| Titel: | Eisenhüttenwesen.Neuerungen im Eisenhüttenbetriebe. | 
| Autor: | Weeren | 
| Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 109 | 
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                        Eisenhüttenwesen.Neuerungen im Eisenhüttenbetriebe.
                        Von Dr. Weeren in
                           								Charlottenburg.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 86 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen im Eisenhüttenbetriebe.
                        
                     
                        
                           
                              Beschickungsvorrichtungen für Martin-Oefen.
                              
                           Mit, der stetig wachsenden Grösse der Martin-Oefen – in Deutschland 15 bis 25 t, in
                              									Amerika bis 50, ja 75 t gross – haben sich die grossen Uebelstände der
                              									ausschliesslichen Handarbeit beim Beschicken der Oefen immer deutlicher gezeigt und
                              									in Amerika schon fast durchweg zum Ersatze der theuren und beim Betriebe der grossen
                              									Oefen gänzlich unzulänglichen Handarbeit durch Maschinenarbeit geführt, wohingegen
                              									Deutschland erst in den letzten Jahren und nur zögernd dem Beispiele Amerikas zu
                              									folgen beginnt. Allerdings hat man in Witkowitz bereits vor 10 Jahren mit einer
                              									hydraulischen Maschine chargirt, aber man ist auch in Witkowitz bis jetzt bei jener
                              									Maschine stehen geblieben. Es erscheint dies allerdings begreiflich, da die
                              									jetzigen, amerikanischen Mustern nachgebauten Beschickungsmaschinen hohe
                              									Anschaffungskosten bedingen, die man vielfach im Hinblick auf die im Verhältniss zu
                              									amerikanischen Martin-Werken geringen Erzeugungsmengen und die günstigeren
                              									Lohnverhältnisse auch jetzt noch scheut. Ueber die Kosten der Beschickung von
                              									Martin-Oefen mit Hand- und mit Maschinenbetrieb hat der bekannte englische Ingenieur
                              										Jeremiah HeadThe Engineering and Mining Journal, 1897 S. 569
                                    											u. ff. auf der vorjährigen Frühjahrsversammlung des Iron and Steel Institute einen Vortrag gehalten, dem
                              									nachstehende Daten entnommen sind.
                           Nach Head sind in England zur Erzeugung von 1 t
                              									Flusseisen im sauren Martin-Ofen erforderlich:
                           
                              
                                 Hämatitroheisen
                                   800
                                 k
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                                 Proc.
                                 vom
                                 Einsatz
                                 
                              
                                 Schmiedeeisenschrot
                                   200
                                 k
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                                   16,7
                                 „
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                                 Erz (mit 50 Proc. Eisen)
                                   200
                                 k
                                 =
                                   16,7
                                 „
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                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 1200
                                 k
                                 =
                                 100,0 
                                 Proc.
                                 
                                 
                                 
                              
                           
                           Für seine weiteren Berechnungen nimmt Head einen
                              									40-t-Ofen als normales Mittel an. Derselbe macht bei vollem Betriebe neun Chargen in
                              									der Woche – die Woche zu 141 Arbeitsstunden gerechnet. Auf jede Charge kommen somit
                              										\frac{141}{9}=15\ 2/3 Stunden, einschliesslich Bodenmachen
                              									und Einsetzen. Gewöhnlich beträgt aber die thatsächliche Leistungsfähigkeit hiervon
                              									nur ⅞ bis ¾. ⅛ bis ¼ der Zeit ist der Ofen in Reparatur.
                           Ein 40-t-Ofen erfordert nun 40 × 1,2 t = 48 t Einsatzmaterial, wozu etwa 3½ Stunden
                              									erforderlich sind. In der Stunde sind somit 13,7 t Material zu bewältigen, wozu drei
                              									Arbeiter und ein Handlanger erforderlich sind. Allerdings sind bei einigen Oefen für
                              									das Heben schwerer Stücke kleine Drehkrahne vorgesehen, aber das gesammte Roheisen,
                              									der Schrot und das Erz müssen von Hand eingesetzt werden. Dieses Einsetzen ist
                              									bekanntlich in Anbetracht der furchtbaren Ofenglut eine ausserordentlich
                              									anstrengende Arbeit, die bedeutende physische Kräfte und Geschicklichkeit erfordert.
                              									Dementsprechend werden die Leute, vor allem der Vorarbeiter, gut bezahlt. In England
                              									stellen sich die für das Einsetzen gezahlten Arbeitslöhne durchschnittlich auf 1 sh
                              									10½ d für 1 t gewonnenes Flusseisen, mithin für jede Charge eines 40-t-Ofens auf 40
                              									× 1 sh 10½ d = 3 £ 15 sh und 33 £ 15 sh für die Woche.
                           Die Summen, die für die Beschickung der Martin-Oefen bezahlt werden, sind somit ganz
                              									bedeutende. Ein weiterer Uebelstand der theuren Handarbeit ist aber ferner die
                              									verhältnissmässig grosse Verzögerung, die der Martin-Process dadurch erleidet, und
                              									die durch maschinelle Beschickungsvorrichtungen ganz wesentlich zu vermindern sein
                              									würde. Ausserdem leidet auch der Ofen selbst durch das lange Offenstehen der
                              									Arbeitsthüren. Alle diese Umstände drängen somit zur mechanischen Beschickung der
                              									Martin-Oefen. Amerika ist den übrigen Industrieländern
                              									auf diesem Gebiete weit vorausgeeilt; indessen dürfte man auch in England, wo trotz verhältnissmässig grosser
                              									Martin-Oefen die Handbeschickung noch durchaus vorwaltend ist, und auch auf dem
                              									europäischen Continent, vor allem in Deutschland mit
                              									seinem hochentwickelten Martin-Ofenbetriebe, sich nicht länger den Vortheilen der
                              									maschinellen Beschickungsvorrichtungen verschliessen können, zumal Amerika bereits
                              									verschiedene durchaus bewährte Systeme geschaffen hat, so dass ein theures und
                              									umständliches Experimentiren für die europäischen Fachleute vollkommen
                              									ausgeschlossen ist, da man die amerikanischen Vorbilder, eventuell mit kleinen,
                              									unseren Hütteneinrichtungen entsprechenden Abänderungen, ohne weiteres acceptiren
                              									kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 109
                              Beschickungsvorrichtung von Buchanan jr.
                              
                           Zu den Beschickungsvorrichtungen selbst übergehend, sei zunächst auf eine von Wilhelm Schmidhammer für zwei neben einander liegende
                              									Martin-Oefen construirte, von Hand zu bethätigende Beschickungsvorrichtung
                              									hervorgehoben, die vor den grossen, durch maschinelle Kraft angetriebenen
                              
                              									Chargirmaschinen den Vorzug der Einfachheit und Billigkeit hat und für kleinere
                              									Martin-Werke vollkommen ausreicht. Die Beschickungsbehälter sind ebene Schaufeln von
                              									60 bis 80 cm Breite und 100 cm Länge, die auf der Unterseite eine viereckig konische
                              									Hülse angegossen haben. In diesen Vierkant passt das Ende eines massiven Schwengels,
                              									der ähnlich wie bei Schmiedekrahnen in eine um eine Rolle gelegte Kettenschleife
                              									eines Wasserdruckkrahnes von 2,5 t Tragfähigkeit, dessen Ausleger bis zur Mittelthür
                              									eines jeden Ofens reicht, eingehängt wurde. Das hintere Ende des Schwengels ist
                              									verjüngt und so bemessen, dass vier Mann bei einer Belastung der Schaufel mit 600 k
                              									Roheisen den Schwengel leicht in wagerechter Lage halten können. Das Einschieben des
                              									Schwengels in den Vierkant der Schaufel, das Einführen der letzteren in den Ofen und
                              									ihr Entleeren geschieht von Hand, das Heben, wenn nöthig, durch den Kr ahn. Kleinere
                              									Höhenunterschiede können von Hand aus ausgeglichen werden. Durch Seitwärtstreten der
                              									Leute mit dem Hinterende des Schwengels kann die Beschickung durch eine einzige Thür
                              									ziemlich gut über den ganzen Herd vertheilt werden. Wenn das zu chargirende Material
                              									derart ist, dass es sich in Posten von mindestens 600 k auf die Schaufeln vertheilen
                              									lässt, so können 15 t, das sind 25 Schaufeln, in 30 bis 35 Minuten in den Ofen
                              									befördert werden. (Stahl und Eisen, 1896 S. 14.)
                           Bei der Beschickungsvorrichtung von James Buchanan jr.
                              									in Liverpool (D. R. P. Nr. 69056), Fig. 13 und 14, werden sämmtliche
                              									Bewegungen des die Beschickungsmulden tragenden Schwengels und die Fortbewegung des
                              									gesammten Apparates auf maschinellem Wege, theils durch hydraulische, theils durch
                              									Dampf kraft, ausgeführt. Zur Fortbewegung des den Schwengel 56 tragenden Wagens 1, sowie zur Auf- und
                              									Nieder- und zur seitlichen Bewegung des Schwengels dient die auf der Plattform
                              									gelagerte, von dem Kessel 17 angetriebene Dampfmaschine
                              										16, die die Welle 14
                              									immer in demselben Drehsinne umtreibt. Auf dieser Welle sind drei Kuppelungen 13, 28 und 46 angeordnet,
                              									die, durch Hebel 18, 32 und 47 gesteuert, die Zahnräder 12, 29 und 45 in der einen oder anderen Richtung umdrehen. Das
                              									Zahnrad 12 übermittelt seine Bewegung mittels des
                              									Schneckenrades 9 und der Zahnräder 7 und 8 der Achse 5 und bewegt somit je nach der Schaltung
                              									der Kuppelung 13 die ganze Beschickungsvorrichtung in
                              									der einen oder anderen Richtung. Die Kuppelung 46
                              									besorgt das Auf- und Niederbewegen des Schwengels 56,
                              									der mittels der Zapfen 34 in den Lagern 35 drehbar gelagert ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 110
                              Beschickungsvorrichtung von Wellmann.
                              
                           Es wird nämlich durch den Hebel 47 eines der Kegelräder 46 mit dem Kegelrade
                              										45 in Eingriff gebracht, wodurch das
                              									Schneckengetriebe 42 in der einen oder anderen Richtung
                              									umgetrieben wird. Die sich drehende Schnecke 42 bewegt
                              									wiederum das Zahnradsegment 41 und dieses mittels der
                              									Kurbel 36 und der Zugstangen 37 den Schwengel 56 bezieh. seine Hülse 33 auf oder nieder. Die dritte Kuppelung 28, 29, 31 wirkt mittels der Zahnräder 25 und 26 und der Schnecke
                              										23 auf das Zahnsegment 22, das in dem um senkrechte Zapfen drehbaren, den Schwengel 33 tragenden Gestell 19
                              									befestigt ist und die seitlichen Bewegungen des Schwengels 33 erzeugt. Mittels der bisher geschilderten Mechanismen ist somit 1)
                              									eine Bewegung der ganzen Beschickungsvorrichtung auf den vor den Oefen angeordneten
                              									Schienen und 2) und 3) eine senkrechte und wagerechte Bewegung des Schwengels
                              									möglich.
                           Der Schwengel mit der Mulde 59 muss nun aber noch eine
                              									Vor- und Rückwärtsbewegung ausführen, um die Mulde in den Ofen einführen und
                              									zurückziehen zu können. Zu diesem Zwecke sitzt der Schwengel in einem Rohre 33, in dem er mittels eines Kolbens durch Druckwasser
                              									vor- und rückwärts bewegt wird. Das Druckwasser wird durch Rohr 67 zugeführt und durch einen Dreiwegehahn 70, der vom Führerstande aus mittels des Hebels 69 gestellt werden kann, durch die Rohre 62 und 65 vor bezieh.
                              									hinter den Kolben des Schwengels geleitet.
                           Das Abwerfen der Charge aus den Mulden 59 wird nicht
                              									durch Drehen der Mulde um ihre Längsachse, sondern durch einen Widder 72 besorgt, der an Stangen 73 befestigt ist, die sich in den am Schwengelkopf angebrachten Augen 74 führen. Beim Vorgehen des Schwengels mit der
                              
                              									gefüllten Mulde in den Ofen wird der Widder 72 durch
                              									die sich gegen die Augen 74 anlegenden Bunde 81 in seiner eine Rückwand der Mulde bildenden Stellung
                              									mit vorgeschoben. Dann werden die beiden Stangen 73
                              									durch die Klemmhebel 84 von dem Führerstande durch das Handrad 89 festgeklemmt und nun durch Umsteuerung des Ventils
                              										70 der Schwengel 56
                              									aus dem Ofen zurückgezogen. Der festgeklemmte Widder 72
                              									bleibt zunächst in seiner vorgeschobenen Stellung stehen und befördert hierdurch die
                              									auf der Mulde befindlichen Materialien auf den Herd des Ofens. Die Zurückziehung des
                              									Widders 72 erfolgt nach Loslösen der Klemmen 84 durch ein auf Ketten 40
                              									wirkendes Gewicht 80.
                           Die Buchanan'sche Vorrichtung zeigt noch mehrere
                              									Nachtheile. Der Betrieb der verschiedenen Mechanismen erfolgt durch verschiedene
                              									Kräfte, durch Dampf kraft, hydraulische Kraft und Gewichte. Eine derartige
                              									Einrichtung stellt sich stets complicirter und gibt leichter zu Betriebsstörungen
                              									Veranlassungen, als wenn nur eine einzige Kraftquelle erforderlich ist. Der
                              									hydraulische Betrieb wird überdies nicht immer die grösstmögliche Geschwindigkeit
                              									gestatten, auch werden die theuren Schläuche nur von geringer Dauerhaftigkeit sein.
                              									Schliesslich nimmt auch die Dampfmaschine nebst Kesselanlage vielen Raum weg, der
                              
                              									besser ausgenutzt werden könnte.
                           Auch die älteren maschinellen Beschickungsvorrichtungen des amerikanischen Ingenieurs
                              										S. T. Wellmann, dem früheren Director der Otis Steel Comp. in Cleveland (Ohio), zeigen noch
                              									dieselben Fehler; vgl. Stahl und Eisen, 1891 S. 305 u.
                              									ff.
                           1894 entwarf Wellmann eine neue Maschine, bei der alle
                              									Arbeiten, ausgenommen die Befestigung der Mulden an dem Schwengel, durch
                              									Elektricität vollzogen wurden. Auch diese Chargirmaschine entsprach noch nicht
                              									vollständig allen Anforderungen. Die Abmessungen waren allzu mächtig gewählt; ferner
                              									war das Gewicht des Maschinisten und der Plattform nicht zum Ausbalanciren der
                              									Beschickungsmulden und ihres Inhalts ausgenutzt worden, und der Stand des
                              									Maschinisten befand sich der Ofenthür schräg gegenüber, wodurch es ihm nicht immer
                              									möglich war, die Vorgänge im Ofen gehörig zu überwachen. Schliesslich war das
                              									eigentliche Wagengestell zu schwach gehalten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 111
                              Fig. 17.Beschickungsvorrichtung von Wellmann.
                              
                           Diese Mängel veranlassten Wellmann 1897 zum Bau einer
                              									neuen Beschickungsvorrichtung für die Otis Comp., wobei
                              									es ihm gelang, alle bisherigen Uebelstände zu vermeiden. Die neue Maschine ist in
                              									den Fig. 15 bis 17 dargestellt.
                           Sie hat im Allgemeinen grosse Aehnlichkeit mit den früheren Vorrichtungen, ist aber
                              									in mancher Beziehung einfacher und kräftiger gehalten, trotzdem aber um 1,5 m
                              									schmäler, dagegen 0,9 m länger als die Maschine von 1894. In den vier Ecken des
                              									Wagens sind vier Kastenträger angeordnet, die durch ein Gitterwerk mit einander
                              									verbunden sind. An ihnen sind auch zwei ∪-Eisen
                              									befestigt, die fast bis zur Vorderseite des Ofens reichen. Auf diesen ∪-Eisen ruhen die Schienen für die vier Räder des
                              									eigentlichen Beschickungswagens. Um ein Ueberkippen dieses letzteren bei gefüllter
                              									Mulde unmöglich zu machen, sind über den Rädern Führungen angebracht. Unter diesem
                              									Wagen hängt der Schwengel, der um zwei Lager gedreht werden kann, wodurch sein
                              									vorderes Ende sich hebt oder senkt. Ausserdem ist auch zum Entleeren der Mulden eine
                              									Drehung des Schwengels um seine eigene Längsachse möglich. Zur Befestigung der
                              									Mulden an dem Schwengel wird der Kopf desselben gesenkt, dann wieder angehoben,
                              									wodurch er in die an der Rückseite der Mulde befindliche Hülse eingreift. Durch
                              									Vorschieben einer durch den hohlen Schwengel gehenden Stange wird dann die feste
                              									Verbindung beider hergestellt. Sämmtliche Bewegungen können von dem hinter dem
                              									hinteren Ende des Schwengels angeordneten Führerstande aus ausgeführt werden.
                           Wie bereits erwähnt, werden sämmtliche Bewegungen der Maschine durch Elektromotoren
                              									ausgeführt, deren jeder 25 , mit Ausnahme des das Drehen des Schwengels
                              									bewirkenden Elektromotors von 3,5 , zu liefern vermag. Da die verschiedenen
                              									Bewegungen niemals gleichzeitig, sondern stets nach einander ausgeführt werden, so
                              									kommen im äussersten Falle 25  zur Verwendung, im Durchschnitt reicht man
                              									mit 10  aus. Die Elektromotoren sind, ähnlich wie die bei elektrischen
                              									Strassenbahnen benutzten, vollständig eingekapselt. Der Strom hat 220 bis 250
                              									Volt.
                           Diese Vorrichtung hat gegenüber Handbeschickung folgende günstige Resultate ergeben:
                              									Die Beschickungsmulden sind 1,83 m lang, 0,6 m breit und 0,53 m tief; sie haben
                              									mithin 1,83 × 0,6 × 0,53 = 0,6 cbm Inhalt. Sie fassen mithin etwa 1 t Schrot oder
                              									mehr als 1 t Roheisen. Die Maschine vermag in jeder Minute eine Mulde in den Ofen zu
                              									entleeren, so dass der ganze Einsatz für eine Charge von 40 t in 48 Minuten in den
                              									Ofen geschafft werden kann. Setzt man überdies noch 12 Minuten für unvorhergesehene
                              									Störungen an, so erhält man für das Beschicken eines 40-t-Ofens nur 1 Stunde. Um
                              									denselben Ofen von Hand zu beschicken, würden 3,5 Stunden erforderlich sein. Die
                              									Zeitersparniss beträgt somit bei maschineller Beschickung für den vorliegenden Fall
                              									2,5 Stunden. In der Woche werden mithin 2,5 × 9 = 22,5 Stunden gewonnen, was einer
                              									Mehrproduction von 11 Proc. entspricht.
                           Neben dieser sehr ins Gewicht fallenden Zeitersparniss wird aber auch noch eine
                              									Verringerung der nothwendigen Handarbeit erzielt. Wie bereits oben ausgeführt,
                              									beansprucht ein 40-t-Martin-Ofen acht Mann zu seiner Beschickung. Diese bewältigen
                              									in der Woche 9 × 48 = 432 t Material. Die hierzu erforderliche Zeit ist 9 × 3,5 =
                              									31,5 Stunden. Dies entspricht \frac{432\ t}{31,5\mbox{\ Stunden}}=13,7\
                                 										t in der Stunde oder für den Mann und die Stunde 3,4 t für eine Zeit
                              									von 3,4\,\times\,\frac{9\mbox{ Chargen}}{2\mbox{ Schichten}}=15,3
                              									Stunden in der Woche.
                           Diese schwere Arbeit verrichtet die Beschickungsvorrichtung ganz allein. Nach Angaben
                              									von Wellmann konnte in Amerika bei Anwendung der Maschine für zwei
                              									20- bis 30-t-Oefen die Beschickungsmannschaft auf die Hälfte vermindert werden.
                              									Gleichzeitig stieg aber die Production der beiden Oefen von 500 t auf 550 t in der
                              									Woche.
                           Wird bei einem 40–1 Ofen für die Beschickung 1 Stunde und für jede Charge etwa 15 bis
                              									16 Stunden als Durchschnitt gesetzt, so würde eine Maschine für die Beschickung von
                              									12 Oefen ausreichen. Es ist hierbei aber zu berücksichtigen, dass in der Praxis die
                              									Reihenfolge der einzelnen Hitzen nicht mit theoretischer Regelmässigkeit
                              									durchgeführt werden kann. Immerhin würden aber 6 Oefen von einer Maschine mit
                              									Leichtigkeit bedient werden können.
                           Zur Zuführung der gefüllten Mulden, die immer zu mehreren auf einen Wagen gesetzt
                              									werden, der auf einem Gleise vor die Beschickungsmaschine gefahren werden kann,
                              									dienen kleine Locomotiven, auch kann die Beschickungsmaschine selbst hierzu benutzt
                              									werden.
                           In Amerika steht diese Weltmännische Maschine auf den Otis Works in
                              									Cleveland, auf den Homstead Works der Carnegie Company in Pittsburgh, auf den Illinois Steel Works und auf den Cambria Iron Works in Johnstown ständig in
                              									Benutzung.
                           In England hat sie bisher noch keinen Eingang gefunden,
                              									doch sind bereits zwei Maschinen für die Llanelly Steel
                                 										Company in Llanelly bestellt, die noch im vorigen Jahre in Betrieb kommen
                              									sollten.
                           In Deutschland sind bereits mehrere Exemplare in
                              									Betrieb, deren Ausführung die Actiengesellschaft Lauchhammer übernommen hat, worauf weiter unten zurückgekommen werden
                              									wird. (The Engineering and Mining Journal, 1897 S. 569
                              									und 570; Stahl und Eisen, 1897 S. 708 u. ff.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 112
                              Fig. 18.Beschickungsvorrichtung von Eck.
                              
                           Joseph P. Eck hat für die Werke der Midland Steel Company in Muncie die in Fig. 18 abgebildete Beschickungsvorrichtung
                              									construirt, deren Einrichtung ohne weiteres verständlich ist. Der
                              									Beschickungsapparat hängt an einem Wagen, der auf zwei Trägern vorwärts und
                              									rückwärts gefahren werden kann. Beide Träger ruhen wiederum auf fahrbaren Gestellen,
                              									die auf zwei Trägern laufen, von denen der hintere feststeht, während der vordere,
                              									über dem Ofen befindliche mittels eines hydraulischen Cylinders gehoben bezieh.
                              									gesenkt werden kann. Gleichzeitig mit diesem Träger können auch die Ofenthüren
                              									entweder einzeln oder gemeinsam gehoben bezieh. gesenkt werden. Der
                              									Beschickungsschwengel kann auch eine seitwärtige Bewegung ausführen. Die übrigen
                              									Einrichtungen der Maschine gleichen denen der Wellmann'schen Vorrichtung. (Stahl und Eisen,
                              									1897 S. 714.)
                           Die Wellmann'sche Beschickungsvorrichtung, deren erstes
                              									Exemplar in Europa von der Actiengesellschaft Lauchhammer selbst gebaut, seit 2 Jahren auf deren Werk in Riesa im
                              									Betriebe sich befindet, hat gemäss einem Berichte in Stahl
                                 										und Eisen, 1897 S. 715, durch die genannte Firma eine Abänderung erfahren,
                              									welche dieselbe, ohne Beeinträchtigung ihrer Zweckmässigkeit, zu einer
                              									verhältnissmässig einfachen Maschine macht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 112
                              Fig. 19.Wellmann'sche Beschickungsvorrichtung.
                              
                           Die erste Maschine hatte drei von einander verschiedene Elektromotormodelle, die
                              									durch Räderübersetzung die acht verschiedenen Bewegungen der Maschine bewirkten. Es
                              									wurden drei verschiedene Modelle deshalb gewählt, weil der Kraftbedarf für die
                              									einzelnen Bewegungen verschieden ist. Bei der neuen Construction (Fig. 19 bis 21) ist man von dem
                              									Gesichtspunkte ausgegangen, der ganzen Maschine ein mehr europäisches Aeussere zu
                              									geben, und hat sich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der höhere
                              									Kraftbedarf für einzelne der Bewegungen im Allgemeinen nur für kurze Momente,
                              									gewöhnlich nur bei Einleitung derselben, auftritt, entschlossen, für alle vier
                              									Elektromotoren dasselbe Modell zu wählen. Um einen guten Schutz gegen Staub zu
                              									haben, kapselte man die Motoren, wie bei Strassenbahnwagen, vollständig ein. Alle
                              									Uebersetzungen werden durch Schneckengetriebe ausgeführt; die dreigängigen Schnecken
                              									sind aus gehärtetem Stahl, die Schneckenräder aus Phosphorbronze hergestellt. Die
                              									Schneckengetriebe sind gleichfalls eingekapselt und laufen in Oel. Die
                              									Elektromotoren sind mit ihnen durch Lederringe gekuppelt, die sich sehr gut bewährt
                              									haben. Nach 9monatlichem Betriebe hat sich noch keinerlei Abnutzung gezeigt. Durch
                              									die Schneckengetriebe wird ein viel ruhigerer Gang erzielt. Durch die
                              									Gleichmässigkeit der vier Elektromotoren erreicht man den Vortheil, dass man nur
                              									einen Reserveanker zu halten braucht.
                           Statt der bisherigen zwei Steuerhebel hat man für die acht Bewegungen vier Hebel
                              									angewendet, wodurch der Betrieb wesentlich sichererer geworden ist.
                           
                           Die Abbildungen bedürfen nach dem Gesagten keinerlei weiterer Erläuterung mehr.
                              									Es sei indessen noch auf eine sehr praktische Einrichtung aufmerksam gemacht, die
                              									ganz hinten auf der Plattform des Wagens angeordnet ist und dazu dient, den Anker
                              									des betreffenden Motors zu schützen, im Falle durch Unachtsamkeit des Führers oder
                              									auch durch Versagen der Elektricität ein schneller Rückgang des Ein- und
                              									Ausfahrwagens mit der beladenen und erhobenen Mulde stattfinden sollte. Es ist dies
                              									eine selbstthätig wirkende, ausserordentlich zweckmässig construirte
                              									Bremsvorrichtung, die dem Anker des Elektromotors gestattet, sich im Nothfalle
                              									weiter zu drehen, ohne dass die Achse oder sonst ein Theil der Maschine
                              									überanstrengt wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 113
                              Wellmann'sche Beschickungsvorrichtung.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 113
                              Beschickungsvorrichtung von Lentz.
                              
                           Schliesslich sei noch auf eine neuere Beschickungsvorrichtung für Martin-Oefen
                              									hingewiesen, die vom Civilingenieur Lentz in Düsseldorf
                              									construirt worden ist und von der Actiengesellschaft Lauchhammer gleichfalls ausgeführt wird. In Kürze soll sie einer
                              									Mittheilung von Stahl und Eisen, 1897 S. 857 und 858,
                              									zufolge, der die nachfolgende Beschreibung und Zeichnungen im Wesentlichen entnommen
                              
                              									sind, auf mehreren Werken im Betriebe sein.
                           Die Lentz'sche Construction (Fig. 22 bis 24) ist insbesondere für solche Martin-Werke ersonnen,
                              									die hinter den Oefen zu wenig Raum haben, um die Aufstellung einer
                              									Beschickungsvorrichtung der bisher besprochenen Arten gestatten zu können. Der Lentz'sche Beschickungskrahn, wie er richtiger zu
                              									nennen ist, wird in allen seinen Bewegungen elektrisch angetrieben; er läuft auf
                              									zwei Laufschienen, die auf Wandconsolen oder freistehenden Säulen ruhen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 113
                              Fig. 24.Beschickungsvorrichtung von Lentz.
                              
                           Die Laufkatze hat 3 bis 4 m Radstand, wodurch ein Kippen zur Unmöglichkeit
                              									wird. Sie ist mit einem kräftigen Hängekorb versehen, in welchem der Kopf des
                              									Muldenschwengels in einem Kugellager ruht. Etwa auf halber Länge des Schwengels
                              									sitzt ein Kettenrad mit Kugelbewegung, welches in einer calibrirten Kette ruht,
                              									deren Enden über hochliegende Kettenräder gehen. Auf den Achsen derselben sitzen
                              									Schneckenräder, die durch Schnecken und die beiden Elektromotoren a und b angetrieben
                              									werden.
                           An den Enden der Kette hängende Gewichte gleichen das Gewicht des Muldenschwengels
                              
                              									aus. Haben die beiden Elektromotoren a und b gleiche Umdrehungsrichtung, so wird der Schwengel
                              									gehoben oder gesenkt; haben sie entgegengesetzte Drehrichtung, so findet ein Drehen
                              									des Schwengels um seine Längsachse nach rechts oder links statt, wodurch
                              									gegebenenfalls die Mulde entleert wird.
                           Der dritte Motor c bewirkt das Vor- und Rückwärtsfahren
                              									der Laufkatze bezieh. das Vorschieben und Zurückziehen der Mulde in bezieh. aus dem
                              									Ofen.
                           Durch einen vierten Motor wird der ganze Krahn vor den Ofen her bewegt, während ein
                              									fünfter Motor d auf eine besondere Kettentrommel nebst
                              									Haken wirkt, um beim Umbau bezieh. Reparatur der Oefen den Materialtransport zu
                              									besorgen und dadurch diese zeitraubende Arbeit zu beschleunigen. Bei dieser Arbeit
                              									wird der Schwengel, wie punktirt angedeutet, in seine höchste Stellung gehoben, so
                              									dass die Katze bis dicht an den Ofen vorgehen kann.
                           Der Führerstand liegt in etwa 1,3 m Hohe über dem Fussboden, von welchem aus der
                              									Maschinist sämmtliche Bewegungen leitet und mitten vor der Ofenthür sitzend, die
                              									Bewegungen der Mulde bequem übersehen kann.
                           Ist ein Aufzug bis 2,5 m Entfernung vom Ofen in die Plattform eingebaut, so ist
                              									dieser Raum ausreichend, um mit dem Krahne mit erhobenem Schwengel vorbeizufahren;
                              									es genügen vor den Aufgebethüren schon 4,7 m zum Chargiren.
                           Der Krahn ist sehr beweglich, kann Mulden, die zwischen den Oefen aufgestellt sind,
                              									sich holen, deren Inhalt in die Oefen und die Mulden auf ihren Platz zurück
                              									befördern. Es kann deshalb das Schmalspurgleise für den Muldenwagen vor den Oefen
                              									fortfallen. (G. M. S. Nr. 75761.)
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)