| Titel: | Neuerungen in der Technik der Glasindustrie. | 
| Autor: | Weeren | 
| Fundstelle: | Band 297, Jahrgang 1895, S. 254 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Neuerungen in der Technik der
                           Glasindustrie.
                        Von Dr. Weeren in
                           Charlottenburg.
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen in der Technik der Glasindustrie.
                        
                     
                        
                           Glasschmelzofen mit Gasfeuerung von Emil Hirsch in Pirna. Der Ofen soll durch eine
                              neuartige, strahlige Gestaltung eine freie Flammenentfaltung auf grosse Länge bei
                              geringer Bodenfläche, vor allem aber eine möglichst gleichmässige Beheizung
                              sämmtlicher im Ofen aufgestellter Häfen ermöglichen. Nach der schematisch gehaltenen
                              Fig. 1 ist der Grundriss des Ofens so
                              ausgebildet, dass bei entsprechender Aufstellung der Glashäfen x drei radiale Wege y für
                              die Flamme entstehen, welche den drei Regeneratoren Z1, Z2 und Z3 entsprechen. Zwei derselben empfangen jeweils Gas
                              und Luft und entsenden ihre Flammenströme nach der Mitte des Ofens, wo sich die
                              Flammen treffen, um nach ihrer Vereinigung durch den dritten Weg y in den dritten Regenerator zu entweichen und
                              denselben erwärmend nach dem Schornstein E abzuziehen.
                              Die Flamme hat demnach zu ihrer Entwickelung einen Weg von der Länge zweier Radien,
                              also durch die grösste Ausdehnung des Ofens, zu machen. Ausserdem aber vereinigen
                              sich zwei Flammenströme, und zwar inmitten ihrer Thätigkeit, woraus folgt, dass alle
                              in der Ofenmitte etwa noch vorhandenen unverbrannten Gastheilchen in Folge der
                              Durcheinandermischung der beiden auf einander stossenden Flammenströme sich
                              entzünden und vollständig verbrennen müssen. Ein weiterer wesentlicher Vortheil
                              liegt sodann darin, dass die den jeweiligen Eintrittsstellen der Flammen gegenüber
                              liegenden Häfen ebenso gut erhitzt werden müssen, als die zuerst von den Flammen
                              getroffenen, weil das, was den Flammen durch Erhitzung der vorderen Häfen an
                              Heizkraft verloren ging, durch die Vereinigung der beiden Flammenströme für die
                              Beheizung der hinteren Häfen ersetzt wird.
                           Die drei Regeneratoren werden hierbei in drei Phasen betrieben: Während zwei an das
                              hindurchziehende, von dem Generator G kommende Gas
                              bezieh. an die hindurchströmende Verbrennungsluft ihre Wärme abgeben, wird der
                              dritte durch die abziehenden Verbrennungsproducte erhitzt. Von den beiden ersteren
                              wurde der eine erst in der vorhergehenden Phase erhitzt, ist also noch sehr heiss,
                              während der andere Regenerator bereits in einer noch früheren Phase beheizt worden
                              war und deshalb jetzt in der Abkühlung begriffen ist. Beim nächsten Gas- und
                              Luftwechsel wird dieser letztere nunmehr beheizt, und dafür der bis dahin beheizte
                              Regenerator mit Luft und Gas beschickt, welche in unveränderter Weise bis zum
                              nächsten Gaswechsel auch durch den dritten Regenerator gesendet werden. Bei
                              regelmässiger Einhaltung von durch die Erfahrung sich ergebenden Wechselzeiten führt
                              diese eigenartige Betriebsweise zu keinerlei Unzuträglichkeiten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 297, S. 254
                              Fig. 1.Glasschmelzofen mit Gasfeuerung von Hirsch.
                              
                           Wie aus Fig. 1 hervorgeht, bildet der Ofen ein
                              Sechseck. Die drei einander gegenüber liegenden Wände a
                              sind zur besseren Führung der Flammen um die Häfen x
                              mit stumpfen, radial nach innen vorspringenden Einbuchtungen versehen. An den drei
                              übrigen Seiten des Sechseckes befinden sich dagegen die drei Regeneratoren Z1, Z2 und Z3, welche, von bekannter
                              Einrichtung, aus je einer Kammer für Gas und für Luft bestehen und einerseits durch
                              Kanäle g, g1, g2 und g3 mit dem Generator
                              G, andererseits durch die Kanäle g1, g2, g3 und e, e1, e2 und e3 mit der Esse E verbunden sind. S und
                              S1 sind
                              Glockenschieber eigenartiger Construction, deren nähere Details Fig. 2 und 3 zeigen. Die in
                              gebräuchlicher Weise mit Wasserfalzen ausgestattete Bodenplatte derselben ist durch
                              sich rechtwinkelig durchkreuzende Stege s in Felder
                              zerlegt, von denen die quadratischen s1 bis s5 offen, die dreieckigen aber geschlossen sind.
                              Während der Mantel S sämmtliche Felder nach aussen
                              abschliesst, ist der Einbau s6 dazu bestimmt, je eines der am Umfang liegenden Felder s2 bis s5 mit der centralen
                              Oeffnung s1 in
                              Verbindung zu bringen. Die Umstellung erfolgt durch Heben und Drehen des Schiebers,
                              wobei der kreisförmige Rand aus seinem Wasserfalz, weil er tiefer als der untere
                              Rand von s6 liegt,
                              nicht herauszutreten braucht. Unter s1 mündet nun ein nach der Esse E führender Kanal e, unter
                              s2 der vom
                              Generator G kommende Kanal g. Demnach wird das Generatorgas, durch s2 eintretend, stets in die zwei von s6 nicht bedeckten Felder und die sich an dieselben
                              anschliessenden Gaskanäle g1 bis g3
                              strömen und aus diesen in die betreffenden Regeneratoren gelangen, im vorliegenden
                              Falle durch g1 und g3 in Z1 und Z3, während aus der Gaskammer des dritten, augenblicklich
                              beheizten Regenerators Z2 die Verbrennungsproducte durch den dritten Gaskanal g2, den Einbau s6, das mittlere Feld s1 und den Abzugskanal e nach der Esse E
                              entweichen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 297, S. 255
                              Glasschmelzofen mit Gasfeuerung von Hirsch.
                              
                           Der Schieber S1 für die
                              Luftzuführung ist insofern von anderer Construction, als bei ihm nur eine das
                              centrale Feld f, sowie eins der drei äusseren Felder
                              f1, f2 oder f3 bedeckende Glocke
                              vorhanden ist, so dass stets zwei der äusseren Felder, und zwar die zu den beiden
                              zur Zeit als Heizkammern dienenden Regeneratoren – im vorliegenden Falle die Felder
                              f1 und f3, sowie die Regeneratoren Z1 und Z3 – führenden Felder frei liegen und der angesogenen
                              Verbrennungsluft freien Eintritt gewähren, während das dritte Feld, f2, mit dem centralen Felde f und durch dieses mit der Esse E in
                              Verbindung steht, um die durch die Luftkammer des zur Zeit beheizten Regenerators
                              Z2 strömenden
                              Verbrennungsproducte nach jener abzuführen. (D. R. P. Kl. 32 Nr. 73934 vom 20. Juli
                              1893.)
                           Glasofen mit getrenntem, durch einen kühlbaren Kanal
                                 verbundenen Schmelz- und Arbeitsraum von Paul
                                 Sievert in Dohlen bei Dresden. Die Läuterung des geschmolzenen Glases wird
                              bislang meistens in der Weise ausgeführt, dass innerhalb der Glasöfen nicht ganz bis
                              zum Boden reichende Scheidewände oder Brücken aus feuerfestem Material eingesetzt
                              werden, unter denen die geschmolzenen Massen vorbeiströmen müssen, um in den
                              Arbeitsraum zu gelangen; hierbei findet die Läuterung der Glasmasse, d.h. die
                              Reinigung derselben von ungeschmolzenen Gemengtheilen o. dgl. dadurch statt,
                              dass diese in dem Schmelzraum, weil specifisch leichter, hochsteigen und somit nicht
                              in den Arbeitsraum gelangen können. So vorzüglich derartige Brücken die Läuterung
                              des Glases nun auch bewirken, so zeigen sie doch den nicht zu vermeidenden Mangel,
                              dass sie durch die grosse Ofenhitze einer sehr schnellen Abnutzung unterliegen und
                              deshalb des öfteren Reparaturen erfordern, dass aber ferner Theile derselben in das
                              Glas übergehen und dieses stark verunreinigen und in der Qualität
                              verschlechtern.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 297, S. 255
                              Fig. 4.Glasofen mit getrenntem Schmelz- und Arbeitsraum von
                                 Sievert.
                              
                           Diesem Uebelstande ist durch den Sievert'schen Glasofen
                              dadurch ein Ende gemacht, dass der Schmelzofen und der Arbeitsofen als zwei
                              vollständigselbständige Oefen S und A (Fig. 4) ausgeführt
                              sind, die durch einen Kanal K mit einander in
                              Verbindung stehen. Dieser Kanal kann in seinen Abmessungen sehr schmal gehalten
                              sein; derselbe besitzt drei Brücken b, b1 und b2, unter denen bezieh.
                              über denen die aus dem Schmelzofen S kommende Glasmasse
                              strömen muss, um in den Arbeitsofen A zu gelangen.
                              Sämmtliche drei Brücken sind mit Luftkühlung versehen, wodurch einem Abschmelzen
                              derselben in wirksamer Weise vorgebeugt ist. Die freie Lage des Vorbindungskanals
                              K hat ausser dem Vortheil einer allseitigen
                              Abkühlung durch die Luft noch den Nutzen, dass Reparaturen leicht ausführbar sind
                              und ein Kaltstellen des Schmelz- bezieh. des Arbeitsofens nicht nöthig machen.
                              Andererseits ist ein Einfrieren der durchströmenden Glasmasse nicht zu befürchten,
                              da die Räume v1, v2 und v3 von den heissen
                              Ofengasen bestrichen werden, ausserdem aber die schmelzenden Glasmaterialien im
                              Schmelzofen beträchtlich stärker erhitzt werden müssen, als ihre
                              Verarbeitungstemperatur im Arbeitsofen betragen darf. Die Herabminderung der
                              Temperatur der aus dem Schmelzofen S durch den Kanal
                              K strömenden Glasmasse kann deshalb in einfachster
                              und sicherster Weise in diesem durch richtige Leitung der Luftkühlung geregelt
                              werden, so dass das Glas bei seinem Eintritt in den Arbeitsraum A sofort die richtige Temperatur zum directen
                              Verarbeiten besitzt. (D. R. P. Kl. 32 Nr. 76473 vom 18. März 1892.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 297, S. 255
                              Fig. 5.Glasschmelzofen mit Ueberdeckung des Arbeitsraumes und des
                                 Schmelzraumes von Henning und Wrede.
                              
                           Glasschmelzofen mit vollständiger Ueberdeckung des
                                 Arbeitsraumes und theilweiser Ueberdeckung des Schmelzraumes von Henning und Wrede in Dresden. In der weiteren
                              Fortbildung dieses Ofens (vgl. 1893 290 108), dessen
                              Schmelz- und Arbeitsraum durch Ueberdachungen vor den das Glas schädigenden
                              Einwirkungen der Ofengase geschützt sind, sind an Stelle der auf der Glasmasse
                              schwimmenden Brücken, zwischen welchen auf jenen ruhende Ueberdachungen angebracht waren,
                              feste Gewölbe g (Fig. 5)
                              getreten, die in einer gewissen Entfernung von einander und über dem höchsten Stand
                              der geschmolzenen Glasmasse von einer Ofenseite zur anderen reichen und mit Platten
                              p aus feuerfestem Material überdeckt sind. Um den
                              hierdurch entstehenden Hohlraum an der offenen Stirnseite abzudecken, ist die
                              schwimmende Brücke a eingelegt, die in Falzen an den
                              Wannenlängswänden sich führt und mit dem Niveau der Glasmasse steigt und fällt.
                              Dieselbe wirkt gleichzeitig durch Zurückhalten von ungeschmolzenen Beimengungen
                              läuternd auf das flüssige Glas. Gegen die Rippe c auf
                              der Brücke stützt sich die Abdeckung; die aus Platten b
                              aus feuerfestem Material besteht. Diese Platten müssen natürlich von solcher Länge
                              sein, dass sie bei tiefstem Stande der Glasmasse immer noch die Gewölbestirnseite
                              g bedecken.
                           Die vorliegende Construction zeigt gegenüber der ursprünglichen (D. R. P. Nr. 67505)
                              den unverkennbaren Vortheil, dass nur noch sehr wenig feuerfeste Masse in die
                              flüssige Glasmasse eintaucht, mithin die Verunreinigung des Glases durch Verschleiss
                              derselben auf das geringste Maass beschränkt ist. (D. R. P. Kl. 32 Nr. 71828 vom 26.
                              Februar 1893.)
                           Glasschmelzverfahren für den Glassatz in Wannen von Georg Richter in Dresden. Dasselbe bezweckt die
                              Erzeugung eines reinen Glases in Wannenöfen dadurch, dass weder der Glassatz beim
                              Niederschmelzen, noch die entstehende Glasgalle oder die Gallennebel mit den
                              Wannenwänden unter oder über dem Niveau des geschmolzenen Glases in Berührung
                              kommen. Im Gegensatz zu manchen sehr umständlichen Einrichtungen zur Erlangung
                              dieses Zweckes, wie z.B. schwimmender Rahmen oder Gefässe in den Wannen,
                              Niederschmelzen des Glassatzes in besonderen, über den Wannen angeordneten
                              Schachtöfen u. dgl., ist das Richter'sche Verfahren ein
                              sehr einfaches und besteht darin, dass die Wannen mit Beschickungsröhren oder
                              Einsätzen versehen werden, welche die Zuführung des Glassatzes von ausserhalb der
                              Wanne gestatten, die gebildete Galle zurückhalten und die entstehenden Gallennebel
                              nach aussen abführen. Diese Einsätze aus feuerfestem Material sind derartig in dem
                              Wannenraum angebracht, dass sie von den Ofenflammen umspült werden, und hierdurch
                              der in ihnen aufgegebene Glassatz langsam zum Niederschmelzen gebracht wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 297, S. 256
                              Glasschmelzverfahren für den Glassatz in Wannen von Richter.
                              
                           Die Einsätze können verschieden angeordnet werden, entweder münden sie unter dem
                              Niveau des Schmelzgutes in der Wanne oder über demselben aus. An ihrem unteren Ende
                              sind sie siebartig durchbrochen, um den geschmolzenen Glassatz in die Wanne gelangen
                              zu lassen, ungeschmolzene Gemengtheilchen aber zurückzuhalten. Ausserdem sind sie
                              zweckmässig auf ihrer ganzen Länge durchbrochen, so dass die sie umspülende Flamme
                              in das Innere der Rohre eindringen und die Beschickung schneller zum Schmelzen
                              bringen kann.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 297, S. 256
                              Klärverfahren für Glasschmelzen von Zihlmann.
                              
                           Richter bringt mehrere Arten dieser Beschickungrohre in
                              Vorschlag, die in Fig. 6
                              an einer Wanne mit durch Brücke B getrenntem Schmelz-
                              und Arbeitsraume dargestellt sind. Die Röhre a ist
                              unten ganz offen und mündet unter dem Niveau des geschmolzenen Glases aus. a1 ist ebenso lang,
                              unten jedoch durch einen Siebboden abgeschlossen. a2 mündet oberhalb des Niveaus mit Siebboden aus, a3 oberhalb desselben
                              durch Ueberlauf. a4 ist
                              eine an der Längsseite durchbrochene Beschickungsröhre, in welche die Heizflammen
                              eindringen können. Die Einsätze können auch, um das Ofengewölbe nicht unnöthig zu
                              belasten, durch die Seitenwände der Wanne in den Schmelzraum hineinragen, wie dies
                              Fig. 7 zeigt. Zur
                              besseren Einwirkung der Hitze werden dieselben dann innerhalb des Schmelzraumes mit
                              verstellbaren Schiebern d versehen, welche ausgezogen
                              werden, wenn solche Glassätze zur Verschmelzung gelangen, die keine Gallennebel
                              erzeugen. Zum Entweichen derselben nach aussen bleiben die Einsätze dauernd oder
                              zeitweise offen; sonst werden sie durch Deckel b
                              geschlossen gehalten, um ein Entweichen von Ofenhitze zu vermeiden. (D. R. P. Kl. 32
                              Nr. 79402 vom 28. April 1893.)
                           Diese Einrichtung dürfte sich sehr bewähren und durch eine wesentliche Schonung der
                              Wannen wände, welche bei Benutzung der Einsätze nur noch mit bereits geschmolzener
                              Glasmasse in Berührung kommen kann, die Qualität des Glases vortheilhaft
                              beeinflussen.
                           Ein anderes Klärverfahren für Glasschmelzen stammt von
                              Joseph Zihlmann in North Baltimore (Nordamerika),
                              besonders für in Häfen verschmolzene feinere Glassorten geeignet. Dasselbe gestattet
                              die Anwendung der bisher hierfür benutzten Hafenconstructionen, sei es die für
                              Kronglas oder die für Flintglas gebräuchlichen mit verschliessbarem Obertheil und
                              einer Seitenöffnung. Das Verfahren besteht nun darin, dass beim Beschicken der Häfen
                              mit dem Glassatz zunächst auf den Boden des Gefässes eine Schicht eines
                              unschmelzbaren bezieh. für sich sehr schwer schmelzbaren grobkörnigen Materiales a ohne Flussmittel ausgebreitet wird, dass man auf
                              diese dann den gewöhnlichen Klärring b legt und nunmehr
                              den zu verschmelzenden Glassatz einfüllt. Fig. 8 zeigt den in
                              dieser Weise beschickten Hafen vor der Schmelzung, Fig. 9 hingegen nach der
                              Schmelzung.
                           Bei der Schmelzung beginnt das auf dem Boden des Gefässes ausgebreitete unschmelzbare
                              grobkörnige Material a mit dem darauf liegenden Ring
                              b in Folge seines geringeren specifischen Gewichtes
                              in der schwereren geschmolzenen Glasmasse langsam hochzusteigen; letztere muss nun
                              jene geschlossen aufsteigende Masse durchdringen und wird hierdurch vollständig filtrirt und
                              geläutert. Sämmtliche Unreinheiten der Glasmasse setzen sich auf und in der Schicht
                              ab und gelangen schliesslich mit jener an die Oberfläche des Glases.
                           Wenn dieser Läuterprocess beendet ist, wird der auf der Filterschicht liegende
                              Klärring b gelüftet und die in seinem Bereiche
                              befindlichen Filterstücke bei Seite geschoben, wodurch die klare Glasmasse zum
                              Vorschein kommt. In diese hinein legt man den Klärring und schafft sich so einen
                              freien Zugang zur Glasmasse behufs weiterer Verarbeitung derselben.
                           Als Klär- oder Filtermasse wird zweckmässig eine solche von ähnlicher Beschaffenheit
                              wie der Glassatz bezieh. eines der Bestandtheile desselben benutzt, weil hierdurch
                              selbst bei einem theilweisen Abschmelzen der Klärkörperchen keine Verunreinigungen
                              in die Schmelze gelangen. Am besten haben sich kleine Quarzstücke bewährt, die zudem
                              in dieser verhältnissmässig massigen Form fast völlig unschmelzbar sind. Dasselbe
                              Klärmittel kann deshalb mehrfach benutzt werden, weil es, wenn die geschmolzene
                              Glasmasse verarbeitet worden ist, sich in der richtigen Lage auf dem Boden des
                              Hafens befindet. (D. R. P. Kl. 32 Nr. 73282 vom 25. April 1893.)
                           Ofen zum Weichmachen von Glasstangen von Karl Herrmann in Gablonz (Böhmen). Derselbe dient bei
                              der Fabrikation von gepressten Glasknöpfen, sowie ähnlicher Artikel, die stets nur
                              eine kleine Menge flüssigen Glases benöthigen und deshalb Glashäfen o. dgl.
                              überflüssig machen. Jene Gegenstände werden deshalb gewöhnlich aus Glasstangen
                              hergestellt, von deren Enden durch Erhitzen so viel Glas, als zur Verfertigung eines
                              Glasknopfes o. dgl. gehört, in die Glaszange getröpfelt bezieh. von der Glasstange
                              abgepresst wird.
                           Das Erhitzen dieser Glasstangen bewirkt Herrmann in dem
                              nebenstehenden Ofen (Fig.
                                 10 und 11),
                              und zwar lediglich durch strahlende Wärme des vorher durch das Gasgebläse D auf Weissglut gebrachten Schmelzraumes A. Diese geänderte Heizmethode hat den wesentlichen
                              Vortheil, dass eine Verunreinigung bezieh. Verbrennung des Glases durch Heizflammen
                              vollständig vermieden wird; die hergestellten Glasartikel sind deshalb viel reiner
                              und fehlerfreier als bislang. Der Ofen besteht aus dem mit Chamotte ausgekleideten
                              Schmelzraum A, der durch das Gasgebläse D in kurzer Zeit (etwa 5 Minuten) auf Weissglut erhitzt
                              werden kann. Die Verbrennungsproducte ziehen durch in der Decke des Schmelzraumes
                              vorgesehene Oeffnungen o in den darüber befindlichen
                              Vorwärmeraum B, der einerseits zur Vorwärmung von Luft
                              und Gas in den Rohren K und F dient, andererseits aber auch zum Vorwärmen von Töpfen T für die noch heissen fertigen Glaswaaren, um die
                              Abkühlung derselben zu verlangsamen, benutzt werden kann.
                           An den einander gegenüber liegenden zwei Bedienungsseiten des Ofens befinden sich mit
                              diesem verbunden zwei zum Auflegen der zu schmelzenden Glasstangen G dienende Tische H, von
                              denen von jeder Seite, nachdem der Ofen geheizt und das Gasgebläse dann wieder
                              abgestellt worden ist, zwei Stangen eingeschoben werden. In Folge dessen können bei
                              dem vorliegenden Ofen gleichzeitig zwei Leute Glas drücken, welche in der Weise
                              arbeiten, dass während der Zeit, wo sie die eine Stange zum Drücken herausgenommen
                              haben, die zweite zum Weich werden in den Schmelzraum einlegen.
                           An den beiden anderen Seiten des viereckigen Schmelzraumes sind Räume R zum Vorwärmen von Reserveglasstangen G1 vorgesehen, um beim
                              Verschmelzen neuer Stangen letztere nicht im kalten Zustande in den Ofen einführen
                              und unnöthig lange auf die Erhitzung derselben warten zu müssen. (D. R. P. Kl. 32
                              Nr. 82007 vom 17. April 1894.)
                           Zwillingsglühofen ohne Muffel von der Actiengesellschaft für Glasindustrie vorm. Friedr.
                                 Siemens in Dresden. Bekanntlich ist durch diese
                              Gesellschaft bereits vor Jahren (1888) für jegliche Art von Glühungen eine neue
                              Ofengattung, die sogen. Glühöfen ohne Muffel, mit Gasheizung durch das Patent Nr. 45
                              838 eingeführt worden, die sich gegenüber den bisherigen Glühöfen mit Muffel als ein
                              bedeutender Fortschritt erwiesen haben. In Kürze besteht das Wesen derselben darin,
                              dass mittels Gas von zwei als Glühräume dienenden Ofenkammern abwechselnd die eine
                              beheizt, die andere hingegen, die vorher beheizt worden ist, zur gleichen Zeit als
                              Glüh- oder Arbeitskammer für beliebige Glühungen benutzt wird, indem die hierfür
                              erforderliche Wärme aus den stark erhitzten massiven Ofenwänden, deren ausstrahlende
                              Oberfläche zweckmässig durch theilweises Vorsetzen der Ofensteine vergrössert ist,
                              entnommen wird. Ist die aufgespeicherte Hitze der einen Kammer, die zur Glühung der
                              eingesetzten Gegenstände vollkommen ausreichend ist, verbraucht, so wird diese
                              Kammer nach dem Ausräumen von Neuem beheizt, die inzwischen vorgewärmte zweite
                              Kammer hingegen mit zu glühenden Artikeln beschickt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 297, S. 257
                              Ofen zum Weichmachen von Glasstangen von Herrmann.
                              
                           Als bedeutsamster Vorzug dieser neuen Ofengattung vor den älteren, den Glühöfen mit Muffel, hat sich, abgesehen von der Uebertragung
                              der in den Ofenwandungen aufgespeicherten Flammenwärme auf das Glühgut durch
                              Ausstrahlung ohne Vermittelung einer Muffel, der Umstand herausgestellt, dass
                              während der Glühzeit neue Wärmezufuhr durch lebendige Flamme nicht stattfindet und
                              dadurch eine Steigerung der Wärme des Glühraumes über die Anfangstemperatur hinaus
                              unmöglich, also ein Ueberglühen bezieh. Verbrennen des Glühgutes mit absoluter Sicherheit
                              ausgeschlossen ist. Besondere Wichtigkeit ist diesem Umstände z.B. bei Glühungen zum
                              Zwecke späterer Härtung zuzuschreiben; aber auch bei Glühungen für andere Zwecke ist
                              es meistens erwünscht, die zu glühenden Gegenstände weder mit Flammen, noch
                              Verbrennungsgasen oder Flugasche u.s.w. in Berührung kommen zu lassen. Diesen
                              Vortheilen entsprechend erfreuen sich die Zwillingsglühöfen ohne Muffel in den
                              verschiedensten Industriezweigen einer stets zunehmenden Beliebtheit.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 297, S. 258
                              Zwillingsglühofen ohne Muffel von der Actiengesellschaft für Glasindustrie
                                 vorm. Friedr. Siemens.
                              
                           Dieser Rechnung tragend sind von der vorstehend genannten Actiengesellschaft die
                              Oefen in letzter Zeit wesentlich vervollkommnet worden. Für das richtige
                              Zustandekommen gewisser Glühprocesse ist es nämlich erforderlich, dass die jeweilige
                              Arbeitskammer vollständig frei von Heizgasen, insonderheit von Kohlenoxydgas, ist.
                              Dies war bei den bisherigen Glühöfen ohne Muffel nicht gänzlich zu vermeiden, da die
                              Wechselklappenflügel oftmals geringe, schwer zu beseitigende Undichtheiten besassen,
                              die Verwendung der bekannten, mittels Wasser gasdicht gehaltenen
                              Wechselvorrichtungen aus Betriebsgründen – in der Hauptsache wegen erheblicher
                              Beschränkung des Arbeitsraumes vor dem Ofen – aber nicht angängig war. Diesem
                              Uebelstande ist nun in jüngster Zeit durch die Anordnung von Fehlgasschiebern
                              abgeholfen, welche die Abführung etwaigen Fehlgases der Gaswechselklappe, ohne dass
                              dasselbe in die jeweilige Arbeitskammer gelangt, während der Arbeitsperiode sicher
                              bewerkstelligen.
                           Die Construction und Wirkungsweise der Fehlgasschieber geht aus Fig. 12 und 13 hervor. Es
                              bezeichnen: O1 und O2 die beiden
                              Ofenkammern, E1 und E2 die beiden
                              zugehörigen Essenschieber, G1G1 und G2G2 die Gasfüchse; L1L1 und L2L2 sind die Luftfüchse,
                              Z1Z1 und Z2Z2 die Abzüge nach den
                              unter den Ofenkammern liegenden Vorwärmern für die Luft. K1 und K2 sind die neuen Fehlgaskanäle, V1 und V2 die zugehörigen
                              Fehlgasschieber, und F ist die Wechselklappe.
                           Die Stellung der letzteren vermittelt den Zutritt des Heizgases zur Ofenkammer O2
                              – der Heizkammer –, während O1
                              – die Arbeitskammer – zur Arbeit vorgeheizt und ohne
                              Heizflamme ist. Es sind mithin in der Ofenkammer O2 die Gas- und Luftzutritte G2G2 und L2L2, sowie der
                              Essenschieber E2 offen,
                              geschlossen ist der Fehlgasschieber V2, der die directe Verbindung des Kanalstückes
                              zwischen der Wechselklappe F und der Esse A2 schliesst.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 297, S. 258
                              Glühöfen ohne Muffel.
                              
                           In der augenblicklichen Arbeitskammer O1 sind hingegen die Gas- und Luftzutritte, sowie der
                              Essen Schieber E1
                              geschlossen; der Fehlgasschieber V1 ist dagegen offen, so dass, falls durch Leckage
                              der Wechselklappe nach dieser Ofenseite hin Heizgas austreten sollte, dieses nicht
                              in die Arbeitskammer O1
                              zu treten vermag, sondern sofort durch den Fehlgaskanal K1 in die Esse A1 abgeführt wird. (D. R. P. Kl. 45 Nr.
                              80107 vom 19. Juni 1894.) Die grosse Beliebtheit der Glühöfen ohne Muffel haben es ferner noch wünschenswerth
                              erscheinen lassen, dieselben für einfachere Betriebe dadurch geeigneter zu machen,
                              dass dieselben statt mit Gas durch eine gewöhnliche Rostfeuerung beheizt werden.
                              Hierdurch stellt sich, wie die Fig. 14 und 15 zeigen, die bisherige
                              Anordnung derselben noch wesentlich einfacher. Natürlich sind auch hier zwei
                              Ofenkammern zu gemeinsamem Betriebe vereinigt. O1 und O2 sind die Ofenkammern, zwischen denen die beiden
                              Rostfeuerungen R1 und
                              B2 angeordnet sind.
                              F1 und F2 sind die beiden
                              Flammenfüchse, E1 und
                              F2 die
                              entsprechenden Essenabzüge und S1 und S2 die Essenschieber. Die Zeichnungen lassen
                              erkennen, dass O1 zur
                              Zeit als Arbeitskammer, O2 als Ofenkammer gedacht ist; denn während der hinter der ersteren
                              gelegene Essenschieber E1 geschlossen ist, ist der andere Essenschieber E2 offen. Die Feuerungsproducte der
                              Feuerungen R1 und R2 werden demnach ihren
                              Weg lediglich durch die Ofenkammer O2 nehmen und diese für den späteren Arbeitsgang
                              erhitzen. (D. R. P. Kl. 32 Nr. 82218 vom 11. Juli 1894.)
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)