| Titel: | Ein neuer Apparat zur Bestimmung der Unregelmässigkeiten von Drehbewegungen. | 
| Autor: | Johs. A. F. Engel | 
| Fundstelle: | Band 303, Jahrgang 1897, S. 208 | 
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                        Ein neuer Apparat zur Bestimmung der
                           								Unregelmässigkeiten von Drehbewegungen.
                        (D. R. P. Nr. 81572).
                        Von Johs. A. F. Engel
                           								in Hamburg.
                        Mit Abbildungen.
                        Ein neuer Apparat zur Bestimmung der Unregelmässigkeiten von
                           								Drehbewegungen.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich ist man seit langer Zeit bemüht gewesen, einen brauchbaren Apparat zur
                              									Bestimmung der Unregelmässigkeiten, welche in der Bewegung unserer heutigen Motoren
                              									vorkommen, zu construiren.
                           Diese Unregelmässigkeiten haben ihre Ursache einestheils in der nicht vollkommenen
                              									Einwirkung des Regulators, welcher überhaupt erst dann eingreift, wenn die
                              									Umdrehungsgeschwindigkeit der Maschine sich schon thatsächlich geändert hat,
                              									anderentheils in den innerhalb einer und derselben Umdrehung auftretenden
                              									Geschwindigkeitsschwankungen, welche nicht vom Regulator beeinflusst werden, sondern durch die
                              									Ungleichmässigkeit des Druckes am Kolben und der Beschleunigungsdrucke
                              									entstehen.
                           Erstgenannte Ungleichförmigkeiten könnte man auch als Aenderung der mittleren
                              									Geschwindigkeit bezieh. als Aenderung der Tourenzahl bezeichnen, letztere
                              									Ungleichförmigkeiten werden dagegen auch bei constanter Tourenzahl vorkommen
                              									können.
                           Eine Turbine z.B. kann bei vollkommen gleichmässigem, stossfreiem Gange doch eine
                              									erhebliche Abnahme oder Zunahme der Tourenzahl aufweisen; dahingegen kann eine
                              									Dampfmaschine bei völlig constanter Tourenzahl bedeutende Schwankungen der
                              									Geschwindigkeit innerhalb einer Umdrehung erleiden. Gerade die Erforschung der
                              									feineren Geschwindigkeitsänderungen innerhalb einer Umdrehung hat bisher erhebliche
                              									Schwierigkeiten geboten, und diese Schwierigkeiten sind durch den neuen Apparat
                              									endgültig überwunden.
                           Die Vorrichtung besteht aus einer den Registrirapparat enthaltenden Trommel A auf der Welle C und
                              									einem Schwungkörper B, der von der gleichen Welle
                              									getragen wird, in deren Längsachse er in einem Spitzenlager liegt. Die Welle C ist gekröpft und geht durch eine Durchbrechung im
                              									Schwungkörper, so dass letzterer etwas mehr als ⅓ Drehung relativ zur Trommel A machen kann.
                           Die Trommel A wird durch eine Mitnehmerkurbel mit der zu
                              									prüfenden Maschine verbunden, indem man auf die Welle der letzteren entweder einen
                              									Ring mit einer genau zur Kurbel passenden Bohrung aufkittet (Fig. 1) oder auch eine
                              									Scheibe (Fig. 1a),
                              									welche mit einem durch die Bohrung in der Mitte gesteckten Stift centrirt wird und
                              									welche für alle Wellen passend ist. Der Ring (Fig. 1) braucht nicht
                              									centrirt zu werden, dahingegen ist eine passende Spitze für den Mitnehmer
                              									erforderlich, während für die Scheibe (Fig. 1b) immer die
                              									gleiche Spitze benutzt werden kann. Ist es thunlich, die zu prüfende Welle selbst
                              									anzubohren, so kann die Scheibe fortgelassen werden.
                           Die Trommel A macht, indem sie also fest mit der zu
                              									prüfenden Welle verbunden ist, alle Veränderungen in deren Geschwindigkeit mit und
                              									zunächst auch der Schwungkörper B, welcher anfangs
                              									durch einen Bolzen h1
                              									fest mit A gekuppelt ist.
                           Die Wirksamkeit des Apparates besteht darin, dass der Schwungkörper B, wenn losgekuppelt, mit gleichförmiger
                              									Geschwindigkeit umläuft, während A fortfährt,
                              									unregelmässig umzulaufen. Die Verschiedenheiten in den Winkelgeschwindigkeiten von
                              										A und B werden dann
                              									unmittelbar auf einen Schreibstift übertragen, welcher dieselben als Curve auf
                              									Papier aufzeichnet.
                           Da der Schwungkörper B und die Welle C sich mit fast gleicher Geschwindigkeit umdrehen, so
                              									kann die Reibung im Spitzenlager mit Null angenommen werden. Der einzige
                              									Widerstand, den B zu überwinden hat, ist der
                              									Luftwiderstand. Dieser kommt aber für wenige Umdrehungen, innerhalb deren die
                              									Aufzeichnung der Curve geschieht, noch nicht in Betracht.
                           Zum Fest- und Loskuppeln des Schwungkörpers B sind zwei
                              									Riegel vorhanden. Um den Schwungkörper vor Beginn des Versuches mit der Trommel A zu verbinden, dient, wie erwähnt, der Riegel h1 (vgl. auch Fig. 4). Man drückt auf
                              									den Druckknopf n1, so dass die Sperrstange k1 (Fig. 2) aus der
                              									Einkerbung von h1
                              									heraustritt, schiebt den Riegel h1 in eine der Bohrungen i des in mittlerer Lage einzustellenden Schwungkörpers B hinein und lässt den Druckknopf n1 wieder los, so dass
                              										k1 in die andere
                              									Einkerbung des Riegels einfällt und denselben festhält. Hierbei wird die Feder o1 gespannt und der
                              									Ansatz p1 drückt den
                              									Hebel g1 entgegen dem
                              									Drucke der Feder g3
                              									zurück. Der Hebel g1
                              									sitzt nebst dem Hebel g2 an der Achse g (Fig. 1, 2, 4 und 5) und diese Achse ist
                              									mit den Traversen f1
                              									und f2 starr mit der
                              									Leiste f (Fig. 1, 2, 4 und 5) verbunden, welche in
                              									der Fig. 4 gezeichneten
                              									Lage den Schreibstift d am Schieber a in jeder Stellung des letzteren von der Rolle r zurückhält.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 303, S. 208
                              Vorrichtung zur Bestimmung der Unregelmässigkeiten von Drehbewegungen. 
                              
                           Der Schieber a gleitet auf der geradlinigen Bahn a1 (Fig. 3) und trägt eine
                              									Hülse d1, über welche eine zweite Hülse mit dem Schreibstift
                              										d gesteckt ist, die durch die Feder d2 gegen die Rolle r gedrückt wird, falls die Leiste f dieses nicht verhindert.
                           Der Riegel h2 wird,
                              									indem man mit einem beigegebenen Instrument durch die Oeffnung in der Wand der
                              									Trommel greift, gegen die Spannung der Feder o2 zurückgezogen in die Stellung Fig. 5, und die
                              									Sperrstange k2 (vgl.
                              									auch Fig. 2) legt sich
                              									alsdann in eine Einkerbung dieses Riegels.
                           Die beiden Rollen r, welche das endlose Papierband e tragen, sind so in je einem Gestell gelagert, dass
                              									man, nachdem die eine Rolle mit der am Gestell befindlichen Schraube der anderen
                              									genähert wurde, das Papierband evon der Seite her durch die
                              									Oeffnung der Trommel A frei über die Rollen r schieben kann. Das Papierband wird dann durch
                              									Auseinanderschrauben der Rollen stramm gezogen.
                           Die Bewegung der Papierebene geschieht proportional der Winkelgeschwindigkeit der zu
                              									prüfenden Maschinenwelle durch einen an der Trommel A
                              									befindlichen Schnurtrieb s, mittels eines die Welle C umgebenden feststehenden Ringes. Auf den Schieber a dahingegen wird nach Loskuppelung des Schwungkörpers
                              									die gleichförmige Bewegung des letzteren übertragen, und zwar geschieht dieses durch
                              									den Schnurtrieb c (Fig. 3). Die Schnur c ist mit je einer Schleife über die Knöpfe z1 und z2 (Fig. 1 und 3) des Schiebers a gehängt, liegt in einer Rinne am Schwungkörper B und geht durch zwei Bohrungen des letzteren und durch
                              									die Oese am Bolzen VI (Fig. 1). Durch
                              									Herausziehen des letzteren ertheilt man der Schnur die richtige Spannung und stellt
                              									den Bolzen VI mit der Schraube VII fest. Man richte ferner den in Schlitzen (vgl. Fig. 1b) drehbaren
                              									Mitnehmer D so, dass für eine bestimmte Stellung der zu
                              									prüfenden Maschine, etwa für einen Hubwechsel, die Druckknöpfe n1 und n2 gerade nach unten
                              									gerichtet sind. Die Schraubbolzen y dienen zum
                              									Feststellen des Mitnehmers.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 303, S. 209
                              Vorrichtung zur Bestimmung der Unregelmässigkeiten von Drehbewegungen.
                              
                           Ist der Apparat nun nach dieser Vorbereitung, mit der Maschinenwelle gekuppelt, so
                              									läuft das Papierband e um, ohne dass der durch die
                              									Leiste f zurückgehaltene Schreibstift d dasselbe berührt.
                           Will man- die Aufzeichnung der Curve vornehmen, so schiebt man die Stange l1 am Fussgestell und
                              									mit derselben die Rolle m1 zurück, zählt ein sechsmaliges Anschlagen des Druckknopfes n1 an der Rolle m1 ab und schiebt dann
                              									mit der Stange l2 die
                              									Rolle m2 zurück, worauf
                              									der Versuch beendet ist.
                           Sobald bei diesem Vorgange die Rolle m1 den Druckknopf n1 zurückschlägt, löst letzterer die Sperrstange k1 (Fig. 1 und 4) aus. Der Riegel h1 schnellt zurück und
                              									kuppelt den Schwungkörper B los. Zugleich verlässt der
                              									Ansatz p1 den
                              									Hebel g1, so dass die Leiste f
                              									zurückweicht und der Schreibstift d sich gegen die
                              									Papierfläche legt, wie in Fig.
                                 										1 dargestellt ist. Bei jedem ferneren Anschlagen der Rolle m1 an den Druckknopf
                              										n1 wird letzterer
                              									die Sperrstange k1 für
                              									kurze Zeit zurückdrängen; diese trifft auf den Hebel g1 und f
                              									zieht den Schreibstift d zurück, so dass an einer
                              									vorbestimmten Stelle der Curve, z.B. einem Hubwechsel der Maschine, eine Lücke
                              									entsteht. Damit diese Lücke überhaupt sichtbar wird, ist es nöthig gewesen, den
                              									Druckknopf n1 mit einer
                              									Plattenfeder V zu versehen. Anderenfalls würde die
                              									Unterbrechung nur etwa ¼ mm betragen haben, also wegen der etwa ½ mm breiten
                              									Schreibstiftspitze unsichtbar geblieben sein.
                           Berührt bei Beendigung des Versuches die Rolle m2 den Druckknopf n2, so wird die Sperrstange k2 (Fig. 2 und 5) aus dem Riegel h2
                              									herausgezogen. Letzterer tritt in eine der Bohrungen i
                              									des Schwungkörpers B ein und kuppelt denselben wieder
                              									mit der Trommel A. Zugleich drückt der Ansatz p2 den Hebel g2 zurück, so
                              									dass die Leiste f den Schreibstift d von der Papierfläche zurückzieht und eine
                              									Aufzeichnung auf der weiter umlaufenden Papierbahn nicht mehr stattfindet.
                           Der Schieber a kann behufs Erneuerung des Schreibstiftes
                              									herausgenommen werden. Man löst die Schraube VII (Fig. 1), drückt den
                              									Bolzen VI zurück, so dass die Schnur c gelockert wird, nimmt die Schleife vom Knopf z1 (Fig. 3) des Schiebers a ab, drückt auf den Knopf II im Innern der Trommel, wodurch die Sperrfeder III zurückgedrängt wird, und zieht das eingesetzte Stück I mit der darauf befestigten Rolle c2 der Schnur
                              										c und dem Schieber a
                              									heraus. Der Stahlbügel IV stellt eine starre Verbindung
                              									zwischen den beiden Gleitbahnen a1 her, welche wegen der Möglichkeit, den Schieber
                              									hier frei durchzuführen, andernfalls nicht vorhanden sein würde.
                           Will man die Vorgänge innerhalb eines Motors mit diesem Apparat untersuchen, so ist
                              									es nöthig, dass die Maschine entweder leer läuft oder gegen einen gleichmassigen
                              									Widerstand arbeitet.
                           
                           Es wird nun sofort eine Eigenthümlichkeit der erhaltenen Diagramme auffallen. Da
                              									es nicht möglich ist, den Schwungkörper gerade dann loszukuppeln, wenn die Maschine
                              									die mittlere Geschwindigkeit hat, so wird die Tourenzahl des Schwungkörpers sich von
                              									der Tourenzahl der Maschine um ein Geringes unterscheiden. Der Schwungkörper wird
                              									bei constanter Tourenzahl der Maschine also langsam vor- oder nacheilen, und das
                              									Diagramm wird sich gleichmässig der Abscissenachse nähern oder sich von derselben
                              									entfernen.
                           Bei nicht constanter Tourenzahl dagegen wird die Trommel A gleichfalls die Schwankungen der Geschwindigkeit innerhalb jeder
                              									Umdrehung nach wie vor mitmachen; aber sie wird auch bei gleichmässiger Zunahme oder
                              									Abnahme der Tourenzahl relativ gleichmässig vor- oder nacheilen. Diese Bewegung wird
                              									sich zu dem oben erwähnten Vor- oder Nacheilen des Schwungkörpers entweder summiren,
                              									oder sich gegen dasselbe theilweise ausgleichen, so dass sich eine Verschiebung der
                              									ganzen Curve nach einer Seite als eine Resultirende aus der Veränderung der
                              									Tourenzahl und der Differenz zwischen der mittleren Geschwindigkeit der Maschine und
                              									der Geschwindigkeit des Schwungkörpers darstellt.
                           Findet eine solche gleichmässige Verschiebung der Curve statt, so ist entweder die
                              									Tourenzahl constant oder sie ist gleichmässig veränderlich gewesen, weil ja die
                              									Geschwindigkeit des losgekuppelten Schwungkörpers immer eine gleichmässige sein
                              									muss. In der Regel liegt eine gleichmässige Verschiebung der Curve vor, und es ist
                              									alsdann leicht, aus der erhaltenen Originalaufzeichnung die wahre
                              									Ungleichförmigkeitscurve zu construiren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 303, S. 210
                              Fig. 6. Versuche in den Hamburgischen Elektricitätswerken am 27. Juli 1896
                                 										Nachmittags 2 Uhr (Maschine 1439).Fig. 7. Desgl. am 24. Juli Nachmittags 2
                                 										Uhr (Maschine 1439).
                              
                           Fig. 6 und 7 stellen in den Curven
                              										a und b zwei Diagramme
                              									dar, welche in den Hamburgischen Elektricitätswerken in der Poststrasse genommen
                              									wurden, und zwar von einer 600pferdigen Maschine (Nr. 1439) von F. Schichau in Elbing, welche zum Lichtbetriebe bezieh.
                              									zum Laden der Accumulatoren dient. Es ist eine direct mit der Dynamo gekuppelte
                              									dreicylindrige stehende Condensationsverbundmaschine mit Regulator von Steinlé. Die Maschine macht 120 Umdrehungen in der
                              									Minute. In Fig. 6 stellt
                              										a die von dieser Maschine am 27. Juli 1896
                              									genommene Curve dar, als die Leistung 1280 Ampère bei 220 Volt betrug. Die Curve
                              									beginnt beim unteren Hubwechsel des Niederdruckkolbens, und die Lücke bezeichnet
                              									jedesmal den gleichen Hubwechsel. Wie zu erkennen ist, zeigt die erste gemessene
                              									Umdrehung eine geringe Unregelmässigkeit, während die nachfolgenden fünf Umdrehungen
                              									eine gleichförmige Annäherung an die Abscissenachse erkennen lassen. Als
                              									Maasstab dieser Annäherung dient die Differenz zwischen den Ordinaten y und y1 am Ende der ersten bezieh. sechsten Umdrehung.
                              									Denkt man sich nun ein rechtwinkeliges Dreieck construirt, dessen eine Kathete
                              									gleich der Abscisse y1y, dessen andere Kathete gleich der
                              									Differenz der Ordinaten y-y1 der Curve a ist, so werden die Parallelen
                              									zur letzteren Kathete gleich der Differenz zwischen den zugehörigen Ordinaten der
                              									Originalcurve a und der wahren Ungleichförmigkeitscurve
                              										a1 sein, welche man
                              									erhält, indem man Punkt für Punkt diese Ordinatendifferenzen absteckt.
                           Die Curve a1 zeigt
                              									nunmehr die wahren, innerhalb jeder Umdrehung vorkommenden Schwankungen der
                              									Geschwindigkeit so, als ob ein Vor- oder Nacheilen des Schwungkörpers bezieh. eine
                              									Aenderung der Tourenzahl der Maschine nicht stattgefunden hätte.
                           Das Diagramm Fig. 7 wurde
                              									am 24. Juli 1896 von der gleichen Maschine genommen, und zwar bei Leergang, nachdem
                              									kein Wasserschlag mehr in der Maschine zu hören war. b
                              									ist die Originalcurve, b1 die wahre Curve der Ungleichförmigkeiten.
                           Die Schwingungsweite der Curve kann passend als Maass für die Ungleichförmigkeit
                              									dienen, wenn auch nicht in dem Sinne, in welchem man bisher die Grösse der
                              									Ungleichförmigkeit bestimmt dachte. Die bisherige Formel
                              										\frac{1}{\delta}=\frac{V_{max}-V_{min}}{V_m}, d.h. die
                              									Differenz zwischen der grössten und kleinsten Geschwindigkeit eines mit der Welle
                              									rotirenden Punktes, dividirt durch dessen mittlere Geschwindigkeit, lässt sich
                              									gleichfalls aus der Curve ableiten. Die Werthe indessen, welche man früher aus
                              									dieser Formel erhielt, waren bedingt durch die Unempfindlichkeit der verwendeten
                              									Apparate, so dass Vmax und Vmin Durchschnittswerthe der Geschwindigkeit für relativ grosse
                              									Zeitabschnitte waren. Verwendet man aber wie in vorliegendem Falle einen Apparat,
                              									der auch kurze Stösse, also Schwankungen der Geschwindigkeit innerhalb sehr kleiner
                              									Zeiträume genau aufzeichnet, so erhält man für Vmax und Vmin viel weiter aus einander liegende
                              									Werthe, also anscheinend sehr ungünstige Gössen für δ.
                           Es zeigt dieses, dass die bisherige Bestimmung der Ungleichförmigkeit eine
                              									unvollkommene war.
                           Nun kann man zwei Arten von Ungleichförmigkeit unterscheiden, erstens solche, die
                              									eine grosse Schwingungsweite der Curve erzeugt bei abgerundetem Verlauf derselben
                              									(kleineren Werthen der Tangente), und zweitens solche Ungleichförmigkeiten, welche
                              									von kurzen heftigen Stössen im Motor herrühren bei kleiner Schwingungsweite der
                              									Curve, aber grossen Werthen der Tangente.
                           Erstere Art von Ungleichförmigkeit beeinflusst im Wesentlichen den Gang der
                              									angehängten Arbeitsmaschinen, während die letztgenannten Ungleichförmigkeiten mehr
                              									für die Dauerhaftigkeit des Motors selbst in Betracht kommen; denn bei kleiner
                              									Schwingungsweite der Curve werden sich kurze heftige Stösse innerhalb des Motors
                              									wegen der Elasticität der Transmission kaum auf die Arbeitsmaschinen übertragen. Man
                              									könnte also die alte Formel
                           
                              \frac{1}{\delta}=\frac{V_{max}-V_{min}}{V_m}
                              
                           mit den genaueren Werthen für Vmax und Vmin als Maass für die Sanftheit des Ganges weiter benutzen, also als Maasstab zur
                              									Beurtheilung der Haltbarkeit der mit der Welle der Maschine unmittelbar verbundenen
                              									Maschinentheile, und es könnte eine neue Formel mit dem Factor der Schwingungsweite
                              									der Ungleichförmigkeitscurve aufgestellt werden, nach der man die Gleichmässigkeit
                              									der etwa durch eine Transmission übertragenen Bewegung besser beurtheilen kann als
                              									durch obige Formel. Diese neue Formel würde folgendermaassen zu finden sein:
                           Die Curve entsteht durch Abwickelung der Schnur c von
                              									einem Kreisbogen, welcher der Differenz zwischen den Wegen von Schwungkörper und
                              									Trommel entspricht. Die Grösse des zugehörigen Kreises ist zu finden, wenn man bei
                              									feststehender Trommel den Schwungkörper dreht und die Bewegung des Schlittens a abmisst. Zu diesem Behufe sind an der Trommel und am
                              									Schwungkörper Marken angebracht, welche gestatten, ¼ Drehung des Schwungkörpers
                              									genau abzulesen. Es ergab sich ein Weg von 86,5 mm für den Schlitten. Der Kreis, auf
                              									welchen sich die vom Schreibstift verzeichnete Differenz der Winkelgeschwindigkeiten
                              									bezieht, hat also U = 4 . 86,5 = 346 mm Umfang.
                           Die Schwingungsweite S der Curve eines Motors wird für
                              									die Gleichmässigkeit des Betriebes einer Arbeitsmaschine um so weniger in Betracht
                              									kommen, je schneller der Motor umläuft. Man erhält also einen Ausdruck für die
                              									Brauchbarkeit eines Motors hinsichtlich der Gleichförmigkeit der an der
                              									Arbeitsmaschine erzeugten Bewegung, wenn man die Schwingungsweite S der Curve durch den Weg dividirt, den ein Punkt des
                              									erzeugenden Kreises in 1 Secunde zurücklegt:
                           
                              \frac{1}{\delta_1}=\frac{60\,.\,S}{n\,.\,U}
                              
                           (n = Tourenzahl).
                           Die Schwingungsweite der Curve a1 (Fig. 6) ist für die fünf
                              									Umdrehungen, während deren die Curve a sich mit
                              									gleichförmiger Geschwindigkeit verschob, bezieh. 6,6 6,5, 6,0, 6,0, 6,0, im Mittel
                              									6,22 mm, mithin
                           \frac{1}{\delta_1}=\frac{60\,.\,6,22}{346\,.\,120}=\frac{1}{111,3}.
                           Die Schwingungsweite der Curve b1 (Fig. 7) bei Leergang der
                              									Maschine ist dagegen während der vier Umdrehungen mit gleichmässiger Verschiebung
                              									bezieh. 6,1, 6,0, 5,6, 5,9, im Mittel 5,9 mm, also
                           
                              \frac{1}{\delta_1}=\frac{60\,.\,5,9}{346\,.\,120}=\frac{1}{117,3}.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 303, S. 211
                              
                           Die Formel
                           
                              \frac{1}{\delta}=\frac{V_{max-V_{min}}}{V_m}
                              
                           lässt sich in folgender Weise aus der erhaltenen Curve
                              									ableiten: Würde die Curve eine Gerade, parallel der Abscissenachse, sein, so wäre
                              									die Geschwindigkeit jederzeit der mittleren Geschwindigkeit gleich. Hat die Curve
                              									jedoch eine andere Gestalt, so wird sich dieselbe in einem unendlich kleinen
                              									Zeittheilchen, während der Schreibstift den Weg dw
                              									durchläuft, um die Strecke dr der Abscissenachse nähern
                              									bezieh. sich von derselben entfernen, und es würde
                              										\frac{d\,r}{d\,w}=tg\,\varphi sein. Würde die in diesem
                              									Zeittheilchen vorhandene Geschwindigkeit für die Dauer einer Secunde beibehalten
                              									werden, so würde der Schreibstift den Weg w\,.\,\frac{n}{60}
                              									durchlaufen (w der Weg desselben während einer
                              									Umdrehung) und die Abweichung würde betragen
                           
                              r=w\,.\,\frac{n}{60}\,.\,tg\,\varphi.
                              
                           Der Weg, den ein Punkt des erzeugenden Kreises mit der Geschwindigkeit Vmax in 1
                              									Secunde zurücklegen würde, wäre also
                           
                              \frac{U\,n}{60}+\frac{w\,n}{60}\,.\,tg\,\varphi_{max}
                              
                           und es würde zu setzen sein:
                           
                              \frac{1}{\delta}=\frac{V_{max}-V_{min}}{V_m}
                              
                           
                              =\frac{\frac{U\,n}{60}+\frac{w\,n}{60}\,.\,tg\,\varphi_{max}-\left(\frac{U\,n}{60}+\frac{w\,n}{60}\,.\,tg\,\varphi_{min}\right)}{\frac{U\,n}{60}}
                              
                           
                              \frac{1}{\delta}=\frac{V_{max}-V_{min}}{V_m}=\frac{w}{U}\,(tg\,\varphi_{max}-tg\,\varphi_{min}).
                              
                           Für die Curve a1 ergibt
                              									sich für tg φmax ein Werth von annähernd + 1,335, für  tg
                                 										φmain dagegen – 1,267, w ist gleich 38 mm, also
                           \frac{1}{\delta}=\frac{38}{346}\,(1,335+1,267)=\frac{1}{3,499}.
                           Für die Curve b1 ist tg φmax
                              									annähernd + 0,924, tg φmin = – 0,608, also
                           \frac{1}{\delta}=\frac{38}{346}\,(0,924+0,608)=\frac{1}{5,943}.
                           Die Formel für \frac{1}{\delta_1} zeigt, dass die Gleichförmigkeit
                              									bei Leergang etwas grösser ist als bei Kraftleistung. Die Formel für
                              										\frac{1}{\delta} dagegen weist nach, dass die Sanftheit des
                              									Ganges bei grösserer Kraftleistung stark abnimmt.
                           Die zahlenmässigen Feststellungen können von gutem Nutzen sein bei Abnahmeversuchen
                              									von Dampfmaschinen. Wichtiger aber erscheint die Curve als graphische
                              									Darstellung.
                           Man erkennt z.B., dass bei Leergang die grösste Beschleunigung im dritten Viertel der
                              									Drehung, vom unteren Hubwechsel des Niederdruckcylinders ab gerechnet, stattfindet,
                              									was sich vielleicht aus der Einwirkung der Beschleunigungsdrucke im Verein mit dem
                              									vorwiegenden Antrieb der Maschine durch das Vacuum der Centralcondensation erklären
                              									lässt.
                           Bei Kraftleistung findet sich die grösste Beschleunigung kurz nach dem unteren
                              									Hubwechsel des Niederdruckkolbens.
                           Probirt man mit dem Apparate bei einer Maschine nach einander den Einfluss
                              									verschiedener Hubgewichte am Schwungrad, sowie die Einwirkung der Veränderung der
                              									Compression, so wird es nicht schwer fallen, eine besonders sanft verlaufende Curve
                              									zu erhalten. Ein Umconstruiren der Curve ist für diese Versuche unnöthig. Selbst für
                              									die Auffindung der Schwingungsweite, welche doch am richtigsten als Maass für die
                              									Ungleichförmigkeit dienen kann, genügt es, die Coordinatenebene der Curve um den
                              									Winkel α bezieh. β (Fig. 6 und 7) zu drehen. Man erhält
                              									dann die Schwingungsweite mit ausreichender Genauigkeit.
                           Genaue Resultate ergeben auch die von der physikalisch-technischen Reichsanstalt
                              									eingeführten Stimmgabeldiagramme; aber aus den Aufzeichnungen der Stimmgabel ist die
                              									Ungleichförmigkeitscurve nicht ohne weiteres erkenntlich, während der vorliegende
                              									Apparat für den Fabrikanten die Bequemlichkeit bietet, die wahre bezieh. ganz
                              									annähernde Gestalt der Ungleichförmigkeitscurve sogleich ablesen und innerhalb
                              									weniger Minuten verschiedene solcher Curven von einer Maschine nehmen zu können.
                              									Auch gibt der Apparat die Ungleichförmigkeit in der Weise an, dass man den Einfluss
                              									der Tourenzahländerung leicht von dem Einflüsse der innerhalb je einer Umdrehung
                              									sich zeigenden Massenwirkung u.s.w. schon bei blosser Betrachtung des Diagrammes
                              									trennen kann, was die Wahl eines richtigen Schwungradgewichtes, der richtigen
                              									Compression u.s.w. erleichtert.
                           Freilich kann aus dem Diagramm nicht auch auf den Einfluss des Centrifugalregulators
                              									geschlossen werden; aber zur Beobachtung des letzteren genügt auch ein gutes
                              									Centrifugaltachometer.
                           Man kann im Allgemeinen annehmen, dass diejenige Curve, welche nicht unmittelbar an
                              									der Welle nahe dem Lager abgenommen wird, sondern nach Zwischenschaltung einer
                              									Transmission von einiger Länge, sehr sanft verlaufen wird und eine Sinuslinie ist
                              									oder doch einer Sinuslinie nahe kommt. Auch der starre Ring des Schwungrades macht
                              									die Geschwindigkeitsänderungen nicht mehr in der Schärfe mit wie die Welle. Der
                              									Werth von
                           
                              \frac{V_{max}-V_{min}}{V_m}
                              
                           kann für die Sinuslinie in einfacher Weise durch die
                              									Formel
                           
                              \frac{1}{\delta_0}=\frac{S\,.\,2\,\pi}{U}
                              
                           ausgedrückt werden.
                           Für die Bezeichnung des Ungleichförmigkeitsgrades kommen also drei Formeln in
                              									Betracht.
                           Erstens die Formel, welche die extremsten an der Welle eines Motors überhaupt
                              									vorkommenden Geschwindigkeiten enthält:
                           
                              \frac{1}{\delta}=\frac{V_{max}-V_{min}}{V_m}=\frac{w}{U}\,(tg\,\varphi_{max}-tg\,\varphi_{min})
                              
                           als Maass für die Sanftheit des Ganges; zweitens die Formel
                              									für die zugehörige Sinuslinie:
                           
                              \frac{1}{\delta_0}=\frac{S\,.\,2\,\pi}{U}
                              
                           und drittens ein neuer Begriff, welcher die Brauchbarkeit
                              									eines Motors zum Betriebe einer Arbeitsmaschine charakterisirt:
                           \frac{1}{\delta_1}=\frac{60\,.\,S}{n\,.\,U}.
                           Engel schlägt folgende neue Bezeichnungen für diese drei
                              									Begriffe vor:
                           
                              
                                 Für 
                                 
                                    \frac{1}{\delta}
                                    
                                 Maximalgeschwindigkeitsdifferenz,
                                 
                              
                                 „
                                 
                                    \frac{1}{\delta_0}
                                    
                                 Sinusdifferenz,
                                 
                              
                                 „
                                 
                                    \frac{1}{\delta_1}
                                    
                                 secundliche Wegdifferenz.
                                 
                              
                           Weitere Veröffentlichungen über diesen Gegenstand bleiben vorbehalten bis nach
                              									Ausgabe eines Gutachtens seitens der physikalisch-technischen Reichsanstalt, welcher
                              									der Apparat augenblicklich zur Prüfung vorliegt.
                           Dieser erste Apparat wurde durch die Firma Kroogsgaard und
                                 										Becker in Hamburg ausgeführt.
                           Hamburg, im Januar 1897.