| Titel: | Die neue Klöppelmaschine von August Matitsch. | 
| Autor: | Max Kraft | 
| Fundstelle: | Band 304, Jahrgang 1897, S. 205 | 
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                        Die neue Klöppelmaschine von August Matitsch.
                        Mit Abbildungen.
                        Die neue Klöppelmaschine von August Matitsch.
                        
                     
                        
                           Seit mehreren Jahrzehnten bemühen sich die auf dem Gebiete der mechanischen Spitzenerzeugung arbeitenden Constructeure, eine
                              Maschine
                              									zu erfinden, die die Herstellung echter Klöppelspitzen ermöglichen würde, ohne bisher einen vollen Erfolg nachweisen
                              zu können.
                           Bekanntlich bestehen solche Klöppelmaschinen schon und sind namentlich zwei derselben, nämlich die von Hedtmann
                                 										und HenkelsBeschrieben in Karmarsch-Heeren; Technisches Wörterbuch, 3. Aufl. Bd. VIII S. 372, und
                                       												in Handbuch der mechanischen Technologie von Karmarsch-Fischer-Müller, Bd. III S. 901. in Lengerfeld und die von Eugen MalhèreBeschrieben in D. p. J. 1881 240 274. in
                              									Paris, also eine deutsche und eine französische Construction, besser bekannt geworden. Beide jedoch entsprechen den
                              an sie gestellten
                              									Anforderungen nicht vollkommen; die erste, weil sie nur die ganz einfachen Fadenverschlingungen, also die einfachsten
                              Spitzengattungen
                              									herstellen kann und ihr Verwendungsgebiet demnach ein sehr beschränktes ist; die zweite, sehr sinnreich erdachte
                              Maschine
                              									wahrscheinlich deshalb, weil sie nicht ökonomisch zu arbeiten vermag, d.h. weil die Kostspieligkeit ihrer Herstellung
                              zu ihrer
                              									Leistungsfähigkeit in einem ungünstigen Verhältnisse steht, da dieselbe gleichzeitig nur einen Spitzenstreifen herzustellen
                              									vermag.
                           Die Spitzen wurden bis jetzt in echte oder Handspitzen und in unechte, imitirte oder Maschinenspitzen getheilt und obwohl die letzteren oft so täuschend nachgemacht sind, dass sie
                              									Jedermann für echte erklären würde, ist die Unechtheit derselben für den Fachmann nicht allzuschwer zu erkennen.
                              Eines der wichtigsten
                              									Merkmale der Maschinenspitzen besteht darin, dass sämmtliche Fadenverschlingungen, welche in einer auf die Längenrichtung
                              des
                              									Spitzenstreifens senkrechten Linie liegen, von der Maschine gleichzeitig hergestellt werden müssen, weil
                              									sämmtliche Mechanismen der Maschine gleichzeitig in Thätigkeit sind und es bisher nicht gelungen war, einzelne derselben
                              in dem Maasse
                              									periodisch ausser Thätigkeit zu setzen, als dies erforderlich war und der Arbeit des Klöppelns entsprechen würde;
                              bei welcher es meist
                              									der Geschicklichkeit oder Uebung der Arbeiterin überlassen ist, welche Fadenverschlingungen sie früher, welche sie
                              später herstellen
                              									will; dieselbe kann oft an einer Kante des Spitzenstreifens weit voraus arbeiten und diese Arbeit dann erst mit den
                              neben liegenden
                              									Theilen verbinden, wobei sie einzelne Fäden auch in weiter zurück liegende Gebiete der Spitzenfläche zu führen und
                              dort entsprechend
                              									zu verschlingen, zu befestigen vermag. Auch der Umstand ist hier maassgebend, dass die Maschine die fertige Waare
                              ununterbrochen auf
                              									den Waarenbaum aufwickelt und dieselbe der Arbeit daher reihenweise entzogen wird, während beim Klöppeln die Waare
                              am Klöppelkissen so
                              									lange liegen bleiben kann, als dies der Arbeiterin als nothwendig erscheint. Man sieht, die Handarbeit der Klöpplerin
                              ist freier,
                              									ungebundener, demzufolge auch der Fadenlauf ein schwungvollerer, weniger gezwungener. Stellt in Fig. 1
                              									ab einen schmalen Spitzenstreifen vor, so muss die Maschine alle in der Linie 111 liegenden Fadengebilde gleichzeitig herstellen, während die Klöpplerin auch auf den
                              									schrägen Linien 221
                              									331 vorgehen kann und es in ihrem Belieben bleibt, zuerst alle in der
                              									Fläche I liegenden Faden Verbindungen und dann erst die in der Fläche II
                              									befindlichen herzustellen, also beliebig über die wagerechte Linie nach oben oder unten hinauszugreifen, was – wie
                              schon erwähnt –
                              									namentlich auch dadurch erreicht ist, dass die fertige Waare nicht gleich auf eine Walze aufgewickelt, sondern eine
                              beliebig lange
                              									Zeit auf den Klöppelkissen liegen bleibt und die hergestellten Fadenverschlingungen durch in das Kissen eingestochene
                              Nadeln
                              									festgemacht und beliebig lange festgehalten werden.
                           Soll daher die Maschine die Handarbeit der Klöpplerin vollkommen nachzuahmen vermögen, d.h. echte Klöppelspitzen erzeugen,
                              dann muss
                              									sie neben anderen folgende zwei wichtigste Bedingungen erfüllen. Ihre Construction muss es ermöglichen, dass
                           1) eine beliebige Anzahl der zur Herstellung der Spitzen verwendeten Fäden beliebig lange der Fadenverschlingung entzogen
                              und
                           2) das zuletzt erzeugte Spitzenstreifenstück, ohne aufgewickelt zu werden, beliebig lange Zeit so festgehalten werde, dass
                              die
                              									hergestellten Fadenverschlingungen in der ihnen zukommenden Lage erhalten bleiben, bis die um sie herum liegenden
                              Verbindungen erzeugt
                              									sind.
                           Bei der Hedtmann'schen Maschine, die in ihrer Construction den
                              									Flechtmaschinen angehört, wird die erste Bedingung durch die Anwendung von Nebentellern erfüllt, auf welche diejenigen Klöppel
                              									zeitweilig geleitet werden, deren Fäden der Verbindung periodisch entzogen werden sollen; Malhère ging in
                              									seiner Maschine, die ebenfalls auf einer Erweiterung des Constructionsprincips der Flechtmaschinen beruht, darüber
                              hinaus, indem er
                              									die Bewegung der Klöppel überhaupt von zwei Jacquardapparaten abhängig macht und dadurch in die Lage kommt, jeden
                              Klöppel beliebig
                              									lange aus der Arbeit zu ziehen. Der zweiten Bedingung aber entspricht keine dieser beiden Maschinen; bei beiden wird
                              die Aufwickelung
                              									der hergestellten Waare ohne Unterbrechung durchgeführt; während aber die Hedtmann'sche Maschine gar
                              									keine Nadelvorrichtung besitzt, ist eine solche bei der Malhère'schen Maschine vorhanden, ja sogar jede
                              									Nadel durch eine Jacquardplatine selbständig, d.h. in jedem beliebigen Momente, wenn es die Fadenverschlingung erfordert,
                              beweglich,
                              									die Grösse des Weges aber, den die Nadel zurücklegt, immer die gleiche und daher die obige Bedingung nicht ganz erfüllt,
                              das
                              									Feststecken am Klöppelkissen nicht nachgeahmt, obwohl ein verhältnissmässig complicirter, aus zwei über einander
                              gleitenden Schlitten
                              									bestehender Apparat aufgeboten ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 304, S. 205
                              Klöppelmaschine von Matitsch.
                              
                           Der zweiten Bedingung kann nur dann voll entsprochen werden, wenn hauptsächlich das Herausziehen der Nadeln in einem beliebigen
                              									Zeitpunkt eingeleitet und ausserdem auch die Grösse des von den Nadeln zurück zu legenden Weges beliebig veränderlich
                              gestaltet wird.
                              									Es sind dies wohl sehr weit gehende Forderungen, wie jeder eingeweihte Fachmann zugeben wird, aber sie müssen gestellt
                              werden, wenn
                              									wirklich eine echte Klöppelspitze auf der Maschine hergestellt werden soll, und zudem ist diese Forderung als gelöst
                              zu betrachten;
                              									beide Bedingungen sind erfüllt durch die von Matitsch construirte Maschine.
                           Ausser den oben aufgestellten, mehr das Constructionsdetail betreffenden Anforderungen muss aber eine solche Maschine, die
                              ein durch
                              									die Mode beeinflusstes Product zu erzeugen hat, auch noch im hohen Grade dem ökonomischen Moment Rechnung tragen.
                              Die durch Handarbeit
                              									hergestellten Klöppelspitzen erzielen am Markt zwar verhältnissmässig gute Preise, werden aber den Klöpplerinnen
                              um wahrhaft klägliche
                              									Preise abgenommen, die hauptsächlich dadurch ermöglicht sind, dass diese fleissigen Geschöpfe das Klöppeln nur als Mussestunden ausfüllende Nebenarbeit betreiben, deren Ertrag als angenehme
                              									Ergänzung des Haupterwerbes betrachtet und daher ganz unverhältnissmässig niedrig bewerthet wird. Hier liegt einmal
                              ein Fall vor, wo
                              									es der Maschine nicht leicht wird, die Concurrenz mit der Handarbeit aufzunehmen und zwar um so weniger leicht, als
                              durch eine Laune
                              									der Mode die ökonomische Situation noch mehr verschärft werden kann. Die Malhère'sche Maschine scheint an
                              									diesen Klippen Schiffbruch gelitten zu haben, da sie gleichzeitig nur einen Spitzenstreifen herzustellen vermag.
                              Auch nach dieser
                              									Richtung hin ist die neue Maschine von Matitsch der ersteren weit überlegen, da dieselbe eine beliebige,
                              									nur durch die Länge der Maschine praktisch begrenzte Anzahl von Spitzenstreifen gleichzeitig ohne irgend welche Complication
                              zu
                              									arbeiten vermag.
                           Der volle Erfolg der Matitsch'schen Construction nach dieser letztbetonten Richtung beruht darauf, dass
                              									dieselbe, statt auf dem Princip der Flechtmaschine, auf dem der Heathcoat'schen Bobbinetmaschine
                              									aufgebaut ist, welches dem Erfinder, als dem einstigen Director und Mitbesitzer der grossen L.
                                 									Damböck'schen Bobbinet- und Spitzenfabrik in Wien, selbstverständlich nahe liegen musste und das nach genauerer Einsicht als das
                              									ökonomisch für diesen Zweck einzig verwerthbare Princip erscheinen muss. Bei der Herstellung der Handklöppelspitzen
                              findet namentlich
                              									ein sogen. Zwirnen, d.h. ein Drehen zweier Fäden um einander und dann ein Kreuzen und Flechten solcher statt; was
                              durch die Klöpplerin
                              									in einfacher Weise durch das paarweise Drehen der Klöppel und durch ein Uebereinanderlegen der Fäden erreicht wird.
                              Sollen diese
                              									Arbeiten durch eine Maschine nachgemacht werden, dann ist es namentlich das Zwirnen, das, wenn es nach dem Princip
                              der Flechtmaschinen
                              									ausgeführt wird, einen sehr grossen Raum für je zwei Fäden beansprucht, indem die beiden Klöppel um einen runden
                              Teller herumlaufen
                              									oder, wie bei der Malhère'schen Maschine, mit einem solchen gedreht werden müssen. Da die Klöppel in
                              									ihren Dimensionen nicht unter ein gewisses Maass herabgehen können, muss auch der Teller einen verhältnissmässig
                              grossen Durchmesser
                              									erhalten; besteht nun die Spitze aus einer grösseren Anzahl von Fäden, so verlangt schon ein Spitzenstreifen einen
                              so grossen Raum in
                              									der Maschine – bei Malhère entfällt auf jeden Faden ein Teller –, dass zwei Streifen gar nicht mehr
                              									unmittelbar neben einander angeordnet werden können. Der hergestellte Spitzen streifen ist schmäler, als der Durchmesser
                              auch nur
                              									eines Tellers lang ist, und die zu demselben zusammen laufenden verschlungenen Fäden müssen entweder einen radialen
                              oder einen Weg in
                              									der Mantelfläche eines Konus einschlagen, wodurch auch die Anwendung einer entsprechend construirten Nadelvorrichtung
                              zum Festhalten
                              									der schon erzeugten Fadengebilde ausserordentlich erschwert wird.
                           Ganz anders liegen die Verhältnisse im Princip der Bobbinetmaschine; hier sind die Fäden nicht auf Klöppel, sondern in ganz
                              dünne
                              									Spulen gewickelt, die ihrerseits wieder in pappendicke Schiffchen gesetzt sind, deren eine grosse Anzahl, neben einander
                              gestellt,
                              									noch immer einen verhältnissmässig schmalen Raum einnehmen. Dieser Raum kann noch dadurch vermindert werden, dass
                              man zwei Schiffchen
                              									hinter einander, also zwei Fäden in dieselbe Verticalebene bringt. In diesem Fall nehmen die in zwei Reihen angeordneten
                              									Schiffchen keinen breiteren Raum ein, als die Breite des Spitzenstreifens erfordert; die zu demselben nöthigen Fäden
                              liegen sämmtlich
                              									paarweise in parallelen Verticalebenen; es lässt sich demzufolge eine Schiffchengruppe an die andere dicht anschliessen,
                              d.h. also ein
                              									Spitzenstreifen neben dem anderen, also eine beliebig grosse Anzahl solcher Streifen gleichzeitig herstellen, wobei
                              diese Zahl nur
                              									durch die praktische Länge der Maschine begrenzt wird. Hierin liegt die ökonomische Ueberlegenheit dieses Constructionsprincips
                              über
                              									dem der Flechtmaschine, die ökonomische Ueberlegenheit der Matitsch'schen gegenüber der Malhère'schen Maschine.
                           Ausser diesem bringt aber das Anordnen der Fäden in dicht neben einander liegende Verticalebenen auch noch den Vortheil mit
                              sich, dass
                              									die zum Festhalten der Fadengebilde verwendeten Nadeln ebenfalls in solchen parallel gelegten Ebenen bewegt werden
                              können, wodurch
                              									eine bedeutende Vereinfachung der kinematischen Verhältnisse der Maschine ermöglicht wird. Und so dürfte denn die
                              auf dem Princip der
                              									Bobbinetmaschinen basirende Matitsch'sche Maschine einen vollen Sieg erringen, wobei noch der
                              									eigenthümliche Fall eintritt, dass die Ausführung einer bestimmten Bewegung durch den einfachsten Bewegungsprocess
                              die Arbeitsökonomie
                              									der Maschine ungünstig, die Ausführung derselben Bewegung durch einen complicirteren Process günstig beeinflusst.
                           Es wird wohl zugegeben werden müssen, dass das Drehen zweier Fäden um eine gemeinschaftliche Achse, also um sich selbst durch
                              eine
                              									Kreisbewegung (Flechtmaschinenprincip) einfacher ausführbar ist, als durch die Auflösung in vier geradlinige Bewegungen
                              									(Bobbinetmaschinenprincip), wie nebenstehende kleine Figur zeigt, und doch ist die constructive Lösung der ersteren,
                              wenigstens in
                              									diesem Fall, nicht so ökonomisch zu gestalten, wie bei der letzteren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 304, S. 206
                              
                           Bevor ich nun zur Beschreibung der neuen Matitsch'schen Klöppelmaschine übergehe, sei nochmals erwähnt,
                              									dass dieselbe auf dem Princip der englischen (Nottinghamer) BobbinetmaschinenArtikel über Bobbinet in Prechtl's 'Technologischer Encyclopädie, II. Bd. 497. Derselbe Artikel im ersten Supplementband zu oben
                                    											genannter Encyclopädie, S. 515.Kceman, Métier à tulle. Publication industrielle des Machines outils et appareils p. Arrmengaud
                                    											ainé 1853, S. 351.Müller E., Ueber Bobbinetmaschinen mit Jacquard. Civilingenieur, Bd. XXX Heft 8.Karmarsch, Handbuch der mechanischen Technologie, 6. Auflage, von Fischer-Müller, III. Bd. S. 860.Kraft M., Studien über mechanische Bobbinet- und Spitzenherstellung, Springer in Berlin
                                    										1892. beruht, die ich jedoch als bekannt voraussetzen muss, da für ihre Behandlung hier kein Raum zur Verfügung steht;
                              									nur so viel sei gesagt, dass der eigentliche Arbeitsapparat dieser Maschinen aus senkrecht angeordneten kreisbogenförmigen
                              Furchen
                              									besteht, die durch dünne, parallel zu einander gestellte Lamellen gebildet bezieh. von beiden Seiten begrenzt werden,
                              so dass ein
                              									kammerartiger Constructionstheil entsteht, der auch Kamm genannt wird. Dieser Kamm ist in der Mitte des Bogens unterbrochen,
                              so dass
                              									er eigentlich in einen hinteren und vorderen Kamm zerfällt. In den Furchen dieser Kämme nun gleiten die die Spulen
                              (bobbins) tragenden
                              									Schiffchen (carriages) so, dass dieselben in kreisbogenförmiger Bahn um eine gemeinschaftliche geometrische Achse
                              gleiten, in deren
                              									Achsenlinie die Fadenverschlingung entsteht. Zwischen den beiden
                              									Kämmen sind die in senkrechter Ebene gespannten Kettenfäden angeordnet, zwischen welchen die Schiffchen hindurchschlüpfen,
                              um sich mit
                              									den ersteren zu verbinden. Es müssen so viel Schiffchen als Kettenfäden in Anwendung stehen und da von diesen oft
                              mehrere Tausend
                              									nothwendig sind, bilden die Schiffchen eine über die ganze Länge der Maschine hinweg reichende, gleichmässig in den
                              Furchen hin und
                              									her bewegte Reihe, während die Kettenfäden ähnlich wie beim Webstuhl hin und her gerückt werden, um die Schiffchen
                              bald rechts, bald
                              									links vorüber streichen zu lassen und dadurch die gewünschte Fadenverbindung zu erreichen, welche nun von einer stählernen
                              Nadel
                              									erfasst, nach aufwärts gehoben und so lange festgehalten wird, bis sie durch die nachfolgende Fadenverschlingung
                              gesichert ist. Diese
                              									Nadeln, in der gleichen Anzahl wie die Schiffchen, sind sämmtlich an einer Stange befestigt, die parallel zur Längenrichtung
                              der
                              									Maschine angeordnet ist und in solche Schwingungen versetzt wird, dass die Nadeln alle gleichzeitig zwischen die
                              Fäden einstechen und
                              									die Fadenverbindung bis zu der schon erwähnten Achsenlinie emporheben, an welcher das Gewebe entsteht, und ununterbrochen
                              auf einem
                              									Waarenbaum aufgewickelt wird.
                           Dies wird genügen, um das Verständniss für die Maschine von Matitsch, welche in Fig. 2 schematisch dargestellt ist, zu ermöglichen und zu erleichtern.
                           Die Maschine muss selbstverständlich den beiden oben aufgestellten Forderungen voll genügen, und um dies bezüglich Punkt 1
                              zu
                              									ermöglichen, d.h. also, um jeden Faden, jedes Schiffchen, das hier an die Stelle der Klöppel tritt, beliebig lange
                              aus der Arbeit
                              									ziehen zu können, hat der Erfinder den Kammapparat der Bobbinetmaschine erweitert und zwischen Vorder- und Hinter-
                              noch einen
                              									Mittelkamm hinzugefügt. Der Kammapparat der neuen Maschine besteht daher aus dem Vorderkamm C1, dem Mittelkamm C2 und dem Hinterkamm
                              										C3, von welchen der letztere ganz fest gemacht, C2 parallel zur Länge der Maschine verschiebbar, C1 aber nach vorn, also nach links um einen Punkt drehbar ist. Dieses letztere bloss
                              									deshalb, um die zwischen dem Vorder- und Mittelkamm angeordneten, zur Fadenverbindung nothwendigen Fäden bequem in
                              die betreffenden
                              									Bewegungsmechanismen einziehen zu können. Die balkenartigen Constructionstheile zur Befestigung der Kammlamellen
                              sind durch
                              									Schraffirung gekennzeichnet.
                           In den drei, in eine senkrechte Ebene fallenden Furchen dieser um den Punkt m im Kreise gebogenen Kämme
                              									bewegen sich je zwei hinter einander gesetzte Schiffchen (Wägen) A1 und
                              										A2, in die die scheibenförmigen Fadenspulen eingesetzt sind und die
                              									sich von den in der Bob binetmaschine benutzten Schiffchen nur dadurch unterscheiden, dass sie zu einem vollen Dreieck
                              ausgestaltet,
                              									während die letzteren abgestumpft sind. Schiffchen und Spulen bestehen meist aus Messing und sind mit einer kreisbogenförmigen
                              Nuth
                              									versehen, mittels welcher dieselben an den Kammlamellen geführt werden. Behufs Durchführung der hin und her gehenden
                              Bewegung dieser
                              									Schiffchen sind dieselben an ihrer unteren Kante mit einem Zahnbogen versehen, in welchen die gezahnten Walzen (Roller)
                              R1R2
                              									eingreifen, die keine ununterbrochen drehende, sondern eine absetzend schwingende Bewegung um ihre Achse ausführen
                              und die Bezeichnung
                              									der Maschine als Bollermaschine begründen. Mit Hilfe dieser Walzen können jedoch die Schiffchen nur
                              									aus dem vorderen in den mittleren oder hinteren Kamm und umgekehrt bewegt, also die eigentliche Arbeits-, die nutzbare
                              Bewegung
                              									vollführt werden; zum Ausscheiden einzelner beliebiger Schiffchen aus der Arbeit, behufs Erfüllung der ersten Bedingung,
                              sind die
                              									Roller nicht verwendbar.
                           Um diese Ausscheidung zu bewirken, müssen die der vorderen Schiffchenreihe A1 angehörenden Schiffchen im vorderen Kamm weiter nach links hinauf, die der hinteren Reihe A2 in den hinteren Kamm, also nach rechts so verschoben werden, dass sie den Zähnen der
                              									Roller entrückt sind. Diese Entrückung muss jederzeit mit jedem beliebigen Schiffchen möglich sein. Zu diesem Zweck
                              verwendet Matitsch die schon bei der Herstellung der sogen. Entoilagen zum Zurückhalten der Bindefadenschiffchen in
                              									Anwendung gebrachten sogen. Stecher P1 und P2, allerdings mit wesentlichen Modificationen. Während nämlich dort nur eine Stecherreihe
                              									und diese mit einer gemeinschaftlichen Stange fest verbunden angeordnet ist, theilt Matitsch jedem
                              									Schiffchen einen Stecher zu und individualisirt dieselben gewissermaassen, indem jeder um die Stange d1 oder d2 frei beweglich ist und durch
                              									die Platine eines Jacquardapparates in Thätigkeit gesetzt wird.
                           Da auf der Maschine eine grössere Anzahl von Spitzenstreifen gleichzeitig hergestellt wird, müssen wir uns die Schiffchen
                              in Gruppen
                              									getheilt denken, von welchen je eine einem Spitzenstreifen zugehört. In jeder dieser Gruppen werden die correspondirenden
                              Fäden, d.h.
                              									Schiffchen, gleichzeitig die gleiche Bewegung vollführen, also auch, wenn nöthig, ausgeschaltet, aus der Arbeit gezogen
                              werden müssen;
                              									es werden daher die diesen Schiffchen zugehörigen Stecher gleichzeitig die gleiche Bewegung machen müssen, und da
                              wäre es
                              									selbstverständlich sehr unökonomisch, wenn jedem Stecher eine besondere Jacquardplatine zugeordnet würde; es muss
                              vielmehr dafür
                              									gesorgt werden, dass für alle gleichmässig bewegten Stecher nur eine Platine in Verwendung komme, und dies ist hier
                              dadurch erreicht,
                              									dass diese gleichbewegten Stecher der vorderen Reihe sämmtlich durch je einen Stahlbandstreifen b1 mit einer wagerecht angeordneten Schiene s1 verbunden sind, welch letztere Schiene dann durch die wagerecht geführte Stange h1, den um a1 drehbaren Hebel H1 und die Zugstange B1 mit einer Jacquardplatine in Verbindung steht. In ganz ähnlicher Weise sind die gleichbewegten
                              									Stecher der hinteren Reihe mit der Schiene s2 und diese durch ähnliche
                              									Vorrichtungen ebenfalls mit einer Platine verbunden. Es werden daher mehrere Schienen s1 und s2 nothwendig sein, die jedoch in
                              									der Zeichnung weggelassen sind, um diese zu vereinfachen.
                           Die Stecher der vorderen Reihe sind doppelarmig, die der hinteren Reihe einarmig gestaltet und mit ihrer wirksamen Spitze
                              so zwischen
                              									den Kammlamellen geführt, dass sie nur auf die ihnen zugehörigen und nicht etwa auf benachbarte Schiffchen einwirken
                              können, was sonst
                              									bei der engen Stellung der letzteren zu befürchten wäre. Da diese Stecher nach ihrer Wirkung nicht von selbst in
                              ihre frühere Lage
                              									zurückkehren würden, werden sie durch eine entsprechende Bewegung der der Längenrichtung der Maschine parallel angeordneten
                              Schienen
                              										M1 und M2 in die Anfangsstellung zurückgebracht.
                           Für das Ausschalten der Schiffchen der vorderen Reihe in dem während
                              									des Arbeitsprocesses feststehenden Vorderkamm genügen die Stecher der vorderen Reihe; anders ist dies bei den Stechern
                              der hinteren
                              									Reihe, weil die Schiffchen dieser Reihe, die in ihrer Normalstellung zum Theil im mittleren, zum Theil im hinteren
                              Kamm stehen, um die
                              									Verschiebung des ersteren zu ermöglichen, ganz in den hinteren Kamm geschoben werden müssen, dies aber nur bei einem
                              Heraustreten der
                              									betreffenden hinteren Stecher aus ihrer Führung zwischen den Lamellen möglich wäre. Es wird daher hier die Verschiebung
                              der Schiffchen
                              									durch die Schiene L (Locker) vollendet, die gleichzeitig in alle auszuschaltenden Schiffchen aller
                              									Gruppen der hinteren Reihe eingreift und durch eine Drehung des Winkelhebels L1L2 um den Punkt D die
                              									entsprechende Bewegung erhält. Dieselbe ist durch einen Jacquardapparat selbstverständlich nicht
                              									beeinflusst, sondern bewegt sich in bestimmten Zeitintervallen.
                           Da die hinteren Stecher P2 zwischen den Kammlamellen des mittleren Kammes
                              									geführt, dieser Kamm aber parallel zu sich selbst, d.h. in seiner Längenrichtung verschoben werden muss, ist die
                              Stange d2, um welche sich diese Stecher frei zu drehen vermögen, in Armen
                              									gelagert, die an dem Tragbalken c2 dieses Kammes befestigt sind. Das
                              									Verschieben dieses Balkens wird wie das Verschieben des vorderen Kammes bei den Bobbinetmaschinen durch eine unrunde
                              Scheibe
                              									bewirkt.
                           Die Bewegung der Schiffchen von einem Kamm in den andern geht nun wie bei den Rollermaschinen in der Weise vor sich, dass
                              dieselben, in
                              									Folge ihres Gewichtes aus dem Kamm herabgleitend, sich mit ihrem vordersten Zahn an den obersten Zahn der Rollerwalze
                              anlegen und bei
                              									einer nun folgenden entsprechenden Drehung der letzteren so weit nach rechts oder links verschoben werden, bis sie
                              von der zweiten
                              									Roller erfasst und weiter bewegt werden können. Der Eintritt der auf beliebig lange Zeit ausgeschalteten Schiffchen
                              in den
                              									Arbeitsprocess wird daher, nach dem Rückgang der betreffenden Stecher und der Locker durch selbsthätiges Herabgleiten
                              im Kamm
                              									bewirkt.
                           Sämmtliche gleichzeitig hergestellten Spitzen streifen müssen, wie die Entoilagestreifen, durch Bindefäden an einander gebunden
                              werden.
                              									Diese Fäden liessen sich in derselben Weise wie dort in Schiffchen unterbringen; dadurch würde aber eine gewisse
                              Anzahl Schiffchen,
                              									gleich der Zahl der Spitzenstreifen, der Nutzarbeit entzogen werden, und um dies im Interesse der Oekonomie zu verhüten,
                              zieht Matitsch diese Fäden durch eine gemeinschaftliche, im Spielraum zwischen dem vorderen und mittleren Kamm
                              									liegende Leiter B, so dass dieselben, wie die Kettenfäden in den Bobbinetmaschinen, in senkrechter Ebene
                              									zwischen den genannten Kämmen ausgespannt erscheinen und durch eine rechtzeitige Verschiebung dieser Leiter in entsprechender
                              Weise
                              									mit den Spitzen streifen gebunden werden können. In ähnlicher Weise werden auch die dicken Fäden zum Einfassen der
                              Musterflächen oder
                              									Herstellung markirterer Linien, die Fäden zum Festhalten der sogen. Picots u.s.w. in besondere Leitern eingezogen
                              und in senkrechter
                              									Ebene angeordnet.
                           Die in die Spulen gewickelten Fäden treten nun an der Spitze der Schiffchen aus und verschlingen sich unmittelbar darauf durch
                              die
                              									entsprechende Verschiebung der Schiffchen in den Kämmen und durch die Verschiebung des mittleren Kammes zu der gewünschten
                              									Fadenverbindung, dadurch die Waare, die Spitze bildend, die aber nun nicht so, wie bei allen anderen Spitzenmaschinen, sofort und
                              									ununterbrochen aufgewickelt, sondern, dem Handklöppeln entsprechend, so lange zwischen den Schiffchen und der unteren
                              Kante der
                              									Schiene G in senkrechter Ebene ausgespannt erhalten wird, bis der sogen. Rapport erreicht, bis ein
                              									vollkommenes Mustergebilde hergestellt ist. Es ist dies unbedingt nöthig, wenn die Fadenverschlingungen nicht reihenweise,
                              sondern so
                              									wie beim Klöppeln in beliebiger Aufeinanderfolge gemacht, wenn der oben aufgestellten zweiten Bedingung
                              									entsprochen werden soll.
                           Die von Matitsch hier angewendete Vorrichtung ersetzt den Klöppelbrief und dessen Nadeln in ganz
                              									vollkommener Weise; sie ist die wichtigste und einschneidendste Aenderung, die derselbe am Constructionsprincip der
                              Bobbinetmaschinen
                              									vorgenommen hat.
                           Während bei diesen die Nadeln sämmtlich an einer Stange angeordnet sind, individualisirt Matitsch hier
                              									jede einzelne Nadel, macht jede selbständig beweglich, und zwar sowohl bezüglich der Zeit ihrer Function, als auch
                              was die Grösse des
                              									von ihr zu durchlaufenden Weges anbelangt. Es kann daher jede Nadel die ihr zugewiesene Fadenverschlingung auf diejenige
                              Höhe in der
                              									ausgespannt bleibenden Spitzenfläche heben, als dies durch die Construction der Spitze vorgeschrieben ist, und kann
                              diese
                              									Verschlingung so lange festhalten, bis dieselbe in ihrem Bestand durch die darunter und neben ihr hergestellten Fadenverschlingungen
                              									gesichert wird, genau so wie beim Handklöppeln.
                           Zu diesem Behufe besteht jede Nadel N1N2N3 aus einem um den Bolzen x1x2x3 drehbaren Winkelhebel, dessen in den Führungen E und E1 senkrecht geführter wagerechter, an seinem Ende
                              									zugespitzter Arm die eigentliche Nadel bildet, während der senkrechte Arm zum Heben der Nadel dient. Da nun die Grösse
                              der Hebung, der
                              									Weg, den die Nadelspitze beim Heben durchlaufen soll, beliebig veränderlich sein muss, sind diese senkrechten Arme
                              derjenigen Nadeln,
                              									welche (bei gleichzeitiger Anfertigung einer grösseren Anzahl gleicher Spitzenstreifen) die gleiche Bewegung zu machen
                              haben, durch je
                              									einen Stahlbandstreifen b4 bezieh. b5 und b6 mit je einer gemeinschaftlichen
                              									Schiene, also die Streifen b4 der gleichbewegten Nadeln N1 mit der Schiene s4, die Streifen b5 mit s5 u.s.w. verbunden und diese Schiene mit einer Jacquardplatine in
                              									Verbindung gebracht. Da es sich aber hier nicht um eine Bewegung überhaupt, sondern um eine ganz bestimmte Grösse
                              der Bewegung
                              									handelt, wird hier ein sogen. Dropperjacquard in Anwendung gebracht, wie er bei den Spitzenmaschinen zur Verschiebung
                              der Leitern in
                              									Anwendung kommt. Bei einem solchen liegt zwischen dem Messer und dem Platinenhaken ein Abstand gleich der Bewegungsgrösse
                              des Messers,
                              									so dass eigentlich für gewöhnlich keine Platine verschoben wird; erst wenn zwischen Messer und Haken ein prismatischer
                              Körper, ein
                              									Dropper, eingeschoben wurde, findet eine Bewegung der Platine statt, welche in ihrer Grösse durch die Dicke dieses
                              Körpers bestimmt
                              									wird. Durch das Einschieben eines beliebig dicken Körpers kann daher der Nadelhub beliebig verändert werden. Die
                              Verbindung der
                              									Schiene s4 mit dem Jacquard ist in ähnlicher Weise durchgeführt, wie bei
                              									den schon besprochenen Stechern.
                           
                           Da das Herausziehen der Nadeln in. einem beliebigen Momente geschehen soll, ist der Drehbolzen x1x2x3 der Nadeln verschiebbar angeordnet. Derselbe ist nämlich am Ende einer in den wagerechten Führungen
                              										e und e1 geführten Stange T1T2T3 gelagert, und alle diese den gleichzeitig bewegten Nadeln angehörigen
                              									Stangen sind wieder durch Stahlblechstreifen b3 mit einer
                              									gemeinschaftlichen Schiene s3, diese aber in bekannter Weise durch Stange
                              										h3, Hebel H3 und Zugstange B3 mit einer Jacquardplatine verbunden, so dass
                              									also jede Nadel bezieh. alle gleich bewegten Nadeln durch die Jacquardkartenwirkung beliebig aus dem Gewebe gezogen
                              werden können. Bei
                              									dem Zurückziehen der Nadeln stossen die senkrechten Arme derselben an die feststehende Schiene M3 und werden dadurch selbsthätig in ihre tiefste Stellung zurückgebracht. Die so zurückgezogenen und
                              									in ihre Tiefstellung gebrachten Nadeln werden gleich darauf durch eine Verschiebung der Schiene M4 nach rechts wieder zum Einstich nach vorwärts geschoben. Die Nadelbewegung ist daher, wie aus dem
                              									Gesagten hervorgeht, durch zwei Jacquardapparate beeinflusst, von welchen der eine das Herausziehen der Nadeln, der
                              zweite die Grösse
                              									der Nadelbewegung bestimmt. Es handelt sich nun noch um das Aufwickeln der fertig hergestellten Waare, und zwar in
                              jedem beliebigen
                              									Momente, auf den Waarenbaum W.
                           Zu diesem Zwecke ruht dieser auf einer im Gestelle gelagerten Walze H, auf deren Achse ein Schaltrad r aufgekeilt ist, in welches der an dem Zahnrade r1 befestigte Schaltkegel k1 eingreift, so dass durch eine
                              									Drehung dieses frei drehbaren Rades im Sinne des Pfeiles eine Drehung der Walze bewirkt wird, während bei der entgegengesetzten
                              									Drehung des Rades die durch den Schaltkegel k festgehaltene Walze im Stillstand verbleibt. Die Bewegung
                              									des Zahnrades nun erfolgt durch die in Führungen fgg gleitende Zahnstange r2, die wieder unter dem Einflüsse eines Jacquardapparates steht und daher das Aufwickeln in
                              									einem beliebigen Momente zu vollführen vermag.
                           Aus dem Vorstehenden ist zu ersehen, dass den an die Herstellung echter Klöppelspitzen auf Maschinen gestellten Anforderungen
                              durch
                              									einschneidende Aenderungen an den Bobbinetmaschinen vollkommen entsprochen, und dass es einem deutschen Techniker
                              gelungen ist, eine
                              									ökonomisch arbeitende Klöppelmaschine zu construiren und dadurch auf einem bisher ausschliesslich von Engländern
                              beherrschten Gebiet
                              									einen vollen Erfolg zu erringen. Matitsch hat schon vor mehreren Jahren auf einer Versuchsmaschine, der
                              									noch viele durch die jetzige Construction überwundene Mängel anhafteten, alle von Professor Hugo Fischer
                              									in Dresden in seinen Technologischen Studien im sächsischen Erzgebirge dargestellten Klöppelspitzengründe
                              									hergestellt, welche Proben dem Berichterstatter vorliegen und deren Fadenlauf nichts zu wünschen übrig lässt, und
                              es ist daher nicht
                              									zu bezweifeln, dass die neue Maschine vollkommen Entsprechendes zu leisten im Stande sein wird.
                           Fischer's citirtes Buch hat überhaupt sehr anregend auf den Erfinder gewirkt und es ist dies wieder ein
                              									Fall, der zeigt, welche erfreuliche Folgen ein richtiges Zusammenwirken von Theorie und Praxis zu zeitigen vermag.
                           Um nun noch klarzulegen, wie die Maschine arbeitet, sei die Herstellung einer einfacheren Fadenverflechtung kurz vorgeführt
                              und durch
                              									schematische Skizzen erläutert. Das herzustellende achtfädige Geflecht ist aus Fig. 3 ersichtlich.
                           In den schematischen Skizzen sind die Lamellen (Blätter) der drei Kämme als einfache schwarze Linien, die in Wirkung tretenden
                              									Stecher durch viereckige Punkte, die oben beschriebene Ausschaltschiene – Locker – durch einen die ausgeschalteten
                              Schiffchen
                              									durchziehenden Strich, die einstechenden Nadeln durch einen Keil, die Schiffchen selbst durch Nummern bezeichnet,
                              wobei diejenigen
                              									Schiffchen, die aus der Arbeit – um zu zeigen, dass dies durchführbar ist – dauernd ausgeschaltet bleiben sollen,
                              mit römischen Zahlen
                              									bezeichnet sind.
                           Der gezeichneten Fadenverflechtung entsprechend, müssen sich zuerst die Fäden 1 mit 2, 3 mit 4, 5 mit 6 und 7 mit 8, darauf die Fäden 1 mit 4 und
                              										5 mit 8 kreuzen; weiter soll die Verflechtung hier nicht verfolgt
                              									werden, da sie sonst einen zu grossen Raum beanspruchen würde. Wie schon aus der Darstellung der Mechanismen Fig. 2 zu ersehen, sind die Schiffchen in zwei Reihen hinter einander und
                              									zwar so angeordnet, wie dies Fig. 4 zeigt.
                           Der Arbeitsprocess geht nun in drei auf einander folgenden Perioden vor sich; in der ersten derselben werden die Schiffchen
                              der
                              									hinteren Reihe 3 4 7 8; in der zweiten die der vorderen Reihe 1 2 5 6; in
                              									der dritten die der hinteren mit denen der vorderen Reihe, also 1 mit 4 und
                              										5 mit 8 gekreuzt. Die römisch bezeichneten Schiffchen sollen ganz ausser
                              									Arbeit und in ihren Kammfurchen unverändert stehen bleiben.
                           
                        
                           Erste Periode.
                           In dieser sollen die Schiffchen 3 mit 4 und 7 mit 8 ihre Plätze tauschen und zwar so, dass der Faden 4 vor den Faden 3 und 8 vor 7 zu liegen kommt, wie dies der Verflechtung Fig. 3 entspricht. Ein solcher Tausch lässt sich dadurch bewirken, dass
                              									diejenigen Schiffchen, deren Fäden vorn liegen sollen, also 4 und 8, in den
                              									mittleren Kamm gebracht und mit diesem nach links verschoben werden. Da die übrigen Schiffchen II 3 7 IV
                              									diese Bewegung nicht mitmachen dürfen, müssen sie aus ihrer Anfangsstellung, in welcher sie zur Hälfte im mittleren,
                              zur anderen
                              									Hälfte im hinteren Kamm stehen, ganz in den Hinterkamm geschoben werden. Zu diesem Behufe greifen nun die den Schiffchen
                              II 3 7 IV entsprechenden Stecher, durch die Jacquardvorrichtung veranlasst, in den Zahnbogen dieser
                              									Schiffchen, wie Fig. 4 zeigt, und schieben dieselben so weit in den
                              									hinteren Kamm (Fig. 5), dass sie von der Locker erfasst und ganz
                              									zurückgeschoben werden können, während die hintere Roller die Schiffchen 4 und 8 erfasst und ganz in den mittleren Kamm schiebt (Fig. 6).
                           Hierauf wird dieser Kamm um zwei Furchen nach links verschoben (Fig. 7), wodurch sich Faden 4 vor 3 und Faden 8 vor 7 legt.
                           Nun kommt die hintere Roller wieder in Bewegung und schiebt 4 und 8 gegen den
                              									Hinterkamm (Fig. 8), während gleichzeitig die Locker aus den Zähnen der
                              									von ihr bisher gehaltenen Schiffchen austritt und diese nun nach abwärts gleiten und ausser II mit 4 und 8 in eine Reihe treten (Fig. 9). Die Kreuzung der Fäden ist vollzogen und die Schiffchen müssen nun
                              									nur noch an ihren richtigen Platz gebracht werden. Zu diesem Zwecke greift der betreffende Stecher in das Schiffchen
                              IV und schiebt dieses so lange zurück, bis die Locker in die Schiffchen II
                              									und IV eintreten und diese ganz in den hinteren Kamm zurückschieben kann, während gleichzeitig die
                              									hintere Roller die Schiffchenreihe 4 3 8
                                 										7 in den mittleren Kamm bringt (Fig. 10), worauf dieser um eine Furche nach rechts verschoben wird und die beiden Nadeln zwischen die Fäden 4 und 3, sowie 8 und 7 stechen, die
                              									hergestellte Kreuzung erfassen und in die Höhe heben (Fig. 11 und 12). Durch das Zurückdrehen der hinteren Roller und das Auslassen der
                              									Locker kommen sämmtliche Schiffchen in eine Reihe, nur dass 4 mit 3, 8 mit
                              										7 getauscht haben und die Schiffchen II und IV in ihrer Ursprungsfurche geblieben sind (Fig. 13). Die erste
                              									Aufgabe ist daher gelöst, die erste Periode zu Ende. Während dieser ganzen Periode bleiben sämmtliche Schiffchen
                              der vorderen Reihe im
                              									Stillstand, ebenso die vordere Roller in Ruhe.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 304, S. 210
                              Klöppelmaschine von Matitsch.
                              
                           
                        
                           Zweite Periode.
                           In dieser sollen nun 1 und 2, sowie 5 und 6 ihre Plätze tauschen, deren Fäden sich kreuzen, und zwar so, dass 2 und
                              										6 vor 1 bezieh. 5 zu liegen kommen. Da in
                              									dieser ganzen Periode die Schiffchen der hinteren Reihe keine Arbeit zu. leisten haben, werden sie durch das Einstechen
                              									sämmtlicher Stecher und das darauf folgende Eingreifen der Locker ganz in den Hinterkamm zurückgeschoben und in dieser Lage
                              									erhalten.
                           Um die geplante Fadenkreuzung zu vollführen, müssen vor allem die Schiffchen 1 und 5 durch die vordere Roller nach rückwärts geführt und demzufolge die anderen Schiffchen 1 2 6
                                 										III, um sie der Wirkung der Roller zu entziehen, durch die vorderen Stecher weiter nach vorn geschoben werden (Fig. 14). Nach dieser Wirkung der Stecher ergreift die vordere Roller die
                              									Schiffchen 1 und 5 und schiebt dieselben gegen den Mittelkamm, in welchen
                              									sie, durch die hintere Roller erfasst, ganz hineingezogen werden (Fig.
                                 									15); gleich darauf wird der Mittelkamm um zwei Kammfurchen nach rechts verschoben, wodurch die oben
                              									erwähnte Kreuzung in der bedungenen Weise vor sich geht (Fig. 16). Es
                              									handelt sich wieder nur mehr darum, die Schiffchen sämmtlich in der geänderten Ordnung in eine Reihe zu bringen,
                              was dadurch erschwert
                              									wird, dass der vordere Kamm nicht so lange gehalten sein darf, wie
                              									der hintere Kamm, weil der erstere, um das Einziehen in die zwischen Vorder- und Mittelkamm befindlichen Leitern
                              zu ermöglichen, nach
                              									aufwärts gedreht werden muss.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 304, S. 211
                              Klöppelmaschine von Matitsch.
                              
                           Durch diese praktische Rücksicht wird der Process etwas complicirter. Die beiden Schiffchen 1 und 5 werden nun nach der Kammverschiebung durch die beiden Roller gegen
                              									den Vorderkamm geschoben, während gleichzeitig die vorderen Stecher alle anderen Schiffchen 1 2 6 III
                              									frei lassen, diese daher durch ihr eigenes Gewicht so weit herabgleiten, bis sie mit ihrem ersten Zahn die vordere
                              Roller berühren
                              										(Fig. 17). Da die zwei in derselben Furche befindlichen Schiffchen
                              										5 und III nicht beide Platz im vorderen Kamm haben, muss die Bewegung in
                              									folgender Weise vollführt werden: Es greifen nun bloss die Stecher für I und III in ihre Schiffchen und bringen dieselben aus der Wirkungssphäre der vorderen Roller; dieselbe erfasst daher nur die
                              									Schiffchen 2 1 6 5 und bewegt dieselben der hinteren Roller zu, wobei sie aber noch nicht in einer
                              									Reihe, sondern in zwei Gruppen hinter einander stehen (Fig. 17). Erst
                              									durch die weitere Verschiebung mittels der hinteren Roller durch den Mittelkamm hindurch, gegen den Hinterkamin,
                              kommen diese
                              									Schiffchen in eine Reihe, nämlich sobald sie sämmtlich mit ihrem letzten Zahn die Roller noch berühren. Die Schiffchen
                              1 und 5 kommen zuerst in diese Stellung und kurz darauf 2 und 6 (Fig.
                                 										18). Sobald die Einordnung in eine Reihe erreicht ist, befördert die hintere Roller alle vier Schiffchen in den Mittelkamm
                              										(Fig. 19), worauf dieser um eine Furche
                              									nach links geht und gleich darauf die Nadeln zwischen den Fäden 2 und 1,
                              									sowie 6 und 5 einstechen (Fig. 20) und die Fadenverschlingung nach aufwärts heben. Den Schluss
                              									dieser Periode bildet die Verschiebung der Schiffchenreihe 2 1 6 5 durch Hinter- und Vorderroller in den
                              									Vorderkamm, worauf durch Zurückgehen der Stecher auch die Schiffchen I und III in die Reihe gleiten und die gestellte Aufgabe gelöst erscheint (Fig. 21). Durch das Herabgehen der Locker
                              									sind auch die Schiffchen der hinteren Reihe in ihre Anfangsstellung herabgeglitten.
                           
                        
                           Dritte Periode.
                           In dieser Arbeitsperiode müssen nun die Fäden 1 mit 4 und 5 mit 8 gekreuzt werden und zwar in der Weise, dass der Faden 1 vor 4 und 5 vor 8 zu liegen kommt. Da nun nur die vier Schiffchen 1 4 5 8 zu arbeiten haben, werden alle
                              									übrigen Schiffchen durch den Eingriff der Stecher ausser Thätigkeit gebracht und daher die Schiffchen II 3 7
                                 										IV in den hinteren, 1 2 6 III in den vorderen Kamm so weit verschoben, dass sie ausser der
                              									Wirkungssphäre der Roller kommen (Fig. 22). Während nun die Schiffchen
                              									der hinteren Reihe durch die Locker erfasst und ganz in den hinteren Kamm geschoben werden, greift die hintere Roller
                              in die
                              									Schiffchen 4 und 8 und schiebt dieselben in den mittleren Kamm, worauf
                              									dieser sofort um eine Kammfurche nach links rückt (Fig. 23), wodurch die eigentliche Kreuzung der Fäden 1 mit 4 und
                              										5 mit 8 in der vorgeschriebenen Weise vollzogen wird. Nun handelt es
                              									sich vor allem darum, diese vier Schiffchen in eine Reihe zu bringen, um sie an einander vorüber, die Schiffchen
                              1 und 5 in die hintere, die anderen zwei in die vordere Schiffchenreihe zu
                              									stellen. Zu diesem Zwecke werden 4 und 8 durch die hintere Roller etwas nach
                              									vorwärts, 1 und 5 durch die vordere Roller so weit nach rückwärts geschoben,
                              									dass die hintere Roller in sie einzugreifen vermag. Am Ende dieser Arbeitsbewegung stehen die vier Schiffchen, wie
                              Fig. 24 zeigt, einander ziemlich nahe, aber noch nicht in einer Reihe, und
                              									werden alle in dieser Stellung, also in zwei Gruppen, durch die hintere Roller durch den Mittelkamm gegen den Hinterkamm
                              geschoben. Da
                              									nun 4 und 8 zuerst die Roller verlassen und dann von dieser nicht mehr
                              									weiter bewegt werden, folgen ihnen 1 und 5 nach, bis sie ebenfalls aus der
                              									Roller heraus und mit den anderen in eine Reihe getreten sind; gleich darauf lässt die Locker die bis jetzt im Hinterkamm
                              gehaltenen
                              									Schiffchen II 3 7 IV aus und die zwei letzteren gleiten in die Schiffchenreihe herab, während dies bei
                              										II und 3 nicht möglich ist, da denselben die Schiffchen 4 bezieh. 8 in derselben Kammfurche vorstehen (Fig. 25). Nun greifen die entsprechenden Stecher der hinteren Stecherreihe
                              									in die Schiffchen 1 5 7 IV ein und entrücken dieselben der Wirkungssphäre der hinteren Roller, so dass
                              									die Locker in dieselben, sowie in die Schiffchen II und 3 einstechen und
                              									alle diese Schiffchen, also III 3 5 7 IV, ganz in den Hinterkamm rücken kann, während gleichzeitig die
                              									hintere Roller die Schiffchen 4 und 8 erfasst und in den Mittelkamm schiebt
                              										(Fig. 26). Gleich darauf wird der Mittelkamm um eine Kammfurche nach rechts verschoben, wodurch 4 und 8 in die ihnen zugehörigen Furchen gelangen und nun durch Hinter- und Vorderroller in den vorderen Kamm
                              									in die vordere Schiffchenreihe geschoben werden können. Die Locker lässt nun die Schiffchen der hinteren Reihe, die
                              Stecher lassen die
                              									der vorderen Reihe frei und beide Reihen gleiten nun in ihre Normalstellungen herab (Fig. 27), aus welchen zu ersehen, dass der Platztausch zwischen 1 und 4, sowie 5 und 8 in der gewünschten Weise stattgefunden hat.
                           Zwischen den einzelnen Bewegungsmomenten müssten nun selbstverständlich die Leiter mit den Binde- und Dickfäden in entsprechender
                              Weise
                              									verschoben worden sein. Durch die bisher dargestellten Bewegungen ist die Fadenverflechtung erst bis zur Linie aa (Fig. 3) gediehen, aber die Art und Weise
                              									der Durchführung wohl genügend klar gelegt. Dass diese Schiffchenbewegung bei der Bildung von Mustergeflechten und
                              Verschlingungen
                              									noch complicirter wird, ist natürlich; bei dem Umstände aber, als den beiden an die Maschine gestellten Anforderungen
                              von dieser
                              									vollkommen entsprochen wird, kann dieselbe keinen Schwierigkeiten unterliegen. Eine eingehende Darstellung einer
                              solchen Verflechtung
                              									ist in Folge des grossen Raumbedarfes hier nicht thunlich und auch überflüssig, da das bisher Gesagte wohl genügen
                              dürfte, um aus
                              									demselben auf die mechanische und ökonomische Leistungsfähigkeit der Maschine schliessen zu können, die ohne Zweifel
                              alle bisher
                              									erfundenen Klöppelmaschinen in den Schatten zu stellen geeignet ist.
                           Ein bisher noch nicht erwähnter ökonomischer Vortheil der Maschine besteht auch noch darin, dass das so zeitraubende, oft
                              Wochen in
                              									Anspruch nehmende Einziehen der Ketten- und Walzenfäden, wie dies bei den jetzt bestehenden Spitzenmaschinen ausgeführt
                              werden muss,
                              									hier wegfällt, da die ganze Fadenverschlingung durch die in den Schiffchen aufgespeicherten Spulenfäden zur Ausführung
                              kommt, die hier
                              									vollkommen die Stelle der Klöppel vertreten.
                           In welcher Weise diese Maschine auf die Erwerbsverhältnisse der deutschen und österreichischen Klöpplergebiete einwirken wird,
                              wird zum
                              									Theil von der Mode, zum Theil vom Unternehmungsgeist unserer heimischen Unternehmer abhängen. Sind diese geneigt,
                              die Maschine in den
                              									Dienst der österreichischen und deutschen Industrie zu stellen, dann könnten unsere heimischen Klöpplerinnen an Stelle
                              ihrer
                              									bisherigen Handarbeit genügende und vielleicht selbst besser entlohnte Verwendung bei den neuen Maschinen finden,
                              etwa in ähnlicher
                              									Weise, wie dies bei der Einführung der Heilmann'schen Stickmaschine eintrat. Es wäre daher von grosser
                              									volkswirthschaftlicher und socialer Wichtigkeit, wenn diese von einem der bedeutendsten Praktiker in seinem Fache
                              construirte
                              									Maschine, die schon aus diesem Grunde vollstes Vertrauen in ihre ökonomische Leistungsfähigkeit verdient, nicht erst
                              ins Ausland
                              									wandern müsste, um erst nach der Bildung einer ausländischen Concurrenz von dorther eingeführt und in den Dienst
                              unserer Industrie
                              									gestellt zu werden.
                           Die Thatsache, dass sich deutscher Erfindungsgeist jetzt auch schon auf Gebieten regt, auf welchen bisher die Engländer und
                              Franzosen
                              									ausschliesslich unsere Meister waren, ist gewiss eine erfreuliche und entspricht auch sonst dem jetzigen Aufschwünge
                              deutscher
                              									Industrie, möge nur auch der materielle Vortheil dieser Erfindung der deutschen Bevölkerung zu Gute kommen.
                           Prof. Max Kraft.