| Titel: | Neuerungen im Betriebe von Schiffsschrauben. | 
| Fundstelle: | Band 303, Jahrgang 1897, S. 299 | 
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                        Neuerungen im Betriebe von
                           								Schiffsschrauben.
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen im Betriebe von Schiffsschrauben.
                        
                     
                        
                           Von den Erfindungen, welche entweder durch ihre Bedeutung oder in Folge erfolgreicher
                              									Reclame das Interesse weiter Kreise in Anspruch nehmen, sondern sich diejenigen
                              									Neuerungen ab, denen man einschneidende Umwälzungen auf technischem Gebiete nicht
                              									beimessen kann, wenngleich manche unter ihnen eines gewissen praktischen Werthes
                              									nicht entbehren. Zu dieser letzteren Kategorie möchte ich die folgenden Neuheiten
                              									für den Schraubenpropeller zählen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 303, S. 299
                              Schraube mit Schutzkorb.
                              
                           Man klagt oft über Störungen im Betrieb, wenn Schlingpflanzen, Tauwerk, auch
                              									unbiegsame Körper in die Schraube gerathen. Solche Vorfälle haben nachweislich
                              									zumeist zu Brüchen der Flügel, wenn nicht auch zu denen der Welle geführt. Um den
                              									Einfluss solcher störend eingreifender Mittel zu beheben, ist vorgeschlagen worden,
                              									die Schraube in einem Schutzkorb arbeiten zu lassen (D. R. P. Nr. 90330). In
                              									allgemeinen Zügen ist eine solche Einrichtung aus den Fig. 1 und 2 ersichtlich. Um die auf
                              									dem Heck gelagerten Achsen a lassen sich die an Stangen
                              										p befestigten Korbhälften k auf und ab schwingen. Ein Zugwerk hs
                              									gestattet, die Korbtheile von oder gegen einander zu bewegen. In dem ersteren Falle
                              									wird die Schraube frei gelegt, in dem letzteren umschlossen; ein von Bord aus
                              									zu handhabender Sperrhaken m sichert dann die
                              									Schlusstellung des Korbes. Wird derselbe nicht benöthigt, so öffnet man ihn und hebt
                              									ihn aus dem Wasser, indem man die Achsen a um die Augen
                              										g dreht, wie in Fig. 2 angedeutet. Es ist
                              									offenbar nothwendig, die Schutzhülle so einzurichten, dass man sie in oder ausser
                              									Wirkung setzen kann; denn der Korb bietet nur dann eine sichere Abwehr, wenn die
                              									Maschen weite des Netzes ziemlich gering ist. Mit der Verengerung der Durchlässe
                              									wächst aber der Widerstand für das der Schraube zufliessende Wasser, welcher noch
                              									durch die sich von aussen anlegenden Verunreinigungen vergrössert wird. Der hintere
                              									Korbtheil gibt offenbar einen einfachen Schleppwiderstand ab. Man wird aber diese
                              									Fahrthindernisse da in Kauf nehmen, wo die Gefahr, die Schraube zu verletzen,
                              									schwerer ins Gewicht fällt, als das Muss, langsam zu dampfen.
                           Beliebt geworden sind jene Constructionen, welche das Trieb- und Steuermittel
                              									vereinigen. Gewöhnlich dient hierbei ein am Heck drehbares, die Stelle des Steuers
                              									ersetzendes Gestell zur Aufnahme einer Triebschraube, welche je nach Drehung des
                              									Gestells entweder nur geradeaus fortbewegt oder auch zur Seite schiebt. Meist ist
                              									auch gleich der Antriebsmotor, welcher vom Schiff aus mit dem Arbeitsmittel gespeist
                              									wird, an diesem Ruder fest. Solche unter der Bezeichnung Steuerschrauben oder
                              									Rudermotore – übrigens beides unzutreffende Namen – anzutreffende Vorrichtungen
                              									scheinen mit der Einführung der Elektricität in den Schiffsbetrieb neues Leben
                              									erhalten zu haben; denn ihre Existenz ist alt; englische und amerikanische
                              									Constructeure haben den Gedanken oft bearbeitet. Als aber jene Kanäle eingerichtet
                              									wurden, welche, ähnlich unseren Strassenbahnen, oberirdische elektrische
                              									Stromzuführung besitzen, glaubte man auch einfache Schleppkähne zeitweise und zwar
                              									während der Durchfahrt durch solche Kanäle mit eigenem Antrieb versehen zu müssen.
                              									Dieses Bestreben hat sich denn auch energischer als früher auf die Flusschiffahrt im
                              									Allgemeinen ausgedehnt. Man pflegt den Elektromotor in ein cigarrenförmiges Gehäuse
                              									einzubauen, aus welchem die Schraube heraustritt. Das Gehäuse taucht ins Wasser ein
                              									und erhält Stromzuführung vom Fahrzeug aus. Hierbei ist es vielfach beobachtet
                              									worden, dass in Folge von Undichtheiten sehr leicht Wasser zum Motor eindringen,
                              									dadurch Kurzschluss bewirken und Betriebsstörungen verursachen kann. Die
                              									Undichtheiten zu beheben, ist praktisch unthunlich. Um aber trotz Wasseraufnahme die
                              									erwähnten Unzuträglichkeiten zu vermeiden, hat Mühle
                              									(D. R. P. Nr. 90337) nur die unbewegliche Armatur und den rotirenden Feldmagnet
                              									unter Wasser belassen, den Commutator hingegen oberhalb des Wasserspiegels in die
                              									Nähe des Ruderjoches verlegt. Wie in der Fig. 3
                              									angegeben, sitzt der Commutator a auf dem Rohr c, welches mit dem unteren Ende in dem Gehäuse b dicht über der den rotirenden Feldmagneten tragenden
                              									Propellerwelle d mündet und mit dem Gehäuse h um die Achse e des
                              									Steuerruders schwingt. Ein Kabel g, deren Drahtzahl der
                              									Anzahl der Spulen der Armatur f bezieh. derjenigen der
                              									Abtheilungen des Commutators a entspricht, verbindet
                              									den letzteren mit der Armatur f. Eine durch das Rohr
                              										c durchgeführte Welle h, welche durch Kegelräder mit der Feldmagneten welle d kämmt, trägt oben zwei verschieden lange Arme i, in denen durch Federn von einander gedrückte Bürsten l aus Kohle o. dgl. eingesetzt sind. Die unteren
                              									Bürsten schleifen auf dem Commutator a, während die
                              									oberen von den Collectoren km den Strom abnehmen.
                              									Drähte n führen in bekannter Weise den Strom nach der
                              									Bewickelung des rotirenden Feldmagneten. Da hier nur Theile unter Wasser zu liegen
                              									kommen, welche leicht dicht umwickelt werden können, so scheint dem gerügten
                              									Uebelstande wirksam entgegengetreten zu sein.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 303, S. 300
                              Fig. 3.Mühle's Steuervorrichtung.
                              
                           Es sind Fälle denkbar, in. welchen die Verwendung mechanischer Arbeitsmittel zum
                              									Fortbewegen von Schiffen unthunlich ist. Man greift dann, wie beim Treideln, zur
                              									thierischen Kraft, wobei das Zugthier am Ufer entlang fortschreitet. Aber auch dies
                              									Verfahren versagt da, wo das Fahrzeug weit ab vom Ufer laufen muss oder ungünstige
                              									Beschaffenheit des Bodens die Leistungsfähigkeit des Thieres bald erschöpft. Unter
                              									solchen Verhältnissen, welche ja in wenig bevölkerten Gegenden zumeist vorliegen,
                              									dürfte sich die von Castellani (D. R. P. Nr. 90452)
                              									getroffene Einrichtung als praktisch erweisen (Fig. 4 und 5). Hier leistet das
                              									Thier im Schiff selbst eine Arbeit, welche in geeigneter Weise auf den Propeller
                              									übertragen wird. Man könnte z.B. ein Göpelwerk anbringen, welches indessen bei dem
                              									auf Schiffen stets herrschenden Raummangel nicht zweckmässig ist. Es ist deshalb im
                              									vorliegenden Fall zu einem Tretwerk gegriffen worden, bei welchem das Arbeitsthier
                              									an einem Ort verbleibt und der Rückdruck der Beine das Zurückweichen, also eine
                              									Bewegung des Bodens verursacht. Es ist f eine Scheibe
                              									mit gerauhter Oberfläche, die sich auf Rollen i um die
                              									Achse e dreht. Auf der letzteren sitzt beispielsweise
                              									ein Kegelrad d, welches die Drehung der Achse durch das
                              									Rad c auf die Schraubenwelle a überträgt. Das Thier wird excentrisch auf die Scheibe f aufgestellt, so dass es etwa mit dem Körper durch die
                              									Oeffnung g im Deck herausragt und am Gestell h fest angeschirrt ist. Ein Dach k dient zum Schutz. Es ist verständlich, dass jeder
                              									Versuch des Thieres, fortzuschreiten, eine Drehung der Scheibe und damit des
                              									Propellers zur Folge hat. Diese Wirkung hört aber da auf, wo die
                              									Schiffswiderstandsarbeit der Leistung des Triebes gleich wird. Wenn man zur Arbeit
                              									ein Pferd heranzieht, welches unter den gegebenen Verhältnissen etwa 30 mk in der
                              									Secunde leisten wird, dürfte die Grenze allerdings bald erreicht sein.
                           Schiffsschrauben mit stellbaren Flügeln haben den Zweck, den Uebergang von
                              									Vorwärtsfahrt auf Rückwärtsfahrt ohne Umstellung der Maschine bezieh. ohne
                              									Aenderung der Drehrichtung der Welle zu ermöglichen. Allein, auch die
                              									Geschwindigkeit der Fahrt soll durch die Stellung der Flügel geregelt werden. Es ist
                              									ja klar, dass, eine gewisse Umdrehung vorausgesetzt, eine Schraube mit steil
                              									gestellten Flügeln rascher treiben muss, als eine solche mit flacher gestellten. Die
                              									Wirkung wird aber nicht erreicht, wenn die Tourenzahl sich ändert, was bei
                              									gleichbleibender Maschinenleistung eintreten muss, weil mit der Steigung der Flügel
                              									sich auch die Widerstandsarbeit ändert. Mit der Verstellung der Flügel muss demnach
                              									auch eine Regelung der Maschine erfolgen. Holtz
                              									(Harburg, Elbe) will nun eine selbsthätige, durch den veränderten
                              									Schraubenwiderstand bewirkte Gleicherhaltung der Tourenzahl der Welle mit
                              									Einstellung einer Nebenschlussmaschine ermöglichen (D. R. P. Nr. 90199).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 303, S. 300
                              Castellani's Steuervorrichtung.
                              
                           Dieser elektrischen Maschine ist bekanntlich eine
                              									Selbstregelung eigen, so dass eine Aenderung in der Belastung ohne weiteres eine
                              									entsprechende Aenderung der Leistung nach sich zieht. Im vorliegenden Fall würde
                              									also die Verstellung der Flügel eine Steigerung bezieh. Ermässigung der
                              									Maschinenarbeit bedingen.
                           
                              Wilh. Gentsch.