| Titel: | Neuerungen an Locomotiven. | 
| Fundstelle: | Band 299, Jahrgang 1896, S. 98 | 
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                        Neuerungen an Locomotiven.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 76 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen an Locomotiven.
                        
                     
                        
                           Die von Neilson in Glasgow für die Mexican Central
                              									Railway erbauten grossen Fairlie-Locomotiven mit je sechs Achsen und einem
                              									Dienstgewicht von 93 t gaben nach den Comptes rendus,
                              									Januar 1893 S. 453, vorzügliche Betriebsresultate, doch machten sich wegen der
                              									vielen verwickelten Rohrleitungen Undichtigkeiten sehr häufig bemerkbar, wie auch
                              									bedeutende Steigungen, namentlich diejenige vom Seehafen Tampico nach Mexico, und
                              									eine verhältnissmässig grosse Anzahl Curven von kleinerem Halbmesser erhebliche
                              									Abnutzungen und Reparaturen an Einzeltheilen der Locomotiven im Gefolge hatten. Um
                              									diesen Uebelständen zu begegnen, construirte der Maschinendirector Johnstone der genannten Eisenbahn eine eigenartige
                              									achtachsige Doppeldrehgestellocomotive, welche, da ihr Dienstgewicht von keiner
                              									anderen Locomotive übertroffen wird, als die schwerste Locomotive auf der ganzen
                              									Erde anzusehen ist. Drei derartige Tenderlocomotiven nach „double
                                 									ender“-Bauart wurden in den Werkstätten zu Rhode Island (Providence) erbaut. Sie
                              									arbeiten nach dem Verbundsystem mit Hochdruckcylindern, welche, nach Johnstone, concentrisch in die zugehörigen
                              									Niederdruckcylinder hineingelegt sind (1893 287 30).
                           Die Dampfvertheilung für je zwei zusammengehörige Cylinder bezieh. jeden
                              									Doppelcylinder regelt ein einziger entlasteter Schieber (Amerikanisches Patent Nr.
                              									464175 vom 1. December 1891) von sehr grossen Abmessungen, dessen Beschreibung hier
                              									zu weit führen würde (vgl. Zeitschrift des Vereins deutscher
                                 										Ingenieure, Bd. 38 Nr. 17 vom 28. April 1894 S. 522).
                           Die Locomotiven besitzen zwei von einander getrennte Kessel (keinen Doppelkessel, wie
                              									die Fairlie-Maschinen), die an den Feuerbüchsrückwänden (mit 76 mm Abstand) fest
                              									verbunden sind und auf zwei, aus ⊏-Eisen gebildeten
                              									Längsträgern von je etwa 17 m Länge ruhen, die, durch Querverbindungen gegen
                              									einander versteift, sich mittels Kugelzapfen auf zwei Drehgestelle stützen. Jedes
                              									Drehgestell läuft auf einer Bisselachse und drei gekuppelten Achsen, von denen die
                              									mittlere Treibachse behufs grösserer Curvenbeweglichkeit Räder ohne Spurkränze
                              									zeigt.
                           Da die Arbeitscylinder bei dieser Locomotive gegenüber dem System Fairlie und analogen Ausführungen nicht mit den
                              									Drehgestellen, sondern mit den Längsrahmen bezieh. dem Kessel verbunden sind, kommen
                              									bewegliche Dampfrohrleitungen in Wegfall, dagegen machte sich behufs Uebertragung
                              									der Kolbenbewegungen auf die Räder der Drehgestelle die Anordnung beweglicher
                              									Gestänge nothwendig (1893 287 30).
                           Die Schieber werden mittels einer Steuerung, System Heusinger v. Waldegg, bewegt, bei welcher die veränderliche Expansion von
                              									dem um 90 ° voreilenden Kreuzkopf der anderen Maschinenseite abgeleitet ist.
                           Die Hauptabmessungen der Locomotive sind folgende:
                           
                              
                                 Kleinster Durchmesser jedes Langkessels
                                 1380
                                 mm
                                 
                              
                                 Anzahl der Siederohre
                                 402
                                 
                                 
                              
                                 Aeusserer Durchmesser der Siederohre
                                 50
                                 mm
                                 
                              
                                 Länge der Siederohre
                                 4750
                                 mm
                                 
                              
                                 Höhe der Kesselmitte über Schienenoberkante
                                 2210
                                 mm
                                 
                              
                                 Rostfläche beider Kessel
                                 4,0
                                 qm
                                 
                              
                                 Heizfläche der Feuerbüchsen
                                 23,44
                                 qm
                                 
                              
                                 Heizfläche der Rohre
                                 299,00
                                 qm
                                 
                              
                                 Heizfläche total
                                 322,44
                                 qm
                                 
                              
                                 Dampfspannung
                                 13
                                 at
                                 
                              
                                 Durchmesser der Hochdruckkolben
                                 330
                                 mm
                                 
                              
                                 Durchmesser (äusserer) der Niederdruckkolben
                                 712
                                 mm
                                 
                              
                                 Durchmesser (innerer) der Niederdruckkolben
                                 429
                                 mm
                                 
                              
                                 Raumverhältniss der Cylinder
                                 1 : 3
                                 
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 610
                                 mm
                                 
                              
                                 Von Mitte zu Mitte Cylinder
                                 2110
                                 mm
                                 
                              
                                 Treibraddurchmesser
                                 1220
                                 mm
                                 
                              
                                 Laufraddurchmesser
                                 710
                                 mm
                                 
                              
                                 Fester Radstand jedes Drehgestells
                                 2540
                                 mm
                                 
                              
                                 Gesammter Radstand
                                 14,000
                                 m
                                 
                              
                                 Inhalt der Wasserbehälter
                                 11500
                                 k
                                 
                              
                                 Inhalt der Kohlenbehälter
                                 4500
                                 k
                                 
                              
                                 Leergewicht
                                 90000
                                 k
                                 
                              
                                 Dienstgewicht
                                 113250
                                 k
                                 
                              
                                 Adhäsionsgewicht
                                 95000
                                 k
                                 
                              
                           Die Locomotiven sind unter anderem mit der Anfahrvorrichtung System Batchellor (1893 287 49),
                              									mit zwei Injectoren von Sellers und zwei desgleichen
                              									von Friedmann, mit einer Luftdruckbremse und
                              									Dampfsandstreubläsern ausgerüstet.
                           Wir berichteten 1894 293 28 über neuere
                              									Güterzuglocomotiven der preussischen Staatsbahnen, welche gegenüber der bisherigen
                              									Normalgüterzuglocomotive mit drei vor der Feuerbüchse liegenden Achsen ebenfalls mit
                              									je drei gekuppelten Achsen, ausserdem aber noch mit einer vorderen beweglichen
                              									Laufachse versehen sind. Die Heizfläche dieser Locomotiven beträgt je 138 qm gegen
                              									125 qm bei der Normallocomotive.
                           Inzwischen ist die preussische Staatsbahnverwaltung, veranlasst durch den grossen
                              									Güterverkehr und starke Steigungen auf mehreren Hauptstrecken, wieder einen Schritt
                              									weiter gegangen und hat fünfachsige, vierfach gekuppelte Verbundgüterzuglocomotiven
                              									in Dienst gestellt, deren Abbildung und ausführliche Beschreibung dem Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1895 1.
                              									Heft S. 3, zu entnehmen ist.
                           Die ersten derartigen Locomotiven mit je vier gekuppelten Achsen und vorderer
                              									Laufachse wurden nach der genannten Quelle im Herbst 1893 auf der Strecke
                              									Soest-Northeim in Dienst gestellt. Diese Strecke hat von Soest bis Paderborn auf 70
                              									km wechselnde Steigungen und Gefälle bis 4 ‰, dann folgt bis Altenbeken eine 17 km
                              									lange Steigung von 10 ‰, darauf für 31 km Gefälle und ebene Strecke, hiernach eine
                              									zweite 15,2 km lange Steigung von 10 ‰ und schliesslich 22 km Gefälle und ebene Strecke.
                           Von Soest bis Paderborn befördern die dreiachsigen, dreifach gekuppelten
                              									Normalgüterzuglocomotiven von 39 t Dienstgewicht bei 35 km Grundgeschwindigkeit 105
                              									bis 110, die Verbundlocomotiven gleicher Gattung bis 115 Achsen. Von Paderborn bis
                              									Altenbeken wird eine zweite Locomotive gleicher Art vorgespannt, um die 100 bis 110
                              									Achsen starken Züge die Steigung von 10 ‰ hinauf zu befördern. Da die Wagen bei den
                              									meisten Zügen voll (mit Kohlen) beladen sind, ist für jede Achse 8 bis 9 t
                              									Zuggewicht zu rechnen. Jede der beiden Locomotiven hat auf der Steigung also
                              									durchschnittlich 6000 k Zugkraft am Radumfange zu leisten.
                           Da die Züge in Soest grösstentheils in der Stärke von 120 bis 150 Achsen ankommen,
                              									mussten sie dort bisher meistens neu zusammengestellt werden, wodurch erhebliche
                              									Verschiebearbeit entstand. Es war daher hier ganz besonders erwünscht, Locomotiven
                              									zu haben, welche die Züge in voller Stärke weiter befördern können. Dieser Forderung
                              									entspricht die neue Locomotive völlig, da sie von Soest bis Paderborn Züge bis zu
                              									150 voll beladenen Achsen, von dort bis Altenbeken unter Beihilfe einer dreiachsigen
                              									dreifach gekuppelten Locomotive 130 Achsen ohne Schwierigkeit befördert.
                           Die Laufachse hat nach amerikanischem Muster nur 6,1 t Belastung, d.h. 1/9,4 des
                              									Gesammtgewichtes, und auf jeder Seite 75 mm Spielraum. Um auch die vordere,
                              									unverschiebbar gelagerte Kuppelachse vom Seiten drucke zu entlasten, ist die zweite
                              									Kuppelachse in den Achs- und Kuppelstangenlagern um 8 mm nach jeder Seite
                              									verschiebbar gemacht, so dass sie sich in Krümmungen von mehr als 500 m Halbmesser
                              									selber führt. Die Dampfcylinder mussten in 1/20-Steigung gelegt werden, um die Umgrenzungslinie
                              									einzuhalten.
                           Die Hauptabmessungen der Locomotive sind folgende:
                           
                              
                                 Cylinderdurchmesser
                                 530750
                                 mmmm
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 630
                                 mm
                                 
                              
                                 Treibraddurchmesser
                                 1250
                                 mm
                                 
                              
                                 Dampfüberdruck
                                 12
                                 at
                                 
                              
                                 Heizfläche (innere)
                                 144
                                 qm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 2,28
                                 qm
                                 
                              
                                 Dienstgewicht
                                 57,8
                                 t
                                 
                              
                           Die grösste Zugkraft am Radumfange, welche die Locomotive mit Verbund Wirkung leisten
                              									kann, beträgt hiernach \frac{75^2\,.\,630\,.\,6}{2\,.\,1250}=8500\mbox{
                                 										k} oder = ⅙ der Treibachsbelastung von 51,2 t.
                           Um auch auf Steigungen die voll belasteten Züge sicher und gleichmässig anziehen und
                              									im Nothfalle eine grössere Zugkraft ausüben zu können, ist die Locomotive, behufs
                              									Zuführung von Frischdampf in beide Cylinder, mit einem Wechselventil (System v. Borries) versehen. (Organ
                                 										für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1893 1. Heft S. 24.)
                           Die Highland Railway Company in England hat nach den Engineer, Decbr. 1894 S. 534, entnommenen Mittheilungen
                              									bei Sharp, Stewart and Co. in Glasgow 15 Stück
                              									fünfachsige, dreifach gekuppelte Güterzuglocomotiven mit vorderem, zweiachsigem
                              									Drehgestell bauen lassen. Die nach Plänen des Maschinendirectors Jones der genannten Eisenbahn ausgeführten Locomotiven
                              									haben Aussencylinder, Treibräder ohne Flanschen und einen aus Flusseisen gefertigten
                              									Kessel von 1419 mm Durchmesser mit 211 Stück kupfernen gezogenen Siederohren
                              									von je 51 mm äusserem Durchmesser, welche in der Feuerbüchsenrohrwand mit stählernen
                              									Brandringen versehen sind.
                           Weitere Hauptabmessungen der Locomotiven sind folgende:
                           
                              
                                 Cylinderdurchmesser
                                 508
                                 mm
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 660
                                 mm
                                 
                              
                                 Durchmesser der Treibräder
                                 1612
                                 mm
                                 
                              
                                 Durchmesser der Laufräder
                                 978
                                 mm
                                 
                              
                                 Gesammter Radstand
                                 7620
                                 mm
                                 
                              
                                 Heizfläche in der Feuerkiste
                                 10,54
                                 qm
                                 
                              
                                 Heizfläche in den Siederohren
                                 144,83
                                 qm
                                 
                              
                                 Gesammte Heizfläche
                                 155,37
                                 qm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 2,10
                                 qm
                                 
                              
                                 Dampfspannung
                                 12,3
                                 at
                                 
                              
                                 Dienstgewicht
                                 56,8
                                 t
                                 
                              
                           Die Locomotiven sind für den schweren Güter- und Personenzugsdienst der
                              									Highlandeisenbahn bestimmt. Ueber vergleichende Versuche zwischen einer gewöhnlichen
                              									vierachsigen, vierfach gekuppelten Güterzuglocomotive und einer dreicylindrigen
                              									Verbundlocomotive, System Webb, welche im April 1894
                              									auf der Strecke Crewe-Stafford der London- and North-Western Railway angestellt
                              									wurden, berichtet Engineering vom 10. August 1894 S.
                              									193 (vgl. 1893 287 26).
                           Die beiden Versuchszüge, aus je 53 beladenen Kohlenwagen und 3 Bremswagen bestehend,
                              									wurden, wie dies bei derartigen Versuchen in England häufig geschieht, in Crewe
                              									neben einander aufgestellt, dann mit gleicher Geschwindigkeit bis Stafford und nach
                              									Umsetzen der Locomotiven daselbst wieder zurück nach Crewe befördert. Darauf
                              									erfolgte eine Auswechselung der Locomotiven gegen einander, und es wurden beide Züge
                              									nochmals von Crewe bis Stafford und zurück befördert. Die Messungen wurden mit
                              									grosser Sorgfalt vorgenommen und zur Feststellung des Kohlenverbrauchs Kohlensäcke
                              									mit je 38 k Inhalt verwendet.
                           Es ergab sich mit der Verbundlocomotive eine Kohlenersparniss von
                           
                              
                                 23,38 Proc.
                                 bei Berechnung aus der während der Fahrtenselbst gebrauchten
                                    											Kohlenmenge,
                                 
                              
                                 19,84 Proc.
                                 bei Berechnung aus dem Gesammtkohlenverbrauche,
                                 
                              
                                 23,2 Proc.
                                 bei Berechnung aus der auf 100 t/km ver-brauchten Kohlenmenge
                                    											(ausschliesslich An-heizung),
                                 
                              
                                 19,7 Proc.
                                 der auf 100 t/km verbrauchten Kohlenmenge(einschliesslich
                                    											Anheizung).
                                 
                              
                           Der Wasserverbrauch der Verbundlocomotive betrug 24,5 Proc. weniger als der der
                              									gewöhnlichen Locomotive. Nachdem die Verbundlocomotive in regelmässigen Dienst
                              									gestellt, ergaben sich auch hier bedeutende Ersparnisse an Kohlen und Wasser
                              									gegenüber den gewöhnlichen Locomotiven, weshalb neun weitere Verbundlocomotiven nach
                              									dem Muster der Versuchslocomotive seitens der Verwaltung der genannten Eisenbahn in
                              									Auftrag gegeben wurden..
                           Abbildung und Beschreibung dieser Locomotiven sind Engineering vom 8. November 1895 gegeben.
                           Die Räder von je 1359 mm Durchmesser sind sämmtlich gekuppelt; die Entfernung
                              									zwischen den Mitten eines jeden Räderpaares beträgt 1,752, der gesammte Radstand
                              									demnach 5,256 m. Um ein bequemes Durchfahren von Curven zu ermöglichen, haben
                              									Vorder- und Hinterachse etwa 13 mm seitliches Spiel.
                           
                           Alle drei Cylinder arbeiten auf dieselbe Achse – die zweite von vorn – und zwar
                              									sind die Kolben der beiden aussenliegenden Hochdruckcylinder von je 381 mm
                              									Durchmesser mit in den Treibrädern befestigten, um 90° gegenseitig versetzten
                              									Kurbelzapfen, der zwischen den Rahmen unmittelbar unter der Rauchkammer liegende
                              									Niederdruckcylinder von 762 mm Durchmesser mit der nach Art der Schiffskurbelwellen
                              									aus drei Theilen zusammengesetzten Treibachse verbunden, deren mit beiderseitigen
                              									Gegengewichten aus einem Stück gefertigter Kurbelzapfen einen Winkel von 135° mit
                              									den Hochdruckkurbeln bildet. Der gemeinschaftliche Hub der Kolben beträgt 610
                              									mm.
                           Sämmtliche Cylinder sind durch Schraubenbolzen mit einander verbunden; ihre Mitten
                              									liegen in einer gemeinschaftlichen, gegen die Horizontale um einen gewissen Winkel
                              									geneigten Ebene. Die seitlich angeordneten Vertheilungsschieber der
                              									Hochdruckcylinder werden durch eine gewöhnliche Coulissensteuerung, System Stephenson, bethätigt, während der in einem auf dem
                              									Niederdruckcylinder befindlichen Schieberkasten gleitende Schieber seine Bewegung
                              									mittels eines einzigen Excenters erhält (1893 287 27).
                              									Die Federn der ersten drei Achsen sind durch ungleicharmige Hebel so mit einander
                              									verbunden, dass ihre Belastungen nahezu übereinstimmen; die Hinterachse hat eine
                              									gewöhnliche Querfeder.
                           Weitere Hauptabmessungen der Locomotive sind nachstehend angegeben:
                           
                              
                                 Zwischen den Rahmen
                                 1270
                                 mm
                                 
                              
                                 Länge des Kessels
                                 4725
                                 mm
                                 
                              
                                 Mittlerer Durchmesser des Kessels (aussen)
                                 1295
                                 mm
                                 
                              
                                 Anzahl der Siederohre
                                 210
                                 
                                 
                              
                                 Durchmesser der Siederohre (aussen)
                                 47,6
                                 mm
                                 
                              
                                 Zwischen den Rohrwänden
                                 4065
                                 mm
                                 
                              
                                 Heizfläche in der Feuerbüchse
                                 10,66
                                 qm
                                 
                              
                                 Heizfläche in den Rohren
                                 127,67
                                 qm
                                 
                              
                                 Gesammte Heizfläche
                                 138,33
                                 qm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 1,90
                                 qm
                                 
                              
                                 Verhältniss der Rost- zur Heizfläche
                                 1 : 72,6
                                 
                                 
                              
                                 Dampfdruck
                                 12
                                 at
                                 
                              
                                 Belastung der Vorderachse
                                 12,7
                                 t
                                 
                              
                                 Belastung der Treibachse
                                 14,6
                                 t
                                 
                              
                                 Belastung der Zwischenachse
                                 12,9
                                 t
                                 
                              
                                 Belastung der Hinterachse
                                 9,8
                                 t
                                 
                              
                                 Totalgewicht der betriebsfähigen Locomotive
                                 50,0
                                 t
                                 
                              
                                 Gewicht des Tenders (betriebsfähig)
                                 27,0
                                 t
                                 
                              
                                 Wasserinhalt des Tenders
                                 9,0
                                 cbm
                                 
                              
                           Der Generaldirector Vauclain der Baldwin Locomotive Works in Philadelphia äusserte sich in einer der
                              									letzten Monatsversammlungen der A. S. M. E. nach American
                                 										Maschinist vom 23. Mai 1895 S. 410 über die mit Verbundlocomotiven der
                              									Pike's Peak Railroad gegenüber gewöhnlichen Locomotiven erzielten Resultate. Die
                              									bisherigen Locomotiven verrichteten auf der etwa 15 km langen Strecke mit
                              									andauernden Steigungen von 7 Proc. bis 25 Proc. den regelmässigen Dienst zur
                              									Zufriedenheit, doch war ihr Wasser- und Kohlenverbrauch ein ganz bedeutender, so
                              									dass die Bergfahrt in Folge des zur Aufnahme von Wasser bezieh. Kohle nothwendigen
                              									öfteren Anhaltens unverhältnissmässig viel Zeit erforderte. Den in den letzten
                              									Jahren eingetretenen Verkehrssteigerungen waren diese Locomotiven nicht mehr
                              									gewachsen und es wurden deshalb Verbundlocomotiven derselben Grösse und Bauart wie
                              									die bisherigen Locomotiven in Dienst, gestellt (1894 292
                              									157).
                           Diese von den Baldwin Locomotive Works erbauten
                              									Locomotiven erzielten gegenüber den gewöhnlichen Locomotiven eine Ersparniss an
                              									Brennmaterial von 35 bis 38 Proc. und der Verbrauch an Wasser stellte sich um
                              									25 bis 28 Proc. niedriger als bei den letzteren, so dass die zur Aufnahme von
                              									Kohle und Wasser nöthigen Aufenthalte verringert werden konnten. Aber auch die
                              									Geschwindigkeit der Locomotive konnte auf der Bergfahrt erhöht, und zwar die
                              									Fahrzeit von 2½ Stunden mit den gewöhnlichen Locomotiven auf 1 Stunde und 50 Minuten
                              									mit den Verbundlocomotiven herabgesetzt werden. Diese Ergebnisse veranlassten die
                              									Verwaltung der genannten Eisenbahn, sämmtliche Locomotiven in Verbundlocomotiven
                              									umbauen zu lassen.
                           Von Interesse dürfte sein, dass die Baldwin Locomotive
                                 										Works bereits über 500 Verbundlocomotiven ihres Systems (viercylindrig)
                              									erbaut haben.
                           Vauclain sprach sich in der Versammlung
                              									selbstverständlich sehr zu Gunsten dieses Systems aus und äusserte sich namentlich
                              									auch über die ökonomischen Vortheile, welche mit Kolbenschiebern, wie sie allgemein
                              									bei den Locomotiven der Baldwin Locomotive Works zur
                              									Verwendung kommen, gegenüber gewöhnlichen Flachschiebern erreicht worden sind. Als
                              									Beispiel führte Vauclain an, dass T. W. Worsdell, seiner Zeit einer der eifrigsten
                              									Verfechter für Einführung der zweicylindrigen Verbundlocomotive, eine grosse Anzahl
                              									der letzteren für die North-Eastern Railway in England in Auftrag gegeben und diese
                              									sämmtlich wieder in einfache Expansionsmaschinen mit Cylindern von gleichem
                              									Durchmesser und Kolbenschiebern umgebaut habe. An diesen Maschinen abgenommene
                              									Indicatordiagramme sollen einen günstigeren Verlauf der Schaulinien gezeigt haben,
                              									als je an Locomotiven mit einfacher Expansion des Arbeitsdampfes und Flachschiebern
                              									beobachtet werden konnte. Durch einen zur Prüfung des Verhaltens der
                              									Verbundlocomotiven eingesetzten Ausschuss wurden schliesslich die folgenden Punkte
                              									zum Beschluss erhoben:
                           1) Es gibt Verbundmaschinen, welche bezüglich des Wasser- und Kohlenverbrauchs weit
                              									ökonomischer arbeiten, als gewöhnliche Maschinen von denselben Abmessungen,
                              									vorausgesetzt, dass beide Maschinengattungen gleiche Arbeiten verrichten.
                           2) Die geringste Ersparniss der Verbundlocomotiven gegenüber gewöhnlichen Locomotiven
                              									hat sich zu etwa 15 Proc. herausgestellt. Es ist wahrscheinlich, dass ungefähr zwei
                              									Drittel dieses Betrages durch vollkommenere Expansion des Arbeitsdampfes und
                              									ungefähr ein Drittel durch geringere Condensationsverluste erreicht wird.
                           3) Die Verbundlocomotiven sind erst zu kurze Zeit in Dienst, um bezüglich ihrer
                              									Reparaturkosten ein endgültiges Urtheil abgeben zu können, doch sind letztere nach
                              									den bisherigen Erfahrungen nicht höher als bei gewöhnlichen Locomotiven von gleichen
                              									Abmessungen und derselben Arbeitsleistung.
                           Ueber die Leistungen (Geschwindigkeiten und Traingewicht) von Locomotiven fast
                              									sämmtlicher englischen Eisenbahngesellschaften gibt Charles
                                 										Rous-Marten im The Engineer vom 11. October
                              									1895 S. 351 sehr übersichtliche Mittheilungen.
                           
                        
                           3) Locomotiven für aussergewöhnliche Eisenbahnen.
                           Die ersten amtlichen Versuchsfahrten mit der Heilmann'schen elektrischen Locomotive, über deren Bauart wir 1894 291 * 277 berichteten, fanden nach dem Centralblatt der Bauverwaltung vom 9. Mai 1894 S. 189
                              									bezieh. dem Bulletin de la Société des Ingenieurs civils de
                                 										France,Mai
                              									1894, am 10. Februar 1894 auf der Strecke Le Havre-Beuzeville der französischen
                              									Westbahn statt. Während der Fahrt wurden von Beamten der Westbahngesellschaft in
                              									einem hinter der Maschine mitgeführten Wagen genaue dynamometrische und andere
                              									Messungen vorgenommen. Fig. 23 veranschaulicht den
                              									Höhenplan der Versuchsstrecke mit einer Verzeichnung der jeweilig bei der Berg- und
                              									Thalfahrt erreichten Geschwindigkeiten. Die voll ausgezogene Linie gibt den
                              									Längenschnitt der Bahn, die – – – Linie die Geschwindigkeit auf der Hinfahrt von
                              									Havre nach Beuzeville und die –⋅–⋅–⋅ Linie diejenige auf der Rückfahrt an. Bei der
                              									Versuchsfahrt wurden nur sieben von den vorhandenen acht Räderpaaren elektrisch
                              									angetrieben und eine grösste Kraftleistung der Dampfmaschine von 800 ind. 
                              									entwickelt. Die Maschine wiegt leer 80, in vollem Dienstgewicht 118 t; bei dem
                              									Versuch betrug das Gewicht im Ganzen 105 t, d.h. rund 13 t auf die Achse und 92 t
                              									Reibungsgewicht. Die Zugkraft war etwa gleich 1/6,5 bis 1/7 des Reibungsgewichtes. Das
                              									Traingewicht setzte sich aus dem erwähnten Versuchs-, zwei Gepäck- und fünf
                              									Personenwagen zusammen; bei der Thalfahrt ergab sich eine mittlere Geschwindigkeit
                              									von 60 km in der Stunde und eine höchste Geschwindigkeit auf einem nahezu 11 km
                              									langen Gefälle mit 8 ‰ von 97 km. Bei der Bergfahrt betrug die Geschwindigkeit auf
                              									der vorgenannten grössten Steigung 55 km in der Stunde, während die fahrplanmässigen
                              									schnellsten Züge hier nur mit 45 bis 48 km Geschwindigkeit befördert werden. Der
                              									Kohlenverbrauch soll nur 7 k für das Kilometer betragen haben, während die
                              									gewöhnlichen Maschinen der Westbahn bei gleicher Leistung 12 k verbrauchen. Der
                              									Anlauf der Maschine scheint sich noch etwas langsam zu vollziehen, während im
                              									Uebrigen das Ergebniss der Probe ein befriedigendes, insbesondere der Gang der
                              									Locomotive sehr ruhig und frei von störenden Bewegungen jeder Art gewesen sein
                              									soll.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 299, S. 100
                              Fig. 23.
                              Höhenplan. Maasstäbe: Längen 1 :
                                 										25000. Höhen 1 : 2000, Geschwindigkeiten 1 mm = 2 km in der Stunde.
                              
                           Weitere Versuche wurden nach Engineering vom 28.
                              									September 1894 S. 429 mit der Locomotive auf der etwa 58 km langen Strecke Paris
                              									(St. Lazare)-Mantes der französischen Westbahn angestellt. Auch hier machte sich ein
                              									äusserst ruhiger Gang der Locomotive selbst bei der festgesetzten
                              									Höchstgeschwindigkeit von 100 km in der Stunde bemerkbar. Die Ersparnisse an
                              									Brennmaterial betrugen gegenüber den Schnellzuglocomotiven der Westbahn 15 Proc.
                              									Diese günstigen Ergebnisse waren um so bemerkenswerther, als sie auf einer Strecke
                              									mit vielen Steigungen von 1/200 bis zu 1/150 und leichtem Schienenprofil erhalten wurden; sie
                              									veranlassten die Westbahngesellschaft, zwei weitere Locomotiven, System Heilmann, zur Beförderung des Expresszuges zwischen
                              									Paris und Trouville mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 100 km in der
                              									Stunde in Auftrag zu geben.
                           Diese mit verschiedenen Verbesserungen, nach Angabe des Maschinendirectors Mäzen der Westbahn, versehenen Locomotiven besitzen wie
                              									die erste Locomotive ein Dienstgewicht von je 110 bis 120 t und setzen sich wieder
                              									aus zwei achträdrigen Truckgestellen mit acht elektrischen Motoren zusammen, von
                              									denen das eine Truckgestell den Kessel, das andere die Dampfmaschine und Dynamo
                              									trägt. Im Uebrigen unterscheidet sich die neue Locomotivtype von der alten dadurch,
                              									dass an Stelle eines sogen. ankerlosen Kessels der Bauart Lentz (1890 277 * 441 bezieh. 1894 291 150 * 221) ein gewöhnlicher Locomotivkessel, wie ihn
                              									die Schnellzuglocomotiven der Westbahn bereits besitzen, Verwendung findet. Die
                              									wagerechte 800pferdige Verbunddampfmaschine, welche nicht nur sehr schwer und
                              									bedeutenden Platz zu ihrer Aufstellung erforderte, sondern auch mit zu kleinem
                              									Kolbenhub arbeitete, wird durch eine stehende Willans-Maschine (1893 288 * 220) mit einer Leistung von 1500  ersetzt.
                              									Die von der Maschine direct betriebene Dynamo (C. E. L.
                                 										Brown's Type) leistet in gleicher Weise 1500  oder bis zu 1100
                              									Kilo-Watt und jeder der acht über den Achsen der Locomotive liegenden Elektromotoren
                              									mit 460 minutlichen Umdrehungen, entsprechend der Geschwindigkeit von 100 km in der
                              									Stunde, 125  (anstatt nur 75 ), so dass sich eine Gesammtleistung
                              									von 1000 anstatt von nur 600 effect.  der ersten Locomotive ergibt. Bei
                              									gleichem Dienstgewicht werden hiernach die neuen Locomotiven ungefähr die doppelte
                              									Leistung der ersten Locomotive entwickeln. Die 75pferdigen Elektromotoren der ersten
                              									Locomotive mit Gramme'schem Ringanker wiegen 2,7 t oder
                              									36 k auf die Pferdekraft, während die neuen Motoren ein Gewicht von je 3,3 t oder
                              									von nur 26 k auf die Pferdekraft haben. Ferner war bei der ersten Locomotive der
                              									Ringanker jedes Motors auf einem Stahlrohr befestigt, welches an den Enden von auf
                              									der Radachse sitzenden Ringen getragen wird und an dem einen Ende mit dem Radarme
                              									verschraubt ist. Diese immerhin starre Verbindung genügte für eine durchschnittliche
                              									Geschwindigkeit von etwa 65 km in der Stunde, nicht aber für höhere
                              									Geschwindigkeiten, weshalb bei den neuen Locomotiven das Stahlrohr unabhängig von
                              									der Radachse angeordnet ist und die Bewegungsübertragung direct mit Hilfe einer
                              									elastischen Kuppelung auf die Räder erfolgt.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)