| Titel: | Neue Beiträge zur Rauchfrage. | 
| Autor: | v. Schroeder, W.Schmitz-Dumont | 
| Fundstelle: | Band 300, Jahrgang 1896, S. 136 | 
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                        Neue Beiträge zur Rauchfrage.
                        Von † Prof. Dr. v.
                                 									Schroeder und Dr. W.Schmitz-Dumont.
                        (Schluss des Berichtes S. 111 d. Bd.)
                        Neue Beiträge zur Rauchfrage.
                        
                     
                        
                           III. Versuche, betreffend die Erhöhung des
                              									Schwefelsäuregehaltes der Blattorgane ohne gleichzeitige Störung des
                              									Gesundheitszustandes der betreffenden Pflanzen.
                           Wenn Pflanzen durch schweflige Säure geschädigt werden, so findet stets eine mehr
                              									oder weniger weit gehende Erhöhung des Schwefelsäuregehaltes der Blattorgane statt.
                              									Das geht sowohl aus den früheren, wie auch aus den hier mitgetheilten Versuchen mit
                              									Bestimmtheit hervor. Bei solchen Versuchen müssen wir die Annahme machen, dass die
                              									Blattorgane verschiedener unter ganz denselben Bedingungen erwachsener gleichartiger
                              									Individuen zu derselben Zeit auch den gleichen Schwefelsäuregehalt haben. Diese
                              									Voraussetzung trifft sehr annähernd zu, wie das z.B. die im vorigen Abschnitt
                              									angeführten drei Untersuchungen der Controlkiefern zeigen, welche für die gesammte
                              									Benadelung 0,226 Proc. 0,229 Proc. und 0,238 Proc. Schwefelsäure ergaben.
                           Bei richtiger Wahl des Vergleichsmaterials können daher bei Versuchen
                              									verhältnissmässig geringe Steigerungen des Schwefelsäuregehaltes der Blattorgane
                              									noch mit Sicherheit nachgewiesen und erkannt werden. Eine solche Erhöhung des
                              									Schwefelsäuregehaltes muss auch in der Natur zu Stande kommen, wenn Rauch, der
                              									schweflige Säure enthält, die Blattorgane trifft und dieselben mehr oder weniger
                              									beschädigt. Der Nachweis dafür ist aber hier nicht so leicht und nicht mit derselben
                              									Sicherheit zu liefern, weil das heranzuziehende Vergleichsmaterial
                              									selbstverständlich niemals von derselben Stelle, wo die beschädigten Pflanzen
                              									stehen, entnommen werden kann.
                           Man ist also darauf angewiesen, das Vergleichsmaterial weiter entfernt von der
                              									Rauchquelle, in derselben oder wohl auch in anderen Gegenden, sich herauszusuchen,
                              									und dabei ist zu berücksichtigen, dass auch unter normalen Verhältnissen der
                              									Schwefelsäuregehalt der Blattorgane gesunder Pflanzen gewissen und zuweilen nicht
                              									unbedeutenden Schwankungen unterliegt. Verschiedene Entwickelungszustände, ungleiche
                              									Bodenverhältnisse u.s.w. haben hierauf einen Einfluss und alles das ist in Betracht
                              									zu ziehen, wenn es sich darum handelt, in einem speciellen Falle wirklich
                              									brauchbares und beweisendes Vergleichsmaterial auszuwählen. Wir haben darauf schon
                              									früher ausführlich hingewiesenv. Schroeder und Reuss, Kap. III S. 116 bis 131, sowie alle in diesem Buch
                                    											behandelten Rauchschadenuntersuchungen, besonders die Schäden im
                                    											Oberharz. und es ist klar, dass man nur dann mit Erfolg sich
                              									einer solchen Arbeit unterziehen kann, wenn man mit den einschlagenden
                              									physiologischen und chemischen Fragen, die hier in Betracht kommen, hinlänglich
                              									vertraut ist.
                           Aber selbst wenn man das Untersuchungsmaterial mit der nöthigen Umsicht aussucht, so
                              									wird man in jedem Falle bei der Beurtheilung der gefundenen Zahlen und bei den
                              									Schlüssen, die man aus denselben zieht, vorsichtig sein müssen und namentlich
                              									kleineren Differenzen nur dann eine Bedeutung beilegen, wenn eine grössere Anzahl
                              									beweisender Analysen vorliegt.
                           Die beiden folgenden Versuche zeigen, wie sich der Schwefelsäuregehalt der
                              									Blattorgane ziemlich beträchtlich, ohne Störung der Gesundheit, erhöhen lässt durch
                              									Vergrösserung des Schwefelsäuregehaltes des Bodens oder durch directe Berührung der
                              									Blattorgane mit nicht zu grossen Mengen gelöster indifferenter Sulfate.
                           1) Kiefern, längere Zeit mit Gypslösung begossen.
                           Zu diesem Versuche dienten fünf Stück 3jährige Kiefern, die aus dem Pflanzgarten beim
                              									Laboratorium Anfang Mai in Töpfe von etwa 4 l Wurzelraum umgepflanzt waren. Diese
                              									Pflanzen waren vollkommen gesund und hatten zu Beginn des Versuches eine Höhe von
                              									etwa 35 cm. Als Controlpflanzen wurden die gleichalterigen, im freien Lande
                              									zurückgebliebenen Kiefern benutzt. Der Boden der Topfpflanzen wurde zunächst vom 7.
                              									Mai bis zum 10. Juni mit gesättigtem Gypswasser begossen.
                           Jeder Topf wurde innerhalb dieser Zeit 15mal begossen und dabei immer 270 cc
                              									verwendet, so dass auf jeden Topf im Ganzen 4050 cc kamen. Die Pflanzen blieben nun
                              									bis zum 22. Juni stehen, und da sich irgend ein nachtheiliger Einfluss der
                              									Gypszufuhr zum Boden nicht bemerkbar machte, so wurde das Begiessen mit Gypswasser
                              									genau in derselben Weise vom 22. Juni bis zum 11. Juli wiederholt, wobei jeder Topf
                              									im Ganzen wieder 4050 cc erhielt. Mit den 8100 cc Gypslösung sind dem Wurzelraum
                              									einer Pflanze bei diesem Versuche demnach in Summa 16,6 g Gyps oder 9,7 g
                              									Schwefelsäure zugeführt worden.100 cc
                                    											Wasser lösen bei 18° C. 0,205 g Gyps (Marignac). Eine Schädigung der Pflanzen war auch jetzt nach
                              									der zweiten Gypszufuhr zunächst nicht wahrzunehmen und ebenso wenig war eine solche
                              									hervorgetreten, als am 12. August zwei der Versuchspflanzen zur chemischen
                              									Untersuchung abgeschnitten wurden. Die übrigen Pflanzen blieben stehen, sie
                              									erhielten sich aber bis zuletzt vollkommen gesund, sie waren ebenso gut
                              									fortgewachsen und unterschieden sich in nichts von den im freien Lande stehenden
                              									Controlpflanzen. Am 21. August wurden zwei weitere Versuchspflanzen und zwei gleich
                              									entwickelte Controlpflanzen zur chemischen Untersuchung entnommen. Das Verhältniss
                              									der heurigen Nadeln zu den vorigjährigen stellte sich bei den untersuchten Pflanzen
                              									wie folgt:
                           
                              
                                 
                                 Gypspflanzen
                                 Control-pflanzen
                                 
                              
                                 
                                 12. August
                                 21. August
                                 
                              
                                 Heurige Nadeln
                                   65,6
                                   71,2
                                   68,8
                                 
                              
                                 Vorigjährige Nadeln
                                   34,4
                                   28,8
                                   31,2
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 –––––––
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 100,0
                                 100,0
                                 
                              
                           Die chemische Untersuchung ergab für 100 Th. Trockensubstanz:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Schwefel-säure
                                 Asche
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Gypspflanzen12. August
                                 Heurige NadelnVorigjährige Nadeln
                                 0,4540,327
                                 3,413,77
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 Ganze Benadelung
                                 0,410
                                 3,53
                                 
                              
                                 Gypspflanzen21. August
                                 Heurige NadelnVorigjährige Nadeln
                                 0,4200,391
                                 2,773,32
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 Ganze Benadelung
                                 0,412
                                 2,93
                                 
                              
                                 Control-pflanzen
                                 Heurige NadelnVorigjährige Nadeln
                                 0,2200,242
                                 2,583,36
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 Ganze Benadelung
                                 0,226
                                 2,82
                                 
                              
                           Es hat also, wie aus vorstehenden Zahlen zu ersehen ist, durch die Gypszufuhr zum
                              									Boden und die Aufnahme der Schwefelsäure durch die Wurzeln eine sehr bedeutende
                              									Steigerung des Schwefelsäuregehaltes der Nadeln stattgefunden, ohne dass das auf den
                              									Gesundheitszustand der Bäume irgend welchen nachtheiligen Einfluss gehabt hat.
                           
                           Dasselbe lehrt der mitgetheilte Begiessungsversuch mit verdünnter schwefliger
                              									Säure, bei welchem der Schwefelsäuregehalt der Nadeln ebenfalls erhöht ist und die
                              									Pflanze gesund bleibt. Diese durch den Boden veranlassten Steigerungen des
                              									Schwefelsäuregehaltes sind ebenso gross und zum Theil noch grösser, als die
                              									Erhöhungen der Gehalte, die in Folge der Aufnahme der schwefligen Säure durch die
                              									Blattorgane sich bei den beschriebenen Versuchen zeigten, und wo in Folge dieser
                              									Aufnahme eine sichtbare Erkrankung und ein theilweises Absterben der Nadeln
                              									erfolgte. Das ist aus folgender Zusammenstellung sehr deutlich zu ersehen:
                           
                              
                                 
                                 SchwefelsäureProc.
                                 
                                 
                              
                                 Normale gesunde Controlpflanzen aus    dem Pflanzgarten
                                    											beim Laboratorium
                                 0,231
                                 (0,226 bis 0,238)
                                 
                              
                                 Gesunde Kiefer mit schwefliger Säure    begossen
                                 0,314
                                 
                                 
                              
                                 Gesunde Kiefer mit Gypslösung be-    gossen
                                 0,411 
                                 (0,410 bis 0,412)
                                 
                              
                                 Kranke Kiefer mit dem Boden ge-    räuchert
                                 0,242
                                 
                                 
                              
                                 Kranke Kiefer mit Ausschluss des    Bodens
                                    											geräuchert
                                 0,366
                                 
                                 
                              
                                 Kranke Kiefern 20mal zu 1/1000000 schwef-    liger
                                    											Säure geräuchert
                                 0,487
                                 
                                 
                              
                           Eine gewisse Mehraufnahme von Schwefelsäure durch die Wurzeln ist also gewiss ganz
                              									unschädlich für die Pflanzen und es können dadurch Steigerungen der
                              									Schwefelsäuregehalte der Blattorgane zu Stande kommen, die ebenso gross und grösser
                              									sind als diejenigen, welche durch die höchst nachtheilige Aufnahme der schwefligen
                              									Säure aus der Luft veranlasst werden. Dass der hier in Folge der Begiessung mit
                              									Gypswasser sich zeigende Schwefelsäuregehalt der Kiefernadeln von 0,410 bis 0,412
                              									Proc. ein ganz abnormer, d.h. ein so hoher ist, wie er bei gesunden Kiefern in der
                              									Natur nicht oder nur ausnahmsweise sich vorfinden kann, das lehrt der Vergleich der
                              									Schwefelsäurebestimmungen in Kiefernadeln aus verschiedenen Gegenden. Im Oberharz
                              									ergaben sich nach unserer Untersuchung folgende Resultatev. Schroeder und
                                    												Reuss, Tabelle III im Anhange S. XXVIII bis
                                    											XXX und S. 207.:
                           
                              
                                 
                                 SchwefelsäureProc.
                                 
                              
                                 Gesunde in der Hauptsache normal grüne    Nadeln
                                 0,099
                                 bis
                                 0,135
                                 
                              
                                 Schwach beschädigte Nadeln
                                 0,288
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Beschädigte Nadeln ohne Rothfärbungen
                                 0,363
                                 „
                                 0,658
                                 
                              
                                 Beschädigte Nadeln mit Rothfärbungen
                                 0,244
                                 „
                                 0,841
                                 
                              
                           Auf dem Fischhäuser Revier bei DresdenEbenda
                                    											S. 264. ergaben gesunde Kiefernadeln 0,204 Proc., die
                              									rauchkranken dagegen 0,349 Proc. Aus einem deutschen IndustriebezirkEbenda S. 122., wo neben
                              									Hüttenrauch auch viel Steinkohlenrauch in die Luft geschickt wird, zeigten gesunde
                              									Kiefernadeln ohne Rauchverletzungen 0,106 bis 0,156 Proc. Schwefelsäure, in den
                              									kranken rauchbeschädigten Nadeln fanden sich 0,310 bis 0,480 Proc. Gesunde normal
                              									grüne Kiefernadeln ¼ Stunde vom Alaunwerk Godesberg bei Bonnv. Schroeder und
                                    												Reuss, S. 122 (diese Einäscherungen ohne
                                    											Sodazusatz). hatten Schwefelsäure von 0,069 bis 0,101 Proc. die
                              									stark verletzten Nadeln in der Nähe der Halden dagegen 0,460 bis 0,517 Proc. Prof.
                              										RamannE. Ramann, Zeitschrift für Forst- und
                                       												Jagdwesen, 1894 Novemberheft S. 660 ff. fand in gesunden
                              									normalen Kiefernadeln Schwefelsäuregehalte, die je nach dem Standorte und den
                              									verschiedenen Nadeljahrgängen von 0,0916 bis 0,238 Proc. schwankten.
                           Wie aus diesen Versuchen zu entnehmen ist, wird man bei Rauchuntersuchungen immer mit
                              									der Möglichkeit zu rechnen haben, dass zuweilen durch besondere
                              									Standortsverhältnisse bedingte höhere Schwefelsäuregehalte der Blattorgane vorkommen
                              									können. Durch umsichtige, alle einschlagenden Verhältnisse berücksichtigende
                              									Probeentnahme, und durch eine grössere Anzahl Bestimmungen in jedem einzelnen Falle
                              									ist diese Schwierigkeit aber immer zu überwinden, und Verwechselungen werden um so
                              									mehr ausgeschlossen sein; da ja gefundene höhere Schwefelsäuregehalte für sich
                              									allein das Vorhandensein eines Rauchschadens noch nicht beweisen.
                           
                        
                           IV. Kann der durch die Einwirkung von Rauch und Hüttengasen
                              									erhöhte Schwefelsäuregehalt der Blattorgane durch eine auslaugende Wirkung des
                              									Regens wieder herabgesetzt werden?
                           Es ist schon von verschiedener Seite die berechtigte Vermuthung ausgesprochen worden,
                              									dass durch die atmosphärischen Niederschläge aus Blättern und Nadeln der
                              									rauchbeschädigten Pflanzen die aufgenommene schweflige Säure bezieh. Schwefelsäure
                              									wieder herausgelöst und entfernt werden könne, so dass auch bei unleugbaren
                              									Rauchschäden die chemische Untersuchung keinen anormal hohen Gehalt an Schwefelsäure
                              									aufzufinden vermöge. Ein derartiger Einfluss des Regens würde den Werth der
                              									Schwefelsäurebestimmung als ein wesentliches Glied in der Reihe der Kennzeichen für
                              									Rauchschäden bedeutend herabsetzen, so dass eine sorgfältige Prüfung obiger Frage
                              									geboten ist.
                           Es liegt hierzu bereits ein Versuch von NobbeGeheimrath Nobbe
                                    											hatte die Güte, hierüber uns mündlich Mittheilung zu machen. vor,
                              									bei welchem Bohnenpflanzen mit einer das vollständige Zusammenfallen und Absterben
                              									dieser Pflanzen schnell herbeiführenden Menge SO2
                              									geräuchert und dann mit grossen Quantitäten Wasser übergössen wurden. Die Analyse
                              									zeigte in diesen Pflanzen kein Plus von Schwefelsäure gegenüber gesunden
                              									Exemplaren.
                           Hier wurde zunächst mit Kartoffelstauden operirt und in einem Vorversuch das
                              									Verhalten derselben gegen Einwirkung einer 1/1000 Volum SO2
                              									haltenden Atmosphäre geprüft. Zu dem Zwecke wurde in einem zum Pflanzgarten
                              									gehörigen Kartoffelfelde ein Räucherkasten über die dichtbelaubten, saftiggrünen,
                              									durchschnittlich 40 cm hohen Stauden gesetzt, nachdem ein etwa 10 cm die Stauden
                              									überragender, am oberen Ende eine Holzscheibe tragender Stab zwischen die Pflanzen
                              									gesteckt war. Auf die Holzscheibe kam ein Porzellanschälchen mit der zur Räucherung
                              									erforderlichen Menge einer alkoholischen CS2-Lösung
                              									zu stehen. Dem 1/1000 Volum des Kastens = 174,9 cc entsprechend waren hier 0,227 cc
                              									flüssiger Schwefelkohlenstoff (geben 0,4742 g SO2 =
                              									174,9 cc SO2) zu verbrennen. Demgemäss wurden 10 cc
                              										CS2 mit Alkohol auf 100 cc verdünnt und 2,3 cc
                              									dieses Gemisches im Porzellanschälchen entzündet.
                           Am Morgen des 5. Juli wurde zum ersten Mal geräuchert, wobei die Pflanzen 1 Stunde in
                              									der schweflige Säure haltenden Atmosphäre blieben. 3 Stunden später hatte die
                              									frischgrüne Farbe bei sämmtlichen Blättern sich in ein mattes Graugrün
                              									verwandelt und die Blätter hingen welk herab. Am folgenden Tage waren die Blätter
                              									stark zusammengeschrumpft und der welke Zustand hatte sich auch auf die Stengel
                              									ausgebreitet. Diese Stauden, sowie eine entsprechende Anzahl nicht geräucherter
                              									wurden gleichzeitig abgeschnitten und zur Analyse die Fiederblättchen abgepflückt.
                              									Am 8. Juli wurde die Räucherung mit neuen Stauden nochmals vorgenommen und bis zum
                              									9. das gleiche Resultat wie oben erhalten. Auch diese Pflanzen wurden nebst
                              									Controlpflanzen abgeschnitten, die Fiederblättchen abgepflückt und mit dem
                              									entsprechenden Analysenmaterial der ersten Räucherung vereinigt. Die Trockensubstanz
                              									der Blätter gab in den
                           
                              
                                 
                                 AscheProc.
                                 SchwefelsäureProc.
                                 
                              
                                 Versuchspflanzen
                                 14,88
                                 3,103
                                 
                              
                                 Controlpflanzen
                                 14,78
                                 1,628
                                 
                              
                           Die Einwirkung der schwefligen Säure hatte also eine Erhöhung des
                              									Schwefelsäuregehaltes auf nahezu das Doppelte zur Folge gehabt.
                           Nunmehr wurden zum eigentlichen Versuch wie oben am 18. Juli zwei Partien gesunder
                              									Kartoffelstauden einmal geräuchert und, nachdem dieselben bis zum 20. braun geworden
                              									waren und wie völlig abgestorbene Pflanzen aussahen, täglich mehrere Mal mit je 3 1
                              									Wasser überbraust. Um möglichst die ganze Wassermenge auf die geräucherten Pflanzen
                              									zu bringen, wurde der Räucherkasten wieder über dieselben gesetzt und nach Abnahme
                              									der die Decke des Kastens bildenden Glasplatte mit einer kleinen Brause das Wasser
                              									auf die im Kasten befindlichen Pflanzen gesprengt. Die von dem Kasten umgrenzte
                              									Bodenfläche betrug 1485 qc. Vom 20. bis 24. Juli wurden die Stauden in dieser Weise
                              									mit 30 1 Wasser beregnet, entsprechend einer Regenhöhe von 202 mm (vergleichsweise
                              									sei hier angeführt die jährliche Regenmenge für Tharandt im J. 1894 = 809,3 mm),
                              									dann nebst Controlpflanzen abgeschnitten und analysirt. Die Trockensubstanz der
                              									Blätter enthielt bei den Versuchspflanzen 1,646 Proc. Schwefelsäure, bei den
                              									Controlpflanzen 1,650 Proc.
                           Aus diesen für die geräucherten und nicht geräucherten Stauden fast gleich gefundenen
                              									Schwefelsäuregehalten gegenüber den im Vorversuch gefundenen weit höheren der mit
                              									schwefliger Säure in gleicher Weise behandelten wäre zu folgern, dass durch Wasser
                              									aus den geräucherten Pflanzentheilen die aufgenommene Säure wieder ausgelaugt werden
                              									kann. Da ferner diese Wirkung mit einer dem vierten Theile des in Tharandt 1894
                              									gefallenen Regens entsprechenden Wassermenge erreicht wurde, so wäre kein Grund
                              									vorhanden, dem Regen in der Natur die gleiche Wirkung auf den durch Rauch erhöhten
                              										SO3-Gehalt von Pflanzen abzusprechen.
                           Eine dritte Partie Kartoffelstauden, am 16. Juli wie oben geräuchert und vom 19. bis
                              									24. mit 10 × 3 l Wasser überbraust, gab in der Blättertrockensubstanz = 2,313 Proc. Schwefelsäure.
                           Da bei diesen Pflanzen nur ein Theil der Blätter durch die Räucherung zu völligem
                              									Absterben gebracht worden war, während die übrigen nur braune Flecken zeigten, so
                              									lag die Annahme auf der Hand, dass die auslaugende Wirkung des Wassers nur bei
                              									abgestorbenen Pflanzentheilen sich geltend mache.
                           Um einen besseren Anhalt für diese Vermuthung zu gewinnen, wurde bei einer vierten am
                              									22. Juli geräucherten und vom 23. bis 29. Juli mit 48 l Wasser überbrausten
                              									Partie, welche gleichfalls noch eine Anzahl grüner Blätter aufwies, die
                              									abgestorbenen Blattheile von den noch grünen getrennt, analysirt. Die
                              									Trockensubstanz der Blätter ergab
                           
                              
                                 für die abgestorbenen Theile
                                 =
                                 
                                    1,590
                                    
                                 
                                    Proc.
                                    
                                 Schwefelsäure
                                 
                              
                                 für die grünen
                                 
                                    =
                                    
                                 
                                    3,304
                                    
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           Dieser Befund stimmt mit obiger Vermuthung überein und das Resultat dieses Versuches
                              									wäre nunmehr, dass durch anhaltende Einwirkung des Wassers
                                 										bezieh. Regens auf abgestorbene Blätter die aus der Luft aufgenommene schweflige
                                 										Säure bezieh. Schwefelsäure wieder entfernt werden kann.
                           Das Ergebniss dieses Versuches Hess sich indess nicht so ohne weiteres für alle
                              									Pflanzen verallgemeinern, denn von harz- oder wachsreichen Blattorganen,
                              									insbesondere von den Nadeln der Coniferen war vorauszusetzen, dass sie der
                              									besprochenen Wirkung des Wassers einen weit höheren Widerstand bieten würden. Zur
                              									Erörterung dieses Punktes wurde obiger Versuch mit jungen Kiefern wiederholt. Vier
                              									Stück im freien Lande freistehende, kräftig entwickelte 3jährige Kiefern (54 bis 68
                              									cm hoch, Länge des Gipfeltriebes 24 bis 33 cm) wurden vom 29. Juni an mit 1/10000
                              									schwefliger Säure geräuchert, bis sie eine ausgeprägte starke Beschädigung zeigten.
                              									Am 18. Juli zeigten alle vier Bäumchen an alten und jungen Nadeln starke
                              									Rothfärbung. Zwei derselben wurden jetzt gleichzeitig mit zwei Controlpflanzen
                              									desselben Standortes abgeschnitten. Es fand sich in der Trockensubstanz der Nadeln
                              									bei den Versuchspflanzen 0,459 Proc. Schwefelsäure, bei den Controlpflanzen 0,229
                              									Proc. Die Versuchspflanzen enthielten demnach einen reichlichen Ueberschuss an
                              									Schwefelsäure über den natürlichen Gehalt.
                           Die beiden anderen geräucherten Kiefern wurden, wie vorbeschrieben, vom 29. Juli an
                              									mit Wasser überbraust. Bis zum 2. August waren so 36 1 Wasser, entsprechend 242 mm
                              									Regenhöhe, gegeben worden. Das eine der beiden Exemplare nun analysirt wies 0,477
                              									Proc. Schwefelsäure auf; somit war eine wesentliche Auslaugung der Schwefelsäure
                              									durch obige Wassermenge sicherlich noch nicht herbeigeführt worden. Mit dem anderen
                              									Exemplare wurde die Beregnung bis zum 4. September fortgeführt und bis zu diesem
                              									Zeitpunkt 270 1 Wasser, entsprechend 1802 mm Regenhöhe, auf die Kiefer gebracht. Die
                              									anfangs rothbraunen beschädigten Nadelpartien waren bei dieser Behandlung
                              									abgebleicht und hatten ein fahles, braunstichiges Gelb angenommen, während die
                              									unbeschädigten Nadeltheile ihr normales frisches Grün bewahrt hatten.
                           Um einen klareren Einblick in den Wirkungsgrad des Wassers zu gewinnen, wurden bei
                              									dieser Versuchspflanze, wie bei der einen Partie Kartoffelstauden, die beschädigten
                              									Nadeltheile von den unversehrten sorgfältig durch Ausschneiden getrennt. Die Analyse
                              									ergab für die Trockensubstanz der unbeschädigten Theile
                           
                              
                                 
                                 =
                                 
                                    0,523
                                    
                                 
                                    Proc.
                                    
                                 Schwefelsäure
                                 
                              
                                 der beschädigten Theile
                                 
                                    =
                                    
                                 
                                    0,527
                                    
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 Eine gleichzeitig abgeschnit-    tene Controlpflanze
                                    											gab
                                 =
                                 
                                    
                                    0,221
                                    
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           Trotz der ungeheuren Menge Wasser (mehr als die doppelte Regenhöhe von 1894), welche
                              									hier auf die Nadeln zur Einwirkung gekommen war, hatten nicht einmal die
                              									abgestorbenen Nadelpartien die absorbirte Säure wieder verloren, wenigstens nicht in
                              									einem merkbaren Grade, der die Constatirung der stattgehabten Einwirkung der schwefligen Säure
                              									unmöglich machte, wie dies bei den Kartoffelpflanzen doch der Fall gewesen war.
                           Gegenüber der Wichtigkeit, welche dieses Resultat für den Nachweis von Rauchschäden
                              									bei Nadelhölzern hat, war es unumgänglich nöthig, das Ergebniss durch Wiederholung
                              									des Versuches auf seine Richtigkeit zu controliren.
                           Zu diesem Zweck wurden zwei weitere Kiefern „1“ und „2“ vom 18. bis 21.
                              									September 10mal mit 1/10000 SO2 geräuchert. Am 24. war der
                              									Schaden voll ausgebildet und sämmtliche Nadeln roth gefärbt. Vom 25. September bis
                              									14. October wurde das eine Exemplar „2“ mit 126 l Wasser in Portionen von je
                              									6 l überbraust (bei 1485 qc Bodenfläche, entsprechend 848 mm Regenhöhe); das andere
                              									Exemplar „1“ blieb unberührt stehen. Am 15. October wurden beide Pflanzen
                              									abgeschnitten, entnadelt, die Nadeln jeder Pflanze für sich gut durchgemischt und in
                              									zwei Theile getheilt. Der eine Theil „2a“ der beregneten Pflanze wurde direct
                              									analysirt, der andere „2b“ einer noch energischeren Beregnung mit Wasser in
                              									folgender Weise unterworfen: Auf ein Sieb von 144 qc Fläche gegeben, wurden diese
                              									Nadeln 5mal innerhalb je einer Stunde continuirlich mit je 20 l überbraust. Die so
                              									auf sie zur Einwirkung gebrachten 100 l würden die enorme Regenhöhe von 6944 mm
                              									repräsentiren. Von den mit Wasser noch nicht in Berührung gekommenen Nadeln der
                              									Kiefer „1“ wurde die eine Hälfte „1a“ direct analysirt, die andere
                              										„1b“ (etwa 20 g) mit 5 l Wasser in bedeckter geräumiger Flasche bei
                              									Zimmertemperatur 72 Stunden unter öfterem Umschütteln stehen gelassen. Um den
                              									Versuch störende Einflüsse von Mikroben auszuschliessen, wurden dem Wasser 2 cc
                              									Chloroform zugesetzt.
                           Die Analyse der Trockensubstanz dieser verschiedenen Partien ergab:
                           
                              
                                 
                                 1a
                                 1b
                                 2a
                                 2b
                                 Control-pflanze
                                 
                              
                                 Asche       Proc.
                                 3,91
                                 3,31
                                 3,29
                                 3,08
                                 3,50
                                 
                              
                                 SO3             „
                                   0,550
                                   0,529
                                   0,553
                                   0,534
                                   0,229
                                 
                              
                           Die auslaugende Wirkung des Wassers auf die Nadeln war hier unter so energischen
                              									Bedingungen geprüft worden, wie sie in der Natur nie eintreten können, wenigstens so
                              									weit es sich um noch am Baume sitzende und nicht auf den Boden gefallene Nadeln
                              									handelt. Der Minderbefund an Asche und Schwefelsäure in den Partien 1b, 2a und 2b
                              									gegenüber la deutet zwar darauf hin, dass durch die äusserst energische Behandlung
                              									der Partien b mit Wasser eine Auslaugung der abgestorbenen Nadeln eingetreten ist; doch trotzdem ist die Herabsetzung
                              									des Schwefelsäuregehaltes nicht derartig, dass die Erkennung der vorhergegangenen
                              									Einwirkung der schwefligen Säure auch nur im Geringsten zweifelhaft würde.
                           Das Gesammtresultat vorstehender Versuche ist nunmehr die Schlussfolgerung, dass Regen die Erkennung einer vorhandenen Rauchbeschädigung
                                 										aus dem Schwefelsäuregehalt der Blattorgane bei Coniferen und höchst
                                 										wahrscheinlich auch bei anderen Pflanzen, deren Blätter harz- oder wachshaltig
                                 										sind, nicht durch Auslaugen der Schwefelsäure aus den Blattorganen illusorisch
                                 										machen kann, zumal da im Rauchrayon die event. ausgewaschenen sehr geringen
                                 										Mengen Schwefelsäure durch die fortdauernde Zuführung von schwefliger
                              									Säure bezieh. Schwefelsäure im Rauch wieder ersetzt
                                 										werden dürften.