| Titel: | Neuerungen in der Papierfabrikation. | 
| Autor: | Alfred Haussner | 
| Fundstelle: | Band 301, Jahrgang 1896, S. 217 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Neuerungen in der
                           								Papierfabrikation.
                        Von Prof. Alfred
                                 									Haussner, Brünn.
                        (Schluss des Berichtes S. 193 d. Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen in der Papierfabrikation.
                        
                     
                        
                           
                              e) Löschpapier.
                              Neuester Zeit sind Löschpapiere mit viel Füllstoff fabricirt worden, welche sich,
                                 										was „Saugen“ anbelangt, als nicht so schlecht herausgestellt haben. Für
                                 										solche Zwecke, wo keine besonderen Anforderungen an das Papier gestellt werden,
                                 										also für billige Löschpapiere, mögen sie ja immerhin genügen und kann auch für
                                 										solche Fälle die bedeutende Menge von Füllstoff nicht gerade missbilligt werden.
                                 										Selbstverständlich ist, dass für wirklich gute Löschpapiere gestrebt werden
                                 										muss, diese durch geeignete Vorbereitung des Fasernmaterials und so poröse
                                 										Vereinigung desselben, dass viele Capillarröhrchen entstehen, zu bilden. Auch
                                 										die Benetzbarkeit, die wasseranziehende Eigenschaft der Rohfaser, spielt dabei
                                 										natürlich eine grosse Rolle.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 301, S. 217
                                 Jäger's Löschpapier.
                                 
                              Eigenthümlich ist das Verfahren von G. L. Jäger in
                                 										Maywood nach D. R. P. Nr. 71941 für die Herstellung von Löschpapier. Es geht
                                 										darauf hinaus, aus gewöhnlichem, aber vorzugsweise ungeleimtem Papier
                                 										Löschpapier dadurch zu erzeugen, dass die Zwischenräume zwischen den einzelnen
                                 										Fasern gewaltsam erweitert werden, wodurch natürlich die Capillarität erhöht
                                 										wird. Dies soll so geschehen, dass das Papier von Stempeln gepresst wird, in
                                 										welche durch Fräsen oder in anderer geeigneter Weise sich kreuzende Erhöhungen
                                 										und Vertiefungen eingearbeitet sind, wie aus Fig. 62 bis 65 ersehen werden
                                 										kann. Solche Stempel arbeiten mit entsprechend geformten Matrizen so zusammen,
                                 										dass Erhöhungen des Stempels in der Matrize Vertiefungen finden und umgekehrt.
                                 										Es können mehrere Paare von Stempeln und Matrizen hinter einander gebraucht
                                 										werden, bei welchen die Grösse der Unebenheiten nach und nach zu- bezieh.
                                 										abnimmt. Bequem, insbesondere für die Verarbeitung von Rollenpapier, ist es,
                                 										wenn statt Stempel und Matrize zusammen arbeitende Walzen benutzt werden.
                              
                           
                              f) Gepresste Gegenstände aus
                                    											Papierstoff.
                              An dem Princip der Ausführung, wie sie schon 1894 294
                                 										78 geschildert worden ist, hat sich nichts geändert. Es werden nach wie vor die
                                 										Gegenstände entweder aus dem im Wasser vertheilten Papierstoff oder aus
                                 										Pappe verfertigt. Einzelheiten für die Pressen, welche dabei verwendet werden,
                                 										sind verschiedenartig durchgebildet worden. So finden wir im D. R. P. Nr. 73818
                                 										von Eduard Aufricht von Franz Rucker in Wien eine Presse für die Herstellung von Gegenständen
                                 										aus Papierbrei vorgeschlagen, bei welcher Presse die Matrize aus zwei Theilen
                                 										gebildet ist, welche zangenartig zusammenhängen und sich demgemäss bewegen
                                 										lassen, die Matrize also sich wie das Maul einer Zange öffnen und schliessen
                                 										lässt. – Thorwald Ström in Christiana will nach D.
                                 										R. P. Nr. 78558 bei dem Pressen von Papierbrei die Form so oftmal theilen, als
                                 										es wegen der Gestalt des herzustellenden Gegenstandes geboten ist. Jeder solche
                                 										Theil der Form sitzt an einem Presstempel und werden alle diese gleichzeitig
                                 										gegen die Papiermasse vorgeschoben, um den gewünschten Gegenstand zu gewinnen.
                                 											Ström vermeidet dabei absichtlich eine
                                 										nachgiebige Hülle zwischen Stempel und Papierstoff, um entgegen den Resultaten,
                                 										welche nach den in den vor an geführten Berichten beschriebenen Verfahren
                                 										erzielt werden, ganz glatte Aussenwände zu bekommen. Doch scheint mir das Ström'sche Verfahren, so weit es bekannt ist, nicht
                                 										ganz unbedenklich für die Güte der nach diesem gepressten Gegenstände, weil der
                                 										breiige Papierstoff gerade dann, wenn das elastische zusammenhängende
                                 										Zwischenmittel vermieden wird, in die Räume zwischen den einzelnen Stempeln um
                                 										so leichter dringt und dadurch nicht etwa bloss Gelegenheit dazu gibt, dass sich
                                 										mehr oder weniger bemerkbare Grate bilden, die schliesslich doch auch
                                 										abgearbeitet werden müssen, sondern es kann sogar geschehen, dass die Formtheile
                                 										überhaupt nicht gut an einander schliessen, wodurch es sehr fraglich wird, ob
                                 										die beabsichtigte Gestalt und vor allem, ob eine hinreichende Dichte derselben
                                 										erzielt wird.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 301, S. 217
                                 Fig. 66.Peters' Röhren aus Papierstoff.
                                 
                              Das Verfahren von James Peters in Latrobe nach
                                 										amerikanischem Patent Nr. 539777 will Röhren aus Papierstoff herstellen. Fig. 66 stellt eine gewöhnliche
                                 										Cylindersiebmaschine dar mit Kasten 2, Siebwalze
                                 											3, Abnehmwalze 4,
                                 										Filz 5, durch welchen die abgenommenen
                                 										Papierschichten für gewöhnlich gegen die Presse 7
                                 										u.s.w. geleitet würden. Sollen aber Röhren gemacht werden, so wird die Bahn um
                                 										Walze 12 gewickelt, welche den Kern für das zu gewinnende Rohr
                                 										abgibt. Dabei stützt die im Ständer 9 festgelagerte
                                 										Walze 14. Walze 12 ist
                                 										dagegen ebenso wie die Druck walze 11 nur in den
                                 										Schlitz 10 eingelegt, weil sich diese beiden Walzen
                                 										in dem Maasse heben müssen, wie der Durchmesser der Walze 12 wegen der Bewickelung mit Papierstoff wächst.
                                 										Ist diese stark genug geworden, so hebt man Walze 12 heraus und legt dafür eine andere Kernwalze ein. Das Rohr kann noch
                                 										auf seiner Kernspindel getrocknet werden, allenfalls kann schon während der
                                 										Aufwickelung des Papierstoffes mit der Trocknung begonnen werden dadurch, dass
                                 										die Walze 12 hohl gemacht und in die Höhlung
                                 										ähnlich wie bei Trockencylindern Heizdampf eingelassen wird. Aehnlich
                                 										hergestellte Röhren werden in England, nachdem sie mit einer Metallschutzhülle
                                 										versehen worden sind, nach vorliegenden Nachrichten als Gasleitungsröhren
                                 										verwendet.
                              
                           
                        
                           Papierprüfung.
                           Erfreulich ist es, dass die Bestrebungen, welche auf eine sachgemässe Prüfung der
                              									Papiere abzielen, immer mehr Anhänger gewinnen, auch in maassgebenden Kreisen. So
                              									wurde neuerlich der Papierprüfungsanstalt am bayerischen Gewerbemuseum in Nürnberg
                              									die Befugniss zuerkannt, Papierprüfungen mit der Wirkung amtlicher Anerkennung
                              									durchzuführen. In Frankreich konnte sich die Regierung wohl nicht entschliessen,
                              									selbst eine Papierprüfungsanstalt nach preussischem Muster einzurichten, aber die
                              									Handelskammer in Paris hat sich doch zu diesem Schritte entschlossen.
                           Was die Bestimmung der Faser und deren Menge in einem bestimmten Papiere betrifft, so
                              									liegt augenblicklich darüber nicht viel Bemerkenswertes vor. Für Holzschliff,
                              									allgemeiner gesagt für verholzte Zellen, gibt Ferdinand
                                 										Wolesky in der Papierzeitung, 1894 S. 1605,
                              									eine alkoholische schwefelsäurehaltige Lösung des Diphenylamins an. Dasselbe gibt
                              									selbst bei gefärbten holzschliffhaltigen Papieren eine bemerkliche Orangefärbung,
                              									natürlich schwächer oder stärker, je nach dem Gehalt an verholzten Fasern.
                           Bekannt ist die Wichtigkeit des Gehaltes an Wasser in
                              									Papierrohstoffen, sowie in fertigem Papier. Recht deutlich wird die Thatsache, dass
                              									erhöhter Feuchtigkeitsgehalt die Festigkeit des Papieres vermindert, durch eine
                              									Formel illustrirt, welche von Dr. R. v. Lenz gegeben
                              									worden ist, deren Resultate allerdings nicht vollständig unbeanstandet geblieben
                              									sind. Es sei aber auch nicht verschwiegen, dass dann, wenn keine absolute
                              									Genauigkeit gefordert wird, welche hier wohl ohnehin kaum zu erreichen ist, die Lenz'sche Formel genügende Anhaltspunkte bietet. Die
                              									Formel lautet: L_0=L+\frac{1}{4}\,h. Darin bedeutet L0 die Reisslänge für
                              									vollständig trockenes Papier, L die für das untersuchte
                              									Papier mit h Procent Feuchtigkeit.
                           Papier leidet auch unter hohen Temperaturen. Auch in dieser Richtung hat Dr. R. v. Lenz für eine bereits bekannte Thatsache
                              									sorgfältige Untersuchungen durchgeführt. Er fand, dass selbst eine lang andauernde
                              									Erwärmung bis 100° keinen merklichen Einfluss auf die Eigenschaften des Papieres
                              									ausübe. Dagegen gehen schon bei 110° im Papiere merkliche Aenderungen vor sich; es
                              									nimmt nämlich Festigkeit und Dehnung ab. Je länger die erhöhte Temperatur einwirkt,
                              									desto merklicher werden die Eigenschaften ungünstig verändert. Die
                              									Nutzanwendung für das Trocknen von Papieren liegt auf der Hand.
                           Fast allgemein zugegeben wird es, dass der Widerstand gegen
                                 										Zerknittern einen sehr guten Maasstab für die Haltbarkeit des Papieres beim
                              									Gebrauche gibt. Aber gegen die Art der Versuchsausführung macht sich mancher
                              									Widerspruch geltend, weil, so wie die Prüfung heute geschieht, das persönliche
                              									Gefühl des Prüfenden bei den Versuchen eine zu grosse Rolle spielt. Der
                              									Berichterstatter war es, welcher, in Uebereinstimmung mit seinen eigenen Ansichten
                              									in dieser Frage, am Züricher Festigkeitscongresse auf diese Bedenken zurückkam und
                              									empfahl, so schwer auch die Lösung der Aufgabe sein möge, die bisherige Methode der
                              									Versuchsausführung für das Zerknittern durch eine einwandsfreie zu ersetzen. Leider
                              									ist bis heute noch keine Methode bekannt, welche sich für den erwähnten Zweck
                              									allgemeiner Zustimmung erfreuen würde. Der Zusammenhang zwischen der durch die
                              									Reisslänge und die Dehnung bestimmten Festigkeitseigenschaften des Papieres
                              									einerseits und dem Knitterwiderstande andererseits scheint sehr verwickelter Natur
                              									zu sein. In den Mittheilungen der mechanisch-technischen
                                 										Versuchsanstalt Charlottenburg sind im Jahrgang 1895 einige auffallende
                              									Thatsachen mitgetheilt. Papiere, welche eine ganz annehmbare Reisslänge und Dehnung
                              									besassen, haben trotzdem dem Knittern sehr schlecht widerstanden.
                           Von G. Bauer von der Papierprüfungsanstalt in Bern ist
                              									vorgeschlagen worden, dadurch eine gewisse Regelmässigkeit in das Knittern zu
                              									bringen, dass man das zu untersuchende Papier durch ein Gaufrirwerk gehen lässt. Ein
                              									anderer Vorschlag (vgl. Papierzeitung, 1895 S. 2157)
                              									empfiehlt, Papierstreifen über den scharfkantigen Rücken eines Stahlmessers unter
                              									stumpfem Winkel hin und her zu ziehen. Der vollkommenste Vorschlag vielleicht,
                              									welcher allerdings die jetzt übliche Verfahrungsweise beim Knittern auch noch nicht
                              									vollständig nachahmt, aber durch die Bestimmtheit der Arbeitsweise manches für sich
                              									hat, ist jener von J. Serog. Den von ihm empfohlenen
                              									Widerstandsmesser für Papier, welcher bereits patentirt worden ist, finden wir in
                              										Fig. 67 und 68 skizzirt (vgl. Papierzeitung, 1894 S. 1160). Wir sehen einen
                              									Einspannstock, gebildet von den beiden Backen A und B, von denen A gegen B geschoben werden kann, während B, in Führungen beweglich, nach der Richtung der Pfeile
                              										1, 2 mit Hilfe der Kurbel G hin und her geschoben werden kann. Von dem zu prüfenden Papiere wird ein
                              									rechteckiges Stück von 7 × 10 cm Grösse mit den Längsseiten bei r so zwischen die beiden geriffelten Maulflächen von
                              										A und B eingespannt,
                              									dass ein 5 cm breiter Papierstreifen frei bleibt. Nun wird A gegen B geschoben, bis A nur noch wenige Millimeter, verschieden nach der
                              									Stärke des Papieres, entfernt ist. Ein Maasstab O
                              									ermöglicht, bequem den Abstand zwischen A und B einzustellen. Um bei wiederholten Prüfungen von
                              									Papieren gleicher Stärke nicht jedesmal neu einstellen zu müssen, können die
                              									Anschläge cc1 so
                              									gestellt werden, dass die Stifte b zu rechter Zeit sich
                              									an cc1 legen. Ist der
                              									Apparat im Gange, so wird der Backen B von der Kurbel
                              										C je 4,5 cm hin und her bewegt, also um 0,5 cm
                              									weniger als die freie Länge des eingespannten Papierstreifens, wodurch derselbe
                              									gerieben wird, allerdings doch nicht ganz so, wie es bei den Knitterversuchen
                              									zwischen den Handballen geschieht. Um nun auch die Zahl der Reibungen und die Kraft, mit
                              									welcher gerieben wird, dem jeweiligen Bedarfe anzupassen, finden wir folgende, ganz
                              									nett durchdachte Einrichtung. Das Gewicht G sitzt auf
                              									einem in lothrechten Führungen beweglichen Schieber mit einem an einer Scala
                              									laufenden Zeiger. Mit dem Schieber ist die Zahnstange d
                              									fest verbunden, welche in das Zahnrädchen e auf der
                              									Welle g eingreift, von welcher aus mit der aus der
                              									Figur ersichtlichen, bedeutenden Uebersetzung ins Schnelle die Achse für die Kurbel
                              										C angetrieben wird. Eine Klemmschraube h gestattet, Zahnstange und Schieber in jeder
                              									beliebigen Höhenstellung festzuhalten. Der geschilderten Einrichtung gemäss
                              									entspricht einer bestimmten Fallhöhe G eine bestimmte
                              									Anzahl Umdrehungen der Kurbel C und damit auch ein
                              									bestimmter Grad der Reibung für das zwischen den Backen A und B befindliche Papier.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 301, S. 219
                              Serog's Papierprüfung.
                              
                           Ein ganz bestimmter Fallweg des Schiebers sammt Anhang kann aber dadurch erzielt
                              									werden, dass man den Stift i in irgend eines der Löcher
                              										0 bis 6 einsteckt und
                              									dadurch den Fall von G begrenzt. Schade, dass auf keine
                              									Vorkehrung gedacht ist, um den Rückschlag zu verhindern. Reibt man nun das Papier
                              									solcherart in einem ganz bestimmten Grade dadurch, dass man den Stift i in eine bestimmte Oeffnung einführt und das Gewicht
                              									fallen lässt, so wird das Papier unter dieser Behandlung entweder Löcher
                              									bekommen oder nicht. Ist ersteres der Fall, so setzt man den Stift so lange höher,
                              									bis ein Papier derselben Art durch das Reiben in der Maschine nicht mehr
                              									durchgerieben wird. Ist dagegen bei der ersten Behandlung das Papier noch nicht
                              									durchlöchert worden, so erhöht man die Wirkung des Gewichtes G durch Tiefersetzen von i so lange, bis der
                              									Versuchsstreifen Löcher erhält. Dadurch ist man offenbar thatsächlich in der Lage,
                              									eine gewisse Zahl anzugeben (die Zahl der Kurbelumdrehungen oder die Fallhöhe von
                              										G), welche im Zusammenhang mit dem Widerstände des
                              									Papieres gegen die geschilderte Behandlungsweise steht. Ob aber diese Art der
                              									Prüfung für das Knittern durchdringen werde, scheint allerdings vorläufig noch
                              									fraglich, weil wir das Papier nach dem Serog'schen
                              									Vorschlage doch wesentlich anders als bei der jetzigen Knitterprüfung behandeln.
                           Die Prüfung auf Leimfestigkeit bietet auch noch eine
                              									Reihe von zweifelhaften Punkten dar, welche der Aufhellung noch harren. Es zeigte
                              									sich eben, dass verschiedene Methoden manchmal wesentlich verschiedene Resultate
                              									liefern. So zeigte sich, dass ein Papier beim gewöhnlichen Beschreiben mit Tinte
                              									sich als nicht leimfest erwies, während die Methode nach Schluttig-Neumann (vgl. 1892 286 156)
                              									ausserordentliche Leimfestigkeit ergab, ein Fall, dessen Aufklärung nicht gelungen
                              									ist.
                           Der Umstand, dass harzgeleimte Papiere mit der Zeit in ihrer Leimfestigkeit und auch
                              									in ihren sonstigen Eigenschaften zurückgehen, ist letzter Zeit Gegenstand
                              									eingehender Untersuchungen gewesen.
                           So veröffentlichten Ferdinand Wolesky und Ernst Haase in der Papierzeitung, 1895 S. 3026 ff., das Resultat einiger Versuchsreihen,
                              									welche das Zurückgehen der Leimfestigkeit auf der von der Sonne beschienenen Seite
                              									eines Papieres feststellen. Es wird daraus geschlossen, dass die Leimung nicht
                              									lediglich durch freies Harz bewirkt wird, sondern dass das freie Harz eine
                              									Verbindung mit der Faser eingeht, welche auf einer molekularen Anziehung beruht,
                              									also physikalischer Natur ist. Durch die Wirkung der Sonnenstrahlen wird die Bindung
                              									zwischen Fasern und Harz gelöst, das Papier verliert die Leimfestigkeit und wird
                              									saugend.
                           Das Zurückgehen der anderen Eigenschaften, insbesondere der Dehnung, wird in einem
                              									anderen Artikel der Papierzeitung, 1895 S. 2834,
                              									Oxydationserscheinungen unter der Einwirkung des Sonnenlichtes zugeschrieben. Das
                              									Harz soll dabei veranlassen, dass sich Ozon bilde, der allerdings ein kräftig
                              									oxydirendes Mittel ist.
                           Die Frage der Haltbarkeit von Papieren, welche mit Zusatz von
                                 										Zellstoff hergestellt worden sind, ist noch keineswegs vollständig sicher
                              									entschieden. Doch scheinen sehr gewissenhafte Proben, welche in der Versuchsanstalt
                              									in Charlottenburg ausgeführt worden sind, die Dunkelheit etwas aufklären zu können.
                              									Es zeigte sich nämlich, dass weisse Schreibpapiere, welche gut gebleichten
                              									Sulfitstoff enthielten, nach 7 jährigem Lagern nicht merklich in ihren Eigenschaften
                              									zurückgegangen waren, während Packpapiere mit ungebleichtem Sulfitstoff ihre
                              									Eigenschaften nach 7 jährigem Lagern verschlechtert hatten. Deshalb dürfte der
                              									Schluss vielleicht nicht zu kühn sein, dass Zellstoffpapiere, mit solchem Zellstoff
                              									fabricirt, welcher nach einem vollkommenen Verfahren von den sogen. incrustirenden
                              										Substanzen
                              									gründlich befreit worden ist, dieselbe Dauerhaftigkeit voraussetzen lassen, welche
                              									anderen guten Papieren eigen ist, ein Schluss, der in Uebereinstimmung ist mit der
                              									Ansicht, welche vom Berichterstatter bereits in früheren Berichten ausgesprochen
                              									worden ist.
                           
                        
                           Papierfabriksanlagen.
                           Eine Sulfitstoffabrik, welche von H. Wildhagen in Ashland in Wisconsin nach Mitscherlich's System gebaut worden ist, finden wir in
                              									der Papierzeitung, 1894 S. 2223, skizzirt. Die Fabrik
                              									ist unmittelbar über dem Wasser errichtet, vermuthlich um den billigen
                              									Wassertransport ganz bis zu der Fabrik benutzen zu können. Das rohe Holz wird vom
                              									Ufer 1 (Fig. 69) auf dem
                              									Gleise 2 oder unmittelbar aus den Schiffen mittels der
                              									Transportkette 3 in den Putzraum 4 gebracht. In diesem wird das Holz gesägt, geschält,
                              									gespalten und in kleine Stücke gehackt. Die hierfür nöthigen Maschinen befinden sich
                              									im zweiten Stock. Das zerkleinerte Holz fällt in den ersten Stock, wo es sortirt
                              									wird, während die im zweiten Stock erzielten Späne in das nebenstehende Kesselhaus
                              									zum Heizen der Kessel 13 geblasen werden. Vom
                              									Sortirraume wird das Holz mittels Transportkette in den vierten Stock des
                              									Kochergebäudes mit den beiden Kochern 5 und
                              									Ausblasebottichen 6 befördert. Nachdem der Stoff,
                              									welcher fertig gekocht worden ist, die zu seiner Reinigung nothwendigen Räume
                              									passirt hat, läuft er in einer Bütte zusammen, von wo aus ihn eine Pumpe auf die im
                              									zweiten Stock stehenden Nassmaschinen 7 schafft, und
                              									kann der fertige Stoff auf dem wagerecht liegenden Gleise 8 zu den auf den Schienen 17 befindlichen
                              									Eisenbahnlastwagen gefahren werden. Die schweflige Säure wird in den beiden Oefen
                              										9 erzeugt und in den Thürmen 10 zu Lauge verarbeitet. Wasser befindet sich in
                              									Bottich 11; Lauge aus den Thürmen 10 wird im Gefässe 12
                              									aufbewahrt. Der Schornstein 14 ist nicht bloss für die
                              									Kesselfeuerung vorhanden, sondern veranlasst auch den Zug in den Laugenthürmen 10, Kleinere Reparaturen können in der Werkstätte 15 gemacht werden; die Maschinen befinden sich im Raum
                              										16, die Geschäftsstube liegt bei 19.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 301, S. 220
                              Fig. 69.Sulfitstoffabrik von Wildhagen.
                              
                           Wie anderwärts, so machen sich auch in Papierfabriken Bestrebungen geltend,
                              									verwickeltere Transmissionsanlagen mittels Riemen, Seilen, Rädern u. dgl. zu
                              									vermeiden und dafür elektrischen Antrieb zu benutzen. Ein Beispiel hierfür ist
                              									die neue Papierfabrik der Gebrüder Dietrich in
                              									Weissenfels a. S., bei welcher ursprünglich zum Theil Seiltrieb angewendet war, der
                              									aber nicht befriedigt hat, so dass ein Project der Elektricitäts-Actiengesellschaft vorm. Schuckert und Comp., Filiale in
                              									Leipzig, ausgeführt worden ist. Die Krafttransmission wurde mit der
                              									Beleuchtungsanlage vereinigt und befriedigt die Ausführung derzeit vollkommen. In
                              										Fig. 70 sehen wir eine Skizze dieser
                              									Papierfabrik, deren Einrichtung im Allgemeinen aus der Beschreibung wohl deutlich zu
                              									erkennen sein dürfte. Durch strichpunktirte Linien ist der alte Seiltrieb
                              									angedeutet. Noch nähere Angaben sind in der Quelle: Praktischer Maschinenconstructeur, 1895 S. 91 ff., zu ersehen, wo sich
                              									auch Angaben über die Stärken, Grössen u. dgl. der verwendeten Maschinen finden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 301, S. 220
                              Fig. 70.Papierfabrik der Gebrüder Dietrich.
                              Bezeichnungen; • Glühlampe von 16
                                 										N.-K; * Bogenlampe für 8 Amp.; ■ Dynamo bezieh. Elektromotor; a Stoffänger; b
                                 										Holzschleiferei; c Holländerraum; d Pumpenraum; e Betriebsmaschine; f
                                 										Kesselhaus; g Papiermaschinenraum; h Papiersaal I; i Papierssal II; k Comptoir;
                                 										l Kalander; m Transmission ausser Betrieb; n Transmission im Betrieb; o und p
                                 										Drahtseiltrieb ausser Betrieb.