| Titel: | Neue Beiträge zur Rauchfrage. | 
| Autor: | v. Schroeder, W. Schmitz-Dumont | 
| Fundstelle: | Band 300, Jahrgang 1896, S. 65 | 
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                        Neue Beiträge zur Rauchfrage.
                        Von † Prof. Dr. v.
                                 									Schroeder und Dr. W. Schmitz-Dumont.
                        Neue Beiträge zur Rauchfrage.
                        
                     
                        
                           Im Anschluss an die bereits vor Jahren im chemischen Laboratorium zu Tharand
                              									ausgeführten vielfachen Arbeiten über die RauchfrageA. Stöckhardt:„Untersuchungen über die schädliche Einwirkung des Hütten- und
                                       												Steinkohlenrauches auf das Wachsthum der Pflanzen, insbesondere der
                                       												Fichte und Tanne.“Tharander forstl. Jahrbuch, 1871 S. 218.v. Schroeder:„Die Einwirkung der schwefligen Säure auf die Pflanzen.“Tharander forstl. Jahrbuch, 1872 S. 185, und
                                       											die zweite Abhandlung ebendaselbst, 1873 S. 217.v. Schroeder und Reuss:
                                    											”Die Beschädigung der Vegetation durch Rauch und die Oberharzer
                                       												Hüttenrauchschäden.“ Berlin 1883. Verlag von Paul Parey.v. Schroeder und Schertel:
                                    											”Die Rauchschäden in den Wäldern der Umgebung der fiscalischen
                                       												Hüttenwerke bei Freiberg.“
                                    											Jahrbuch für Berg- und Hüttenwesen im Königreich
                                       												Sachsen auf das Jahr 1884, S. 93., und speciell über die
                              									Einwirkung der sauren Gase auf die Pflanzen, wurden im Laufe des Jahres 1895 eine
                              									Reihe neuer Versuche vorgenommen, über welche in Folgendem berichtet werden soll.
                              									Diese Versuche hatten zum Theil den Zweck, einige der bereits früher gezogenen
                              									Schlüsse noch besser und sicherer zu begründen, zum Theil sollten sie aber auch dazu
                              									dienen, weiteres Material zur Kenntniss und richtigen Beurtheilung der Rauchschäden
                              									beizubringen. Wir wollen nicht leugnen, dass die nächste Veranlassung zur
                              									Wiederaufnahme der Rauchuntersuchungen in Tharand für uns das Erscheinen des Borggreve'schen WerkesOberforstmeister Dr. Borggreve:
                                    											„Waldschäden im oberschlesischen Industriebezirk nach ihrer Entstehung
                                       												durch Hüttenrauch, Insectenfrass u.s.w.“ Eine Rechtfertigung der
                                    											Industrie gegen folgenschwere Anschuldigungen. Frankfurt 1895. Verlag von J.
                                    											D. Sauerländer. war, und dass wir auch bei der Wahl der zu
                              									behandelnden Fragen uns zum Theil durch Einwände haben bestimmen lassen, welche von
                              									dieser Seite her erhoben worden sind. Wir haben letzteres nicht etwa gethan, weil
                              									wir diese Einwände wissenschaftlich irgendwie für berechtigt hielten, sondern weil es uns selbst
                              									in einigen Fällen zweckmässig erschien, durch Wiederholung der älteren Versuche und
                              									durch eine etwas abgeänderte Behandlung der Fragen für wichtige Ergebnisse noch mehr
                              									Beweismaterial beizubringen. Der in chemischer und physiologischer Beziehung
                              									durchaus unwissenschaftliche Standpunkt des Borggreve'schen Buchesv. Schroeder:„Ueber die Beschädigung der Vegetation durch Rauch, eine Beleuchtung der
                                       													Borggreve'schen Theorien und
                                       												Anschauungen über Rauchschäden.“ Freiberg in Sachsen 1895. Verlag
                                    											von Croz und Gerlach. Diese Abhandlung auch im Bericht über die 40.
                                    											Versammlung des sächsischen Forstvereins zu Löbau in Sachsen
                                    										1895. schliesst ein näheres Eingehen auf dasselbe an dieser Stelle
                              									für uns vollständig aus. Wir enthalten uns daher auch grundsätzlich jeder Polemik,
                              									und wollen in Folgendem, soweit experimentell bereits behandelte Fragen in Betracht
                              									kommen, die geltend gemachten Einwände nur kurz andeuten, im Uebrigen aber an die
                              									Resultate der Untersuchungen, wie sie von. früher her vorlagen, anknüpfen.
                           
                        
                           I. Beschädigung der Pflanzen durch länger andauernde
                              									Einwirkung sehr kleiner Mengen schwefliger Säure.
                           Wenn man die Versuche, welche aus früherer Zeit bezüglich der Wirkung der
                              									metallischen Hüttenrauchbestandtheile einerseits und der schwefligen Säure
                              									andererseits vorliegenv. Schroeder und Reuss: Kap. I S. 14 bis 58 und Kap. II S. 59 bis 68. In dem Kap.
                                    											II der Stöckhardt'sche Versuch, um den es sich
                                    											hier handelt, S. 63 und 64., mit einander vergleicht, so ergibt
                              									sich für die letztere, auch bei ziemlich grossen Verdünnungen in der Luft, eine sehr
                              									viel energischere und durchgreifendere Benachtheiligung des Pflanzenlebens. Hiernach
                              									erscheint der Schluss gerechtfertigt, dass die schweflige Säure als die
                              									wesentlichste und hauptsächlichste Ursache der Hüttenrauchschäden anzusehen sei.
                              									Dagegen kann der Einwand erhoben werden, dass die bei den meisten Versuchen zur
                              									Anwendung gekommenen Säureconcentrationen, im Vergleich zu den Verhältnissen, wie
                              									sie in der Natur liegen, immerhin noch viel zu gross seien. Beim Fuss der hohen Esse
                              									der „Muldener-Hütten“ fand Reich, unter dem
                              									Winde am Boden, mitten in den abziehenden Rauchwolken, schon in 60 Schritt
                              									Entfernung von der Esse, nicht mehr als 1/90000 bis 1/130000 schweflige Säure in der Luft. Für
                              									landwirthschaftliche Pflanzen (Weizen, Hafer, Erbsen) will Freytag nachgewiesen haben, dass Luft bei einem Gehalte von 1/70000
                              									schwefliger Säure bei längerer Einwirkung auch unter den günstigsten Verhältnissen
                              									von Wärme und Feuchtigkeit nicht den geringsten Schaden mehr hervorbringt – doch
                              									lassen sich gegen diese Freytag'sche Grenzbestimmung
                              									sehr schwer wiegende Bedenken erheben, welche die ganze Art der Versuchsanstellung,
                              									sowie auch die Feststellung der Verdünnung der Säure in der Luft betreffen.
                           In der Natur haben wir es ohne Zweifel bei Rauchschäden in den meisten Fällen mit
                              									länger andauernden Einwirkungen unbekannter sehr geringer Mengen schwefliger Säure
                              									zu thun.
                           Stöckhardt nahm an, dass eine stetige oder wiederholte
                              									Zuführung geringerer Mengen schwefliger Säure bezüglich der schädigenden Wirkung auf
                              									die Pflanzen denselben oder einen ähnlichen Effect haben würde, wie eine
                              									seltenere Einwirkung grösserer Quantitäten. Um das zu beweisen, und um den
                              									Einwand in Betreff der zu hohen Concentrationen bei den früheren Versuchen zu
                              									beseitigen, stellte Stöckhardt den bekannten, in der
                              									Rauchlitteratur und bei Gutachten sehr häufig citirten Versuch an, bei welchem die
                              									äusserst geringe Menge von 1/1000000 schwefliger Säure zur Anwendung kam. Vier
                              									vierjährige, in Kübeln eingewurzelte Fichten wurden in einem Zimmer aus Fenster
                              									gestellt, und durch Verbrennen einer Mischung von Schwefelkohlenstoff und Alkohol in
                              									Intervallen von 1 bis 3 Stunden so viel schweflige Säure entwickelt, dass dieselbe
                              										1/1000000 der
                              									Localluft ausmachte. Ein Geruch nach schwefliger Säure war hierbei im Zimmer niemals
                              									wahrnehmbar.
                           Während dreier Monate wurden an 60 Tagen insgesammt 335 solcher Einzelräucherungen
                              									vorgenommen, und wurden dabei die Nadeln zweier Fichten durch Besprengen mit Wasser
                              									feucht gehalten. Diese letzteren zeigten nach etwa 1½ Monaten eine beginnende
                              									Bräunung der Nadelspitzen, während bei den trocken gehaltenen zwei Fichten diese
                              									Erscheinung etwa einen Monat später auftrat. Diese Bräunung verbreitete sich im
                              									Verlaufe des Versuches über die gesammte Benadelung. Nach Abschluss des Versuches,
                              									noch 2½ Monate vor Regen geschützt an der freien Luft belassen, erholten die
                              									Pflanzen sich nicht, sondern erwiesen sich als völlig abgestorben. Von zwei Kübeln
                              									mit Controlfichten hatte der eine während der Versuchsdauer im Freien, der andere am
                              									Fenster eines Nebenlocales gestanden, und waren diese Fichten vollständig gesund
                              									geblieben. Die Analyse ergab in 100 Th. der Nadeltrockensubstanz für die
                              									abgestorbenen Nadeln 0,721 Proc. Schwefelsäure, für die gesunden Nadeln der
                              									Controlfichten 0,240 Proc.
                           Unserem Dafürhalten nach ist dieser Stöckhardt'sche
                              									Versuch in der betreffenden Frage entscheidend, denn man ist berechtigt, auf Grund
                              									desselben anzunehmen, dass selbst sehr geringe Mengen schwefliger Säure, die durch
                              									den Geruch nicht einmal mehr wahrnehmbar sind, bei länger andauernder Einwirkung die
                              									Vegetation schädigen und die Pflanzen sogar zum Absterben bringen können. Dass die
                              									schweflige Säure hier, trotz der sehr geringen Concentration, von den betroffenen
                              									Pflanzen zugleich auch wirklich aufgenommen wurde, beweist der stark gesteigerte
                              									Schwefelsäuregehalt der Nadeln ganz unzweifelhaft.
                           Bei der grossen principiellen Bedeutung, welche diesem Versuche zugesprochen werden
                              									muss, erscheint es aber gewiss wünschenswerth, dass derselbe auch von anderer Seite
                              									wiederholt und dass das Resultat bestätigt wird. Wir haben zu diesem Zweck einige
                              									Versuche mit Fichten und Kiefern angestellt, bei welchen, gerade ebenso wie bei Stöckhardt, sehr kleine Mengen schwefliger Säure
                              									andauernd auf die Pflanzen einwirkten. Die gewählten Concentrationen waren 1/100000 und 1/1000000
                              									schweflige Säure in der Luft. Bezüglich der Ausführung haben wir uns fast ganz nach
                              									dem Stöckhardt'schen Vorbild gerichtet, und wir können
                              									schon hier sagen, dass auch unsere Resultate mit dem Stöckhardt'schen Ergebniss vollständig übereinstimmen.
                           1) Versuch mit Fichten. Concentration
                              									1/100000
                              									schweflige Säure.
                           Als Versuchsraum diente eine im Souterrain des Laboratoriums belegene zweifenstrige
                              									Stube, deren Volum nach den Messungen zu 40151,0 l berechnet wurde. Zur Herstellung der
                              									Concentration von 1/100000 waren demnach 401,5 cc schweflige Säure nöthig, und um diese zu
                              									erhalten, mussten 0,522 cc flüssiger Schwefelkohlenstoff verbrannt werden.Das Gewicht von 1 l gasförmiger schwefliger
                                    											Säure bei 15° C. = 2,7122 g. Das specifische Gewicht des flüssigen
                                    											Schwefelkohlenstoffs bei 15° C. = 1,2693. Der bequemeren
                              									Handhabung wegen wurden 52,2 cc Schwefelkohlenstoff mit Alkohol auf 500 cc verdünnt,
                              									und von dieser Flüssigkeit zu jeder Räucherung 5 cc genommen, welche die 401,5 cc
                              									schweflige Säure liefern mussten.
                           Als Versuchsobjecte dienten vier Stück junge dreijährige Fichten von 40 bis 50 cm
                              									Höhe, die aus dem Pflanzgarten beim Laboratorium ausgehoben und mit Erde ihres
                              									Standortes in Töpfe von je 2 l Wurzelraum umgesetzt waren. Die vollkommen gesunden,
                              									kräftig und schön entwickelten Pflanzen mit noch weichen Trieben, wurden vor das
                              									nach Osten gerichtete Fenster gesetzt und der Versuch am 14. Juni begonnen. Als
                              									Controlpflanzen dienten eine Anzahl von demselben Beet im Pflanzgarten entnommene
                              									Fichten, die zu derselben Zeit in Töpfe umgepflanzt waren und die den
                              									Versuchsfichten in ihrer Entwicklung möglichst gleichkamen. Diese Controlpflanzen
                              									standen während der Dauer des Versuches im Freien.
                           Räucherungen wurden in Intervallen von 1 bis 3 Stunden täglich 3 bis 10 vorgenommen,
                              									und während der Dauer des ganzen Versuches, vom 14. Juni bis 4. Juli, sind zusammen
                              									109 Räucherungen ausgeführt. Das entspricht 43,76 l oder 118,7 g schwefliger Säure,
                              									die im Laufe der 21 Tage nach und nach in dem Local verbreitet wurden. Die
                              									Versuchsfichten wurden täglich mit Wasser besprengt. Nach jeder Einzelräucherung,
                              									die einfach durch Verbrennen der 5 cc verdünnten Schwefelkohlenstoffes in einem
                              									Porzellanschälchen vorgenommen wurde, konnte der Geruch nach schwefliger Säure in
                              									der Stube sehr deutlich wahrgenommen werden. Man konnte sich aber trotzdem eine
                              									Zeitlang in der Stube aufhalten, ohne von der Säure gar zu sehr belästigt zu werden.
                              									Das Gas entwich verhältnissmässig schnell, und nach Verlauf einer Stunde konnte ein
                              									bestimmter Geruch nach schwefliger Säure niemals mehr gespürt werden.
                           In der Zeit vom 14. bis 25. Juni wurde zuerst täglich nur 3mal geräuchert, und war
                              									bis zu diesem Termin eine Einwirkung der schwefligen Säure mit Sicherheit noch nicht
                              									zu constatiren. Am 26., 27. und 28. Juni wurde je 10mal täglich geräuchert, und am
                              									28. früh war zum ersten Mal an allen vier Bäumchen ganz deutlich zu sehen, dass eine
                              									Anzahl Nadeln an den Trieben sich zu verfärben begannen. Obgleich diese Erscheinung
                              									bis zum Abend desselben Tages deutlich zunahm, war die Erkrankung jetzt noch nicht
                              									bedeutend. In den 4 Tagen vom 29. Juni bis 2. Juli incl. fanden im Ganzen 31
                              									Räucherungen statt. Am 2. Juli ist an den Trieben eine sehr starke Zunahme der
                              									Nadelverfärbung zu constatiren, so dass alle vier Bäumchen jetzt ziemlich stark
                              									beschädigt aussehen. Die erkrankten Nadeln sehen fahl, weisslichgrau, wie gelblich
                              									aus und nur bin und wieder zeigt sich bei denselben ein schwach röthlicher Schein.
                              									Am 3. und 4. Juli wurden zusammen noch 12 Räucherungen vorgenommen und damit der
                              									Versuch beendet.
                           Am 4. Juli, nach der letzten Räucherung, sahen alle vier Bäumchen sehr stark
                              									beschädigt aus, die beiden kleineren Exemplare erscheinen dabei aber weniger
                              									afficirt, während die beiden grösseren Fichten mehr kranke und vertrocknende Nadeln
                              									aufweisen. Bei allen vier Bäumchen ist jetzt, wie auch schon am 28. Juni und 2.
                              									Juli, nicht zu verkennen, dass die am Fenster dem Licht zugewendete Seite stärker
                              									gelitten hat, als die dem Zimmer zugekehrte Seite, und darin darf man wohl eine
                              									Bestätigung unserer früheren Beobachtung erblicken, nach welcher das Licht die
                              									schädliche Wirkung der schwefligen Säure befördert, während mangelnde Beleuchtung
                              									sie verzögert.v. Schroeder und Reuss, S. 77.
                           Die Beschädigung, wie sie sich am 4. Juli darstellte, erstreckte sich ganz
                              									vorherrschend auf die empfindlicheren Nadeln der Triebe, doch fanden sich an allen
                              									vier Fichten auch ältere Nadeln, die missfarbig geworden waren und an den Spitzen
                              									mehr oder weniger gebräunt erschienen. Obgleich sehr viele Nadeln der Triebe
                              									erkrankt waren, fanden sich an den letzteren immerhin doch auch eine ganze Anzahl,
                              									die rein grün und anscheinend unverletzt erschienen. Die beschädigten Nadeln der
                              									Triebe waren entweder vollständig verfärbt oder nur von der Spitze aus mehr oder
                              									weniger afficirt; sie sahen fahl, weisslichgrau aus und spielten zum Theil etwas ins
                              									Röthliche. Ein Theil der missfarbigen Nadeln war vertrocknet und es machte sich bei
                              									allen vier Fichten ein mehr oder weniger starker Nadelabfall von den Trieben
                              									bemerkbar.
                           Eins von den beiden grösseren kranken Bäumchen (Nr. 1) wurde am 5. Juli nebst einer
                              									Controlfichte zur chemischen Analyse verwendet, während die drei anderen Bäumchen
                              									(Nr. 2 bis 4) ins Freie hinausgestellt wurden, um die Weiterentwickelung des
                              									Beschädigungsbildes zu beobachten.
                           Auf 100 Th. Trockensubstanz ergaben die beschädigte Fichte Nr. 1 und die gesunde
                              									Controlpflanze folgendes Resultat im Durchschnitt für die gesammte Benadelung:
                           
                              
                                 
                                 SchwefelsäureBezüglich der Methode der Schwefelsäurebestimmung vgl. v. Schroeder und Reuss, S. 131 bis 133.Anmerkung: Es hat sich zur Erzielung absolut gleichmässiger
                                          													Analysenresultate eine bei den bisherigen Methoden der Schwefel-
                                          													bezieh. Schwefelsäurebestimmung in derartigen Objecten, wie sie hier
                                          													vorliegen, meines Wissens noch nicht angewandte Operation nöthig
                                          													gemacht. Bei den zahllosen SO3-Bestimmungen in Nadeln und anderen Pflanzentheilen, die ich
                                          													im Tharandter Laboratorium nach der von v.
                                             														Schroeder früher eingehaltenen Methode ausführte, erhielt
                                          													ich ab und zu zwischen Controlbestimmungen Differenzen an SO3 bis zu 0,03 Proc., die in Fragen
                                          													der Rauchbeschädigung recht beträchtlich sind. Bei eingehender
                                          													Verfolgung dieser Erscheinung stellte sich heraus, dass die Bildung
                                          													von Na2S beim Einäschern der mit
                                          														Na2CO3 durchtränkten Pflanzentheile diese Differenzen
                                          													veranlasste, denn bei dem nachfolgenden Abdampfen der Asche bezieh.
                                          													des wässerigen Auszuges der verkohlten Substanz mit Salzsäure musste
                                          													der in Na2S vorhandene Schwefel als
                                          														H2S entweichen und so der
                                          													Bestimmung entgehen. Der Beweis, dass wirklich Bildung von Na2S vorlag, wurde dadurch erbracht,
                                          													dass die Asche mit verdünntem Ammoniak ausgezogen und der Auszug mit
                                          													Silbernitrat versetzt wurde. Bei 20 eingeäscherten Nadelproben
                                          													wurden so Niederschläge von Ag2S
                                          													erhalten, die ihrer Menge nach in 6 Fällen nur sehr gering, in den
                                          													übrigen recht bedeutend waren. Um diesen als Sulfid vorhandenen
                                          													Schwefel gleichfalls zu Schwefelsäure zu oxydiren, wurde die Asche
                                          													bezieh. der wässerige Auszug der verkohlten Substanz mit
                                          													schwefelsäurefreier Kaliumpermanganatlösung versetzt, bis die
                                          													Flüssigkeit dauernd stark gefärbt blieb. Die nach Einführung dieser
                                          													Oxydation erhaltenen Resultate zeigten zwischen
                                          													Controlbestimmungen im Maximum 0,005 Proc. Differenz, liessen
                                          													demnach an Gleichmässigkeit nichts zu wünschen übrig. Alle SO3-Bestimmungen der vorliegenden
                                          													Arbeit sind unter Einhaltung dieser seit September 1894 von mir
                                          													befolgten und bewährt gefundenen Vorsichtsmaassregel ausgeführt.Schmitz-Dumont.Proc.
                                 AscheProc.
                                 
                              
                                 Beschädigte Fichte Nr. 1
                                 0,883
                                 3,77
                                 
                              
                                 Gesunde Controlfichte
                                 0,392
                                 3,69
                                 
                              
                           
                           Der Schwefelsäuregehalt der Nadeln ist demnach gesteigert von 100 auf 225.
                           Die im Freien stehenden Bäumchen liessen noch weiter eine Anzahl der beschädigten
                              									Nadeln fallen; bei den an den Trieben sitzenbleibenden machte sich aber von Tag zu
                              									Tag mehr der Uebergang der ursprünglich fahlen weisslichgrauen Färbung ins Rothe
                              									geltend. Am 8. Juli war dieser Uebergang ins Rothe so vollständig, dass die Bäumchen
                              									nun das charakteristische Bild einer Rauchbeschädigung darboten, wie man es bei
                              									Fichten bei stärkeren Beschädigungen häufig in der Natur findet: Die Triebe
                              									schwächer benadelt, die beschädigten Nadeln der Triebe entweder vollständig roth,
                              									oder mehr oder weniger rothspitzig mit grüner Basis, und dazwischen eine grossere
                              									oder geringere Menge Nadeln, welche rein grün und anscheinend unverletzt sind. Die
                              									überjährigen Nadeln haben ihre grüne Färbung im Ganzen besser erhalten, doch lassen
                              									eine Anzahl derselben, die missfarbig und braunspitzig geworden sind, auch über die
                              									hier erfolgte Einwirkung der schwefligen Säure keinen Zweifel aufkommen. Aus diesem
                              									Versuche sowohl, wie aus einer ganzen Anzahl weiterer Beobachtungen, die wir in
                              									diesem Jahre zu machen Gelegenheit hatten, ergibt sich, dass das Rothwerden der
                              									jüngeren Fichtennadeln nicht unmittelbar nach einer stattgehabten Raucheinwirkung
                              									sich zeigt. Im vorliegenden Falle vergingen 6 bis 10 Tage, bis nach der zuerst
                              									constatirten stärkeren oder schwächeren Beschädigung der Nadeln das
                              									charakteristische definitive Bild der Rauchkrankheit sich entwickelt hatte.
                           Am 11. Juli wurden die drei kranken Fichten und drei Controlpflanzen zur chemischen
                              									Untersuchung abgeschnitten. Die heurigen und überjährigen Nadeln wurden sorgfältig
                              									gesondert und folgende Resultate erhalten:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Schwefel-säureProc.
                                 AscheProc.
                                 
                              
                                 HeurigeNadeln
                                 Beschädigte Fichten Nr. 2 bis 4Gesunde
                                    											Controlfichten
                                 0,9480,287
                                 3,603,46
                                 
                              
                                 UeberjährigeNadeln
                                 Beschädigte Fichten Nr. 2 bis 4Gesunde
                                    											Controlfichten
                                 0,8390,415
                                 ?3,69
                                 
                              
                           Wir haben hier demnach bei den heurigen Nadeln eine Steigerung des
                              									Schwefelsäuregehaltes von 100 auf 330, bei den überjährigen Nadeln dagegen eine
                              									Steigerung von 100 auf 202.
                           Um zu sehen, ob bei den fortgesetzten Räucherungen auch der Boden der
                              									Versuchspflanzen die Säure aus der Luft in merkbarer Menge aufgenommen hatte, wurde
                              									zum Schluss sowohl in diesem, sowie in dem Boden der Controlpflanzen die
                              									Schwefelsäure bestimmt. Je 300 g Feinerde wurden auf dem Wasserbade 24 Stunden lang
                              									mit 600 cc Salzsäure von 1,12 spec. Gew. behandelt, und in 400 cc dieser Lösung ist
                              									die Schwefelsäure dann in gewöhnlicher Weise bestimmt. Auf 100 Th. Trockensubstanz
                              									berechnet ergab sich folgendes Resultat:
                           
                              
                                 Boden der kranken VersuchsfichtenBoden der gesunden
                                    											Controlpflanzen
                                 0,04490,0336
                                 Proc. Schwefel-säure
                                 
                              
                           Die Zunahme des Schwefelsäuregehaltes im Boden ist hier also ganz bestimmt
                              									nachzuweisen. Die Steigerung des Gehaltes ist aber keine sehr bedeutende, denn sie
                              									berechnet sich auf 100 : 130, während die Steigerung des Schwefelsäuregehaltes
                              									der Fichtennadeln bei diesem Versuch sich zwischen den Verhältnissen 100 : 202 und
                              									100 : 303 bewegte. Es ist ja gewiss nicht ausgeschlossen, dass der vergrösserte
                              									Schwefelsäuregehalt des Bodens bis zu einem gewissen Grade mit dazu beigetragen hat,
                              									den Schwefelsäuregehalt der geräucherten Fichtennadeln zu erhöhen, man wird darin
                              									aber immer nur einen ganz untergeordneten Factor für das Versuchsergebniss erblicken
                              									können. Dass die schädigende schweflige Säure von den Blattorganen aus der Luft
                              									aufgenommen wird, und dass der Boden bei der Schädigung keine Rolle spielt, ist nach
                              									allen früheren Versuchen nicht zu bezweifeln, und werden wir Gelegenheit haben,
                              									hierauf in dem zweiten Kapitel dieser Abhandlung noch näher zurückzukommen.
                           2) Versuch mit Kiefern. Concentration
                              									1/100000
                              									schweflige Säure.
                           Dieser Versuch wurde in demselben Raum ausgeführt wie der vorige Versuch, und war
                              									auch die Menge des zu jeder Räucherung verwendeten verdünnten Schwefelkohlenstoffes
                              									dieselbe.
                           Als Versuchsobjecte dienten drei Stück dreijährige Kiefern, die schon zu Anfang des
                              									Monats Mai aus dem Pflanzgarton beim Laboratorium mit Erde ihres Standortes in Töpfe
                              									von je 4 l Wurzelraum umgepflanzt und hier gut fortgekommen waren. Als
                              									Controlpflanzen dienten im Freien stehende, möglichst gleichartig entwickelte
                              									Kiefern, die von demselben Beet herstammten, von dem die Versuchspflanzen entnommen
                              									waren. Bei Beginn des Versuches hatten die drei kräftig entwickelten Kiefern abc eine Höhe von 45 bis 54 cm. Der Endtrieb zeigte
                              									eine Länge von 22 bis 27,5 cm. Ausser den heurigen Nadeln hatten die Bäumchen nur
                              									vorigjährige Nadeln; alle Nadeln waren vollkommen gesund und die Länge der heurigen
                              									Nadeln am Endtrieb betrug etwa 2,5 bis 4,5 cm.
                           Am 5. Juli wurden die drei Kiefern auf das Fenster des Versuchsraums gesetzt und
                              									begannen die Zuführungen der schwefligen Säure an diesem Tage. Geräuchert wurde am
                              									5. Juli 5mal, am 6. Juli 10mal, am 7. Juli 4mal und am 8. Juli 1mal, in Summa
                              									demnach 20 Räucherungen, durch welche im Local innerhalb der 4 Tage nach und nach
                              									80,3 1, entsprechend 21,78 g, schweflige Säure verbreitet wurden.
                           Am 8. Juli wurde der Versuch beendet und mit den Räucherungen aufgehört, weil sich an
                              									diesem Tage vielfach eine ganz deutliche Verfärbung der Nadeln zeigte. Diese betraf
                              									zunächst nur die heurigen Nadeln und machte sich besonders bei b und c, weniger bei a geltend. Die Verfärbung ging von den Spitzen aus und
                              									setzte sich mehr oder weniger weit nach der Basis fort. Die beschädigten
                              									Nadelspitzen sahen fahlgrün, wie trocken geworden aus, und hatten ihre Farbe zum
                              									Theil in ein stumpfes helles Graubraun umgeändert. Die Bäumchen wurden nun ins Freie
                              									gesetzt und weiter beobachtet.
                           Am 9. Juli tritt bei dem Bäumchen b auch an den Spitzen
                              									der alten vorigjährigen Nadeln eine Verletzung hervor. Diese Erscheinung nimmt zu
                              									und ist am 11. Juli namentlich bei c, weniger bei a und b zu beobachten. Die
                              									verletzten alten Nadeln sind mehr oder weniger rothspitzig, während bei den viel
                              									zahlreicher beschädigten heurigen Nadeln das ursprüngliche Graubraun erst jetzt sich
                              									in Roth umzuändern beginnt. Bis zum 17. Juli hat sich bei allen drei
                              									Bäumchen das charakteristische Krankheitsbild, wie man es bei stark von Rauch
                              									beschädigten Kiefern in der Natur häufig findet, vollständig ausgebildet. Dabei ist
                              									sehr deutlich sichtbar, dass b und c viel stärker gelitten haben als a. Bei den beiden ersteren sind fast sämmtliche heurige
                              									Nadeln zur Hälfte oder fast ganz roth, auch viele der vorigjährigen Nadeln sind
                              									stark beschädigt und manche von ihnen sind von der Spitze aus bis zur Mitte roth
                              									gefärbt. Bei a sind ebenfalls die meisten heurigen
                              									Nadeln rothspitzig, die Rothfärbung geht aber meist nicht bis zur Hälfte der Nadel,
                              									und zwischen den verletzten finden sich auch einige heurige Nadeln, die vollkommen
                              									grün und anscheinend gesund sind. Von den vorigjährigen Nadeln haben die meisten
                              									ihre grüne Farbe vollständig bewahrt, nur einige von ihnen sind etwas rothspitzig.
                              									Von der Zeit, wo bei den Kiefern die erste äusserlich sichtbare Beschädigung
                              									hervortrat, bis zur vollständigen Entwickelung des definitiven Krankheitsbildes sind
                              									bei diesem Versuche 9 Tage vergangen. Wie bei dem vorigen Versuche mit den Fichten,
                              									so zeigt sich auch hier wieder, dass die älteren überjährigen Nadeln, obschon sie
                              									resistenter als die heurigen sind, von der Beschädigung durch saure Gase doch nicht
                              									ausgeschlossen sein können. Aus der chemischen Untersuchung geht auch hier, ebenso
                              									wie für die heurigen Nadeln, eine starke Steigerung des Schwefelsäuregehaltes für
                              									die älteren Nadeln hervor.
                           Zur Analyse wurden die beiden kranken Kiefern b und c, sowie eine Anzahl Controlpflanzen verwendet. Die
                              									heurigen und vorigjährigen Nadeln wurden getrennt untersucht und aus dem
                              									festgestellten Gewichte der beiderseitigen Nadeljahrgänge die Schwefelsäure und die
                              									Asche auch für die ganze Benadelung der Bäumchen berechnet. Dabei ergab sich
                              									zunächst für das Verhältniss der Nadeljahrgänge:
                           
                              
                                 
                                 Versuchs-pflanzen
                                 Control-pflanzen
                                 
                              
                                 Heurige Nadeln
                                   62,1
                                   62,7
                                 
                              
                                 Vorigjährige Nadeln
                                   37,9
                                   37,3
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 100,0
                                 
                              
                           Die Schwefelsäure- und Aschebestimmungen ergaben Folgendes:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Schwefel-säureProc.
                                 AscheProc.
                                 
                              
                                 HeurigeNadeln
                                 Die kranken Kiefern b und cGesunde Controlpflanzen
                                 0,5010,211
                                 3,473,15
                                 
                              
                                 VorigjährigeNadeln
                                 Die kranken Kiefern b und cGesunde Controlpflanzen
                                 0,4640,259
                                 –4,06
                                 
                              
                                 GesammteBenadelung
                                 Die kranken Kiefern b und cGesunde Controlpflanzen
                                 0,4870,229
                                 –3,49
                                 
                              
                           Der Schwefelsäuregehalt der heurigen Nadeln ist demnach von 100 auf 237 gesteigert,
                              									während diese Steigerung bei den vorigjährigen Nadeln 100 : 179 beträgt. Diese
                              									bedeutende Zunahme des Schwefelsäuregehaltes entspricht hier, ebenso wie bei den
                              									Fichten des vorigen Versuches, der durch die schweflige Säure verursachten starken
                              									Beschädigung der Blattorgane.
                           3) Versuch mit Fichten. Concentration
                              									1/1000000
                              									schweflige Säure.
                           Dieser Versuch wurde in einer grossen zweifenstrigen Stube ausgeführt, die auf der
                              									Ostseite im Parterre des Laboratoriums liegt und nach den ausgeführten Messungen ein
                              									Volum von 188783 l hat. Zur Erreichung der Concentration von 1/1000000 mussten
                              									bei jeder Räucherung 188,78 cc schweflige Säure entwickelt werden, und dazu
                              									waren rund 0,25 cc flüssiger Schwefelkohlenstoff nöthig. Es wurden 50 cc
                              									Schwefelkohlenstoff mit Alkohol auf 1 1 verdünnt und zu jeder Räucherung 5 cc dieser
                              									Flüssigkeit verwendet. Beim Abbrennen dieser kleinen Menge Schwefelkohlenstoff
                              									konnte, auch sofort nach den Räucherungen, ein Geruch nach schwefliger Säure in dem
                              									Local niemals wahrgenommen werden.
                           Zu dem Versuche dienten 5jährige Fichten, die aus dem Forstgarten herstammten und
                              									Mitte Mai mit Erde ihres Standortes in Töpfe von 4 l Wurzelraum umgesetzt waren. Die
                              									Bäumchen waren ungefähr 50 cm hoch und hatten zu Beginn des Versuches Triebe von 2
                              									bis 6 cm Länge. Die Pflanzen waren vollkommen gesund, doch etwas kleinnadelig. Vier
                              									Bäumchen kamen als Versuchspflanzen an das Fenster des Locals zu stehen, während
                              									vier andere als Controlpflanzen dienten und während der Dauer des Versuches im
                              									Freien standen.
                           Der Versuch begann am 31. Mai und wurden die Räucherungen bis zum 10. August
                              									fortgesetzt. Die Räucherungen wurden in Intervallen von 1 bis 3 Stunden vorgenommen
                              									und zwar 3- bis 10mal täglich; sie vertheilen sich im Einzelnen wie folgt:
                           
                              
                                 
                                 Anzahl der
                                 
                              
                                 
                                 Tage
                                 Räucherungen
                                 
                              
                                 31. Mai
                                   1
                                     4
                                 
                              
                                 Vom 1. bis 30. Juni
                                 30
                                 217
                                 
                              
                                 Vom 1. bis 31. Juli
                                 31
                                 275
                                 
                              
                                 Vom 1. bis 10. August
                                 10
                                   87
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 72
                                 583
                                 
                              
                           Die Gesammtmenge der schwefligen Säure, die innerhalb der 72 Tage mit den 583
                              									Einzelräucherungen in dem Versuchsraum verbreitet wurde, beträgt demnach 110,05 l
                              									oder 298,5 g.
                           Die Bäumchen wurden hin und wieder mit Wasser besprengt, um die Wirkung des sauren
                              									Gases zu befördern, doch konnte bis gegen Ende Juli eine Veränderung an ihnen nicht
                              									constatirt werden. Am 29. Juli beginnen die Bäumchen stellenweise ihr frisches
                              									Aussehen zu verlieren. Einzelne Nadeln vertrocknen und vom 5. August ab liessen
                              									sämmtliche Bäumchen Nadeln fallen, die ausser der Schrumpfung und der fahl
                              									mattgrünen Färbung sonst nichts Auffallendes beobachten liessen. Dieser Nadelabfall
                              									ist besonders stark beim Bäumchen Nr. 1 und es werden daher hier die abgefallenen
                              									Nadeln vom 5. August ab gesammelt und zur chemischen Untersuchung aufgehoben. Am 6.
                              									August begann an einigen dem Licht zugewendeten Zweigen der graugrüne Ton der
                              									beschädigten Nadeln sich in ein fahles Gelb umzuwandeln, und dieser Farbenumschlag
                              									nahm von Tag zu Tag zu, so dass beim Schluss des Versuches am 10. August alle vier
                              									Exemplare sehr stark beschädigt aussahen; namentlich auf der nach dem Licht
                              									gerichteten Seite fanden sich bei allen Bäumchen Triebe mit missfarbigen Nadeln.
                              									Auch an den überjährigen Nadeln der beschädigten Zweige war eine Verfärbung zu
                              									erkennen; sie sahen fahl aus und waren zum Theil gebräunt. Vom 10. bis 28. August
                              									standen die Bäumchen am geöffneten Fenster unter dem Einfluss der Aussenluft. Die
                              									Verfärbung der Nadeln nahm in dieser Zeit noch wesentlich zu. Auf der Lichtseite
                              									waren, namentlich in den unteren Partien der Bäume, fast alle Nadeln der Triebe gelb
                              									bis gelbbraun, die überjährigen Nadeln braun gefärbt. Auf der Schattenseite war die
                              									Missfärbung ebenfalls vorhanden, es fanden sich hier aber mehr grün gebliebene Zweige und Nadeln.
                              									Die Controlpflanzen hatten sich die ganze Zeit über im Freien gesund gehalten.
                           Zur chemischen Untersuchung kamen zunächst die von dem Bäumchen Nr. 1 abgefallenen
                              									und gesammelten Nadeln. Diese ergaben für 100 Tb. Trockensubstanz 5,87 Proc. Asche
                              									und 0,578 Proc. Schwefelsäure.
                           Ferner wurden untersucht die Nadeln des am 28. August abgeschnittenen Bäumchens Nr.
                              									4, welches zu dieser Zeit die Krankheitserscheinungen stärker als Nr. 2 und Nr. 3
                              									zeigte. Im Mittel für alle Nadeln ergab sich 5,54 Proc. Asche und 0,509 Proc.
                              									Schwefelsäure.
                           Die am 28. August abgeschnittenen kranken Bäumchen Nr. 2 und Nr. 3 wurden zusammen
                              									analysirt und zwar heurige und überjährige Nadeln getrennt. Die ganze Benadelung
                              									bestand aus 47,2 Proc. heurigen und 52,8 Proc. überjährigen Nadeln. Erstere ergaben
                              									3,97 Proc. Asche und 0,528 Proc. Schwefelsäure, letztere 5,40 Proc. Asche und 0,512
                              									Proc. Schwefelsäure. Daraus folgt für die ganze Benadelung 4,72 Proc. Asche und
                              									0,519 Proc. Schwefelsäure.
                           Zum Vergleich dient die Analyse zweier am 28. August abgeschnittenen Controlpflanzen,
                              									deren Benadelung aus 49,1 Proc. heurigen und 50,9 Proc. überjährigen Nadeln bestand.
                              									Erstere ergaben 4,52 Proc. Asche und 0,280 Proc. Schwefelsäure, letztere 5,28 Proc.
                              									Asche und 0,272 Proc. Schwefelsäure. Für die ganze Benadelung ergibt sich daraus
                              									4,91 Proc. Asche und 0,276 Proc. Schwefelsäure.
                           Die bedeutende Steigerung des Schwefelsäuregehaltes der Nadeln ist hiernach ganz
                              									unzweifelhaft, und das ergibt sich sowohl, wenn man die gesammte Benadelung der
                              									kranken und gesunden Bäume mit einander vergleicht, wie auch, wenn man die heurigen
                              									und überjährigen Nadeln beiderseits für sich betrachtet. Für die gesammte Benadelung
                              									erhalten wir folgende Uebersicht:
                           
                              
                                 
                                 Schwefel-säure
                                 Asche
                                 Schwefel-säure aufAsche100 Th.
                                 
                              
                                 
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Abgefallene Nadeln von Nr. 1Kranke Nadeln von Nr.
                                    											4Kranke Nadeln von Nr. 2 und    Nr. 3
                                 0,5780,5090,519
                                 5,875,544,72
                                   9,85  9,1911,00
                                 
                              
                                 Mittel für die kranken NadelnGesunde Nadeln der
                                    											Control-    pflanzen
                                 0,5350,276
                                 5,384,91
                                   9,94  5,62
                                 
                              
                           Die Steigerung des Schwefelsäuregehaltes geht hier im Mittel von 100 auf 194. Ein
                              									ganz entsprechendes Resultat erhält man, wenn man die heurigen und überjährigen
                              									Nadeln für sich, bei den kranken Fichten Nr. 2 und Nr. 3 mit den der gesunden
                              									Controlpflanzen vergleicht. Man erhält dann folgende Zusammenstellung:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Schwefel-säure
                                 Asche
                                 Schwefel-säure aufAsche100 Th.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 
                              
                                 HeurigeNadeln
                                 KrankeGesunde
                                 0,5280,280
                                 3,974,52
                                 13,30  6,19
                                 
                              
                                 UeberjährigeNadeln
                                 KrankeGesunde
                                 0,5120,272
                                 5,405,28
                                   9,48  5,15
                                 
                              
                           Bei den heurigen Nadeln haben wir hier eine Steigerung der Schwefelsäure von 100 auf
                              									189, bei den überjährigen Nadeln von 100 auf 188.
                           Betrachtet man die Resultate dieser drei Versuche, so liegt die Uebereinstimmung
                              									mit den Ergebnissen Stöckhardt's auf der Hand, und
                              									ebenso leuchtet ein, dass die von Freytag angegebene
                              									Grenze im Allgemeinen viel zu niedrig gegriffen ist. Wir bezweifeln auch sehr, dass
                              									die Freytag'sche Zahl für landwirthschaftliche Pflanzen
                              									richtig ist, und dürfte letzteres leicht durch wiederholte Versuche zu erweisen
                              									sein. Unserem Dafürhalten nach wird es überhaupt sehr schwer sein, auch nur für eine
                              									einzige Pflanzenart auf experimentellem Wege eine bestimmte Grenze festzustellen, denn es zeigt sich ja bei allen Versuchen,
                              									in wie hohem Grade die schädliche Wirkung ein und derselben Menge schwefliger Säure
                              									durch die begleitenden Umstände bald vermindert, bald erhöht wird. Und hierzu kommt
                              									dann, wenn wiederholte Einwirkungen kleinerer Mengen des schädlichen Gases
                              									vorauszusetzen sind, der ebenso wenig berechenbare Factor der Zeit. Aber selbst wenn
                              									es möglich wäre, eine solche Grenze festzustellen, würde das für praktische
                              									Rauchexpertisen wenig Werth haben, denn es wird niemals sicher nachzuweisen sein, ob
                              									die aus einer Rauchquelle in die Luft gelangte schweflige Säure innerhalb einer
                              									gewissen Zeit sich in der als unschädlich anzusehenden Concentration befunden habe,
                              									oder ob diese Grenze überschritten worden und man daher berechtigt sei, eine
                              									vorgefundene Verletzung der Vegetation diesem Umstände zuzuschreiben. Aus den
                              									vorliegenden Versuchen ist jedenfalls zu ersehen, dass auch sehr kleine Mengen
                              									schwefliger Säure, die in kürzerer Zeit merkbare Beschädigungen nicht hervorbringen,
                              									wenn sie mehr oder weniger andauernd einwirken, schliesslich ein Erkranken und sogar
                              									das Absterben der Pflanzen verursachen können. Damit fällt der Einwand bezüglich der
                              									sonst bei den Versuchen öfter angewendeten grösseren Concentrationen weg. Dass
                              									kleinere Mengen schwefliger Säure im Allgemeinen längere Zeit zur Hervorbringung
                              									einer Schädigung brauchen werden als grössere Mengen, ist an sich einleuchtend, und
                              									das geht auch aus dem Vergleich der hier angestellten Versuche Nr. 1 und 2 mit Nr. 3
                              									deutlich hervor. Bis zu einer gewissen Grenze ist es auch wörtlich richtig, wenn Stöckhardt sagt, dass eine stetige oder wiederholte
                              									Zuführung geringerer Quantitäten schwefliger Säure bezüglich der schädigenden
                              									Wirkung auf die Pflanzen „denselben Effect“
                              									haben würde wie eine seltenere Einwirkung grösserer Mengen. Genau dasselbe
                              									charakteristische Krankheitsbild, das man in der Natur in grösserer Nähe von
                              									Rauchquellen bei Fichten und Kiefern antrifft, können wir künstlich hervorrufen,
                              									z.B. durch Räucherungen mit 1/10000 und 1/100000 schwefliger Säure, nur müssen in letzterem
                              									Falle unter sonst gleichen Bedingungen eine grössere Anzahl Räucherungen vorgenommen
                              									werden, und tritt die Erkrankung auch später ein. Von einer gewissen Grenze ab muss
                              									sich aber bei zunehmender Verdünnung auch das Krankheitsbild allmählich verändern;
                              									man beobachtet das überall in der Natur, wenn man sich von den Rauchquellen weiter
                              									entfernt, und dafür spricht auch der Erfolg unseres Versuches Nr. 1 im Vergleich zum
                              									Resultat des Versuches Nr. 3. Selbstverständlich gibt es bezüglich der Verdünnung
                              									der schwefligen Säure ebenso wie bezüglich der Entfernung von einer Rauchquelle
                              									immer eine Grenze, wo jede Schädigung aufhören muss. Diese Grenze der Verdünnung
                              									lässt sich in Zahlen bis jetzt aber nicht angeben, und es muss für unsere
                              									Vorstellung vorläufig genügen zu wissen, dass es sich bei den schädigenden Wirkungen der
                              									schwefligen Säure häufig auch um sehr kleine, durch den Geruch gar nicht mehr
                              									wahrnehmbare Mengen handeln kann.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)