| Titel: | Neuere Locomotiven. | 
| Fundstelle: | Band 302, Jahrgang 1896, S. 11 | 
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                        Neuere Locomotiven.
                        (Fortsetzung des Berichtes Bd. 301 S.
                           								277.)
                        Mit Abbildungen.
                        Neuere Locomotiven.
                        
                     
                        
                           Neilson und Co. in Glasgow bauten im J. 1892 für die
                              									englischen Capbahnen 32 sechsachsige, vierfach gekuppelte Güterzuglocomotiven mit
                              									vorderem zweiachsigen Drehgestell, die sich während eines nun dreijährigen Betriebes
                              									sehr gut bewährt haben. Die Hauptabmessungen dieser Locomotiven sind nach Engineer, November 1895 S. 497, folgende:
                           
                              
                                 Spurweite
                                 1067
                                 mm
                                 
                              
                                 Cylinderdurchmesser
                                 432
                                 mm
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 584
                                 mm
                                 
                              
                                 Durchmesser der Treib- und Kuppel-    räder
                                 1073
                                 mm
                                 
                              
                                 Durchmesser der Laufräder
                                 711
                                 mm
                                 
                              
                                 Radstand der Treibachsen
                                 3658
                                 mm
                                 
                              
                                        „       des Drehgestelles
                                 1600
                                 mm
                                 
                              
                                        „       gesammter
                                 6490
                                 mm
                                 
                              
                                        „       von Locomotive und Tender
                                 13843
                                 mm
                                 
                              
                                 Mittlerer Durchmesser des Kessels
                                 1295
                                 mm
                                 
                              
                                 Blechstärke des Kessels
                                 15
                                 mm
                                 
                              
                                 Länge der äusseren Feuerbüchse
                                 2591
                                 mm
                                 
                              
                                     „      „   Feuerrohre
                                 3277
                                 mm
                                 
                              
                                 Durchmesser der Feuerrohre
                                 45
                                 mm
                                 
                              
                                 Heizfläche in den Feuerrohren
                                 84,63
                                 qm
                                 
                              
                                        „          „  der Feuerkiste
                                 9,15
                                 qm
                                 
                              
                                        „         gesammte
                                 93,78
                                 qm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 1,63
                                 qm
                                 
                              
                                 Verhältniss der Kost- zur Heizfläche
                                 1 : 57,5
                                 
                                 
                              
                                 Dampfüberdruck
                                 11,25
                                 at
                                 
                              
                                 Wasserinhalt des Tenders
                                 10
                                 cbm
                                 
                              
                                 Kohleninhalt    „        „
                                 5
                                 t
                                 
                              
                           
                              
                                 
                                 Schienendruck
                                 
                              
                                 
                                 belastet
                                 leer
                                 
                              
                                 Drehgestell
                                 10,62 t
                                 10,01 t
                                 
                              
                                 Vordere Kuppelachse
                                   8,84 t
                                   7,16 t
                                 
                              
                                 Treibachse
                                   8,69 t
                                   7,98 t
                                 
                              
                                 Mittlere Kuppelachse
                                   9,14 t
                                   8,94 t
                                 
                              
                                 Hintere          „
                                   8,94 t
                                   7,72 t
                                 
                              
                                 Gewicht der Locomotive
                                 46,23 t
                                 41,81 t
                                 
                              
                                      „       des Tenders
                                 31,70 t
                                 16,66 t
                                 
                              
                                 Gesammtgewicht
                                 77,93 t
                                 58,47 t
                                 
                              
                           Um trotz des grossen Radstandes Curven von nur 100 m Halbmesser noch bequem
                              									durchfahren zu können, sind die Flanschen bei den vorderen Kuppelrädern
                              									fortgelassen, wodurch sich der feste Radstand auf 2438 mm vermindert. Ausserdem ist
                              									der Tender mit der Locomotive elastisch verbunden und eine besondere Feder- und
                              									Bufferanordnung getroffen.
                           Die innere Feuerkiste besteht aus 13 mm starkem Kupferblech, die äussere aus 16 mm
                              									starkem Eisenblech. Um das Verfeuern südafrikanischer Kohle zu ermöglichen, ist ein
                              									besonderer Rost vorgesehen.
                           Die Locomotive ist mit einer Dampfbremse ausgerüstet, welche auf sämmtliche
                              									gekuppelte Achsen wirkt und mit der auf Tender und Wagen wirkenden Luftsaugebremse
                              									selbsthätig verbunden ist.
                           Die Locomotiven ziehen einen Zug von 210 t Wagengewicht auf einer 10 km langen
                              									Strecke mit Steigung 1 : 40 und Curven von 140 m Halbmesser mit einer
                              									durchschnittlichen Geschwindigkeit von 10,5 km in der Stunde und legen mit
                              									gemischten Zügen auf der Horizontalen 48 km in der Stunde zurück. Die Locomotiven
                              									haben Joy'sche Steuerung und senkrechte, zwischen den
                              									Cylindern liegende Schieberkästen. Diese Anordnung hat sich besser bewährt als die
                              									mit oberhalb der Cylinder liegenden Schiebern, wenn es sich darum handelt, längere
                              									Gefäll strecken mit abgesperrtem Dampfe zurückzulegen.
                           Ueber vergleichende Versuchsfahrten, welche von Ernest
                                 										Polonceau, Zugförderungschef der Paris-Orleans-Eisenbahn, im September und
                              									October 1894 mit einer Locomotive mit unabhängigen Ein- und Auslasschiebern, System
                              										Durant und Lencauchez
                              									(1892 286 * 126, 1894 293 10),
                              									und einer solchen mit gewöhnlichen Muschelschiebern angestellt wurden, berichten Mémoires pp. de la Société des ingénieurs civils,
                              									1895.
                           Zur Ausführung der Versuche wurde ein Dynamometerwagen hinter die Locomotive
                              									eingeschaltet und in diesem behufs Feststellung der von den Kolben verrichteten
                              									Arbeiten mittels geeigneter Apparate die am Tenderzughaken wirkenden Zugkräfte,
                              									sowie die zugehörigen Geschwindigkeiten gemessen. Es ergab sich hiernach für die
                              									Maschine mit Dampfvertheilung nach Durant und Lencauchez ein um 11,2 Proc. geringerer Wasserverbrauch
                              									für jede am Tenderzughaken gemessene Pferdestärke als bei der gewöhnlichen
                              									Locomotive.
                           Während Locomotiven mit zwei drehbaren Motorengestellen und einzelne Locomotiven mit
                              									lenkender Laufachse für beide Fahrtrichtungen die zwanglose Einstellung in Curven
                              									gewährleisten, geschieht dies bei Locomotiven mit nur einem drehbaren
                              									Motorengestell, sowie anderen Locomotiven mit lenkender Laufachse nur für die
                              									Fahrtrichtung, bei welcher das drehbare Motorengestell bezieh. die lenkbare
                              									Laufachse voranläuft. Bei der anderen Fahrtrichtung wird zwar die voranlaufende
                              									festgelagerte Kuppelachse durch das nachfolgende drehbare Motorengestell bezieh. die
                              									als Endachse laufende Lenkachse in die möglichst günstige Lage zum Gleise gebracht,
                              									sie vermag sich jedoch nicht radial einzustellen, ergibt einen entsprechenden
                              									Widerstand und damit auch unvermeidliche Abnutzungen von Schiene und Radreifen, so
                              									dass derartige Maschinen zweckmässig nur mit dem drehbaren Motorengestell bezieh.
                              									der Laufachse voranlaufen und am Ende der Fahrt gedreht werden.
                           
                           Die Locomotiven mit Motorengestellen erfordern in Folge der vorhandenen beiden
                              									zweicylindrigen Maschinen mit allem Zubehör an Steuerung u.s.w., der erforderlichen
                              									Gelenke und Stopfbüchsen in den Dampfleitungen nothwendiger Weise öftere Reparaturen
                              									als die zweicylindrigen Maschinen mit lenkbarer Laufachse, die nur eine Steuerung
                              									und keine gelenkigen Rohrleitungen, dafür aber oft andere Complicationen
                              									aufweisen.
                           Eine Locomotive mit gekuppelten lenkbaren Achsen und Ausgleichung der Radbelastungen
                              									an den Endachsen (Patent Klien-Lindner) beschreibt Fr. Reimherr in Glaser's
                                 										Annalen vom 15. August 1895 S. 64.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 302, S. 12
                              Fig. 1.Locomotive, Patent Klien-Lindner.
                              
                           Bei dieser Locomotive sind sämmtliche Achsen in gewöhnlicher Weise durch feste
                              									Stangen gekuppelt und in, dem Federspiel folgenden, ausserhalb der Räder
                              									angeordneten Achsbüchsen gelagert. Die beiden in gewöhnlicher Weise angeordneten
                              									Cylinder, wie auch die Steuerung liegen aussen; Kessel, Steuerung, Federanordnung
                              									u.s.w. sind dieselben wie bei jeder gewöhnlichen Locomotive. In besonderen Fällen
                              									können vier Cylinder – je zwei hinter einander liegende auf jeder Seite der
                              									Locomotive – angewendet werden. Zur Erzielung höchster Leistung mit grösster
                              									Kohlenersparniss werden die Locomotiven zweckmässig als Verbundlocomotiven
                              									hergestellt.
                           Die radial einstellbare und unabhängig von der radialen Einstellung in der
                              									Achsrichtung verschiebbare Locomotivachse besteht aus der in gebräuchlicher Weise
                              									gelagerten und angetriebenen Kernachse A (Fig. 1 und 2) und der die Räder
                              									tragenden Hohlachse B, welche die in der Mitte mit
                              									einem Kugelzapfen a versehene Kernachse mit einer
                              									zweitheiligen Kugelschale b umfasst, hierdurch das
                              									antheilige Locomotivgewicht von der Kernachse in der Mitte übertragen erhält.
                           Der Antrieb der Hohlachse erfolgt durch den doppelten, in den Kugelzapfen a eingepressten Mitnehmerzapfen c, welcher die Kugelschalen b mit Spielraum
                              									durchdringt und an seinen Enden mit Gleitstücken versehen ist, welche in nach
                              									aussen verschlossenen und zugleich die Fettkammern bildenden Führungen der Hohlachse
                              									mit dem für Drehung und Verschiebung in der Längsrichtung der Achse erforderlichen
                              									Spielraum d gleiten.
                           Die Hälften des Kugellagers bilden nach aussen einen abgestuften Cylinder, welcher in
                              									der mittleren Höhlung der Hohlachse bezieh. in den mit dieser fest verbundenen
                              									Ringen f geführt ist und bei seiner Verschiebung eine
                              									der durch die Führungen f in der Hohlachse
                              									eingespannten Federn g zusammendrücken muss, die dann
                              									nach dem Verschwinden der auf Verschiebung wirkenden Kraft die Hohlachse in ihre
                              									Mittelachse zurückführt.
                           Diese durch den Spielraum e begrenzte Verschiebung der
                              									Endachsen ermöglicht ein Befahren strenger Curven und ermöglicht dabei die zur
                              									Wirkung kommende Feder g einen stossfreien Einlauf des
                              									Fahrzeuges in die Curve.
                           Wird, wie es bei dreiachsigen Locomotiven (Fig. 2) genügt, nur eine
                              									der Endachsen in der beschriebenen Weise lenkbar hergestellt, so ist die Hohlachse
                              									zur Verhinderung von Schwingungen bei der Fahrt im geraden Gleise mit einer
                              									Rückstellvorrichtung auszurüsten, welche die ausschlagende Achse in ihrer
                              									Mittelstellung zurückzuführen sucht bezieh. ihrer Drehung einen bestimmten
                              									Widerstand entgegensetzt. Diese Rückstellvorrichtung besteht aus einer kräftigen
                              									Feder h (Fig. 2, 3 und 4), welche je nach der
                              									Ausschlagrichtung der Achse durch eine der Druckplatten i oder k zusammengepresst wird. Die auf
                              									Druck. oder Zug wirkende Stange l ist an eine
                              									Bügelstange m angeschlossen, welche die kugelig
                              									abgerundete Wulst n an der Hohlachse umschliesst.
                           Bei vier- oder fünfachsigen Locomotiven werden die beiden Endachsen mit lenkbaren
                              									Hohlachsen ausgestattet. Dieselben laufen dann entweder als freie Lenkachsen und
                              									werden in diesem Falle mit Rückstellvorrichtungen nach Fig. 2 und 4
                              									ausgestattet, oder es werden beide Achsen derart mit einander verbunden, dass sie
                              									die ihnen zufallende Radialstellungsbewegung gleichzeitig ausführen müssen. Zu
                              									letzterem Zwecke werden die beiden Bügelstangen durch einen Gegenlenker
                              									verbunden.
                           Um die Locomotiven auch für die Befahrung aussergebräuchlich starker Curven
                              									verwendbar zu machen, erhalten die Mittelachsen vier- und fünfachsiger Locomotiven,
                              									soweit dies angängig, Radreifen mit cylindrischer Lauffläche, oder sie werden
                              									ebenfalls als Hohlachsen hergestellt. Diese werden dann von den Kernachsen
                              									angetrieben und erhalten nur Seiten Verschiebung auf den Kernachsen ohne
                              									Rückstellfedern. Da die verschiebbaren Mittelachsen in den Curven energisch den
                              									äusseren Schienenstrang anzulaufen suchen, kann die Verschiebbewegung der den
                              									Endachsen zunächst liegenden Mittelachsen mit der Drehbewegung der Endachsen durch
                              									Lenkgestänge zwangsläufig verbunden werden.
                           Bei allen Ausführungsweisen ist durch Uebertragung des antheiligen Maschinengewichtes
                              									durch den Kugelzapfen der Kernachse auf die Mitte der Hohlachse die Gleichheit des
                              									Achsdruckes der beiden Räder der Endachsen auf die Schienen in jeder Lage der Achsen
                              									gesichert. Es werden daher von den Endachsen stets gleiche Raddrücke auf die
                              									Schienen ausgeübt, die Locomotive mag auf geradem, überhöhtem oder unregelmässig
                              									liegendem Gleise stehen, und es wird als ein nicht unbeträchtlicher Nebengewinn die
                              									volle Sicherheit gegen Entgleisen gewonnen, welche Sicherheit bekanntlich bei Locomotiven
                              									mit durchaus gekuppelten festgelagerten Achsen bei Schmalspurbahnen, insonderheit
                              									wenn sie schlecht unterhalten sind, ziemlich gering ist.
                           Die lenkbare Locomotiv-Treib- und Kuppelachse hat sich nach Mittheilung der königl.
                              									sächsischen Staatsbahnen bei einer Probeausführung an einer dreiachsigen,
                              									gekuppelten Locomotive von 0,75 m Spurweite während der Dauer zweier Jahre
                              									vollständig bewährt. Die dreifach gekuppelten Locomotiven mit festgelagerten, nicht lenkbaren Achsen zeigen eine
                              									erhebliche Abnutzung der Schienen und Radreifen, welche letztere bei den vorhandenen
                              									Curven bis herab auf 50 m Halbmesser nach 10000 bis 14000 km scharf werden, während
                              									die probeweise mit der lenkbaren Achse ausgerüstete
                              									Locomotive nach 2jähriger Betriebszeit und zurückgelegten 32000 km nur sehr geringe
                              									Abnutzung der Reifen der lenkbar hergestellten Vorderachse und scharfgelaufene
                              									Reifen der Hinterachse zeigte; letzteres war nach dem Laufe des Fahrzeuges und dem
                              									Nichtdrehen der Locomotive nach der Fahrt zu erwarten. Das Kugellager mit der
                              									Antriebsvorrichtung der Hohlachse hatte sich bei 2jähriger Dienstleistung nicht
                              									bemerkbar abgenutzt, trotzdem dieses Kugellager mit Zubehör nur in Zeitabschnitten
                              									von 1 bis 2 Monaten eine geringe Menge consistenter Schmiere nach Lösung einer
                              									Schmierschraube zugeführt erhielt. Die gut versicherte Verbindung beider Hälften der
                              									Hohlachse hat sich niemals gelockert, noch hat die Hohlachse irgend eine
                              									Betriebserschwerniss gezeigt. Reparaturen waren daher, abgesehen ein Drehen der
                              									Reifen in Folge des Scharflaufens der festgelagerten Hinterachse, nicht
                              									vorzunehmen.
                           Die Hohlachse ist vom Krupp'schen Gusstahlwerk in
                              									vollentsprechender Weise geliefert worden.
                           Diese dreiachsige Locomotive läuft sicher im geraden Gleise und in den Curven,
                              									trotzdem die Lenkachse noch keine Seitenverschiebung hat. Die radiale Einstellung
                              									der Lenkachse ist eine präcise, wenn auch in Folge des kurzen Gesammtradstandes
                              									nicht so vollständig ruhige, wie sie bei grösserem Radstande und bei Verwendung
                              									einer vorderen und hinteren Lenkachse nach den Erfahrungen an Wagen zu erwarten ist.
                              									Der Federdruck ist nach Aufschreibungen rechts und links im gleichen Augenblick
                              									stets derselbe und schwankt um einen gleichen Betrag, entsprechend den nickenden
                              									Bewegungen der Maschine.
                           Die Locomotive mit gekuppelten lenkbaren Achsen erscheint namentlich für Militär-,
                              									Feld- und sonstige Kleinbahnen, die sich der Bodenlage möglichst anpassen müssen,
                              									oft nicht sorgfältig hergestellt und unterhalten werden können, besonders
                              									geeignet.
                           Derartige Bahnen verlangen überdies Locomotiven, die sich durch Einfachheit und
                              									Dauerhaftigkeit der angewendeten Constructionen, grösstmögliche
                              									Leistungsfähigkeit, leichte Bedienung, geringe Unterhaltungskosten auszeichnen und
                              									anstandslos in beiden Fahrtrichtungen verkehren können, welchen Ansprüchen die
                              									vorliegende Construction voll genügen dürfte.
                           Wir berichteten 1896 299 77 über neuere vierachsige
                              									Schnellzuglocomotiven der württembergischen Staatsbahn, welche zur Erleichterung des
                              									Durchfahrens von Bahnkrümmungen bei fester Treib- und Kuppelachse mit einer
                              									Einstellvorrichtung der beiden Endachsen versehen sind. Da indess ein grosser Theil
                              									der Linien des Landes hinsichtlich der Brücken die Verwendung von schwereren
                              									Locomotiven als solchen mit drei Achsen auf absehbare Zeit nicht gestattet, musste
                              									diesen Anforderungen mit einer dreiachsigen Bauart entsprochen werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 302, S. 13
                              Locomotive, Patent Klien-Lindner.
                              
                           Die Locomotiven wurden durch die Maschinenfabrik
                                 										Esslingen nach den Angaben des Oberbauraths Klose zur Ausführung gebracht und unterscheiden sich nach Mittheilungen
                              									des Oberinspectors Kittel in Stuttgart in dem Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1896 S.
                              									112, von bisherigen derartigen Locomotiven hauptsächlich durch folgende
                              									Eigenthümlichkeiten:
                           Der Achsstand ist mit 5 m verhältnissmässig gross gewählt, um einen ruhigen Gang zu
                              									erzielen; die zwei, in einem Stück zusammengegossenen Cylinder sind aus demselben
                              									Grunde, wie auch in Rücksicht auf die Oberbauerhaltung und auf Grund der Erfahrung,
                              									dass damit Heizstoffersparnisse erzielt werden, innen
                              									angeordnet. Die Raddurchmesser sind verhältnissmässig gering gewählt, um auf den
                              									ungünstigen Gebirgsstrecken die einer Güterzuglocomotive entsprechende grosse
                              									Zugkraft zu erreichen.
                           Weiter ist hervorzuheben, dass verhältnissmässig lange Tragfedern, welche den
                              									Achsbüchsen in der Längsrichtung folgen, zur Verwendung gelangten, dass die Kessel
                              									in der Längsnaht geschweisst sind und dass die Steuerung nach einer neuen Anordnung
                              									zur Ausführung gelangt ist. Ausserdem dürfte die Treibradbremse Erwähnung verdienen,
                              									welche durch Dampf betrieben wird, und zwar derart, dass sie durch Dampfauslass aus
                              									dem Bremscylinder in Thätigkeit tritt.
                           
                           Die Locomotive besitzt folgende Hauptabmessungen und Gewichte:
                           
                              
                                 Gesammtachsstand
                                 5000
                                 mm
                                 
                              
                                              „                mit Tender
                                 10500
                                 mm
                                 
                              
                                 Cylinderdurchmesser
                                 450
                                 mm
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 612
                                 mm
                                 
                              
                                 Raddurchmesser
                                 1380
                                 mm
                                 
                              
                                 Kesselüberdruck
                                 12
                                 at
                                 
                              
                                 Heizfläche
                                 in der Feuerbüchsein den 205
                                    											Rohreninsgesammt
                                 6,64110,11116,75
                                 qmqmqm
                                 
                              
                                 Rostfläche, gesammte
                                 1,4
                                 qm
                                 
                              
                                         „         freie
                                 0,7
                                 qm
                                 
                              
                           
                              
                                 
                                 Achsdrücke der Locomotiveauf die
                                    											Schienen
                                 
                              
                                 
                                 leer
                                 im Dienste
                                 
                              
                                 Vorderachse
                                 12,6 t
                                 13,9 t
                                 
                              
                                 Treibachse
                                 11,8 t
                                 13,8 t
                                 
                              
                                 Hinterachse
                                 11,3 t
                                 13,8 t
                                 
                              
                                 Gesammtgewicht
                                 35,7 t
                                 41,5 t
                                 
                              
                           Hinsichtlich des Verhältnisses der Rostfläche zur Gesammtheizfläche
                              										\frac{1,4}{116,75}=\frac{1}{83,4} mag erwähnt werden, dass
                              									auf den württembergischen Staatseisenbahnen in Folge der geographischen Lage nur
                              									beste Kohlen, und zwar vorzüglich Saar-Stückkohlen, zur Verfeuerung kommen, und dass
                              									hierbei diese Rostfläche erfahrungsgemäss auch für die höchsten Leistungen genügend
                              									gross ist.
                           Das Rahmengestell der Locomotive bildet wie bei allen neueren Locomotiven ein für
                              									sich bestehendes Ganzes, versteift und fest verbunden wie ein Kastenträger, an
                              									dessen steifen Wänden das Lauf- und Triebwerk angebracht und auf welchem der Kessel
                              									leicht aushebbar gelagert ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 302, S. 14
                              Fig. 5.Locomotive nach Klose.
                              
                           Die mittlere Treibachse ist in dem innenliegenden Hauptrahmen in gewöhnlicher Weise
                              									gelagert und durch Schleifbacken geführt, ausserdem als Kurbelachse auch noch in
                              									einem besonderen mittleren Hilfsrahmen gelagert. Die Endachsen sind durch armförmige
                              									Achsbüchsen A (Fig. 5)
                              									gefasst, welche in seitlichem Sinne durch am Rahmen angenietete Schleif backen S geführt werden; in diese Armlager ist die eigentliche
                              									Achslagerschale L etwas drehbar eingesetzt, so dass die
                              									Achse durch Verschiebung der beiden Armlager und damit der Achshälse in
                              									entgegengesetztem Sinne verdreht werden kann. Hierzu sind die Enden der Armlager
                              									durch Hebel bc und ef
                              										(Fig. 6) gefasst, die so im Rahmen gelagert und
                              									unter sich verbunden sind, dass die Verschiebung einer Achsbüchse in der
                              									Längsrichtung eine gleich grosse, entgegengesetzt gerichtete, sowohl der
                              									zweiten zur gleichen Achse gehörigen, als auch der auf der gleichen Rahmenseite
                              									gelegenen Achsbüchse der anderen Endachse bedingt, so dass also jeweils die auf
                              									derselben Rahmenseite gelegenen Achsbüchsen sich in entgegengesetztem, die einander
                              									übereck gegenüberliegenden in gleichem Sinne verschoben werden. Die Verbindung
                              									geschieht durch Stangen bf und Doppelhebel kk. Um zu bewirken, dass sich die Einstellung der
                              									vorderen und hinteren Locomotivachse in Curven stets in Uebereinstimmung mit der
                              									entsprechenden Winkelstellung der Längsachse des Tenders zu der der Locomotive
                              									befindet, ist der Doppelhebel kk durch die Welle W und den Arm W1 dessen Stein m
                              									zwischen Backen der Dreieckkuppelung greift, mit dem Tender zwangsläufig verbunden.
                              									Hierbei sind die Abmessungen der Hebel derart gewählt, dass Vorder- und Hinterachse
                              									der Locomotive sich in Krümmungen stets nach dem Krümmungsmittelpunkte
                              									einstellen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 302, S. 14
                              Fig. 6.Locomotive nach Klose.
                              
                           Die der Verstellung der Endachsen entsprechende Verlängerung und Verkürzung der
                              									Kuppelstangen, welche die Endachsen mittels Kugelzapfen erfassen, erfolgt durch die
                              									Ausgestaltung des mittleren Kuppelzapfenlagers zu einem Kreuze D (Differentialkopf), welches durch Verdrehung die
                              									Kuppelstangen länger oder kürzer werden lässt, unbeschadet der Kraftübertragung in
                              									hin und her gehender Richtung. Die durch die Punkte n
                              									und o abgegebenen Schubkräfte sind gleich, da die
                              									Druckaufnahme in der Mitte des Kreuzes erfolgt. Um zu vermeiden, dass das Kreuz in
                              									Folge ungleicher Widerstände umkippt, ist es zwangläufig mit der beschriebenen
                              									Einstellvorrichtung der Endachsen verbunden, so dass jeder Stellung dieser Achsen im
                              									Rahmen eine bestimmte Winkelstellung des Kreuzes und somit eine bestimmte zugehörige
                              									Gesammtlänge der Kuppelstangen entspricht. Diese Verbindung ist hergestellt durch
                              									die Parallelogrammstangen 1, 1 und 2, 2 und das Stück P mit
                              									dem in t am Rahmen gelagerten Hebel rs, dessen Stellung durch die Stange su und einen Hebel uv in
                              									Abhängigkeit von der Verbindungsstange bf und damit der
                              									Endachsstellung gebracht ist.
                           Die Abmessungen der ganzen Vorrichtung sind derart gewählt, dass die Einstellung der
                              									Achsen bis in Curven von 150 m Halbmesser erfolgen kann.
                           Die Steuerung ist in einer senkrechten Ebene mit den Treibstangen angeordnet, indem
                              									an die mit nach unten zu öffnendem Lagerkopfe versehene Kurbelstange mittels kurzer
                              									Glieder ein Lenkhebel angeschlossen ist, der mit seinem anderen Ende den
                              									Stein in der verstellbaren Joy-Schwinge auf und ab schwingt.
                           Die zwei gleichen, in der Längsnaht geschweissten Schüsse des Langkessels von 1350 mm
                              									äusserem Durchmesser sind 14,5 mm stark und werden durch einen ebenfalls
                              									geschweissten Laschenring verbunden.
                           Die Locomotiven sind, wie bereits bemerkt, ausser mit den Einrichtungen für die
                              									Luftdruckbremsung von Tender und Zug noch mit einer Treibradbremse ausgerüstet,
                              									welche in der Weise durch Dampf betrieben wird, dass die Bremsklötze mittels Hebel
                              									und Dreiecken an die Mittelräder gepresst werden, wenn der stets auf beiden Seiten
                              									eines Kolbens befindliche Dampf einerseits auf möglichst unmittelbarem Wege
                              									ausgelassen wird. Hierdurch ist erreicht, dass der Cylinder stets erwärmt und der
                              									Dampfkolben jederzeit zu rascher Bewegung bereit ist, während bei anderen
                              									Anordnungen, bei welchen der austretende Dampf erst einen Vertheilungsschieber am
                              									Führerstande durchströmen muss oder bei welchen der Betriebsdampf dem Cylinder erst
                              									im Falle der Bremsung zugeführt wird, die rasche Wirkung wegen des Niederschlages in
                              									den langen Röhren oder dem kalten Cylinder ungünstig beeinflusst wird. Der
                              									Dampfaustritt der hinteren Kolbenseite und damit die Einleitung durch den Ueberdruck
                              									auf die vordere Kolbenseite wird durch Umstellen des auf der Abbildung Fig. 7 ersichtlichen kleinen Schiebers in Stellung II veranlasst, dessen Bewegung von aussen durch einen
                              									im Ausströmungsrohr gelagerten Daumen ohne Anordnung einer Stopfbüchse erfolgt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 302, S. 15
                              Fig. 7.Locomotive nach Klose.
                              
                           Die mit der Locomotive in 18monatlichem Betriebe gemachten Erfahrungen sind günstig.
                              									Ihre Zugkraft ist derjenigen der dreifach gekuppelten Güterzuglocomotive gleich;
                              									gleichzeitig kann die Locomotive schwere Personenzüge, insbesondere auf starken
                              									Steigungen, mit Vortheil befördern und hierbei anstandslos mit einer Geschwindigkeit
                              									bis zu 65 km in der Stunde verkehren. Auf Strecken, wo Personenzuglocomotiven von 4
                              									m Achsstand bis zum ersten Radabdrehen 24000 km und Güterzuglocomotiven von 3,3 m
                              									Achsstand 30000 km zurücklegten, liefen diese Locomotiven sämmtlich 50000 km, ehe
                              									ein Abdrehen nöthig wurde.
                           Erwähnung mag noch finden, dass auch einige dieser Locomotiven mit Verbundeinrichtung
                              									und mit zwei Aussencylindern von 480 bezieh. 685 mm Durchmesser, sonst aber ganz
                              									gleichen Abmessungen und Gewichten, zur Ausführung gelangten und dass sich bei
                              									gleichen Dienstleistungen der durchschnittliche Heizstoffverbrauch bei beiden
                              									Locomotiven annähernd gleich ergeben hat, nämlich bei der Zwillingsmaschine zu
                              									10,00 und 14,18 k, bei der Verbundlocomotive zu 10,18 und 14,26 k als Mittelwerthe
                              									von 6- bezieh. 7monatlichem Dienst.
                           Ausser der vorgenannten Locomotive und den bereits früher erwähnten Locomotiven der
                              									württembergischen Staatsbahn (1896 299 * 77 u. ff.) sind
                              									nach Glaser's Annalen vom 1. März 1896 S. 93 bis jetzt
                              									noch die nachstehend durch ihre Hauptabmessungen gekennzeichneten Locomotivtypen mit
                              									lenkbaren Treibachsen nach der von Oberbaurath Klose in
                              									Stuttgart herrührenden Bauart in Ausführung gekommen.
                           a) Dreifach gekuppelte leichte Tenderlocomotive mit zwischen den Rädern liegenden
                              									Wasserkasten für Curven bis 90 m Halbmesser herab; die Mittelachse ist seitlich
                              									verschiebbar und die Endachsen entsprechend drehbar.
                           
                              
                                 2 Cylinder
                                 je
                                 380540
                                 mm Durchmessermm Hub
                                 
                              
                                 Triebräder
                                 
                                 1040
                                 mm Durchmesser
                                 
                              
                                 Achsdruck
                                 1. Achse2.     „3.     „
                                 107001080010800
                                 kkk
                                 
                              
                                 Radstand
                                 
                                 4800
                                 mm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 
                                 1,05
                                 qm
                                 
                              
                                 Heizfläche
                                 
                                 71,065,0
                                 qm aussenqm innen
                                 
                              
                                 Dampfdruck
                                 
                                 12
                                 at
                                 
                              
                                 Dienstgewicht
                                 
                                 32,4
                                 t
                                 
                              
                                 mit 3 cbm Wasser und 1,2 cbm
                                    											Kohlen.
                                 
                              
                           b) Tenderlocomotive mit vier gekuppelten Achsen, wovon die dritte seitlich
                              									verschiebbar, die vordere und hintere lenkbar für Curven bis 50 m Halbmesser bei 750
                              									mm Spurweite sind (1896 299 * 79).
                           
                              
                                 2 Cylinder
                                 je
                                 340500
                                 mm Durchmessermm Hub
                                 
                              
                                 Triebräder
                                 
                                 900
                                 mm Durchmesser
                                 
                              
                                 Achsdruck
                                 1. Achse2.     „3.     „4.     „
                                 6960698069006930
                                 kkkk
                                 
                              
                                 Radstand
                                 
                                 4500
                                 mm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 
                                 1
                                 qm
                                 
                              
                                 Heizfläche
                                 
                                 6560
                                 qm aussenqm innen
                                 
                              
                                 Dampfdruck
                                 
                                 12
                                 at
                                 
                              
                                 Dienstgewicht
                                 
                                 27,8
                                 t
                                 
                              
                                 mit 3,1 cbm Wasser und 1 t
                                    											Kohlen.
                                 
                              
                           c) Dreifach gekuppelte Locomotive für 750 mm Spurweite mit einachsigem Schlepptender
                              									für Curven bis zu 30 m Halbmesser herab.
                           
                              
                                 2 Cylinder
                                 je
                                 324400
                                 mm Durchmessermm Hub
                                 
                              
                                 Triebräder
                                 
                                 850
                                 mm Durchmesser
                                 
                              
                                 Radstand
                                 
                                 6000
                                 mm
                                 
                              
                                 Heizfläche
                                 
                                 52
                                 qm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 
                                 0,9
                                 qm
                                 
                              
                                 Dampfdruck
                                 
                                 10
                                 at
                                 
                              
                                 Dienstgewicht
                                 
                                 24,7
                                 t
                                 
                              
                                 mit 2 cbm Wasser und 2 t
                                    											Kohlen.
                                 
                              
                           d) Dieselbe Locomotive mit einachsigem Schlepptender für 760 mm Spurweite.
                           
                              
                                 2 Cylinder
                                 je
                                 290450
                                 mm Durchmessermm Hub
                                 
                              
                                 Triebräder
                                 
                                 900
                                 mm Durchmesser
                                 
                              
                                 Radstand
                                 
                                 6000
                                 mm
                                 
                              
                                 Heizfläche
                                 
                                 59
                                 qm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 
                                 0,9
                                 qm
                                 
                              
                                 Dampfdruck
                                 
                                 12
                                 at
                                 
                              
                                 Dienstgewicht
                                 
                                 25
                                 t
                                 
                              
                                 mit 2,65 cbm Wasser und 2 t
                                    											Kohlen.
                                 
                              
                           e) Fünffach gekuppelte Locomotive für 760 mm Spurweite mit einachsigem Schlepptender
                              									für Curven bis zu 60 m Halbmesser herab.
                           
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 302, S. 16
                              Fig. 8.Betriebs-Ergebnisse der Verbund-Locomotive ohne Anfahrvorrichtung,
                                 										Bauart Gölsdorf.
                              
                           
                              
                                 2 Cylinder
                                 je
                                 380450
                                 mm Durchmessermm Hub
                                 
                              
                                 Triebräder
                                 
                                 900
                                 mm Durchmesser
                                 
                              
                                 Radstand
                                 
                                 8200
                                 mm
                                 
                              
                                 Heizfläche
                                 
                                 106
                                 qm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 
                                 1,72
                                 qm
                                 
                              
                                 Dampfdruck
                                 
                                 12
                                 at
                                 
                              
                                 Dienstgewicht
                                 
                                 42
                                 t
                                 
                              
                                 mit 6 cbm Wasser und 3 t
                                    											Kohlen.
                                 
                              
                           f) Locomotive für Curven bis zu 30 m Halbmesser herab und zugleich für Zahnradbetrieb
                              									eingerichtet bei Steigungen über 1 : 25 bis zu 1 : 10 (1890 277 118). Spurweite 1000 mm. 4 Cylinder, 2 für Adhäsionsbetrieb und 2 für
                              									Zahnradbetrieb. Sämmtlich gleich von 360 mm Durchmesser und 400 mm Hub, mit directer
                              									oder mit Verbundwirkung nach Belieben. Triebraddurchmesser: 4 Adhäsionsräder von 800
                              									mm Durchmesser. Triebzahnrad von 860 mm Durchmesser. (Zahnradübersetzung: 13 :
                              									27.)
                           
                              
                                 Heizfläche
                                 88
                                 qm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 1,4
                                 qm
                                 
                              
                                 Radstand
                                 6
                                 m
                                 
                              
                                 Dampfdruck
                                 12
                                 at
                                 
                              
                                 Adhäsionsgewicht
                                 22
                                 t
                                 
                              
                                 Dienstgewicht
                                 33
                                 t
                                 
                              
                                 mit 3 cbm Wasser und 1 t
                                    											Kohlen.
                                 
                              
                           (Beide Adhäsionsachsen lenkbar, desgleichen Triebzahnrad und
                              									Laufachse.)
                           Nach dem Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens,
                              									1896 S. 115, haben sich die bezüglich der Verbundlocomotiven ohne Anfahrvorrichtung,
                              									Bauart Gölsdorf, früher (1894 293 * 26, 1895 295 294) mitgetheilten
                              									Betriebsergebnisse auch ferner bestätigt.
                           Ein Vergleich bezüglich des Brennstoffverbrauches, angestellt auf der Strecke
                              									Wien-Amstetten im Monat October 1894 zwischen 4 Verbundgüterzuglocomotiven (Serie
                              									59) der österreichischen Staatsbahnen und 15 der im Kessel vollkommen gleichen
                              									älteren Normalgüterzuglocomotiven gewöhnlicher Bauart (Serie 56) derselben
                              									Bahnverwaltung, gibt für die Serie 59 auf 1000 t/km einen mittleren Kohlenverbrauch von
                              									64,2 k, für die Locomotiven der Serie 56 einen solchen von 78,5 k. Die
                              									Verbundlocomotiven haben somit eine Kohlenersparniss von etwa 18 Proc. ergeben.
                           Nach Mittheilung A. Friedmann's haben sich auch die
                              									Verbundschnellzuglocomotiven, Bauart Gölsdorf, der
                              									österreichischen Staatsbahnen gut bewährt. Die Locomotiven sollen, wie bereits 1895
                              										295 294 angegeben, einen Wagenzug von 200 t Gewicht
                              									bei anhaltender Steigung 1 : 100 mit einer Geschwindigkeit von 50 km pro Stunde
                              									befördern können.
                           Die Hauptverhältnisse dieser Maschinen sind folgende:
                           
                              
                                 Cylinderdurchmesser
                                 HochdruckNiederdruck                    
                                 500740
                                 mmmm
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 680
                                 mm
                                 
                              
                                 Triebraddurchmesser
                                 2120
                                 mm
                                 
                              
                                 Laufraddurchmesser
                                 1024
                                 mm
                                 
                              
                                 Gesammtachsstand
                                 7300
                                 mm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 2,9
                                 qm
                                 
                              
                           
                              
                                 Wasserberührte Heizfläche der
                                 FeuerkisteFeuerrohre    
                                 11,0144,5
                                 qmqm
                                 
                              
                                 Gesammtheizfläche
                                 155,5
                                 qm
                                 
                              
                                 Grösste Fällung
                                 92
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Füllung in der Mittelstellung
                                 10
                                 Proc.
                                 
                              
                           
                              
                                 Feuerrohre
                                 AnzahlLängeAussendurchmesser
                                 205440051
                                 mmmm
                                 
                              
                                 Dampfüberdruck
                                 13
                                 at
                                 
                              
                                 Dienstgewicht
                                 1. Achse2.     „3.     „4.     „
                                 12900139001440014400
                                 kkkk
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––
                                 
                              
                                 Gesammtgewicht
                                 55600
                                 k
                                 
                              
                                 Leergewicht
                                 49600
                                 k
                                 
                              
                                 Lineares Voreilen
                                 8 bis 9
                                 mm
                                 
                              
                                 Grösste Kanalöffnung bei 30 Proc. Füllung    
                                 11
                                 mm
                                 
                              
                           
                           Die Steuerung ist nach der Bauart Heusinger's von
                                 										Waldegg ausgeführt.
                           Die Locomotive besitzt ein vorn liegendes zweiachsiges Drehgestell und zwei hinten
                              									liegende Treibachsen. Die Kesselmitte liegt verhältnissmässig hoch, nämlich 2,580 m
                              									über Schienenoberkante. Diese Anordnung ist durch die über den Innenrahmen
                              									hinaustretende Feuerkiste und den grossen Durchmesser des Längskessels von 1,420 m
                              									bedingt, hat indess die Ruhe des Ganges nicht beeinträchtigt. Cylinder und Steuerung
                              									liegen aussen, die Rahmen innen; letztere sind vor der Treibachse eingezogen, so
                              									dass der Abstand der Cylindermitten nur 1,920 m beträgt und das Drehgestell
                              									vollkommen zugänglich ist. Das Verbindungsrohr zwischen beiden Dampfcylindern liegt
                              									grösstentheils im Rauchkasten und trägt auf der höchsten Stelle ein auf 5½ at
                              									belastetes Sicherheitsventil. Das Haupteinströmungsrohr führt vom Dome unmittelbar
                              									zum Hochdruckcylinder.
                           Die Bohrungen für den Eintritt des Frischdampfes in den Niederdruckcylinder sind
                              									derart angeordnet, dass deren Oeffnung bei einer Füllung von 62 bis 65 Proc.
                              									beginnt.
                           Mit einer dieser Locomotiven wurde eine Versuchsfahrt auf der 88 km langen Strecke
                              									Wien-Absdorf-Sigmundsberg angestellt, über welche Fig.
                                 										8 in Betreff der Fahrgeschwindigkeiten, der Leistungen in Pferdestärken,
                              									der Dampfspannungen, der Regleröffnungen und der Cylinderfüllungen ausführliche
                              									Angaben bringt. Auf dieser Fahrt wurden auf der Strecke von km 0 bis km 40 mit einer
                              									mittleren Steigung von 0,375 ‰ bei einer Cylinderfüllung von 0,61 Proc., der
                              									Regleröffnung von 0,5 bis 0,75 Proc. und einer Fahrgeschwindigkeit von 70 bis 80 km
                              									in der Stunde 720 bis 770  geleistet, während auf der Strecke von km 40 bis
                              									km 88 mit einer mittleren Steigung von 5,15 ‰, einer Cylinderfüllung von 0,55 bis
                              									0,7 Proc., voller Regleröffnung und einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 60 km in der
                              									Stunde 680  geleistet sind. Die Locomotiven haben sich hier noch als sehr
                              									leistungsfähig erwiesen.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)