| Titel: | Elektrotechnik.Elektrische Oefen. | 
| Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 36 | 
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                        Elektrotechnik.Elektrische Oefen.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 14 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Elektrische Oefen.
                        
                     
                        
                           Die Grundform der zweiten hierher gehörigen Art von elektrischen Oefen ist in Fig. 6 schematisch dargestellt. Ein schlechter Leiter
                              									der Elektricität – ein dünner Kohlenstab – ist zwischen zwei dicke Kohlestäbe, die
                              									mit den beiden Polen einer elektrischen Leitung leitend verbunden sind, eingespannt.
                              									Wird ein genügend kräftiger Strom hindurchgeschickt, so versetzt dieser in Folge des
                              									bedeutenden Widerstandes den dünnen Kohlestab in das intensivste Glühen. Werden die
                              									zu verarbeitenden Rohstoffe um den glühenden Kohlestab geschichtet, so wird ihnen
                              									die gesammte in dem Widerstände erzeugte Wärme mitgetheilt. Bereits 1891 wies Dr.
                              										W. Borchers in der ersten Auflage seiner Elektrometallurgie auf die grosse Bedeutung dieser
                              									Ofenart hin. Thatsächlich lassen sich mit diesem Ofen ganz ausserordentlich hohe
                              									Temperaturen erzeugen, die hoch genug sind, um sämmtliche früher für unreducirbar
                              									gehaltene Oxyde in Gegenwart von Kohlenstoff zu reduciren. Vor dem zuerst erwähnten,
                              									von Depretz zuerst benutzten Ofensystem besitzt diese
                              									zweite Ofenart den Vortheil der denkbar günstigsten Ausnutzung der durch den
                              									elektrischen Strom entwickelten Wärme; denn der Erhitzungskörper liegt vollkommen in
                              									dem zu verarbeitenden Materiale und muss somit seine gesammte Wärme an dasselbe
                              									abgeben. Bei der Depretz'schen Ofenform umschloss
                              									hingegen der Erhitzungskörper das Arbeitsgut und verlor mithin stets einen grossen
                              									Theil seiner Wärme nach aussen durch Ausstrahlung. Auch ist es bei dieser Ofenart
                              									niemals möglich mit so kleinen Querschnitten des elektrischen Kohlewiderstandes zu
                              									operiren, wie bei der Anwendung eines dünnen Kohlestiftes. Es folgt hieraus
                              									unmittelbar, dass es, um mit einem Ofen der Depretz'schen Art denselben Effect wie mit einem solchen des zuletzt
                              									beschriebenen Systems zu erzielen, einer weit grösseren elektrischen Kraft bedarf,
                              									da bei derselben Art von Widerstand sich die erzeugten Wärmemengen umgekehrt
                              									proportional zu den Querschnitten der Widerstände verhalten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 36
                              Fig. 6.Elektrischer Ofen.
                              
                           Allerdings lässt sich eine Aufnahme von Kohlenstoff durch die Reductionsproducte –
                              									sofern sie Kohlenstoff aufzunehmen vermögen – nicht gut vermeiden. Diese Ofengattung
                              									hat sich deshalb trotz ihrer sonstigen grossen Vorzüge für die Reindarstellung von
                              										Aluminium und anderer gleichfalls Kohlenstoff
                              									aufnehmender Metalle nicht verwenden lassen, hingegen ist sie für die Gewinnung der
                              										Metallcarbide geradezu typisch geworden.
                           Wie bereits ausgeführt, ist bei allen Oefen der vorliegenden Art die
                              									Dimensionirung des die Hitze liefernden Kohlestiftes für den Verlauf bezieh. die
                              									Durchführbarkeit des beabsichtigten Processes von allergrösster Bedeutung. Ein
                              									etwaiges Misslingen desselben wird in erster Linie auf einen Fehler in der Wahl des
                              									Kohle Widerstandes in Bezug auf die Grösse des zur Verfügung stehenden Stromes und
                              									der innezuhaltenden Temperatur zurückzuführen sein. Es erscheint deshalb angebracht,
                              									bevor auf die Oefen dieser Gattung näher eingegangen wird, diesen Punkt etwas
                              									ausführlicher zu erörtern, zumal auf diesem Gebiete bereits ein sehr ausgiebiges und
                              									zuverlässiges Beobachtungsmaterial vorliegt. Wir folgen hierbei den Ausführungen des
                              									Dr. Borchers in einem kürzlich veröffentlichten
                              										Werkchen.Dr. W. Borchers,
                                    											„Entwickelung, Bau und Betrieb der elektrischen Oefen zur Gewinnung von
                                       												Metallen, Carbiden und anderen metallurgisch wichtigen Producten“.
                                    											Halle a. d. S. 1897. Verlag von Wilhelm Knapp.
                           Die nachfolgenden Versuche sind mit Stäben aus reinster, sehr aschenarmer, elektrisch
                              									ausgeglühter Kohle, die vom praktischen Standpunkt als rein erklärt werden konnte,
                              									von Dr. Borchers selbst angestellt worden. Allerdings
                              									geben auch diese Zahlen keine vollkommen sicheren Anhaltspunkte, denn die in der
                              									nachfolgenden Tabelle zusammengestellten Zahlen haben nur für Erhitzungen von kurzer
                              									Dauer annähernde Gültigkeit und geben bei Schmelzprocessen längerer Dauer nur
                              									Anhaltspunkte für die erste provisorische Zusammenstellung des Ofens. Genauere
                              									Bedingungen für specielle Fälle, meint Borchers, lassen
                              									sich nur durch den Versuch ermitteln. Die Rechnung wird uns hier stets im Stich
                              									lassen.
                           
                              
                                 
                                 I
                                 II
                                 III
                                 IV
                                 V
                                 VI
                                 VII
                                 VIII
                                 
                              
                                 
                                 Durch-messerinmm
                                 Längeinmm
                                 Gewichtvon 10 mmLänge
                                 Potential-differenzauf 10 mm Länge
                                 Stromdichteauf 1
                                    											qmmQuerschnitt
                                 Wattverbrauchauf 1
                                    											qmmQuerschnitt und10 mm Länge
                                 Auf jedes Grammtechnisch
                                    											reinenKohlenstoffs in10 mm Wider-standslänge
                                 
                              
                                 in g
                                 in Volt
                                 Stromst.in Amp.
                                 Wattver-brauch
                                 
                              
                                 a
                                   4
                                   20
                                 0,21
                                 2,5
                                 10
                                 25,0
                                 595
                                 1487
                                 
                              
                                 b
                                   4
                                   30
                                 0,21
                                 2,3
                                   8
                                 18,4
                                 476
                                 1095
                                 
                              
                                 c
                                   4
                                   50
                                 0,21
                                 2,2
                                   5
                                 11,0
                                 297
                                   655
                                 
                              
                                 d
                                   4
                                 100
                                 0,21
                                 2,0
                                   3
                                   6,0
                                 178
                                   357
                                 
                              
                                 e
                                   6
                                   60
                                 0,52
                                 1,8
                                        2,14
                                     3,85
                                 115
                                   207
                                 
                              
                                 f
                                   6
                                 200
                                 0,52
                                   0,85
                                        1,43
                                     1,21
                                   77
                                     65
                                 
                              
                                 g
                                 10
                                 200
                                 1,26
                                   0,70
                                        0,64
                                       0,448
                                   40
                                     28
                                 
                              
                                 h
                                 10
                                 300
                                 1,26
                                   0,47
                                       0,57
                                       0,268
                                   34
                                     16
                                 
                              
                           Besonders werthvoll sind nach Borchers Ansicht die in
                              									den Spalten VII und VIII enthaltenen Zahlen, da für den Grossbetrieb die Kenntniss
                              									der Stromdichte, bezogen auf die Gewichtseinheit des in der Längeneinheit des
                              									Erhitzungswiderstandes enthaltenen leitfähigen Materiales, gewöhnlich werthvoller
                              									ist, als die Kenntniss der Stromstärke, bezogen auf die Flächeneinheit der als
                              									Widerstand gewählten Substanz. „Bei leitfähigem, kohlenstoffhaltigem Material,
                                 										wie z.B. Graphit, Retortenkohle, sogen. Elektrodenkohle und Koks, wird in dem
                                 										Maasse, wie die Dimensionen der Apparate wachsen, die Möglichkeit der Verwendung
                                 										zusammenhängender Kohlekörper immer geringer. Man muss schliesslich die
                                 										Widerstandskohle, mag sie einen chemisch mitwirkenden Bestandtheil der
                                 										Beschickung bilden oder nicht, in Form mehr oder weniger grob gekörnter Massen
                                 										verwenden, und diese entweder der Ofenbeschickung gleichmässig beimischen oder
                                 										gesonderte, quer durch die Beschickung gehende Erhitzungskerne in die
                                 										Ofenbeschickung einstampfen. Wie verschieden ist nun die Dichte oben genannter
                                 										Stoffe, wie verschieden selbst wird der Widerstand eines Heizkörpers z.B. sein,
                                 										wenn bei gleichem Material die Körnung eine gröbere oder feinere war oder wenn
                                 										selbst bei gleicher Körnung der Kern durch einen kräftigen oder weniger
                                 										kräftigen Arbeiter eingestampft wurde. Da kann nur eine gleichzeitige Controle
                                 										durch Raummaasse und Wage vor Störungen schützen; da genügt es nicht zu wissen,
                                 										welchen Querschnitt der gewählte Widerstand hat; da muss der Betriebsführer auch
                                 										die Gewissheit haben, dass in einer bestimmten Widerstandslänge auch ein
                                 										bestimmtes Widerstandsgewicht vorhanden ist, denn danach muss er sich mit der
                                 										Wahl der Stromstärke richten, will er Gewähr für die Erzielung einer gewünschten
                                 										Temperatur haben.“
                           Ueber die Höhe der erzielten Temperaturen macht Borchers
                              									folgende Angaben: Bei Stromdichten von über 15 Ampère auf 1 qmm Kohlequerschnitt,
                              									also von mehr als 900 Ampère auf 1 g in 1 cm Widerstandslänge, enthaltenen
                              									Kohlenstoffes wurden sehr reine Kohlestäbe schwach biegsam und Kohlenstoff begann
                              									sich zu verflüchtigen. Es dürfte dies einer Temperatur von etwa 3500° C.
                              									gleichkommen. Bereits bei einer Stromdichte von 10 Ampère auf 1 qmm Kohlequerschnitt
                              									wird auch das hartnäckigste Oxyd reducirt. Kalk wird schon bei Stromdichten von 4
                              									bis 5 Ampère reducirt. Bei Stromstärken von etwa 0,5 Ampère auf 1 qmm
                              									Kohlequerschnitt (also 34 Ampère auf 1 g Kohlenstoff in 1 cm Widerstandslänge) wird
                              									die Kohle kaum bis auf Rothglut erhitzt. Allerdings werden die Arbeitsbedingungen
                              									bei grösseren Abmessungen günstigere. Die Cowles Syndikate
                                 										Company (England) arbeitete mit 5 bis 6000 Ampère. Die benutzten Kohlestäbe
                              									hatten einen Durchmesser von 64 mm, so dass auf 3216 qmm Querschnitt höchstens 6000
                              									Ampère oder auf jeden Quadratmillimeter weniger als 2 Ampère kamen. Die hierdurch
                              									erzeugte Hitze war vollkommen ausreichend, Aluminiumoxyd zu Metall zu reduciren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 37
                              Fig. 7.Elektrischer Ofen von Hasslacher.
                              
                           Als Vertreter dieser Gruppen von elektrischen Oefen mag zuerst der Ofen von Franz Hasslacher in Frankfurt a. M. (D. R. P. Nr.
                              									85021) aus dem Jahre 1895 genannt werden, der zur Ueberführung von Schmirgel in
                              									Corund dient (Fig. 7). Derselbe bildet einen
                              									länglichen viereckigen Trog a aus Chamottemauerwerk.
                              									Unter dem Ofen ist ein Hohlraum b vorgesehen. Der Ofen
                              									selbst hat eine Bodenöffnung d, die beim Beschicken
                              									desselben mit einer dünnen Platte aus Glas o. dgl. abgedeckt wird. Dann schiebt man
                              									durch die Ofenwände die Kohlestäbe c und nähert
                              									sie einander ungefähr bis auf 4 bis 5 cm. Hierauf wird der Ofen mit Schmirgel und
                              									Kohlestaub beschickt, wobei zwischen die Polspitzen einige Kohlestückchen als
                              									Stromvermittler gebracht werden. Der Ofen wird mit einem Wechselstrom von 250 bis
                              									300 Ampère und einer Spannung von 40 bis 50 Volt betrieben. Sobald sich eine
                              									genügende Menge Corund gebildet hat, schmilzt dieser die Platte d und fliesst in den Raum b ab. Die obere Beschickung, die man dem Verbrauche entsprechend ergänzt,
                              									sinkt dann nach und fliesst im Maasse ihrer Umwandelung in Siliciumcarbid in den
                              									Raum b ab.
                           Bei diesem Ofen wird demnach der elektrische Strom nur im Anfange des Betriebes
                              									seinen Weg durch die zwischen den Polspitzen befindlichen Kohlestückchen nehmen,
                              									sobald diese aber aufgezehrt oder aber nach dem Abfliessen der ersten Menge fertigen
                              									Siliciumcarbids entfernt sind, direct durch die Beschickung.
                           Einen derartigen Verlauf des Processes hält Acheson
                              									nicht für zweckmässig. Abgesehen von den beträchtlichen Schwankungen der Stromstärke
                              									und dem durch die wesentlich geringere Leitungsfähigkeit der Beschickung gegenüber
                              									Kohle bewirkten grösseren Aufwände an elektrischer Energie glaubt Acheson, dass auch die Güte des erschmolzenen
                              									Siliciumcarbids (Carborund) beeinträchtigt werde, wenn der elektrische Strom seinen
                              									Weg direct durch die Beschickung nimmt. Er gibt deshalb dem Kohlewiderstand eine
                              									derartige Form, dass der Strom während der ganzen Dauer des Processes zuversichtlich
                              									seinen Weg nur durch den Kohlewiderstand nehmen wird.
                           Ein solcher Ofen ist in Fig. 8 wiedergegeben. Der auf
                              									einem soliden Fundament a0 angeordnete Ofentrog besteht aus losem Steinwerk, welches den während
                              									des Betriebes entstehenden Gasen (Kohlenoxydgas) leichten Abzug gestattet. Die Gase
                              									werden bei ihrem Austritt entzündet, um durch ihre Verbrennung dem Processe von
                              									aussen Wärme zuzuführen. An den beiden Schmalseiten a
                              									sind die aus Stäben oder Platten bestehenden Kohleelektroden b eingelagert. Eine Anzahl von Stäben geht durch mit Asbest ausgefütterte
                              									Oeffnungen in den Ofenwänden. Ihre Aussenenden sind in bekannter Weise mit der
                              									Polklemmenplatte b1
                              									leitend verbunden. Sie enden in einem Kohleblock c.
                              									Zwischen beide Blöcke c wird ein Körper e aus feuerbeständigem Material von grossem
                              									elektrischen Widerstand, immerhin aber von geringerem Widerstand als das zu
                              									behandelnde Material d, aus gekörnter Kohle
                              									eingestampft.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 37
                              Fig. 8.Elektrischer Ofen von Acheson.
                              
                           Acheson schlägt bei 2,5 m Länge und einem Durchmesser
                              									von 25 cm für den Widerstand eine Korngrösse von 4 bis 5 mm vor. Der weitere
                              									Arbeitsgang ist derselbe wie bei allen übrigen Oefen dieser Gattung.
                           
                           Der Betrieb dieser Art von Oefen erfolgt bekanntlich in der Weise, dass nach
                              									Fertigstellen der Ofenbeschickung eines Ofens der elektrische Strom durch den
                              									Kohlewiderstand geschickt wird, bis der um ihn liegende Theil der Beschickung in
                              									Carbid umgewandelt worden ist. Dann wird der Ofen ausser Betrieb gesetzt, abkühlen
                              									gelassen, ausgeräumt und von Neuem mit einem Kohlestift und dem Oxyd-Kohlegemisch
                              									versehen, worauf der Process der Carbidbildung wiederum durch Schliessen des
                              									Stromkreises eingeleitet wird. Durch das langsame Abkühlen der weissglühenden
                              									Carbidmasse wird nun der Verlauf des Processes ganz wesentlich verlangsamt. Aus
                              									diesem Grunde werden auf den Carbidwerken stets eine ganze Anzahl von Oefen
                              									betrieben, bei denen sich dann in regelmässigem Turnus jene Operationen bei jedem
                              									Ofen abspielen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 38
                              Fig. 9.Elektrischer Ofen von King und Wyatt.
                              
                           W. R. King und Fr. Wyatt in
                              									New York schlagen nun in ihren amerikanischen Patenten Nr. 562402 und Nr. 562403
                              									vor, die Leistung der Calciumcarbidöfen dadurch zu vergrössern, dass gar nicht
                              									gewartet wird, bis die erschmolzene weissglühende Masse genügend abgekühlt ist,
                              									sondern diese sofort nach dem Stoppen des elektrischen Stromes mittels einer Zange
                              									aus dem Ofen herauszuholen und in einem besonderen Raum erkalten zu lassen, den Ofen
                              									aber sofort wieder für eine neue Beschickung herzurichten. Als besonders geeignet
                              									für einen derartigen Betrieb halten King und Wyatt den in Fig. 9
                              									schematisch dargestellten Ofen. Es bedeutet a das
                              									Ofengemäuer, b und c die
                              									Elektroden aus Kohle oder ähnlichem Material, zwischen die der dünne Kohlestift d eingespannt wird. Um dies leicht bewerkstelligen zu
                              									können, ist die obere Elektrode an einer Kette e heb-
                              									und senkbar aufgehängt. Mit der Stromquelle steht sie durch die Stangen f in Verbindung.
                           Ist aus der Beschickung eine genügende Menge Kalk reducirt worden, so wird die
                              									Elektrode b mittels der Kette e angehoben und mit dem drehbaren Ausleger g
                              									zur Seite gedreht. Es wird dann die an einem zweiten drehbaren Ausleger h heb- und senkbare Zange i über die Ofenmitte geführt, die Zange i um
                              									das obere Ende des Calciumcarbidblockes gelegt, dieser mittels einer
                              									Schraubenspindel aus dem Ofen gehoben und in einem besonderen Raum abkühlen
                              									gelassen. Elektrode b wird inzwischen wieder über die
                              									Ofenmitte zurückgedreht, ein neuer als Erhitzungswiderstand dienender Kohlestift d eingesetzt und durch vorsichtiges Senken der oberen
                              									Elektrode eingespannt. Nach dem Auffüllen der Beschickung ist der Ofen bereits
                              									wieder betriebsfertig. Da das Calciumcarbid nach dem Stoppen des elektrischen
                              									Stromes sehr schnell zu einem festen Körper erstarrt, so kann die Herausschaffung
                              									des dargestellten Carbidblockes fast unverzüglich nach dem Entfernen der Elektrode
                              										b erfolgen.
                           Bei Oefen dieser Art, wo also der Strom einen schlechten Elektricitätsleiter (dünner
                              									Kohlestab) zum Glühen bringt und dessen Wärme auf das umgebende Reactionsgemisch
                              									(Kohle und Kalk) zersetzend und umbildend einwirkt, verläuft nun für gewöhnlich der
                              									Process derartig, dass anfänglich, solange der Kohlestab noch intact und die
                              									umliegende Beschickung noch nicht geschmolzen ist, der Strom seinen Weg
                              									ausschliesslich durch den Kohlestab, als den besseren Leiter, nimmt. Sehr bald tritt
                              									aber unter Einwirkung der Bestandtheile des Reactionsgemisches (Kalk und Kohle)
                              									unter Bildung eines neuen Körpers (Calciumcarbid) eine Schmelzung ein, während der
                              									Kohlestab von dem flüssigen Körper langsam aufgezehrt wird. Gleichzeitig ersteht
                              									jedoch in dem Carbide, dessen Ausgangsproducte den Strom nicht zu leiten vermochten,
                              									ein guter Elektricitätsleiter. Mit dem Anwachsen desselben in der Breite wird der
                              									elektrische Widerstand beständig geringer, und um Kurzschluss zu vermeiden, sieht
                              									man sich in diesem sehr bald eintretenden Zeitpunkte gezwungen, entweder in der
                              									Leitung einen künstlichen Widerstand einzuschalten, oder den Process zu unterbrechen
                              									und die erschmolzene Masse (Calciumcarbid) aus dem Ofen zu entfernen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 38
                              Fig. 10.Elektrischer Ofen von Patten.
                              
                           Um nun die jedesmalige Schmelzdauer des Processes zu verlängern oder, mit anderen
                              									Worten, die Ausbeute an Carbid aus jeder Charge zu vermehren und die Anzahl der
                              									Stillstände dieser Art von Carbidöfen zu vermindern, gibt Patten seinen elektrischen Oefen neuerdings (Amerikanisches Patent Nr.
                              									586824) die aus den Fig. 10 und 11 zu ersehende Gestalt. Patten macht hierbei von der Eigenschaft des Magneten, die Richtung des
                              									elektrischen Stromes zu beeinflussen, Gebrauch. Es mag gleich bemerkt werden, dass
                              									die Anwendung von Solenoiden und Elektromagneten für ähnliche Zwecke bei
                              									elektrischen Oefen durchaus nicht mehr neu ist. Bereits im J. 1879 machte der
                              									geniale Charles William Siemens bei dem von ihm
                              									erfundenen elektrischen Tiegelofen den Vorschlag, die Neigung des elektrischen Lichtbogens,
                              									von der Kohleelektrode zu den Tiegel wänden überzuspringen, dadurch
                              									entgegenzuwirken, dass man den Tiegel mit einem von einem elektrischen Strome
                              									durchflossenen Drahtsolenoide umgebe. Bei dem 1887 von Rogerson, Statter und Stevenson erfundenen
                              									elektrischen Schmelzofen (D. R. P. Nr. 42022) sollte der zwischen zwei in den Ofen
                              									hineinragende Kohleelektroden überspringende Lichtbogen durch einen
                              									Hufeisenelektromagneten auf die Herdsohle des Ofens hingelenkt werden. Schliesslich
                              									darf auch die bekannte elektrische Schmelzvorrichtung von Dr. Zerener, die ursprünglich nur für das Löthen und
                              									Schweissen von Metallen bestimmt war, nicht unerwähnt bleiben. Auch hier wird der
                              									elektrische Lichtbogen durch Elektromagnete Stichflammen artig nach unten
                              									abgelenkt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 39
                              Fig. 11.Elektrischer Ofen von Patten.
                              
                           Patten ordnet bei seinem Ofen einfacherer Ausführung
                              										(Fig. 10) einen Hufeisenmagneten SN so an, dass dessen Kraftlinien senkrecht zur
                              									Stromrichtung verlaufen. Der Strom soll hierdurch nach der Aufzehrung des
                              									Kohlewiderstandes p nicht länger den directen Weg
                              									zwischen den beiden Kohleelektroden c1 und c2 durch die centrale Achse des geschmolzenen
                              									Materials nehmen, sondern sich unter dem Einflüsse der magnetischen Kraftlinien die
                              									durch r gekennzeichnete curvenförmige Bahn wählen.
                              									Diese Bahn ist nicht nur länger als die geradlinige, sondern leitet auch den Strom
                              									an noch nicht geschmolzenem Material vorbei, dessen Reducirung bewirkend. Um
                              									möglichst viel Carbid bei jeder Schmelzung zu gewinnen, wird es sich empfehlen, den
                              									Magneten um die Achse des Kohlestabes p rotiren zu
                              									lassen, wodurch dann der elektrische Strom gezwungen wird, gleichfalls in Form eines
                              									Ellipsoides zu rotiren.
                           Statt eines sich drehenden Magneten verwendet man am vortheilhaftesten einen
                              									Magnetring, in dem man mit Hilfe eines Zweiphasenstromes das magnetische Feld in
                              									Drehung versetzt. Ein derartiger Ofen ist in Fig. 11
                              									schematisch dargestellt. Es bezeichnet in derselben r
                              									den geschlossenen Ringmagnet, der von dem Drahte d
                              									umwickelt ist; wird durch denselben ein Zweiphasenstrom geleitet, so veranlasst
                              									dieser eine Wanderung der Magnetpole, die wiederum den zwischen den Elektroden c1 und c2 durch das
                              									geschmolzene Carbid circulirenden Strom zwingen, sich unter stetiger seitlicher
                              									Ausbiegung zu drehen und hierbei immer neue Partien der Beschickung zu berühren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 39
                              Fig. 12.Elektrischer Ofen von Patten.
                              
                           Patten hofft durch Anordnung einer grösseren Anzahl von
                              									Kohlestiften in einem Ofen, indem er dadurch den
                              									Wirkungsbereich eines jeden Widerstandes verkleinert, an elektrischer Energie sparen
                              									und gleichzeitig die Productionsfähigkeit steigern zu können. Wenngleich in der
                              									Benutzung mehrerer Widerstände an sich nichts Neues liegt, diese vielmehr z.B. schon
                              									von BorchersElektrometallurgie, II. Auflage 1896 S. 85,
                                    											Braunschweig, Harald Bruhn. in Vorschlag gebracht worden sind, so
                              									unterscheidet sich der Patten'sche Ofen doch durch
                              									eigenartige Einrichtungen, welche dazu dienen, ein und denselben elektrischen Strom
                              									in schneller Folge nach einander durch sämmtliche Widerstände zu schicken, von
                              									seinen Vorgängern. Der Ofen ist in den Fig. 12 und
                              										13 in einem Horizontal- und einem Verticalschnitt
                              									dargestellt. Es bedeutet b das kreisrunde Ofengemäuer,
                              									welches innen mit einer Kohleschicht c ausgekleidet
                              									ist. Auch der Boden besteht aus einer Kohleplatte e,
                              									die auf einer starken Metallplatte f aufruht. Durch
                              									diese steht die Bodenplatte und damit auch die Seitenwand des Ofens mit dem einen
                              									Pole der Dynamomaschine D in leitender Verbindung. P1 bis P8 sind die Widerstände
                              									aus Kohle, die mit ihrem unteren Ende in entsprechenden Aushöhlungen der Bodenplatte
                              										e stecken. Die oberen Enden der acht Kohlestäbe,
                              									die symmetrisch im Kreise angeordnet sind, ragen aus dem Ofen heraus. Jeder
                              									derselben ist mit einer besonderen Leitung L1 bis L8 leitend verbunden; gegen einander sind sämmtliche
                              									Stifte P1 bis P8 isolirt. In
                              									der Mittelage des Ofens ist ein dickerer Kohlestift k,
                              									der gleichfalls in einer Aussparung der Bodenplatte e
                              									sitzt, angeordnet. Sämmtliche Stifte werden, wie das in Fig. 12 angedeutet ist, durch Stützen g in
                              									ihrer Lage zu einander unverrückbar festgehalten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 39
                              Fig. 13.Elektrischer Ofen von Patten.
                              
                           Die Kabel L1 bis L8 enden in
                              									Metallplatten S1 bis
                              										SS1 die auf der Innenwand eines runden Gefässes A symmetrisch zu einander befestigt sind; das Gefäss selbst besteht
                              									aus den elektrischen Strom nicht leitender Masse. In der Mittelage des Gefässes A befindet sich eine Welle I, auf der eine Riemenscheibe R und ein
                              									Stromempfänger H sitzen. Durch erstere wird die Welle
                              										I von M aus in
                              									schnelle Drehung versetzt, während ihr mittels des Ringes H durch eine Schleifbürste, die mit dem positiven Pole der Dynamomaschine
                              										D leitend verbunden ist, Strom zugeführt wird. Mit
                              									dem Ringe H ist ein Arm S9 leitend verbunden, der mit einem
                              									breiten Schilde fast bis an die Platten S1 bis S8 heranreicht. W ist
                              									ein Gegengewicht. Das Gefäss A ist mit angesäuertem
                              									Wasser gefüllt und wird am passendsten als Flüssigkeitscommutator bezeichnet. Der
                              									elektrische Strom muss nun seinen Weg durch das angesäuerte Wasser nehmen, wobei er
                              									stets den kürzesten Weg wählt. Es hat dies natürlich eine Zersetzung des
                              									angesäuerten Wassers zur Folge. Wird nun die Welle I in
                              									Rotation versetzt, so gelangt die Platte S9 in schneller Folge nach einander an sämmtlichen
                              									Platten S1 bis S8 vorbei, wobei ein
                              									Stromübergang durch die Flüssigkeit zwischen S9 und der jedesmal nächstliegenden der Platten S1 bis S8 stattfindet. In dem
                              									elektrischen Ofen wird somit bei jeder vollen Umdrehung der Welle I jeder der Kohlestifte einmal vom Strome durchflössen,
                              									der theils durch den betreffenden Kohlestift direct in die Platte e, theils durch die Beschickung nach den diesem Stifte
                              									zunächst liegenden Theilen der Kohleausfütterung c und
                              									nach dem mittleren, dicken Kohlestift k seinen Weg
                              									nimmt.
                           Patten rühmt an seinem Ofen eine ausserordentlich
                              									gleichmässige Erwärmung der Beschickung und demzufolge einen sehr sparsamen
                              									Stromverbrauch. Der Werth des Flüssigkeitscommutators, der nach der Behauptung des
                              									Erfinders in vorzüglichster Weise elektrische Ströme von hoher Spannung ohne Verlust
                              									leiten soll, ist hingegen wohl nur ein sehr zweifelhafter, wenn man erwägt, dass das
                              									angesäuerte Wasser nur durch seine Zersetzung, die auf Kosten des Stromes erfolgt,
                              									den Strom zu leiten vermag.
                           Zum Schlusse mag auch noch als Vertreter dieser Gruppe von elektrischen Oefen der von
                              									Dr. Karl Gustav Patrik de Laval in Stockholm angeführt
                              									werden. Dient auch bei demselben kein dünner Kohlestab als Erhitzungswiderstand,
                              									sondern ein schmelzflüssiger Körper, so ist doch, wenn auch in etwas modificirter
                              									Weise, dasselbe Erhitzungsprincip zur Anwendung gebracht, de
                                 										Laval will mit seinem Ofen aus Erzen die Metalle gewinnen oder Metalle
                              									schmelzen und raffiniren. Der Ofen ist in den Fig. 14 und 15 in zwei senkrechten,
                              									rechtwinklig zu einander stehenden Schnitten dargestellt. Der untere Theil des
                              									Ofenraumes ist durch eine wallartige, den Ofen von einer Seite bis zur anderen
                              									durchquerende Erhöhung c aus feuerfestem Material in
                              									zwei Theile getheilt, in deren jedem je eine Elektrode d bezieh. e einmündet. Dieselben bestehen aus
                              									dicken Metallstangen. Die Brücke c ist hohl und kann
                              									durch das abgeplattete Rohr c1, welches mit Wasserein- und -auslassen c2 bezieh. cd versehen ist, nach Bedarf gekühlt
                              									werden.
                           Durch die Deckenöffnung b werden die zu schmelzenden
                              									Materialien eingetragen, f und g sind Ablässe für das geschmolzene Metall, welches, wenn dieselben offen
                              									bleiben, ohne Störung für den Schmelzprocess im Maasse seiner Verflüssigung
                              									continuirlich abfliesst, h ein Abstich für die
                              									fallende Schlacke. Selbstredend können die Ablässe auch geschlossen gehalten
                              									und das geschmolzene Metall in Intervallen abgestochen werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 40
                              Elektrischer Ofen von Patrik de Laval.
                              
                           Als Widerstand benutzt de Laval einen schmelzflüssigen
                              									Körper von sehr geringem elektrischen Leitungsvermögen, der durch den elektrischen
                              									Strom so stark erhitzt wird, dass er sich verflüssigt. Die in diesem Körper während
                              									der Dauer des Durchleitens des Stromes beständig erzeugte Wärme, die je nach der
                              									Intensität des Stromes analog wie beim Kohlewiderstand verschieden gross ist, dient
                              									zum Schmelzen der eingebrachten Metalle u. dgl., die in Folge ihres grösseren
                              									specifischen Gewichtes in dem schmelzflüssigen Widerstände untersinken und durch
                              									dessen Wärme geschmolzen werden. Soll Eisen geschmolzen werden, so wendet de Laval als Widerstand Eisenoxyduloxyd an, für Zink
                              									und Blei Schwefeleisen (?). Zur Vermeidung unbeabsichtigter elektrischer Wirkungen
                              									benutzt de Laval zur Erhitzung Wechselstrom. (D. R. P.
                              									Nr. 80462.)
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)