| Titel: | Elektrotechnik.Elektrische Oefen. | 
| Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 15 | 
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                        Elektrotechnik.Elektrische Oefen.
                        Mit Abbildungen.
                        Elektrische Oefen.
                        
                     
                        
                           Die Elektrochemie hat in den letzten Jahren ganz ausserordentliche theoretische und
                              									praktische Fortschritte zu verzeichnen gehabt. Insbesondere gilt dies von dem Theile
                              									der Elektrometallurgie, bei dem die gewaltige Wärmeentwickelung, die der elektrische
                              									Strom bei seinem Durchgang durch schlechte Leiter der Elektricität zu erzeugen
                              									vermag, zur Durchführung des beabsichtigten Processes benutzt wird, wie sie bereits
                              									seit Jahren bei der Darstellung des Aluminiums in Anwendung stand. Während sich aber
                              									bis vor wenigen Jahren die Ausnutzung der elektrisch erzeugten Wärme im grossen
                              									Ganzen auf die Darstellung der Leichtmetalle beschränkte, hat sich gerade in der
                              									allerjüngsten Zeit ein allgemeines lebhaftes Bestreben kund gethan, die durch den
                              									elektrischen Strom erzeugbare Wärme für die verschiedensten chemischen und
                              									metallurgischen Processe dienstbar zu machen. Einen bedeutsamen Anstoss hierzu gaben
                              									die ebenso mannigfachen wie hoch interessanten Arbeiten von Moissan, Borchers u.a. Die Wiederentdeckung des Calciumcarbides, seine
                              									Verwendung für die Herstellung von Acetylen rief eine wahre Fluth von Erfindungen
                              									hervor, unter denen sich neben vielem Unsinnigen manches Brauchbare findet. Einen
                              									nicht minder bedeutsamen Anstoss gab die Entdeckung der Reducirbarkeit aller Metalloxyde, auch derjenigen, die durch die
                              									bisherigen Methoden nicht zu zersetzen gewesen waren, durch elektrisch erhitzten
                              									Kohlenstoff. Gerade bei dieser Art von Processen zeigte sich die Ueberlegenheit der
                              									elektrischen Erhitzung gegenüber allen anderen Erhitzungsmethoden: Die Concentrirung ausserordentlich hoher Hitzegrade,
                              									wie sie keine der übrigen uns bekannten Wärmeerzeugungsmethoden auch nur annähernd
                              									zu liefern vermag, auf den kleinsten Raum.
                           Sicherlich steht die moderne Feuerungstechnik auf einer hohen Stufe der Entwickelung.
                              									Die Einführung des Regenerativsystems in Verbindung mit der Gasfeuerung war zweifelsohne ein ganz
                              									bedeutender technischer Fortschritt, dem die gesammte Technik die Lösung vieler
                              									wichtiger Probleme zu danken hat. Allein der kleinste elektrische Ofen besitzt vor
                              									dem vorzüglichst construirten Gasregenerativofen ganz erhebliche Vortheile, die
                              									jener niemals erreichen kann.
                           Bei der gewöhnlichen Feuerungsmethode, selbst bei der Verbrennung von hoch erhitztem
                              									Gas mittels gleichfalls möglichst hoch vorgewärmter Luft, ist es durchaus unmöglich,
                              									die Wärme derartig, wie im elektrischen Ofen, an einen bestimmten Ort zu fesseln und
                              									hier beliebig hoch zu steigern. Wir erreichen immer nur ein Fliessen der erzeugten Wärme, wobei aber beständig ein grosser Theil
                              									derselben von der Erhitzungsstelle fortgeführt wird, indem er in Form gasförmiger
                              									Producte den Ofen verlässt. Alles was wir thun können, um einen möglichst grossen
                              									Theil der entwickelten Wärme für unsere Zwecke zu gewinnen, besteht darin, die
                              									abziehenden heissen Verbrennungsproducte zur Vorwärmung von Gas und Luft
                              									heranzuziehen. Allein es liegt in der Natur der Sache, dass trotzdem ein grosser
                              									Theil der Wärme verloren geht.
                           Ein weiterer Nachtheil dieser Erhitzungsmethode ist ferner der beträchtliche Gehalt
                              									der Luft an Stickstoff – dem Volumen nach etwa ⅘ –, der an der Verbrennung oder
                              									besser gesagt an der Wärmeentwickelung nicht nur nicht Theil nimmt, sondern sogar
                              									einen erheblichen Theil der erzeugten Wärme zu seiner eigenen weiteren Erwärmung
                              									beansprucht.
                           Aber selbst wenn es gelänge, durch ein ebenso einfaches wie billiges Verfahren den
                              									Stickstoff der Luft von dem Sauerstoff abzuscheiden, wenn man dadurch in den Stand
                              									gesetzt würde, für die metallurgischen Feuerungen reinen Sauerstoff statt der
                              									atmosphärischen Luft zur Verbrennung des Heizgases zu verwenden, wenn die
                              									Verbrennung selbst hierdurch eine intensivere und die Hitze eine beträchtlichere
                              									würde, so würde man dennoch nicht auf diesem Wege die so ausserordentlich hohen
                              									Temperaturen, die der elektrische Ofen ohne besondere Schwierigkeiten liefert, auch
                              									nur annähernd zu erzielen vermögen.
                           Die Dissociationserscheinungen der Gase, die in höheren Temperaturen auftreten und
                              									schliesslich das Vereinigungsbestreben der reagirenden Substanzen und somit die
                              									weitere Erzeugung von Wärme auf Null reduciren, setzen den möglichen höchsten
                              									Temperaturgraden eine obere Grenze, die durch keine noch so vollkommene Einrichtung
                              									der Oefen, durch keine noch so vollständige Ausnutzung der erzeugten Wärme
                              									überschritten werden kann. Es erweist sich somit das Fliessen der Wärme bei den
                              
                              									gewöhnlichen metallurgischen Feuerungen sogar als ein durchaus nothwendiges Mittel,
                              									den zu behandelnden Stoff möglichst hoch erhitzen zu können. Es muss eben durch die
                              									(wenn es erlaubt ist zu sagen) Masse der entwickelten Wärme jener Mangel nach
                              									Möglichkeit ausgeglichen werden.
                           Dies Fliessen der Wärme findet bei den elektrischen Oefen nicht statt. Hier kann die
                              									durch einen elektrischen Lichtbogen oder durch einen schlechten Leiter der
                              									Elektricität, z.B. einen dünnen Kohlestab, erzeugte Wärme auf einen beliebig kleinen
                              									Raum concentrirt werden. Gasförmige Reactionsproducte, die einen grossen Theil der
                              									entwickelten Wärme mit sich fortführen würden, sind entweder gar nicht vorhanden
                              									oder doch, wie z.B. bei der Calciumcarbidfabrikation, nur in erheblich geringerem
                              									Maasse zu fürchten. Die obere ErhitzungsgrenzeDie höchsten in elektrischen Oefen erzielbaren
                                    											Temperaturen dürften mit 4000° C. nicht zu hoch angegeben sein. Die höchst
                                    											erreichbaren Temperaturen der Gasregenerativöfen werden auf etwa 2000° C.
                                    											geschätzt. liegt zudem für den elektrischen Strom so hoch, d.h.
                              									die durch den elektrischen Strom erzeugbaren Hitzegrade sind so enorme, dass sie
                              									sich für alle bisher ausgeführten Schmelz- und Reductionsprocesse als mehr als
                              									hinreichend erwiesen haben.
                           Ausserdem ist auf die Feuerbeständigkeit der Ofenmaterialien, die bei den
                              									Regenerativgasfeuerungen einem allzu forcirten Betriebe sehr oft ein Halt gebieten,
                              									bei den elektrischen Oefen kaum irgend welche Rücksicht zu nehmen: der Ofen wird aus
                              									demselben Stoffe, der geschmolzen bezieh. reducirt werden soll, hergestellt.
                              									Schliesslich kann in jeder beliebigen Atmosphäre, im Vacuum oder unter vermehrtem
                              
                              									Druck, ja, wenn erforderlich, unter Wasser, gearbeitet werden, wie z.B. bei dem
                              									Schweissverfahren von Lagrange und Hoho (vgl. 1895 298 64. 1896
                              										304 295).
                           Diese ganz aussergewöhnlichen Vortheile haben die rapide Entwickelung und
                              									Vervollkommnung der elektrischen Oefen, sowie die Vielseitigkeit ihrer Verwendung
                              									nach sich gezogen. Alle Nachtheile und Uebelstände, die sie besitzen, und als deren
                              									hauptsächlichster wohl die Kostspieligkeit ihres Betriebes zu nennen ist, haben
                              									hieran kaum etwas zu ändern vermocht.
                           Bekanntlich erzeugt der elektrische Strom, wenn er einen schlechten Leiter der
                              									Elektricität zu durchflössen gezwungen wird, Wärme. Ein
                              									dünner Stab aus reinem Kohlenstoff zwischen die beiden Pole einer
                              									Elektricitätsquelle eingeschaltet, wird je nach den Stromverhältnissen erwärmt,
                              									geräth ins Glühen, ja wird zum Schmelzen und sogar zum Verdampfen gebracht. Aehnlich
                              									verhalten sich andere schlechte Leiter der Elektricität, die hierbei ausserdem noch,
                              									falls sie zusammengesetzte Körper darstellen, eine Zersetzung in ihre Elemente
                              									erleiden.
                           Nähert man zwei Kohlestäbe, die mit einem genügend kräftigen Stromerzeuger verbunden
                              									sind, einander, so überspringt der elektrische Strom als Lichtbogen die zwischen
                              									ihren Spitzen liegende Luftschicht. Beide Arten der Wärmeerzeugung haben bei den
                              									vorhandenen elektrischen Oefen in den mannigfachsten Modificationen Anwendung
                              									gefunden. Beide Methoden, die man füglich beide als Widerstandserhitzung bezeichnen kann, unterscheiden sich wesentlich
                              									dadurch von einander, dass bei gleicher Entfernung der Pole von einander die erstere
                              									mit niedrigen Spannungen aber grossen Stromstärken, die letztere umgekehrt mit hohen
                              									Spannungen aber geringen Stromstärken arbeitet.
                           Zur besseren Eintheilung des Stoffes wird es sich nach dem Vorgange von Borchers empfehlen, die erstere Methode als Widerstandserhitzung, die letztere hingegen als Lichtbogenerhitzung zu bezeichnen.
                           
                        
                           I. Widerstandserhitzung,
                           
                              1) Die zu erhitzende Substanz
                                    											befindet sich in oder um einen elektrisch erhitzten Widerstand.
                              Sämmtliche Oefen dieser Gattung lassen sich auf zwei sehr einfache Grundformen,
                                 										aus denen sie hervorgegangen sind, zurückführen. Die eine ist der von Depretz im J. 1849 vorgeschlagene Ofen, der in Fig. 1 abgebildet ist, und einem Berichte der
                                 											Comptes rendus, Bd. 29, zufolge aus einem 7 mm
                                 										weiten und 23 mm langen Rohre aus Zuckerkohle bestand, das durch zwei Stöpsel
                                 										aus gleichem Materiale verschlossen war. Die zu erhitzende Substanz wurde in das
                                 										Rohr eingeschoben und dieses dann mittels der beiden Verschlussplatten in einen
                                 										elektrischen Stromkreis eingeschlossen. Je nach der Stärke des durch das Rohr
                                 										gehenden elektrischen Stromes kann jeder beliebige durch Widerstände leicht zu
                                 										regelnde Hitzegrad beliebig lange Zeit aufrecht erhalten werden.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 307, S. 16
                                 Fig. 1.Ofen von Depretz.
                                 
                              Neuerdings hat A. F. W. Kreinsen in Ottensen seinem
                                 										elektrischen Ofen (Fig.
                                    											2 bis 4)
                                 										diese Form zu Grunde gelegt, mit dem er ein gefahrloses Schmelzen von Metallen
                                 										und einen blasenfreien Guss zu erzielen angibt. Es ist f der zwischen die Polklemmen a und b eingespannte röhrenförmige Ofen aus Kohle und r ein Sammelbassin für das aus der unteren
                                 										Ofenöffnung abtröpfelnde Metall. Zur besseren Zusammenhaltung der Hitze sind
                                 										beide Enden der Röhre stark verengt. Gleichzeitig wird hierdurch ein zu
                                 										frühzeitiges Austreten von noch unvollkommen geschmolzenem Metall aus dem Ofen
                                 										zu verhindern bezweckt. Um eine Aufnahme von Kohle aus dem Erhitzungsrohr in das
                                 										Metall unmöglich zu machen, ist in den Graphit- oder Kohletiegel h ein zweiter Tiegel q
                                 										aus Chamotte eingesetzt, der somit durch den Kohletiegel erhitzt wird. Etwaige
                                 										durch die ungleiche Ausdehnung von Kohle und Chamotte hervorgerufene Spannungen,
                                 										die unter Umständen zu einem Zerspringen der Rohre Veranlassung geben könnten,
                                 										beseitigt Kreinsen durch Einschaltung einer
                                 										nachgiebigen Zwischenschicht t aus Asbest,
                                 										Glimmer o. dgl. Das äussere Rohr k aus Kohle
                                 										besteht aus zwei Längshälften, um bei Schadhaftwerden des inneren Chamotterohres
                                 										dieses leicht auswechseln zu können. Die beiden Hälften des Kohlerohres werden
                                 										durch die konischen Bohrungen der beiden Polklemmen a und b, die durch eine Feder e zur Sicherung eines guten Contactes gegen die
                                 										abgestumpften Enden des Rohres h gepresst werden,
                                 										zusammengehalten. Um das Ganze wird eine Wärmeschutzmasse d angeordnet.
                              Der Sammelbehälter r ist im Wesentlichen von
                                 										gleicher Construction.
                              Will man mit diesem Ofen grössere Metallmengen schmelzen, so bedient man sich der
                                 										durch Fig. 3 und
                                 											4
                                 										veranschaulichten Ofenanlage, die aus mehreren Schmelztiegeln f der vorbeschriebenen Art besteht. Das
                                 										Sammelbassin r wird dann zweckmässig für sämmtliche
                                 										Oefen gemeinschaftlich angelegt und kann, wie angedeutet, wenn nöthig
                                 										gleichfalls durch den elektrischen Strom erhitzt werden. (D. R. P. Nr.
                                 										73582.)
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 307, S. 16
                                 Elektrischer Ofen von Kreinsen.
                                 
                              An dieser Stelle mag auch der elektrische Schmelzofen des Amerikaners Michael R. Conley in Brooklyn (Amerikanisches
                                 										Patent Nr. 558357) genannt werden, von dem Fig. 5
                                 										einen senkrechten Schnitt darstellt. Der Ofen besteht aus einem länglichen
                                 										Behälter a0, aus
                                 										einem den elektrischen Strom schlecht leitenden Material, als welches Conley eine Mischung von Graphit und Thon
                                 										vorschlägt. Je nach dem Mischungsverhältniss beider und der Natur des
                                 										Schmelzgutes wird der elektrische Strom entweder in der Hauptsache seinen Weg
                                 										durch die Behälterwandungen oder aber durch das in dem Behälter befindliche
                                 										Material nehmen. Zur Vermeidung von Wärmeverlusten ist der Behälter in einem
                                 										Mauerwerk b0
                                 										angeordnet und durch einen doppelten Deckel während des Schmelzens
                                 										verschlossen.
                              Durch das Mauerwerk gehen auf beiden Längsseiten des Behälters Zapfen, mit denen
                                 										die elektrischen Kabel leitend verbunden sind. Die Zapfen und die Contactstücke
                                 											c0 sind beide
                                 										halbrund gestaltet, liegen mit ihren eben zugerichteten Flächen auf einander und sind
                                 										zunächst mit einer dicken Schicht Asbest umwickelt. Diese umgreift der Klemmring
                                 											c, durch dessen Klemmschraube d der Zapfen und das Contactstück c0 fest gegen
                                 										einander gepresst werden. Ausserdem werden diese beiden Theile von einem hohlen
                                 										Metallring r0
                                 										umschlossen, durch dessen Höhlung Wasser circuliren kann, welches durch das Rohr
                                 											r1 ein- und
                                 										durch r2 wieder
                                 										austritt. Diese Wasserkühlung soll Erhitzungen an der Stromübergangsstelle
                                 										verhindern.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 307, S. 17
                                 Fig. 5.Elektrischer Schmelzofen von Conley.
                                 
                              Das geschmolzene Gut wird durch eine an der Schmalseite des Behälters a0 angeordnete
                                 										Abstichöffnung b abgelassen.
                              
                                 
                                    (Fortsetzung folgt.)