| Titel: | Eisenhüttenwesen.Neuerungen im Eisenhüttenbetriebe. | 
| Autor: | Weeren | 
| Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 86 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Eisenhüttenwesen.Neuerungen im Eisenhüttenbetriebe.
                        Von Dr. Weeren in
                           								Charlottenburg.
                        (Fortsetzung des Berichtes Bd. 306 S.
                           								6.)
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen im Eisenhüttenbetriebe.
                        
                     
                        
                           Kleinbessemerei (Walrand-Process).
                           Die Bessemer-Birne von Emil Weithe in Haspe in Westfalen
                              									bezweckt, das Einschmelzen des Roheisens in der Birne selbst vornehmen zu können.
                              									Sie ist, um unmittelbar an die Formkästen herangefahren werden zu können, auf einem
                              									Wagen c0 gelagert, der
                              									mittels des Schneckenradgetriebes abc fortbewegt wird.
                              									Die Birne b0 schwingt
                              									um Zapfen d in dem Gestell a0. Der eine Zapfen ist massiv und trägt
                              									ein Schneckenrad e, in welches die durch Handrad zu
                              									drehende Schnecke f eingreift. Durch den anderen hohlen
                              									Zapfen wird der Gebläsewind eingeführt.
                           Von den gebräuchlichen Birnen unterscheidet sich die Weithe'sche in ihrer Gestalt dadurch, dass sie von der Ebene ihres
                              									grössten Querschnittes aus symmetrisch und ausserdem bauchiger als die
                              									Bessemer-Birne ist. Ferner besitzt die Birne an beiden Enden Oeffnungen, die durch
                              									Deckel g und h dicht
                              									verschlossen werden können. Deckel g ist massiv,
                              									während h die bekannten Winddüsen h1 enthält. Die
                              									Construction der Leitung veranschaulicht Fig. 1. Ausserdem wird
                              									eine zweite Windleitung k in der Nähe des Deckels g in die Birne eingeführt. Beide Leitungen sind mit
                              									Hähnen versehen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 86
                              Bessemer-Birne von Weithe.
                              
                           Die Birne wird in folgender Weise verwendet:
                           Zwecks Einschmelzung der Roheisencharge wird die Birne zunächst in die durch Fig. 1 veranschaulichte
                              									Stellung gebracht. Der massive Deckel g ist
                              									geschlossen, h hingegen offen. Es werden nun Brennstoff
                              									und Eisen in die Birne eingetragen und letzteres durch Anlassen des Gebläsewindes
                              									durch Rohr h geschmolzen. Nach vollendeter Schmelzung
                              									bringt man die Birne in ihre wagerechte Stellung (Fig. 2), stellt den Wind
                              									ab, öffnet den Deckel g, schliesst h und dreht unter gleichzeitigem Anlassen des
                              									Windes durch die Düsen h1 die Birne um weitere 90°, so dass Deckel h
                              									sich unten befindet. Es folgt dann die Umwandlung des Eisens in bekannter Weise und
                              									nach Abstellen des Windes die Entleerung des entkohlten und entsilicirten Eisens in
                              									die bereit stehenden Formen. (D. R. P. Nr. 82997.)
                           
                        
                           D. Herdofenprocesse (Martin-Verfahren).
                           Vorbereitung des Roheisens für den Siemens-Martin-Process von
                                 										der Staffordshire steel and iron ingot Company limited in Bilston
                              									(Staffordshire). Der Zweck des Verfahrens ist ein erhöhtes Ausbringen an Stahl in
                              									jeder Hitze. Erreicht soll dies dadurch werden, dass in die Pfanne, die das Roheisen
                              									von dem Hochofen bringt, eine grob gemahlene Mischung von Eisenoxyd und Kohle
                              									eingelegt und auf diese das flüssige Roheisen gegossen wird. Der Haupttheil des
                              									Eisenoxyds wird durch die Hitze des Roheisens unter gleichzeitiger Einwirkung der
                              									Kohle, sowie des Siliciums und des Kohlenstoffs des Roheisens sehr schnell reducirt
                              									und von dem Roheisen aufgenommen. Versuche haben ergeben, dass in den meisten Fällen
                              									im Roheisen so viel überflüssige Wärme vorhanden ist, dass ungefähr 5 Proc. seiner
                              									Menge aus dem Oxyd reducirt werden kann. Bei Benutzung eines Roheisengemisches
                              									stellt sich dieses Verhältniss noch günstiger. Man verwendet hierbei an Eisenoxyden
                              									zweckmässig solche, die zu viel Silicium und Schwefel enthalten. Die besten
                              									Resultate sind mit Puddel- und Walzsinter erzielt worden. Mit diesen werden 15 bis
                              									30 Proc. Kohlenklein vermengt.
                           In gleicher Weise kann dieses Verfahren bei dem sauren und basischen
                              									Bessemer-Processe Verwendung finden. Vor den bekannten, während der Periode des
                              									Nachblasens gleichzeitig mit dem Kalk gemachten Zuschlägen an Eisenoxyden hat das
                              									vorliegende Verfahren den Vortheil, dass eine Ueberoxydation des Stahls, die bei
                              									jenen Verfahren kaum jemals umgangen werden konnte, ohne Schwierigkeit zu vermeiden
                              									ist. (D. R. P. Nr. 71704.)
                           Verfahren der Gewinnung von Flusseisen aus Roheisen und
                                 										Eisenerzen von Fritz Grassmann in Marchienne
                              									au pont (Belgien). Bei dem Frischen des Roheisens mit Hilfe von oxydischen
                              									Eisenerzen im Martin-Ofen hat sich der Uebelstand ergeben, dass das specifisch
                              									erheblich leichtere Erz auf dem Roheisenbade schwimmt, was eine ganz beträchtliche
                              									Verlangsamung des Frischens des Roheisens durch das Eisenoxyd zur Folge hat. Es
                              									findet zwar anfänglich eine Wechselwirkung zwischen Eisen und Erz statt, allein die
                              									entstehende Schlacke wird durch Abgabe ihres Sauerstoffs an der Berührungsstelle mit
                              									dem Eisenbade so zähflüssig, dass die Reaction fast gänzlich aufhört. Man sah sich
                              									deshalb gezwungen, die Masse kräftig durchzurühren, stiess hierbei aber in Folge der
                              									Schwerflüssigkeit der Schlacke und der durch Oeffnen der Arbeitsthür hervorgerufenen
                              									Abkühlung des Ofens auf Schwierigkeiten.
                           Grassmann bewirkt eine innige Vermischung von Erz und
                              									Eisen in der Weise, dass er flüssiges Eisen aus einem Ofen oder einer Pfanne
                              									fliessen lässt und schräg gegen den Eisenstrahl einen kräftigen Luftstrom richtet,
                              									der das Eisen zu feinen Kügelchen zertheilt und mit sich in einen Herdofen
                              									fortreisst. Gleichzeitig mit dem Luftstrom wird reines fein gepulvertes oxydisches Eisenerz gegen den
                              									Roheisenstrahl geblasen, in Folge dessen jedes Eisenkügelchen mit einer fest
                              									anhaftenden Oxydschicht umgeben wird. Dieses so erhaltene innige Gemisch von
                              									oxydischem Erz und Roheisen wird als Rohmaterial für den Martin-Process benutzt, da
                              									die dem Eisen innewohnende Wärme nicht genügt, um direct ein fertiges Endproduct
                              									(Flusseisen) zu erhalten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 87
                              Fig. 4.Gewinnung von Flusseisen aus Roheisen und Eisenerzen von
                                 										Grassmann.
                              
                           Das Eisen, welches gleichsam mit dem Oxyde imprägnirt ist, gibt ein vorzügliches
                              									Ausgangsmaterial für den Martin-Process, da sozusagen jedes Molekül des Roheisens
                              									mit dem oxydischen Erz in Berührung kommt.
                           Zur Ausführung des Processes wird das Roheisen in einer Giesspfanne d (Fig. 4) flüssig vom
                              									Hochofen zum Martin-Ofen geholt. Aus der Pfanne d lässt
                              									man dasselbe in einem gleichmässigen Strahl in einen darunter befindlichen
                              									Gusstrichter a. Der aus letzterem ausfliessende dünne
                              									Strahl wird durch einen kräftigen, aus der Düse c
                              									austretenden Luftstrom getroffen und durch diesen in zerstäubtem Zustande in das
                              									Rohr b und den Martin-Ofen e geschleudert. Das oxydische Eisenerz befindet sich in dem Behälter f, aus dem es mittels der Schnecke g in die Düse c nach
                              									Bedarf eingeführt wird.
                           Durch die innige Mischung des Roheisens mit dem Erz unter gleichzeitiger Einwirkung
                              									der mitgeblasenen Luft entsteht eine heftige Reaction des Sauerstoffs des Erzes auf
                              									den Kohlenstoff-, Mangan-, Silicium- und Phosphorgehalt des Eisens. Diese Elemente
                              									oxydiren sich unter gleichzeitiger Reduction des Erzes. (D. R. P. Nr. 72046.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 87
                              Ofen zur Flusseisengewinnung von Gjers.
                              
                           Verfahren und Ofen zur Flusseisengewinnung von John Gjers in Middlesbrought-on Tees. Den bereits
                              									vorstehend angedeuteten, durch die Leichtigkeit des Eisenerzes im Verhältniss zum
                              									Roheisen verursachten Uebelstand, der der allgemeineren Benutzung oxydischer
                              									Eisenerze bei der Flusseisengewinnung entgegenarbeitete, sucht Gjers in anderer Weise zu vermeiden. Ausgehend von dem
                              									Umstände, dass beim Puddeln der aus oxydischen Eisenschlacken bestehende Boden des
                              									Puddelofens wesentlich zur Beschleunigung des Puddelprocesses beiträgt, schlägt Gjers vor, die Vorbedingungen des Puddelofens mit denen
                              									des Stahlschmelzofens zu verbinden und das Roheisen in einem Herdofen zu schmelzen,
                              									dessen Boden und Wände aus Eisenoxyd hergestellt sind, dabei aber durch eine
                              									genügend hohe
                              									Temperatur dafür Sorge zu tragen, dass das Eisen während der ganzen Dauer der
                              									Umwandlung in Flusseisen bezieh. Flusstahl vollkommen flüssig bleibt. Als besonders
                              									geeignetes Auskleidungsmaterial bezeichnet Gjers
                              									reiches Titaneisenerz, welches weniger schmelzbar ist als gewöhnliches Eisenerz;
                              									auch ein reiches Magneteisenerz mit 70 bis 72 Proc. Eisen dürfte sich für den
                              									vorliegenden Zweck eignen. Wird reiche Eisenschlacke zur Ausfütterung verwendet, so
                              									empfiehlt Gjers, diese in einem kleinen Nachbarofen
                              									einzuschmelzen und in flüssiger Form in den Herdofen einzubringen. Bei Benutzung von
                              									gepulvertem Eisenerz feuchtet man dieses zweckmässig mit Wasser an, in dem eine
                              									alkalische Substanz, wie z.B. Kochsalz oder Soda, aufgelöst worden ist.
                           Zur Ausführung seines Verfahrens wählt Gjers den in den
                              										Fig. 5 bis 7 dargestellten
                              									Doppelofen, dessen Grundriss Fig. 6 zeigt. Die beiden Herde a sind in
                              									einem Winkel zu einander angeordnet, um die beiden Brennkammern ff, sowie die darüber befindlichen Regeneratoren cc an einer Seite und neben einander zu haben. Der Ofen
                              									kann mit Gas oder festem Brennstoff beheizt werden. Bei Benutzung festen
                              									Brennstoffes werden die Kammern ff mit Brennstoff
                              									gefüllt, der durch die aus den Regeneratoren c
                              									strömende heisse Luft verbrannt wird. Diese Feuerung mit Oberflächenverbrennung ist
                              										Gjers durch die Patente Nr. 80502 und 86359 in
                              									Deutschland geschützt. Gjers hält es für das
                              									Zweckmässigste, die Oefen nicht durch Schornsteinzug, sondern durch einen gelinden
                              									Windstrom, der durch ein Gebläse h erzeugt und durch
                              									ein Rohr h1 mit
                              									Umstellklappe k in den oberen Theil eines jeden
                              									Regenerators abwechselnd eingeführt wird, zu betreiben.
                           Mit dem Ofen wird in der Weise gearbeitet, dass abwechselnd auf dem einen Herde
                              									Roheisen niedergeschmolzen und auf dem anderen gefrischt wird, wobei jedesmal in
                              									denjenigen Generator Wind eingeblasen wird, auf dessen zugehörigem Herde a der Frischprocess vor sich geht. Das Erhitzen und
                              									Einschmelzen des Roheisens erfolgt somit durch die aus dem jedesmaligen Frischofen
                              									abziehenden heissen Verbrennungsproducte. Der allmählich schmelzende Eisenoxydboden,
                              									der nach jeder Charge neu herzurichten ist, wirkt auf das schmelzende Roheisen
                              									oxydirend ein. Das erzielte Flusseisen bezieh. Flusstahl wird in gewöhnlicher Weise
                              									mit Ferromangan und Ferrosilicium fertig gestellt und zu Blöcken vergossen.
                           Gjers hält einen Zuschlag von Kalk oder Magnesia zur
                              									Beschickung nicht nur nicht für nützlich, sondern sogar für schädlich. Das
                              									verwendete Roheisen braucht nicht frei von Phosphor, wohl aber von Schwefel zu sein.
                              									(D. R. P. Nr. 90356.)
                           Beschleunigung des Frischprocesses beim
                                 										Siemens-Martin-Verfahren mittels heissen Windes von Dr. Kaichiro Imaizumi in Berlin. Um den
                              									Siemens-Martin-Process abzukürzen, hat man bisher wiederholt versucht, von der
                              									frischenden Wirkung des Gebläsewindes Nutzen zu ziehen. Imaizumi schlägt hierfür folgende Einrichtung vor (Fig. 8). Der Hauptkanal b
                              									für die Heissluft ist mit einem Schieber j aus
                              									feuerfestem Material versehen. Vor diesem Schieber geht von dem Hauptkanal eine
                              									Nebenleitung f ab, die im Ofen zu einer Winddüse g ausläuft. Durch ein Kugelgelenk sind f und g beweglich mit
                              									einander verbunden, wodurch es möglich wird, dem Heissluftstrahl eine beliebige
                              									Richtung zu geben. Ist das Ventil j offen, so ist
                              									der Ofen wie ein gewöhnlicher Siemens-Martin-Ofen zu gebrauchen, wobei eine geringe
                              									Luftmenge auch durch den Zweigkanal f in den Ofen
                              									gelangen kann, ohne den Process irgendwie schädlich zu beeinflussen. Wird hingegen
                              									nach vollendetem Einschmelzen der Charge das Ventil j
                              									geschlossen, so kann der Heisswind seinen Weg nur durch den Zweigkanal f nach dem Ofen nehmen. Allerdings lässt sich durch den
                              									Zug des Schornsteins für den Heissluftstrahl nicht genügend Pressung erzielen,
                              									vielmehr ist es nöthig, für diesen Theil des Verfahrens eine Gebläsemaschine zu
                              									benutzen, welche den Wind bis auf 0,5 at Pressung bringt. Durch den auf das
                              									Metallbad auftreffenden Heisswindstrahl wird die Schlackendecke weggeblasen und das
                              									Eisen rasch gereinigt und entkohlt, wozu die hohe Temperatur des Gebläsewindes ganz
                              									wesentlich beiträgt. Nach beendetem Frischprocess wird der Gebläsewind abgestellt,
                              									der Schieber j geöffnet und nunmehr bei gewöhnlichem
                              									Luftzug das Eisen durch die gebräuchlichen Zusätze von Ferromangan, Ferrosilicium
                              									oder Spiegeleisen fertig gestellt. (D. R. P. Nr. 93594.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 88
                              Fig. 8.Beschleunigung des Frischprocesses von Imaizumi.
                              
                           Verfahren zur Herstellung von Flusseisen nach dem basischen
                                 										Flammofenprocess von Ernst Bertrand und Otto Thiel in Kladno (Böhmen). Dieses Verfahren,
                              									welches unter dem Namen „Bertrand-Thiel“-Martin-Process das Interesse der Fachwelt in
                              									ungewöhnlichem Grade in Anspruch genommen hat, bezweckt, die dem gewöhnlichen
                              									Martin-Process anhaftenden Nachtheile zu beseitigen. Bekanntlich zeigt der
                              									Martin-Process bei Verwendung eines hohen Procentsatzes an Roheisen gewöhnlich den
                              									Nachtheil, dass in Folge des langen Frischens sich die Dauer der einzelnen Chargen
                              									ganz bedeutend steigert, was Erzeugungsverminderung, erhöhten Brennstoffaufwand und
                              									geringere Haltbarkeit der Oefen im Gefolge hat. Durch reichlichen Erzzusatz lässt
                              									sich die Frischperiode zwar abkürzen, allein durch den hierdurch bedingten höheren
                              									Kalkzuschlag wird die beschleunigende Wirkung wieder stark beeinträchtigt. Diese
                              									Uebelstände treten besonders bei der Verarbeitung von silicium- und phosphorreichem
                              									Roheisen zu Tage, da die dabei entstehenden grossen Schlackenmengen der ganzen
                              									Schmelz- und Frischarbeit sehr hinderlich sind.
                           Diese Nachtheile bezweckt der Bertrand-Thiel-Process zu vermeiden, der im
                              									Wesentlichen darin besteht, dass die verschiedenen Eisenmaterialien, aus denen sich
                              									die Martin-Charge zusammensetzt, ihrer Natur bezieh. chemischen Zusammensetzung nach in verschiedenen Herdöfen für sich behandelt, d.h.
                              									dieselben je nach Bedarf entkohlt, entsilicirt oder entphosphort, und alsdann die so
                              									getrennt vorbereiteten Eisenmaterialien in einem Ofen
                              									vereinigt und die vereinigte Charge hier in der üblichen Weise durch Zusätze fertig
                              									gemacht wird.
                           Um das Eisen ohne Schwierigkeit aus dem einen Ofen in den anderen zu schaffen, ordnet
                              									man die Ofenherde derart in verschiedenen Höhenlagen an, dass das Eisen mittels
                              									eingeschalteter Rinnen aus dem einen Ofen in den anderen abgestochen werden kann,
                              									bei welcher Gelegenheit man auch die fallenden Schlacken in einfachster und
                              									vollkommenster Weise abzuscheiden vermag.
                           Durch diese Anordnung, die verschiedenartigen Eisensorten in getrennten Oefen zu
                              									behandeln, ist man in die Lage gesetzt, die Abscheidung der Beimengungen des Eisens,
                              									wie Kohlenstoff, Silicium, Phosphor, Schwefel u.s.w., je nach Bedarf in der für das
                              									jeweilige Material günstigsten Weise für sich
                              									durchzuführen und dann, wie schon bemerkt, die fallenden Schlacken von dem Eisen
                              									vollkommen zu trennen, so dass sie für die Weiterverarbeitung des Eisens in den
                              									folgenden Oefen nicht mehr in Betracht kommen.
                           Die Erfinder rühmen ihrem Verfahren folgende Vortheile nach:
                           Der Verbrauch an Zuschlägen, wie Kalk oder Kalkstein, ist wesentlich geringer, da man
                              									bei dem getrennten Verarbeiten des siliciumhaltigen Theiles der Charge die
                              									resultirende kieselsaure Schlacke bei der Ueberführung des Eisens von einem Ofen in
                              									den anderen vollkommen zu beseitigen vermag und demgemäss nicht mehr jene Kalkmenge
                              									zuzuschlagen braucht, die zur Neutralisirung der Kieselsäure erforderlich sein
                              									würde, wenn man die ganze Charge ungetheilt in denselben Ofen eingesetzt haben
                              									würde.
                           Da man es nun mit geringeren Schlackenmengen überhaupt zu thun hat, so wird die
                              									Einwirkung der Flamme auf das Eisen eine bedeutend energischere sein, was
                              									gleichbedeutend ist mit einer Abkürzung der Arbeitszeit – die Erfinder geben dem
                              									gewöhnlichen Martin-Process gegenüber eine Erzeugungssteigerung von 60 bis 70 Proc.
                              
                              									an –, wie auch ferner einer entsprechenden Brennstoffersparniss. Mit der
                              									Verringerung der Schlackenmenge und der schnelleren Durchführung des Processes
                              									erzielt man ferner eine grössere Haltbarkeit und Dauer der Oefen selbst. Da die
                              									Schlacken entsprechende Mengen von Eisen und Mangan in sich aufnehmen, so wird der
                              									Abbrand, sowie auch der Verbrauch an Ferromangan, Spiegeleisen u.s.w. sich
                              									verringern müssen.
                           Als einen besonderen Vortheil ihres Verfahrens führen die Erfinder schliesslich noch
                              									den folgenden an, der sich namentlich bei der Erzeugung harter Stahlsorten erreichen
                              									lässt. In diesem Falle wird dem entkieselten und entphosphorten Eisen während
                              									seines Herabfliessens zu dem zum Fertigmachen bestimmten Ofen Kohlenstoff in Form
                              									von Holzkohle oder Koks in entsprechenden Mengen wieder zugesetzt. Die Kohlung
                              									erfolgt, da die Oberfläche des herabfliessenden Eisens von Schlacken völlig rein
                              									ist, sehr energisch. Durch dieselbe wird eine Zersetzung der in dem Eisen
                              									enthaltenen Oxyde und eine sehr bedeutende Ersparniss an Ferromangan, Spiegeleisen
                              									u.s.w. erzielt. Gleichzeitig wird durch die Kohlung die Ausscheidung von Gasen
                              									wesentlich befördert und demgemäss sehr dichte Güsse erhalten.
                           Die Art der Anordnung der verschiedenen Ofenherde richtet sich natürlich nach der
                              									chemischen Zusammensetzung der zu verarbeitenden Eisensorten. Hat man z.B. eine
                              									Charge zu verarbeiten, welche neben Schrot aus einer siliciumreichen und einer
                              									phosphorhaltigen Roheisensorte besteht, so kann man sich der in den Fig. 9 und 10 dargestellten
                              									Ofenanlage bedienen. Auf erhöhtem Niveau sind zwei Herdöfen a1 und a2 angeordnet, von denen der eine das siliciumhaltige
                              									und der andere das phosphorhaltige Roheisen aufnimmt, entkohlt und entsilicirt
                              									bezieh. entphosphort. Nach durchgeführtem Frisch- bezieh. Entphosphorungsprocess
                              									wird der Inhalt der Oefen a1 und a2
                              									unter Beseitigung der resultirenden Schlacken in dem tiefer gelegenen Ofen b vereinigt und dort in bekannter Weise fertig
                              									gemacht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 89
                              Herstellung von Flusseisen von Bertrand.
                              
                           Auch kann man mittels der Ofenanlage nach Fig. 11 mit nur zwei
                              									Oefen die Entkieselung und Entphosphorung derartig durchführen, dass man das
                              									silicium- und das phosphorhaltige Roheisen in dem oberen Ofen a gemeinsam frischt und entkohlt, eventuell unter
                              									Zusatz reicher Eisenerze, auch die Entphosphorung schon theilweise durchführt und
                              									dann unter sorgfältiger Abscheidung der Schlacken in den Ofen b ablässt, in dem man den kohlenstoff- und
                              									siliciumarmen Schrot eventuell mit einem kleinen Quantum Roheisen eingeschmolzen
                              									hat. Im Ofen b wird die Entphosphorung beendet und
                              									sodann die Charge durch die üblichen Zusätze fertig gemacht.
                           Endlich kann man auch nach diesem Verfahren mit drei über einander angeordneten Oefen arbeiten (Fig. 12).
                              									Selbstverständlich sind weitere Combinationen möglich und unter besonderen Umständen
                              									sogar wünschenswerth. Statt die einzelnen Oefen über einander anzuordnen, um durch
                              									Rinnen ein leichtes Ueberführen des Eisens aus dem einen in den anderen Ofen zu
                              									ermöglichen, können die Oefen auch in demselben Niveau liegen; in diesem Falle
                              									fallen die Rinnen fort und der Transport des Eisens erfolgt durch Pfannen. Der
                              									Bertrand-Thiel-Process lässt sich somit ohne besondere Aenderungen bei bereits
                              									vorhandenen Herdofenanlagen zur Durchführung bringen.
                           Weitere ausführliche Mittheilungen über das Verfahren, welches Gegenstand des D. R.
                              									P. Nr. 80275 ist, finden sich in Stahl und Eisen, 1897
                              									S. 403 bis 418 und 455; Oesterreichische Zeitschrift für
                                 										Berg- und Hüttenwesen, 1897 Heft 2 S. 6 und 9 (Versuche und Ansichten von
                              										Percy C. Gilchrist über den Martin-Process Bertrand-Thiel); Berg- und
                                 										Hüttenmännische Zeitung, 1897 Heft 27 S. 223 und 224.
                           Neuere Arbeiten über den Martin-Process vgl. Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen,
                              									1894 S. 37 u. ff. und S. 47 u. ff. H. H. Campbell, Der
                              									Flammofenprocess; Stahl und Eisen, 1894 S. 697 u. ff.
                              										Erik G. Odelstjerna, Die Herstellung von
                              									Martin-Flusseisen in Schweden, 1897 S. 396 u. ff. Springorum, Der Martin-Process, S. 622. Wilhelm
                                 										Schmidhammer, Verschiedenes über den Martin-Ofenbetrieb, S. 401 u. ff. R. M. Daelen, Ueber neuere Verfahren zur Erzeugung von
                              									Flusseisen.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)