| Titel: | Verwendung der Elektricität auf Schiffen. | 
| Fundstelle: | Band 301, Jahrgang 1896, S. 282 | 
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                        Verwendung der Elektricität auf
                           								Schiffen.
                        Verwendung der Elektricität auf Schiffen.
                        
                     
                        
                           In der Sitzung der „Institution of Naval-Architects“ zu Berlin am 13. Juni
                              									1896 hielt der kaiserl. Marinemaschinenbauinspector Eickenrodt einen Vortrag, aus dem wir nach Glaser's Annetten Nachstehendes auszüglich
                              									wiedergeben.
                           Abgesehen von einzelnen Fällen untergeordneter Bedeutung hat die Elektricität erst in
                              									letzter Zeit eine umfangreichere Verwendung an Bord von Schiffen gefunden.
                           Vom Standpunkt des Schiffsbautechnikers aus handelt es sich um die Frage, ob der
                              									Elektricität besondere Vorzüge gegenüber der bisher allgemein zur Verwendung
                              									gelangenden Dampf kraft zugestanden werden kann. Diese Frage muss für viele Fälle
                              									unbedingt mit „ja“ beantwortet werden, schon aus dem Grunde, weil eine
                              									Dampfleitung eine lästige Erwärmung der Räume hervorbringt und leicht Havarien
                              									veranlasst. Die Undichtigkeit eines einzigen Flansches kann den Aufenthalt selbst in
                              									grösseren Räumen schon zu einer Unzuträglichkeit gestalten. Diese Uebelstände werden
                              									vermieden, wenn die Kraftübertragung nach den verschiedenen Gebrauchsstellen durch
                              									einen Draht erfolgt, der bei richtiger Dimensionirung und Isolirung keine Wirkung
                              									nach aussen hat.
                           Während eine Dampfmaschine an jedem Ort im Schiffe unangenehm ist, ist der
                              									elektrische Motor sehr einfach zu bedienen und ist reinlicher als eine
                              									Dampfmaschine.
                           Der Vortragende entwarf alsdann die Beleuchtungs-, Ventilations- und Heizungsanlagen,
                              									die Schiffswinden, die Munitionsaufzüge, die Geschützschwenkwerke und die
                              									Steuerapparate einer besonderen Betrachtung.
                           
                        
                           a) Beleuchtungsanlagen.
                           Die Vortheile der elektrischen Beleuchtung sind heute für Schiffe so allgemein
                              									anerkannt, dass selbst auf kleinen Frachtdampfern mit einer geringen Anzahl von
                              									Lampen eine kleine Dynamomaschine für Beleuchtungszwecke installirt wird. Das
                              									zuverlässige Functioniren der elektrischen Beleuchtung ist bei den heute in Gebrauch
                              									befindlichen Dynamomaschinen vollständig gesichert, und ist jegliche Feuersgefahr
                              									ausgeschlossen, wenn die Anlage sachgemäss ausgeführt ist. Die elektrischen
                              									Beleuchtungsanlagen zählen zu den sanitären Schiffseinrichtungen, und werden wir bei
                              									der Erwähnung derselben zu der Frage gedrängt, ob in dieser Beziehung noch weitere
                              									Verbesserungen durch die Anwendung der Elektricität erzielt werden können. In
                              									Beantwortung dieser Frage kommen gleichfalls die Ventilations- und Heizanlagen in
                              									Betracht.
                           
                        
                           b) Ventilationsanlagen.
                           Eine gute Schiffs Ventilation sowohl für die Wohnräume als für die Laderäume ist
                              									allgemein als eine Nothwendigkeit anerkannt. Jedem Schiffsbautechniker sind aber die
                              									Schwierigkeiten bekannt, welche die Ausführung einer derartigen Anlage bei
                              									natürlicher Ventilation bietet, und ist daher die künstliche Ventilation an Bord
                              									bereits allgemein zur Einführung gelangt. Eine Centralanlage mit Kanälen, welche
                              									sich in alle Abtheilungen des Schiffes erstreckt, erscheint am vortheilhaftesten,
                              									jedoch ist die Ausführung einer solchen, mit Rücksicht auf die Bordverhältnisse und
                              									auf die Bedingungen, welche bei einer guten Anlage erfüllt sein müssen, doch mit
                              									ungemeinen Schwierigkeiten verknüpft, besonders unter Wahrung des Zwecks der
                              									wasserdichten Schotte, welche ein Durchbrechen derselben durch Luftkanäle
                              									ausschliessen. Aus diesem Grunde ist der Schiffsbautechniker gezwungen, die ganze
                              									Ventilationsanlage unter Berücksichtigung der Eintheilung des Schiffes durch
                              									wasserdichte Schotte in mehrere von einander unabhängige Abtheilungen zu zerlegen.
                              									Für den Antrieb dieser Ventilatoren eignet sich der Elektromotor ausgezeichnet. Die
                              									hierbei in Frage kommenden Motoren sind von sehr einfacher Construction und laufen
                              									dauernd ohne jede Aufsicht.
                           Wenn hierbei nicht viele Ventilatoren von grösseren Dimensionen zu betreiben sind, so
                              									kann von der Verlegung eines besonderen Stromkreises Abstand genommen und können die
                              									Ventilatoren an das Leitungsnetz der Beleuchtungsanlage angeschlossen werden,
                              									wodurch dieses dann nur eine unwesentliche Gewichtsvermehrung erfährt; sind aber
                              									mehrere Ventilatoren mit Kreiselrädern von 800 bis 1200 mm Durchmesser und einem
                              									Energieverbrauch von je 2000 bis 4000 Watt vorhanden, so empfiehlt sich die
                              									Verlegung eines besonderen Stromkreises für dieselben.
                           Mit Rücksicht auf die Vorzüge der Elektromotoren für diese Zwecke steht die
                              									allgemeine Verwendung derselben zum Betriebe der Ventilatoren zu erwarten und
                              									dadurch dann wieder eine Vervollkommnung der Ventilationseinrichtungen selbst und
                              									eine Ausdehnung derselben auf Räume, die bisher davon ausgeschlossen waren.
                           Auch selbst die Ventilatoren für die Heizräume mit forcirtem Kesselbetrieb und einem
                              									Energieverbrauch von etwa je 15000 bis 20000 Watt und die Ventilatoren für die
                              									Maschinenräume mit einem Energieverbrauch von etwa 6000 bis 10000 Watt werden
                              									vortheilhaft mittels Elektromotoren betrieben, da in diesen an sich schon sehr
                              									warmen Räumen alle unnöthigen Wärmequellen vermieden werden sollten, und da die
                              									Installation der Ventilatoren in den Heizräumen häufig eine derartige ist, dass
                              									dabei die Bedienung eines Dampfmotors sehr erschwert wird. In Räumen wie den
                              									vorgenannten, wo die Elektromotoren besonders stark dem Kohlenstaub und der Wärme
                              									ausgesetzt sind, ist es zur Erhaltung des Elektromotors ferner vortheilhaft,
                              									denselben in den Saugkanal der Ventilatoren einzubauen, was sich bei dem
                              									Centrifugalventilator leicht einrichten lässt; bei dieser Anordnung ist der Motor
                              									sehr gut geschützt und stets einer guten Abkühlung unterworfen.
                           
                        
                           c) Elektrische Heizung.
                           Für elektrische Heizanlagen stehen bisher sehr wenig Erfahrungen zur Verfügung, und
                              									sind meines Wissens erst in allerneuester Zeit Versuche in dieser Richtung
                              									eingeleitet. Ein grosser Vortheil würde mit der elektrischen Schiffsheizung
                              									verbunden sein durch den Fortfall der sehr verzweigten Rohrleitungen der
                              									Dampfheizanlagen mit ihren unzähligen Flanschen, Hähnen, Ventilen und
                              									Condensleitungen, welche Details sämmtlich zu häufigen Unbequemlichkeiten
                              									Veranlassung geben. Alle diese Uebelstände fallen bei einer elektrischen Heizanlage
                              									fort, deren Zuleitungsdrähte zweckmässig mit der Beleuchtungsanlage zu vereinigen
                              									sind im Interesse einer möglichsten Gewichtsersparung und Beschränkung der Zahl der
                              									Leitungen im Allgemeinen. Der Uebelstand einer solchen Anlage besteht aber darin,
                              									dass eine verhältnissmässig grosse Primärmaschine für die Stromerzeugung aufgestellt
                              									werden muss, welche nur während der eigentlichen Heizperiode zur Ausnutzung kommt.
                              									Bei der Annahme, dass eine Dampfheizungsanlage mit Heizkörpern aus kupfernen
                              									Rohrschlangen mit einer gesammten Heizfläche von etwa 75 qm eine stündliche
                              									Wärmeabgabe von 60000 Calorien bewirkt, würde für eine gleichwerthige elektrische
                              									Heizanlage eine Primärmaschine von etwa 75000 Watt, also eine etwa 100pferdige
                              									Maschine vorzusehen sein. Die Aufstellung einer so starken Maschine lediglich für
                              									diese Zwecke dürfte für Bordverhältnisse in den seltensten Fällen zulässig sein;
                              									wird aber beispielsweise ein elektrischer Antrieb für grössere Bootheissmaschinen
                              									u.s.w. in Aussicht genommen, welche nur selten und ferner nur für kurze Zeit
                              									gebraucht werden, so liesse sich die hierfür erforderliche Maschine sehr gut weiter
                              									ausnutzen durch die gleichzeitige Heranziehung derselben zum Speisen einer
                              									Heizanlage. Wenn also vorläufig eine allgemeine elektrische Heizung der Schiffsräume
                              									auch noch nicht in Betracht gezogen werden kann, so dürfte eine solche doch
                              									vortheilhaft sein für manche Räume, deren Anschluss an eine Dampfheizung
                              									anderweitige Schwierigkeiten bietet. Nicht unerwähnt lassen kann ich hierbei, dass
                              									der den vorstehenden Angaben zu Grunde gelegte Transmissionscoëfficient von 800
                              									Calorien für 1 qm Kupferrohr der Heizkörper eine unbedingte Zuverlässigkeit nicht
                              									beanspruchen kann. Auch die Transmissionscoëfficienten für die Wände und Decks der
                              									Schiffe sind bis jetzt noch nicht mit einer genügenden Genauigkeit bestimmt. Die
                              									Einführung der elektrischen Heizung, welche eine genaue vorherige Berechnung der
                              									Heizkörper und Dynamomaschinen bedingt, macht daher noch die Ermittelung der
                              									vorgenannten Coëfficienten an ausgeführten Dampfheizungsanlagen erforderlich.
                           
                        
                           
                           d) Schiffswinden.
                           Die Herstellung elektrischer Schiffswinden bildet bereits einen besonderen
                              									Arbeitszweig für elektrotechnische Firmen. Diese Winden sind bereits so vollkommen
                              									durchgearbeitet, dass der baldigen allgemeinen Einführung derselben für Bordzwecke
                              									entgegen gesehen werden kann. Die vorzüglichen Resultate, welche auch deutsche
                              									Firmen in dieser Hinsicht bereits verzeichnen können, haben dieselben auch schon
                              									veranlasst, von den verhältnissmässig einfachen Winden für Lasten bis zu 2000 und
                              									3000 k Tragfähigkeit überzugehen zu der Herstellung von elektrischen Winden für
                              									Bootaussetzvorrichtungen mit einer Tragfähigkeit von 10 bis 15 t. Derartige Anlagen,
                              									welche eine Arbeitsleistung von 90 bis 100  entwickeln müssen, dürfen für
                              									Bordzwecke nur als zweckmässig angesehen werden, wenn elektromotorischer Betrieb
                              									gleichzeitig für die sämmtlichen Hilfsmaschinen eines Schiffes in Aussicht genommen
                              									wird. Bei einer derartigen Anlage ist es nicht erforderlich, dass die
                              									Arbeitsleistung der Primärmaschinen gleich der Summe der Arbeitsleistungen der
                              									sämmtlichen Hilfsmaschinen ist, vielmehr ist bei der Projectirung einer derartigen
                              									Anlage eine sorgfältige Kalkulirung der gleichzeitig erforderlichen Leistungen
                              									nothwendig. Soll beispielsweise eine 50pferdige Bootaussetzvorrichtung benutzt
                              									werden, so wird diese Kraft gewonnen werden können durch die gleichzeitige
                              									Einschränkung des Betriebes von Ventilatoren oder elektrisch betriebenen
                              									Circulationspumpen u.s.w.
                           
                        
                           e) Munitionsaufzüge.
                           Unumgänglich erscheint heute bereits die Einführung des elektromotorischen Betriebes
                              									für viele Motoren auf Kriegsschiffen. Der Antrieb der vielen Munitionsaufzüge,
                              									welche durch die starke moderne Armirung bedingt werden, würde eine grosse Anzahl
                              									kleiner Dampfmaschinen erfordern. Die Verwendung von Elektromotoren, welche von
                              									einer Centralstelle aus gespeist werden und die keiner besonderen Wartung und
                              									Bedienung bedürfen, erscheint daher zweckmässig, um so mehr, als sie in einzelnen
                              									Fällen so kleine Ausführung gestatten, bei welcher eine Dampfmaschine nicht mehr gut
                              									ausführbar ist. Wenn die Munition nicht durch Paternosterwerke, sondern durch
                              									Aufzüge mit Fahrstühlen gehoben wird, dann sind die Motoren zwar nicht mehr so
                              									einfach wie diejenigen für die Paternosterwerke. Bei den Aufzügen mit Fahrstühlen
                              									müssen die letzteren in der Weise mit dem Motor verbunden sein, dass derselbe
                              									automatisch gestoppt bezieh. in Bewegung gesetzt wird, wenn der Fahrstuhl seine
                              									Endstellungen erreicht hat. Ausserdem muss eine elektrische Bremse vorgesehen
                              									werden, und muss durch besondere Vorrichtungen noch ein sanftes Anheben des
                              									Fahrstuhles gesichert werden. Es liegen in dieser Beziehung bereits mancherlei
                              									Ausführungen vor, so dass die Anwendung des elektrischen Betriebes der
                              									Munitionsaufzüge für die Zukunft als gesichert anzusehen ist.
                           
                        
                           f) Geschützschwenkwerke.
                           Die Herstellung der elektrischen Geschützschwenkwerke hat in neuerer Zeit einen
                              									harten Wettkampf hervorgerufen, jedoch kann bis jetzt noch nicht mit Bestimmtheit
                              									vorausgesehen werden, ob der elektrische Betrieb den bisher erprobten hydraulischen
                              									Betrieb vollständig ersetzen wird. Bei der Wichtigkeit derartiger Einrichtungen für
                              									ein Kriegsschiff erscheint nicht allein die Thatsache ausschlaggebend, dass dieselbe
                              									technisch möglichst vollkommen gelöst ist, sondern es muss jedes Versagen der
                              									Einrichtung ausgeschlossen und das Bedienungspersonal mit der Anlage so vertraut
                              									sein, dass es nicht nur eine sachgemässe Bedienung und Conservirung bewirken,
                              									sondern gegebenenfalls auch bei einer Havarie den Schaden ausbessern kann. Der
                              									Stromlauf bei derartigen Apparaten mit seinen Nebeneinrichtungen ist aber so
                              									complicirt, dass die schnelle Auffindung einer plötzlich aufgetretenen Beschädigung
                              									jedenfalls schon bedeutende Fachkenntniss verlangt, besonders mit Rücksicht darauf,
                              									dass die Fehler bei derartigen elektrischen Einrichtungen nicht wie bei den
                              									mechanischen Apparaten offen hervortreten, sondern versteckt im Leitungsnetz
                              									liegen.
                           
                        
                           g) Steuerapparat.
                           Besondere Schwierigkeiten bietet der elektrische Antrieb bei den Steuerapparaten,
                              									wodurch derselbe aber andererseits auch zu den interessantesten Aufgaben gehört,
                              									welche für Bordverhältnisse in Betracht kommen. – Vor einem näheren Eingehen auf
                              									diese Frage möchte ich zunächst noch den bisher üblichen Dampfsteuerapparat einer
                              									kurzen Betrachtung unterwerfen, soweit solches für das Verständniss des elektrischen
                              									Betriebes erforderlich erscheint.
                           Der Steuerapparat mit seinen Nebeneinrichtungen lässt sich in drei Unterabtheilungen
                              									zerlegen, in den eigentlichen Ruderapparat, in die Anlassvorrichtung, durch die
                              									der Ruderapparat von Deck aus in Bewegung gesetzt wird, und in die Vorrichtung zum
                              									Stoppen des Ruderapparates, nachdem das Ruder die gewünschte Lage eingenommen
                              									hat.
                           Bei dem Dampfsteuerapparat mit mechanischer Anlassvorrichtung ist diese häufig in der
                              									Weise eingerichtet, dass ein Handrad auf der Commandobrücke nach einer
                              									Ruderwinkelscala auf die gewünschte Ruderlage eingestellt wird. Durch die Drehung
                              									dieses Handrades wird gleichzeitig eine durch das ganze Schiff verlegte
                              									Transmissionswelle gedreht und dabei wieder durch ein am Ende der Transmissionswelle
                              									befindliches Gewinde eine Mutter verschoben, welche mit dem Absperrventil des
                              									Steuerapparates verbunden ist und dieses öffnet. Hierdurch wird der eigentliche
                              									Dampfsteuerapparat in Thätigkeit gesetzt, wobei durch die Drehung der Welle
                              									desselben wieder eine selbsthätige Rückwärtsbewegung der Mutter bewirkt und das
                              									Dampfzulassventil geschlossen wird, sobald das Handrad auf Deck und damit die
                              									Transmission in Ruhe versetzt wird. Jedem Schiffsbautechniker sind die grossen
                              									Schwierigkeiten, welche mit der Verlegung einer so langen Transmission durch das
                              									ganze Schiff verbunden sind, und deren Bewegung mit der Hand erfolgen soll,
                              									bekannt.
                           Bei der Einführung des elektrischen Betriebes für den Steuerapparat fragt es sich
                              									nun, ob der Motor allein oder die Anlass- und Stoppvorrichtung allein oder die
                              									gesammte Anlage elektrisch betrieben werden soll. Ein elektrischer Betrieb einer
                              									solchen Gesammtanlage ist bisher noch nicht zur Ausführung gelangt, und haben sich
                              									die Bestrebungen meistens auf die Vermeidung der lästigen Transmissionsanlage zur
                              									Bethätigung des eigentlichen Motors erstreckt. Eine Combinirung der
                              									Anlassvorrichtung mit einer von der Ruderpinne aus und mit Hilfe des elektrischen
                              									Stromes betriebenen selbsthätigen Ausschaltvorrichtung der Anlasscontacte auf Deck
                              									hat sich aber bisher als ungemein schwierig erwiesen; nach den bisherigen Arbeiten
                              									ist die vorgenannte Combinirung vorläufig noch nicht als ausführbar anzusehen, und
                              									erübrigt deshalb zunächst nur die alleinige Ausführung einer elektrischen
                              									Anlassvorrichtung für den Motor. Diese Einrichtung besteht im Allgemeinen darin,
                              									dass durch eine verhältnissmässig einfache elektrisch bethätigte Vorrichtung das
                              									Absperrventil des Steuerapparates geöffnet oder geschlossen wird. Das Schliessen des
                              									Absperrventils erfolgt durch Unterbrechung des Stromes mittels eines Ausschalters,
                              									wobei die Ruderlage an einem besonderen, auf Deck aufgestellten Apparat abgelesen
                              									wird, welcher seinerseits direct von der Ruderpinne aus betrieben wird und die
                              									wirkliche Ruderlage in Graden anzeigt. Dieser Apparat, sogen. Ruderzeiger, kann
                              									entweder ein mechanischer oder ein elektrischer sein, und sind auch bereits
                              									verschiedene solche elektrische Ruderzeiger mit Erfolg in Betrieb.
                           Als ein sehr interessantes Beispiel erwähnte der Vortragende die Einrichtung auf dem
                              									französischen Kreuzer Bouvines. Hier wird der
                              									Vertheilungsschieber der Dampfmaschine durch einen kleinen, von dem Steuerapparat
                              									unabhängigen elektrischen Motor bewirkt. Das Anlassen des Motors erfolgt von Deck
                              									aus, jedoch wird dabei der Strom nicht direct in den Motor geleitet, sondern
                              									zunächst zu einem Relais, welches seinerseits dann wieder den Hauptstrom für den
                              									Motor schaltet. Der Schaltapparat an Deck wird nach einem elektrischen Ruderzeiger
                              									bedient, welcher die Lage der Ruderpinne durch Lampensignalements anzeigt. Diese
                              									Lampensignale, welche auch bei französischen Maschinentelegraphen Anwendung gefunden
                              									haben, besitzen aber den Nachtheil, dass die durch das Entzünden verschiedener
                              									Lampen angezeigten Signale bei hellem Sonnenschein schlecht sichtbar sind, und wird
                              									das Ablesen der eingestellten Signale auch häufig erschwert durch das
                              									ungleichmassige Brennen der Lampen.
                           Wenn die Construction des eigentlichen Steuermotors mit elektrischem Antrieb auf den
                              									ersten Blick auch keine besonderen Schwierigkeiten zu bieten scheint, so sind solche
                              									doch in vielfacher Hinsicht vorhanden. Ein Reversirmotor erfordert einen schweren
                              									Anlassapparat, dessen Construction eine durchaus solide sein muss, wenn nicht eine
                              									baldige Abnutzung desselben oder Beschädigung der Contacte durch Ueberhitzung bei
                              									einem täglich mindestens 1000maligen Gebrauch eintreten soll. Ein mit gleicher
                              									Drehrichtung ständig durchlaufender Motor erfordert zur Einleitung der Links- und
                              									Rechtsdrehung des Steuerapparates wiederum elektrische Kuppelungen, deren dauernde
                              									Brauchbarkeit bei der bedeutenden Kraftleistung und dem häufigen Gebrauch aber
                              									mindestens noch erst nachgewiesen werden soll. Die Anwendung von zwei ständig mit
                              									gleicher Drehrichtung laufenden Motoren, welche durch ein Differentialrädergetriebe
                              									auf den Steuerapparat wirken, erfordert sehr zuverlässig hergestellte Räder, wenn
                              									der Apparat nicht zu geräuschvoll arbeiten soll. Diese letztere Einrichtung befindet
                              									sich augenblicklich in Deutschland in Ausführung, und wird der Erprobung derselben mit
                              									grossem Interesse entgegengesehen. Bei allen diesen Einrichtungen muss aber
                              									hervorgehoben werden, dass dieselben ein sehr gut geschultes Personal für die
                              									Bedienung und Conservirung erfordern, und wird daher durch die ausgedehntere
                              									Anwendung der Elektricität an Bord die Nothwendigkeit der Ausbildung eines
                              									besonderen Personals für diese Zwecke bedingt.
                           Zum Schluss zog der Vortragende noch eine allgemeine Frage in den Kreis seiner
                              									Betrachtungen, welche für die elektrischen Anlagen an Bord von Wichtigkeit ist. Bei
                              									der immer mehr zunehmenden Verwendung der Elektricität an Bord ist die Entscheidung
                              									der Frage wichtig, ob für derartige Installationen Gleichstrom oder Drehstrom zu
                              									wählen ist. Bei allen bisherigen Installationen ist ausschliesslich Gleichstrom zur
                              									Anwendung gelangt, und hat sich derselbe bei den bisherigen Anlagen auch gut
                              									bewährt, und lag keine Veranlassung vor, von demselben abzugehen, so lange es sich
                              									nur um den Betrieb der Innenbeleuchtung und der Scheinwerfer handelte. Die letzteren
                              									können nur mit Gleichstrom betrieben werden, da bei Einführung von Wechselstrom die
                              									Leistungsfähigkeit derselben eine Einbusse von etwa 40 Proc. erleiden würde. Mit
                              									Rücksicht darauf, dass an Bord der Kriegsschiffe für die Scheinwerfer allein bereits
                              									eine Energie von 20000 bis 70000 Watt erforderlich ist, erscheint es
                              									selbstverständlich, dass auch für den Betrieb der Innenbeleuchtung und für wenige
                              									kleinere Motoren ohne weiteres der Gleichstrom gewählt wird. Der nachtheilige
                              									Einfluss des Gleichstroms auf die Compasse kann aufgehoben werden durch eine
                              									sorgfältige Verlegung der Leitungsdrähte und sachgemässe Construction und
                              									Aufstellung der Dynamomaschinen. Wenn aber zu einem allgemeinen elektromotorischen
                              									Betriebe der vielen Hilfsmaschinen übergegangen wird und für diese Zwecke eine
                              									Centralstation, wie solche für deutsche Schiffe bereits mit einer Leistung von
                              									300000 Watt in Ausführung begriffen, errichtet wird, dann lassen sich die Compasse
                              									an Bord nicht mehr so aufstellen, dass sie überall gegen den Einfluss der
                              									Gleichstrommotoren und Leitungen genügend geschützt sind. Besonders kommen hierbei
                              									die auf Deck installirten Motoren für Geschützschwenkwerke und Deckswinden in
                              									Betracht, deren Aufstellung in bedenklicher Nähe der Compasse nicht zu umgehen ist.
                              									Für den Betrieb dieser Maschinen wird voraussichtlich die Einführung des Drehstromes
                              									nicht zu umgehen sein, da dieser, sowie die damit betriebenen Motoren keinen
                              									Einfluss auf den Compass haben. Mit der Einführung des Drehstromes für vorgenannte
                              									Zwecke ist aber wiederum die Nothwendigkeit der Errichtung von zwei Centralstationen
                              									verbunden, die eine für die Scheinwerfer und Beleuchtung mit Gleichstrom und die
                              									zweite mit Drehstrom zum Betrieb der Hilfsmaschinen. Leider ist mit einer solchen
                              									Anordnung wiederum der Nachtheil verbunden, dass die Maschinen der einen Station
                              									nicht gegen die der anderen ausgetauscht werden können, und wird durch diesen
                              									Umstand die ganze Anlage complicirter und verlangt wiederum höhere Leistungen und
                              									Ausbildung des Personals, welches aber nicht zu umgehen sein wird, wenn die
                              									Vortheile des elektrischen Betriebes für Bordzwecke nutzbar gemacht werden
                              									sollen.