| Titel: | Ueber die Weiterentwickelung der Dampfmaschine. | 
| Fundstelle: | Band 299, Jahrgang 1896, S. 242 | 
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                        Ueber die Weiterentwickelung der
                           								Dampfmaschine.
                        Ueber die Weiterentwickelung der Dampfmaschine.
                        
                     
                        
                           Uns liegen einerseits in der mechanischen Wärmetheorie Rechnungen vor, die keineswegs
                              									auf Hypothesen gegründet sind, sondern welche auf den genauesten, durch Jahrzehnte
                              									fortgesetzten Beobachtungen über das Verhalten der Dämpfe und Gase sich aufbauen,
                              									während andererseits, namentlich in der Praxis des Dampfmaschinenbetriebes sich
                              									Thatsachen zeigen, die nicht recht mit der Theorie übereinzustimmen scheinen, so
                              									dass man leicht auf den Gedanken kommt, dass die Theorie nicht immer das Richtige
                              									treffe, und auch, dass die Leistungen der heutigen besten Dampfmaschinen noch weit
                              									hinter den Anforderungen zurückbleiben, welche man an eine gute Wärmekraftmaschine
                              									stellen muss. Dass beides nicht der Fall ist, will ich zu erklären versuchen,
                              									zugleich aber auch den Nachweis für einige Unvollkommenheiten unserer heutigen
                              									Dampfmaschine und Schlüsse auf deren Weiterentwickelung daran knüpfen.
                           Die Dampfmaschine ist immer noch der am billigsten und rationellsten arbeitende
                              									Motor, und doch werden in den besten dieser Maschinen nur höchstens 12 Proc. von
                              									derjenigen Wärme in mechanische Arbeit verwandelt, welche in den Steinkohlen
                              									chemisch gebunden enthalten ist.
                           Es wird vielfach angenommen, dass ein grosser Nachtheil der Dampfmaschine in der
                              									grossen latenten Wärme des Dampfes liege, der sich gewissermaassen im Kessel mit
                              									einer grossen Wärmemenge beladet und mit einem noch immer erheblichen Wärmeinhalt
                              									aus der Dampfmaschine wieder austritt.
                           Man sollte denken, dass eine leichter verdampf bare Flüssigkeit, z.B. Aether,
                              									erheblich bessere Resultate geben müsste, wenn diese Flüssigkeit nur in einem
                              									Oberflächencondensator ohne grossen Verlust wiedergewonnen werden könnte. Das
                              									letztere ist nun recht wohl möglich; wie denn auch die unter sehr hohem Druck in den
                              									Eismaschinen umlaufenden Dämpfe nicht verloren gehen. Aber hinsichtlich des
                              									thermischen Wirkungsgrades würde dennoch kein Vortheil in der Verwendung z.B. von
                              									Aether liegen. Entwickelt man Aetherdämpfe von 5 at = 90° C., so braucht man hierzu
                              									allerdings nur 130 Cal. für 1 k Aether. Wasserdampf von 5 at = 152° C. würde 652
                              									Cal. für 1 k erfordern.
                           
                              
                                 1 k
                                 Aetherdampf von 5 at nimmt abereinen Raum ein von
                                 0,0715 cbm
                                 
                              
                                 1 k
                                 Wasserdampf von 5 at dagegen einenRaum von
                                 0,3626 cbm
                                 
                              
                           Aetherdampf ist also etwa fünfmal schwerer als Wasserdampf.
                              									Nun hängt die Arbeit der Dampfmaschine aber nur von Druck und Volumen des Dampfes
                              									ab, nicht aber von dessen Gewicht, und bei gleichem Druck von 5 at kann man mit 100
                              									Cal. nur 0,0550 cbm Aetherdampf, dahingegen 0,0556 cbm Wasserdampf erzeugen. Trotz
                              									der leichten Verdampfbarkeit würde hiernach also in der Anwendung des Aethers
                              									durchaus kein Vortheil liegen, und das Wasser ist ausserdem kostenfrei zu haben.
                           Vergleicht man nun die Kreisprocesse verschiedener zur Dampfentwickelung brauchbarer
                              									Flüssigkeiten mit einander, so findet man, dass dann, wenn der Kreisprocess
                              									vollständig und umkehrbar ist, d.h. wenn im Kreisprocess kein Spannungssprung
                              									vorkommt, keine der vermittelnden Flüssigkeiten einen Vorzug vor der anderen hat,
                              									sondern dass allein das Verhältniss der im Kreisprocess auftretenden Temperaturen
                              									den Ausschlag gibt. Der Kreisprocess einer vollkommenen Dampfmaschine entspricht
                              									sogar dem günstigsten Umsatz von Wärme in Arbeit, der nach den Lehren der
                              									mechanischen Wärmetheorie in einem aus Druck-, Volum- und Temperaturänderungen eines
                              									Mittels entstehenden Kreisprocesse überhaupt erreicht werden kann, nämlich dem Carnot'schen Kreisprocesse. In diesem ist die
                              									Wärmeausnutzung =1-\frac{T_1}{T_2}, wenn T2 die absolute Temperatur (t + 273) des Kesselwassers und T1 die absolute Temperatur im Condensator
                              									bezeichnen.
                           Einen solchen vollkommenen Kreisprocess macht der Dampf in unseren gegenwärtigen
                              									Dampfmaschinen nicht durch. Nicht etwa deshalb, weil solches constructiv unmöglich
                              									wäre, sondern deshalb, weil der allerdings bedeutende theoretische Vortheil, welcher
                              									dadurch noch zu erzielen sein würde, durch die noch erheblicheren Verluste in Folge
                              									Reibung und durch die grösseren Verzinsungs- und Amortisationskosten der viel
                              									umfangreicheren Maschinen mehr als aufgezehrt werden würde.
                           Wenn man übrigens die Wärmeausnutzung in den besten Dampfmaschinen mit 12 Proc.
                              									angibt, so ist das etwas rigoros gerechnet. In den besten Heizanlagen kann die
                              									chemisch in der Kohle gebundene Wärme nicht voll ausgenutzt werden. Wenn solches
                              									demnach auch nicht unter dem Kessel einer Dampfmaschine geschieht, so darf man diese
                              									Unvollkommenheit nicht dem Kreisprocess des Wasserdampfes zur Last legen. Die
                              									Uebertragung der Wärme aus der Feuerung auf den Wasserinhalt des Kessels ist sogar
                              									eine recht vollkommene, verglichen mit anderen Heizeinrichtungen, und wenn man
                              									dagegen einwendet, dass die Uebertragung bei den Gasmaschinen, Erdölmaschinen und
                              									anderen Feuerluftmotoren unmittelbarer geschieht, so ist darauf zu erwidern, dass
                              									die bei diesen Maschinen nöthige Wasserkühlung mehr als die Hälfte der entwickelten
                              									Wärme nutzlos vernichtet. Die Uebertragung der Wärme ist hier also in der That
                              									unvollkommener als bei der Dampfmaschine, ausserdem ist das Brennmaterial in der
                              									Regel theurer als Steinkohle.
                           Von der. in der Steinkohle chemisch gebundenen Wärmemenge sind in einer guten
                              									Kesselanlage höchstens 75 Proc. effectiv erhältlich, nämlich bei neunfacher Verdampfung (Versuche
                              									von Stribeck, Z. d. V. D. I. 1894 S. 732). Statt der
                              									erwähnten 12 muss ich also 16 Proc. Wärmeausnutzung setzen, wenn ich von derjenigen
                              									Wärme spreche, die thatsächlich auf das Kesselwasser übertragen werden kann.
                           Nehme ich nun für eine Dampfmaschine die höchste zulässige Temperatur des gesättigten
                              									Dampfes mit 200° C. = 15,5 at an, und ferner als niedrigste Temperatur im
                              									Condensator 30° C., so würde eine vollkommene Wärmekraftmaschine, welche den Carnot'schen Kreisprocess ausführt, äusserst
                              										1-\frac{273+30}{273+200} oder 36 Proc. der auf das
                              									Kesselwasser übertragenen Wärme in mechanische Arbeit verwandeln können. Weil aber
                              									eine beste heutige Dampfmaschine nur etwa 16 Proc. ergibt, so würde zu ermitteln
                              									sein, wie die Differenz entsteht. Diese setzt sich aus zwei Arten von Arbeits- und
                              									anderen Verlusten. zusammen; erstens solchen, welche auch der vollkommensten
                              									Dampfmaschine anhaften würden, und zweitens solchen, welche der Wasserdampfmaschine
                              									eigenthümlich sind.
                           Zu den ersteren gehören:
                           
                              
                                 1)
                                 Der Verlust durch veränderliche und con-stante
                                    											Widerstände in der Maschine
                                 12
                                 Proc.
                                 
                              
                                 2)
                                 Der Verlust durch die Differenz zwischenKessel- und
                                    											Admissionsdruck
                                   2
                                 „
                                 
                              
                                 3)
                                 Der Verlust durch den Gegendruck imCondensator
                                   4
                                 „
                                 
                              
                                 4)
                                 Der Verlust durch den schädlichen Raum
                                   4
                                 „
                                 
                              
                                 5)
                                   „        „        „     Wärmestrahlung und Leitung
                                 10
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 Zu den Verlusten der zweiten Art gehören:
                                 
                                 
                                 
                              
                                 6)
                                 Der Verlust wegen der Unvollkommen-heit des
                                    												KreisprocessesS. Zeuner, Thermodynamik, Bd. 2 S.
                                          													394.
                                    12,5
                                 „
                                 
                              
                                 7)
                                 Der Verlust wegen der unvollkommenenExpansionIbid. S.
                                          													400.
                                    19,4
                                 „
                                 
                              
                           Addirt man alle diese Verluste, so erhält man 64 Proc. Gesammtverlust, doch darf man
                              									nicht in dieser Weise rechnen, weil nicht alle Procentsätze von dem höchsten Werthe
                              									der ideellen Leistung einer vollkommenen Dampfmaschine genommen sind. Würde man das
                              									Diagramm einer vollkommenen Maschine aufzeichnen und nun die obigen Verluste davon
                              									abstreichen, so würden die subtrahirten Flächen sich theilweise überdecken, so dass
                              									ein Theil der Flächen mehrfach in Abzug gebracht werden würde. Man muss demnach
                              									folgendermaassen verfahren:
                           
                              
                                 Vor Entstehung irgend einer Arbeitsthätigkeit desDampfes
                                    											gehen die 10 Proc. für Wärmestrahlung undLeitung verloren, also
                                   36
                                 Proc.
                                 
                              
                                 
                                 ÷  3,6
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                   32,4
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Hiervon sind zu kürzen für Unvollkommen-   heit des
                                    											Kreisprocesses und der Expan-   sion 0,32
                                   10,4
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                   22
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Hiervon wieder für die Verluste unter 2) 3) 4)   =
                                    											0,10
                                     2,2
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 Es verbleibt als indicirte Leistung
                                   19,8
                                 Proc.
                                 
                              
                                 ÷ für constante und veränderliche Wider-   stände
                                    											0,12
                                     2,4
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 Effectivleistung
                                   17,4
                                 Proc.
                                 
                              
                           Eine Wärmeausnutzung von 17,4 Proc. würde einem Dampfverbrauch entsprechen
                              									von
                           \frac{100\,.\,636,8}{(667,5-30)\,.\,17,4}=5,74\mbox{
                                 										k}.
                           In dieser Formel bedeuten:
                           
                              
                                 636,8
                                 das Wärmeäquivalent einer Pferdestärke in derStunde
                                    												=\frac{75\,.\,3600}{424},
                                 
                              
                                 667,5
                                 die Gesammtwärme des Dampfes von 200° C. von0° C. ab
                                    											gerechnet,
                                 
                              
                                 30
                                 die Wärme, mit welcher das Wasser wieder inden Kessel gepumpt
                                    											wird.
                                 
                              
                           Eine Maschine, welche mit 7 k Druck im Kessel, 0,1 k Druck = 45,579° C. im
                              									Condensator und einer Expansion bis zu 0,6 k betrieben wird, würde dagegen
                              									ergeben:
                           
                              
                                 16,4
                                 Proc.
                                 Verlust
                                 in
                                 Folge
                                 unvollkommener Expansion,
                                 
                              
                                 8,7
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 der Unvollkommenheit des
                                 
                              
                                 
                                 Kreisprocesses,
                                 
                              
                                 eine Nettowärmeausnutzung von 14,47 Proc. und dem-      
                                    											nach einen Dampfverbrauch von 7,20 k.
                                 
                              
                           Die höchst denkbare Wärmeausnutzung zwischen den Temperaturgrenzen dieser Maschine,
                              									164,028° C. und 45,579° C., würde sein 27,1 Proc.
                           Es ist also ersichtlich, dass die theoretische Rechnung recht genau mit den
                              									wirklichen Ergebnissen übereinstimmt, und es erscheint recht wohl gestattet, nun aus
                              									der Theorie heraus auf weitere Verbesserungen der Dampfmaschine schliessen zu
                              									dürfen,
                           Die unter 1) bis 5) angeführten Verluste sind nicht nur der Wasserdampfmaschine,
                              									sondern auch jeder mit einer anderen Flüssigkeit betriebenen Dampfmaschine
                              									eigenthümlich. An diesen Verlusten lässt sich also nicht sparen. Ferner wird sich
                              									auch der Verlust wegen der Unvollkommenheit des Kreisprocesses bei jeder anderen
                              									Dampfart finden. Wollte man diesen Verlust vermeiden, so müsste die Maschine sehr
                              									complicirt werden. Es müsste nämlich der Dampf zunächst bis auf die
                              									Condensatorspannung expandiren, was bei der Wasserdampfmaschine schon auf eine
                              									Unmöglichkeit führen würde; alsdann müsste ein gewisser Theil des Dampfes
                              									condensirt, das Condensat staubförmig unter den übrig gebliebenen Theil des Dampfes
                              									gemischt und alles bis auf die Kesselspannung comprimirt werden, so dass am Ende der
                              									Compression aller Dampf in Wasser vom Druck und von der Temperatur des Kesselwassers
                              									verwandelt sein würde. Die Ausführung dieser Bedingungen ist, wie erwähnt, praktisch
                              									nicht thunlich, und man muss also auf eine Abänderung des Kreisprocesses der
                              									heutigen Dampfmaschine, auch wenn dieselbe mit anderen Flüssigkeiten als Wasser
                              									betrieben würde, durchaus verzichten.
                           Bessern liesse sich an dem Kreisprocess der Dampfmaschine nur dadurch, dass man den
                              									Verlust, der durch die unvollkommene Expansion entsteht, beseitigt oder verkleinert,
                              									und das ist nur bei Verwendung anderer Dampfarten möglich; denn der Wasserdampf
                              									nimmt bei niedrigem. Druck einen viel zu grossen Raum ein.
                           Zunächst würde indessen die Wirkungsweise zweier anderer Verbesserungen zu besprechen
                              									sein, nämlich die Einwirkung der Ueberhitzung des Dampfes und der Mantelheizung.
                           Wenn man als Grundlage zur Beurtheilung einer Wärmekraftmaschine die Formel
                              										1-\frac{T_1}{T_2} aufstellt, in welcher T1 die niedrigste und
                              										T2 die höchste
                              									absolute Temperatur bezeichnen, so hat diese Formel nur dann Gültigkeit, wenn ein
                              										Carnot'scher Kreisprocess vorliegt, d.h. wenn unter
                              									anderem die Zuleitung der Wärme bei constanter Temperatur stattfindet.
                           Stelle ich den- Kreisprocess unserer heutigen Dampfmaschine als Diagramm dar, so ist
                              									hierin die Admissionslinie eine isothermische Curve, weil die Temperatur bei der
                              									Dampfentwickelung im Kessel constant bleibt. Ueberhitze ich nun aber den Dampf, so
                              									dass er sich um ein gewisses Volumen ausdehnt, so findet hier eine
                              									Temperatursteigerung statt. Die Linie der Ueberhitzung gehört also gar nicht zu
                              									einem Carnot'schen Kreisprocesse, und man darf die
                              									Formel 1-\frac{T_1}{T_2}, welche für die hohen Temperaturen des
                              									überhitzten Dampfes ganz bestechende Resultate geben würde, hier nicht mehr
                              									anwenden.
                           Es ist das Verdienst Zeuner's, das Verhalten der
                              									überhitzten Dämpfe in seiner Thermodynamik auf das
                              									Klarste und Eingehendste dargelegt zu haben.
                           Zeuner stellt folgende Formel auf:
                           pv = BT – Cpn . . . . . (1)
                           In dieser Formel bezeichnen:
                           p den Druck in Kilo auf das
                              									Quadratmeter,
                           v das Volumen in Cubikmeter,
                           T die absolute Temperatur in Grad
                              									Celsius,
                           B, C und n sind constante Grössen, die mit der Dampfart wechseln.
                           Für Wasser sind B = 50,933; C = 192,50; n = 0,25.
                           Sind nun zwei der Grössen pvT bekannt, so kann man die
                              									dritte daraus berechnen. Diese Formel gilt, und das ist das Eigenthümliche
                              									derselben, ganz allgemein für gesättigten sowohl als auch für überhitzten Dampf und
                              									gibt für alle gebräuchlichen Drucke und Temperaturen recht gute Resultate.
                           Lässt man überhitzten Wasserdampf adiabatisch, d.h. ohne Zuleitung oder Ableitung von
                              									Wärme expandiren, so erhält man nach Zeuner die
                              									Leistung
                           L = 3 (p1v1 – pv) . . . . .
                              									(2)
                           und die Temperaturänderung bei der adiabatischen Expansion
                              									oder Compression überhitzter Wasserdämpfe ist
                           \frac{T_1}{T_2}=\left(\frac{p_1}{p_2}\right)^2 .
                              									. . . . . . . (3)
                           Mit Hilfe der Zeuner'schen Formeln ist es leicht, die
                              									Leistungen einer mit gesättigtem Dampf und einer mit überhitztem Dampf betriebenen
                              									Maschine mit einander zu vergleichen.
                           Es ist darauf aufmerksam zu machen, dass sich die Expansionscurve des überhitzten
                              									Dampfes der Abscissenachse bedeutend schneller nähert, als die Curve des gesättigten
                              									Dampfes. Wendet man nun eine Ueberhitzung etwa bis 350° C., wie sie im Schmidt'schen Heissdampfmotor benutzt wird, bei einer
                              									neueren mit Hochdruck und Condensation arbeitenden Dampfmaschine an, so wird die
                              									Ueberhitzung nicht bis zum Ende der Expansion anhalten, sondern der überhitzte Dampf
                              									wird bereits vor Ende der Expansion gesättigt sein und nun nach dem gleichen Gesetz
                              									weiter expandiren wie der gesättigte Dampf.
                           Trage ich demnach auf das bisherige Diagramm einer Dampfmaschine, deren
                              									Kesseltemperatur 200° C., deren Condensatortemperatur 30° C. und deren
                              									niedrigster Expansionsdruck 0,6 k betragen mögen, die Veränderung ein, welche die
                              									Ueberhitzung verursacht, so erhalte ich eine dreieckige Fläche als Mehrleistung.
                           Der Druck, auf welchen nun der überhitzte Dampf von 350° C. und 15,8939 k, also dem
                              									Drucke, der dem gesättigten Dampf von 200° C. entspricht, adiabatisch expandiren
                              									muss, damit Sättigung des Dampfes eintritt, ist 2,7951 k und die Temperatur 130,45°
                              									C.
                           Man findet diesen Zustand folgendermaassen:
                           Nach Zeuner, Thermodynamik, Bd. 2 S. 243, kann man
                              									annehmen:
                           T = αpv + βpn..... (4)
                           Hierin n = 0,25; log10α = 2,5249094; log10β = 1,5809979; v = 0,0607; p muss in
                              									alten Atmosphären genommen werden.
                           Combinirt man diese Formel mit Gl. 3, so folgt:
                           
                              \alpha\,{p_1}^v+\beta\,{p_1}^n=\left(\frac{p_1}{p_2}\right)^n\,T_2
                              
                           p_1=\left(\frac{T_2}{\alpha\,{p_2}^n}-\frac{\beta}{\alpha}\right)^{\frac{1}{v-n}}
                              									. . . . . . (5)
                           Diese Formel ergibt für p1 = 2,75 alte Atmosphären. Durch Näherung und unter Zuhilfenahme einer
                              									Dampftabelle findet man leicht das genaue Resultat, nämlich 2,705 alte Atmosphären =
                              									2,7951 k und 130,45° C.
                           Es ist nun leicht möglich, die Arbeit des überhitzten Dampfes und diejenige des
                              									gesättigten Dampfes zu berechnen und zwar beide Arbeiten bis zu dem Ende der
                              									Expansion bei 0,6 k/qc.
                           Berücksichtigt man noch die Wärme, welche zum Ueberhitzen des Dampfes nöthig war, so
                              									erhält man einen Ueberblick über die Rentabilität der Ueberhitzung.
                           Die Volldruckarbeit des überhitzten Dampfes ist für 1 k
                           Lv = p1v1 – pσ; σ = dem Wasservolumen = 0,001 cbm
                           oder nach Gl. 1
                           
                              
                                     Lv = 50,933 . 623 – 192,50 . 158,9390,25 – 158,939
                                 
                              
                                 
                                 
                                 = 27729 mk
                                 
                              
                                 die Expansionsarbeit bis 2,7951 k nach Gl. 2
                                 
                                 
                              
                                     Le= 3 (27887,7 – 18059,8)
                                 = 29484 mk
                                 
                                 
                              
                                 die Weiterexpansion bis 0,6 k
                                 
                                 
                                 
                              
                                          (s. unten Gl. 6)
                                 = 22375   „
                                    51859  „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                    79588 mk
                                 
                              
                           Die Volldruckarbeit des gesättigten Dampfes ist dagegen
                           
                              
                                      Lv = 50,933 . 473 – 192,50 . 158,9390,25 – 158,939
                                 
                              
                                 
                                 = 20088 mk
                                 
                              
                                 die Expansionsarbeit des gesättigten Dampfes    nach Zeuner, T. T., Bd. 2 S. 75
                                 
                                 
                              
                                     L_e=\frac{p_1\,v_1}{\mu}\left[1-\left(\frac{p}{p_1}\right)^{\frac{\mu-1}{\mu}}\right]
                                    											. . . . (6)
                                 
                                 
                              
                                     L_e-\frac{20247}{0,135}\left[1-\left(\frac{6000}{159839}\right)^{0,118948}\right]
                                 = 48409  „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                    68497 mk
                                 
                              
                           Die Erzeugung des gesättigten Dampfes von 200° C. erforderte 667,5 – 30 = 637,5 Cal.,
                              									die Ueberhitzung bis 350° C. = 150.0,4805 = 72,1 Cal.
                           
                              
                                 In dem einen Falle erzeugten also
                                 637,5 
                                 Cal.
                                 68497
                                 mk
                                 
                              
                                 und in dem anderen Falle
                                 709,6
                                 „
                                 79588
                                 „
                                 
                              
                                 oder 100 Cal. für den gesättigten Dampf
                                 
                                 10745
                                 „
                                 
                              
                                 und für den überhitzten Dampf
                                 
                                 
                                 11216
                                 „
                                 
                              
                           
                           Die Ueberhitzung des Dampfes bis 350° C. ergibt also nur einen Vortheil von 471
                              									mk oder 4,4 Proc.
                           Das ist ein sehr geringer Vortheil, und man dürfte bei grösseren Maschinen nur dann
                              									die Ueberhitzung anwenden, wenn die Uebertragung der Wärme aus den Feuerungsgasen
                              									auf den Dampf ebenso vortheilhaft geschehen könnte, wie auf das Kesselwasser. Das
                              									ist nun aber keineswegs der Fall. Der Wärmedurchgangscoëfficient für Wasser ist viel
                              									grösser als derjenige für Dampf.
                           Während es nun bei einer guten Kesselanlage möglich ist, den Verbrennungsgasen
                              									dadurch, dass man sie stets an wasserberührten Flächen entlang streichen lässt, eine
                              									sehr grosse Wärmemenge zu entziehen, wird ein Gleiches nicht mehr der Fall sein
                              									können, wenn durch dieselben Gase der Dampf in irgend erheblichem Maasse überhitzt
                              									werden soll. Die Verbrennungsgase werden zu heiss in den Schornstein entweichen, und
                              									die Ausnutzung der aus der Kohle entwickelten Wärme wird soweit herabsinken, dass
                              									der geringe Vortheil, den die Ueberhitzung verspricht, mehr als aufgewogen
                              									würde.
                           
                              Es ist daraus zu schliessen, dass für eine grössere mit
                                 										Hochdruck und Condensation arbeitende Dampfmaschine eine irgendwie erhebliche
                                 										Ueberhitzung zum Zweck der Volumvergrösserung des Dampfes keinerlei Vortheile
                                 										bietet.
                              
                           Wenn schon der Theorie nach kein Vortheil herauszurechnen ist, so kann bei einem
                              									praktischen Versuch erst recht nichts herauskommen.
                           Bei Auspuffmaschinen, namentlich kleineren mit stehendem Kessel und ohnehin hohem
                              									Kohlenverbrauch, bei denen die Verbrennungsgase auch sonst mit hoher Temperatur
                              									entweichen, liegt dagegen in der Einführung der Ueberhitzung eine wesentliche
                              									Verbesserung.
                           Denken wir uns z.B. Dampf von 7,7824 k Druck sei bis auf 350° C. überhitzt und
                              									expandire bis auf atmosphärische Spannung; dann wird die Temperatur nach Gl. 3
                              									gerade bis auf 100° C. gesunken, der Dampf mithin gesättigt sein.
                           Die Volldruckarbeit des überhitzten Dampfes ist nach Gl. 1
                           
                              
                                     Lv= p1v1 – pσ = 50,933 . 623 – 192,50 . 778240,25 – 77,8
                                 
                              
                                 
                                 = 28438 mk
                                 
                              
                                 die Expansionsarbeit nach Gl. 2
                                 
                                 
                              
                                     Le =
                                    												3(p1v1 – pv) = 3 (28516 – 17057)
                                 = 34377   „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                    62815 mk
                                 
                              
                                 ÷ Arbeit des atm. Gegendruckes
                                 = 17057    „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                    45758 mk
                                 
                              
                           Die Volldruckarbeit des gesättigten Dampfes ist nach Gl. 1
                           
                              
                                     Lv= 50,933 . 441,325 – 192,50 . 778240,25 – 77,8
                                 
                              
                                 
                                 = 19185 mk
                                 
                              
                                 die Expansionsarbeit nach Gl. 6
                                 
                                 
                              
                                     L_e-\frac{19263}{0,135}\left[1-\left(\frac{10333}{77824}\right)^{0,118948}\right]
                                 = 30464    „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                    49649 mk
                                 
                              
                                 ÷ Arbeit des atm. Gegendruckes
                                 
                                 
                              
                                 17057 . 0,8881
                                 = 15148    „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                    34501 mk
                                 
                              
                           (0,8881 ist die specifische Dampfmenge in Folge der bei der
                              									Expansion des gesättigten Dampfes stattfindenden Condensation.)
                           Die Ueberhitzung ergibt also in diesem Falle
                           11257 mk Arbeitsgewinn für 1 k Dampf oder 32,6 Proc.
                           Zu diesem ausserordentlich günstigen Resultate trägt auch der Umstand bei, dass
                              									man hier nicht die Kosten der Ueberhitzung in Abzug zu bringen braucht, weil ja bei
                              									einer mit gesättigtem Dampf betriebenen kleineren Maschine die Verbrennungsgase
                              									ohnehin nutzlos mit hoher Temperatur entweichen. Das zeigt also, dass die Schmidt'sche Heissdampfmaschine eine für den
                              									Kleinbetrieb ganz rationelle Construction ist.
                           Man darf übrigens bei einem allgemeinen Vergleich zwischen einer Heissdampfmaschine
                              									und einer mit gesättigtem Dampf betriebenen Maschine nicht allein den Dampfverbrauch
                              									heranziehen, sondern man muss in letzter Instanz den Kohlenverbrauch entscheiden
                              									lassen.
                           Eine grössere mit gesättigtem Dampf betriebene Auspuffmaschine würde, wenn sie 14 k
                              									Dampf verbraucht, und der Kessel, etwa ein Cornwall-Kessel, neunfache Verdampfung
                              									ergibt, vortheilhafter arbeiten als eine Heissdampfmaschine bei 8 k Dampfverbrauch
                              									und fünffacher Verdampfung; denn die erstere Maschine braucht
                              										\frac{14}{9}=1,556\mbox{ k} Kohle für die Pferdestärke, die
                              									letztere Maschine \frac{8}{5}=1,600\mbox{ k} Kohle.
                           Das oben erwähnte günstige Resultat der Ueberhitzung kommt also nur bei kleinen
                              									Maschinen voll zur Geltung, bei denen die Verbrennungsgase, wie bereits erwähnt, auf
                              									jeden Fall mit hoher Temperatur entweichen.
                           Der Dampfverbrauch einer Maschine kann des ferneren durch Anwendung des Dampfmantels
                              									vermindert werden.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)