| Titel: | Wilfrid Boult's magnet-elektrisches Eisenbahn-Signalsystem. | 
| Fundstelle: | Band 306, Jahrgang 1897, S. 185 | 
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                        Wilfrid Boult's magnet-elektrisches Eisenbahn-Signalsystem.
                        Mit Abbildungen.
                        Wilfrid Boult's magnet-elektrisches Eisenbahn-Signalsystem.
                        
                     
                        
                           Es ist bekanntlich schon ein altes Bestreben und wiederholt mit mehr oder minder geringem Erfolge versucht worden, die
                              									mechanisch-optischen Streckensignalvorrichtungen der Eisenbahnen zu ersparen, und dafür die Signalgebung direct auf
                              die Locomotiven
                              									der verkehrenden Züge zu verlegen. Die mechanischen Anlagen dieser Art haben sich aber in Anbetracht ihres baldigen
                              Verschleisses und
                              									da sie der steten Zunahme der Zugsfahrgeschwindigkeiten um so weniger gewachsen sind, als unbrauchbar erwiesen, und
                              nicht viel
                              									Besseres ist den einschlägigen elektrischen Signaleinrichtungen nachzusagen, deren wunder Punkt in der Schwierigkeit beruht,
                              									zwischen den fahrenden Zügen und der elektrischen Stromleitung eine wirklich zweckmässige, durchaus sichere Verbindung
                              zu Stande zu
                              									bringen. Eben diese letztgedachte Misslichkeit ist es, welcher Wilfrid Boult aus dem Wege zu gehen
                              									trachtete, indem er an Stelle von Leitungscontacten rein magnetische Vorrichtungen anwendet, die er für geeignet
                              erachtet, die
                              									Verbindung zwischen Strecke und Zug besser als alle anderen bisher versuchten Mittel zu ermöglichen. Von diesem Gesichtspunkte
                              									ausgehend, hat Boult Signalanordnungen construirt, deren Princip in der Anwendung eines langen
                              									magnetischen Feldes besteht, das an denjenigen Stellen der Bahnstrecke, wo sonst die optischen Signale ihren Platz
                              haben, angebracht
                              									wird, und dessen Polarität gewechselt werden kann. Dieses magnetische Feld wirkt, sobald ein Zug es überfährt, auf
                              eine Art
                              									polarisirten Relais ein, das sich auf der Locomotive befindet und daselbst nach Maassgabe seiner Beeinflussung verschiedene
                              									Ortsstromkreise schliesst, welche die Signalzeichen hervorrufen. Allenfalls können solche Relais nebst Zeichenapparaten
                              auch auf
                              									anderen beliebigen Fahrzeugen des Zuges angebracht sein, wenn dies zur Gegencontrole oder Unterstützung des Maschinenführers
                              für
                              									nützlich erachtet wird. Ebenso können nach Befinden zur Erweiterung der Leistungen des Systems Zeichenrelais auch
                              in der Bahnstrecke
                              									aufgestellt und zugehörige erregende Magnete auf einem Fahrzeuge des Zuges angebracht werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 306, S. 185
                              Boult's magnet-elektrisches Eisenbahn-Signalsystem.
                              4 Vorsignal; 5 Hauptsignal; 6 Signalstellwerk.
                              
                           Ueber die Anordnung der Boult'schen Signalanlagen bringt die amerikanische Zeitschrift Industries and Iron nachstehende Einzelheiten: Die Streckenmagnete, deren Aufgabe es ist, die
                              									Zeichenapparate des Zuges in Thätigkeit zu setzen, können verschieden eingerichtet sein. Die einfachste Form davon
                              besteht aus einer
                              									Anzahl wie die Zähne eines Rechens neben einander gereihter Magnetstäbe ns (Fig. 1), die von einem Messingrahmen v, der an
                              									seinen beiden Enden an Zapfen i gelagert ist, getragen wird. Die senkrecht stehenden Magnetstäbe sind
                              									sämmtlich mit demselben Pol nach aufwärts gekehrt; ihr unteres Ende liegt einem aus weichem Eisen hergestellten Bügel
                              w so nahe gegenüber, dass es denselben fast berührt. Die sämmtlichen Schenkel w sind durch eine vernickelte Eisenschiene p verbunden, welche somit einen gemeinsamen Pol der
                              									ganzen magnetischen Batterie bildet. Werden die Magnetstäbe mit Hilfe des Lagerstückes v, das mit einem
                              									gewöhnlichen Signaldrahtzug in entsprechende mechanische Verbindung
                              									gebracht ist, um 180° gedreht, so nimmt ihr Südpol nunmehr die Lage des Nordpols ein und umgekehrt; demnach hat auch
                              die Polarität der
                              									Eisenschiene p gewechselt. Die ganze magnetische Batterie sammt ihrem mechanischen Zubehör ist in einem
                              									durch Messingblech m abgedeckten Holzkasten verwahrt, der neben dem Bahngleis in den Bahnkörper
                              									eingebettet wird. Nur die Schiene p bleibt frei, weil eben sie die Aufgabe hat, durch Influenz auf einen
                              									Hufeisenstab aus weichem Eisen einzuwirken, der sich an angemessener Stelle an den Locomotiven befindet und bei der
                              Vorbeifahrt ganz
                              									nahe über p hinweg gelangt. Daher wird p, d. i. das magnetische Feld, um so
                              									länger, bezieh. die magnetische Batterie um so kräftiger sein müssen, je grösser die Maximalfahrgeschwindigkeit der
                              Züge ist, mit
                              									welcher die betreffenden Bahnstrecken befahren werden. Der Polwechsel entspricht den beiden Hauptsignalbegriffen
                              Frei und Halt; allein diese Zahl der darstellbaren Signale lässt sich
                              									immerhin noch dadurch vermehren, dass die Streckenmagnete nicht alle gleichmässig, sondern rechts, links oder in
                              die Mitte des Gleises
                              									verlegt werden, und dann einen rechts, links oder in der Mitte der Locomotive angebrachten Zeichenapparat bethätigen.
                              Hiervon wird bei
                              									den bisherigen versuchsweisen Anwendungen des Systems auf amerikanischen Eisenbahnen insbesondere zu dem Zwecke Gebrauch
                              gemacht, um
                              									das Halt- und Freizeichen der Vorsignale (Distantsignals) von jenen der Hauptsignale (Homesignals) deutlich zu unterscheiden. Der einzelne Zeichenapparat auf den Locomotiven besteht in allen
                              									Fällen aus einer schon oben erwähnten, dem bekannten Siemens und Halske'schen polarisirten Relais
                              									ähnlichen Anordnung, bei welcher der eine Schenkel des die Relaiszunge tragenden Hufeisens nach abwärts gekehrt und
                              zu einer beiläufig
                              									so lang gestreckten Schiene ausgebildet ist, dass sie zwei oder drei der Einzelmagnete, aus welchen die Streckenmagnete
                              									zusammengesetzt sind, übergreift. Wird dieser Schenkel des Zeichenapparates positiv influenzirt, so legt sich die
                              Relaiszunge, welche
                              									im Ruhezustande eine neutrale Mittelstellung annimmt, nach rechts, wird er negativ magnetisch, dann erfolgt der Relaiszungenausschlag
                              									nach links. Sowohl bei der einen, als bei der anderen Ablenkung tritt der Strom einer Ortsbatterie in Wirksamkeit,
                              wodurch erst das
                              									eigentliche Signalzeichen entsteht. Zur Darstellung des letzteren dient ein kleiner, unmittelbar vor den Augen des
                              Maschinenführers in
                              									günstiger Beleuchtung angebrachter, hinter der Verglasung eines Schutzkästchens sichtbarer Semaphor, dessen aus Aluminiumblech
                              									hergestellter Signalarm die den gewöhnlichen Flügelsignalen nachgebildeten Stellungen für die Signale Halt und Frei einnimmt und durch den polarisirten Anker eines Elektromagnetes gestellt wird.
                              									Wenn während der Fahrt eines Zuges ein Wechsel in der Polarität der passirten Streckenmagnete eintritt, erfolgt auch
                              eine Aenderung
                              									des Signalbildes auf der Locomotive, d.h. das letztere zeigt stets das zuletzt eingelangte Signal. Zur Erhöhung der
                              Sicherheit ist das
                              									sichtbare Zeichen durch ein hörbares vervollkommnet in der Weise, dass durch die bei jeder Ueberfahrung eines Streckenmagnetes
                              									erfolgende Ablenkung der Relaiszunge gleichzeitig ein Fortläutewerk ausgelöst wird, welches der Locomotivführer mit
                              der Hand
                              									rückzustellen hat. Die Weckerauslösung erfolgt für alle Fälle, ob an dem sichtbaren Signal ein Wechsel eintritt oder
                              nicht; sie zeigt
                              									sonach jede Signalstelle für sich an und fordert den Maschinenführer auf, den kleinen Semaphor zu beobachten. Boult schlägt vor, für jeden Signalsatz auf den Locomotiven nicht bloss ein, sondern zwei oder drei
                              									Auslöserelais anzubringen und diese überdies mit Doppelzungen zu versehen, bei welcher Sicherungsmaassregel ein Versagen
                              geradezu
                              									unmöglich erscheine. Eine weitere Sicherung, welche der Constructeur lebhaft befürwortet, besteht darin, die Schliessung
                              des
                              									vorerwähnten Signalweckers einem eigenen Stromschliesser zu überantworten, für welchen auch eigene Erregungsmagnete
                              ins Gleis gelegt
                              									werden sollen, und zwar in angemessener Entfernung vor den eigentlichen Signalstreckenmagneten. Das hörbare Weckerzeichen
                              würde
                              									dadurch zu einem richtigen Vormeldesignal für das sichtbare Flügelzeichen.
                           Nach den obigen Darlegungen unterliegt es keinerlei Schwierigkeiten, die Wirkungsweise der Gesammteinrichtung einer Bahnstrecke
                              zu
                              									verfolgen. Eine Stationsdeckung mit Abschluss- und Vorsignal wird beispielsweise von einem Centralstellwerke aus
                              ebenso mit dem
                              									Signalhebel durchgeführt, wie sonst, nur dass der Drahtzug die beiden bezüglichen Streckenmagnete eine halbe Umdrehung
                              machen lässt,
                              									statt an zwei Mastsignalen den Flügel zu stellen. Wie sich dann vermöge dieser Maassnahme das Verbot oder die Erlaubniss
                              der Fahrt dem
                              									sich nähernden Zuge beim Vorsignalmagnet und dann beim Hauptsignalmagnet äussert, ist bereits gezeigt worden.
                           Bei späteren. Einrichtungen benutzte Boult für die Magnetbatterien auf der Bahnstrecke an Stelle von
                              									magnetisirten Stahlstäben (Fig. 1) zweischenklige
                              									Elektromagnete aus weichem Eisen (Fig. 2), welche entweder auf
                              									einem oder an beiden Schenkeln Drahtspulen tragen, durch die ein Dauerstrom fliesst. Von der Richtung dieses Stromes
                              hängt die
                              									magnetische Polarität der Schiene p ab, welche mit allen übrigen Theilen der Anlage genau so angeordnet
                              									ist, wie bei den Streckenmagnetbatterien nach Fig. 1. Die
                              									letzte Abart von Magnetbatterien, welche Boult als die zweckdienlichste erkannte, besteht wieder aus
                              									magnetisirten Stahlstäben, die jedoch einen kreisrunden Querschnitt haben, wie Fig. 3 zeigt, feststehend sind und eine Drahtspule tragen, welch letztere
                              									in der Regel stromlos ist. Das die oberen Enden sämmtlicher Stahlmagnete verbindende weiche Eisen p
                              									besitzt während der Ruhelage der Anordnung dieselbe Polarität, wie die oberen Enden der Stäbe; gelangt jedoch in
                              die Spulenleitung a b ein Strom von angemessener Stärke und geeigneter Richtung, so wird die Polarität der Stäbe bezieh.
                              									der Schiene p, d. i. des ganzen magnetischen Feldes, umgekehrt. Boult
                              									bemerkt ausdrücklich, dass nach seinen Erfahrungen in der Praxis die zuletzt geschilderte Anordnung, welche eben
                              nichts anderes ist,
                              									als eine magnetische Batterie aus Hughes'schen Elektromagneten, durch den Polwechsel in keiner Weise
                              									geschädigt werde, sondern dass die Stahlmagnete eher eine Kräftigung als eine Schwächung erfahren.
                           Wenn für die Streckenmagnete Elektromagnete zur Verwendung gelangen, so entfällt die zum Einstellen der zuerst betrachteten
                              Anordnung
                              										(Fig. 1) erforderlich gewesene Drahtzugsleitung, und an die
                              									Stelle derselben tritt eine elektrische Batterie und eine elektrische Drahtleitung. Dem Signalstellhebel wird in
                              diesen Fällen
                              									lediglich die Aufgabe eines Stromwenders oder einer Stromschlussvorrichtung überwiesen sein, wie es beispielsweise
                              in Fig. 4 schematisch dargestellt erscheint. Die Streckenmagnete m1und
                              										m2 sind hier als gewöhnliche, aus weichem Eisen hergestellte
                              									Elektromagnete gedacht und der Signalhebel k, welcher von den anderen Signal- und Weichenhebeln im
                              									Stellwerke nach gewöhnlicher Art in Abhängigkeit gebracht sein kann, muss sonach als Stromwender wirken, derart,
                              dass bei der
                              									Hebellage für Frei der Strom der Batterie b etwa positiv gerichtet, und bei
                              									der Hebellage für Halt negativ gerichtet in die Leitung l gelangt. Ein beim
                              									Signalwärter aufgestelltes Galvanoskop lässt das richtige Arbeiten der Batterie und des Stromwenders leicht controliren.
                           Sollen die Ein- und Ausfahrtssignale gleich auch als Wegesignale eingerichtet sein, so wird dies erzielt, indem der kleine
                              Semaphor auf
                              									der Locomotive noch einen zweiten oder dritten Flügel erhält, welche Flügel durch eigene Elektromagnete eingestellt
                              werden, von denen
                              									jeder für sich seinen eigenen Auslöseapparat besitzt. Die letzteren werden über die Breite der Locomotive vertheilt
                              und ihnen
                              									entsprechend sind an den Signalpunkten des Gleises nicht bloss einer, sondern zwei bezieh. drei Streckenmagnete neben
                              einander
                              									eingelegt, von welchen je eine Leitung zum Signalstellhebel und zur Batterie führt. Die drei verschiedenen Fahrtrichtungen
                              und ihre
                              									Signalisirung auf der Locomotive gelangt dadurch zur Darstellung, dass der die Polarität der Streckenmagnete bestimmende
                              elektrische
                              									Strom nur in einen, in zwei oder in alle drei
                              									Signalmagnete geleitet wird. Eine andere Anordnung für Wegesignale, welche Boult anwendet, ist in Fig. 5 schematisch angedeutet. In diesem Falle wird vorausgesetzt, dass die Locomotiven in der
                              									gewöhnlichen Art nur mit einflügeligen Semaphoren – einer für die Vorsignale, einer für die Hauptsignale – ausgerüstet
                              seien, jedoch
                              									ein Läutewerk mit zwei getrennten Auslöseapparaten erhalten, derart, dass die Glocke sowohl bei jedem Streckenmagnet
                              der Vorsignale,
                              									als jenen der Hauptsignale anspricht. Wie die Zeichnung ersehen lässt, befinden sich vorliegendenfalls an jeder Signalstelle
                              sechs
                              									Streckenmagnete, welche in drei Gruppen getheilt und durch die Leitungen l1, l2 und l3 mit den Signalstellhebeln h1, h2 und h3
                              									verbunden sind. Je nachdem der Signalhebel für die Fahrstrasse 1, 2 oder 3
                              									gezogen ist, gelangen die Batteriegruppen b1 oder b1 und b2 oder b1, b2 und
                              										b3 in Wirksamkeit und kehren die Polarität je eines, je zweier oder
                              									je dreier Streckenmagnete um. Der die Signalstellen überfahrende Zug wird daher nebst dem gewöhnlichen sichtbaren
                              Signal auf dem
                              									bezüglichen Locomotivsemaphore noch ein, zwei oder drei Läutesignale erhalten, welche die geöffnete Fahrstrasse anzeigen,
                              und die
                              									allenfalls durch ein Zeiger werk auch sichtbar dargestellt werden können.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 306, S. 187
                              Fig. 5.Boult's magnet-elektrisches Eisenbahn-Signalsystem.
                              4 Vorsignale; 5 Hauptsignale; 6 Signalstellwerk.
                              
                           Es unterliegt keiner Schwierigkeit und macht keine nennenswerthen Mehrkosten, wenn zwischen Haupt- und Vorsignal mehrere
                              									Zwischensignalpunkte eingeschaltet werden. Diese Maassnahme ist besonders zweckmässig für solche Strecken, wo sehr
                              schwere, lange
                              									Güterzüge verkehren. In dem Falle als solche Züge beim Vorsignal das Zeichen erhalten, dass das Hauptsignal auf Halt steht, dürfen sie nur langsam bis zur letztgenannten Signalstelle vorrücken, um dort
                              										anzuhalten.Hier
                                    											drängt sich unwillkürlich die Frage auf, wie der stehen gebliebene Zug späterhin das Signal zur Fortsetzung seiner
                                    Fahrt
                                    											erhält? Schon um den Ort des Hauptsignals festzustellen und um zu ersehen, ob nicht etwa während der verlangsamten
                                    Fahrt vom
                                    											Vorsignal bis zum Hauptsignal die Erlaubniss zur Weiterfahrt ertheilt worden sei, muss der Zug bis über den betreffenden
                                    											Streckenmagnet vorrücken. Wie empfängt er in diesem Falle das Freisignal? Muss er vielleicht so weit zurückschieben,
                                    bis die
                                    											Locomotive wieder über den Streckenmagnet des Homesignals gelangt? Leider findet sich hierüber in der Industries and Iron keinerlei Aufklärung. (Anmerkung des Berichterstatters.) Möglicher Weise ist aber die
                              									Einfahrt inzwischen schon ertheilt worden und der Zug hätte sonach keineswegs so viel Zeit zu verlieren gebraucht.
                              Diesem Uebelstande
                              									wird durch zwischengelegte Streckenmagnete, durch welche der Zug das Freisignal schon früher erhalten kann, wirksam
                              abgeholfen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 306, S. 187
                              Fig. 6.Boult's magnet-elektrisches Eisenbahn-Signalsystem.
                              7 Halt; 8 Frei.
                              
                           Schliesslich hat Boult sein Signalsystem auch als selbsthätiges Blocksignal
                              									ausgebildet, dessen immerhin ganz sinnreiche Anordnung aus der schematischen Darstellung (Fig. 6) sich
                              									entnehmen lässt. Die Deckung des fahrenden Zuges geschieht durch die zweitnächste Signalstelle hinter dem Zuge, d.h.
                              – auf Fig. 6 angewendet – der Blockposten 1 würde einen zwischen 2 und 3 fahrenden Zug, jener bei 2 den zwischen 3 und 4, jener bei 3 den zwischen 4 und 5 befindlichen Zug zu decken haben u.s.w. Zu jedem einzelnen Blockposten
                              									gehört nebst dem Streckenmagnet d1 für das Vorsignal und dem
                              									Streckenmagnet h1 für das Hauptsignal noch ein zwischengeschalteter
                              									Streckenmagnet w, dem die Aufgabe zufällt, in jenen Fällen, wo das Vorsignal dem Zuge die Haltlage des
                              									Hauptsignals angekündigt hat, in der schon weiter oben besprochenen Weise die Verzögerungen der Zugsfahrten herabzumindern.
                              Die drei
                              									Streckenmagnete d1, w und h1 haben die in Fig. 3 verdeutlichte Anordnung. Ausser denselben ist bei jedem Blockposten
                              									noch ein vierter Streckenmagnet m1 (Fig.
                                 									6) vorgesehen, der aus gewöhnlichen, unbeweglichen Stahlstäben besteht, und lediglich zum Auslösen des Vorläutewerkes der
                              									Locomotiven dient, durch welches der Maschinenführer aufmerksam gemacht wird, dass er sich einer Blockstelle nähert
                              und das Eintreffen
                              									sichtbarer Signale (an den Locomotivsemaphoren) zu gewärtigen hat. Neben diesen ausschliesslich zur Hervorrufung
                              der auf den Zügen zu
                              									empfangenden Signale dienenden Vorrichtungen ist natürlich noch ein
                              									Apparat vorhanden, welcher nach Maassgabe der Zugsfahrten das selbsthätige Einstellen der Streckenmagnete für Halt und die spätere Rückstellung auf Frei besorgt. Letztere Vorrichtung besteht im
                              									Wesentlichen aus einem Elektromagnet h aus weichem Eisen, dessen Anker a,
                              									wenn er abgefallen ist, als Stromschliesser wirkt. Die Bewegungen des Ankerhebels sind jedoch nicht nur von dem magnetischen
                              Zustand
                              									des Elektromagnetes h, sondern auch von der Lage eines Sperrhakens c
                              									abhängig gemacht, welcher steif mit dem polarisirten Anker b1 eines aus
                              									weichem Eisen hergestellten Hufeisens bb (ohne Spulen) verbunden ist. Dieser Auslöseapparat steht in
                              									einem oben mit Messingblech abgeschlossenen Schutzkasten, erhält seinen Platz ähnlich wie die Streckenmagnete im
                              Gleise und wird von
                              									jedem Zuge durch einen an der Locomotive angebrachten hufeisenförmigen Stahlmagnet m, der in Fig. 6 beim Blockposten 3 mittels gestrichelter Linien angedeutet erscheint,
                              									thätig gemacht. Die Lage der Vorrichtung habb1 ist in Wirklichkeit
                              									selbstverständlich nicht die in der Zeichnung dargestellte, sondern um 90° herumgedreht, d.h. die Schenkel bb liegen parallel zu den Schienensträngen des Bahngleises. Wenn eine Locomotive über den Auslöseapparat hinwegfährt, wird
                              										b durch m magnetisirt, in Folge dessen der Anker b1 zwischen die Polschuhe b2b2 gezogen und, nachdem m vorüber ist,
                              									gleich wieder losgelassen. Die einzelnen Elektromagnete der Blockstellen sind durch elektrische Drahtleitungen mit
                              einander in
                              									Verbindung gebracht; von den hierdurch vermittelten Stromwegen geht einer von dem Quecksilbernapf e des
                              									Stromschliessers zum Elektromagnet h der nächsten, rückwärtigen Blockstelle, um hier an die halbe Spule
                              										f desselben und in seinem weiteren Verlaufe beim Quecksilbernäpfchen e1 abzuschliessen. Eine Abzweigung dieser Leitung l geht beim
                              									Elektromagnet h durch die untere Spulenhälfte g – die Spulentheile f und g haben die gleiche Anzahl Windungen, sind jedoch im entgegengesetzten
                              									Sinne gewickelt –, passirt dann die sämmtlichen Streckenelektromagnete des Blockpostens und kehrt als Leitung k wieder zu e1 der nächst vorderen Blocktelle zurück. Eine
                              									einzige aus Accumulatoren bestehende, in einer Station aufgestellte Batterie betreibt eine angemessene Strecke, wobei
                              es am
                              									zweckdienlichsten ist, die Blockanlagen der beiden Gleise der Doppelbahn zu einem einzigen Schliessungskreise zusammen
                              zu fassen.
                              									Während der Ruhelage, nämlich wenn kein Zug sich auf der Bahnlinie befindet, steht dem elektrischen Strome ein fortlaufend
                              									geschlossener Weg über die Leitungen k offen; die Spulen sämmtlicher Streckenelektromagnete sind von
                              									einem Ruhestrom durchflössen, der ihnen jene Polarität ertheilt, welche dem Signal Frei entspricht. Die
                              									Elektromagnete h werden jedoch durch den in Betracht gezogenen Ruhestrom nicht beeinflusst, da sich die
                              									Wirkungen der beiden Spulenhälften f und g, die er beide gleichmässig
                              									durchläuft, gegenseitig aufheben. Nichtsdestoweniger ist unter normalen Verhältnissen der Anker a nicht
                              									abgefallen, sondern durch den Haken c, wie es Fig. 6 bei 2 ersichtlich macht, in der gehobenen Lage festgehalten. Ueberfährt aber ein Zug die Blockstelle, so wird
                              									in diesem Momente, den Fig. 6 in 3 darstellt, der Anker b angezogen, c lässt a los und der abfallende
                              									Ankerhebel stellt durch Eintauchen der an ihm isolirt angebrachten Platindrahtgabel die leitende Verbindung zwischen
                              den beiden
                              									Quecksilbernäpfen e und e1 her. Auf
                              									diese Weise gewinnt der elektrische Strom, welcher bisher zwischen 2 und 3 (das
                              									in der Abbildung dargestellte Beispiel im Auge behalten) gezwungen war, über die Elektromagnete d1, w und h1
                              									seinen Weg zu nehmen, einen kurzen Schluss über l. Die Linie k der
                              									Blockstrecke 2 bis 3 wird sonach annäherungsweise stromlos und die
                              									Streckenmagnete nehmen in Folge dessen ihre natürliche Polarität an, vermöge welcher sie, bei einer etwaigen Befahrung
                              durch Züge,
                              									diesen das Haltsignal geben. Durch die Stromlosigkeit der Leitung k verliert ferner in 2 die Spule g des Elektromagnetes h ihre Wirkung,
                              									dafür kann f seinen Einfluss allein und ungehemmt ausüben, weshalb eine Anziehung des Ankers a erfolgt, wobei sich der Haken c vorstellt, so dass nunmehr der Apparat
                              									seine normale Lage zurückerhält und für eine nächste Auslösung wieder bereit steht. Durch die Anziehung von a hat endlich auch die leitende Verbindung zwischen e und e1 in 2 aufgehört; der Strom kann nicht mehr auf dem kurzen Wege l nach 1 gelangen, sondern ist gezwungen, seinen Weg wieder über k zu nehmen, weshalb in 1 die Streckenmagnete d1, w und h1, welche bis dahin den von 2 nach 3 gefahrenen
                              									Zug zu decken hatten, nunmehr wieder die Polarität für das Signal Frei besitzen.
                           Im Ganzen kann also der Auslöseapparat an den Blockstellen dreierlei von einander verschiedene Lagen einnehmen: erstens die
                              normale
                              									Ruhelage (Blockstelle 2), zweitens die Auslöselage (Blockstelle 3), wie sie
                              									eintritt, wenn ein Zug die Signalstelle passirt, und drittens jene Lage (Blockstelle 1), welche unmittelbar
                              									bei der Vorbeifahrt des Zuges eintritt, sobald b nicht mehr durch m
                              									beeinflusst ist. Wie die Lage 3 stets wieder die Lage 1 an der rückliegenden
                              									Blockstelle in die Lage 2 zurückbringt und dadurch die Blockirung wieder löst, damit ein nächster Zug
                              									nachrücken kann, wurde vorhin bereits in Betracht gezogen. Würde einer der Stromwege k eine Unterbrechung
                              									erleiden oder die Batterie untauglich werden, so nehmen ersichtlichermaassen sämmtliche Streckenmagnete zufolge der
                              Stromlosigkeit die
                              									Polarität für das Haltsignal an; desgleichen würde die Unterbrechung einer der Leitungen l lediglich in
                              									der betreffenden Blockstrecke die Rückstellung der Streckenmagnete auf Frei unmöglich machen. In allen
                              									derartigen Störungsfällen könnte sonach nur eine Verzögerung der Fahrt, nicht aber eine Gefährdung der Züge hervorgerufen
                              werden.
                           Die eingangs erwähnte Quelle, der die obigen Darstellungen entnommen sind, schreibt dem Boult'schen
                              									Signalsystem nachstehende Vorzüge zu: Sicheres Arbeiten, Einfachheit der Anordnung, langsame Abnutzung, Unempfindlichkeit
                              gegen
                              									äussere Einflüsse, geringes Pflegebedürfniss und leichte Unterhaltung, massige Anschaffungskosten, geringe Betriebskosten,
                              									Zulänglichkeit für die geringsten wie für die grössten Zugsgeschwindigkeiten, gleiches Arbeiten bei jeder Fahrtrichtung
                              der Züge.
                              									Weitere werthvolle Umstände sind es, dass das System eine leichte Unterscheidung von Haupt- und Vorsignalen ermöglicht,
                              dass sich
                              									Betriebsstörungen als Haltsignale äussern und dass jedem Signalwärter die Füglichkeit geboten werden kann, ein abgegebenes
                              Freisignal
                              									zu widerrufen. In wie weit diese fast ideale Qualifikation des Systems der Thatsächlichkeit entspricht,
                              									lässt sich wohl erst feststellen, bis mehrjährige praktische Erfahrungen dafür vorliegen, vorläufig muss sie mindestens für „verfrüht“ angesehen werden. Immerhin hätte es
                              									einen nicht zu unterschätzenden Werth, wenn die ständigen Streckensignale durch Signale auf der Locomotive ersetzt
                              – besser wohl unterstützt – würden, weil dabei die Aufmerksamkeit der Maschinenführer nur auf jene Signale gelenkt
                              									wird, die seinen Zug angehen, und weil grosse Uebelstände, welche an den optischen Streckensignalen bei plötzlich
                              eintretendem Nebel,
                              									bei Schnee, Regen, in Folge Verlöschens oder verspäteten Anzündens der Lampen u. dgl. vorkommen können, vermieden
                              blieben.