| Titel: | Maschinenelemente. | 
| Fundstelle: | Band 300, Jahrgang 1896, S. 177 | 
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                        Maschinenelemente.
                        (Vorhergehender Bericht 1894 292 * 107.)
                        Mit Abbildungen.
                        Maschinenelemente.
                        
                     
                        
                           I. Schraubensicherungen.
                           Die Schraubensicherungen dienen bekanntlich dazu, die Lösung der Schraubenmuttern zu
                              									verhüten. Seit der Entwickelung des Eisenbahnwesens ist die Anzahl der
                              									Schraubensicherungen bedeutend gewachsen, denn vor allem sind diese zur Sicherung
                              									der Schienenstösse von grosser Wichtigkeit, und sie haben wesentlich zur Sicherheit
                              									der Eisen bahn fahrt beigetragen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 300, S. 177
                              Fig. 1.Schraubensicherung von Downing.
                              
                           Die Schraubensicherung von Downing verbindet nach
                              									Drehung der Mutter um 60°, oder um das Vielfache davon, die Mutter fest mit dem
                              									Schraubenbolzen mittels einer darüber befestigten Kappe (Fig. 1).
                           Reuleaux schlägt eine Verbesserung der Downing'schen Schraubensicherung vor, dann bestehend,
                              									dass die erwähnte Kappe statt auf einen sechsseitigen, auf einen fünfseitigen
                              									Kernzapfen gesetzt wird; die Sicherung kann demzufolge nach Drehungen von 12° und
                              									allen Vielfachen hiervon benutzt werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 300, S. 177
                              Fig. 2.Schraubensicherung von Harf.
                              
                           Eine Schraubensicherung mit eingelegtem Splint (Fig.
                                 									2) ist Max Harf in Köln durch D. R. P. Nr. 76587
                              									vom 21. Januar 1894 patentirt worden. Die Mutter b des
                              									Bolzens a ist an ihrer unteren Seite ausgespart und der
                              									Schraubenbolzen a mit einem Schlitz a1 versehen, in den ein
                              									Bügel c geschoben wird, der sich gegen die Mutter b legt und durch eine im unteren aufgebohrten Ende des
                              									Schlitzes sitzende Schraube d gegen die Mutter b gedrückt wird, um ein Lösen der Mutter zu
                              									verhindern.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 300, S. 177
                              Schraubensicherung von Surplice und Faram.
                              
                           Die Schraubensicherung von A. A. Surplice and W. Faram
                              									in Melbourne hat eine aus mehreren Theilen bestehende, oder aber so weit
                              									eingeschnittene Mutter, das die einzelnen Theile noch in einem elastischen festen
                              									Zusammenhange stehen. Ueber die Mutter, die mit einem konischen Theile versehen ist,
                              									schiebt sich die Gegenmutter und presst die Schraubenmutter fest an das Gewinde
                              										(Fig. 3 bis 5). Dieselbe Construction
                              									wird auch doppelt verwendet, wie Fig. 5 zeigt, so dass der
                              									untere konische Theil der Mutter für sich angespannt werden kann. Offenbar wird dann
                              									die Anpressung der Muttern an das Gewinde gleichmässiger und kann jederzeit wirksam
                              									und mit Leichtigkeit nachgestellt werden. Die Wirksamkeit dieser Sicherung wird von
                              									vielen Seiten lobend anerkannt. (Englisches Patent Nr. 25328 von 1894.)
                           Von den Unterlegscheiben der Union Steel Washer Co. in
                              									Walbrook bei London geben Fig.
                                 										6 bis 8 eine
                              									Darstellung; bei
                              									der Form Fig. 6 wird
                              									eine Ecke der Scheibe nach oben, an die Mutter herangebogen; die andere Form (Fig. 7) zeigt eine Ecke
                              									nach unten gerichtet, so dass sie sich in die Holzunterlage sperrt; Fig. 8 zeigt die
                              									Anwendung des Systems auf eine Schienenstossverbindung. (Industries vom 13. März 1892.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 300, S. 178
                              Unterlegscheiben der Union Steel Washer Co.
                              
                           Eine andere Form von sperrendem Unterlegsringe derselben Gesellschaft zeigt Fig. 9, die Industries vom 25. November 1892 entnommen ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 300, S. 178
                              Unterlegscheibe von Koester.
                              
                           Eine Unterlegscheibe mit gewölbten Lappen ist E. J.
                                 										Koester in Harkorten (Westfalen) durch D. R. P. Nr. 56436 und Zusatz Nr.
                              									65535 patentirt; sie ist hauptsächlich für Eisenbahnoberbau bestimmt und besteht aus
                              									einem Stege, an welchen sich zugleich als Unterlegscheiben dienende Verbreiterungen
                              									anschliessen, die eine beliebige Anzahl von Lappen a
                              									tragen. Die Lappen liegen jedoch nicht flach auf, sondern sind so mit Einbiegungen
                              									versehen, dass die Scheibe nur in zwei Linien die Lasche berührt (Fig. 10 und 11).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 300, S. 178
                              Schraubensicherung der Patent Rivet Co.
                              
                           Schraubt man die Mutter b fest auf die
                              									Sicherungsscheibe, so wird diese herabgepresst, während gleichzeitig der Lappen a sich in die Lage a2 biegt. Um die Mutter zu sichern, wird der Lappen
                              										a durch einige leichte Hammerschläge in die mit a1 bezeichnete Lage
                              									gebracht. Die Anwendung eines besonderen Dornes, über welchen der Lappen geschlagen
                              									wird, ist bei dieser Sicherung nicht erforderlich. Die zugleich als Unterlegscheibe
                              									dienenden, die Lappen a tragenden Verbreiterungen des
                              									Steges können auch an den Steg angenietet werden. Durch die gewölbte Form der Lappen
                              									wird das lästige und das Blech leicht beschädigende Aufbiegen mit dem Meissel
                              									vermieden. Auch das Einknicken der Lappen tritt seltener ein.
                           Mit dem Namen „Cornwal-Schraubensicherung“ bezeichnet die Patent Rivet Co. in Smethwick bei Birmingham die in
                              										Fig. 12 und 13 dargestellte
                              									Schraubensicherung. Mutter und Gegenmutter werden zusammen in gewöhnlicher Weise auf
                              									das Gewinde geschraubt. Dann wird die Gegenmutter zurückgedreht. Es kommt
                              									alsdann die schiefe Unterfläche derselben zur Wirkung und verursacht die zur
                              									Sicherung erforderliche Pressung.
                           Ueber die Schraubensicherung der Firma Sohl und
                                 										Singelmann in Magdeburg, Kaiserstrasse Nr. 90 (D. R. P. Nr. 80458), liefert
                              									die Badische Gewerbezeitung nachstehende
                              									Beschreibung:
                           Um den über die Mutter hinausragenden Schraubenbolzen windet sich, an zwei
                              									Schraubengänge eng anschliessend, eine Spiralfeder aus Stahldraht, deren beide Enden
                              									abwärts gebogen sind; das eine, von der obersten Windung niederführend, steckt in
                              									einem Loch der Schraubenmutter und wird so unverrückbar festgehalten; das andere
                              									Ende legt sich in eine Auskerbung an der Seite der Mutter. Letztere kann ungehindert
                              									linksläufig gedreht, d.h. angezogen werden, da sich die Spiralfeder dabei um ein
                              									Weniges aufwickelt; bei entgegengesetzter Drehrichtung legt sich die Feder nur um so
                              									fester gegen den Bolzen an, die Mutter ist vollkommen festgehalten. Will man sie
                              									absichtlich lösen, so hat man nur das freie Ende der Spiralfeder gleichzeitig mit
                              									der Mutter nach rechts zu drehen, wodurch verhindert ist, dass sie sich gegen den
                              									Schraubenbolzen anpresst (Fig. 14).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 300, S. 178
                              Fig. 14.Schraubensicherung von Sohl u. Singelmann. 
                              
                           Einen grossen Vorzug der neuen Schraubensicherung bietet, neben ihrer
                              									Zuverlässigkeit, das leichte Anbringen; die Spiralfeder wird einfach wie eine
                              									Gegenmutter auf das freie Bolzenende aufgeschraubt, bis sie der Mutter gegenüber die
                              									richtige Lage einnimmt; dann wird die letztere mehr oder weniger stark angezogen,
                              									welcher Bewegung die Feder folgt. Namentlich bei Kopfschrauben für Handbewegung,
                              									welche häufig, wie bei Walzenlagern u. dgl., während des Betriebes verstellt werden
                              									müssen und doch fest stehen sollen, erweist sich die Vorrichtung als
                              									empfehlenswerth; im Uebrigen ist sie angebracht bei allen rotirenden und vibrirenden
                              									Theilen, wie an Pumpen, Göpelwerken, Dreschmaschinen, Bohrmaschinen, Locomobilen,
                              									Fuhrwerken.
                           American Machinist von 1895 beschreibt auf S. 491 eine
                              									Schraubensicherung der Vibration Proof Nut Co. in New
                              									York, 155 West 29th street (Fig. 15 bis 17). Die Spannung wird durch die keilförmige Einlage BC, die als Sperrklinke angesehen werden kann, bewirkt,
                              									die bei Drehung der Mutter in der Richtung des Pfeiles durch Reibung angepresst wird
                              									und zugleich den Theil A an die Mutter presst. Aus den
                              									Figuren ist ersichtlich; dass weder das Gewicht des Bolzens vermehrt wird, noch auch
                              									irgend welche Theile angebracht werden, die dem Andrehen der Mutter hinderlich
                              									sind.
                           Die Sperrklinke besteht aus einem Abschnitt des Schraubenbolzens, der in der
                              									Schraubenmutter liegt und ihr wohl gestattet, vorwärts zu gehen, nicht aber ohne
                              									besonderes Eingreifen rückwärts. Hierdurch wird erzielt, dass die Sicherung nach
                              									irgend welchen, noch so kleinen Drehungen sich von selbst sperrt, auch bei
                              									Erschütterungen sich niemals löst, höchstens fester anzieht.
                           Die Sicherung von Taylor in Salt Lake City (D. R. P. Nr.
                              									67807) wird durch einen in eine Keilnuth der Mutter eingesteckten Stift gebildet,
                              									der sich bei nicht beabsichtigter Drehung der Mutter in eine Verengung der Nuth
                              									einpresst, so dass die Drehung verhindert wird.
                           R. Eisen in Berlin legt in die Mutter einen federnden
                              									Sperrzahn, welcher sich gegen entsprechende Sperrzähne der Mutter stemmt (D. R. P.
                              									Nr. 74184). Das Lösen geschieht durch Zurückdrücken der Feder in die Nuth.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 300, S. 179
                              Schraubensicherung der Vibration Proof Nut Co.
                              
                           
                        
                           II. Schrauben.
                           An anderer Stelle haben wir schon mitgetheilt, dass der Verein deutscher Ingenieure
                              									bedauernswerther Weise seine Bemühungen um Herbeiführung eines einheitlichen
                              									Schraubensystems nach metrischem Maasse vorläufig eingestellt hat. Wir sind
                              									überzeugt, dass die bisherigen dankenswerthen Arbeiten nicht vergeblich gewesen
                              									sind, sondern dass sie demnächst wieder aufgenommen werden und Anerkennung finden.
                              									Es ist dies um so eher anzunehmen, als nicht etwa sachliche Gründe zu dem Beschlusse
                              									geführt haben, sondern dass nur Opportunitätsrücksichten maassgebend gewesen sind.
                              									Inzwischen haben sich die angesehensten technischen Journale Englands und Amerikas
                              									dahin ausgesprochen, dass die Einführung eines allgemein anerkannten metrischen
                              									Schraubensystems wünschenswerth und auf die Dauer unabweislich sei. So ist zu
                              									hoffen, dass die in erster Reihe formelle Schwierigkeit durch einen demnächst zu
                              									berufenden allgemeinen Congress beseitigt werde. Nach den bisherigen Vorarbeiten
                              									wird eine sachliche Einigung kaum noch auf Schwierigkeiten stossen. Es ist deshalb
                              									zu hoffen, dass die wünschenswerthe Einigung baldigst erfolge. Neuerungen auf dem
                              									Gebiete der Schrauben von Belang sind nicht zu melden, es handelt sich nur um
                              									constructive Ausbildung von Einzelheiten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 300, S. 179
                              Fig. 18.Holzschraube der Am. Screw Co.
                              
                           Es sei zunächst eine Holzschraube mit flachem Hilfsgewinde zwischen den scharfen
                              									Gewindegängen von The Am. Screw Co. in Providence (D.
                              									R. P. Nr. 54903) erwähnt (Fig. 18). Da bei der
                              									gewöhnlichen Construction der Schraube die Bodenfläche durch ihre Reibung nur wenig
                              									zum Halt beiträgt, so wird diese zur Vergrösserung des Haltes der Schraube im Holz
                              									oder Muttergewinde ausgenutzt, indem auf der Bodenfläche der Nuth zur Achse der
                              									Schraube geneigte Flächen geschaffen werden, welche einer Längsbeanspruchung
                              									der Schraube Widerstand entgegensetzen. Solche Flächen können als Hilfsgewinde
                              									ausgebildet werden, zur Unterstützung des gröberen bezieh. schwarfen Gewindes,
                              									welches tiefer in das Holz oder in das Muttergewinde eindringt. Nach Fig. 18 ist ein flaches rechteckiges Gewinde b auf dem Boden der Nuth zwischen den Gängen a des Hauptgewindes angebracht. Die niedrigen
                              									vorspringenden Flächen vermehren wesentlich den Widerstand der Schraube gegen
                              									Längenbeanspruchung.
                           Bemerkenswerth ist die Holzschraube von E. Parr in
                              									Isleworth (D. R. P. Nr. 65519) dadurch, dass sie mit einer die Schraubengänge
                              									schraubenförmig durchschneidenden Nuth versehen ist, deren Kanten beim Eindrehen der
                              									Holzschraube gleichzeitig das Bohrloch für dieselbe anschneiden und die Späne
                              									auswerfen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 300, S. 179
                              Schraube von Daymard.
                              
                           Eine Schraube, welche zur Abstützung von Holztheilen gegen eine Metaliwand dient, ist
                              									von Daymard angegeben und wird von H. Chapman in Westminster, 69 Victoria-street,
                              									angefertigt. Wie Fig.
                                 										19 zeigt, ist zunächst der Schraubenbolzen in der Metallwand festgenietet,
                              									wozu die in Fig. 21
                              									gezeichnete Vorrichtung zum Nieten dient. Die Holzwand wird durch eine Schraube nach
                              										Fig. 20 gehalten
                              									und angespannt. Der offen bleibende Theil der Holzwand wird durch ein Füllstück
                              									abgeschlossen.
                           Steinschrauben, welche mit vierkantigem, widerhakigem Kloben versehen und mit
                              									Schwefel oder Cement vergossen werden, kommen in der Herstellung ziemlich theuer,
                              									weshalb nach einer englischen Construction der glatte Bolzen mit einem gusseisernen
                              									Kloben umgössen wird, welcher auf seinen Seitenflächen gerauht oder mit Haken
                              									versehen ist. Auf diese Weise können gewöhnliche, fabrikationsmässig hergestellte
                              									Schraubenenden verwendet und ein Theil der theuren Schmiedearbeit erspart werden.
                              										R. Lüders glaubt auf diese Construction besonders
                              									aufmerksam machen zu müssen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 300, S. 179
                              Fig. 22.Schraubenschlüssel von Smyth.
                              
                           Einen neuen, von dem Werkmeister Caleb Smyth angegebenen
                              									Schraubenschlüssel führte nach der Papierzeitung
                              									Regierungsbaumeister Hartmann zu Berlin dem Verein
                              									deutscher Maschineningenieure vor. Wie aus Fig. 22
                              									ersichtlich ist, ist das „Maul“ des Schlüssels nicht symmetrisch ausgebildet,
                              									sondern an seiner oberen Seite durch einen Kreisbogen r
                              									abgeschlossen, während die untere Seite durch eine gerade Linie ab und eine an dieselbe sich anschliessende Curve bc gebildet wird.
                           Die Vortheile, welche diese neue Form des Schlüssels bietet, sind folgende: Bei dem
                              									alten Schlüssel mit symmetrischer Oeffnung muss man beim Anziehen von Muttern nach
                              									einer Drehung um einen beliebigen Winkel den Schlüssel von der Mutter abziehen und dann wieder in
                              									eine für das Anziehen günstige Lage bringen. Diese Hantirung ist namentlich bei
                              									schwer zugänglichen Muttern umständlich, da man oft hin und her suchen muss, bis der
                              									Schraubenschlüssel das Sechseck wiederum richtig erfasst hat. Bei dem vorliegenden
                              									Schlüssel erfolgt das Anziehen der Mutter in der Weise, dass man dieselbe wie
                              									gewöhnlich in der Richtung des Zeigers der Uhr dreht, soweit als es angeht. Will man
                              									dann den Schlüssel auf zwei andere Seiten des Muttersechseckes aufsetzen, so dreht
                              									man denselben zurück. Die Construction des Maules macht es dabei überflüssig, den
                              									Schlüssel von der Mutter abzuziehen und den Anschluss an zwei anderen Seiten
                              									derselben zu suchen.
                           Diese praktische Neuerung verdient, als die Arbeit des Anziehens und Lösens
                              									vereinfachend, Beachtung.