| Titel: | Beiträge zur Kenntniss der chemischen Natur der „Aescher“. | 
| Autor: | J. v. Schroeder, W. Schmitz-Dumont | 
| Fundstelle: | Band 300, Jahrgang 1896, S. 162 | 
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                        Beiträge zur Kenntniss der chemischen Natur der
                           									„Aescher“.
                        Von † Prof. Dr. J. v.
                                 									Schroeder und Dr. W. Schmitz-Dumont.
                        Beiträge zur Kenntniss der chemischen Natur der
                           								„Aescher“.
                        
                     
                        
                           Nachstehend seien einige Untersuchungen über die chemische Natur der Aescher, d.h. der zum Enthaaren der Häute von den
                              									Gerbern benutzten, in erster Linie bezieh. ausschliesslich chemisch wirkenden
                              									Mittel, zur Kenntniss gebracht.
                           
                        
                           Untersuchung eines alten Kalkäschers (Fauläschers).
                           Die allbekannte Thatsache, dass der Kalkäscher ein gewisses Alter, eine gewisse
                              									Weiche haben muss, ehe seine Wirkung auf die Häute in gewünschter Weise sich
                              									äussert, ist vielfach discutirt worden, doch ohne erst einmal durch chemische und
                              									bakteriologische Untersuchung einen positiven Grund zu schaffen, auf welchem eine
                              									Theorie des Aeschers festen Fuss fassen könnte. Folgende Untersuchung bezweckte
                              									demgegenüber, durch Ermittelung und Bestimmung der im alten Aescher vorhandenen
                              									Substanzen die Frage zu entscheiden, ob durch das Altern bezieh. durch die
                              									Fäulnissprocesse des Aeschers Körper entstehen, welche durch chemische Einwirkung
                              									auf die Häute den Einfluss des Kalkes in günstiger Weise modificiren können.
                           Zur Untersuchung wurde aus einem alten Aescher einer Lobgerberei nach gutem Aufrühren des
                              									Bodensatzes eine Probe von 10 1 entnommen. Die faulig und nach Trimethylamin
                              									riechende Flüssigkeit wurde nach gutem Absetzen des Bodensatzes abgehebert und durch
                              									Filtriren über mit Salzsäure gewaschenen und geglühten Sand völlig geklärt. Sie
                              									besass bei 17,5° C. eine Dichte von 1,0046 und gab mit Millonsreagens, sowie mit
                              									alkalischer Kupferlösung schwache Eiweissreaction. Ueber den Gang der Analyse möge
                              									Folgendes gesagt sein: Trockensubstanz, Asche und Zusammensetzung der Asche wurden
                              									in bekannter Weise ermittelt; zur Bestimmung des Gesammtstickstoffes wurden 100 cc
                              									mit H2SO4 sauer
                              									gemacht, im Glaskolben auf ein kleines Volum concentrirt und hiermit nach Kjeldahl die Bestimmung ausgeführt. Die flüchtigen
                              									Basen wurden bestimmt als entsprechend der Differenz zwischen Gesammtstickstoff und
                              									dem Stickstoffe der Trockensubstanz. Da beim Eindampfen der Flüssigkeit zur Trockne
                              									eine zersetzende Wirkung des CaO auf die fixen stickstoffhaltigen Verbindungen und
                              									damit ein Verlust der Trockensubstanz an N nicht ausgeschlossen war, wurden vor dem
                              									Eindampfen auf 100 cc Flüssigkeit 0,5 g Natriumbicarbonat zugefügt (d. i. mehr als
                              									zur Ueberführung des vorhandenen CaO in CaCO3
                              									erforderlich).
                           Es wurde auch versucht, die flüchtigen Basen ohne Anwendung höherer Temperatur
                              									mittels Durchleiten von kohlensäurefreier Luft aus der Flüssigkeit in vorgelegte
                              									titrirte H2SO4
                              									überzuführen; indess gelang es auch bei viermal 24stündigem Durchleiten nicht,
                              									dieselben vollständig überzutreiben.
                           Ferner wurden bestimmt die durch Säure ausfällbaren eiweissartigen Körper. Die
                              									Fällung wurde folgendermaassen ausgeführt: 100 cc Flüssigkeit wurden in einem
                              									Becherglase mit 2procentiger Essigsäure schwach angesäuert, der Niederschlag durch
                              									Einstellen des Gefässes in ein heisses Wasserbad coagulirt und abfiltrirt. Das
                              									Filtrat wurde vorsichtig mit verdünnter Kalilauge schwach alkalisch, dann mit
                              									Essigsäure schwach, schliesslich stark sauer gemacht. Das Ausbleiben eines weiteren
                              									Niederschlages oder Trübung erwies, dass die erste Fällung vollständig war.
                           Um ein Bild über die Natur dieses Niederschlages zu gewinnen, wurde zunächst in ihm
                              									Asche und Stickstoff, sowie durch Ausziehen mit Aether ein geringer Gehalt an
                              									Fettsäuren ermittelt.
                           Im Filtrat von diesem Niederschlag wurde gleichfalls der Stickstoff bestimmt, um
                              									einen Anhaltspunkt für die Beschaffenheit der durch Essigsäure nicht gefällten
                              									Substanz zu haben.
                           Zur Bestimmung vorhandener flüchtiger Säuren wurden 300 cc Flüssigkeit mit H2SO4 neutralisirt,
                              									mit 30 cc etwa 20procentiger H2SO4 versetzt und die freigewordenen Säuren mit
                              									Dampfstrom abdestillirt. Nach Uebergang von etwa 600 cc Hess sich auch in grösseren
                              									Mengen des folgenden Destillats keine Säure mehr auffinden, weshalb nach Uebergang
                              									von 1 l Destillat die Destillation unterbrochen und in der erhaltenen Flüssigkeit
                              									die Säure titrirt wurde.
                           Bestimmung des vorhandenen Aetzkalkes Hess sich durch Fällen mittels eingeleiteter
                              									Kohlensäure ebenso wenig als durch Titriren mit Säure erreichen, da in beiden Fällen
                              									organische Substanz abgeschieden wurde lange bevor die Alkalität verschwunden war.
                              									Aus dem Umstände, dass der Bodensatz des Aeschers (vgl. unten) 44 Proc. Aetzkalk
                              									enthielt, war zu folgern, dass die Flüssigkeit mit Kalk gesättigt war, also
                              									entsprechend der Löslichkeit des Kalkes in Wasser nahezu 1,299 g CaO (bei 15° C.) in
                              									1 l halten würde. Da ferner bei der Filtration durch Sand der Aescherflüssigkeit
                              									durch den Sand CaO entzogen war, so wurden 200 cc derselben durch 5tägiges Stehen in
                              									verschlossener Flasche mit 5 g abgelöschtem CaO-Pulver auf den ursprünglichen
                              									CaO-Gehalt gebracht. Der nun bestimmte CaO-Gehalt, der in der That höher war als vor
                              									der Behandlung mit Kalkpulver, vermindert um das der Löslichkeit von CaO in Wasser
                              									entsprechende Quantum, musste sehr annähernd dem gebunden in der Flüssigkeit
                              									vorhandenen CaO entsprechen.
                           Es mögen nun die gefundenen Zahlen folgen:
                           
                              In 1 l waren vorhanden:
                              
                           
                              
                                 15,009 g
                                 Trockensubstanz, wovon
                                 
                              
                                 11,856 g
                                 organisch,
                                 
                              
                                 3,153 g
                                 anorganisch.
                                 
                              
                           Die anorganische Substanz bestand aus:
                           
                              
                                 2,010 g
                                 CaO
                                 
                              
                                 0,013 g
                                 MgO
                                 
                              
                                 1,130 g
                                 Alkalisulfat und Chlorid.
                                 
                              
                           Nach Regenerirung des vor der Filtration vorhandenen Kalkgehaltes waren in 1 l
                              									enthalten:
                           
                              
                                 2,977 g
                                 CaO, wovon
                                 
                              
                                 1,299 g
                                 CaO frei,
                                 
                              
                                 1,678 g
                                 CaO gebunden an organische Verbindungen.
                                 
                              
                           In 1 l war ferner vorhanden:
                           
                              
                                 1,649 g
                                 Gesammtstickstoff, davon
                                 
                              
                                 1,527 g
                                 N in der TrockensubstanzMittel aus drei Bestimmungen: 1,530, 1,524 und
                                          												1,527.,
                                 
                              
                                 0,122 g
                                 N in den flüchtigen Basen, entsprechend 0,149 gNH3Bei Uebertreibung der Basen durch Luft wurden im Mittel 0,127 g
                                          														NH3 gefunden.,
                                 
                              
                                 2,022 g
                                 durch Essigsäure fällbare Substanz, worin
                                 
                              
                                 0,044 g
                                 Fettsäuren,
                                 
                              
                                 0,002 g
                                 Asche,
                                 
                              
                                 1,976 g
                                 eiweissartige Substanzen, enthaltend 0,280 g N =14,21 Proc. N,
                                 
                              
                                 1,376 g
                                 N im Filtrat der Essigsäurefällung,
                                 
                              
                                 0,480 g
                                 flüchtige Säuren als Essigsäure berechnet, obwohlsie dem Gerüche nach
                                    											Capronsäure und verwandteenthielten,
                                 
                              
                                 9,354 g
                                 durch Essigsäure nicht fällbare fixe, organische Sub-stanz, welche
                                    											als Träger der im Filtrat der Essigsäurefällung vorhandenen
                                    											Stickstoffmenge abzüglichdes N der flüchtigen Basen zu betrachten ist,
                                    											mithin1,376 g – 0,122 g = 1,254 gN = 13,41 Proc. enthält.
                                 
                              
                           Zur Charakteristik der vorhandenen organischen Verbindungen lässt sich auf Grund
                              									dieser Untersuchung nicht viel sagen. In erster Linie liegen hier durch die
                              									Lebensthätigkeit der Fäulnisserreger erzeugte Umwandlungsproducte des durch Wirkung
                              									des Kalkwassers auf die Haut gelösten Coriins vor, und es darf angenommen werden,
                              									dass der durch Essigsäure abgeschiedene Niederschlag trotz seines geringeren
                              									N-Gehaltes von 14,21 Proc. gegenüber 18,01 Proc. des reinen Coriins hauptsächlich
                              									aus dieser Substanz besteht. Die durch Essigsäure nicht fällbaren
                              									Umwandlungsproducte dürften, abgesehen von den mit Wasserdämpfen flüchtigen Säuren,
                              									aus Leimpepton oder ähnlichen Körpern bestehen; ihr N-Gehalt von 13,41 Proc.
                              									entfernt sich nicht allzusehr von dem der Leimpeptone mit 15,3 Proc.
                           Jedenfalls kommen diese in der Aescherlauge vorhandenen Stoffe für die Wirkung des
                              									Aeschers nur insofern in Betracht, als sie das Wachsthum der Fäulnisserreger durch
                              									Darbietung geeigneter Nährstoffe fördern. Anders verhält es sich mit den bei der
                              									Fäulniss entstandenen stark alkalisch wirkenden Aminen (Trimethylamin) und
                              									Ammoniak. Hier ist eine directe chemische Einwirkung auf die Haut nicht
                              									ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall war der Gehalt der Aescherlauge an diesen
                              									allerdings sehr gering (0,015 Proc.), so dass eine merkliche Beeinflussung der Haut
                              									nicht recht wahrscheinlich ist.
                           Um zu entscheiden, ob die Aescherflüssigkeit noch mit CaO gesättigt war, musste der
                              									Bodensatz auf seinen Gehalt an Aetzkalk hin untersucht werden.
                           Der nach 14tägigem Stehen der entnommenen Aescherprobe in verschlossener Flasche
                              									abgelagerte Satz wurde durch Abhebern der Flüssigkeit und schnelles, scharfes
                              									Pressen zwischen Filtrirpapier möglichst von Flüssigkeit befreit. Der Presskuchen
                              									wurde zur schnelleren Trocknung unter Vermeidung einer Kohlensäureaufnahme durch
                              									eventuell vorhandenen Aetzkalk mit absolutem Alkohol schnell verrieben und der
                              									Alkohol abgegossen; dies wurde noch einmal mit Alkohol und dann mit wasserfreiem
                              									Aether wiederholt. Durch 5 Minuten langes Erhitzen auf 100° wurden schliesslich die
                              									nach Abgiessen des Aethers dem Rückstande anhaftende Menge Aether entfernt. So
                              									vorbereitet wurde der Bodensatz analysirt:
                           
                              
                                 1,0977 g enthielten:
                                 0,0398 g
                                 CO2
                                 =
                                   3,62
                                 Proc.
                                 
                              
                                 
                                 0,6302 g
                                 CaO
                                 =
                                 57,41
                                 „
                                 
                              
                           Zur Ermittelung des Aetzkalkes wurden 0,6206 g des Bodensatzes mit 1 l Wasser viermal
                              									24 Stunden unter häufigem Umschütteln belassen; diese Wassermenge war ausreichend,
                              									um 1,2 g CaO zu lösen.
                           100 cc gaben 0,0273 g CaO = 43,99 Proc.des Bodensatzes.
                           Mit Berücksichtigung, dass der nach Abzug des freien und des an CO2 gebundenen CaO verbleibende Rest an organische
                              									Substanzen gebunden sein muss, da nur Spuren von SiO2 und SO3 vorhanden waren, ergibt sich die
                              									Zusammensetzung des Bodensatzes zu:
                           
                              
                                 8,22
                                 Proc.
                                 CaCO3,
                                 
                              
                                 43,99
                                 „
                                 CaO,
                                 
                              
                                 8,82
                                 „
                                 CaO an organische Substanz gebunden,
                                 
                              
                                 38,97
                                 „
                                 organische Substanz.
                                 
                              
                                 ––––––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 100,00
                                 Proc.
                                 
                                 
                              
                           Aetzkalk war demnach noch reichlich im Bodensatze vorhanden, so dass die Aescherlauge
                              									selbst damit gesättigt sein musste.
                           
                        
                           Untersuchung über den Schwefelnatriumäscher und die
                              									Schwefelnatriumschwöde.
                           Diese beiden Betriebsmittel zum Enthaaren der Felle werden zusammengesetzt aus
                              									Schwefelnatrium, Kalk und Wasser. Um über die Rolle der beiden wirkenden Componenten
                              									Kalk und Schwefelnatrium bei dem Haarungsprocesse eine Vorstellung zu gewinnen,
                              									musste zunächst festgestellt werden, ob diese Componenten nach Zugabe des Wassers
                              									unverändert bestehen bleiben, oder ob zwischen ihnen eine Umsetzung stattfindet. Da
                              									das unlösliche Calciumsulfid CaS nur langsam von Wasser unter Bildung des löslichen
                              										Ca(HS)2 und Ca(OH)2 zersetzt wird, so war immerhin die Möglichkeit, dass beim Ansetzen des
                              									Aeschers bezieh. der Schwöde die Umsetzung CaO + Na2S + H2O = CaS + 2 NaOH eintritt, nicht ohne
                              									weiteres abzuweisen.
                           Fand diese Umsetzung statt, so war von diesen Enthaarungsmitteln die combinirte
                              									Wirkung des Aetzkalkes und Aetznatrons, also neben der Lösung des Hautgewebes
                              									(speciell zunächst der Malpighi'schen Schicht), wie Praktiker als Effect des
                              									Aetznatrons annehmen, eine verstärkte Schwellung zu erwarten. Blieben CaO und
                              										Na2S unverändert neben einander bestehen, so
                              									Hess sich vermuthen, dass die haarsubstanzlösende Eigenschaft des Na2S die Enthaarung beschleunigen würde, während die
                              									Schwellung der Haut, da Na2S nicht schwellend wirken
                              									soll, herabgesetzt würde.
                           In der chemischen Litteratur liess sich keine Notiz über Wechselwirkung zwischen CaO
                              									und Lösung von Na2S auffinden; darum wurde dieser
                              									Punkt im Anschlusse an die in der Praxis bei Schwefelnatriumäscher und -schwöde
                              									eingehaltenen Verhältnisse untersucht.
                           In der Lehrgerberei der Gerberschule zu Freiberg wird der Aescher nach folgender
                              									Vorschrift angesetzt:
                           1000 k Wasser und 6 k gebrannter Kalk werden mit 0,5 k technischem Schwefelnatrium
                              									versetzt und nach 24 Stunden nochmals 0,5 k dieses Salzes zugefügt.
                           Das technische Schwefelnatrium, welches bei den folgenden Versuchen verwandt wurde,
                              									hatte folgende Zusammensetzung:
                           
                              
                                 0,22
                                 Proc.
                                 SiO2
                                 
                              
                                 0,05
                                 „
                                 Kohle
                                 
                              
                                 67,02
                                 „
                                 H2O
                                 
                              
                                 32,71
                                 „
                                 Na2S = 13,42 Proc. S
                                 
                              
                                 ––––––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 100,00
                                 Proc.Analytischer Beleg:20 g wurden zu 1 l gelöst.25 ccgaben0,4896 g BaSO425 cc„0,4884 g BaSO4im Mittel0,4890 g BaSO4=0,0671 g S50 cc=0,0022 g SiO220 g=0,0097 g Kohle.
                                 
                                 
                              
                           CO2, SO3 und Na2S2O3 waren nicht vorhanden. Das Präparat war demnach
                              									fast reines Na2S, 9H2O (enthält 13,33 Proc. S).
                           Nach Maassgabe des vorstehenden Receptes wurden 12 g Kalk in einem 2-l-Kolben zu
                              									Kalkmilch gelöscht, 1,090 g Schwefelnatrium in Wasser gelöst hinzugegeben und der
                              									Kolben bis auf einige Cubikcentimeter unterhalb der Marke mit Wasser gefüllt. Der
                              									Kalk färbte sich durch Bildung von etwas Schwefeleisen schwach grünstichig. Nach 24
                              									Stunden wurde die zweite Portion Schwefelnatrium, 1,060 g, in wenig Wasser gelöst
                              									hinzugefügt, zur Marke aufgefüllt, unter wiederholtem Umschütteln 24 Stunden stehen
                              									gelassen und dann die Lösung vom Bodensatz abfiltrirt.
                           In 1000 cc des Filtrats fanden sich:Analytischer
                                    											Beleg:500 ccgaben0,6385 g CaO500 cc„0,4822 g BaSO4=0,0662 g S.
                           
                              
                                 1,2770 g CaO
                                 
                              
                                 0,1325 g S.
                                 
                              
                           In dem Schwefelnatrium waren auf 1 l zugesetzt worden 0,1443 g
                              									S, entsprechend 0,3516 g Na2S. Die Differenz von
                              									0,0118 g S ist durch die Bildung von Schwefeleisen der Lösung entzogen worden,
                              									entsprechend einem Gehalt von 0,0265 g Fe in den 12 g CaO. Hierdurch ist in der
                              									Aescherflüssigkeit eine dieser Schwefelmenge äquivalente Menge NaOH = 0,0295 g in 1
                              									l erzeugt worden. Die gefundene CaO-Menge entspricht der Löslichkeit1 l Wasser löst bei 15° C. 1,299 g CaO (A. Lamy, Comptes rendus, Bd. 86 S.
                                    										333). desselben im Wasser.
                           Somit ergeben sich als wirkende Factoren dieser Aescherlauge in 1 l:
                           
                              
                                 1,2770 g CaO
                                 
                              
                                 0,0295 g NaOH
                                 
                              
                                 0,3261 g Na2S = 92,74 Proc. des
                                    											zugesetzten Na2S.
                                 
                              
                           
                           Das Schwefelnatrium bleibt also als solches wirkender
                              									Bestandtheil des Aeschers.
                           Bei einem zweiten Versuch wurden 12 g aus Oxalat dargestellter Kalk wie bei dem
                              									ersten mit 1,020 g Schwefelnatrium, dem nach 24 Stunden noch 1,130 g folgten, mit 2
                              									l Wasser der Reaction überlassen. Nach 14 Tagen wurde abfiltrirt und in der Lösung
                              									in 1 l gefunden:Analytischer
                                    											Beleg:250 ccgaben0,3180 g CaO500 cc„0,5222 g BaSO2=0,0717 g S.
                           
                              
                                 
                                 1,2702 g
                                 CaO
                                 
                              
                                 
                                 0,1434 g
                                 S
                                 
                              
                                 Zugesetzt waren
                                 0,1443 g
                                 S.
                                 
                              
                           Die geringe Differenz zwischen angewandtem und gefundenem S ist belanglos. Die
                              									gefundene CaO-Menge entspricht wiederum der Löslichkeit in Wasser.
                           In dieser Aescherlauge sind demnach als wirkend vorhanden in 1 l:
                           
                              
                                 1,2702 g CaO
                                 
                              
                                 0,3495 g Na2S = 99,40 Proc. des
                                    											zugesetzten Na2S.
                                 
                              
                           Das Schwefelnatrium bleibt demnach, wie vorauszusehen war,
                              									auch bei langer Berührung mit überschüssigem CaO unzersetzt in der Flüssigkeit.
                           Der Untersuchung der Schwefelnatriumschwöde wurde die
                              									folgende, gleichfalls in der obengenannten Lehrgerberei eingehaltene Vorschrift zu
                              									Grunde gelegt:
                           1 k Schwefelnatrium wird in so viel Wasser gelöst, dass 9 k Kalk, mit dieser Lösung
                              									gelöscht, einen dünnen Brei geben.
                           Dementsprechend wurden in einem Kolben 50 g CaO mit 5,600 g Schwefelnatrium, gelöst
                              									in 150 cc Wasser, abgelöscht. Nach 1stündigem Stehen des verschlossenen Kolbens
                              									wurde der Inhalt in eine grosse Flasche gespült, mit Wasser bis zur Marke (= 3150
                              									cc) aufgefüllt, gut umgeschüttelt und schnell filtrirt. Bei dem grossen Volum der
                              									gesammten Flüssigkeit durfte für die Berechnung das Volum des CaO, ohne wesentlichen
                              									Fehler zu begehen, unberücksichtigt gelassen werden.Das specifische Gewicht des CaO zu 2,078
                                    											genommen, würden 50 g = 24,16 cc = 0,76 Proc. des Gesammtvolums
                                    										sein.
                           
                              
                                 In
                                 100 cc
                                 waren
                                 enthalten
                                 0,1160 g CaO
                                 
                              
                                 „
                                 500 cc
                                 „
                                 „
                                 0,1188 g S,8 500 cc= 0,8653 g BaSO4= 0,1188 g S.
                                          												
                                 
                              
                           mithin in der gesammten Flüssigkeit 0,7484 g S; zugesetzt als
                              									Schwefelnatrium waren 0,7515 g S.
                           Es sind also in der Lösung 99,59 Proc. des angewandten Schwefels wiedergefunden
                              									worden, woraus zu schliessen ist, dass auch bei diesen veränderten Bedingungen,
                              									nämlich grösserer Concentration der Na2S-Lösung und
                              									Einwirkung der durch Ablöschen des CaO erfolgenden starken Erhitzung, eine Umsetzung
                              									zu CaS und NaOH nicht eingetreten ist. Der CaO-Gehalt von 1,160 g in 1 l erreicht
                              									noch nicht die Löslichkeitsgrenze des CaO in Wasser, darauf beruhend, dass die
                              									Flüssigkeit nicht lange genug mit dem CaO in Berührung war, um sich zu sättigen.
                           Es lautet nun das Schlussresultat: Bei gleichzeitiger Anwendung von CaO und Na2S als Aescher oder Schwöde findet keine Umsetzung
                              									zwischen diesen Substanzen statt und es üben dieselben unverändert ihre speeifische
                              									Wirkung auf Haut und Haar aus; höchst wahrscheinlich wird dabei gegenüber dem
                              									Kalkäscher das Enthaaren beschleunigt und die Schwellung der Haut vermindert. Bei
                              									der Schwöde spielt der CaO zugleich die Rolle eines Verdickungsmittels und bei
                              									Schwöde sowohl als Aescher wird er durch Bindung der von der Flüssigkeit absorbirten
                              										CO2 einem Unwirksamwerden des Na2S, welches durch CO2 zerlegt wird, vorbeugen.
                           
                        
                           Untersuchung über Arsenäscher und Arsenschwöde.
                           Diese beiden Haarungsmittel werden hergestellt durch Vermischen von gebranntem Kalk,
                              									rothem Arsenik und Wasser. Hierbei findet nun Umsetzung des Arseniks und Kalkes
                              									statt, wie in Birnbaum-Bolley's Handbuch der technischen
                                 										Chemie, 1882 Bd. 6 Gruppe 4 (Lederbereitung) S. 72, gesagt, zu
                              									arsenigsaurem Kalk und sulfarsenigsaurem Kalk. Die erstere Verbindung soll
                              									conservirend wirken, die zweite enthaarend wie Calciumsulfhydrat. In Muspratt's Handbuch der technischen Chemie, 4. Aufl.
                              									Bd. 3 S. 1255, hingegen ist angegeben, dass die Masse Calciumsulfhydrat enthält.
                              									Eine präcise, analytisch erwiesene Angabe über den Verlauf der Reaction konnte
                              									nirgends aufgefunden werden.
                           Neben der energisch enthaarenden Wirkung soll durch diese Mittel eine besonders
                              									aufweichende auf die Häute ausgeübt werden, welche bei Verarbeitung stark
                              									getrockneter Häute (Kipse) durch keine andere Substanz erreicht werden könne. Viele
                              									Praktiker schreiben dies einem specifischen Einfluss des Arsens zu.
                           Es waren hier also zunächst zwei Fragen zu beantworten:
                           1) Wie verläuft die Umsetzung zwischen Kalk und rothem Arsenik?
                           2) Welche der entstandenen Verbindungen können eine Einwirkung auf die Häute
                              									ausüben?
                           Bei den folgenden Versuchen kamen zur Verwendung: Kalk aus Marmor gebrannt, eine Spur
                              									Eisen und Kieselsäure haltend, und der technische rothe Arsenik.
                           Da letzterer, ein ungleichmässig zusammengesetztes Product, neben As2S3 auch As2S2 und As2O3 enthalten kann,
                              									so musste zur Beurtheilung seiner Umsetzungen zunächst seine Zusammensetzung
                              									ermittelt werden.
                           Sie ergab sich zu:
                           
                              
                                 63,44
                                 Proc.
                                 As
                                 
                              
                                 36,51
                                 „
                                 S
                                 
                              
                                 0,09
                                 „
                                 O
                                 
                              
                                 ––––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 100,04
                                 Proc.
                                 
                                 
                              
                           entsprechend
                           
                              
                                 73,56
                                 Proc.
                                 As2S3
                                 
                              
                                 26,11
                                 „
                                 As2S2
                                 
                              
                                 0,37
                                 „
                                 As2O3
                                 
                              
                                 ––––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 100,04
                                 Proc.
                                 
                                 
                              
                           As und S wurden als Mg2As2O7 und BaSO4 bestimmtAnalytischer Beleg für Zusammensetzung des rothen Arseniks:0,8682 g Substanz gaben2,3087g BaSO4=0,3170g S=36,51Proc. S.0,4002 g gaben0,5246g Mg2As2O7=0,2539g As=63,44Proc. As.20,00 g gaben mit 5procentiger Salz-            säure
                                          													extrahirt0,0859g As2O5=0,0740g As2O3=0,37Proc. As2O3.10,00 g gaben mit 2procentigem Am-            moniak zu 1 l
                                          													extrahirt in            100 cc0,7374g As2S3=73,74Proc. As2S3., O wurde berechnet aus dem gefundenen As2O3. Zur Ermittelung von As2O3 wurden 20 g des
                              									fein gepulverten rothen Arseniks viermal mit je 200 cc 5procentiger Salzsäure 5
                              									Stunden bei gelinder Wärme digerirt, die erhaltenen Auszüge vereinigt unter Zusatz
                              									von Salpetersäure bis auf wenige Cubikcentimeter abgedampft, in einen
                              									Porzellantiegel gespült und zur Trockene gebracht, das rückständige Arsensäurehydrat
                              									durch 45 Minuten langes Erhitzen auf dem Sandbade (etwa 400° C.)S. C. Friedheim
                                    											und P. Michaelis, Zeitschrift für analytische
                                       												Chemie, XXXIV S. 539. in As2O5 übergeführt und als solches
                              									gewogen.
                           Mit ausreichender Genauigkeit lässt sich AS2S3 von As2S2 durch Behandeln des feinen Pulvers mit
                              									2procentigem Ammoniak bei Zimmertemperatur trennen und so das Verhältniss der beiden
                              									Schwefelungsstufen schneller als durch As- und S-Bestimmung finden. Es wurden 10 g
                              									des von As2O3
                              									befreiten Pulvers mit 200 cc 2procentigem Ammoniak unter öfterem Umschütteln 1
                              									Stunde belassen; nach zweimaligem Wiederholen dieser Procedur gingen keine
                              									erkennbaren Mengen des Arseniks mehr in Lösung. Die ammoniakalischen, vereinigten
                              									Auszüge wurden zu 1 l aufgefüllt und in 100 cc durch Verdampfen zur Trockne das
                              									gelöste AS2S3
                              									bestimmt. In dieser Weise wurden 73,74 Proc. As2S3 gefunden und aus der Differenz As2S2 zu 26,11
                              									Proc.
                           Mit beschriebenem Arsenpräparat wurde ein Aescherversuch folgendermaassen angesetzt:
                              									12 g Kalk wurden in einem 2-l-Kolben zu dünnem Brei gelöscht, 4 g des Arseniks
                              									zugemischt und mit Wasser zur Marke aufgefüllt. Die orangerothe Farbe des
                              									Arsenpulvers änderte sich binnen 24 Stunden zu Chokoladenbraun, bedingt durch die
                              									Zersetzung des As2S2
                              									unter Abscheidung von As nach der Gleichung:
                           3As2S2 + 9CaO + 3H2O = 2Ca3(AsO3)2 + 3Ca(SH)2 + 2
                              									As.
                           Unter öfterem Umschütteln verblieb dieser Versuch 48 Stunden im geschlossenen Kolben
                              									bei Zimmertemperatur. Dann wurde die abfiltrirte Flüssigkeit analysirt.Analytischer Beleg:500 ccgaben2,2440 g BaSO4=0,3081 g S1000 cc„0,1800 g Mg2As2O7=0,0871 g As100 cc„0,1826 g CaO.
                           
                              
                                 Auf 1 l war zugesetztworden
                                 Gefunden wurde
                                 = Procentdes Zugesetzten
                                 
                              
                                       1,2688 g As
                                     0,0871 g As
                                   6,82
                                 
                              
                                       0,7310 g S
                                     0,6162 g S
                                 84,30
                                 
                              
                                       6,0000 g CaO
                                     1,8260 g CaO
                                 30,43
                                 
                              
                           In dem Ungelösten Hessen sich mit der Lupe noch orangerothe Partikelchen,
                              									unzersetzter Arsenik, erkennen, wonach es erklärlich ist, dass nur 84,30 Proc. des
                              									zugesetzten Schwefels gefunden wurden.
                           Ein zweiter Versuch wurde in gleicher Weise angesetzt, doch blieben die Substanzen
                              									diesmal 14 Tage in Berührung, ehe die Flüssigkeit analysirt wurde.Analytischer Beleg:100 ccgaben0,4580 g BaSO4=0,06289 g S100 cc„0,1900 g CaO500 cc„0,1026 g Mg2As2O7=0,0497 g As.
                           
                              
                                 Auf 1 l war zugesetztworden
                                 Gefunden wurde
                                 = Procentdes Zugesetzten
                                 
                              
                                         1,2688 g As
                                     0,0994 g As
                                   7,83
                                 
                              
                                         0,7310 g S
                                     0,6289 g S
                                 86,03
                                 
                              
                                         6,0000 g CaO
                                     1,900 g CaO
                                 31,67
                                 
                              
                           Wie hieraus ersichtlich, ist durch die längere Einwirkung der Componenten auf
                              									einander die Umsetzung nur langsam vorwärts geschritten, was auf die
                              									Widerstandsfähigkeit des As2S2 gegen die CaO-Lösung bei gewöhnlicher Temperatur
                              									zurückzuführen ist.
                           Nunmehr wurde ein der Arsenschwöde entsprechender
                              									Versuch vorgenommen unter Einhaltung einer in der Lehrgerberei der Gerberschule zu
                              									Freiberg befolgten Vorschrift, nach welcher 10 k Kalk unter Zugabe von 2 k Arsenik
                              									mit etwa 20 l Wasser abgelöscht werden. Dementsprechend wurden 40 g Kalk und 8,00 g
                              									rother Arsenik gut mit einander verrieben, in einen Kolben gebracht und mit 160 cc
                              									Wasser abgelöscht. Der entstandene dünne Brei wurde zur möglichsten Vollendung der
                              									Reaction noch 1 Stunde auf dem Wasserbade digerirt, dann in eine geräumige Flasche
                              									gespült, bis zur Marke (3150 cc) mit Wasser aufgefüllt und nach gutem Umschütteln
                              									abfiltrirt.
                           Der so erhaltenen Lösung war
                           
                              
                                 zugesetzt worden
                                 Gefunden wurdeAnalytischer Beleg:100 ccgaben0,1937 g CaO100 cc„=0,6316 g BaSO40,0867 g S200 cc„0,0274 g Mg2As2O7=0,01326 g As.
                                 = Procentdes Zugesetzten
                                 
                              
                                   5,0752 g As
                                     0,2088 g As
                                   4,13
                                 
                              
                                   2,9240 g S
                                     2,7317 g S
                                 93,50
                                 
                              
                                 40,0000 g CaO
                                     6,1016 g CaO
                                 15,25
                                 
                              
                           Die Umsetzung zwischen Kalk und Arsenik ist demnach in diesem Falle, unterstützt
                              									durch die beim Löschen des Kalkes aufgetretene Erhitzung und die nachfolgende
                              									Erwärmung so gut wie vollständig verlaufen. Aus dem Umstände, dass bei allen drei
                              									Versuchen nur geringe Mengen Arsen, dagegen fast aller Schwefel in Lösung gegangen
                              									ist, muss gefolgert werden, dass die Hauptreaction zu dem löslichen
                              									Calciumsulfhydrat und dem unlöslichen arsenigsauren Calcium geführt hat nach den
                              									Gleichungen:
                           
                              
                                  I.
                                    3As2S2
                                    											+ 9CaO + 3H2O= 2Ca3[AsO3]2 + 3Ca(SH)2
                                    											+ 2As.
                                 
                              
                                 II.
                                    2As2S3
                                    											+ 9CaO + 3H2O= 2Ca3[AsO3]2 + 3Ca(SH)2.
                                 
                              
                           Ob die geringe Menge Arsen als arsenigsaures oder
                              									sulfarsenigsaures Salz bei Gegenwart des bedeutenden Ueberschusses an CaO in Lösung
                              									gegangen war, Hess sich a priori nicht entscheiden, obwohl mit Rücksieht auf den
                              									Ueberschuss an CaO zu vermuthen war, dass sämmtlicher Schwefel an Ca gebunden sei
                              									und die gelöste As-Menge der Löslichkeit des Ca3(AsO3)2
                              									in Wasser entspräche.
                           Zur Klarstellung dieser Verhältnisse wurden folgende Versuche
                                 										über die Löslichkeit des arsenigsauren Calciums bei Gegenwart von überschüssigem
                                 										CaO ausgeführt.
                           5 g arsenigsaurer Kalk wurden mit 20 g CaO und 500 cc Wasser 6 Tage unter Umschütteln
                              									bei Zimmertemperatur stehen gelassen. 250 cc mit HNO3 zur Trockne verdampft gaben 0,3159 g Glührückstand, der in rauchender Salzsäure gelöst
                              									mit SnCl2 eine kaum merkliche Arsenreaction, eine
                              									äusserst schwache Bräunung zeigte. Um dem eventuellen Einwände zu begegnen, dass
                              									während des Glühens durch reducirende Flammgase aus dem arsensauren Calcium As
                              									reducirt und verflüchtigt worden sei, wurden 225 cc eingedampft und der Rückstand in
                              									rauchender Salzsäure gelöst mit SnCl2 versetzt.
                              									Wiederum wurde nur eine ganz minimale Arsenreaction beobachtet.
                           Der Versuch wurde wiederholt mit der Abänderung, dass 5 g As2O3, mit 50 g CaO
                              									gemischt, mit Wasser abgelöscht, zu 1 l aufgefüllt und 3 Tage bei 70 bis 80° auf dem
                              									Wasserbade belassen wurden. Je 500 cc wurden eingedampft und die 0,6403 g bezieh.
                              									0,6411 g betragenden Rückstände mit SnCl2 auf As
                              									geprüft. Es konnte auch diesmal nur eine verschwindende As-Reaction constatirt
                              									werden.
                           Arsenigsaures Calcium ist demnach bei Gegenwart von überschüssigem CaO so gut wie
                              									unlöslich; das bei den beschriebenen Umsetzungsversuchen zwischen Kalk und rothem
                              									Arsenik in der Flüssigkeit gefundene As muss also durch die Wirkung des Ca(SH)2 in Lösung gegangen sein.
                           Dies wird bestätigt durch folgenden Versuch:
                           5 g As2O3 und 50 g
                              									CaO wurden wie vorstehend mit 1 l Wasser 3 Tage bei 70 bis 80° digerirt. In 300 cc
                              									wurde wie oben auf As mit dem gleichen negativen Erfolge geprüft. Nun wurden 20 cc
                              									einer gesättigten Lösung von Ca(SH)2 zugefügt und 14
                              									Tage bei Zimmertemperatur belassen. Die abfiltrirte Flüssigkeit ergab analysirt in 1
                              										l:Analytischer
                                    											Beleg:100 ccgaben0,3383 g CaO100 cc„2,2244 g BaSO4=0,3054 g S100 cc„0,0224 g Mg2As2O1=0,0108 g As.
                           
                              
                                 3,383 g CaO
                                 
                              
                                 3,054 g S
                                 
                              
                                 0,1080 g As.
                                 
                              
                           Nunmehr lässt sich, um ein Bild von den in einer Arsenäscherflüssigkeit wirkenden
                              									Verbindungen zu geben, unter Zugrundelegung der im zweiten Aescherversuch, als dem
                              									vollständiger umgesetzten, erhaltenen Gehaltszahlen in 1 l = 0,0994 g As, 0,6289 g
                              									S, 1,9000 g CaO berechnen:
                           In 1 l Aescherflüssigkeit:
                           
                              
                                 0,3061 g Ca3(AsS3)2
                                 
                              
                                 0,8310 g Ca(SH)2
                                 
                              
                                 1,8497 g CaO.
                                 
                              
                           Nach dieser Berechnung wäre mehr CaO in der Lösung vorhanden,
                              									als der Löslichkeit in Wasser (1,299 in 1 l) entspricht. Berechnet man die
                              									Componenten auf Ca3(AsO3)2, Ca(SH)2 und CaO, so erhält man:
                           
                              
                                 0,2423 g Ca3(AsO3)2
                                 
                              
                                 1,0416 g Ca(SH)2
                                 
                              
                                 1,2386 g CaO.
                                 
                              
                           Hier bleibt CaO fast ebenso viel unter der Löslichkeitsgrenze
                              									zurück, als wie dieselbe im vorgehenden Falle überschritten wurde. Aus diesen
                              									Verhältnissen wäre, abgesehen von der hydrolytischen Spaltung in Ionen, zu folgern,
                              									dass das As als ein oxysulfarsenigsaures Calcium gelöst sei. Für die Aescherwirkung
                              									indess ist es gleichgültig, in welcher der erwähnten möglichen Formen das As zugegen
                              									ist.
                           Um für die Arsenschwöde in gleicher Weise die löslichen Verbindungen zu
                              									berechnen, muss berücksichtigt werden, dass ein Theil des zugesetzten Wassers durch
                              									Bindung an CaO verschwindet. Die 40 g CaO brauchen zu ihrer Ueberführung in
                              										Ca(OH)2 12,9 cc H2O; 160 cc waren zum Ablöschen angewandt worden; es sind also für die
                              									eigentliche Lösung rund nur 147 cc in Rechnung zu bringen. Da das Ablöschen in einem
                              									langhalsigen Kolben vorgenommen wurde, können nur geringe Mengen Wasser durch
                              									Verdampfen verloren gegangen sein, die hier, ohne einen Fehler zu begehen, ausser
                              									Betracht gelassen werden können.
                           Nach den oben gefundenen Zahlen 0,2088 g As, 2,7317 g S, 6,1016 g CaO, welche mit
                              									Ausnahme des CaODiese gefundene
                                    											CaO-Menge kann hier nicht berücksichtigt werden, da die Arsenschwöde mit
                                    											Wasser zu 3150 cc aufgefüllt wurde; durch das zugefügte Wasser ist eine in
                                    											den 6,1016 g mitbestimmte Menge CaO gelöst
                                    											worden, und es lässt sich nicht berechnen, wie hoch dieser Betrag ist, da
                                    											die verdünnte Lösung vor dem schnell folgenden Filtriren sich nicht mit CaO
                                    											hat sättigen können. Das Ca(SH)2 ist
                                    											berechnet aus dem nach Abzug des in Ca3(AsS3)2 enthaltenen verbleibenden Schwefels. CaO ist angegeben
                                    											entsprechend seiner Löslichkeit in Wasser. für 147 cc
                              									Aescherlösung gelten, ergibt sich für die in der Arsenschwöde wirkende Flüssigkeit
                              									in 1 l:
                           
                              
                                   4,355 g Ca3[AsS3]2
                                 
                              
                                 27,780 g Ca(SH)2
                                 
                              
                                   1,299 g CaO.
                                 
                              
                           Die eingangs der Untersuchung gestellten beiden Fragen sind nunmehr dahin
                              									beantwortet:
                           1) Bei der Umsetzung des rothen technischen Arseniks mit Kalk entstehen As, Ca3(AsO3)2, Ca(SH)2 und eine
                              									wahrscheinlich geringe Menge Ca3(AsS3)2.
                           2) Von den entstandenen Verbindungen können nur Ca(SH)2 und vielleicht die geringe Menge Ca3(AsS3)2
                              									eine directe Wirkung auf die Haut ausüben.
                           Noch galt es zu untersuchen, ob die hier zur Charakterisirung der Arsenäscherwirkung
                              									erhaltenen Zahlen, insbesondere der Arsengehalt der Flüssigkeit auch für den
                              									praktischen Betrieb Geltung haben, oder ob Löslichkeit und Wirkung des Arsens durch
                              									die während des Betriebes in die Flüssigkeit übergehenden organischen Stoffe
                              									derartig beeinflusst werden, dass obige Resultate hinsichtlich des Arsens
                              									unbrauchbar sind. Es liess sich zunächst vermuthen, dass der Arsengehalt, da
                              									Calciumarsenit in Ammoniak und Aminen löslich ist, mit fortschreitender Bildung von
                              									Ammoniak und Aminen sich vermehren werde.
                           Aus diesen Gründen wurde nunmehr eine gebrauchte Arsenäscherlauge untersucht.
                              									Dieselbe entstammte der Lehrgerberei zu Freiberg, war 3 Wochen zum Aeschern von
                              									Kipsen in Gebrauch gewesen, zeigte schwach fauligen Geruch und war durch suspendirte
                              									Theilchen bis zur Undurchsichtigkeit getrübt. Nachdem die Trübe sich gut abgesetzt
                              									hatte, liess sich die Flüssigkeit bei langsamer Filtration durch eine dreifache Lage
                              									starken, wolligen Filtrirpapiers völlig klar erhalten. In ihr wurde nach Zerstörung
                              									der organischen Bestandtheile durch KClO3 und HNO3 CaO, MgO, As und der gesammte S in bekannter Weise
                              									ermittelt. Der als Sulfid gebundene S wurde nach Versetzen der Flüssigkeit mit einem
                              									Ueberschuss an Ammoniak durch AgNO3 ausgefällt und
                              									der S des abfiltrirten Ag2S als BaSO4 bestimmt; Gesammtstickstoff, sowie flüchtige Basen
                              									wurden auf dem bei Untersuchung des alten Kalkäschers angegebenen Wege
                              									festgestellt.
                           
                           In 1 l wurde so gefunden:Analytischer
                                    											Beleg:75 ccgaben0,6990 g BaSO4=0,0959 g Gesammt-S50 cc„0,2326 g BaSO4=0,0320 g Sulfid-S75 cc„0,2017 g CaO  Spur     MgO300 cc„0,1373 g Ag3AsO4=0,02424 g As50 cc„0,0586 g Gesammt-N50 cc„0,0059 g NH3100 cc„0,7760 g Trockensubstanz=0,4472 g Asche.
                           
                              
                                 7,760 g organische Trockensubstanz
                                 
                              
                                 4,472 g Asche
                                 
                              
                                 1,279 g Gesammt-S
                                 
                              
                                 0,640 g Sulfid-S
                                 
                              
                                 2,689 g CaO
                                 
                              
                                   Spur MgO
                                 
                              
                                 0,0808 g As
                                 
                              
                                 1,172 g Gesammt-N
                                 
                              
                                 0,118 g flüchtige Basen als NH3
                                    											berechnet.
                                 
                              
                           Vergleicht man die hier gefundene As-Menge von 0,0808 g mit den in den beiden
                              									Aescherversuchen zu 0,0871 g und 0,09949 g für 1 l Flüssigkeit ermittelten, so zeigt
                              									sich in diesem Falle, dass durch die gelösten organischen
                                 										Stoffe eine grössere Löslichkeit der vorhandenen As-Verbindungen und damit eine
                                 										intensivere Wirkung derselben im Aescher nicht herbeigeführt worden ist.
                              									Auf einen zu geringen Zusatz von rothem Arsenik zu dem Aescher ist dies in diesem
                              									Falle nicht zurückzuführen, wie der Gehalt an S 1,279 g gegenüber 0,6162 g und
                              									0,6289 g in den beiden Aescherversuchen beweist. Die Menge des gesammten S im
                              									Vergleich zu dem Sulfid-S zeigt, dass der Wirkungswerth des Ca(SH)2 während des 3 wöchentlichen Betriebes um rund 50
                              									Proc. gesunken ist.
                           In Anbetracht des fauligen Geruches dieser Arsenäscherlauge ist die behauptete
                              									conservirende Wirkung des Arseniks kaum für einen wesentlichen Factor des
                              									Arsenäschers zu halten; doch ist die Entscheidung dieser Frage erst von
                              									bakteriologischen Untersuchungen zu erwarten.
                           Der Vollständigkeit halber wurde auch der Bodensatz dieser Arsenäscherflüssigkeit
                              									untersucht und gefunden:Analytischer
                                    											Beleg:2,7723 gTrockensubstanzgaben0,3635 g Ag3AsO4=0,0590 g As0,0046 g CO20,0117 g BaSO40,0016 g S1,3120 g„„0,1443 g CaO0,2638 g Mg2P2O1=0,0951 g0,1840 g„„0,0442 g Asche.
                           
                              
                                 75,89
                                 Proc.
                                 organische Substanz
                                 
                              
                                 24,11
                                 „
                                 Asche
                                 
                              
                                 2,13
                                 „
                                 As
                                 
                              
                                 0,06
                                 „
                                 S
                                 
                              
                                 0,16
                                 „
                                 CO2
                                 
                              
                                 10,99
                                 „
                                 CaO
                                 
                              
                                 7,25
                                 „
                                 MgO.
                                 
                              
                           Es zeigt sich also auch hier, dass As vollauf vorhanden war, für den Fall, dass eine
                              									nachträgliche Lösung desselben durch organische Stoffe eingetreten wäre, und ferner
                              									aus dem minimalen S- und hohen As-Gehalt, dass die Umsetzung zwischen Kalk und
                              									Arsenik genau so verlaufen ist, wie bei den hier im Kleinen angestellten
                              									Aescherversuchen. Die bei diesen Versuchen erhaltenen Resultate sind demnach auch
                              									für die Praxis maassgebend.
                           Wie eingangs dieses Abschnittes erwähnt, wird für den sulfarsenigsauren Kalk eine
                              									enthaarende Wirkung auf die Häute angenommen, ohne dass dieselbe irgendwie
                              									experimentell erwiesen worden wäre.
                           Nach den vorstehenden Resultaten ist zwar die Wirkung der geringen Mengen eventuell
                              									in der Aescherlauge vorhandenen Caiciumsulfarsenits für den Haarungsprocess als
                              									belanglos anzusehen, trotzdem ist aber die Prüfung dieser Verbindung hinsichtlich
                              									enthaarender Wirkung von Interesse, da bei einem günstigen Resultat eine specielle
                              									Anwendung des Calciumsulfarsenits von Vortheil sein könnte.
                           Zu den vorzunehmenden Versuchen wurde eine Lösung von Calciumsulfarsenit durch
                              									Sättigen einer wässerigen Lösung von Ca(SH)2 mit
                              									reinem As2S3
                              									hergestellt, wobei die Componenten sich unter Entweichen von H2S zu dem Salze CaAs2S4 verbinden (Nilson, Journal für praktische Chemie, N. F. 14 S. 54). Die von ungelöstem
                              										As2S3
                              									abfiltrirte Flüssigkeit wurde zunächst analysirt. Aus 25 cc auf 100 cc verdünnt
                              									wurde durch verdünnte Schwefelsäure das As2S3 ausgefällt, dasselbe nach Verdrängen des
                              									entwickelten H2S aus der Flüssigkeit durch CO2 im Gooch-Tiegel abfiltrirt, getrocknet und
                              									mitsammt dem Tiegel zur Entfernung von beigemischtem Schwefel im Soxhlet'schen Apparat mit CS2 extrahirt, dann bei 90° getrocknet und gewogen.Nach Friedheim
                                    											und Michaelis (Zeitschrift für analytische
                                       												Chemie, XXXIV S. 529) enthält das so behandelte Trisulfid zwar noch
                                    											etwa 2,3 Proc. überschüssigen Schwefel; doch hier ist dieser kleine Fehler
                                    											ohne Bedeutung für das Resultat. Das Filtrat vom Trisulfid wurde
                              									zur Bestimmung des Ca in kleiner Platinschale zur Trockne gebracht, mit etwas
                              									Schwefelsäure durchfeuchtet, leicht zum Glühen erhitzt und nach dem Erkalten
                              									gewogen. So ergaben 25 cc:
                           
                              
                                 1) 0,2338 g As2S3 und  0,1308 g CaSO4
                                 
                              
                                 2) 0,2314 g As2S3 und 0,1814 g CaSO4.
                                 
                              
                           Aus dem Mittel dieser Daten berechnet sich das Molekularverhältniss As2S3: CaS = 1 : 1,02.
                              									Die Lösung enthielt also thatsächlich die Verbindung CaS . As2S3 = CaAs2S4, und zwar in 1 l
                              									12,08 g.
                           Andere Sulfarsenite des Calciums waren hier nicht mit in Betracht zu ziehen, denn die
                              									sauren, z.B. CaS . 4As2S3 und CaS . 9As2S3 (deren Existenz vom Entdecker NilsonNilson, Journal für praktische Chemie, N. F. 14
                                    											S. 54. noch als fraglich hingestellt wird), sind unlöslich in
                              									Wasser, während basische Verbindungen, wie 7CaS . As2S3 + 25H2O, in Lösung dissociirt die Wirkung des Ca(SH)2 zeigen müssen. Obige Lösung wurde in folgender Weise zur Wirkung auf
                              									behaarte Haut gebracht: Von einer frischen, gesunden, nicht haarlässigen, gut
                              									gereinigten Kuhhaut wurden je zwei 50 qc grosse Stücke in eine völlig mit der
                              									Calciumsulfarsenitlösung gefüllte, 250 cc fassende Glasbüchse gegeben und dieselbe
                              									mit eingeschliffenem Stöpsel geschlossen. Am 10. Mai wurden in der Art drei
                              									Glasbüchsen beschickt und blieben so bei Zimmertemperatur bis zum 4. Juni stehen. In
                              									keiner der drei Büchsen war binnen dieser zur Haarung reichlich bemessenen Zeit die
                              									Haut merklich verändert worden. Die Haare sassen ebenso fest wie in der frischen
                              									Haut; die Haut selbst war weder verfallen noch geschwellt; gleich weich und
                              									elastisch, unterschied sie sich von der frischen nur dadurch, dass sie von der
                              									Lösung durch und durch gelb gefärbt war, wie sich beim Zerschneiden der Stücke
                              									zeigte. Die gelbe Färbung Hess sich durch Wasser nicht merklich auswaschen,
                              									verschwand aber beim Liegen der Hautstücke an der Luft in Folge Zersetzung des
                              									aufgenommenen Calciumsulfarsenits; gleichzeitig lockerten sich auch die Haare.
                           
                           Diese letztere Erscheinung hat denselben Grund wie das bei drei anderen
                              									Versuchen in offenen Gefässen constatirte Lockern der Haare in der
                              									Calciumsulfarsenitlösung. Sobald diese Lösung längere Zeit mit der Luft in Berührung
                              									bleibt, scheidet sich ein gelber Niederschlag, ein saures Sulfarsenit (Nilson loc. cit.), aus und die Flüssigkeit enthält
                              									freies Ca(SH)2, welches nun die Haare lockert.
                           
                              Das sulfarsenigsaure Calcium selbst verhält sich jedoch nach
                                 										diesen Versuchen indifferent gegen Haut und Haar, wirkt nicht enthaarend und es
                                 										bleiben für die Wirkung des Arsenäschers bezieh. der Arsenschwöde nur die
                                 										Factoren Ca(SH)
                              2
                              und Ca(OH)
                              2
                              bestehen.