| Titel: | Der Flug, insbesondere der Vogel- und Insectenflug. | 
| Autor: | Mentz | 
| Fundstelle: | Band 302, Jahrgang 1896, S. 58 | 
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                        Der Flug, insbesondere der Vogel- und
                           									Insectenflug.Vgl. 1888 270 261.
                        Mit Abbildungen.
                        Der Flug, insbesondere der Vogel- und Insectenflug.
                        
                     
                        
                           Wie fliegen Vögel und Insecten?
                           Da es nicht möglich ist, alle Flieger im Rahmen eines kurzen Aufsatzes zu behandeln,
                              									so geschehe dies an einer kleinen Zahl typisch gewählter Fliegerarten.
                           Betrachten wir dabei vor allem die Maasse und Gewichte der Flieger und zwar nicht nur
                              									die des ganzen Körpers, sondern auch die Gewichte der hier hauptsächlich in Frage
                              									kommenden Körpertheile, nämlich der „Flügel“.
                           Die nachstehende kleine Tabelle, die auf sorgsamen Messungen und Wägungen beruht,
                              									gibt wesentliche Resultate und zwar von kleinen, mittelgrossen und grossen Fliegern,
                              									die die Arten der Schwirrer, Schnellflieger und Dauerflieger repräsentiren, womit
                              									indessen nicht gesagt sein soll, dass hier sämmtliche Repräsentanten dieser
                              									verschiedenen Fliegerklassen aufgeführt wären; es liessen sich noch eine ganze Reihe
                              									von Vögeln u.s.w. aufzählen, leider haben mir keine Exemplare von frisch getödteten
                              									Falken, Störchen, Adlern, Schwalben u.s.w. zu Gebote gestanden. Für meinen Zweck
                              									reicht indessen die Tabelle aus.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 302, S. 58
                              Gesammtgewicht; Flügelgewicht (1
                                 										Flügel); Flügellänge u.s.w. im augespannten Zustand; Schwanzlänge und Breite;
                                 										Flügelfläche (2 Flügel); k; qm; Hausfliege; Sperling; Junge Taube; Ausgewachsene
                                 										Taube; Ausgewachsene Krähe; Reiher
                              
                           
                           Aus der Tabelle erhellt, dass anscheinend unbeschadet der Ausdauer und Kraft des
                              									Fluges mit der Grösse des Fliegers (d.h. hauptsächlich seinem Gewicht) die
                              									Flügelfläche relativ im Allgemeinen abnimmt; das Gewicht eines Sperlings ist z.B. im
                              									Gewicht eines Reihers etwa \frac{1850}{28}=66\mbox{mal}
                              									enthalten; die 66fache Flügelfläche des Sperlings beträgt aber 66.0,008 = 0,528 qm;
                              									der Reiher hat aber nur 0,352 qm Flügelfläche. Das Sperlingsgewicht ist im
                              									Taubengewicht (das hier aufgeführte ist das einer sehr kräftigen
                              										Taube)  \frac{600}{28}=21,4 (rd.) mal enthalten; die 21fache
                              									Flügelfläche des Sperlings beträgt aber 21,4.0,008 = 0,1712 qm; die Taube hat aber
                              									nur 0,070 qm. Bei der jungen Taube stellt sich das Verhältniss zum Sperling
                              									gleichartig (0,064 qm gegen 0,03 qm der Taube). Im Verhältniss zum Reiher hat die
                              									Taube allerdings eine relativ kleinere Flügelfläche wie dieser, dagegen ist die
                              									Flügelfläche der jungen Taube relativ grösser als die der älteren, ausgewachsenen;
                              									auch die Grösse der Krähenflügelflugfläche ist relativ grösser als die des Reihers.
                              									Das Gewicht der Sperlingsflügel ist relativ erheblich kleiner (0,0015.66 = 0,099
                              									gegen 0,250 k des Reihers) als das des Reihers, dagegen hat der Sperling relativ
                              									schwerere Flügel als Taube und Krähe, Taube und Krähe dagegen relativ erheblich
                              									leichtere als der Reiher.
                           Es zeigt sich hier eine grosse Mannigfaltigkeit; der Luftwiderstand scheint etwas
                              									mehr als proportional mit der Grösse der Flächen zu wachsen, da ein Reiher
                              									gemächlicher fliegt als ein Sperling, namentlich nicht so oft und heftig mit den
                              									Flügeln zu schlagen braucht, wenn er auffliegen oder neuen Impuls zum Weiterfliegen
                              									nach einiger Zeit des Dahingleitens ohne Flügelschlag erlangen will.
                           Der Unterschied der Flügelform ist ein erheblicher; die Sperlingsvögel und die
                              									Taubenarten u.s.w. haben Flügel von fast dreieckiger Form, wobei die kurze
                              									Dreiecksseite sich am Körper befindet; Krähe, Schwalbe, Reiher u.s.w. haben lange,
                              									fast rechteckige Flügelformen, bei denen die längere kurze Rechteckseite am Körper
                              									sitzt und der äussere zweite Theil des zweitheiligen Flügels eine angenähert
                              									dreieckige Form hat, bisweilen auch eine stumpf abgerundete.
                           Die Flieger, welche sehr schnell mit den Flügeln arbeiten müssen, um zu fliegen,
                              									bezeichne ich als Schwirrer; ihre Flugbahn ist meist eine wellenförmige; eine Anzahl
                              									Flügelschläge, rasch hinter einander ausgeführt, hebt den Vogel und treibt ihn
                              									vorwärts; der Vogel bewegt die Flügel dabei, wenn er sich nur heben und geradeaus
                              									fliegen will, so, dass die vollen Flügelflächen in ganzer Breite senkrecht auf und
                              									nieder schlagen. Die Vorwärtsbewegung entsteht dadurch, dass, die nach oben convexe
                              									Flügelfläche beim Aufwärtsschlagen eine nach vorn, d.h. in der Flugrichtung wirksame
                              									Luftwiderstandsdruckcomponente erzeugt und dass beim Auf- und Abwärtsschlagen die
                              									nach dem Schwanz zu gerichteten Flügelfedern oder Ränder sich durch den
                              									Luftwiderstand mehr oder weniger elastisch nach oben umbiegen, namentlich die
                              									Federfahnen, so dass eine nach hinten gerichtete Druckcomponente entsteht, welche
                              									die Luft rückwärts, also den Vogel u.s.w. vorwärts schiebt. Dies lässt sich
                              									namentlich bei Krähen und Libellen oder Fliegen (wenn man letztere in die Hand nimmt
                              									und mit den Flügeln arbeiten lässt) beobachten; dazu kommt, dass die einzelnen
                              									Fliegerarten mehr oder weniger im Stande sind, ihre Flügel um ihre (Flügel-)
                              									Längsachse zu drehen und beide Wirkungen auf diese Weise erheblich zu verstärken;
                              									dies kann man alles auch genau beobachten, wenn man fliegende Vögel von der Seite
                              									oder von hinten her betrachtet.
                           Hat der Flieger durch kräftige Flügelarbeit die ihm vermöge seiner Muskelkraft und
                              									seines Querschnittprofils mögliche Beharrungsgeschwindigkeit erreicht, über die er
                              									nicht hinaus kann, so kann er längere Zeit ohne Flügelschlag gleiten, weil die
                              									Resultante aus der Fallarbeit und der lebendigen Arbeitskraft der Vorwärtsbewegung
                              									überwiegend wagerecht ist; sobald die Luftwiderstandsarbeit die durch die
                              									Flügelschläge erlangte Gewalt der Vorwärtsbewegung allmählich aufgezehrt hat (was
                              									bei den Schwirrern sehr schnell geschieht, die deshalb nur kurze Strecken gleiten
                              									können, ohne mit den Flügeln zu schlagen), fängt der Vogel an zu sinken und muss
                              									durch erneute Flügelarbeit den früheren Zustand wiederherstellen, wenn er
                              									weiterfliegen will; will er sich setzen, so lässt er sich mit ausgebreiteten
                              									Schwingen und Schwanz sinken, in der Nähe des von ihm gewählten Ruhepunktes legt er
                              									die bis dahin (d.h. beim Sinken) ausgespreizten Schwanzfedern zusammen, wodurch,
                              									weil der Schwerpunkt des Körpers nicht in der Flügelachse, sondern mehr nach dem
                              									Schwanz zu liegt, die drachenartige Wirkung der Schwanzfläche aufhört, der Körper in
                              									eine solche Lage kommt, dass der Kopf nach oben gerichtet ist und der Leib mit dem
                              									Schwanz fast senkrecht darunter hängt, so dass die Füsse den Stütz- oder Ruhepunkt
                              									fassen können; hierbei sind die Flügelflächen senkrecht gegen die ursprüngliche
                              									Flugrichtung gestellt und hemmen die Vorwärtsbewegung des Vogels.
                           Ich mache namentlich auf das starke Umbiegen der Fliegerflügel u.s.w. beim
                              									Abwärtsschlagen an den hinteren Rändern aufmerksam; ferner auf den Umstand, dass die
                              									kleinsten Flieger die Flügel am schnellsten und am häufigsten hinter einander
                              									bewegen müssen. Bei Fliegen u.s.w. ist eine Convexität der Flügel nach oben nicht
                              									vorhanden, was durch das Sichumbiegen der Flügelränder nach unten beim
                              									Aufwärtsschlagen der Flügel ersetzt wird.
                           Am meisten in die Augen fallend ist, dass alle Flieger ein geringes Körper- und ein
                              									sehr geringes Flügelgewicht haben.
                           Rechnet man proportional nach dem Reiher, so müsste ein Mensch, um wie ein Reiher
                              									beflügelt zu sein, d.h. im Verhältniss zu seinem Körpergewicht,
                              										\frac{80}{1,85}\,.\,0,35=\mbox{rd. }15,00\mbox{ qm}
                              									Flügelfläche haben; ich wies früher bei Berechnung der Fallschirmflächengrösse nach,
                              									dass für diese Fläche schon 10 bis 12 qm ausreichend seien, und diese Flügelfläche
                              									dürfte nur \frac{80}{1,85}\,.\,2\,.\,0,25=22,0\mbox{ k rd.}
                              									wiegen, also jeder Flügel rd. 11,0 k (NB! Wenn das Menschengewicht einschliesslich
                              									Flügelgewicht nur 80,0 k wäre). Diese 11,0 k ist aber kein Mensch im Stande, mit
                              									Hilfe seiner Muskelkraft so schnell und ausdauernd zu bewegen, wie ein Reiher seine
                              									Flügel, und dabei noch die erforderliche Luftwiderstandsarbeit zu erzeugen, welche
                              									er zum Emporheben seines Körpers gebraucht, abgesehen davon, dass es nicht leicht
                              									gelingen dürfte, mit den zur Zeit vorhandenen Materialien Flügel von solcher
                              									Leichtigkeit, die also für 1 qm nur etwa 2 k wögen, so fest und steif herzustellen, dass jeder
                              									Muskeldruck auf die ganze Masse jedes Flügels in der dazu nur verfügbaren (vgl. die
                              									folgenden Berechnungen) Zeit übertragen wird. Am wenigsten aber wird man die
                              									Geschwindigkeit der Vorwärtsbewegung erreichen, welche zum freien Dahingleiten ohne
                              									Flügelschlag erforderlich ist, wenn man in senkrechter Körperhaltung, also so, wie
                              									man geht, zu fliegen sucht; man wird, des Luftwiderstandes wegen, nicht über eine
                              									Geschwindigkeit von 8 bis 10 m (die eines Radfahrers) hinauskommen, und diese
                              									Geschwindigkeit genügt nicht. In wagerechter Körperlage aber wird man schlecht
                              									arbeiten können. Man construire die Flügel einmal so, dass dieselben Ränder
                              									erhalten, die sich beim Aufwärts- und Abwärtsschlagen nach unten bezieh. nach oben
                              									elastisch umbiegen, um die Vorwärtsbewegung dadurch und nicht allein durch die
                              									Schwerkraft zu ermöglichen. Man wird auf diese Weise mit den jetzt vorhandenen
                              									Flügelconstructionen, wenn diese so verbessert werden, etwas grössere Strecken
                              									zurücklegen können als bisher, und würde erheblich grössere gleiten, wenn man
                              									liegend fliegen könnte.
                           Wie ausserordentlich wesentlich die Zahl und Energie der Flügelschläge in der Secunde
                              									für die Möglichkeit des Fliegens überhaupt ist, wird die nachfolgende Rechnung
                              									zeigen. Zum Vergnügen schlägt z.B. ein Rebhuhn nicht so ausserordentlich schnell mit
                              									den Flügeln, ebenso auch nicht ein Birkhuhn oder ein Sperling u.s.w., sondern
                              									deshalb, weil diese Vögel ihres verhältnissmässig grossen Körpergewichts halber die
                              									Fallarbeit durch sehr schnell auf einander folgende, ein schwirrendes Geräusch
                              									hervorbringende Flügelschläge verringern müssen; eine wagerecht liegende fliegende
                              									Scheibe gleicht einem Vogel mit ausgebreiteten Flügeln und Schwanzfläche; so lange
                              									ihre Geschwindigkeit gross ist, ist ihre Flugbahn fast wagerecht, wie beim
                              									dahingleitenden Vogel; mit abnehmender Geschwindigkeit sinkt sie fallschirmartig und
                              									natürlich des grösseren Luftwiderstandes wegen langsamer als ein runder oder spitzer
                              									Körper und hat deshalb eine erheblich längere Flugbahn; so ist es auch bei den
                              									Fliegern. Rechnen wir nun.
                           Die Anziehung der Erde bewirkt eine allmählich sich beschleunigende Bewegung bei
                              									einem fallenden Körper; die Beschleunigung g sei rd. =
                              									10,0 m am Ende der ersten Secunde; der Weg ist
                              									s=\frac{g\,t^2}{2}.
                           Demnach ist
                           
                              
                                 
                                    s
                                    
                                 in
                                 1
                                 Secunde
                                 = 5,00 m
                                 (annähernd)
                                 
                              
                                 
                                    s
                                    
                                 „
                                 ½
                                 „
                                 = 1,25 m
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    s
                                    
                                 „
                                 ⅓
                                 „
                                 = 0,60 m
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    s
                                    
                                 „
                                 ¼
                                 „
                                 = 0,31 m
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    s
                                    
                                 „
                                 ⅕
                                 „
                                 = 0,20 m
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    s
                                    
                                 „
                                 ⅙
                                 „
                                 = 0,14 m
                                 „
                                 
                              
                                 
                                    s
                                    
                                 „
                                 1/7
                                 „
                                 = 0,10 m
                                 „
                                 
                              
                           u.s.w. Dies steht hinlänglich fest.
                           Nehmen wir nun z.B. eine ausgewachsene Taube und berechnen unter Benutzung der ersten
                              									Tabelle über Körper- u.s.w. Gewichte und Flügelflächen die beim Taubenflug
                              									entstehenden Arbeiten, wie sie sich namentlich beim Auffliegen, im Beginn des
                              									Fluges, stellen.
                           1) Das Gewicht der Taube beträgt 0,60 k.
                           2) Die Flügelfläche beträgt 0,07 qm.
                           3) Die Anzahl der Flügelschläge werde zunächst zu n in
                              									der Secunde angenommen.
                           4) Das „v“ des Flügelniederschlages sei = 15,00
                              									m, d.h. der Flügel werde auf die Länge des Flügelflächenschwerpunktweges mit
                              									solcher Kraft niedergeschlagen, dass er, im Augenblick des Schlages von der Taube
                              									losgelöst, wenn die Taube im Stande wäre, ihm 1 Secunde lang dieselbe Energie zu
                              									ertheilen, obwohl der Flügel nicht mehr an ihrem Körper festsässe, 15,0 m weit in 1
                              									Secunde fliegen würde; dies muss vor allem beachtet werden; die Taube braucht die
                              									nöthige Energie nur auf die vorbezeichnete Schwerpunktswegelänge zu entwickeln! Dies
                              									erklärt die verhältnissmässig geringe Arbeit derselben. Die Masse der Taubenflügel
                              									braucht also nicht 1 Secunde lang mit der Geschwindigkeit von 15,0 m bewegt zu
                              									werden, sondern nur so lange Zeit, als bei dieser Geschwindigkeit die Zurücklegung
                              									eines Weges von der Länge des Flügelflächenschwerpunktsweges erforderlich macht;
                              									diese Zeit wird um so kürzer, je grösser „v“,
                              									d.h. die Geschwindigkeit des Flügelabwärtsschlages ist; hierbei nimmt natürlich die
                              									Kraftleistung relativ zu.
                           5) Aus „v“ bestimmt sich „r1“, d. i. die
                              									Geschwindigkeit des Flügelhubes, wenn die Zahl der Flügelschläge in der Secunde
                              									gegeben ist.
                           6) Die Länge des Flügelflächenschwerpunktsweges sei zu 0,17 m angenommen, was ich
                              									augenblicklich an dem Taubenflügel, bezieh. mit Hilfe desselben, den ich gerade zur
                              									Hand habe und der von der 0,6 k schweren Taube herrührt, ermittele.
                           Die Fallarbeit der Taube in ⅓ Secunde beträgt, unter der
                              									Voraussetzung, dass sie mit geschlossenen Schwingen und Schwanzfläche, also
                              									möglichst geringem Luftwiderstand fiele, 0,6 m.0,6 k = 0,36
                                 										mk. Diese Fallarbeit ist durch die Muskelarbeit des Thieres mindestens zu
                              									überwinden.
                           Zunächst werde ausser Acht gelassen, dass die Muskeln der Taube beim Abwärtsschlagen
                              									der Flügel durch die Erdschwere eine beschleunigende Unterstützung erfahren, also
                              									etwas entlastet werden; die Arbeit der Bewegung der Flügelmasse allein beträgt (nach
                              									der Formel \frac{m}{2}\,v^2 für 1 Secunde)
                              										\frac{2\,.\,0,022\,.\,15^2}{2\,.\,90\mbox{ (rd.)}}=0,055\mbox{
                                 										mk} in ⅓ Secunde (bei drei Schlägen). Da nämlich beide Flügel
                              									gleichzeitig nur einen Weg von 0,17 m machen, so ist von der Taube die erforderliche
                              									Energie für die Bewegung der Flügel mit v = 15,0 m in
                              									der Secunde nur für einen Weg von 0,17 m, also den 90. Theil einer Secunde lang, zu
                              									leisten (90.0,17 = rd. 15 m). Es muss so gerechnet werden, weil die
                              									Luftwiderstandsarbeit beim Abwärtsschlagen der Flügel auf jedem Punkte der 0,17 m
                              									die darauf entfallende gleiche Muskelarbeitsmenge aufzehrt, der event. Ueberschuss
                              									der entwickelten Arbeit aber zur Vorwärtsbewegung u.s.w. verbraucht wird, so dass
                              									nur eine geringe Arbeit übrig bleibt, die Trägheit der Flügelmassen zu beseitigen.
                              									Diese Trägheit, d.h. das Bestreben, mit derselben Geschwindigkeit in der zuletzt
                              									angenommenen Richtung weiter zu gehen, wird aber dadurch aufgehoben, dass die Flügel
                              									beim Vorwärtsgleiten gegen ruhende Lufttheilchen stossen, welche den Flügel zusammen
                              									mit dem durch die oberhalb des Flügels entstandene Luftverdünnung auf die
                              									Unterfläche desselben wirksam werdenden Atmosphärendruck zurückzubewegen streben;
                              									ganz und gar aufgehoben wird die Trägheit, was ich früher mittels kleiner
                              									Fallschirme experimentell nachgewiesen habe und noch nachweisen kann.
                           
                           Nach der Näherungsformel 0,135. F.v2 für den Luftwiderstand beträgt die von beiden
                              									Flügeln hervorgerufene Widerstandsarbeit hier
                           0,135. 0,07.152.0,17 = 0,36
                              									mk.
                           Diese Arbeit ist schon so gross wie die Fallarbeit der Taube in ⅓ Secunde, wie
                              									vorberechnet; demnach ist hier entweder die Zahl der Flügelschläge, oder die
                              									Geschwindigkeit des Abwärtsschlages, oder die Wegelänge 0,17 m zu klein angenommen,
                              									weil für die Arbeit des Flügelhubes kein entsprechender Ueberschuss vorhanden ist,
                              									desgleichen auch nicht für die Vorwärtsbewegung. Es werden deshalb zunächst statt
                              									dreier Flügelschläge einmal vier in der Secunde angenommen; v = 15,0 m, sowie die Wegelänge 0,17 m bleibe dagegen unverändert. Alsdann
                              									ergibt die Rechnung:
                           1) Fallarbeit der Taube in ¼ Secunde: 0,31 m.0,6 k = 0,186 mk, also etwa die Hälfte
                              									von derjenigen im vorigen Fall.
                           2) Arbeit des Flügelniederschlages mit v = 15 m in der
                              									Secunde, wie vor = 0,055 mk, aber statt dreimal nun viermal vom Vogel zu leisten,
                              									also anscheinend anstrengender.
                           3) Arbeit, die Flügel zu heben auf den Weg „s“ =
                              									0,17 m; die Geschwindigkeit des Hubes resultirt aus folgender Rechnung: die Flügel
                              									werden in ¼ Secunde 0,17 m mit v = 15,0 m/Sec.
                              									herabgeschlagen, das Abwärtsschlagen dauert also nur 1/90 Secunde, wie schon berechnet; mithin
                              									bleiben zum Aufwärtsschlagen
                              										\frac{1}{4}-\frac{1}{90}=\frac{22,5}{90}-\frac{1}{90}=\mbox{rd.
                                 										}\frac{21}{90} Secunde; in 21/90 Secunde legen beide Flügel gleichzeitig den Weg
                              									von 0,17 m zurück, haben also eine Secundengeschwindigkeit von 4,3.0,17 = 0,73 m;
                              									demnach ist die Arbeit des Flügelhubes an sich (d.h. die Bewegung der Flugelmasse
                              									allein) \frac{2\,.\,0,022\,.\,0,73^2}{2\,.\,4,3}=\mbox{rd. }0,003\mbox{
                                 										mk}. Hierzu kommt die Arbeit der Erdanziehung, die beim Heben
                              									überwunden werden muss, welche in 21/90 Secunde rd. 0,25 m.2.0,022 = 0,011 mk beträgt;
                              									ferner die zu überwindende Luft Widerstandsarbeit (ohne Rücksicht auf die Convexität
                              									der Flügel nach oben angenommen) mit 0,135.0,07.0,732.0,17 = rd. 0,001 mk; im Ganzen beträgt also die Arbeit für den Flügelhub
                              									0,015 mk; dazu die Fallarbeit mit 0,186 mk, die Niederschlagsarbeit mit 0,055 mk,
                              									gibt zusammen als ganze Arbeit 0,256 mk. Die Luftwiderstandsarbeit beim
                              									Abwärtsschlagen mit v = 15,0 m/Sec. beträgt
                              									aber 0,36 mk, wie schon zuvor berechnet; sie ist mithin grösser als die
                              									vorberechneten entgegengesetzt wirkenden Arbeiten; mithin bleibt bei dieser Annahme
                              									ein Ueberschuss von rd. 0,10 mk an lebendiger Kraft, der zur Vorwärts- bezieh.
                              									Aufwärtsbewegung der Taube geeignet ist. Hat der Vogel genügende Geschwindigkeit
                              									erreicht, so hat er in 1/90 Secunde ein Plus von 0,10 mk seiner eigenen
                              									lebendigen Kraft, während die Erdschwere ihn in gleicher Zeit nur mit 0,006 m.0,6 =
                              									0,0036 mk Fallarbeit anzieht; die Resultante aus 0,10 wagerecht und 0,0036 senkrecht
                              									ist aber fast wagerecht gerichtet, der Vogel wird also eine Zeit lang ohne
                              									Flügelschlag schweben können, so lange bis Fallarbeit und Luftwiderstandsarbeit das
                              									Plus aus einer Reihe von Flügelschlägen (die Zahl steht im Belieben des Vogels)
                              									aufgezehrt hat und der Vogel zu sinken beginnt. In Wirklichkeit wird sich die
                              									von der Taube zu leistende Arbeit noch etwas kleiner stellen, weil der Vogel
                              									Fallschirmflächen hat, die nicht berücksichtigt sind, und aus den voraufgeführten
                              									Gründen (vgl. den Aufsatz vom Jahre 1888). Um noch einmal zu resumiren, werden die
                              									sämmtlichen von der Taube zu leistenden Arbeiten in ⅓ bezieh. ¼ Secunde
                              									zusammenaddirt; hierbei ergibt sich, dass die Taube in ¼ Secunde, d.h. bei vier
                              									Flügelschlägen in 1 Secunde, weniger Arbeit zu leisten hat als bei drei
                              									Schlägen.
                           
                              
                                 
                                 In ¼ Secunde ist zu
                                    											leisten:
                                 v abwärts = 15m/Sec.
                                 
                              
                                 1)
                                 Luftwiderstandsarbeit (= Fall-arbeit) beim
                                    											Flügelnieder-schlagen
                                 0,186 mk
                                 
                                 
                              
                                 2)
                                 Desgl. beim Heben der Flügel
                                 0,003 mk
                                 
                                 
                              
                                 3)
                                 Arbeit zum Sichheben undFortbewegen
                                 0,100 mk
                                 (angenommen)
                                 
                              
                                 4)
                                 Arbeit, die Flügelmassen ab-wärts zu
                                    											schlagen
                                 0,055 mk
                                 (Erdanziehung,weil zu klein,
                                    											ver-machlässigt)
                                 
                              
                                 5)
                                 Arbeit, die Masse der Flügelaufwärts zu heben
                                 0,003 mk
                                 
                                 
                              
                                 6)
                                 Erdanziehung beim Heben derFlügel
                                 0,011 mk
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 zus.
                                 0,358 mk
                                 in ¼ Secunde;
                                 
                              
                                 
                                 also in 1 Secunde 4.0,358 = 1,432 mk.
                                 
                              
                                 
                                 In ⅓ Secunde ist zu
                                    											leisten:
                                 v abwärts = 15m/Sec.
                                 
                              
                                 1)
                                 Luftwiderstandsarbeit (= Fall-arbeit)
                                 0,36 mk
                                 
                                 
                              
                                 2)
                                 Desgl. beim Heben der Flügel0,135.0,07.0,532.0,17
                                 0,0004 mk
                                 
                                 
                              
                                 3)
                                 Arbeit zum Sichheben und zurFortbewegung
                                 0,1000 mk
                                 (wie oben)
                                 
                              
                                 4)
                                 Arbeit, die Flügelmassen ab-wärts zu schlagen
                                 0,0550 mk
                                 (wie oben, dav = 15
                                    											m)
                                 
                              
                                 5)
                                 Arbeit, die Masse der Flügel zuheben:
                                    												\frac{2\,.\,0,022\,.\,0,53^2}{2\,.\,3,1}
                                 0,0020 mk
                                 
                                 
                              
                                 6)
                                 Erdanziehung beim Heben0,60.2.0,022
                                 0,0264 mk
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 zus.
                                 0,5438 mk
                                 in ⅓ Secunde;
                                 
                              
                                 
                                 also in 1 Secunde ist zu leisten 3.0,5438 = 1,6314
                                    											mk, alsomehr als in ¼ Secunde, was zu erweisen war.
                                 
                              
                           Hierdurch ist bewiesen, und ich meine, dass sich gegen die vorstehende Berechnungsart
                              									nichts einwenden lassen wird, dass eine Vermehrung der Zahl der Flügelschläge eine
                              									Verminderung der Fliegearbeit bewirkt, was natürlich nur in bestimmten Grenzen gilt,
                              									da die lebendige Kraft der einzelnen Fliegerarten eine begrenzte ist, so dass z.B.
                              									eine Taube nicht im Stande ist, ihre Flügel 200mal in 1 Secunde hin und her zu
                              									bewegen, wie eine Fliege, deren Flügelgewicht an sich ein sehr geringes ist, so dass
                              									diese grosse Anzahl von Flügelschlägen von der Fliege eben geleistet werden kann.
                              									Die Fliege ist auch im Stande, die vorhin besprochene Umbiegung ihrer Flügelränder
                              									willkürlich grösser oder kleiner zu gestalten, oder ganz zu hindern, denn sie kann
                              									sich auch unbeweglich auf einer Stelle in der Luft schwebend erhalten. Sämmtliche
                              									Flieger werden durch den Wind beeinflusst und können, je nach der Muskelkraft der
                              									einzelnen Arten, nicht gegen stärkeren Wind fliegen, sind vielmehr genöthigt, gegen
                              									den Wind zu kreuzen, werden oft zurückgetrieben, oder müssen, wie man z.B. häufig
                              									bei Krähen sieht, dicht am Boden fliegen, um gegen den Wind fortkommen zu können.
                              									Namentlich erschwert der Wind das Balanciren. Selbst Möven und ähnliche Vögel, die
                              									vorwiegend gern im Winde fliegen, können sich bei starkem Winde nicht gegen den Wind
                              									bewegen, wenn sie nicht kräftig mit den Flügeln arbeiten oder durch kreisende
                              									Bewegung lebendige Kraft genug erhalten, um gegen die Luftströmung aufzukommen. Beim
                              										Kreisen liegt
                              									der Vogel so, dass der nach innen liegende Flügel etwas nach unten weist, während
                              									der in der äusseren Peripherie der Kreisbewegung befindliche Flügel etwas nach oben
                              									gerichtet ist, so dass der Vogel durch die Centrifugalkraft die Schwebe- und
                              									Vorwärts- bezieh. Kreisbewegung ermöglicht. Stillstand in der Bewegung und einfaches
                              									Schweben auf einem Punkte muss eintreten, sobald die Summe aller Arbeiten bis auf
                              									diejenige, die den Vogel allein schwebend hält, annullirt wird. Somit lassen sich
                              									alle Flugerscheinungen ohne Zuhilfenahme künstlicher Theorien, bei welchen meist
                              									eine sorgfältige Naturbeobachtung fehlt, sehr gut erklären. Es erscheint mir
                              									wunderbar, dass bis zum heutigen Tage noch Zweifel darüber zu bestehen scheinen, wie
                              									die Vögel, oder Flieger im Allgemeinen, mit ihren Flügeln arbeiten, während ich dies
                              									täglich auf das genaueste sehe. Vögel, welche sich überschlagen können, wie
                              									Tümmlertauben, besitzen eine grosse Drehfähigkeit der Flügel in den Schultergelenken
                              									und ausserdem liegt bei ihnen der Körperschwerpunkt sehr nahe an der Flügelachse.
                              									Zur Zeit habe ich hier in Geestemünde besonders Gelegenheit, den Flug der Seemöven
                              									zu beobachten. Einen sogen. kraftsparenden Wellenflug habe ich bislang noch nicht zu
                              									beobachten Gelegenheit gehabt und bezweifle ihn aus physikalischen Gründen; er
                              									erinnert mich sehr an das Perpetuum mobile und darf wohl als eine ganz irrige und
                              									unerwiesene, sowie unbeweisbare Sache angesehen werden, die auf ungenügender
                              									Beobachtung basirt.
                           Betrachten wir nun die Möglichkeit des persönlichen Fluges, d.h. des wirklich freien
                              									Fluges, der das Auffliegen aus dem Ruhezustand, das dauernde Schweben und die
                              									schnelle Vorwärtsbewegung unter Einhaltung der richtigen Balance, das Wenden und das
                              									Sichniederlassen auf bestimmter Stelle hauptsächlich in sich begreift. Nehmen wir
                              									an, ein Mensch wolle stehend fliegen und zwar mit einer Geschwindigkeit von 30,00
                              										m/Sec. Der
                              									Mensch setzt der Durchschneidung der Luft etwa eine Fläche von rd. 1,50.0,4 = 0,6 qm
                              									entgegen. Bei 30,00 m constanter Bewegungsgeschwindigkeit entsteht bei ruhiger Luft
                              									ein constanter Druck von 0,6 qm. 0,135.30,002 =
                              									72,9 = rd. 73,0 k und eine secundlich zu leistende Arbeit von 73,00.30,00 = 2190 mk.
                              									Es würde eine grosse Anzahl kraftvoller Flügelschläge dazu gehören, die schnell
                              									hinter einander ausgeführt werden müssten, um durch allmähliche Summirung der
                              									nöthigen Kraftüberschüsse bei den einzelnen Schlägen diese Arbeit allmählich
                              									herzustellen. Denkt man den menschlichen Körper dagegen wagerecht fliegend, so
                              									beträgt die Querschnitts- und Widerstandsfläche, wenn die Körperlängsachse in der
                              									Flugrichtung liegt, nur etwa 0,4.0,5 = 0,20 qm; mithin ist die Arbeit (bei v = 30,0 m) nur ⅓ so gross, als bei senkrechter
                              									Körperstellung, also nur 730 mk. Da diese Arbeit erheblich kleiner, so ist also das
                              									Fliegen in wagerechter Lage des Körpers jedenfalls rationeller. Ausser der bei
                              									grösseren Geschwindigkeiten noch sehr bedeutenden Luftwiderstandsarbeit ist nun aber
                              									noch die Fallarbeit und Hubarbeit, d.h. die Arbeit, die Flügel zu bewegen, zu
                              									bewältigen. In 1 Secunde beträgt die Fallarbeit bei 80 k Körper- +
                              									Flugapparatgewicht rd. 5,0.80 = 400 mk; hierbei ist indessen der Umstand ausser Acht
                              									gelassen, dass die ausgebreiteten Flügel des Flugapparates – die Fläche beider
                              									zusammen werde zu 10,0 qm angenommen (und das Gewicht im Ganzen zu nur 10,0 k)
                              									– zusammen mit der wagerecht liegenden Körperfläche eine Luftwiderstandsfläche von
                              									rd. 11,0 qm bilden, welche, fallschirmartig wirkend, nur eine bestimmte
                              									Fallgeschwindigkeit zulässt, d.h. dass sie, bei ruhiger Luft, ein ungefähr
                              									constantes Fallbeharrungs-„v“ bedingt. Dieses
                              										v berechnet sich aus folgender Gleichung: Es muss
                              									das Gewicht des ganzen fallenden Fliegers sein = dem Luftdruck auf die
                              									Luftwiderstandsfläche, also 80 k = 11,0 qm. 0,135.v2; hieraus folgt v =
                              									rd. 7,4 m; das Beharrungs-„v“ ist also schon
                              									nach 0,8 Secunden ungefähr erreicht. Der durchfallene Weg „s“ in 0,8 Secunden
                              									ist aber etwa = 5.0,82 = rd. 3,20 m; folglich
                              									beträgt hiernach die Fallarbeit des Systems nur 3,2.80 = 256 mk und nicht 400 mk,
                              									wie erst berechnet. Freilich ist Voraussetzung dabei, dass die Fallschirmfläche
                              									stets wagerecht liegend wirksam ist; wenn aber die Flügel beim Fliegen bewegt
                              									werden, so trifft dies um so weniger zu, je grösser der Kreisweg des
                              									Flügelflächenschwerpunkts ist. Die wirklich zu leistende Arbeit wird also zwischen
                              									256 und 400 mk liegen; nehmen wir sie zu 300,00 mk an. Zur Bewältigung dieser
                              									Arbeit, die bei einem Flügelschlage in 0,8 Secunden zu geschehen hätte, müssten die
                              									zusammen nur 10 k schwer gedachten Flügel mit einem „v“ abwärts schlagen, das sich aus der Gleichung 10,0 qm.0,135.v2.1,5 m (=
                              									Schwerpunktswegelänge) = 300 zu rd. 12,0 m ergibt. Das kann die menschliche
                              									Muskelkraft nicht leisten, wie z.B. ein Turner, welcher am Barren Stützübungen
                              									macht, aufs klarste beweist; derselbe ist nicht einmal im Stande, seinen Körper mit
                              									den Armen etwa 0,5 m in 1 Secunde zu heben, also etwa 40 mk Arbeit zu leisten, und
                              									ein Springer kann seinen Körper mit den Beinen nur etwa 2,0 m in 1 Secunde vorwärts
                              									bewegen, also höchstens 2.80 = 160,0 mk leisten und dies auch nur vorübergehend und
                              									nicht ausdauernd hinter einander.
                           Da die vorberechneten Kraftleistungen nicht nur zum Auffliegen, sondern auch zur
                              									Fortsetzung des Fluges zu entwickeln sind, so geht aus den vorstehenden Rechnungen
                              									hervor, dass ein persönlicher Flug in der Weise, wie ein Vogel ihn ausübt, dem
                              									Menschen mit Hilfe eines einfachen, nicht durch besondere Kräfte bewegten
                              									Flugapparates nicht möglich sein kann, weil kein Mensch im Stande ist, 10 bis 22 k
                              									Flügelgewicht mit der nöthigen Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer zu bewegen; denkbar
                              									ist nur, dass man sich von einem hochgelegenen Punkte herablässt, günstige Umstände,
                              									wie entgegenstehenden Wind, benutzt. um mit Hilfe der Schwerkraft und derjenigen
                              									Flügelarbeit, welche man als Mensch leisten kann, in schräger Richtung ein Stück
                              									fliegend, sehr bald den Boden wieder zu erreichen; bei Verbesserung der
                              									Flügelconstruction, Herstellung solcher Flügel, deren Ränder sich nach oben und
                              									unten, wie die Federn oder Federfahnen der Vogelflügel oder die Ränder der
                              									Insectenflügel umbiegen können, wird man den Weg erheblich verlängern können, da es
                              									gelingen wird, die Geschwindigkeit der Vorwärtsbewegung zu vergrössern und so an
                              									lebendiger Flugkraft zu gewinnen, alles natürlich in engeren Grenzen. Zur
                              									Bewältigung der erheblichen Fallarbeit, wie sie das Gewicht des Menschen mit seiner
                              									Maschine zusammen haben muss, werden unbedingt grössere Kräfte zu Hilfe genommen
                              									werden müssen und wir besitzen solche in den Explosivstoffen! Diese allein sind im
                              									Stande, die ruckförmige Bewegung hervorzubringen, mit welcher die Flügel bewegt werden müssen, um
                              									den nöthigen Widerstandsdruck der Luft hervorzurufen (oder besser gesagt, die
                              									Widerstandsarbeit, weil eine Kraft ohne Richtungstendenz, d.h. ohne das Bestreben,
                              									in bestimmter Richtung zu wirken, also Arbeit zu leisten, bezieh. eine Kraft ohne
                              									Arbeit nicht denkbar ist), der zum Schweben und zur Vorwärtsbewegung nöthig ist. Ruhe ist die Wirkung gleicher entgegengesetzt gerichteter
                                 										Arbeiten, nicht Kräfte, das ganze Weltall arbeitet, auch da, wo scheinbar Ruhe
                                 										herrscht; die Anziehung der Massen ist ein continuirlich wirkender Kraftstrom,
                                 										keine Einzelkraft, abhängig von der Art der Masse, unaufhörlich Stoff gegen
                                 										Stoff drängend, Wärme, Licht u.s.w. erzeugend. Der continuirlich wirkende
                              									Anziehungskraftstrom, der in Form der Fallarbeit auf den Vogel in der Luft wirkt,
                              									muss durch eine ebenso continuirlich wirkende Luftwiderstandsarbeit bezieh.
                              									Flügelarbeit überwunden werden. Sehen wir nun, wie dies mit Hilfe einer Maschine
                              									möglich ist. Das Streben muss dahin gehen, die Maschine so leicht wie möglich zu
                              									bauen; als Baustoffe dürften sich Bambusrohr, Schnüre von Hanf, Stahlblech,
                              									Segelleinwand oder Seide, dünne Mannesmann-Rohre u. dgl. empfehlen, als
                              									Explosivstoffe comprimirter Wasserstoff, Sauerstoff, Leuchtgas u.s.w., sowie event.
                              									Dynamit, das in kleinen Mengen leicht transportirbar ausserordentlich grosse Kräfte
                              									repräsentirt. Die Explosivstoffe sind so unterzubringen, dass sie nicht in Gefahr
                              									kommen, vorzeitig zu explodiren, d.h. sie müssen in kleinen, den gewollten
                              									Kraftleistungen entsprechenden Massen zur Verwendung kommen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 302, S. 63
                              Skizze des Flugapparates.
                              a Senkrecht auf und ab bewegliches
                                 										Steuer zur Ermöglichung schrägen Steigens und Fallens. b Cylinder. c Elastischer
                                 										Rand. d Rippenwerk der mit Stoff überzogenen Flügel; die. Flügel 11 schlagen
                                 										gleichzeitig, desgl. die Flügel 2 2, die einen auf-, die andern abwärts, e
                                 										Steuer für Seitwärtsbewegung. f Drehpunkt. g Geschlossene Stabverbindung. h
                                 										Offen. i Sitzbretter. i1 Sitzbrett des
                                 										Steuermanns. k Cylinder. l Zuleitung. m Gaskasten bezieh. Behälter für
                                 										Explosivstoffe. n Auspuffleitung.
                              
                           Gemäss vorstehender Skizze würde sich das Gewicht eines Flugapparates für vier
                              									Menschen etwa stellen wie folgt:
                           
                              
                                 8.10 =
                                 80 qm Segeltuch
                                 à 0,8 k =
                                   64 k
                                 
                              
                                 
                                 80 qm Flügelrippen
                                 à 1,2 k =
                                   96 k
                                 
                              
                                 
                                   4 Pleuelgestänge und      Kolben
                                 à 8,0 k =
                                   32 k
                                 
                              
                                 
                                   4 Cylinder
                                 à 25 k =
                                 100 k
                                 
                              
                                 
                                   5 Constructionsbin-      der des Gestelles
                                 à 10 k =
                                   50 k
                                 
                              
                                 
                                   2 Gaskästen
                                 à 20 k =
                                   40 k
                                 
                              
                                 
                                   4 Menschen
                                 à 75 k =
                                 300 k
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Zus.
                                 682 k
                                 
                              
                                 
                                 Dazu für Sitzplätze, Schwanz-    steuer u.s.w.
                                   68 k
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Summa
                                 750 k
                                 
                              
                           Es werden zwei Schläge für die Secunde angenommen und zwar sollen nur vier Flügel je
                              									einen Schlag in der Secunde thun, also nur 40 qm Flügelfläche in der Secundenhälfte
                              									arbeiten.
                           Zunächst werde ermittelt, mit welcher constanten Geschwindigkeit der Apparat bei 40
                              									qm Fallschirmfläche fallen würde. Für diesen Fall besteht die Gleichung 40.0,13.v2 = 750 oder v = 12,0 m. Mithin wäre die constante Fallarbeit,
                              									welche zu überwinden wäre = 12.750 mk; diese Arbeit, die erst nach Ablauf einer
                              									Secunde eintritt, ist indessen nicht zu leisten, sondern nur die Fallarbeit, welche
                              									das System in ½ Secunde leisten würde, und diese ist erheblich kleiner, nämlich nur
                              									= 1,25.750 = 937,50 mk = rd. 940 mk. Mit welchem „v“ müssen die Flügel bewegt werden, um diese Arbeit zu leisten? Es
                              									muss sein: 40.0,135.v2.1,5 = 940 + v.60 (d.h. letzteres ist die
                              									Arbeit, die Flügel selbst in Bewegung zu setzen; die Flügel seien nämlich zu bewegen
                              									auf einem Wege von 1,5 m, d.h. der Schwerpunktsweg der Flügelflächen soll = 1,5 m
                              									sein [s. oben], dann ist \frac{v}{n}=1,5, also
                              										n=\frac{v}{1,5}; mithin
                              										\frac{40\,(0,8+12)}{2}\,.\,\frac{v^2}{n}=\frac{80}{2}\,.\,v\,.\,1,5=v\,.\,60),
                              									oder v2 – 7,48.v = 116,05, oder v = 16,85
                              									= rd. 17,0 m; es müssen also die 40 qm Flügelmasse und Fläche mit v = 17,0 m auf eine Wegelänge von 1,5 m in jeder
                              									Secunde bewegt werden. In zwei Cylindern muss also in jeder halben Secunde eine
                              									Arbeit von ungefähr (einschl. der Reibung u.s.w.) etwa 1100 mk geleistet werden. Hat
                              									jeder Cylinder 20 cm Durchmesser, so hat jeder Kolben darin etwa 102.3,141 = rd. 314 qc Fläche, muss also durch die
                              									Explosion des Dynamits oder Gasgemisches mit \frac{1100}{314}=\mbox{ rd.
                                 										}4 Druck bei einer Wurfhöhe von 1,5 m, und mit 8 k Druck für 1 qc – um
                              									zu hohe Cylinder zu vermeiden – bei einer Wurfhöhe des Kolbens von 0,75 m in die
                              									Höhe geworfen werden. Die Cylinder sollen inwendig mit Asbestcement Kühlewein
                              									gefüttert werden, um eine zu starke Erhitzung derselben zu verhindern. Die Explosion
                              									für den Hub des Flügels kann, dem verminderten v
                              									entsprechend, erheblich schwächer sein. Auf den Abwärtsschlag wird natürlich nicht ½
                              									Secunde Zeit, sondern nur \frac{1,5}{17}=\frac{9}{100} Secunden
                              									gebraucht.
                           Mentz, kgl. Regbmstr.