedenen Wachsthumsstadien auftretenden
                              Kohlensäuremengen.
                           Der Wassergehalt der ursprünglich etwa 15 Proc. Wasser enthaltenden Gerste betrug
                              nach 24stündiger Weiche 47,5 Proc., nach 48stündiger 56,6 Proc. und nach 70stündiger
                              63,7 Proc., so dass die auf die Tenne gebrachte Gerste etwa 48,5 Proc. Wasser
                              aufgenommen hatte. Bis zum zweiten Tage stieg der Wassergehalt des Malzgutes auf der
                              Tenne auf 70,7 Proc., um von diesem Zeitraum an bis zum Anlangen auf der Schwelche
                              auf 58,7 Proc. zu sinken. Die durchschnittlichen Malztemperaturen der wegen der
                              niedrigen Temperatur der Tennenluft (5° R.) möglichst hoch geführten Haufen stiegen
                              vom ersten bis vierten Tage von 8,5 auf 19° R. und sanken im fertigen Malze auf
                              13,5° R.
                           Der Kohlensäuregehalt der Haufenluft bezifferte sich bereits am ersten Tage im
                              Zeitraum der höchsten Ansammlung auf durchschnittlich 5,4 Proc.; am zweiten und
                              dritten Tage wurden als Maximalzahlen 15 bezieh. 19,4 Proc. gefunden, am vierten
                              Tage Morgens nur noch 6,9 Proc., gegen Abend 3,8 Proc., am fünften Tage nur 0,5
                              Proc. und am sechsten Tage 0,0 Proc. – Sauerstoffbestimmungen in der
                              kohlensäurehaltigen Luft des Haufens zeigten, dass nur bis zu einem Gehalte von 3,3
                              Proc. Kohlensäure eine entsprechende Abnahme des Sauerstoffs durch Athmung
                              stattfindet, dass aber mit weiter gesteigerter Wachsthumsenergie neben der Athmung
                              eine sich steigernde Selbstgährung verläuft, in Folge deren grössere, durch Gährung
                              erzeugte Kohlensäuremengen bis zu 2,6 Proc. auftreten können. Diese Selbstgährung
                              kann wohl am besten mit der alkoholischen Gährung verglichen werden, denn in der
                              That konnten durch geeignete Maassregeln in der Haufenluft Spuren von Alkohol
                              nachgewiesen werden. Die hierdurch zweifellos erwachsenden Stoffverluste würden sich
                              durch niedriges Führen und häufiges Wenden der Haufen vermeiden lassen; leider
                              zwingen jedoch häufig niedrige Temperaturen der Tennen den Praktiker, im Interesse
                              der Regelmässigkeit des Betriebes Maassnahmen in entgegengesetztem Sinne zu
                              ergreifen und die Unannehmlichkeit der theilweisen Selbstgährung des Malzes über
                              sich ergehen zu lassen.
                           
                        
                           
                           II. Dämpfen und Maischen. III. Gährung und Hefe.
                           In der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1894 36 289,
                              bespricht Wittelshöfer den Werth von
                                 Zerkleinerungsvorrichtungen für Maische, von welchen letzteren in neuerer
                              Zeit mehrere patentirt oder auch von den Erfindern der allgemeinen Benutzung frei
                              übergeben sind. Er macht darauf aufmerksam, dass mit der Entwickelung des
                              Hochdruckverfahrens die bereits früher vielfach eingeführten derartigen
                              Vorrichtungen, z.B. die Ellenberger'sche Reibe, die Bohm'sche Mühle, der
                              Lwowski'sche Zerkleinerungsapparat, wie auch die verschiedenartigsten
                              Ausblaseventile, Ausblasekegel und Ausblaseröhren, aus dem Betriebe verschwanden,
                              weil man sich überzeugt hatte, dass schon die Vervollkommnung der Formen der
                              Dämpfer, die verbesserten Dampfeinströmungen und die zweckmässigere Leitung des
                              Dämpfprocesses ohne weiteres die Umwandelung der in den deutschen Brennereien in
                              Betracht kommenden Rohmaterialien, vielleicht mit Ausnahme des Roggens, in solche
                              Formen gestatten, welche bei schneller Vermischung der gedämpften Masse mit dem
                              Malze möglichst vollkommen in gährungsfähiges, also ausnutzbares Material
                              übergeführt werden können.
                           Wenn nun trotzdem für derartige Apparate neuerdings vielfach Erfolge in Anspruch
                              genommen werden, so kann dies bei Verarbeitung normaler Kartoffeln nur in der durch
                              die bessere Zerkleinerung der Traber hervorgerufenen grösseren Dünnflüssigkeit der
                              Maischen, welche vielleicht einen geringeren Steigraum erfordern, seinen Grund
                              haben, nicht aber in einer vollständigeren Aufschliessung der Stärke. Selbst wenn
                              möglicher Weise bei trockenfaulen und kranken Kartoffeln durch wiederholte
                              Zerkleinerung eine etwas bessere Aufschliessung zu erreichen sein sollte, würde es
                              angebracht sein, auch unter diesen Bedingungen den Werth derartiger
                              Zerkleinerungsapparate und namentlich der Ausblasevorrichtungen nicht zu
                              überschätzen.
                           Assmann (Zeitschrift für
                                 Spiritus Industrie, 1894 309) macht dagegen geltend, dass selten ein Druck
                              von 3 at in Henze-Dämpfern älterer Construction zur völligen Aufschliessung selbst
                              normalen Rohmaterials genügen wird, und, da man in einer grossen Anzahl von
                              Brennereien höchstens bei diesem Druck arbeiten kann, so sind schon in diesem Falle
                              Zerkleinerungsapparate ebenso vortheilhaft, als bei der Verarbeitung von
                              trockenfaulen und kranken Kartoffeln, wie besonders auch von Mais und Getreide. Assmann kann daher in der Ausserbetriebsetzung der
                              älteren derartigen Vorrichtungen noch keineswegs einen Beweis für die
                              Entbehrlichkeit derselben erblicken, sondern schliesst nur aus diesem Umstände, dass
                              die Maschinentechnik sich insofern den Anforderungen des Gewerbes nicht in
                              genügender Weise anzupassen wusste, als sämmtliche früheren Systeme viel zu
                              complicirt waren und deren Verwendung oft einen bedeutenden Aufwand an Dampf kraft
                              erforderte. Ein nach den Angaben des Verfassers hergestellter Apparat dagegen ist
                              ungleich einfacher, erfordert keine Dampf kraft, arbeitet dennoch
                              zweckentsprechender und gestattet eine gefahrlose Reinigung während des Betriebes in
                              wenigen Minuten.
                           Im Anschluss an die bereits im letzten Bericht ausführlich besprochenen Arbeiten Effront's über Ursachen der
                                 Schwergährigkeit mancher Melassen und deren Bekämpfung mag hier eine denselben Gegenstand betreffende
                              Abhandlung Bau's in der
                                 Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1894 45 366, Erwähnung finden, in
                              welcher derselbe darauf hinweist, dass je nach den Jahrgängen in den Melassen in
                              ausserordentlich wechselnden Mengen eine zuerst von Loiseau, später von Tollens und Scheibler aufgefundene und als Raffinose, Melitose oder
                              Melitriose bezeichnete Zuckerart auftritt, welche von Oberhefe nur zu einem Drittel,
                              von Unterhefe aber völlig vergohren wird. Das Vorkommen und Verhalten dieses Zuckers
                              gegen obergährige Hefe kann recht wohl eine weitere Art von Schwergährigkeit
                              hervorrufen, und dürfte in allen diesen Fällen eine gemeinschaftliche Verwendung von
                              Ober- und Unterhefe, als welche letztere die ausserordentlich gährkräftige Hefe Saaz
                              in Betracht käme, sich empfehlen.
                           Schaumgährung. Die Einführung der Reinhefe Rasse II,
                              einer Hefe von ungewöhnlich hoher Gährkraft, in die Praxis war insofern als ein
                              wesentlicher Fortschritt zu bezeichnen, als dieselbe die Möglichkeit bot, sogar
                              äusserst hoch concentrirte Maischen erreichbar vollständig unter bedeutender
                              Steigerung der Reinlichkeit der Gährung, also unter wesentlicher Vermehrung der
                              Alkoholausbeute und Verminderung der Säurebildung, zu vergähren. Als bedenklicher
                              Uebelstand machte sich jedoch in Folge der grossen Gährungsenergie dieser Rasse in
                              vielen Fällen das Auftreten heftigster Schaumgährung bemerkbar, welche letztere die
                              Benutzung grösserer Mengen Petroleum erforderte, um die sonst unvermeidlichen
                              Verluste an Gährmaterial zu verhüten. Besonders auf Veranlassung Delbrück's gelangten Versuche zur Klärung dieser Frage
                              in grösserer Anzahl zur Durchführung, deren Ergebnisse zu der Annahme zwangen, dass
                              die Hauptursache dieser unangenehmen Form der Gährung ausser in der
                              Rasseneigenthümlichkeit der Hefe auch noch in einem gewissen geilen Ernährungs- und
                              Entwickelungszustande derselben, dem Zustande der grössten Sprossung und Vermehrung,
                              begründet sei. In Folge dieser Erkenntniss hatte man als zweckmässige
                              Gegenmaassregeln vorgeschlagen:
                           1) Die Führung der Hefe in einem concentrirten Hefengut von mindestens 20°, wo
                              möglich aber von 22 bis 24° B.;
                           2) die sorgfältige Einhaltung aller für eine rationelle Hefebereitung als nothwendig
                              und nützlich erkannten Maassnahmen;
                           3) eine starke Vergährung der Hefe auf etwa 4 bis 5° B. während einer genügend langen
                              Gährdauer von 26 bis 30 Stunden;
                           4) die Erreichung einer Endtemperatur von 24 bis 25 °R.;
                           5) die Verwendung einer nicht mehr in kräftiger Gährung befindlichen Hefe zum
                              Anstellen;
                           6) eine etwas frühere Abnahme der Mutterhefe;
                           7) die Vermeidung des Vorstellens der Hefe.
                           In der That rief in vielen Fällen auf diese Weise bereitete Hefe Schaumgährung nicht
                              mehr hervor, aber die beobachteten häufigen Ausnahmen deuteten doch darauf hin,
                              dass, auch abgesehen von den zu verarbeitenden verschiedenen Sorten vielleicht noch
                              mehr oder weniger unreifer Kartoffeln, sowie von der grösseren oder geringeren
                              Stärke der Einmaischung und zu leichtem und ungenügendem Dämpfen, welche angeführten
                              Umstände die Neigung zur Schaumgährung ebenfalls vergrössern, noch weitere
                              wesentliche Einflüsse in Betracht zu ziehen seien. –
                           In einem Beitrage zur Unterdrückung der Schaumgährungmacht nun A. Hesse, Marzdorf, in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1894 19 153, darauf aufmerksam, dass
                              bei Benutzung gut wirkender Vormaischbottiche zur Herstellung der Maischen und
                              ausserordentlich gährkräftiger Hefe die Schaumgährung die normale Gährungsform ist
                              und immer dann auftritt, wenn in den Maischen neben solcher Hefe Maltose und Dextrin
                              in dem unter günstigen Verzuckerungsbedingungen erreichbaren Verhältniss sich
                              vorfinden. Wird dieses Verhältniss zu Ungunsten der Maltose verschoben, wie sich
                              dies durch Anwendung nur etwa der Hälfte des zur Verzuckerung bestimmten Malzes bei
                              den üblichen Maischtemperaturen im Vormaischbottich und durch späteren Zusatz des
                              Malzrestes bei Temperaturen von 20 bis 14 ° R. leicht erreichen lässt, so tritt
                              Schaumgährung überhaupt nicht mehr ein; die ganze Gährung verläuft ruhiger und
                              gleich massiger und verliert erst dann an Intensität, wenn grössere Alkoholmengen
                              sich gebildet haben. Erklärlich wird dieser günstige Verlauf der Gährung bei
                              Einhaltung der Hesse'schen Vorschrift dadurch, dass in
                              Folge der geringeren, zur Verzuckerung benutzten Malzmengen der Hefe während der
                              Hauptgährung in den Maischen kein zu grosser Ueberschuss an Maltose geboten wird,
                              dass aber dennoch die vorhandenen Quantitäten ungeschwächter, äusserst wirksamer
                              Diastase selbst bei den niedrigeren Temperaturen in ausreichender Weise Dextrin in
                              Zucker umzuwandeln und so die Nachtheile der ursprünglich schlechten Verzuckerung
                              schon in den ersten 24 Stunden völlig auszugleichen vermögen. Erfahrungsmässig hat
                              nun ein Zusatz von selbst mangelhaftem Malz zur kalten Maische keinen nachtheiligen
                              Einfluss auf die Vergährung zur Folge und befördert auch nicht in nennenswerther
                              Weise die Säurebildung, so dass man das Hesse'sche
                              Verfahren der getheilten Anwendung des Malzquantums als ein wirksames Mittel zur
                              Bekämpfung einer bestimmten Form der Schaumgährung mit Recht ansprechen darf.
                           Heinzelmann, Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1894 20
                              161, hatte Gelegenheit, in Marzdorf selbst das Verfahren zu prüfen und an einer
                              Reihe von Versuchsbottichen bei Einhaltung der Hesse'schen Vorschriften ohne Aenderungen in der Hefeführung das Ausbleiben
                              der sonst immer auftretenden Schaumgährung zu constatiren; er konnte gelegentlich
                              dieser Versuche sich gleichfalls überzeugen, dass der Zusatz des keineswegs
                              tadellosen Malzes zur kalten Maische irgend welche Uebelstände in Bezug auf
                              Vergährung, Säurebildung und Alkoholausbeute nicht herbeiführte, und dass wegen der
                              von 20 Minuten auf 5 Minuten reducirten Verzuckerung die Betriebszeit gleichfalls um
                              den entsprechenden Zeitraum abgekürzt wurde. Versuche, die durch dreistündige
                              Extraction des gequetschten Malzes mit Wasser gewonnene, stärkefreie Diastaselösung
                              zur Nachverzuckerung bei der erwähnten Temperatur, die stärkehaltigen Treber aber
                              zwecks besserer Ausnutzung der Stärke des Malzes bei der Maischtemperatur im
                              Vormaischbottich zu verwenden, ergaben aus nicht aufgeklärten Gründen in Bezug auf
                              Verhinderung der Schaumgährung nicht ein gleich günstiges Resultat, wie die
                              vorschriftsmässige Verwendung des gequetschten Malzes. Heinzelmann räth daher, bei dem heutigen Dickmaisch verfahren lieber auf
                              die Nutzbarmachung eines Theiles der Malzstärke gemäss dem Vorschlage von Hesse zu verzichten, und hält das Verfahren desselben
                              eventuell für geeignet, nach weiterer Prüfung auch in Brennereien eingeführt zu
                              werden, in denen Schaumgährung nicht auftritt.
                           Verlängerung der Gährdauer. In den meisten deutschen
                              Brennereien ist bisher im Allgemeinen eine Gährfrist von 3 Tagen üblich. Unter
                              diesen Bedingungen finden sich nach fast allen Erfahrungen noch etwa 1 bis 2 Proc.
                              gährfähige Substanzen in den bestvergohrenen Maischen, so dass es durch eine
                              Verlängerung der Gährdauer, welche vor Einführung der Reinhefe II und derjenigen der
                              neueren Methoden der Gährungsführung, besonders des Hesse'schen Verfahrens, wegen früher leicht eintretender Erlahmung der
                              Hefe durch zu hohe Temperaturen und wegen stärkerer Säurebildung geradezu eine
                              Gefahr für den sicheren Verlauf der Gährung bedeutet hätte, heute ohne nennenswerthe
                              Schwierigkeiten gelingen dürfte, die Alkoholausbeuten um ½ bis 1 Proc. in fast allen
                              Fällen zu steigern. In der Zeitschrift für
                                 Spiritusindustrie, 1894 47 382, fordert nun die
                                 Redaction- dieser Zeitschrift die Praktiker auf, sich über diese Angelegenheit
                                 zu äussern, und in einer grösseren Anzahl von Zuschriften, Zeitschrift für Spiritus-Industrie, 1894 48 389, 49
                              398, 50 406, 51 414, sprechen sich erfahrene Brennereileiter auf Grund ihrer
                              Erfahrungen in günstigem Sinne über die durch eine solche Maassregel zu erwartenden
                              Erfolge aus, oder befürworten doch wenigstens die Durchführung einschlägiger
                              Versuche, so dass wohl in nicht allzu langer Zeit ernstlich die Verlängerung der
                              Gährdauer in Betracht gezogen werden dürfte.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)