| Titel: | Die chemische Stabilität von Nitrokörperexplosivstoffen. | 
| Fundstelle: | Band 304, Jahrgang 1897, S. 38 | 
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                        Die chemische Stabilität von Nitrokörperexplosivstoffen.Vortrag, gehalten in der „Society of Chemical Industry“
                                    											in London am 5. April 1897.Von Oscar Guttmann
                        Von Oscar Guttmann in London.
                        Mit Abbildung.
                        Die chemische Stabilität von Nitrokörperexplosivstoffen.
                        
                     
                        
                           Ich halte es für unnöthig, die Bedeutung des Ausdruckes „Nitrokörperexplosivstoffe“, sowie deren chemische Zusammensetzung näher
                              									zu erörtern, da diese Fachleuten wohl bekannt sind und ausserdem in meinem Werke über die Industrie der Explosivstoffe
                              von 1895
                              									ausführlich erörtert wurden. Ich kann mich deshalb sofort mit dem Gegenstande meines Vortrages, nämlich mit der chemischen
                              									Beständigkeit solcher Explosivstoffe, beschäftigen.
                           Vom chemischen Standpunkte aus betrachtet, können sie als einigermaassen lose verbunden bezeichnet werden. Wenn-Explosivstoffe
                              einer
                              									Temperatur von ungefähr 180° ausgesetzt werden, so explodiren sie fast alle, doch weit unter dieser Temperatur findet
                              ein Zerfallen
                              									der Moleküle statt, welches sich in der Entwickelung von salpetriger Säure zeigt, und diese wieder, wenn einmal gebildet,
                              befördert
                              									rasch die Zersetzung. Wenn wir deshalb von der chemischen Beständigkeit der Nitrokörperexplosivstoffe sprechen, so
                              haben wir es
                              									hauptsächlich mit jenen Umständen zu thun, unter welchen diese Explosivstoffe unter Entwickelung von salpetriger
                              Säure zersetzt werden
                              									können.
                           Gegenwärtig sind die hauptsächlichsten Nitrokörperexplosivstoffe Nitrocellulose, mag sie aus Baumwolle, Holz oder anderem
                              									Cellulosemateriale hergestellt sein, und Nitroglycerin, oder Mischungen dieser beiden, und auch Nitrobenzol, Nitrotoluol,
                              Pikrinsäure,
                              									Pikrate u.s.w. Alle diese werden heutzutage in so vollkommener Weise hergestellt, dass die einzige mögliche Ursache
                              der Zersetzung die
                              									Einwirkung von Wärme ist. Zusätze, welche entweder zum Zwecke der Neutralisirung freier Säuren oder zum Behufe der
                              Mässigung oder
                              									Erhöhung der Explosivwirkung zugefügt werden, und manchmal auch die mechanische Behandlung bei der Erzeugung können
                              jedoch die
                              									Stabilität beeinflussen.
                           Um zu bestimmen, ob ein Explosivstoff bei Temperaturen, welche unter gewöhnlichen Bedingungen der Aufbewahrung und des Gebrauches
                              									vorkommen können, zersetzlich ist, wurden verschiedene Mittel vorgeschlagen, von denen alle die Gegenwart von salpetriger Säure
                              									anzeigen sollen. In Oesterreich ist es noch immer gesetzlich vorgeschrieben, dass in jeder Kiste Dynamit ein Streifen
                              Lackmuspapier
                              									sich befinde, so dass bei Oeffnen der Kiste der Lagerverwalter sehen könne, ob das Dynamit sauer wurde oder nicht.
                              Oberst Hess vom österreichischen Militärcomité erwärmte den Explosivstoff und führte die Dämpfe in eine Lösung
                              									von Jodkalium. In einigen anderen Ländern wird der Explosivstoff Temperaturen zwischen 100 und 135° während eines
                              Zeitraumes von einem
                              									Tage bis zu einer Woche ausgesetzt, und die Abwesenheit rother Dämpfe gilt als ein Zeichen der Beständigkeit des
                              Explosivstoffes. In
                              									Grossbritannien hat das Ministerium des Innern, wie ich glaube, auf Vorschlag von Dr. Dupré, eine Probe
                              									vorgeschrieben, welche Jedermann, der mit Explosivstoffen zu thun hat, geläufig ist, nachdem sie in fast allen Ländern
                              angenommen
                              									wurde. Sie besteht darin, dass der Explosivstoff in einem Probirgläschen bei einer bestimmten Temperatur (gegenwärtig
                              76 ⅔° für
                              									Schiessbaumwolle und 82 2/9° für die meisten anderen Explosivstoffe)
                              									erwärmt und die Anzahl von Minuten bemerkt wird, welche bis zum Erscheinen einer braunen Linie von gewisser Intensität
                              verläuft, die
                              									auf einem mit einer Lösung von gleichen Theilen Glycerin und Wasser befeuchteten und an einem Glashaken durch einen
                              Kautschukstöpsel
                              									hindurchgesteckten Stücke Jodkaliumstärkekleisterpapier erscheint. In Deutschland wird Zinkjodidstärkepapier statt
                              Jodkaliumpapier
                              									verwendet. Ich werde diese Wärmeproben später besprechen und will nun die verschiedenen Möglichkeiten von Zersetzung
                              sowohl während
                              									der Erzeugung der Nitrokörperbestandtheile, wie des fertigen Explosivstoffes anführen.
                           Es wurde zuerst von Frederick Abel festgestellt, dass die verschiedenen Unglücksfälle mit der
                              									ursprünglichen Schiessbaumwolle von Schönbein und von Lenk der
                              									unvollständigen Entfernung von Säuren zuzuschreiben war, welche zur Nitrirung der Baumwolle gedient hatten. Abel gab die Behandlung der Schiessbaumwolle in Pülpholländern an, wodurch die Fasern der Schiessbaumwolle gründlich
                              									geöffnet wurden und das Waschwasser leicht eindringen konnte. Dieses Verfahren gibt der Schiessbaumwolle einen so
                              hohen Grad von
                              									Beständigkeit, dass man gegenwärtig keine Schwierigkeiten hat, sie der amtlichen Wärmeprobe entsprechend herzustellen.
                              Hier und da
                              									bleibt eine grössere Menge von Säuren als üblich in der Schiessbaum wolle in Folge von unvollständigem Abcentrifugiren
                              der Säuren, und
                              									da man in der Regel eine bestimmte Anzahl von Waschungen vornimmt, so kann es vorkommen, dass, nachdem die Schiessbaum
                              wolle den
                              									ganzen Process von Kochen und Waschen bestanden hat, sie immer noch genügend sauer ist, um eine schlechte Wärmeprobe
                              zu geben.
                              									Selbstverständlich kann dies mit einiger Aufmerksamkeit leicht vermieden werden.
                           Man kommt allmählich davon ab, Alkalien, wie Natrium-, Calcium- oder Magnesiumcarbonat zuzusetzen, und in Grossbritannien
                              wird dies von
                              									der Regierung nicht mehr vorgeschrieben. Ich glaube, ich habe zuerst darauf hingewiesen, dass der Zusatz von Alkalien
                              zu
                              									Schiessbaumwolle oder Nitroglycerin ganz unnöthig und in der That eine Täuschung ist. Falls in einem Explosivstoffe
                              eine wirkliche
                              									Zersetzung vor sich geht, so wird die kleine Menge Alkali bald verbraucht sein, während manche dieser Alkalien eine
                              directe Neigung
                              									haben, die Nitrokörper zu zersetzen, wodurch sie mehr Schaden als
                              									Nutzen stiften. Ein ordentlich gereinigter Explosivstoff wird unter den gewöhnlichen Verhältnissen der Aufbewahrung
                              praktisch für
                              									immer sich halten, ohne das geringste Zeichen von Zersetzung zu geben, und es gibt kein besseres Beispiel als die
                              Flasche
                              									Nitroglycerin, welche in der Nobel'schen Fabrik in Avigliana aufbewahrt wird. Dies ist das erste
                              									Nitroglycerin, welches Prof. Sobrero im J. 1847 herstellte, und es wird seitdem alljährlich geprüft, hat
                              									aber bis jetzt noch keine Verschlechterung der Beständigkeit gezeigt. Dass die verschiedenen Alkalien, welche behufs
                              Neutralisation
                              									zugesetzt werden, in verschiedener Weise wirken, wurde von Dr. Dupré im Berichte der königl.
                              									Explosivstoffinspectoren von 1887 gezeigt. Er fand, dass, wenn man Calcium- oder Magnesiumcarbonat zu Gelatinedynamit
                              hinzufügt, dies
                              									die Wärmeprobe nicht erheblich beeinträchtigt; Natriumcarbonat aber hat eine Ungewisse Wirkung, welche in schlechten
                              Mustern die Dauer
                              									der Wärmeprobe zu erhöhen, und in guten Mustern sie zu erniedrigen bestrebt ist. Das stimmt vollkommen mit dem, was
                              ich vorher sagte,
                              									denn in einem schlechten Muster wird Natriumcarbonat die schon entwickelte Säure neutralisiren, während es ein gutes
                              Muster zu
                              									zersetzen geneigt sein wird. Meine eigene Erfahrung zeigte mir, dass der Zusatz von Ammoniumcarbonat zu Sprenggelatine
                              zum Zwecke der
                              									Neutralisirung von Säuren so hochgradige Zersetzung hervorgerufen hat, dass die Schiessbaumwolle zum Theile verschwand
                              und das
                              									Nitroglycerin aus den Kisten in solchem Maasse ausschwitzte, um Wände und Fussboden des Lagerraumes buchstäblich
                              nass zu machen.
                              									Ammoniak, welches aus dem Ammoniumcarbonat so leicht frei wird, wirkt lebhaft auf Nitrokörper ein, und viel leichter
                              auf Schiessbaum
                              									wolle als auf Nitroglycerin.
                           Von Pikrinsäure und Pikraten, Nitrobenzol, Nitrotoluol u.s.w. kann Aehnliches gesagt werden wie von der Schiessbaumwolle.
                              Wenn
                              									dieselben gehörig gewaschen und von Säure befreit sind, so sind sie beständig, und der Grad der Beständigkeit wird
                              bloss von der
                              									vollständigen Entfernung der Säuren abhängen. In manchen dieser Nitrokörper kann grössere Reinheit durch Umkrystallisiren,
                              in anderen
                              									durch wiederholtes Waschen erzielt werden, wenn nöthig unter Zusatz von Alkalien, um die freien Säuren leichter zu
                              neutralisiren.
                           Da Nitroglycerin eine ölige Flüssigkeit ist, kann es nicht so leicht gereinigt werden, denn es ist schwierig, es in kleine
                              Theilchen zu
                              									vertheilen, welche durch die zur Reinigung angewandten Mittel angegriffen werden können. Früher benutzte man primitive
                              Wasch
                              									Vorrichtungen, wie z.B. ein in die Erde versenktes Erdölfass zur Aufnahme des Nitroglycerins, und ein durchlöchertes
                              Brett an einer
                              									Stange zum Rühren. Heutzutage wird gepresste Luft zur gründlichen Durchmischung des Nitroglycerins mit den Waschflüssigkeiten
                              									verwandt, und dieselbe dient zu gleicher Zeit dazu, die niedrigeren Nitrokörper, welche gewöhnlich das unreine Product
                              begleiten, zu
                              									oxydiren. Bei Nitroglycerin kann es auch vorkommen, dass eine grössere Menge von Säure bei der Abscheidung mit abgezogen
                              wird, und man
                              									wird dann häufiger waschen müssen. Um die Hauptmenge der Säure zu neutralisiren, gibt man Natriumcarbonatlösung oder
                              Soda in
                              									Pulverform zum Waschwasser, und die zurückbleibende Säure wird entfernt, indem man wiederholt entweder mit warmem
                              oder kaltem Wasser
                              									oder sehr verdünnter Sodalösung wäscht. Vor einigen Jahren kam mir ein Fall vor, dass man Tage lang keine Nitroglycerincharge die
                              									Wärmeprobe bestehen machen konnte, trotzdem dieselben sehr sorgfältig und häufig gewaschen wurden. Man verdächtigte
                              das Glycerin und
                              									die Schwefelsäure; die Reinheit der Salpetersäure, welche nach meinem Verfahren erzeugt war, wurde nicht bezweifelt.
                              Nach sorgfältiger
                              									Prüfung mit vollkommen reinem Glycerin und Schwefelsäure in grossem Maasstabe zeigte es sich jedoch, dass die verwendeten
                              Materialien
                              									keine Schuld hatten, während die einfache Erklärung, welche ich von Anfang an gab, sich als richtig erwies, nämlich
                              dass der Apparat
                              									nicht genügend gereinigt war. Wie Sie wissen, wird Nitroglycerin in Bleiapparaten hergestellt, und, obzwar man meinen
                              sollte, dass
                              									durch die Mischung von Salpeter- und Schwefelsäure nur Bleisulphat gebildet würde, so ist doch dieses Bleisulphat
                              von schwammiger,
                              									poröser Natur und hält Verunreinigungen mechanisch zurück. Dies ist besonders der Fall, wo die Oberfläche der Flüssigkeit
                              mit der Luft
                              									in Berührung kommt. Kleine Mengen von Bleisulphat von verschiedenen Theilen des Apparates, in Spuren zu Mustern von
                              Nitroglycerin von
                              									unzweifelhaft vorzüglicher Qualität gefügt, erniedrigten sofort die Wärmeprobe in erschreckender Weise. Die Erklärung
                              ergab sich nun
                              									von selbst. Kleine Theilchen von Bleisulphat lösen sich stets vom Bleiapparate ab und schwimmen im Nitroglycerin
                              herum. Sie werden
                              									durch das Waschen mit gepresster Luft in die Höhe geworfen und haben wenig Zeit, sich abzusetzen. Wasser allein entfernt
                              die
                              									Verunreinigungen nicht, ausser nach sehr langer Behandlung damit, und deshalb werden minimale Mengen in die zu prüfenden
                              Muster
                              									gelangen.
                           Eine ähnliche Möglichkeit, obzwar von entgegengesetzter Natur, wurde von mir vermuthet und experimentell bewiesen durch Waschen
                              von
                              									Nitroglycerin mit Soda. Wenn Soda in Pulverform hinzugefügt wird, statt in Lösung, so wird Soda schlammig niedergeschlagen.
                              Nimmt man
                              									kleine Mengen solchen Schlammes auf, so werden sie auf Lackmuspapier eine deutlich alkalische Reaction geben; wenn
                              jedoch ein Tropfen
                              									Nitroglycerin darauf gelegt wird und einige Zeit stehen bleibt, so wird man eine saure Reaction an der Berührungslinie
                              zwischen dem
                              									Nitroglycerin und der schlammigen Soda finden, welche beweist, dass das Nitroglycerin angegriffen wurde.
                           Von diesen verhältnissmässig einfachen Nitrokörpern gehe ich zu Mischungen über, wie z.B. Sprenggelatine. Man darf sich nicht
                              darauf
                              									verlassen, dass, weil zwei Nitrokörper einzeln unter der Einwirkung von Wärme sehr beständig sind, eine Mischung
                              derselben gleich
                              									beständig sein werde, es gibt viele Umstände, welche das Gegentheil verursachen können. Sprenggelatine z.B. wird
                              erzeugt, indem
                              									lösliche Schiessbaumwolle in Nitroglycerin unter Zuhilfenahme von Erwärmung gelöst wird. Ich werde später zeigen,
                              dass salpetrige
                              									Säure aus manchen Nitrokörpern bei viel niedrigeren Temperaturen entwickelt werden kann, als die der amtlichen Wärmeprobe,
                              und es wird
                              									deshalb sehr von der Temperatur abhängen, bei welcher die Lösung von Sprenggelatine gemacht wird, und der mechanischen
                              Behandlung,
                              									welcher sie unterzogen wurde, ob im Endproduct der Grad der Beständigkeit seiner Componenten erhalten oder vermindert
                              worden ist.
                              									Dasselbe kann mit Mischungen von Pikraten, Lösungen von, Nitrobenzol und Schiessbaumwolle, geschmolzenen Massen von Nitrokörpern mit niedrigem Schmelzpunkte u.s.w. vorkommen. Bei der Erzeugung von
                              									rauchlosem Pulver in Blättchen wird die Masse häufig in Blättchen gerollt durch mit Dampf geheizte Walzen. Bei anderen
                              rauchlosen
                              									Pulvern wird die Masse durch langandauerndes Behandeln in Knetmaschinen erzeugt, wobei ihre Temperatur sich erhöht.
                              Nach meiner
                              									Ansicht vermindern diese Operationen die Dauer der Wärmeprobe, nachdem, wie ich früher erwähnte, die Behandlung bei
                              erhöhten
                              									Temperaturen die locale Bildung von salpetriger Säure begünstigt, und wenn diese einmal begonnen hat, sie sich schneller
                              entwickelt
                              									als vorher.
                           Was ich bisher gesagt habe, hat vielleicht mehr Interesse für den Fabrikanten allein, und nicht so sehr für den Consumenten,
                              welcher
                              									ein Recht hat, zu verlangen, dass die fertigen Explosivstoffe, seien sie nun einfache oder zusammengesetzte Producte,
                              eine
                              									entsprechende Sicherheit während der Handhabung besitzen sollen. Viele der im Gebrauche befindlichen Explosivstoffe
                              sind Mischungen
                              									einer Anzahl von Bestandtheilen oft sehr complicirter Natur, und der Einfluss dieser Bestandtheile wurde meines Wissens
                              bisher nicht
                              									genügend geprüft. Ich habe während meiner langen Erfahrung mit Explosivstoffen oft einige der hierbei auftauchenden
                              Fragen untersuchen
                              									müssen. Kürzlich hatte ich Gelegenheit, eingehender der Sache näher zu treten, und will Ihnen nun die Resultate meiner
                              Erfahrungen
                              									geben, soweit ich gekommen bin.
                           Die am meisten interessirenden fertigen Explosivstoffe sind Schiessbaumwolle, Dynamit, Sprenggelatine, Gelignit (Gelatinedynamit)
                              und
                              									die vielen rauchlosen Pulver, ob sie nun Nitroglycerin, Nitrobenzol u.s.w. enthalten oder nicht. Ueber Schiessbaumwolle
                              habe ich das
                              									Nöthige gesagt. Dynamit ist, wie Sie wissen, Nitroglycerin von Kieselguhr, einer reinen Kieselerde, aufgesaugt; Sprenggelatine
                              ist,
                              									wie schon erwähnt, eine Lösung von löslicher Schiessbaumwolle in Nitroglycerin, und Gelignit ist eine ähnliche Lösung
                              von dünnerer
                              									Beschaffenheit, gemischt mit einem Aufsaugepulver aus Kaliumnitrat und Holzmehl. Sowohl aus Dynamit wie aus Sprenggelatine
                              kann das
                              									Nitroglycerin ausschwitzen, wenn es von dem Saugmittel nicht genügend zurückgehalten wird. Dies ist eigentlich keine
                              chemische,
                              									sondern nur eine mechanische Unbeständigkeit. Bei Dynamit hängt das Ausschwitzen sowohl von der Saugfähigkeit der
                              Kieselguhr und dem
                              									Einflüsse der Temperatur ab, welcher das Dynamit während der Lagerung unterworfen ist. Ist die Temperatur zu niedrig,
                              so friert das
                              									Nitroglycerin in dem Explosivstoffe und vermindert sein Volumen um nahezu 1/10; es wird dadurch die äusseren Schichten des Saugstoffes verlassen, und, wenn der Explosivstoff
                              									wieder aufgethaut wird, mag es sein, dass es sich nicht gleichmässig wie früher durch die Masse des porösen Saugstoffes
                              vertheilen
                              									wird. Falls die Temperatur zu hoch ist, dehnt sich das Nitroglycerin aus und, falls die Kieselguhr in dem Explosivstoffe
                              ursprünglich
                              									vollständig gesättigt war, wird das Nitroglycerin ausschwitzen. Auch der Einfluss von Feuchtigkeit auf Dynamit ist
                              zu berücksichtigen,
                              									da Wasser das Nitroglycerin verdrängt und an seine Stelle tritt. Bei Sprenggelatine ist die Qualität der verwendeten
                              löslichen
                              									Schiessbaumwolle von grosser Wichtigkeit, nachdem es jetzt wohl bekannt ist, dass weder der Procentsatz von Stickstoff, noch die
                              									vollständige Löslichkeit der Schiessbaumwolle in Nitroglycerin ein verlässlicher Maasstab für die Eignung von Schiessbaumwolle
                              ist, um
                              									Nitroglycerin dauernd und sicher zurückzuhalten.
                           Die Möglichkeit, dass Dynamit oder Sprenggelatine durch Wärme beeinflusst werden, wächst mit der Anzahl der Bestandtheile,
                              aus denen
                              									sie zusammengesetzt sind. Obzwar man denken könnte, dass in Dynamit nur Nitroglycerin zu berücksichtigen sei, hat
                              man doch vor etwa 12
                              									Jahren gefunden, dass aus vollkommen gutem Nitroglycerin und scheinbar ausgezeichneter Kieselguhr gutes Dynamit nicht
                              erzeugt werden
                              									konnte. Nähere Prüfung ergab, dass die Kieselguhr ausser Spuren von Eisen und verkohlten organischen Bestandtheilen
                              vom Rösten
                              									verhältnissmässig grosse Mengen von Aluminiumsulphat enthält. Selbst eine kleine Menge davon hatte zersetzenden Einfluss
                              auf
                              									Nitroglycerin mit der Folge, dass salpetrige Säure entwickelt wurde.
                           Vor einigen Jahren haben verschiedene Fabrikanten grosse Schwierigkeiten gehabt, Gelatinedynamit nach Australien zu verschiffen,
                              									welches bei der Ankunft die Wärmeprobe bestehen konnte, und einige Sendungen wurden deshalb verworfen und vernichtet.
                              Wenn solche
                              									Explosivstoffe mit Segelbooten bei dicht geschlossenen Luken ohne Lüftung, und beim Passiren des Aequators der brennenden
                              Sonnenwärme
                              									ausgesetzt, transportirt werden und im Sommer in Indien oder Australien ankommen, dann wird der Fabrikant sorgfältigst
                              einen
                              									genügenden Spielraum für die Wärmeprobe zu lassen haben und ungeeignete Lagerung im Schiffe verhindern müssen. Nichtsdestoweniger
                              hat
                              									sorgfältige Behandlung, Erzeugung und Prüfung des Gelatinedynamits vor Versandt und nach einem Jahre Lagerung erwiesen,
                              dass in
                              									manchen Fällen Gelignit die Wärmeprobe in England bestand, während es in Australien verworfen wurde. Nach eingehender
                              Untersuchung des
                              									Falles kam ich zu der Ueberzeugung, dass das Holzmehl daran schuld sei. Es ist wichtig, dass der Explosivstoff so
                              wenig Feuchtigkeit
                              									als möglich enthalte, und deshalb wird das Holzmehl einem Trockenprocesse unterworfen, welcher in manchen Fabriken
                              so weit getrieben
                              									wird, bis das Holzmehl ein licht chokoladefarbenes Ansehen hat, während in anderen Fabriken es einfach einer Temperatur
                              von ungefähr
                              									120° unterworfen wird, um alle Feuchtigkeit auszutreiben. Gewöhnlich wird dieses Trocknen des Holzmehls in eisernen
                              Trommeln mit oder
                              									ohne Rührwerk ausgeführt, welche Trommeln einem gelinden Feuer ausgesetzt sind. Wenn das Holzmehl leicht angekohlt
                              ist, so ist es
                              									klar, dass theilweise Destillation und damit die Entwickelung von Essigsäure stattfindet, aber selbst bei verhältnissmässig
                              niedrigen
                              									Temperaturen kann eine locale Aufspeicherung von Wärme stattfinden und theilweise Verkohlung bewirkt werden. Diese
                              verkohlten Theile
                              									wurden gewöhnlich nicht berücksichtigt.
                           
                              
                                 Material
                                 Zusatz
                                 Wärmeprobe in Minuten
                                 
                              
                                 vor Zusatz
                                 nach Zusatz
                                 Verlust
                                 
                              
                                 Gelatinedynamit
                                 Holzmehl undKalisalpeter
                                 31
                                 20
                                 11
                                 
                              
                                 do.
                                 Holzmehl
                                 33
                                 20
                                 13
                                 
                              
                                 do.
                                 do.
                                 50
                                 29
                                 21
                                 
                              
                                 do.
                                 Kalisalpeter
                                 34
                                 32
                                  2
                                 
                              
                                 Nitroglycerin
                                 3 Tropefen Essig-säure
                                 30
                                  3
                                 27
                                 
                              
                           
                           Essigsäure hat auf Jodkalium eine starke Einwirkung, und die vorstehende Tabelle zeigt auf Grund von Versuchen, dass die
                              									Essigsäure, welche während des Trocknens des Holzmehls gebildet wird, die Wärmeprobe stark beeinflusst.
                           Gleichzeitig mit der Entwickelung von Essigsäure wird auch etwas Methylalkohol gebildet, und wenn das Gelatinedynamit ein
                              Alkali
                              									enthält, wie Natriumcarbonat, dann wird die Gegenwart von Alkohol verursachen, dass das Alkali den Nitrokörper viel
                              rascher zersetzt.
                              									Andererseits glaube ich nicht, dass die Gegenwart von Essigsäure in Gelatinedynamit, welches ein Alkali nicht enthält,
                              einen
                              									schädlichen Einfluss auf die Beständigkeit gegen Wärme ausüben wird, oder dass die Essigsäure die Nitrokörper zersetzt,
                              und ich habe
                              									deshalb einigen Zweifel, dass Gelatinedynamit wegen zu niedriger Wärmeprobe verworfen werden konnte, wenn die Nitrokörper
                              und
                              									thatsächlich der ganze Explosivstoff vollkommen beständig sind. Das Gelatinedynamit mag die Wärme lange Zeit aushalten,
                              ohne dass
                              									salpetrige Säure entwickelt werde, und dennoch kann eine Reaction auf dem Jodkaliumpapiere erfolgen durch die Gegenwart
                              der
                              									unschädlichen Essigsäure.
                           Wir kommen nun zu einer Klasse von Explosivstoffen, welche innerhalb der letzten 9 Jahre sich so enorm entwickelt hat, dass
                              sie einen
                              									Zweig der Explosivstoffindustrie vollständig umgewälzt hat, nämlich die der rauchlosen Pulver. Es kann nicht behauptet
                              werden, dass
                              									das letzte Wort bezüglich ihrer Erzeugung gesagt, noch dass ein Idealpulver schon gefunden wurde. In jedem Jahre
                              werden neue Pulver
                              									erfunden und die alten fortwährend verbessert. Es ist deshalb nicht überraschend, dass bisher mehr Aufmerksamkeit
                              auf deren gute und
                              									sichere Erzeugung verwendet wurde, als auf die Eigenschaften während der Lagerung gerichtet werden konnte, nachdem,
                              was immer für
                              									Laboratoriumsversuche gemacht werden, die wirkliche Probe für die Stabilität eines Pulvers unter den veränderlichen
                              Umständen seines
                              									Gebrauches nur durch jahrelange Erfahrung in der Praxis gewonnen werden kann.
                           Sie sind alle mit der Thatsache vertraut, dass moderne rauchlose Pulver entweder aus Schiessbaumwolle allein oder aus Mischungen
                              von
                              									Nitrocellulose, Nitroglycerin, Nitrobenzol u.s.w. mit oder ohne Nitrate und ähnliche Körper erzeugt werden. Als das
                              Ministerium des
                              									Innern die Jodkaliumwärmeprobe auf die rauchlosen Pulver ausdehnen wollte, hatte es wahrscheinlich bedeutende Schwierigkeiten
                              									überwinden müssen, denn wie sich später zeigen wird, verhalten sich diese Pulver manchmal sehr wechselnd bei der
                              vorgeschriebenen
                              									Wärmeprobe. Die Schwierigkeit wurde scheinbar überwunden, indem man vorschrieb, dass, sofern Schultze- und EC-Pulver
                              u.s.w. vorläge,
                              									das Pulver in einem Trockenofen bei 48 8/9° getrocknet, dann 2
                              									Stunden an die Luft gesetzt werden solle, bevor die übliche Wärmeprobe anzustellen sei, während Cordit und ähnliche
                              rauchlose Pulver
                              									in einer Mühle zu mahlen waren, sodann durch einen Siebapparat mit drei Sieben passirt und endlich das Pulver auf
                              dem zweiten Siebe
                              									für die Wärmeprobe zurückgehalten wurde.
                           Es war im September 1895, als mein Freund, Hermann Güttler aus Reichenstein, der wohlbekannte
                              									Pulverfabrikant, mir die merkwürdige Thatsache zeigte, dass, während er eine Wärmeprobereaction mit Jodkaliumpapier
                              von seinem eigenen
                              									Pulver, dem sogen. Plastomenit, erhalten konnte, Walsroder Pulver entweder gar keine Reaction gab, oder nur nach stundenlanger
                              									Erwärmung, und dass sogar, wenn er ein Papier mit der braunen Linie von der Wärmeprobe in ein Probirröhrchen mit
                              Walsroder Pulver
                              									steckte, die braune Linie fast augenblicklich verschwand. Diese Thatsache war so befremdend, dass sie Untersuchung
                              forderte, und bei
                              									meiner Rückkehr im October hatte ich Gelegenheit, auf die Frage in Verbindung mit anderen näher einzugehen. Es war
                              mir sofort klar,
                              									dass Walsroder Pulver etwas enthalten müsse, was auf das auf dem Stärkepapiere frei gewordene Jod einwirke. Ich fand
                              aber auch, wie
                              									wohl verständlich, dass, wenn ich ein gefärbtes Jodkaliumpapier in eine leere Probirröhre gab und
                              									dieselbe auf 82 2/9° erwärmte, das Papier in ungefähr 5 Minuten
                              									durch Verdampfung des Jods wieder weiss wurde. Das deutsche Zinkjodidstärkepapier zeigte sich empfindlicher als das
                              englische Papier,
                              									da ich damit Reactionen in ⅓ geringerer Zeit erhielt und Jod in ungefähr der Hälfte der Zeit verschwinden machen
                              konnte.
                           Obzwar diese Erscheinung mich auf einige Tage von der Spur ablenkte, so fand ich doch bald, dass die Zeit für das Entfärben
                              des
                              									Jodkaliumpapieres zu lang war, um einen so augenfälligen Einfluss auszuüben, wie in dem Falle mit dem Walsroder Pulver.
                              Ich fand dann,
                              									dass altes Walsroder Pulver raschere Wärmereaction gab als solches von jüngerer Erzeugung, und ohne in die Details
                              der vielen Hunderte
                              									von Versuchen einzugehen, welche ich machte, um in positiver Weise alle mit diesem Verschwinden von Jod verbundenen
                              Umstände
                              									aufzuklären, glaube ich besser zu thun, wenn ich Ihnen die endgültigen ziemlich überraschenden Schlüsse mittheile,
                              zu welchen ich
                              									gelangte.
                           Sie wissen, dass es eine grosse Menge von Körpern gibt, welche entweder Jod absorbiren, wie z.B. Fette und Oele, oder solche,
                              welche
                              									unter gewissen Bedingungen sich mit Jod verbinden, oder solche, welche Jod lösen. Ich war im Stande nachzuweisen,
                              dass eine grosse Menge von Bestandtheilen in rauchlosen Pulvern enthalten sein können und enthalten sind,
                                 										welche die Jodkaliumwärmereaction verhindern. Im Vordergrunde stehen Essigäther, Aceton und Oele, aber auch Vaselin, Anilin
                              									und verschiedene andere.
                           Je grösser die Dichte des Pulvers, desto schwieriger ist es, das bei der Erzeugung verwendete Lösungsmittel zu verjagen. Manche
                              Pulver
                              									halten bis zu 1 Proc. Aceton, Essigäther u.s.w. zurück, manche nur einen kleinen Bruchtheil eines Procentes. Obzwar
                              eine so geringe
                              									Menge des Lösungsmittels sich durch den Geruch nicht merkbar machen wird, so wird sich doch, wenn das Pulver gemahlen
                              und im
                              									Probirröhrchen erwärmt wird, zeigen, dass eine gewisse Menge des Lösungsmittels stets im Inneren der Pulverkörner
                              zurückgehalten
                              									wurde. Dieses Lösungsmittel oder andere geeignete Bestandtheile werden, wenn sie auf Jod einwirken, die Bildung der
                              braunen Linie, auf
                              									dem Reagenspapier verhindern, weil, sobald Jod durch salpetrige Säure entwickelt wird, das Lösungsmittel oder der
                              Bestandtheil es auch
                              									wieder verschwinden macht. Ich nenne dieses das „Verschleiern“ der Wärmeprobe, und das Resultat wird sein, dass ein Pulver in
                              									voller Zersetzung sich befinden kann, und dass doch das Lösungsmittel, wie Aceton oder Essigäther, welches sich in
                              dem Probirröhrchen
                              									befindet, eine Zeitlang die Bildung der braunen Linie verhindern wird, bis entweder die Entwickelung der salpetrigen
                              Säure zu gross geworden ist, oder ein Theil des Lösungsmittels entwichen
                              									ist.
                           Es wird Sie nun wohl nicht wundern, zu hören, dass mit einem Pulver, welches nach dem Patent von Hiram S.
                                 										Maxim gemacht wurde, und das aus 80 Th. Schiessbaumwolle, 10 Th. Nitroglycerin und 2 Th. Ricinusöl mit Aceton als
                              									Lösungsmittel erzeugt wurde, ich manchmal eine Wärmereaction selbst nach 2 Stunden Erwärmung bei 90° nicht erzielen
                              konnte. Dasselbe,
                              									obzwar in geringerem Maass, geschah mit Walsroder Pulver und mit Cordit. Im Fall von Cordit verhielten sich Jodkaliumpapiere,
                              welche
                              									von zwei verschiedenen Chemikern hergestellt wurden, ganz verschieden. Papier A gab die Wärmereaction nach der doppelten
                              Zeit wie
                              									Papier B. Als aber dieselben Papiere an einem anderen Pulver versucht wurden, da war die Reihenfolge umgekehrt, und
                              es war Papier B,
                              									welches die Reaction zweimal so spät zeigte als Papier A. Der Unterschied war jedoch nicht einer Verschiedenheit
                              der Empfindlichkeit
                              									der Reagenspapiere zuzuschreiben.
                           Mit Rücksicht auf die hohen Temperaturen, welchen Oele unterworfen werden können, ohne zu sieden oder sichtbare Dämpfe abzugeben,
                              									schien es unwahrscheinlich, dass in einem Pulver das darin enthaltene Oel die Wärmeprobe verschleiern könne, und
                              ich war geneigt, dies
                              									dem Aceton allein zuzuschreiben, aber ich fand bald, dass z.B. Ricinusöl bei relativ niedriger Temperatur flüchtige
                              Bestandtheile
                              									verlältnissmässig leicht abgibt. Ich setzte Ricinusöl in einer 25 mm hohen Schicht in einem Becherglas einer Temperatur
                              von 82 2/9° während 30 Minuten aus, was eine gute Durchschnittszeit und
                              									Temperatur für die amtliche Wärmeprobe ist, und fand, dass es 0,245 Proc. an Gewicht verloren hatte, was selbstverständlich
                              ein viel
                              									höherer Procentsatz ist, als nothwendig wäre, um die geringe Menge von Jod auf dem Reagenspapier zu absorbiren. Ich
                              liess auch 20 g in
                              									einer flachen Glasschale einer Temperatur von 38° 72 Stunden hinter einander ausgesetzt und der Verlust war 0,656
                              Proc.
                           Es schien durchaus nicht wahrscheinlich, dass Vaseline die Wärmeprobe verschleiern könne, und eine Zeitlang fiel mir nicht
                              ein, seinen
                              									Einfluss zu versuchen. Aber ein auffallendes Verhalten von Cordit veranlasste mich, dieser Frage von einem anderen
                              Standpunkt aus
                              									näher zu treten. Ich löste sowohl Ricinusöl wie Vaseline in heissem Aether und nahm drei Proben von Schiessbaumwolle
                              aus ein und
                              									demselben Muster, begoss die eine mit 5 cc Aether allein, die andere mit 3 Tropfen Ricinusöl, aufgelöst in 5 cc Aether,
                              und die dritte
                              									mit geschmolzener Vaseline in derselben Menge von Aether. Ich setzte diese drei Muster einer Temperatur von 40° in
                              einem Trockenofen
                              									aus, um den Aether zu verjagen, und nahm dann die Wärmeproben vor. Die Dauer war wie folgt:
                           
                              
                                 Schiessbaumwolle allein
                                 9
                                 Minuten
                                 
                              
                                 Schiessbaumwolle und 3 Tropfen Ricinusöl
                                 19
                                 „
                                 
                              
                                 Schiessbaumwolle und 3 Tropfen Vaseline von  Chesebrough
                                 44
                                 „
                                 
                              
                           Ich hielt es für möglich, dass während des Trocknens der fertigen Explosivstoffe, welche Ricinusöl oder Vaseline enthielten,
                              flüssige
                              									Bestandtheile abgetrieben werden könnten, welche die Wärmeprobe beeinflussten, und deshalb wurde Mineralgallerte
                              (Vaseline) 72 Stunden
                              									hinter einander einer Temperatur von 38° ausgesetzt und der Verlust hierbei wurde mit 0,061 Proc. gefunden. 3 Tropfen
                              dieses
                              									Rückstandes von der so exponirten Vaseline und von Ricinusöl wurden dann in Aether wie früher gelöst, wobei ein anderes Muster
                              									von Schiessbaumwolle guter Qualität verwendet wurde. Ich will hier sogleich anführen, dass alle vergleichenden Wärmeproben
                              mit 1,500 g
                              									des Explosivstoffes bei einer Temperatur von 80° gemacht wurden, da dies die nächstliegende runde Zahl nach metrischem
                              System zu den
                              									in England vorgeschriebenen 25 Grains bei 180° F. ist.
                           Die Resultate waren folgende:
                           
                              
                                 Schiessbaumwolle allein mit Aether begossen
                                 16
                                 Minuten
                                 
                              
                                 Schiessbaumwolle mit in Aether gelöstem ge-  trocknetem Ricinusöl
                                 32
                                 „
                                 
                              
                                 Schiessbaumwolle mit in Aether gelöster ge-  trockneter Mineralgallerte
                                 22
                                 „
                                 
                              
                                 Schiessbaumwolle mit in Aether gelöster un-  getrockneter Mineralgallerte
                                 22
                                 „
                                 
                              
                           Ich hatte nun den unzweifelhaften Beweis, dass es eine Anzahl von Bestandtheilen rauchloser Pulver gibt, welche die Wärmeprobe
                              									verschleiern, und auch eine gute Erklärung dafür, warum manche Pulver sich bei der Jodkaliumwärmeprobe so launisch
                              verhielten. Ein
                              									Pulver, das z.B. am Abend gemahlen und sofort geprüft wurde, gab eine längere Dauer der Wärmeprobe, als wenn man
                              es erst am nächsten
                              									Morgen prüfte. Grob gemahlene Körner gaben eine schlechtere Wärmeprobe als fein gemahlene. Manchmal gab ein Pulver,
                              welches viele
                              									Monate aufbewahrt war, eine bessere Wärmeprobe als ein frisch bereitetes. All dies ist dem Grad der Vertheilung des
                              Pulvers
                              									zuzuschreiben, wenn die Wärmeprobe angestellt wird, und der grösseren oder geringeren Menge von Aceton oder anderen
                              Bestandtheilen,
                              									welche zurückgehalten wurden und während der Dauer der Wärmeprobe verdampft werden konnten. Ueberdies ist die Mühle,
                              welche zum Mahlen
                              									von rauchlosem Pulver bisher diente, eine solche, welche nicht zerreibt, sondern das Pulver nur zersplittert und,
                              obzwar nur jene
                              									Körner für die Probe verwendet werden, die auf einem Sieb von bestimmter Maschenweite zurückgehalten werden, so finden
                              sich doch
                              									grosse Unterschiede in der Grösse der einzelnen Pulverpartikel, wodurch verschiedene Mengen von Lösungsmitteln entwickelt
                              werden
                              									können. Alle diese Versuche bewiesen mir endgültig, dass die Jodkaliumwärmeprobe, wie sie gegenwärtig
                                 										vorgeschrieben ist, für die meisten rauchlosen Pulver und auch für manche Sprengstoffe nicht angewendet werden kann, nachdem
                              									das Jod, welches in Freiheit gesetzt werden soll, von einigen in den Explosivstoffen enthaltenen Bestandtheilen aufgenommen
                              wird. Wenn
                              									Sie in Betracht ziehen, dass die Wärmeprobe eine der Hauptgrundlagen für die Bestimmung der Eignung eines Pulvers
                              zu längerer
                              									Aufbewahrung ist und dass jedes Land der Welt eine ähnliche amtliche Probe vorgeschrieben hat, so werden Sie die
                              Wichtigkeit meiner
                              									Versuche einsehen. Ein Fabrikant und selbst die Regierungsfabriken können sich unmöglich dem aussetzen, dass ihre
                              Lieferungen
                              									zurückgewiesen werden und sie manchmal grosse Geldverluste erleiden in Folge einer ungeeigneten Prüfungsmethode.
                           Es erschien mir gerathen, bevor ich eine alte, scheinbar bewährte Methode aufgab, mir eine andere zu verschaffen, und ich
                              setzte mir
                              									deshalb die Aufgabe, eine Methode zu finden, deren Resultate durch Bestandtheile des Explosivstoffes nicht verschleiert
                              werden konnten
                              									und welche nur den Nachweis der während der Wärmeprobe entwickelten salpetrigen Säure verfolgte, zugleich aber auch
                              so viel als
                              									möglich in einer ähnlichen Weise wie die Jodkaliumwärmeprobe angewendet werden konnte.
                           
                           Ich habe all die verschiedenen Reagentien aufgesucht, welche während der letzten 40 Jahre für die Entdeckung kleiner Mengen
                              von
                              									salpetriger Säure vorgeschlagen wurden. Eine Anzahl derselben konnte ich sofort ausser Acht lassen, weil dieselben
                              entweder eine
                              									complicirte Herstellung oder eine Behandlung des Explosivstoffes selbst durch chemische Operationen erforderten,
                              oder weil sie auf den
                              									Explosivstoff selbst einwirken würden. Ich wünschte auch nicht, ein Reagens zu verwenden, in welchem der Explosivstoff
                              aufgelöst oder
                              									mit welchem er gemischt werden müsste, weil dadurch genaue Zeitbestimmungen nicht zu erhalten waren. Reagentien für
                              salpetrige Säure
                              									wurden vorgeschlagen von Griess (eine Mischung von Sulfanilsäure und Naphtylamin), von Flügge (Quecksilbernitrat und Carbolsäure), Jorrissen (Fuchsin in Eisessig
                              									gelöst), Vogel (Rosanilin), Meldola (Paraamidobenzolazodimethylanilin), Curtmann (Antipyrin), Kopp (Diphenylamin), Frankland (Sulfanilsäure und Phenol) und Griess (salzsaures m-Phenylendiamin).
                           Mein Bestreben war, ein solches Reagens zu erhalten, welches ähnlich wie die Jodkaliumwärmeprobe angewendet werden konnte,
                              nämlich,
                              									indem man einen Tropfen des Reagens auf ein Stück Filterpapier bringt, welches an einem Glashaken in einer Probirröhre
                              aufgehängt
                              									werden kann, da diese Art der Prüfung gegenwärtig so allgemein angenommen und so leicht zu handhaben ist, dass es
                              wünschenswerth
                              									erschien, jede neue Probe möglichst in derselben Weise auszuführen. Ausserdem würde bei solcher Probe das Reagens
                              mit dem
                              									Explosivstoff gar nicht in Berührung kommen, und es braucht deshalb eine chemische Einwirkung zwischen Reagens und
                              Explosivstoff nicht
                              									in Betracht gezogen zu werden. Von den verschiedenen Methoden schienen sich Antipyrin, Metaphenylendiamin, Fuchsin
                              und Diphenylamin am
                              									meisten zu empfehlen. Antipyrin musste ich bald fallen lassen, denn es gibt nur eine blasse smaragdgrüne Farbe, welche
                              nicht genügend
                              									zu unterscheiden ist. Metaphenylendiamin gibt eine gelbe Reaction, zeigte sich aber zu ungewiss in seiner Wirkung
                              und bei künstlichem
                              									Licht nicht gut sichtbar. Die Vorschrift von Jorrissen und Vogel für die
                              									Verwendung von Fuchsin war, dass 0,01 g in 100 cc Eisessig gelöst werden sollten. Diese Lösung fand ich zu stark
                              für meinen Zweck und
                              									ich verdünnte deshalb den Eisessig mit Wasser. Ein Tropfen dieser Fuchsinlösung auf einem Reagenspapier gibt eine
                              wunderschöne
                              									Reaction mit salpetriger Säure. Die Farbe verwandelt sich von einem Licht-Cardinalroth ins Violette, dann allmählich
                              in Himmelblau,
                              									Grün, Gelb und verschwindet endlich vollständig. Als Nachtheil ist anzuführen, dass freie Mineralsäure die Fuchsinlösung
                              sofort gelb
                              									färbt. Ich hatte einige Hoffnung, dieses Reagens verwenden zu können, aber nach vielen Versuchen mit verschiedenen
                              Explosivstoffen
                              									fand ich, dass die Veränderung von Roth in Blau, welche ich als ein sicheres Zeichen der Entwickelung von salpetriger
                              Säure ansehen
                              									wollte, durchaus nicht regelmässig stattfand. Manchmal erschien die violette Farbe unmittelbar vor der blauen, aber
                              manchmal
                              									veränderte sich das Roth sofort in Violett, und es brauchte sehr lange Zeit, bevor eine blaue Farbe überhaupt zum
                              Vorschein kam. Ich
                              									concentrirte deshalb alle meine Anstrengungen auf die Diphenylaminreaction, welche, wie wohl bekannt, eine sehr empfindliche
                              und gute
                              									ist. Der übliche Weg, wie z.B. bei der Prüfung von Wasser, nämlich Auflösen des Diphenylamins in concentrirter Schwefelsäure
                              und
                              									Zugabe eines Tropfens zum Wasser, konnte jedoch nicht eingeschlagen werden, weil die starke Schwefelsäure nicht ohne
                              Einwirkung auf
                              									das Reagenspapier wäre, während zugleich die Reaction nicht genügend empfindlich würde, wenn man die Lösung nicht
                              verdünnte.
                              									Diphenylamin löst sich leicht genug in starker Schwefelsäure; wenn aber diese Lösung mit Wasser verdünnt wird, so
                              scheidet sich das
                              									Diphenylamin wieder aus. Ich versuchte deshalb verschiedene Behelfe, wie z.B. die Aufgabe eines Tropfens der Diphenylaminlösung
                              auf
                              									eine matte Glasplatte, dann auf eine Milchglasplatte, dann Eintauchen von Pergamentpapier in die Lösung, aber in
                              allen diesen Fällen
                              									hing ein Tropfen am unteren Ende, welcher einer grossen Menge von salpetriger Säure bedurfte, um sich zu färben,
                              während in meinem
                              									Fall nur ganz geringe Mengen davon nachzuweisen waren. Ich fand sodann, dass, wenn man einige Tropfen Wasser in einem
                              Kolben mit
                              									concentrirter Schwefelsäure zusammengab, die entwickelte Wärme das Diphenylamin löste, und, wenn man allmählich mehr
                              Wasser
                              									hinzufügte, noch mehr Wärme entwickelt wird, und auf diese Weise eine klare Lösung von Diphenylamin im Verhältniss
                              von 1 : 500
                              									erhalten werden kann. Um zu rasche Verdampfung des Wassers vom Reagenspapier zu verhindern, mischte ich gleiche Mengen
                              dieser Lösung
                              									mit doppelt destillirtem Glycerin von Price. Ein Tropfen dieser Mischung auf einem Reagenspapier erwies
                              									sich als ein ausgezeichnetes Reagens für salpetrige Säure. Nachdem ich jedoch die Lösung einige Monate aufbewahrt
                              hatte, zeigte es
                              									sich, dass eine rosa gefärbte, flockenförmige Masse niedergeschlagen wurde, offenbar ein Reactionsproduct der concentrirten
                              									Schwefelsäure auf das Diphenylamin, und nach einigem Bemühen fand ich, dass die folgende Methode der Herstellung
                              und die hier weiter
                              									beschriebene Art der Ausführung der Probe allen Ansprüchen genügen und dass eine so bereitete Diphenylaminlösung
                              lange Zeit hindurch
                              									aufbewahrt werden könne.
                           Man nehme 0,100 g krystallisirtes Diphenylamin, gebe es in einen Kolben mit weitem Hals und eingeriebenem Stöpsel, füge 50
                              cc verdünnte
                              									Schwefelsäure (10 cc concentrirte Schwefelsäure und 40 cc destillirtes Wasser) hinzu und gebe das Fläschchen in ein
                              Wasserbad, das auf
                              									50 bis 55° erwärmt ist. Bei dieser Temperatur schmilzt das Diphenylamin und löst sich sofort in der verdünnten Schwefelsäure,
                              wonach
                              									der Kolben herausgenommen, der Inhalt gut geschüttelt und abgekühlt wird. Nach dem Abkühlen füge man 50 cc doppelt
                              destillirtes
                              									Glycerin hinzu, schüttle um und bewahre die Lösung an einem dunklen Ort. Die Wärmeprobe wird in folgender Weise ausgeführt:
                              Die zu
                              									prüfenden Explosivstoffe werden fein zertheilt, Schiessbaumwolle, Nitroglycerin, Dynamit, Sprenggelatine u.s.w. in
                              derselben Weise,
                              									wie bisher durch das englische Ministerium des Innern vorgeschrieben. Rauchlose Pulver sind sämmtlich in einer Glockenmühle
                              									(Kaffeemühle) so fein als möglich zu mahlen und wie bisher zu sieben. 1,500 g des Explosivstoffes (vom zweiten Sieb
                              bei rauchlosem
                              									Pulver) werden abgewogen und in ein Probirglas wie bisher gegeben. Streifen von gut gewaschenem und getrocknetem
                              Filterpapier oder
                              									Streifen aus irgend einem guten Filterpapier für chemische Analysen (25 mm lang, 10 mm breit) werden an einem Glasstab
                              mit Haken wie
                              									bisher aufgehängt. 1 Tropfen Diphenylaminlösung wird mit einem Glasstab aufgenommen und die oberen Ecken des Filterpapiers
                              damit berührt, so dass, wenn die zwei Tropfen zusammenlaufen, ungefähr ein
                              									Viertel des Filterpapiers befeuchtet ist. Dieses wird dann in das Probirglas gesteckt und dieses wieder in das vorher
                              auf 70° erwärmte
                              									Wasserbad. Die Reaction soll in frühestens 15 Minuten sich zeigen; sie beginnt damit, dass der feuchte Theil des
                              Papiers eine
                              									grünlichgelbe Farbe annimmt und von diesem Augenblick an soll das Papier sorgsam beobachtet werden. Nach 1 oder 2
                              Minuten wird ein
                              									dunkelblauer Streifen plötzlich an der Trennungslinie zwischen dem feuchten und dem trockenen Theil des Filterpapiers
                              erscheinen, und
                              									dies ist der Zeitpunkt, welcher beobachtet werden soll.
                           Ich glaube, diese Prüfungsmethode wird sich als sehr einfach und wirksam Jedermann empfehlen, und ich hoffe, dass sie als
                              Normale
                              									angenommen werde. Es sei mir deshalb gestattet, einige Erklärungen für die Gründe zu geben, welche mich bei der Ausarbeitung
                              einzelner
                              									Details leiteten.
                           Anstatt das Jodkalium aus Alkohol umzukrystallisiren, das Filterpapier sorgfältig zu waschen, es nach dem Trocknen in die
                              									Jodkaliumlösung einzutauchen, dann wieder in einem dunklen Raum zu trocknen, die Ränder abzuschneiden, das Papier
                              in Streifen zu
                              									zertheilen und schliesslich Reagenspapier zu erhalten, welches doch nur kurze Zeit brauchbar bleibt, gestattet meine
                              neue Methode,
                              									irgend ein gutes Analysenfilterpapier zu verwenden, wie es in Scheiben von grosser Reinheit geliefert wird, und eine
                              Lösung von
                              									Diphenylamin, welche, wenn sie einmal hergestellt wurde, praktisch unverändert sich erhält, zum mindesten, nach meiner
                              Erfahrung,
                              									während 6 Monaten, und welche innerhalb weniger Minuten hergestellt werden kann. Die Diphenylaminlösung hat eine
                              Stärke von ungefähr 1
                              									in 1000 dem Volumen nach. Die Zertheilung des Explosivstoffes erfordert einige Bemerkungen. Bei allen diesen Versuchen
                              ist es
                              									Bedingung, dass der Explosivstoff so wenig Feuchtigkeit als möglich enthalte. Sonst wird das Reagenspapier bald ganz
                              durchfeuchtet
                              									sein und die Probe könnte nicht ausgeführt werden. Es ist jedoch nicht rathsam, den Explosivstoff bei höheren Temperaturen
                              zu
                              									trocknen, denn meine Versuche haben gezeigt, dass salpetrige Säure in geringen Mengen schon zwischen 45 und 50° entwickelt
                              wird, und
                              									wollte man den Explosivstoff bei dieser Temperatur trocknen, so wäre die Wärmeprobe nicht genau. Die gegenwärtige
                              Vorschrift des
                              									Ministeriums des Innern für Trocknen der Schiessbaumwolle in einem offenen Wassertrockenschrank bei 48 8/9° ist befriedigend, obwohl es rathsam wäre, 1 Stunde lang statt ¼ Stunde lang zu
                              									trocknen, jedoch bloss bei 40°. Das Vermischen von Sprenggelatine und ähnlichen Explosivstoffen mit Talkpulver ist
                              eine sehr gute Art,
                              									die zähe Masse zu zertheilen. Rauchlose Pulver sollten in der Regel nicht getrocknet werden, da viele derselben Bestandtheile
                              									enthalten, welche selbst bei 40° einigermaassen flüchtig sind, und weil sie in der Regel keinen erheblichen Feuchtigkeitsgehalt
                              									besitzen. Andererseits sollen sie gemahlen und gesiebt werden. Der Grund, warum diese Zertheilung wünschenswerth
                              ist, ist ein
                              									doppelter. Erstens würde die in einem sehr dichten und zähen Explosivstoff entwickelte salpetrige Säure zuerst das
                              Gefüge des Kornes
                              									lockern müssen, ehe sie entweichen könnte, wodurch die Reaction verzögert würde. Andererseits, obzwar das Probirröhrchen
                              einen kleinen
                              									Durchmesser hat und die Höhe der Schicht des Explosivstoffes in dem Probirröhrchen gering ist, kann der Wärmetransmissionscoëfficient
                              									durchaus nicht vernachlässigt werden. Wenn das Pulver in Staubform ist, so wird die Ausströmung der salpetrigen Säure durch die
                              									Pulverschicht hindurch in den leeren Raum des Probirröhrchens einige Zeit benöthigen. Ist der Explosivstoff zu grob
                              gekörnt, so kann
                              									nur eine geringe Menge salpetrige Säure in einer gegebenen Zeit frei werden. Würde man rauchlose Pulver gar nicht
                              vermählen, so könnte
                              									die harte Oberfläche, welche eine Folge des Walzens oder Pressens ist, und die dichte, durch Graphitiren gegebene
                              Oberfläche, wie dies
                              									manchmal geschieht, die Entwickelung der salpetrigen Säure verzögern. Es ist deshalb wünschenswerth, dass das Pulver
                              in einem ziemlich
                              									gleichmässigen Zustand der Vertheilung sich befinde, so dass man mit demselben Explosivstoff eine gleiche Constante
                              erhalte, welche
                              									der Verzögerung in der Wärmetransmission und dem Hervorrufen der Zersetzung zuzuschreiben ist.
                           Ich habe eben gesagt, dass der Coëfficient für die Wärmetransmission durchaus nicht vernachlässigt werden kann, und directe
                              Versuche,
                              									dies zu beweisen, gaben auffallende Resultate. In einem auf 80° erwärmten Wasserbad, wenn die Zimmertemperatur 12°
                              ist, sind 8 ½
                              									Minuten nöthig, um eine Temperatur von 79 ½ ° zu erzielen in einer Probirröhre, welche gemahlenes Cordit oder gemahlenes
                              Ballistit
                              									enthält, aber 11 Minuten, wenn das Ballistit nicht gemahlen ist. Die Temperatur steigt auf 70° schon in ungefähr
                              3 Minuten, aber zu
                              									den letzten 10° ist so viel Zeit nöthig, weil beinahe die halbe Länge des Probirröhrchens der Zimmertemperatur ausgesetzt
                              ist. Die
                              									Luft innerhalb des Probirröhrchens ist dadurch fortwährender Abkühlung unterworfen, welche schliesslich dazu führt,
                              dass ein
                              									Unterschied von ½° zwischen der Temperatur des Wasserbades und dem Innern der Röhre erhalten bleibt. Es macht nur
                              wenig Unterschied,
                              									ob das Probirröhrchen aus dickem oder dünnem Glas ist; die Zeit, um das Innere des Probirröhrchens zu erwärmen, ist
                              nur um den
                              									Bruchtheil einer Minute zum Nachtheil des letzteren verschieden.
                           Die Temperatur für die Wärmeprobe habe ich nach sehr sorgfältiger Erwägung auf 70° festgestellt. Eine wissenschaftliche Methode,
                              wie
                              									die Wärmeprobe, sollte in jedem Land dieselbe sein, so dass die Resultate verglichen werden können, und da wir allmählich
                              den Gebrauch
                              									von „Grains“ und der „Fahrenheit-Scala“ aufgeben, so war es am besten, zum metrischen System zu greifen. Ursprünglich
                              									hat das Ministerium des Innern die Temperatur auf 150° F. für Schiessbaumwolle, Schultze-Pulver und EC-Pulver festgestellt,
                              und diese
                              									wurde allmählich auf 170° für Schiessbaumwolle (76 ⅔° C.) und 180° (82 2/9° C.) für alle anderen Explosivstoffe erhöht. Eine sorgfältige Vergleichung einer grossen Anzahl von Explosivstoffen,
                              									welche gegenwärtig marktgängig sind, sowohl mit der Jodkalium- und mit meiner Diphenylaminprobe hat gezeigt, dass
                              die Temperatur von
                              									82 2/9° zu hoch ist, um genügenden Spielraum für Beobachtung und
                              									Irrthümer zu gestatten. Ich glaube, man hat zu dieser hohen Temperatur gegriffen, weil mit der früher gültigen Temperatur
                              von 76 ⅔°
                              									manche rauchlose Pulver, welche die Wärmeprobe verschleiern, so ausserordentlich gute Resultate zu geben schienen,
                              dass man Stunden
                              									lang auf eine Reaction zu warten hatte, und man dachte die Sache zu beschleunigen, indem man die Temperatur erhöhte.
                              Ich habe gezeigt,
                              									dass mit meiner Diphenylaminprobe die Reaction in einer sehr kurzen Zeit bei niedrigeren Temperaturen erfolgt, und
                              dass manche der besten im Markt befindlichen Pulver bei einer Temperatur von 82 2/9° kaum 10 Minuten lang die Wärmeprobe bestanden. Es kann
                              									angenommen werden, dass die Temperatur von 70° eine solche ist, welche unter den gewöhnlichen Umständen von Aufbewahrung
                              und Gebrauch
                              									wahrscheinlich nicht vorkommt.
                           Die Empfindlichkeit meiner Probe ist eine sehr bedeutende. Der blaue Streifen auf dem Reagenspapier erscheint innerhalb einiger
                              									Secunden, während man mit dem Jodkaliumpapier oft 2 Minuten zu warten hatte, bis die braune Linie voll entwickelt
                              war, und ich weiss,
                              									dass selbst sorgsame Experimentatoren oft darüber streiten, ob eine braune Linie schon vorhanden ist oder nicht.
                              Bei künstlichem Licht
                              									ist der blaue Streifen nicht so gut sichtbar wie bei Tage, aber immerhin genügend deutlich, so dass man ihn nicht
                              übersehen kann. Es
                              									ist am besten, das Papier im auffallenden Licht zu betrachten und nicht durch das Papier zu sehen. In zweifelhaften
                              Fällen wird ein
                              									Stück Filterpapier hinter dem Probirröhrchen das Blau deutlicher machen. Das beste Licht für solche Beobachtungen
                              ist Gasglühlicht,
                              									aus leicht verständlichen Gründen. Wenn man elektrisches Licht oder gewöhnliches Gaslicht benutzt, so ist ein Schirm
                              von dünnem,
                              									lichtblauem Papier vor der Lampe von Vortheil.
                           Ich füge nun eine lange Reihe von Wärmeproben an, welche ich bei 80° mit jedem rauchlosen Pulver, das ich erhalten konnte,
                              vornahm. Ich
                              									wünsche ausdrücklich zu constatiren, dass diese Tabelle nicht zum Behufe der Annoncirung eines speciellen Explosivstoffes
                              gemacht
                              									wurde. Auch kann ein Schluss auf die allgemeinen Stabilitätsverhältnisse eines Explosivstoffes nach solchen vereinzelten
                              Versuchen
                              									nicht gezogen werden. Meine Versuche zeigen einfach das Verhalten gegenüber der Wärmeprobe eines bestimmten Pulvermusters,
                              welches ich
                              									im Handel erhielt, und wurden hauptsächlich ausgeführt in der Absicht, den relativen Werth der Jodkaliumwärmeprobe
                              und meiner
                              									Diphenylaminwärmeprobe zu vergleichen.
                           Wärmeproben mit verschiedenen rauchlosen Pulvern.
                           (Temperatur 80°. Versuchsmenge 1,500 g. J = Jodkaliumpapier, G = Guttmann's Diphenylaminpapier.)
                           
                              
                                 Name desPulvers
                                 Bemerkungen
                                 Zusammensetzung
                                 Dauerin Minuten
                                 
                              
                                 J
                                 G
                                 
                              
                                 Schiessbaum-wolle
                                 Von Waltham,Abbey
                                 –
                                 9
                                 8 ½
                                 
                              
                                 Schultze
                                 Kleine weisseKörner
                                 Holznitrocellu-lose u. Salpeter
                                 16
                                 14
                                 
                              
                                 EC altesFabrikat
                                 Vom Jahre 1882,kleine gelbeKörner
                                 Nitrocellulose u.Salpeter, ohneCampher
                                 10
                                 11
                                 
                              
                                 EC Nr. 1
                                 18 Monate alt,graue grosseKörner
                                 Desgl.
                                 4
                                 5
                                 
                              
                                 EC Nr. 2
                                 18 Monate alt,orange-farbene grosseKörner
                                 Nitrocellulose,Salpeter undCampher
                                 25
                                 Nichtge-prüft
                                 
                              
                                 EC Nr. 2
                                 Neuerer Erzeu-gung, orange-farbene grosseKörner
                                 –
                                 76KeineSpur
                                 18
                                 
                              
                                 J1, französi-sches Jagd-pulver
                                 1893, grünlich-braune grosseSplitter
                                 Nitrocellulose u.Ammonium-bichromat
                                 10
                                 9
                                 
                              
                                 J2 desgl.
                                 1893, dieselbeFarbe, kleinereSplitter
                                 Desgl.
                                 10
                                 8
                                 
                              
                            
                           
                              
                                 Name des Pulvers
                                 Bemerkungen
                                 Zusammensetzung
                                 Dauerin Minuten
                                 
                              
                                 J
                                 G
                                 
                              
                                 Cannonit
                                 Kleine Cylinder-segmente,schwarz mitrauher Oberfläche
                                 Nitrocellulose,Salpeter u. Harz,graphitirt
                                   13
                                 13
                                 
                              
                                 Gewehr-cannonit
                                 Desgl.
                                 Desgl.
                                   22
                                 23
                                 
                              
                                 Amberit
                                 Rosa grosseKörner
                                 Nitrocellulose,Bariumnitrat u.Paraffin
                                     8
                                   9
                                 
                              
                                 Walsrode K1
                                 Graue kleineKörner
                                 Nitrocellulose inEssigäther gelöst
                                   57
                                 22
                                 
                              
                                 Walsrode RP
                                 Kleine weisseKörner
                                 Desgl.
                                   50
                                 20
                                 
                              
                                 WalsrodeWGP 92/A
                                 Blättchenschwach, graphi-tirt
                                 Desgl.
                                   50
                                 21
                                 
                              
                                 WalsrodeRevolver
                                 Graue kleineKörner
                                 Desgl.
                                   45
                                 17
                                 
                              
                                 Walsrode KP2
                                 Desgl.
                                 Desgl.
                                   50
                                 26
                                 
                              
                                 WalsrodeGeschütz-pulver
                                 Blättchen, 5 mmim Quadrat,¼ mm dick
                                 Desgl.
                                   75KeineSpur
                                 26
                                 
                              
                                 Jagdballistit
                                 Dünne Blättchen,Graphitirt
                                 Nitroglycerin u.Nitrocellulose, ohne Lösungs-mittel
                                   13
                                 13
                                 
                              
                                 v. Förster'sJagdpulver
                                 Dünne Blättchen
                                 Gelöste Nitro-Cellulose
                                 19
                                 8
                                 
                              
                                 v. Förster'sGewehrpulverNr. 2
                                 Dünne Blättchen,graphitirt,18 Monate alt
                                 Desgl.
                                   20
                                 18
                                 
                              
                                 Desgl. Nr. 3
                                 Dünne Blättchen
                                 Desgl.
                                   80
                                 28KeineSpur
                                 
                              
                                 Maximit vonHudsonMaxim
                                 Gelochte Schnüre
                                 Nitroglycerinund Schiess-Baumwolle
                                 –
                                   9
                                 
                              
                                 Plastomenit
                                 Braune Körner
                                 Nitrocellulose u.Dinitrotoluol
                                   17
                                 17
                                 
                              
                                 0,450 Rifleite
                                 18 Monate alt,DunkelbrauneBlättchen
                                 Nitrocellulose u.Nitrobenzol
                                   14
                                 18
                                 
                              
                                 Desgl.
                                 Neu, lichtbrauneBlättchen
                                 Desgl.
                                   11
                                 11
                                 
                              
                                 0,303 Rifleite
                                 Graphitirte Blatt-chen
                                 Desgl.
                                   16
                                 17
                                 
                              
                                 0,250 Rifleite
                                 Desgl.
                                 Desgl.
                                   10
                                 10
                                 
                              
                                 ZZ Rifleite
                                 Desgl.
                                 Desgl.
                                   10
                                 11
                                 
                              
                                 RevolverRifleite
                                 Desgl.
                                 Desgl.
                                     9
                                 10
                                 
                              
                                 SS
                                 Weisse grosseKörner
                                 Desgl.
                                   10
                                 10
                                 
                              
                                 SR
                                 Rosa grosseKörner
                                 Desgl.
                                   12
                                 10
                                 
                              
                                 SV
                                 Desgl.
                                 Desgl.
                                     9
                                   7
                                 
                              
                                 Cooppal-Pulver
                                 Weisse grosseKörner
                                 Nitrocellulose,Salpeter u. Paraf-fin, Lösungs- mittel Aceton
                                   60KeineSpur
                                   9
                                 
                              
                                 Hiram S.Maxim
                                 Nach dem Patenthergestellt
                                 Schiessbaum-wolle und Nitro-glycerin mit2 Proc. Ricinusöl
                                   60120
                                 11
                                 
                              
                                 GewehrCordit
                                 –
                                 Schiessbaum-wolle und Nitro-glycerin mit5 Proc. Vaseline
                                   90  37
                                 10
                                 
                              
                                 Normalpulver
                                 Kleine Blättchen
                                 Nitrocellulose
                                   11
                                 11
                                 
                              
                           
                           Aus vorstehender Tabelle ist deutlich zu ersehen, dass die Zugabe von Ricinusöl, Essigäther, Aceton, Campher, Vaseline u.s.w.
                              die
                              									Jodkaliumwärmeprobe ganz unbrauchbar macht, während vollkommen verlässliche Resultate mit meiner Diphenylaminprobe
                              zu erzielen sind.
                              									Ich habe wiederholt eine Anzahl von Diphenylaminproben mit demselben Pulvermuster bei sorgfältig geregelten Temperaturen
                              angestellt
                              									und stets gefunden, dass die Dauer derselben sehr gut übereinstimmte. Dies veranlasste mich, zu untersuchen, ob nicht
                              ein Verhältniss
                              									gefunden werden könnte zwischen der Temperatur, welcher ein Muster während der Wärmeprobe ausgesetzt ist, und der
                              Zeit, innerhalb
                              									welcher sich die Diphenylaminreaction zeigt. Ich verwendete für meine Versuche zu diesem Behufe Schiessbaumwolle
                              aus Waltham Abbey, da
                              									in dieser kein anderer Bestandtheil enthalten ist, welcher die Wärmeprobe hätte beeinflussen können, und ich verglich
                              die Resultate
                              									mit denen verschiedener rauchloser Pulver. Die beistehend angegebenen Curven wurden auf Grund thatsächlicher, gut
                              übereinstimmender
                              									Resultate gezeichnet, und Sie werden daraus ersehen, dass das Verhältniss zwischen der Temperatur und der Zeitdauer
                              der Wärmeprobe ein
                              									solches ist, welches für Zeitunterschiede von 1 Minute in Abstufungen von 1° C. in einer geometrischen Progression
                              ausgedrückt werden
                              									kann von dem Werth:
                           K + m, K + 2 m, Z + 4 m, K + 8
                              										m, K + 16 m . . .
                           K ist eine Constante, welche der Verzögerung in der Wärmetransmission durch den Explosivstoff und der
                              									Verzögerung in der Einleitung der Zersetzung zuzuschreiben ist.
                           Ich glaube, diese geometrische Progression ist für alle Nitrokörperexplosivstoffe gültig, und ich hoffe, später einmal Ihnen
                              Curven
                              									einer grösseren Anzahl von Explosivstoffen vorlegen zu können. Bis dahin halte ich es für nützlich, denjenigen, welche ähnliche
                              									Curven construiren wollen, einfache Formeln zu geben, welche ihnen dies erleichtern. Diese Formeln sind das Resultat
                              sorgfältiger
                              									Berechnungen und es ist wohl nicht nöthig, des Längeren zu erklären, wie dieselben erhalten wurden, da deren Richtigkeit
                              leicht
                              									controlirt werden kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 304, S. 45
                              Versuche betreffend Wärmeentwickelung bei wechselnden Temperaturen mit verschiedenen
                                 										Explosivstoffen; Zeit in Minuten; Temperatur.
                              
                           Ist a b die Dauer der Wärmeprobe in Minuten, wie sie durch zwei Versuche gefunden
                              									wurde,
                           \frac{Z}{a} das Verhältniss zwischen irgend zwei wirklichen Zeitdauern in der geometrischen
                              									Progression,
                           d = b – a die Differenz zwischen den durch Versuch gefundenen Zeiten,
                           m1m2m3m4 . . . . mn die wirklichen Zeiten für jeden Wärmegrad ohne die Constante,
                           K eine Constante für die Wärmetransmission und Einleitung der Zersetzung,
                           n die Anzahl von Celsiusgraden zwischen einer Bestimmung und der anderen,
                           f der Factor der geometrischen Progression,
                           dann erhalten wir:
                           
                              
                                 
                                    f=\sqrt[n-1]{\frac{Z}{a}}=1,1487
                                    
                                 
                              
                                 
                                    m_1=\frac{d}{f^{n-1}}
                                    
                                 
                              
                                 a – m1 = k
                                 
                              
                                 a1– k = m1
                                 
                              
                                 m, f = m2
                                 
                              
                                 m, f2 = m3
                                 
                              
                                 m, f3 = m4
                                 
                              
                                 m, f4 = m5 u.s.w.
                                 
                              
                                 m, fu – 1 = mn.
                                 
                              
                           Die Potenzen von f können für die in der Praxis vorkommenden Temperaturveränderungen aus der folgenden
                              									Tabelle gefunden werden:
                           
                           
                              
                                 f = 1,1487
                                 f15=   8,00
                                 f29=   55,72
                                 
                              
                                 f2 = 1,32
                                 f16=   9,19
                                 f30=   64,00
                                 
                              
                                 f3= 1,52
                                 f17 = 10,56
                                 f31 =   73,52
                                 
                              
                                 f4 = 1,74
                                 f18 = 12,13
                                 f32 =   84,45
                                 
                              
                                 f5 = 2,00
                                 f19= 13,93
                                 f33 =   97,01
                                 
                              
                                 f6 = 2,30
                                 f20 = 16,00
                                 f34 = 111,43
                                 
                              
                                 f7 = 2,64
                                 f21 = 18,38
                                 f35 = 128,00
                                 
                              
                                 f8 = 3,03
                                 f22 = 21,11
                                 f36 = 147,03
                                 
                              
                                 f9 = 3,48
                                 f23 = 24,25
                                 f37 = 168,89
                                 
                              
                                 f10 = 4,00
                                 f24 = 27,86
                                 f38 = 194,01
                                 
                              
                                 f11 = 4,59
                                 f25 = 32,00
                                 f39 = 222,86
                                 
                              
                                 f12 = 5,28
                                 f26= 36,76
                                 f40 = 256,00
                                 
                              
                                 f13 = 6,06
                                 f27 = 42.22
                                 
                                 
                              
                                 f14 = 6,96
                                 f28 = 48,50
                                 
                                 
                              
                           Nehmen wir als ein Beispiel die Curve für die Schiessbaumwolle. Angenommen, es sei durch Versuche gefunden worden, dass die
                              Dauer der
                              									Wärmeprobe bei 80° 9 Minuten und bei 70° 21 Minuten war, so haben wir dann:
                           
                              m=\frac{21-9}{1,1487^{10-1}}=\frac{12}{4-1}=4
                              
                           
                              k=9-4=5
                              
                           
                              
                                 Temperaturen
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 80°
                                 
                                    \frac{12}{4-1}
                                    
                                 
                                 =   4
                                 
                              
                                 79°
                                 4 × 1,1487
                                 = 4 × 1,15
                                 =   4,60
                                 
                              
                                 78°
                                 4 × 1,14872
                                 = 4 × 1,32
                                 =   5,28
                                 
                              
                                 77°
                                 4 × 1,14873
                                 = 4 × 1,52
                                 =   6,08
                                 
                              
                                 76°
                                 4 × 1,14874
                                 = 4 × 1,74
                                 =   6,96
                                 
                              
                                 75°
                                 4 × 1,14875
                                 = 4 × 2,00
                                 =   8,00
                                 
                              
                                 74°
                                 4 × 1,14876
                                 = 4 × 2,30
                                 =   9,20
                                 
                              
                                 73°
                                 4 × 1,14877
                                 = 4 × 2,64
                                 = 10,56
                                 
                              
                                 72°
                                 4 × 1,14878
                                 = 4 × 3,03
                                 = 12,12
                                 
                              
                                 71°
                                 4 × 1,14879
                                 = 4 × 3,48
                                 = 13,92
                                 
                              
                                 70°
                                 4 × 1,148710
                                 = 4 × 4,00
                                 = 16,00
                                 
                              
                           Beim Vergleich der Curven finden wir, dass Schiessbaumwolle eine niedrige Constante und einen hohen Progressionsfactor hat,
                              während
                              									manche rauchlose Pulver eine hohe Constante und einen niedrigen Factor besitzen. Eine hohe Constante bedeutet, dass
                              die Einleitung der
                              									Zersetzung lange Zeit braucht; ein hoher Factor, dass der Explosivstoff sich sehr langsam zersetzt. Der beste Explosivstoff
                              wird
                              									selbstverständlich der sein, welcher sowohl eine hohe Constante wie einen hohen Factor aufweisen kann.
                           Ich glaube, es wird kaum genügen, zu sagen, dass ein Explosivstoff eine gewisse Anzahl von Minuten lang bei einer bestimmten
                              Temperatur
                              									die Wärmeprobe aushalten müsse, um ihn als solchen anzusprechen, welcher genügende Sicherheit biete. Ich kann mir
                              ganz gut einen Fall
                              									denken, dass ein Explosivstoff eine Constante nahe an 0 habe und dass doch die Zersetzung bei erhöhten Temperaturen
                              lange
                              									Zeitzwischenräume benöthige. Andererseits kann man lange Zeit zu warten haben, ehe die Zersetzung eingeleitet ist;
                              wenn sie aber
                              									einmal begonnen hat, mag sie sich rasch entwickeln.
                           Wenn wir berücksichtigen, dass, wie vorhin gezeigt, 8 ½ Minuten nöthig sind, um den Inhalt eines Probirröhrchens auf 80° zu
                              erwärmen,
                              									so mag es überraschend scheinen, dass die Constante mancher Pulver auf der graphischen Tabelle 5 Minuten und die
                              von Schiessbaumwolle
                              									nur 3 Minuten ist. Dies ist aber der Thatsache zuzuschreiben, dass bei diesen die Zersetzung schon bei einer niedrigeren
                              Temperatur
                              									als 80° beginnt. Der Werth eines Explosivstoffes für die Wärmeprobe wird deshalb um so geringer sein, je niedriger
                              dessen Constante
                              									ist gegenüber der Zeit, welche erforderlich ist, um das Gleichgewicht zwischen der äusseren und inneren Temperatur
                              des Probirröhrchens
                              									herzustellen. Es wird deshalb nothwendig sein, eine Minimalgrenze für die Constante, etwa mit 5 Minuten, zu bestimmen und zur
                              									Vermeidung grösserer Differenzen die Berechnung der Constanten aus zwei Bestimmungen zu machen, welche um 20° von
                              einander verschieden
                              									sind.
                           Ich glaube nicht, dass mit meiner Diphenylaminprobe allen Einwendungen begegnet werden kann, welche von Zeit zu Zeit gegen
                              den Werth
                              									der Wärmeprobe als solche erhoben wurden. Diejenigen, welche solche Proben gut kennen, wissen, dass sehr verschiedene
                              Resultate
                              									manchmal unter gleichen Bedingungen erhalten werden, dass häufig auf dem Reagenspapier überhaupt keine Reaction oder
                              nur eine solche
                              									erscheint, welche die erforderliche Schärfe der Reaction selbst nach stundenlangem Erwärmen nicht zeigt. Ein Gleiches
                              wird bei meiner
                              									Diphenylaminprobe der Fall sein, und die Gründe für diese Launen der Wärmeprobe sind schwer zu finden. Ich glaube,
                              sie sind zum Theil
                              									dem physikalischen Zustand des Explosivstoffes zuzuschreiben, aber in sehr vielen Fällen wird die Behandlung des
                              Explosivstoffes
                              									während der Erzeugung für sehr grosse Unterschiede verantwortlich sein. Die Wärmeprobe wird stets bis zu einem gewissen
                              Grad eine
                              									empirische bleiben, aber der durch sie bisher erzielte wohlthätige Einfluss hat bewiesen, dass sie eine Nothwendigkeit
                              ist.