| Titel: | Neuerungen im Eisenhüttenbetriebe. | 
| Autor: | Weeren | 
| Fundstelle: | Band 299, Jahrgang 1896, S. 9 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Neuerungen im Eisenhüttenbetriebe.Vgl. 1895 295
                                 									69.
                        Von Dr. Weeren in
                           									Charlottenburg.
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen im Eisenhüttenbetriebe.
                        
                     
                        
                           I. Allgemeines.
                           
                              A. Kohlenstoff.
                              Nach Donath haben zur Zeit die Anschauungen, nach
                                 										welchen die verschiedenen Eigenschaften des technischen Eisens bedingt werden
                                 										durch das Vorhandensein einer oder mehrerer chemischer
                                    											Verbindungen des Eisens mit Kohlenstoff
                                 										von bestimmten Atomverhältnissen, der sogen.
                                 										Carburete oder Carbide, denen gegenüber die Oberhand gewonnen, welche im
                                 										Allgemeinen entweder zwischen Kohlenstoff und Eisen nur das Verhältniss einer
                                 											Legirung oder von Verbindungen nach unbestimmten und veränderlichen Gewichtsverhältnissen oder aber das
                                 										Vorhandensein von amorphen Mischungen des regulären Krystallsystems, sowie
                                 										solcher von heteromorphen Substanzen und zweigliedrigen Gestalten (im
                                 										Spiegeleisen) annahmen (Rammelsberg). Man nimmt
                                 										ferner gegenwärtig eine grössere Differenzirung der im Eisen vorhandenen Formen
                                 										des Kohlenstoffs an, zum mindesten vier, nämlich
                                 										zwei der graphitischen Form angehörend, Graphit und Temperkohle, und zwei der
                                 										amorphen Form, Härtungskohle und Carbidkohle. Es ist aber auch heute noch nicht
                                 										zweifellos entschieden, ob wir es bloss mit Verbindungen nach veränderlichen
                                 										Gewichtsverhältnissen oder mit solchen nach bestimmten Atomverhältnissen zu thun
                                 										haben, und ob in letzterem Falle bloss eine oder mehrere solcher Verbindungen
                                 										von Carbiden vorliegen, deren Structur aber noch nicht im Sinne der heutigen
                                 										Chemie näher aufgehellt ist.Folgt in der
                                       												Quelle eine Geschichte der Eisencarburete nach den Untersuchungen von
                                       													Karsten, Gurlt, Berthier, Berzelius, Abel,
                                          													Osmond, Ledebur, Müller, Howe, Mayrhofer, Arnold, Read, Weyl, Binks,
                                          													Behrens, van Linge, Backström, Pajkull, Schützenberger, Bourgeois,
                                          													de Koninck, Zabudsky.
                              Für sehr wichtig hält Donath die Versuchsergebnisse
                                 											Schützenberger's und Bourgeois' über den Kohlenstoff des weissen Roheisens, welches, mit
                                 										Kupferchlorid und salzsaurer Eisenchloridlösung behandelt, einen braunschwarzen
                                 										Rückstand hinterliess. Derselbe stellte sich als ein Kohlenstoffhydrat von der Formel C11H6O3
                                 										heraus, wurde von den beiden Forschern Graphithydrat benannt und steht nach ihren Angaben der Graphitsäure von Brodie oder dem Berthéllot'schen Hydrographitoxyd nahe. Mit Salpetersäure ergab
                                 										diese Substanz eine rothbraune, in Wasser lösliche Verbindung von der
                                 										Zusammensetzung C22H17(NO2)O11 und sind die Autoren der Ansicht, dass die von ihnen Nitrographitoinsäure genannte Verbindung mit der
                                 										von Eggertz durch Einwirkung von Salpetersäure auf
                                 										Eisen erhaltenen Substanz, welche eigenthümlich braun gefärbte Lösungen liefert,
                                 										identisch ist.
                              Aehnliche Resultate erhielt Zabudsky bei der
                                 										Behandlung eines nur amorphen Kohlenstoff enthaltenden Eisens mit
                                 										Natriumkupferchlorid. Es hinterblieb ein dunkelbrauner Rückstand, dessen
                                 										Zusammensetzung zu C12H6O3 ermittelt
                                 										wurde.
                              Donath behandelte nach dem Verfahren von Schützenberger und Bourgeois Spiegeleisen mit Natriumkupferchlorid bei gewöhnlicher
                                 										Temperatur, dann mit einer mit etwas Salzsäure angesäuerten Eisenchloridlösung
                                 										und zuletzt mit sehr verdünnter Salzsäure in der Wärme. Der Rückstand hatte eine
                                 										schwarzbraune Farbe und wurde nach dem Auswaschen bei 110° bis zur
                                 										Gewichtsconstanz getrocknet. Er gab bei der Elementaranalyse folgende
                                 										Werthe:
                              
                                 
                                    C
                                    58,13
                                    Proc.
                                    H
                                    2,52
                                    Proc.
                                    
                                 
                                    
                                    58,39
                                    „
                                    
                                    2,90
                                    „
                                    
                                 
                                    
                                    57,86
                                    „
                                    
                                    2,86
                                    „
                                    
                                 
                                    
                                    –––––––––––
                                    
                                    –––––––––––
                                    
                                 
                                    C im Durchschnitt
                                    58,12
                                    Proc.
                                    H im Durchschnitt
                                    2,76
                                    Proc.
                                    
                                 
                              Derselbe wies einen Chlorgehalt von 0,03 Proc. auf und gab beim Verbrennen einen
                                 										festen Rückstand von 1,28 Proc., der fast nur aus Kieselsäure bestand. Beim
                                 										Nitriren der schwarzbraunen Substanz erhielt Donath
                                 										eine solche von 51,77 Proc. C, 2,91 Proc. H und 2,56 Proc. N, deren
                                 										Eigenschaften mit der von Schützenberger und Bourgeois dargestellten Verbindung übereinstimmten.
                                 										Sehr bemerkenswerth ist das grosse Tingirungsvermögen derselben, namentlich wenn
                                 										sie mit Ammoniak neutralisirt wird. Donath hält
                                 										diese Säure zweifellos für diejenige Substanz, welche bei der Eggertz-Probe die charakteristische Färbung der mit
                                 										Salpetersäure erzielten Stahllösung verursacht. Nach seinem Dafürhalten eignet
                                 										sich dieselbe besser zur Herstellung von Normallösungen für diese Probe als die
                                 										bisher in Vorschlag gebrachten, wie Kaffee, gebrannter Zucker, Gemische von
                                 										Chloriden des Eisens, Kobalts und Kupfers.
                              Diese Versuche liefern den sicheren Beweis, dass ein Theil des chemisch
                                 										gebundenen Kohlenstoffs beim Auflösen in Säuren thatsächlich auch in die Form
                                 										einer organischen, wasserlöslichen und deshalb in
                                 										der Lösung verbleibenden Substanz übergegangen ist, welche den Charakter einer
                                 										Säure besitzt, Donath nimmt auf Grund dieser
                                 										Resultate an, dass wir es in dem weissen Roheisen nicht mit Legirungen von
                                 										Kohlenstoff und Eisen nach unbestimmten Verhältnissen allein, auch nicht bloss
                                 										mit isomorphen Mischungen derselben zu thun haben, sondern dass in demselben
                                 										thatsächlich bestimmte chemische Verbindungen der genannten Elemente, also
                                 										ausgesprochene Carbide, enthalten sind. Es erscheint jedoch zugleich sehr
                                 										wahrscheinlich, dass in dem weissen Roheisen nicht nur ein einziges, sondern
                                 										mehrere Carbide vorhanden sind. Die Zusammensetzung derselben entspricht wohl
                                 										kaum einem sehr einfachen Atomverhältniss wie Fe3C, Fe4C, sondern einem Multiplum
                                 										derselben. Wir haben es vielleicht in den Eisencarbiden mit in gewissem Sinne
                                 										den ringförmig geschlossenen organischen Kohlenstoffverbindungen ähnlichen
                                 										Substanzen zu thun, die sich von den bisher bekannten Verbindungen zumeist an
                                 										die sogen. pyrogenen Kohlenwasserstoffe, die also auch bei höheren Temperaturen
                                 										entstehen und sehr beständig sind, anschliessen, in welchen die Wasserstoffatome
                                 										durch Eisenatome ersetzt sind.
                              Auch über die Natur des nicht gebundenen
                                    											Kohlenstoffs im Eisen liegen neue wichtige Forschungen vor. Nach den
                                 										Untersuchungen von Luzi (Berg- und Hüttenmännische
                                    											Zeitung, 1893 S. 11) ist es zunächst feststehend, dass wir neben Diamant und Graphit
                                 										noch eine weitere Zwischenstufe, den Graphitit,
                                 										unterscheiden müssen, welcher in zwei Modifikationen als krystallisirter
                                 										(sibirischer Graphitit) und als amorpher Graphitit (von Wunsiedel im
                                 										Fichtelgebirge) auftritt. Auch vom gewöhnlichen amorphen, vom Russ sich
                                 										ableitenden Kohlenstoff hat Luzi zwei verschiedene
                                 										Modifikationen nachgewiesen. Aus weiteren Untersuchungen Luzi's und Moissan's geht ferner hervor,
                                 										dass gewöhnlicher amorpher Kohlenstoff innerhalb eines geschmolzenen
                                 										Silicatgemisches, das sich sonst chemisch indifferent verhält, in die Graphit
                                 										form überzugehen vermag. Nach Moissan sind im
                                 										Eisen, welches bei 1100 bis 1200° auf Kohlenstoff einwirkt, Graphit und amorpher
                                 										Kohlenstoff enthalten, bei 3000° jedoch nur noch krystallisirter Graphit, und
                                 										unter besonderen Versuchsverhältnissen kann hierbei eine Modifikation gewonnen
                                 										werden, welche 3,5 spec. Gew. hat, den Rubin ritzt und grosse Aehnlichkeit mit
                                 										dem schwarzen Diamanten besitzt.
                              Man darf aus diesen Beobachtungen folgern, dass, wenn amorpher Kohlenstoff (Russ)
                                 										in geschmolzenen Silicaten und in geschmolzenem Eisen bei 1100 bis 1200°
                                 										schliesslich in die Graphitform übergeht, in dem anhaltend weit über seinen
                                 										Schmelzpunkt erhitzt gewesenen Eisen aller Kohlenstoff, der nicht als Carbid
                                 										vorhanden ist, nicht mehr die ursprüngliche Constitution seines Moleküls
                                 										besitzt, sondern in eine Form übergegangen ist, die zwischen der des Graphits
                                 										und des amorphen Kohlenstoffs liegt, also sich dem Graphitit nähert oder selbst
                                 										eine Graphititart ist. (Oesterreichische Zeitschrift für
                                    											Berg- und Hüttenwesen, 1895 S. 151 bis 152.)
                              Interessante Beobachtungen liegen über das Verhalten von Kohlenoxydgas (CO) zum Eisen vor. Nach der Entdeckung einer
                                 										gasförmigen Verbindung zwischen Nickel und Kohlenoxyd, des Nickelcarbonyls, von
                                 										der Formel Ni(CO)4 durch L. Mond, wurden ähnliche Versuche zur Darstellung einer analogen
                                 										gasförmigen Verbindung des Eisens unternommen. Nach anfänglichem Misserfolg
                                 										gelang dies Mond und QuinckeWagner's Jahresberichte, 1891 S. 200., indem sie über fein vertheiltes Eisen, welches durch Reduction von
                                 										Eisenoxalat im Wasserstoffstrom bei 400° erhalten worden war, nach Erkalten
                                 										desselben auf 80° Kohlenoxydgas leiteten. Indessen missglückte es, die
                                 										gasförmige Verbindung ähnlich wie beim Nickel in flüssiger Form zu gewinnen.
                              Auch BerthéllotCompt. rend., Bd. 112 S. 1343.
                                 										hat durch Einwirkung von Kohlenoxyd (am besten bei 45°) auf Eisen Eisencarbonyl
                                 										erhalten, welches ein helleres Brennen des Kohlenoxydgases veranlasste. Auf in
                                 										die Flamme gehaltenes Porzellan setzten sich Flocken von Eisenoxyd ab. Nach
                                 										seiner Meinung spielt dieses Eisencarbonyl zweifellos bei verschiedenen
                                 										metallurgischen Processen eine Rolle.
                              H. E. Roscoe und Fr.
                                    											ScudderBerliner Berichte der deutschen chemischen
                                          													Gesellschaft, 1891 S. 3843. constatirten das
                                 										Vorhandensein von Eisencarbonyl auch im Wassergas.
                                 										Es gelang ihnen sogar, mittels Kältemischungen eine kleine Quantität desselben
                                 										zu verflüssigen; dasselbe ergab mit Salzsäure und Ferrocyankalium eine tiefblaue
                                 										Färbung. Nach Dr. H. StracheJournal für
                                          													Gasbeleuchtung u.s.w., 1894 S. 41. werden mit der
                                 										Entfernung des Eisencarbonyls aus dem Wassergase auch die hauptsächlichsten
                                 										Hindernisse, welche seiner Verwendung als Beleuchtungsmittel entgegenstanden,
                                 										beseitigt. Nach einem von demselben erfundenen Verfahren (D. R. P. Nr. 72816)
                                 										wird zu diesem Zwecke das Wassergas vor seiner Verwendung entweder durch
                                 										glühende Röhren geleitet, wodurch das Eisencarbonyl unter Abscheidung von Eisen
                                 										zersetzt wird, oder aber in einer concentrirten Säure (Schwefelsäure) gewaschen,
                                 										welche dasselbe ebenfalls unter Bildung löslicher Eisenverbindungen
                                 										zersetzt.
                              GuntzBull. Soc. Chim., 1892 3. Ser. Bd. 7 S.
                                       												281. hat auch im gewöhnlichen Leuchtgas Eisenkohlenoxyd nachgewiesen.
                              Ueber die Einwirkung des Kohlenoxydes auf feinvertheiltes Eisen und Mangan, sowie
                                 										das Verhalten des ersteren bei höheren Temperaturen überhaupt sind in letzter
                                 										Zeit gleichfalls beachtenswerthe Untersuchungen ausgeführt worden. Nach Schützenberg er wirkt von Kohlensäure freies
                                 										Kohlenoxydgas auf reines Eisen unter Abscheidung von Kohlenstoff und Bildung von
                                 										Kohlensäure nach der Formel
                              2CO = C + CO2
                              ein.
                              Diese Umsetzung soll bekanntlich eine der Quellen der Kohlensäurebildung im
                                 										Hochofen sein.
                              GuntzCompt. rend., 1892 Bd. 114 S.
                                       											115. liess auf fein vertheiltes Eisen, welches durch Destillation
                                 										des Amalgams im Vacuum bei etwa 250 bis 280° erhalten worden war, Kohlenoxydgas
                                 										einwirken und fand, dass letzteres bei dunkler Rothglut von jenem unter
                                 										Kohlenstoffabscheidung absorbirt wurde, während hierbei Kohlensäure nur in sehr
                                 										geringer Menge gebildet wurde. Wahrscheinlich erfolgt dieser Process nach der
                                 										Formel
                              Fe + CO = FeO + C.
                              Weit energischer wirkt in derselben Weise dargestelltes Mangan auf Kohlenoxyd zerlegend ein. Wird dasselbe in einem Glasrohr
                                 										auf etwa 400° erhitzt und währenddessen ein Strom reinen Kohlenoxydgases darüber
                                 										geleitet, so erglüht das Metall mit einem Male und verbrennt dann in dem
                                 										Kohlenoxyd auch ohne weitere Wärmezufuhr mit einer bis zur Weissglut sich
                                 										steigernden Hitze, wobei alles Kohlenoxyd selbst bei kräftiger Zuleitung
                                 										absorbirt bezieh. unter Kohlenstoffausscheidung gespalten wird. Auch dieser
                                 										Vorgang geht zweifellos nach der Formel
                              Mn + CO = MnO + C
                              vor sich.
                              Bei der Einwirkung des Kohlenoxydes auf Eisen wirkt das überschüssige Kohlenoxyd
                                 										wieder reducirend auf das gebildete Eisenoxyd ein, wodurch sich das Auftreten
                                 										von Kohlensäure in dem austretenden Kohlenoxydgase und von Eisenoxydul in dem
                                 										metallischen Eisen erklärt. Eine Rückwandelung des Manganoxyduls in metallisches
                                 										Mangan durch überschüssiges Kohlenoxyd findet nicht statt.
                              Bei sehr hohen Temperaturen finden übrigens, die umgekehrten Reactionen statt und
                                 										werden alsdann sowohl Eisen- als auch Manganoxydul durch Kohlenstoff unter
                                 										Bildung von Kohlenoxydgas zu Metall reducirt:
                              MnO + O = Mn + CO.
                              Für die Metallurgie des Eisens sind diese Reactionen von grosser
                                 										Wichtigkeit; sie erklären einerseits, warum schwammiges Eisen beim
                                 										Zusammentreffen mit Kohlenoxyd in einer bestimmten Zone des Hochofens sich unter
                                 										Bildung von Kohlenstoff oxydirt, während andererseits in einer anderen Zone
                                 										Eisenoxydul von Kohlenstoff unter Bildung von Eisen und Kohlenoxyd reducirt
                                 										wird, und schliesslich das metallische Eisen in der heissen Zone des Hochofens
                                 										in Folge der fein ausgeschiedenen Kohle sich leicht kohlt.
                              Ueber das Verhalten des Kohlenoxydgases bei höheren Temperaturen liegen
                                 										experimentelle Untersuchungen von BerthéllotCompt. rend.,
                                       												1892 Bd. 112 S. 594. vor, aus denen hervorgeht, dass schon
                                 										bei dunkler Rothglut eine Zersetzung dieses Gases unter Bildung von Kohlensäure
                                 										und geringer Kohlenstoffabscheidung stattfindet. Bislang erklärte man diesen
                                 										Vorgang durch eine directe Dissociation nach der Formel
                              2CO = CO2 + C.
                              Hierbei war indessen nicht einzusehen, warum diese unverkennbare Neigung zur
                                 										Zersetzung mit zunehmender Temperatur nicht wachse, sondern selbst bei 3000°
                                 										nicht stärker als bei 600° ist. Berthéllot stellte
                                 										bei seinen diesbezüglichen Versuchen ein vollständig reines Kohlenoxydgas her,
                                 										welches dann in Glasröhren eingeschmolzen wurde. Letztere wurden auf 500 bis
                                 										550° C. erhitzt, wobei stets das Auftreten von Kohlensäure in nahezu gleichen
                                 										Mengen constatirt wurde, während hierbei eine Kohlenstoffabscheidung nicht
                                 										stattfand. Diese trat erst bei höheren Temperaturen, bei heller Rothglut, ein,
                                 										wobei an den Enden der Röhren zwei Ringe von ausgeschiedenem Kohlenstoff
                                 										sichtbar wurden. Letzterer zeigte sich übrigens durchaus nicht mit dem
                                 										gewöhnlichen Kohlenstoff identisch, sondern war ein mehr oder minder hohes
                                 										Polymeres desselben. Diese Thatsachen schliessen nach Berthéllot jede directe Dissociation des
                                 										Kohlenoxydes aus, da die Kohlensäure, die ja auch schon bei 500° entsteht, nur
                                 										gleichzeitig neben einer complementären Verbindung sich bilden kann, welche
                                 										letztere sich dann wieder bei stärkerer Erhitzung (Rothglut) unter
                                 										Kohlenstoffabscheidung zersetzt. Diese Reaction liesse sich allgemein durch
                                 										folgende Gleichungen ausdrücken:
                              1) Polymerisation (durch Erhitzen des Kohlenoxydes auf 500°):
                              nC2O2 = C2nO2n.
                              2) Zersetzung (durch Erhitzen auf Rothglut):
                              C2nO2n = C2n – 2O2n – 4 + C2O4.
                              Nach Berthéllot erfolgt demnach die Bildung von
                                 										Kohlensäure unter gleichzeitiger Bildung von Kohlenstoffsuboxyden, deren
                                 										Existenz übrigens auch aus anderen Gründen wahrscheinlich ist. Diese Suboxyde
                                 										zersetzen sich bei höherer Temperatur unter Bildung eines sauerstoffreicheren
                                 										Oxydes und entsprechender Kohlenstoffabscheidung. (Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1894 S.
                                 										337.)
                              Ueber die Untersuchung und Bestimmung des
                                 										Kohlenstoffs im Eisen liegen mehrere neue Abhandlungen vor, unter denen
                                 										diejenigen von Prof. A. Ledebur, Prof. Göttig und Prof. W.
                                    											Hempel zu nennen sind.
                              Ein neues eigenartiges Verfahren, den Kohlenstoffgehalt des Eisens sehr rasch zu
                                 										bestimmen, ist von G. W. Peipers in Remscheid aufgestellt
                                 										worden. Dasselbe besteht in Folgendem:
                              Man reibt mit dem Eisen, dessen Kohlenstoffgehalt bestimmt werden soll, kräftig
                                 										auf einem hellen, säurefesten Schleiftäfelchen aus Porzellan, Quarz,
                                 										Mississippistein, Mattglas, Achat o. dgl., bis eine Zeichnung deutlich
                                 										hervortritt. Dann taucht man das Täfelchen in ein Lösungsmittel (Säure o. dgl.),
                                 										welche das abgeschliffene Eisen auflöst, den Kohlenstoff aber ungelöst
                                 										zurücklässt. Auf diese Weise erhält man eine wirkliche Kohlenstoffschattirung,
                                 										und zwar grobkörnig dunkel, wenn viel Kohlenstoff im Eisen war, feinkörnig
                                 										heller, wenn wenig darin war. Mit einer Reihe von Stäbchen (Fig. 1 b) aus Eisen
                                 										oder Stahl von bekanntem Kohlenstoffgehalt macht man nun in derselben Weise
                                 										vergleichende Untersuchungen. Das Auge schätzt hierbei durch Vergleichen mit den
                                 										bekannten Kohlenstoffgehalten den gesuchten mit Sicherheit auf 0,025 Proc.
                                 										genau.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 299, S. 12
                                 Probestäbe.
                                 
                              Fig. 1, 2 und 3 veranschaulichen
                                 										die praktische Ausführung dieses Verfahrens. Fig. 1 a zeigt ein
                                 										Stahlstück mit unbekanntem, Fig. 1 b mit
                                 										bekanntem Kohlenstoffgehalt, nach dessen Weise eine Reihe von zweckmässig
                                 										abgestuften Probestäbchen, auf denen die C-Gehalte aufgeschlagen sind,
                                 										angefertigt sind. Fig.
                                    											2 und 3
                                 										zeigen das Schleiftäfelchen vor und nach dem Eintauchen in die Säure. Man
                                 										erkennt sehr deutlich, dass 0,15 Proc. C nicht in Frage kommen können, wohl aber
                                 										0,3 Proc. C. Man würde auf etwa 0,29 Proc. C. schätzen.
                              Um noch schärfer urtheilen zu können, bedient man sich einer Lupe; man schliesst
                                 										dann bei gleich intensiver Färbung nach erkannter gröberer Körnung auf etwas
                                 										höheren Kohlenstoffgehalt.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 299, S. 12
                                 Schleiftafel.
                                 
                              Durch geeignete Wahl der Lösungsmittel kann man auch verschiedene
                                 										Kohlenstofformen (gebundenen und ungebundenen) neben einander bestimmen. Man
                                 										benutzt hierbei am besten Kupferchlorid-Chlorammonium, Eisenchlorid, Jod in
                                 										Jodkaliumwasser bezieh. Salzsäure, Schwefelsäure oder Essigsäure. Hierbei
                                 										bestimmt man zunächst durch Benutzung von Kupferchlorid-Chlorammonium als
                                 										Lösungsmittel den Gesammt-Kohlenstoffgehalt und sodann durch Erzeugung einer
                                 										neuen Zeichnung und Behandeln derselben mit Säure den ungebundenen Kohlenstoff
                                 										(Graphit), worauf eine Subtraction den Gehalt des Eisenstückes an
                                 										gebundenem Kohlenstoff ergibt.
                              Besonders zu empfehlen ist das Verfahren seiner Einfachheit wegen für Schöpfproben, welche verworfen werden, so lange sie
                                 										nicht den gewünschten Kohlenstoffgehalt aufweisen. Als weiterer Vorzug des
                                 										Verfahrens ist auch der Umstand zu betrachten, dass die Probe unabhängig von der
                                 										Gestalt und dem Gewichte der betreffenden Gegenstände ist und ohne Lädirung und
                                 										Ortsveränderung derselben vorgenommen werden kann.
                              
                                 
                                    (Fortsetzung folgt.)