| Titel: | Fahrräder. | 
| Fundstelle: | Band 302, Jahrgang 1896, S. 250 | 
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                        Fahrräder.
                        (Vorhergehender Bericht 1896 301 * 175 u.s.f.)
                        Mit Abbildungen.
                        Fahrräder.
                        
                     
                        
                           I. Systeme und Rahmen.
                           
                              a) Fahrräder mit
                                    										Fussbetrieb.
                              Zur Ueberführung Verwundeter von der Unglücksstelle zum Hospital sind in New York
                                 										seit einiger Zeit Ambulanzfahrräder im Dienst. Diese bestehen aus zwei
                                 										Zweirädern, die derart mit einander verbunden werden, dass der Zwischenraum
                                 										zwischen beiden einen leichten, auf vier Federn ruhenden Rahmen zur
                                 										Aufnahme einer Matratze bildet. Ferner ist jede Maschine mit einer Vorrichtung
                                 										zur Aufnahme des Verbandkastens u.s.w. versehen.
                              Zu demselben Zweck construirten zwei Wiener ein Fahrrad, das sofort in einen
                                 										zweirädrigen Krankenwagen umgewandelt werden kann. Das Gestell dieses Rades ist
                                 										so eingerichtet, dass es so zusammengelegt werden kann, dass die anfangs hinter
                                 										einander stehenden Räder neben einander zu liegen kommen und alsdann unter
                                 										Zuhilfenahme zweier Stangen einem modernen Krankenschiebewagen gleicht.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 250
                                 Fig. 1.Einrad von Finch.
                                 
                              Das dem modernen Niederrad angepasste Einrad von J. W.
                                    											Finch in Northampton, Mass. (Amerikanisches Patent Nr. 521786),
                                 										besteht, wie Fig. 1 zeigt, aus einer das Laufrad
                                 										bildenden Felge a, auf welcher der Pneumatikreifen
                                 											b montirt ist. Auf der Innenseite dieser Felge
                                 										befindet sich eine Spurrinne, in der das Antriebsrad c, sowie die Stützräder d und e laufen. Diese Räder sind mit dem Rahmen h, der den Sattel trägt, verbunden. Um nun den
                                 										Antriebsmechanismus in der Spurrinne zu halten, ist mit dem hinteren und
                                 										vorderen Ende des Rahmens die Strebe f, welche die
                                 										Leitrollen g trägt, verbunden.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 250
                                 Fig. 2.Dreiradkutsche von Vorreiter und Müllendorff.
                                 
                              Ausser den Gepäckdreirädern des Dienstmanninstitutes sieht man in Berlin
                                 										Dreiräder im Dienste der Personenbeförderung. Dieses Fahrrad ist ähnlich denen
                                 										des Dienstmanninstitutes gebaut, nur mit dem Unterschied, dass sich auf der
                                 										Achse der Hinterräder, statt der Plattform, ein auf Federn ruhender,
                                 										sänfteartiger Sitz, der mit einem Verdeck versehen ist, befindet. Der Fahrer hat
                                 										seinen Platz in gewöhnlicher Weise vorn auf dem Sattel.
                              Fig. 2 zeigt eine solche Dreiradkutsche (D. R. G.
                                 										M. Nr. 51774) von E. A. Vorreiter und E. Müllendorff in Berlin, mit welcher sowohl
                                 										vorwärts als rückwärts gefahren werden kann. Zu diesem Zweck ist der Sattel nach
                                 										zwei entgegengesetzten Richtungen für die das Fahrzeug zu bewegende Person
                                 										benutzbar. Dieses wird dadurch erreicht, dass die Sattelstütze nach vorn oder
                                 										hinten gedreht wird, desgleichen wird die Lenkstange je nach der Fahrrichtung
                                 										entweder am Steuerrohr a oder bei b eingesetzt, wo diese die Lenkung durch die
                                 										Schiene c auf das Vorderrad überträgt. Der Sitz für
                                 										die zu befördernde Person ist hier wie bei vorbeschriebener Construction
                                 										zwischen den beiden Antriebsrädern befestigt.
                              Die bis jetzt zum Controliren des Bahnkörpers verwendete Eisenbahndraisine hat in
                                 										dem Vierradtandem, das im „Park agricole d'Achères“ in Paris auf einer
                                 										Schienenbahn von 10 km Länge bei 60 cm Spurweite in Thätigkeit ist, eine
                                 										Verbesserung erfahren. Dieses Fahrzeug ist wie das moderne
                                 										Strassen-Vierradtandem gebaut, nur mit dem Unterschied, dass die Felgen einen
                                 										den Eisenbahnrädern ähnlichen Querschnitt haben (Fig.
                                    											3). Jede dieser Felgen ist mit einer Rinne c zur Aufnahme der Speichenköpfe sowie des Gummireifens b versehen. Mit diesem Vierrad werden per Stunde 33
                                 										km gefahren. Das Gewicht der completen Maschine ist 35 kg, so dass dieselbe
                                 										leicht von den Schienen abgehoben und wieder aufgesetzt werden kann. (Nach Revue universelle.)
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 251
                                 Fig. 3.Radfelge des Vierradtandem.
                                 
                              Um die Nachtheile des Hartlöthens zu vermeiden, wenden die Schönebecker
                                 										Fahrradwerke von Hoyer und Glahn in Schönebeck a. E. ein Walzverfahren an, welches auf kaltem
                                 										Wege die in Fig. 4 dargestellte Verbindung
                                 										erzeugt, die nach den Ermittelungen der königl. technischen Versuchsstation eine
                                 										durchaus feste Verbindung abgibt.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 251
                                 Fig. 4.Röhrenverbindung von Hoyer und Glahn.
                                 
                              Um Erschütterungen und Stösse zu beseitigen, liess sich E. Jonckheer in Brüssel ein gelenkig verbundenes federndes Gestell
                                 										patentiren (D. R. P. Nr. 87271). Wie Fig. 5 bis 7 zeigt,
                                 										ist auf der das Tretkurbellager enthaltenden Hülse a beiderseits ein Ring b befestigt, der
                                 										mit zwei Augen cc1
                                 										versehen ist. In die nach oben gerichteten Augen c
                                 										der beiden Ringe ist das untere, zu einem Körnerzapfen e ausgebildete Ende des Sattelstützrohres d eingesetzt, während die Augen c1 zur Aufnahme der konisch zulaufenden Enden
                                 										eines gleichen Zapfens f dienen, welcher mit dem
                                 										zur Vorderradgabel führenden Rohr g verbunden ist.
                                 										Jeder Ring b besitzt ferner einen nach hinten
                                 										gerichteten Stutzen, an welchem der betreffende Schenkel der Hinterradgabel i befestigt ist.
                              Am unteren Ende des Sattelstützrohres greifen zwei Blattfedern k und l an, deren
                                 										obere Enden durch Gabel m bezieh. Stange n mit der
                                 										Hinter- und Vorderradgabel verbunden sind. Die unteren Enden dieser Federn
                                 										bilden, wie aus Fig. 6 und 7 ersichtlich, eine
                                 										im Querschnitt halbkreisförmige Schale; diese umgreifen das untere Ende des
                                 										Sattelstützrohres von beiden Seiten und werden durch Bolzen o und p
                                 										festgehalten.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 251
                                 Federndes Gestell von Jonckheer.
                                 
                              Durch diese Einrichtung wird jeder auf das Vorderoder Hinterrad wirkende Stoss
                                 										aufgehoben oder wenigstens gedämpft. Die sonst üblichen Sattelfedern sind hier
                                 										überflüssig.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 251
                                 Federnde Gabel von Goldschmidt.
                                 
                              Die Velocipedfabrik Neumarkt von Gebr. Goldschmidt in Neumarkt (Oberpfalz) bringt
                                 										nach ihrem D. R. P. Nr. 87863 die Federung nur am Gabelkopf an. Zu diesem Zwecke besitzt
                                 										derselbe zwei zum Rade parallele Gehäuse a (Fig. 8 und
                                 											9),
                                 										die mit je zwei Lappen b versehen sind. Zwischen
                                 										letzteren liegen, um Bolzen d drehbar, die
                                 										Einsatzstücke c, an welche die Scheiden g angeschlossen sind. Diese Scheiden tragen oben
                                 										einen Arm c1 (Fig. 10),
                                 										der in das betreffende Gehäuse a hineintritt und
                                 										dem Drucke der Feder f, die sich mit dem einen Ende
                                 										gegen den Boden der Gehäuse stützt, ausgesetzt ist. In dem gegenüberliegenden
                                 										Ende des Gehäuses a ist je ein Schraubenstöpsel e eingedreht, der den Armen c1 der Theile c als Anschlag dient und dadurch die Scheiden g in der Richtung des Gabelrohres h
                                 										hält.
                              L. Camus in Paris ordnet nach D. R. P. Nr. 87946 die
                                 										Federung am unteren Ende der Vorderradgabel an, zu welchem Zwecke die Radachse
                                 										in rechtwinklig zur Gabel stehenden Coulissen, unter Federdruck stehend,
                                 										verschiebbar gelagert ist. Die Wirkung der Federn ist dieselbe wie bei
                                 										vorbeschriebener Anordnung.
                              Nach D. R. G. M. Nr. 56932 schwächen Gebr. Hinze und
                                    											Paasch in Magdeburg-Süden bürg die Stösse ab, indem sie die
                                 										Sattelstütze auf Federn aufsetzen. Zu diesem Zwecke ist die Sattelstütze nicht
                                 										starr mit dem Gestell verbunden, sondern kann sich in einem Rohre mittels
                                 										Spiralfeder auf und ab bewegen. Die Stosse werden nun dadurch abgeschwächt, dass
                                 										beim Gebrauch des Fahrrades die Sattelstütze durch das Gewicht des Fahrers nach
                                 										unten und durch die Feder nach oben gedrückt wird.
                              Da die Vorderradgabel die meisten Stösse abzufangen hat und der Druck auf
                                 										dieselbe ein ziemlich starker ist, kommen auch hier die meisten Verbiegungen und
                                 										Brüche vor. Diesem wird gewöhnlich dadurch abgeholfen, dass die Gabelscheiden in
                                 										ihrem Inneren verstärkt werden.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 252
                                 Fig. 11.Gabelversteifung.
                                 
                              Eine sichere Gabelversteifung für mehrsitzige Fahrräder beschreibt Revue universelle vom 16. Januar 1896. Bei
                                 										derselben geht vom oberen bis zum unteren Steuerkopf eine Hilfsgabel CD (Fig. 11) und von
                                 										hier bis zur Nabe des Rades eine zweite DB. Diese
                                 										Hilfsgabel ist mit der eigentlichen Steuergabel A
                                 										durch ein Zwischenstück E mittels Muffen
                                 										verbunden.
                              Fig. 12 zeigt eine Versteifung des Gabelkopfes A dadurch, dass ein Stützrohr D einerseits am Rahmenrohr E festgemacht, während sein anderes Ende, das einen Kopf F bildet, auf Kugeln in einer Verlängerung des
                                 										Gabelkopfes A drehbar gelagert ist. Diese Anordnung
                                 										wird sich besonders für ein- und mehrsitzige Damenräder empfehlen.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 252
                                 Fig. 12.Gabelkopfversteifung.
                                 
                              Die Fahrradfabrik von A. Opel in Rüsselsheim a. M.
                                 										beseitigt durch ihr D. R. G. M. Nr. 54292 diesen Uebelstand, indem sie in
                                 										den Gabelkopf eine dritte Querplatte einlegt, welche die beiden anderen
                                 										verstrebt. Fig. 13 zeigt die neuen Querplatten
                                 											abc, welche den Gabelkopf d mit den Schenkeln ee
                                 										verbinden. Die Platten ac entsprechen den bisher
                                 										üblichen, nur dass ihr mittlerer Theil fg nach oben
                                 										ausgebogen ist. Die Verstärkungsplatte b verhindert
                                 										die Verbiegung des Querstückes. Diese Platte muss in gewisser Weise gekrümmt
                                 										sein, damit sie in schräger Linie von der Platte a
                                 										zu der Platte c übergehen kann.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 252
                                 Fig. 13.Opel's Gabelkopfversteifung.
                                 
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 252
                                 Fig. 14.Gabelkopfversteifung von Hartung.
                                 
                              Die Berliner Gusstahlfabrik und Eisengiesserei A.-G. von
                                    											H. Härtung in Berlin verstärkt die besonders beanspruchten Theile des
                                 										Rahmens einsitziger Maschinen durch Streben. Gabeln der Zwei- und Mehrsitzer,
                                 										sowie der untere Theil des Steuerrohres erhalten die durch D. R. G. M. Nr. 62067
                                 										geschützte Kreuzverstärkung (Fig. 14).
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 252
                                 Fig. 15.Rahmenversteifung von Reissmann.
                                 
                              Für besonders schwere Fahrer versteift P. Reissmann
                                 										in Doos bei Nürnberg den Rahmen, wie Fig. 15
                                 										zeigt, dadurch, dass er zwei wagerechte Rohre über einander anordnet.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 252
                                 Fig. 16.Versteifung der Hinterradgabel der Oesterreich.
                                    											Waffenfabriksgesellschaft.
                                 
                              Die Oesterreichische Waffenfabriksgesellschaft in
                                 										Steyer stellt nach dem österreichischen Privilegium vom 28. Juni 1896 jeden
                                 										Schenkel der Hinterradgabel, statt aus einem, aus zwei über einander liegenden
                                 										Rohren a und b (Fig. 16) von kleinem Durchmesser her, welche in
                                 										der bisher für ein Rohr üblichen Weise mit dem Hinterradlager c und mit der Tretkurbellagerhülse d verbunden sind. Diese beiden Rohre geben in Folge
                                 										ihrer Uebereinanderanordnung und ihres geringeren Durchmessers der Gabel eine
                                 										geringere Breite.
                              Zum Zwecke der gegenseitigen Versteifung sind die Rohrpaare ab durch kurze Rohrstücke e mit einander verbunden.
                              
                           
                              b) Fahrräder mit
                                    											Kraftbetrieb.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 253
                                 Motorzweirad von Egg-Schädler.
                                 
                              Bei dem Motorfahrrad (Fig. 17) von E. Egg-Schädler in Zürich (Schweizerisches Patent
                                 										Nr. 11798) ist der Motor für Kohlenwasserstoffbetrieb (Benzin o. dgl.) im
                                 										vorderen Theil des Rahmens unterhalb der Lenkstange angebracht und hat zwei
                                 										Cylinderpaare aa1
                                 											(Fig.
                                    											17 bis 19), die in ein
                                 										gemeinschaftliches Gehäuse b einmünden. Um einen
                                 										guten Abschluss der Cylinder und der übrigen Motortheile zu erzielen, so dass
                                 										diese gegen Staub geschützt sind, ist dieses Gehäuse geschlossen. In diesem Raum
                                 										liegt ebenfalls die Kurbelwelle c (Fig. 17 und 20), an
                                 										welcher die Kolbenstangen e und e1 angreifen.
                                 										Zwischen den Cylindern aa1 und an dem Kohlenhydratgefäss d sind
                                 										Zuführungsleitungen angebracht. Wie Fig. 17 und 18
                                 										zeigen, befindet sich über diesem Kohlenhydratgefäss der Kühlwasserbehälter f, der zur besseren Abkühlung durch den Luftzug
                                 										Rippenwände hat. Diese Uebereinanderanordnung verhindert, dass die in Folge der
                                 										Verdunstung im Benzingefäss stattfindende Temperaturerniedrigung den
                                 										Wasserbehälter zu stark abkühlt, wodurch ein gleichmässiges Gasgemisch
                                 										ermöglicht wird. In dem Benzinbehälter d befindet
                                 										sich eine siebartig gelochte Scheidewand d1, welche zwischen sich und dem Boden einen
                                 										kleinen Zwischenraum frei lässt, in den die äussere Luft durch die senkrechte
                                 										Röhre d2 absteigen
                                 										kann, und in Folge der Saugwirkung der Kolben durch die Flüssigkeit fein
                                 										aufsteigt und sich mit Kohlenwasserstoff schwängert.
                              Die Zündung dieses Explosionsgemisches in den Cylindern geschieht durch
                                 										elektrische Funken, die von isolirten Spitzen auf die Kolben überspringen. Der
                                 										zu dieser Funkenbildung nöthige Strom wird in einer Rhumkorff-Spirale gebildet,
                                 										für welche eine bei g am Gestell befestigte
                                 										Trockenbatterie h den primären Strom liefert.
                                 										Dieser wird durch ein halb so rasch wie die Motorwelle sich drehendes Organ
                                 										(Steuerungsrad) und an demselben sich befindende Nocken in passenden Momenten
                                 										geschlossen; der Secundärstrom bedarf keiner besonderen Steuerung. Die Funken
                                 										können von den mit dem positiven Pol der Inductionsrolle verbundenen isolirten
                                 										Spitzen auf den Kolben überspringen, wenn letzterer sich in seiner
                                 										innersten Stellung im todten Punkt oder in der Nähe desselben befindet.
                              Die Cylinderpaare sind so angebracht, dass die Verlängerung der Kurbelwelle in
                                 										gerader Linie zur Achse des Antriebsrades geht bezieh. zu den Winkelrädern.
                                 										Diese Winkelräder sind zwei Paare ii1 und kk1 (Fig. 17, 18 und
                                 											22),
                                 										wovon das eine für schnelle und das andere für langsame Fahrt dient. Zwischen
                                 										den auf der Kurbelwellenverlängerung l sitzenden
                                 										zwei Zahnkölbchen i1 und k1
                                 										liegt ein mit der Welle l fest verbundener Ansatz
                                 											l1 mit
                                 										Vorsprüngen und Einschnitten, so dass durch Verschieben der Welle l in ihrer Längsrichtung das Winkelrad i1 oder k1 in feste
                                 										Verbindung gebracht werden kann. In der Mittelstellung des Ansatzes i1 ist weder das
                                 										Rad i1 noch das Rad
                                 											k1 angetrieben,
                                 										so dass das Fahrrad mit Fussbetrieb in Bewegung gesetzt werden kann, ohne dass
                                 										der Motor mitläuft. Die Verschiebung der Welle l
                                 										geschieht durch einen die Hülse n umfassenden
                                 										Einrückungshebel m (Fig. 17 und 20),
                                 										dessen Zapfen m1 in
                                 										einer Nuth des Muffenstückes n liegen, so dass
                                 										dasselbe eine Längsverschiebung durch den Hebel m
                                 										vollziehen kann. Dieses Muffenstück n dient
                                 										speciell noch zur Kuppelung der Welle l mit der
                                 										Kuppelwelle c.
                              Um den Motor allein arbeiten zu lassen, wird der Fussantrieb folgendermaassen
                                 										ausgeschaltet: Im hinteren Kettenrad ist ein Kugelgesperr angebracht. Der
                                 										ringförmige Zahnkranz p (Fig. 21) kann frei
                                 										über die Verzahnung eines auf seiner Nabe befestigten Sperrades q laufen und nimmt, sobald er vorwärts bewegt wird,
                                 										die Kugeln mit sich, so dass eine Einklemmung der Kugeln zwischen p und q stattfindet.
                                 										Diese Kuppelung löst sich sofort wieder, sobald der Zahnkranz durch die Kette
                                 										einen Impuls nach rückwärts erhält.
                              Das Motordreirad (Tandem) von Léon Bollée in Mans,
                                 										Sarthe (Fig. 23), ist nach dem Dreiradsystem
                                 										gebaut, hat hinten ein Antriebsrad, während sich vorn zwei Lenkräder befinden.
                                 										Zwischen letzteren ist der eine Sitz, der andere ist in der Mitte des aus Röhren
                                 										bestehenden Gestelles angebracht. Der Motor, sowie der Erdölbehälter, der 7 l zu
                                 										einer Fahrt von 80 bis 90 km fasst, sind an beiden Seiten des Hinterrades
                                 										(Treibrad) montirt. Die Speisung des Motors geschieht dadurch, dass das Erdöl
                                 										seiner Schwerkraft zufolge aus dem Behälter in den Carburetor gelangt und durch
                                 										einen Tropfregulator geht, welcher einen den Bewegungen des Erdöls folgenden
                                 										Schwimmer enthält, der die Einströmöffnung regelt oder schliesst. In dem
                                 										Carburetor vertheilt sich das Erdöl in einem Schwamm aus Bronze, wodurch
                                 										dasselbe äusserst fein zerstäubt und in dieser Form durch den Luftzug, den ein
                                 										Ventilator erzeugt, fortgeleitet wird. Durch eine Regulirstange, die vom
                                 										hinteren Sitz aus bethätigt wird, können mehr oder weniger die Löcher des
                                 										Ventilators geöffnet werden, wodurch die Zusammensetzung des Gasgemisches
                                 										geregelt wird. Die Zündung geschieht mit Hilfe eines Platinzünders, der durch einen Brenner
                                 										erhitzt wird. Die Kühlung dieses wagerechten 2--Erdölmotors geschieht
                                 										durch kleine, am Motor angebrachte Löcher, durch die der beim Fahren erzeugte
                                 										Luftzug streicht. Die Regelung der Fahrgeschwindigkeit bewirkt ein Regulator,
                                 										der unter dem Entweichungsventil so arbeitet, dass, wenn der Motor zu schnell
                                 										läuft, der Regulator das Steigen des Entweichungsventils verhindert und in Folge
                                 										dessen das Austreiben der verbrannten Gase und bei der folgenden Drehung der
                                 										Eintritt einer neuen Ladung nicht stattfinden kann.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 254
                                 Fig. 23.Motordreirad (Tandem) von Bollée.
                                 
                              Bei normalem Gange ist dieses Ventil durch Vermittelung von Hebeln und Stangen
                                 										durch eine Riemenscheibe C, die auf einer zur
                                 										Treibachse parallelen Achse befestigt ist, direct geregelt. Diese Riemenscheibe
                                 										bewegt einen Treibbügel, der die Bewegung dem Ventil übermittelt. Das
                                 										Zurückgehen dieses Ventils geschieht durch Federn. Zur Dämpfung des Geräusches
                                 										puffen die verbrannten Gase in einen Behälter und durch diesen ins Freie.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 254
                                 Fig. 24.Dampfmotorantrieb von Friedrich.
                                 
                              Der Antrieb, sowie die Abstellung des Fahrzeuges geschehen mit Hilfe eines auf
                                 										der linken Seite des hinten sitzenden Fahrers befindlichen Hebels, durch
                                 										den die Treibradachse vor- und rückwärts bewegt werden kann. Diese Achse trägt
                                 										rechts neben dem Treibrad eine Riemenscheibe A, die
                                 										mit Hilfe eines Riemens B durch die schon erwähnte
                                 										kleinere Riemenscheibe C ihren Antrieb erhält.
                              Obiger Hebel kann an einem gezahnten Sector beliebig, je nach der Geschwindigkeit
                                 										der Fahrt, eingestellt werden. Wird derselbe nun nach rückwärts bewegt, so rückt
                                 										das Treibrad nach vorn und spannt dadurch den Riemen ab, der nunmehr das Rad
                                 										nicht mehr bewegt. Gleichzeitig stemmt sich dasselbe gegen eine Bremse und das
                                 										Stillstehen ist bewirkt. Wird dagegen der Hebel vorwärts bewegt, so rückt das
                                 										Rad nach hinten, spannt den Riemen und die Bewegung findet statt. Ausserdem ist
                                 										dieses Fahrzeug mit einer Anordnung von drei Differentialverzahnungen versehen,
                                 										die eine Fahrgeschwindigkeit von 8,15 und 24 km in der Stunde gestatten. Die
                                 										Lenkung geschieht mittels Lenkstange, die mittels eines Zahnrädchens nebst
                                 										Zahnstange auf das rechte Vorderrad wirkt, während dem linken Vorderrade die
                                 										Bewegung mittels einer knieförmig gebogenen Achse mitgetheilt wird. Auf diese
                                 										Weise erhält man eine sanfte Lenkung und kann selbst bei grosser
                                 										Fahrgeschwindigkeit sehr kurze Curven fahren. (Revue
                                    											universelle vom 20. August 1896.)
                              
                           
                        
                           II. Antrieb.
                           E. Friedrich in Firma Friedrich
                                 										und Müller in Stuttgart construirte einen an jedem Tourenrad anbringbaren
                              									Dampfmotorantrieb (D. R. G. M. Nr. 52509). Der Motor überträgt mittels des
                              									Frictionsrades a (Fig.
                                 										24) die Kraft auf das Vorder- oder Hinterrad. Den Dampf liefert ein auf
                              									Federn gelagerter Röhrenkessel, der mit Spiritus oder Erdöl geheizt wird.
                           Das Frictionsrad a, welches zum Zweck des Antriebs auf
                              									dem Gummireifen läuft, ist sammt dem Maschinenkörper b
                              									durch ein Gehäuse eingekapselt, welches in den Scharnieren cc1 ruht.
                           Wird der Motor ausser Thätigkeit gesetzt, so wird die Feder f in die punktirte Lage gestellt, wodurch der entgegengesetzte Federdruck
                              									an der Warze g den Motor b
                              									sammt dem Frictionsrad a in die Höhe hebt.
                           
                        
                           III. Einzelconstructionen.
                           
                              a) Kugellager.
                              Ein an der Aussenseite vollständig geschlossenes, dagegen von der Innenseite
                                 										nachstellbares Kugellager für Pedale liess sich die Bielefelder Nähmaschinen- und Fahrradfabrik A.-G. vorm. Hengstenberg und
                                    											Co. in Bielefeld unter D. R. G. M. Nr. 60698 schützen.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 255
                                 Fig. 25.Kugellager von Hengstenberg.
                                 
                              Die Achsenhülse a (Fig.
                                    											25) besteht mit den beiden Endplatten bb1 aus einem Stück. Mit der Endplatte
                                 											b1 ist die
                                 										äussere Lagerschale c fest verbunden, während die
                                 										Nachstellung durch die an der Innenseite befindliche Lagerschale c1 erfolgt, die
                                 										ihrerseits durch drei Schräubchen d in der
                                 										richtigen Stellung gehalten wird. Der Vorzug dieser Construction besteht in der
                                 										Körnerspitze der Achse und in der von den bisherigen Constructionen abweichenden
                                 										Lagerung der Kugeln, wodurch die Lager nicht nur gegen Eindringen von Staub
                                 										geschützt sind, sondern auch eine beträchtliche Menge Oel halten.
                              
                           
                              b) Bremse.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 255
                                 Fig. 26.Bremse von Hyslop Son und Mc Burney.
                                 
                              Eine durch Gegentreten bethätigte Bremse liessen sich unter D. R. P. Nr. 87834
                                 											Hyslop Son und Mc Burney in Toronto (Canada)
                                 										patentiren. Das Kettenrad A (Fig. 26) ist auf einer Verlängerung der
                                 										Tretkurbelnabe B so gelagert, dass es sich gegen
                                 										dieselbe begrenzt drehen kann. Die Tretkurbel B ist
                                 										auf der Achse C festgekeilt und trägt zwei
                                 										radiale Arme B1,
                                 										welche je einen Bolzen D tragen. Diese Bolzen
                                 										greifen in Schlitze a des Kettenrades, so dass die
                                 										Tretkurbel eine geringe Drehung nach rückwärts auszuführen vermag. Die
                                 										Bremstrommel E, welche auf der
                                 										Tretkurbelachsenhülse X sitzt, ist von einem
                                 										Bremsband F aus Federstahl umgeben, dessen eines
                                 										Ende f durch den Bolzen a1 am Kettenrad A und dessen anderes Ende f1 durch den Bolzen D an der Tretkurbel B
                                 										befestigt ist, so dass, sobald der Fahrer gegen die Tretkurbeln tritt, die
                                 										Bolzen D gegen die Enden der Schlitze a geführt werden, wodurch das Bremsband F gegen die Bremstrommel E gepresst wird.
                              
                           
                              c) Reifen.
                              Unter dem Namen „Compensationsreifen“ fabriziren Kemmerich und Co. in Berlin einen Reifen (System R. Temmel D. R. P. Nr. 85538), der aus einzelnen,
                                 										sich nach oben verjüngenden Gummipuffern b besteht
                                 											(Fig. 27), die in Abständen auf der Felge a angeordnet sind. Diese Puffer sind einerseits
                                 										fest mit der Felge, andererseits fest mit dem Gummireifen d verbunden. Zur Erreichung einer der Belastung des
                                 										Rades angepassten Elasticität sind in den Puffern Löcher c angebracht.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 255
                                 Fig. 27.Compensationsreifen von Kemmerich.
                                 
                              Die ganze Einrichtung ist so getroffen, dass der Reifen nicht schwerer als ein
                                 										Tourenpneumatik ist. Versuche ergaben, dass sich bei aufgeweichtem Wege die
                                 										Pufferzwischenräume nicht voll Schmutz setzen.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 302, S. 255
                                 Fig. 28.Federreifen von Siegrist und Maier.
                                 
                              Den in Fig. 28 dargestellten Reifen fabricirt das
                                 										Federreifenwerk von Siegrist und Maier in Brombach
                                 										(Baden). Der Reifen ruht auf einer als Ring ausgebildeten Feder D, die nach innen frei in der Felge B liegt. Durch die Fassung der Feder mit dem über
                                 										die Felgenränder gestreiften Reifen C, der mit
                                 										einer Regulirschraube E versehen ist, ist es
                                 										ermöglicht, die nöthige Spannung zu erzielen.