| Titel: | Metallbearbeitung.Hydraulische Schmiedepresse nach der Bauart von A. Borsig, Berlin. | 
| Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 124 | 
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                        Metallbearbeitung.Hydraulische SchmiedepresseUeber Schmiedepressen vgl. 1891 279 55. 280 10. 281 12. 1892 284 * 221.
                                 
                                 										1893 289 62. 1895 295 94.
                                 											296 23. 297 249. 1897
                                 											303 * 135. * 151. nach der Bauart von
                           								A. Borsig, Berlin.
                        Mit Abbildungen.
                        Hydraulische Schmiedepresse nach der Bauart von A.
                           								Borsig.
                        
                     
                        
                           Das Schmieden des Eisens verfolgt folgende Zwecke:
                           1) die Reinigung des Eisens von den sogen. Schlacken beim Schmieden der Luppen,
                           2) die Verdichtung des Eisens durch Entfernung der Poren,
                           3) die Erzeugung einer gleichmässigen Structur,
                           4) die Verbindung der einzelnen Eisenstücke zu einem Ganzen, – und
                           5) die Ueberführung des Eisens in eine gewünschte Form.
                           Diese Zwecke wurden bis vor kurzem ausschliesslich durch die Schlagarbeit des Hammers
                              									erzielt.
                           Zur Erzielung der unter 1 und 4 aufgeführten Zwecke erscheint die Schlagarbeit des
                              									Hammers auch ganz besonders geeignet. Die zu 1 genannte Entfernung der im glühenden
                              									Eisen befindlichen Schlacke wird durch den schnellen Hammerschlag zweckmässig
                              									bewirkt, da diese Schlacken, die schnell in den Poren des Eisens erstarren, durch
                              									Stoss und Schlag am besten aus den weichen Eisenmassen herausgedrückt werden.
                              									Aehnlich günstig wirken Stoss und Schlag bei der Herstellung gewisser Gegenstände
                              									aus Schmiedeeisen, welche durch allmähliches Anschweissen von verschiedenen Theilen
                              									an eine Hauptmasse entstehen, indem die durch längere Erhitzung entstehende
                              									Rostschicht, welche sich zwischen der schon festeren Masse und dem an dieselbe
                              									anzufügenden, mehr lockeren Stücke befindet, durch einfachen Druck nur schwer zu
                              									entfernen ist. Was dagegen die Herstellung der Artikel aus Stahl betrifft, so zeigt
                              									hier die Presse den obigen Nachtheil nicht.
                           Weniger günstig dagegen wirkt der Schlag des Hammers rücksichtlich der drei anderen
                              									Zwecke des Schmiedens, – und hier hat sich denn in der Schmiedetechnik das
                              									Bedürfniss nach einer Verbesserung bezieh. Vervollkommnung der Schmiedearbeit
                              									bemerkbar gemacht und hat zu wesentlich von der Hammerarbeit abweichenden
                              									Bearbeitungsmethoden geführt. Dem Zwecke der Verdichtung des Eisens und der
                              									Erzeugung einer gleichmässigen Structur ist die Schlagwirkung des Hammers nicht
                              									zuträglich. Der vom Hammer ausgeführte Schlag auf das Schmiedestück wirkt in Folge
                              									seiner äusserst kurzen Zeitdauer nur für kurze Zeit auf die äussere Fläche des
                              									Schmiedestückes ein, – eine Uebertragung des Schlagdruckes auf die innere Masse des
                              									Schmiedestückes findet jedoch nur in mangelhafter Weise statt, – der vom Hammer auf
                              									die Oberfläche des Schmiedestückes ausgeübte Schlagdruck pflanzt sich durch die
                              									Eisenmasse hindurch nach unten fort, ohne eine erhebliche Einwirkung auf den Kern
                              									selbst zu äussern, – die Chabotte wirft den auf sie übertragenen Druck zurück und
                              									hierdurch wirkt sie auf die Unterfläche des Schmiedestückes, wie der Hammer selbst
                              									auf die Oberfläche, – diese sowohl, wie die untere Fläche des Schmiedestückes,
                              									welche auf dem Amboss ruht, erleiden eine energische Bearbeitung, eine grosse
                              									Verdichtung ihrer Masse, eine Veränderung ihrer Structur, wohingegen der innere Kern
                              									des Schmiedestückes nur in geringem Grade von der kraftvollen Einwirkung des Hammers
                              									beeinflusst wird und nur durch eine öftere Wiederholung der Hammerschläge kann eine
                              									Verdichtung der Eisenmasse bis in den Kern hinein erzielt werden. Von Erzielung
                              									einer Gleichartigkeit des Gefüges dagegen kann bei der Stoss- und Schlagwirkung des
                              									Hammers überhaupt kaum die Rede sein; das Schmiedestück kann durch genügend lange
                              									Bearbeitung wohl bis in den innersten Kern hinein verdichtet werden, allein das
                              									Gefüge des Schmiedestückes muss nothwendig in allen seinen Theilen ein ganz
                              									verschiedenartiges sein. Auch betreffs der Formgebung des in glühendem Zustande
                              									befindlichen Eisens erscheint die Arbeit des Hammers nicht unübertreffbar.
                           War die ungünstige Wirkung der Hammerarbeit rücksichtlich der Verdichtung des Eisens
                              									und der Verbesserung des Gefüges in der schnellen Wirkungsweise des Schlagdruckes zu
                              									suchen, so ergab sich als naheliegende Verbesserung der langsam wirkende
                              									Pressdruck.
                           Bei einem verhältnissmässig langsam auf das Schmiedestück einwirkenden Pressdruck
                              									pflanzt sich dieser von oben und unten gleichmässig nach dem Inneren des
                              									Schmiedestückes fort und bewirkt eine Streckung der Eisenmasse von der Mitte heraus,
                              									während der schnell wirkende Schlagdruck lediglich die Oberfläche des
                              									Schmiedestückes beeinflusst und nur durch lang fortgesetzte Bearbeitung allmählich
                              
                              									seine Einwirkung bis zum Kern eindringen lässt. Durch den Pressdruck werden
                              
                              									ausserdem alle Erschütterungen und somit jene Gefügeveränderungen unmöglich gemacht,
                              									denen man den Bruch des Eisens zugeschrieben hat. Indem der Pressdruck allmählich
                              									steigt, führt er sicher zur vollständigen Ausfüllung der Matrizen mit dem warmen
                              									Eisen.
                           Diese Erkenntniss von der Ueberlegenheit der Presse gegenüber dem Hammer führte nun
                              									schon vor Jahren die bedeutendsten Eisen- und Stahlwerke zum Versuch, den Hammer
                              									durch die hydraulische Presse zu ersetzen. Ueber die Ergebnisse dieser Versuche sind
                              									Nachrichten nur sehr spärlich in die Oeffentlichkeit gelangt, was seinen Grund in
                              									dem Interesse des Einzelnen findet, seine Erfahrungen und Fabrikationsverbesserungen
                              
                              									möglichst geheim zu halten. Allein der Umstand, dass gerade jene Werke in einer
                              									ausgedehnten Weise die grossen mächtigen Dampfhämmer durch hydraulische Pressen
                              									zu ersetzen fortfahren, spricht am beredtesten für die Ueberlegenheit der letzteren.
                              									Diese Ueberlegenheit hat ihren Grund sowohl in der besseren Erzielung des rein
                              									technischen Zweckes, als auch in den geringeren Anlagekosten und des billigeren
                              									Betriebes des ersteren.
                           Ganz abgesehen von der günstigeren Wirkungsweise des langsameren Pressdruckes
                              									gegenüber dem Schlagdrucke in Bezug auf Verdichtung und Gleichartigkeit des
                              									Arbeitsstückes ermöglicht die Presse aber auch eine erhebliche Verkürzung der für
                              									die Bearbeitung je eines Stückes erforderlichen Zeit. Der Grund für diese Thatsache
                              									liegt in dem schon erwähnten Umstände, dass der Schlagdruck des Hammers seine
                              									Wirkung auf die Oberfläche des Schmiedestückes erstreckt und nur durch öftere
                              									Wiederholung des Schlagdruckes dieselbe bis zum inneren Kern getragen wird, während
                              									beim Pressdrucke jedes Molekül an der Oberfläche des Schmiedestückes genügende Zeit
                              									hat, diesen Druck bis zum Kern des Schmiedestückes zu übertragen. Beim Schlagdrucke
                              									findet eine solche Uebertragung von Molekül zu Molekül zwar auch statt, allein die
                              									Uebertragung erfolgt hierbei mit grosser Geschwindigkeit, die eine Einwirkung auf
                              									die zwischen den Oberflächen liegende Moleküle nur in geringem Grade geltend machen
                              									kann, – nur die vom Hammer einerseits, und dem Ambosse andererseits, direct
                              									bearbeiteten Flächen erfahren, wie bemerkt, eine energische Bearbeitung durch den
                              									Schlagdruck.
                           Auf diese physikalische Wirkungsweise des Schlagdruckes ist die Nothwendigkeit einer
                              									langwährenden Bearbeitung eines Schmiedestückes begründet.
                           Mit der Grösse des Schmiedestückes erhöht sich die für seine Bearbeitung
                              									erforderliche Zeit in quadratischer Zunahme. Beim langsam wirkenden Pressdrucke
                              									dagegen steigt mit der Grösse des Schmiedestückes die erforderliche Zeitdauer nur in
                              									einfach geometrischem Verhältnisse. Aus diesem Grunde kommt denn auch die
                              									Ueberlegenheit der hydraulischen Presse gegenüber dem Dampfhammer bei den grössten
                              									Schmiedestücken offenbar zur Erscheinung. Einen sehr überzeugenden Belag hierfür
                              									findet man in einem Berichte im Bulletin de la société de
                                 										l'industrie minerale, 1889 Bd. III Heft 3 S. 839, worin mitgetheilt wird,
                              									dass eine Stahlkanone von 15 cm Durchmesser, mit einer Länge von 36 Caliber, aus
                              									einem Block von 36500 k erzeugt, zu Sheffield eine 3wöchentliche Bearbeitung unter
                              									einem 50-t-Hammer und 33 Hitzen erfordert hat, dagegen unter Benutzung einer
                              									hydraulischen Presse von 4000 t zur Herstellung einer gleichen Kanone aus einem
                              									Block von 37500 k nur 15 Hitzen und nur 4 Tage Arbeitszeit nothwendig gewesen
                              									seien.
                           In der Verminderung der für ein Schmiedestück erforderlichen Hitzen liegt ein
                              									weiterer, zu Gunsten der Presse sprechender Umstand. Abgesehen von dem geringeren
                              									Brennmaterialverbrauch bedingt die Verminderung der Hitzen an und für sich einen
                              									wesentlichen Vortheil, weil der Stahl unter der Einwirkung der wiederholten Hitzen
                              									an und für sich leidet.
                           Ein weiterer durch die Presse erzielter Vortheil ist die Verminderung des Abbrandes,
                              									die im Verhältnisse zur Anzahl der Hitzen und zur Dauer der Bearbeitung steht.
                           Auch im Betriebe ist die hydraulische Presse dem Dampfhammer wesentlich überlegen.
                              									Die Wirkung des Dampfhammers ist bedingt durch die Widerstandskraft und Grösse der Chabotte.
                              									Könnte die Chabotte den Schlägen des Hammers nachgeben, so würde seine Einwirkung
                              									auf das Schmiedestück nahezu aufgehoben werden, weil dann der ganze Effect des
                              									Hammers lediglich von der Chabotte aufgenommen und in den elastischen Erdboden
                              									übertragen werden würde. Um den vom Hammer ausgeübten Druck in möglichst grossem
                              									Umfange für den Schmiedeprocess nutzbar zu machen, muss die Chabotte so viel wie
                              									möglich unelastisch gemacht werden. Den ganzen vom Hammer ausgeübten Schlagdruck
                              									ausschliesslich für das Schmiedestück nutzbar zu machen, ist unmöglich, – ein
                              									grosser Theil desselben, der rechnungsmässig leider nicht zu ermitteln ist, wird
                              									immer durch Uebertragung auf den Erdboden unverwerthet bleiben.
                           Wie ganz anders dagegen bei der hydraulischen Presse – hier geht von der erzeugten
                              									Druckkraft nichts verloren, da sich hier der Druck nicht auf eine Chabotte
                              									fortpflanzt, die gleich wie beim Hammer einen Theil des Schlageffectes auf den
                              									Erdboden überträgt, sondern auf die Sohlplatte, die mit dem Druckerzeuger durch
                              									kräftige eiserne Säulen unverrückbar verbunden ist, in Folge dessen die Unterplatte
                              									der Presse genau den gleichen Druck von unten gegen das Schmiedestück ausübt, wie
                              									der eigentliche Presskolben von oben.
                           In der Trennung des Krafterzeugers – Fallbär – von dem Kraftaufnehmer – Amboss
                              									bezieh. Chabotte – liegt die dem Dampfhammer eigene grosse Verlustarbeit und die
                              									dadurch bedingte geringere Wirksamkeit begründet. Eine Verbindung – zwischen
                              									Krafterzeuger und Kraftaufnehmer – ist nur beim Pressdruck möglich, und hierin ist
                              									eben in erster Linie die Ueberlegenheit des Pressdruckes über den Schlagdruck zu
                              									suchen. In zweiter Linie ist es die ökonomische Ausnutzung des Betriebsdampfes beim
                              									Pressdrucke. Während bei dem Hammer nur Hochdruck ohne Expansion und Condensation
                              									gebraucht werden kann, ermöglicht die hydraulische Umsetzung beim Pressdrucke die
                              									sparsamste Ausnutzung des Betriebsdampfes durch Anwendung der technisch
                              									vollkommensten Dampfmaschinen.
                           Auch betreffs der Anlagekosten steht die Ueberlegenheit der hydraulischen Presse
                              									gegenüber dem Dampfhammer ausser Frage.
                           Die Kosten einer Dampfhammeranlage stellen sich schon in Folge des erforderlichen
                              									grossen Unterbaues sehr hoch. Eine hydraulische Presse bedarf eines Unterbaues
                              									überhaupt nicht, – sie bedarf nur eines zur Tragung ihres Gewichtes genügend starken
                              									Fundamentes, – da eben, wie schon ausgeführt, der von ihr erzeugte Druck nicht auf
                              									den Erdboden übertragen wird, sondern ausschliesslich auf das Schmiedestück. In
                              									Folge dessen ist denn auch die Leistung einer Presse etwa 3mal so gross als die
                              									eines gleichwertigen Hammers, – und somit sind die Kosten der Anlage bei
                              									hydraulischen Pressen ganz ungleich geringfügiger, als die der Dampfhämmer.
                           Erweist sich die hydraulische Presse für die eigentliche Schmiedearbeit schon dem
                              									Dampfhammer sehr überlegen, so trifft diese Ueberlegenheit noch mehr zu bei der
                              									sogen. Formgebung durch Pressen der glühenden Eisen- oder Stahlmassen in eine Form.
                              									Dieser Vorzug macht sich besonders bei gewissen Specialarbeiten bemerkbar.
                           Endlich muss noch hervorgehoben werden, dass bei Massenfabrikation von
                              									Schmiedestücken von gleicher Grösse nur durch hydraulische Pressen mit
                              									Accumulatorenbetrieb eine ganz gleichmässige Comprimirung und eine durchweg homogene
                              									Structur der Eisen- bezieh. Stahltheile erzielt werden kann.
                           Diese Umwälzung auf dem Gebiete der Schmiedetechnik befindet sich zur Zeit noch in
                              									Entwickelung, wird aber unzweifelhaft grosse Dimensionen annehmen, sobald die
                              									bisherigen Pressen den speciellen Erfordernissen der Schmiedetechnik gehörig
                              									angepasst und die bisherigen Mängel derselben abgestellt sein werden.
                           Die bis jetzt bekannten hydraulischen Schmiedepressen leiden vornehmlich noch an
                              									einer Vergeudung der Betriebskraft. Weil es sich nun aber bei den Schmiedepressen in
                              									der Regel um einen hohen Druck handelt, so konnte von vornherein hierfür nur der
                              									hydraulische Druck ins Auge gefasst werden. Nur dieser gewährleistet das
                              									wesentlichste Erforderniss für ganz gleichmässige Comprimirung der Eisen- bezieh.
                              									Stahlmassen und Erzielung eines durchweg gleichartigen Gefüges, nämlich: „den
                                 										starren, allmählich wirkenden Druck“.
                           In diesem beruht die günstige Wirkungsweise der hydraulischen Schmiedepresse in
                              									Verbindung mit Gewichtskraftsammlern, und an demselben muss die Schmiedetechnik
                              									festhalten, wenn sie nicht rückwärts schreiten will.
                           Die hydraulischen Schmiedepressen seitheriger Bauart leiden, wie erwähnt, nun
                              									allerdings an mehrfachen Mängeln, welche die Specialtechniker zur Verbesserung
                              									dieser Pressen nach mehreren Richtungen hin aufmunterte und zu neuen Bauarten
                              									Veranlassung wurden. Zu diesen neuen Constructionen gehört die Dampfschmiedepresse
                              									mit Wasserdruckübersetzung. – Diese Presse dürfte in Bezug auf mehrere Punkte von
                              									freilich nur untergeordneter Bedeutung den Vorzug vor den gewöhnlichen hydraulischen
                              									Schmiedepressen verdienen, wenn sie nicht rücksichtlich der vorbezeichneten
                              									Hauptfrage einen Schritt nach rückwärts gethan hätte; sie verstösst nämlich gegen
                              									die von der Schmiedetechnik als Fundamentalsatz anerkannte Forderung eines völlig
                              									starren, allmählich und dauernd wirkenden Druckes.
                           Der Construction dieser hydraulischen Dampfpresse liegt als maassgebend der Gedanke
                              									zu Grunde, dass durch die Vereinigung des direct wirkenden Dampfdruckes mit dem
                              									Wasserdrucke, ohne Zuhilfenahme von Pumpwerken und Accumulatoren bezieh. ohne hoch
                              									belastete Wassermasse, ein hoher Druck erzielbar ist. Der Wegfall von Pumpen und
                              									Accumulatoren erschien als eine bedeutende Vereinfachung der maschinellen Anlage.
                              									Eine Vereinfachung gegenüber der gewöhnlichen hydraulischen Presse würde diese
                              									hydraulische Presse zweifellos mit sich führen. Bei einer nur oberflächlichen
                              									Betrachtung der Sache würde diese Combination des directen Dampfdruckes mit dem
                              									hydraulischen Drucke keinen Verstoss gegen den vorbezeichneten Fundamentalsatz der
                              									Schmiedetechnik bedeuten, leider ist dies aber der Fall und die betriebstechnische
                              									Ueberlegenheit der hydraulischen Dampfpresse gegenüber der gewöhnlichen
                              									hydraulischen Presse bleibt zweifelhaft; damit würde freilich noch nicht gesagt
                              									sein, dass auch die betriebsökonomische Ueberlegenheit bedingt sei. Diesbezüglich
                              									könnte jeder Techniker den rechnungsmässigen Nachweis führen, dass der directe
                              									Dampfdruckbetrieb viel theurer ist, als der ausschliesslich hydraulische Betrieb
                              									mittels Pumpwerk und Gewichtsaccumulatoren. Da wir auf diesen Punkt später
                              									zurückkommen werden, so gehen wir hier über denselben hinweg mit dem Bemerken, dass
                              									die so bestechend wirkende Einfachheit der Construction bei dieser hydraulischen
                              									Dampfpresse, ganz abgesehen von dem erwähnten Principalfehler, nur zu erkaufen ist
                              									durch einen theureren Betrieb als der, welchen eine gewöhnliche hydraulische Presse
                              									mit Pumpwerk und Accumulatoren bedingt.
                           Da bei der Dampfschmiedepresse die Pressung des Schmiedestückes nur durch directe
                              									Wirkung des Dampfes erzielt wird, so liegt es auf der Hand, dass hiermit der
                              									vorberegte Fundamentalsatz von der Starre des Pressdruckes durchbrochen wird. Es ist
                              									daher ausgeschlossen, dass dieser elastische Druck weder constant sein, noch auf das
                              									zu schmiedende Stück eine annähernd gleich günstige Wirkung, wie der hydraulische
                              									Druck, ausüben kann. Es bleibt ferner zweifelhaft, ob der Druck der
                              									Dampfschmiedepresse die Fallwirkung eines Dampfhammers mit widerstandsfähiger
                              									Chabotte überhaupt erreicht. Beim letzteren wirkt lediglich das Eigengewicht des
                              									Hammers, und der Effect des Schlages ist abhängig von der Grösse dieses Gewichtes,
                              									der freien Fallhöhe des Hammers und der Widerstandsfähigkeit der Chabotte. Bei der
                              
                              									Dampfschmiedepresse ist das Gewicht des Hammers – hier Presskopf genannt –
                              									verhältnissmässig gering und die Fallhöhe ganz unbedeutend. Das geringe Gewicht und
                              									die unbedeutende Fallhöhe, im Vergleich zu der des Dampfhammers, wird ersetzt durch
                              									den elastischen Dampfdruck. Ist der von dem Fallbären des Dampfhammers ausgeübte
                              									Druck als ein Schlagdruck zu bezeichnen, so darf der von der Dampfschmiedepresse
                              									ausgeübte Druck als ein Stossdruck bezeichnet werden. Schlagdruck und Stossdruck
                              									unterscheiden sich aber, in Bezug auf die Wirkung des Schmiedestückes, fast gar
                              									nicht, – nur die Kraftquelle ist eine verschiedene – dort ist es das Gewicht des
                              									frei fallenden Körpers, hier ist es der elastische Stossdruck auf das zwischen dem
                              									Dampfkolben und Presskolben als Kraftmultiplicator eingeschobenen Wassers.
                           Aus alle dem folgt, dass der Dampfschmiedepresse die Bezeichnung „Presse“ gar
                              									nicht zukommt, – sie müsste vielmehr mit dem Namen „Hydraulischer
                                 										Dampfhammer“ belegt werden, da ihr das Kennzeichen einer „Presse“,
                              									der starre, allmähliche Druck, abgeht, sie vielmehr ähnlich dem gewöhnlichen
                              									Dampfhammer, nur weniger schnell, als Stossdruck wirkt.
                           Aus diesem Grunde lässt sich ein Vergleich zwischen der Dampfschmiedepresse mit
                              									irgend einer hydraulischen Presse in Bezug auf die schmiedetechnische Wirkungsweise
                              									überhaupt nicht anstellen. Der von der Dampfschmiedepresse erzeugte Stossdruck
                              									ergibt eben ein wesentlich anderes Schmiedeerzeugniss, als der Pressdruck der Borsig'schen oder irgend einer anderen hydraulischen
                              									Presse.
                           Ist hiermit dargethan, dass der Stossdruck der Dampfschmiedepresse ebenso wenig wie
                              									der Schlagdruck des gewöhnlichen Dampfhammers zur Erzielung einer gleichmassigen
                              									Dichtheit und Gleichartigkeit des Gefüges geeignet ist, so erübrigt nur noch der
                              									Nachweis der Unzweckmässigkeit der Dampfschmiedepresse und der Zweckmässigkeit
                              									unserer hydraulischen Schmiedepresse in betriebsökonomischer Beziehung.
                           Wenngleich beim Schmieden der rein technischen Zweckdienlichkeit der Vorrang vor der
                              									ökonomischen Zweckdienlichkeit gebührt, da es unbedingt in erster Linie auf ein
                              									technisch vollkommenes Fabrikat und erst in zweiter Linie auf eine möglichst billige
                              									Fabrikation ankommt, so spielt diese Frage immerhin eine nicht unwichtige Rolle, da
                              									es sich hierbei um grosse Kraft mengen handelt.
                           Die betriebsökonomische Seite der Frage theilt sich in die Unterfragen:
                           1) der betriebsökonomischen Kosten,
                           2) der betriebstechnischen Bedienung.
                           Wir werden nun bei der weiteren Behandlung der ökonomischen Seite der Frage
                           1) eine systematische Erklärung jener Einrichtungen an der hydraulischen
                              									Schmiedepresse geben, durch die ihre hohe betriebsökonomische Bedeutung bedingt
                              									wird, und
                           2) eine systematische Besprechung jener Einrichtung an der Dampfschmiedepresse, durch
                              									die deren geringer betriebsökonomischer Werth erklärt wird.
                           Eine gewöhnliche hydraulische Presse, die ihr Betriebswasser direct vom Pumpwerk
                              									zugeführt erhält, bedarf für die Bewegung des Presskolbens nur immer genau so viel
                              									Druck, als der ihm gegenüber stehende Widerstand erfordert, – bei völligem Leergange
                              									des Presskolbens ist demnach nur ein minimaler Wasserdruck für seinen Vorschub
                              									erforderlich, nämlich nur so viel, als zur Ueberwindung der durch die Dichtung
                              									bedingten Reibung am Kolbenumfange erforderlich ist, – mit steigendem Widerstände
                              									erhöht sich die Thätigkeit des Pumpwerkes und steigt bis zum Schlusse des
                              									Maximaldruckes. Demgemäss arbeitet eine solche hydraulische Presse zwar langsam,
                              									aber durchaus ökonomisch; ein Uebelstand hierbei ist aber die langsame Bewegung des
                              									Presskolbens und die fortwährend wechselnde Inanspruchnahme der Dampfmaschine.
                           Den Uebelstand der langsamen Arbeit seitens der Presse, sowie der wechselnden
                              									Inanspruchnahme der Dampfmaschine beseitigt man durch die Einschiebung eines
                              									Gewichtsaccumulators zwischen Pumpwerk und Presse. Diese Anordnung, die zwei Uebel
                              									der hydraulischen Presse beseitigt, nimmt ihr leider auch gleichzeitig den derselben
                              									eigenen Vorzug der Kraftökonomie, insofern auch bei geringem oder gänzlich fehlendem
                              									Widerstände das zur Bewegung des Presskolbens dienende Wasser vorher unter den für
                              									die Pressung bestimmten Maximaldruck gebracht werden muss. Es bedingt dies eine um
                              									so grössere Kraftvergeudung, je grösser der Weg des Presskolbens, den dieser bei
                              									geringem bezieh. gänzlich fehlendem Widerstände zu machen hat, gegenüber dem Theil
                              									des Weges, den er während der Maximaldruckwirkung zurückzulegen hat. Bei einer
                              									Schmiedepresse dürfte der völlige Leergang des Presskolbens unter Umständen ½ bis  ¾
                              									der ganzen Hublänge betragen, und nur ½ bis  ¾ Weglänge kommt auf die Presswirkung
                              									selbst. Wenn man auch die Hublänge auf das äusserst zulässige Maass beschränkt, so
                              									erfordert doch die Handhabung des Schmiedestückes und der Umstand, dass das aus dem
                              									Feuer kommende Eisen räumlich so gestaltet ist, dass es oft mehr als die doppelte
                              									Höhe des die Schmiedepresse verlassenden Fabrikates besitzt, eine verhältnissmässig
                              									grosse Hublänge des Presskolbens. Verwendet man also Druckwasser für den Vorschub
                              									des Kolbens auf ½ bis  ¾ seiner ganzen Weglänge bei völliger Abwesenheit jeden
                              									Widerstandes, so bedeutet das eben eine ganz erhebliche Kraftvergeudung. Das
                              									Unregelmässige eines derartigen Accumulatorbetriebes, der zwar schnellen Gang der
                              									Presse und gleichmässige Inanspruchnahme der Dampfmaschine gestattet, andererseits
                              									aber ein Mehrfaches an Betriebskraft erfordert, leuchtet ein.
                           Es war nun die Aufgabe der Technik, diesem Uebelstande des Accumulatorenbetriebes
                              									abzuhelfen, ohne die damit verknüpften Vorzüge einzubüssen. Die Borsig'sche hydraulische Schmiedepresse (Fig. 1) löst diese Aufgabe auf folgende Weise: Für die
                              									Bewegung des Presskolbens, insoweit ein nur geringer oder gar kein Widerstand zu
                              									überwinden ist, also für etwa ½ bis  ¾ Wegelängen des abwärts gehenden Presskolbens,
                              									benutzt dieselbe als Betriebskraft Wasser, das sich unter einem nur geringen Drucke
                              									befindet, nämlich nur so viel, als zur Senkung und Hebung des Presskolbens und zur
                              									schnellen Beseitigung des in dem Presscylinder befindlichen Druckwassers
                              									erforderlich ist. Nur für die wirkliche Compression des zu pressenden Gegenstandes,
                              									– in diesem Falle glühendes Eisen bezieh. Stahl, – verwenden wir unter hohem Drucke
                              									stehendes Wasser; es findet also hierbei gar keine Vergeudung von Kraft statt, – da
                              									nur so viel Kraft in Anspruch genommen wird, als für die directe Pressung des zu
                              									pressenden Gegenstandes erforderlich ist. Diesem Zwecke dient nun folgendes
                              									Mittel:
                           Der Presscylinder besteht aus drei Theilen mit je verschiedenem Querschnitte.
                           Nur auf den Kolben des grossen Cylinders wirkt das unter hohem Drucke stehende Wasser
                              									ein, während auf die beiden anderen kleinen Cylinderquerschnitte lediglich Wasser
                              									unter niederem Drucke stehend einwirkt; hiervon dient der eine Querschnitt für den
                              									Niedergang des Presskolbens bis zur beginnenden Presswirkung und der zweite
                              									Querschnitt für den Rückgang des Presskolbens nach vollzogener Maximalpressung.
                           Hierbei sei noch besonders hervorgehoben, dass der beim Niedergange des Kolbens
                              									entstehende Raum im Hochdruckpresscylinder durch selbsthätig angesaugtes Wasser
                              									gefüllt wird, und demnach also aus dem Hochdruckaccumulator nur so viel Wasser
                              									verbraucht wird, als zur directen Pressung des Schmiedestückes unbedingt
                              									erforderlich ist. Da für den Leergang des Presskolbens nur unter niedrigem Drucke
                              									stehendes Wasser, und zwar auch nur in geringer Menge, andererseits für den
                              									eigentlichen Pressprocess zwar unter hohem Drucke stehendes Wasser, jedoch ebenfalls
                              									nur in verhältnissmässig geringer Menge, gebraucht wird, insofern die Compression
                              									des Schmiedestückes immer nur eine verhältnissmässig geringfügige Wegestrecke für
                              									den Presskolben ergibt, so folgt hieraus eine ganz bedeutende Kraftersparniss
                              									gegenüber einer hydraulischen Presse mit nur Hochdruckaccumulatoren und einem
                              									Presscylinder. Die Grösse dieser Kraftersparniss erhellt aufs schlagendste aus der
                              									später folgenden Beleuchtung des Kraftbedarfs der Dampfschmiedepresse.
                           Die Einrichtung von Niederdruck- und Hochdruckaccumulatoren, sowie die Theilung des
                              									Presscylinders in drei Theile, von denen jeder einem besonderen Zwecke dient, und
                              									die damit verknüpfte Nothwendigkeit mehrfacher Rohrleitungen lässt Borsig's hydraulische Schmiedepresse complicirter
                              									erscheinen, als sie in der That ist. Die Frage der Einfachheit bezieh.
                              									Complicirtheit des ganzen Apparates erfährt erst nach erfolgter Beleuchtung der
                              									Dampfschmiedepresse am zweckmässigsten eine vergleichsweise Erörterung, weshalb wir
                              									zunächst hierüber hinweggehen. Ein fernerer bedeutender Vorzug der Borsig'schen Presse gegenüber jeder anderen
                              									Construction besteht in der eigenartigen Construction der Umsteuerungsventile, die
                              									völlig entlastet sind, deshalb bedingt es keinen Unterschied für die Leichtigkeit
                              									der Umsteuerung, ob 1 at oder 300 at in der Leitung sind. Für diese Umsteuerung
                              									spielt daher die Höhe des Wasserdruckes gar keine Rolle.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 127
                              Fig. 1.Borsig'sche hydraulische Schmiedepresse.
                              
                           Ferner gewährleistet die Construction dieser hydraulischen Schmiedepresse eine
                              									schnelle Bewegung des Presskolbens, mithin eine grosse Leistungsfähigkeit, eine
                              									leichte Regulirbarkeit der Höhe und der Wirkung des Druckes, einen constanten Druck
                              									bei Massenfabrikation von Schmiedestücken gleicher Grösse und endlich in Folge des
                              									geringen Bedarfes an Druckwasser die Anwendung von
                              									Differential-Gewichtsaccumulatoren.
                           Besonders dieser letzte Punkt ist von Wichtigkeit. – Die Verwendung von
                              									Gewichtsaccumulatoren, besonders für die grösseren hydraulischen Schmiedepressen,
                              									welche mit Druck (300 bis 500 at) arbeiten, ist bei der allgemein benutzten
                              									Construction dieser Accumulatoren, in Folge der erforderlich hohen
                              									Gewichtsbelastung, mit grossen technischen Schwierigkeiten verbunden. Daher hat man
                              									schon mehrfach versucht, diese Gewichtsaccumulatoren durch Luftdruckaccumulatoren zu
                              									ersetzen, aber dies ist nur auf Kosten der günstigen Wirkung der hydraulischen
                              									Pressen geschehen. Die Gewichte des Accumulators sollen bei dieser Construction
                              									durch Pressluft ersetzt werden. Es ist dies unzweifelhaft ein guter Gedanke, jedoch
                              									verstösst er leider, ebenso wie die Dampfschmiedepresse, gegen den Grundsatz einer
                              
                              									jeden Pressung, nämlich: Erzielung eines starren, allmählichen, stetig wirkenden
                              									Druckes.
                           Es ist ausgeschlossen, mit diesen Luftdruckaccumulatoren die volle Wirkung einer
                              									hydraulischen Schmiedepresse zu erzielen, selbst wenn man den Raum, in welchem die
                              									Luft durch besondere Luftdruckpumpen comprimirt werden muss, so gross wie möglich
                              									machen wollte. – Die Wirkung der Luftdruckaccumulatoren auf die Presskolben der
                              									hydraulischen Pressen ist insofern ungünstiger als die der Dampfschmiedepressen,
                              									weil die Spannung der Pressluft bei Beginn des Hubes der Presskolben am grössten und
                              									am Ende des Hubes am kleinsten ist, während es doch umgekehrt sein sollte, weil
                              									gerade am Ende des Hubes für die Pressung der stärkste Druck erfordert wird. – Aber
                              									auch die Anlagekosten einer derartigen Accumulatoranlage sind viel theurer, als die
                              									von Differential-Gewichtsaccumulatoren.
                           Folgende acht Punkte, nämlich:
                           
                              1) Erzielung eines starren, jede Expansion und Repulsion
                                 										ausschliessenden, constant wirkenden Druckes,
                              2) Theilung des Betriebswassers in Nieder- und
                                 										Hochdruck,
                              3) damit zusammenhängend ein Presscylinder mit drei
                                 										verschiedenen Querschnitten,
                              4) Entlastung der Umsteuerungsventile,
                              5) leichte und schnelle Regulirbarkeit der Höhe und der Wirkung
                                 										des Druckes für verschieden grosse Schmiedestücke,
                              6) leichte und schnelle Regulirbarkeit des Hubes der
                                 										Presskolben,
                              7) schnelle Umsteuerung der Vor- und Rückwärtsbewegung der
                                 										Presskolben,
                              8) zulässige Anwendung von
                                 										Differential-Gewichtsaccumulatoren,
                              
                           bilden die wesentlichsten Vorzüge der Borsig'schen hydraulischen Schmiedepresse.
                           Die Einrichtung eines Nieder- und Hochdruckaccumulators und damit im Zusammenhange
                              									der 3theilige Presscylinder (Fig. 2) bedingen die
                              									grosse Betriebsökonomie dieser Presse.
                           Von den constructiven Nebensächlichkeiten bei dieser hydraulischen Schmiedepresse,
                              									wie den Windkesseln, den Aus- und Einrückvorrichtungen der Presse, den Sperrhähnen;
                              									dem Pumpwerke, den automatischen Ausrückvorrichtungen u.s.w., wollen wir hier
                              									absehen, weil sie für die gute Wirksamkeit der Presse zwar von erheblicher
                              									Wichtigkeit, für die gegenwärtige Beleuchtung der eigenartigen Vorzüge der Presse
                              									jedoch nur von untergeordneter Bedeutung sind.
                           Wir gehen nunmehr auf eine nähere Beleuchtung der Dampfschmiedepresse ein:
                           Wie gesagt, können wir diesen Apparat als eine Presse im engeren Sinne des Wortes
                              									nicht gelten lassen, weil das charakteristische Merkmal einer Presse, der starre,
                              									nicht repulsive Druck, diesem Apparate nicht eigen ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 128
                              Fig. 2.Borsig'sche Einrichtung eines Nieder- und
                                 										Hochdruckaccumulators.
                              
                           Da die rein schmiedetechnische Wirkungsweise dieses Apparates bereits eingangs
                              									erörtert und als zweckwidrig nachgewiesen worden ist, so erübrigt nur noch seine
                              									Beleuchtung in betriebsökonomischer Beziehung.
                           Bei der Dampfspannung von etwa 8 at im Kessel dürfte auf dem Wege nach dem grossen
                              									Dampfcylinder dieser Schmiedepresse und innerhalb desselben bis zum Zeitpunkte der
                              									eigentlichen Druckwirkung eine erhebliche Abkühlung des Dampfes und damit eine
                              									Minderung der Dampfspannung eintreten. Es stellt diese Abkühlung des Dampfes einen
                              									Verlust der erzeugten Kraft dar. Der verhältnissmässig langsame Wechsel des Dampfes
                              									im grossen Cylinder befördert ungemein eine solche Abkühlung: Erste Quelle des
                              									Kraftverlustes.
                           Der ganze vom Presskolben zurückzulegende Weg, wovon, wie gesagt,  ¾ als Leergang zu bezeichnen ist,
                              									erfolgt unter der Einwirkung des vollen Dampfdruckes von 8 at im Dampfkessel,
                              									entsprechend dem Vorgange in der hydraulischen Presse bei nur einem Accumulator.
                              									Dieser Umstand bedingt, wie bei der hydraulischen Presse mit einem Accumulator, eine
                              									zweite und zwar die bedeutendste Quelle der Kraftverschwendung.
                           Der Rückgang des Presskolbens erfolgt gleichfalls wieder unter dem directen
                              									Dampfdrucke des Kessels: Dritte Quelle des Kraft Verlust es.
                           Das aus dem Presscylinder nach dem Wassercylinder zurückdrückende Wasser bedingt
                              									wieder den gleichen Kraftverlust, wie der Niedergang des Presskolbens: Vierte Quelle
                              									des Kraftverlustes.
                           Das Verhältniss zwischen dem Durchmesser des grossen Presscylinders und dem
                              									Presskolben des kleineren Wassercylinders verhält sich bei einer Dampfschmiedepresse
                              									in der Grösse von etwa 500 t wie 1 : 6. Sobald also der vom Presskolben
                              									zurückzulegende Weg mehr als ⅙ des ganzen Hubes beträgt, ist ein einmaliger voller
                              									Hub des Dampfkolbens zur Ausführung einer Pressung nicht ausreichend, sondern es
                              									wird ein nochmaliger Hub nöthig; bei der ganzen Hublänge des Presskolbens ist also
                              									eine 6malige Füllung des grossen Dampfcylinders, unter Zufluss von Wasser aus dem
                              									Reservoir, erforderlich. Ist nun auch anzunehmen, dass beim Schmieden von kleineren
                              									Theilen nur eine geringe Hubböhe in Anwendung kommt, so erscheint es doch
                              									wahrscheinlich, dass selbst bei kleinen Schmiedetheilen eine Hubhöhe von ⅙ des
                              									ganzen Hubes häufig nicht auslangen und alsdann eine wiederholte Füllung des grossen
                              									Dampfcylinders nöthig werden dürfte. Also hierin liegt die fünfte Quelle von
                              									Kraftverlust.
                           Dass endlich die Stärke des Druckes für grössere oder kleinere Schmiedestücke nicht
                              									geregelt werden kann, also für kleinere Schmiedestücke dieselbe Dampfkraft gebraucht
                              									wird wie für grössere Stücke, ist die sechste Quelle der Kraftverschwendung.
                           In den angeführten Uebelständen liegt die Erklärung für den grossen Dampfverbrauch
                              									dieser Dampfschmiedepressen, der in gar keinem Verhältniss zu der effectiv
                              									geleisteten Schmiedearbeit steht. Die sogen. Verlustarbeit beträgt bei diesem
                              									Apparate wahrscheinlich unter Umständen ein mehrfaches von der Nutzarbeit, auf welch
                              									letztere es allein ankommt.
                           Bei der Borsig'schen hydraulischen Schmiedepresse trifft
                              									das Gegentheil zu; hier ist die Verlustarbeit auf das unvermeidliche Mindermaass
                              									gebracht; sie beträgt nur einen kleinen Bruchtheil von der effectiven
                              									Nutzarbeit.
                           Die directe Verwendung des Dampfes für Compressionszwecke ist die unzweckmässigste
                              									und wenigst wirthschaftliche Verwendungsart. Die oben angeführten sechs Quellen des
                              									Kraftverlustes bilden die Energie verzehrenden Zwischenglieder und bedingen den
                              									grossen Dampfverbrauch dieser Schmiedepresse. Der für den Betrieb dieses Apparates
                              									erforderliche Dampf würde genügen für den Betrieb von mehreren hydraulischen Pressen
                              
                              									der Borsig'schen Bauweise.
                           Es lässt sich sowohl bei dieser hydraulischen Presse als auch bei der
                              									Dampfschmiedepresse durch Berechnung die verbrauchte Kraft genau ermitteln, und
                              									daraus ergibt sich, wie gross das Verhältniss der Nutzarbeit zur Verlustarbeit ist.
                              									Aus diesem Rechnungsbeweise würde sich noch deutlicher die ökonomische
                              									Unzweckmässigkeit der Dampfschmiedepresse, sowie die bevorzugte Stellung der
                              										Borsig'schen Schmiedepresse ergeben.
                           In diesem abfälligen Urtheil über den Dampfschmiedeapparat liegt durchaus nicht
                              									irgend welcher die Construction selbst betreffender Tadel. Die durch diese
                              									Dampfschmiedepressen bedingte Kraftvergeudung ist zum grössten Theile durch das
                              									Princip der Anwendung des directen Dampfdruckes für Compressionszwecke unabänderlich
                              									gegeben. Jeder elastische Körper ist für Compressionszwecke absolut untauglich. Die
                              									lebendige Kraft des hochgespannten Dampfes direct zu Compressionszwecken zu
                              									verwenden, ist eine Versündigung gegen die Grundgesetze der Mechanik. – Für
                              									Compressionszwecke können nur starre Körper ohne Repulsivkraft zur Anwendung kommen.
                              									Den Metallen am nächsten steht hier das Wasser, und da Metalle nur bei mechanischen
                              									Hebelpressen zur Anwendung gelangen können, die hydraulischen Pressen dagegen bei
                              									grossen Druckhöhen ihrer anderweitigen Vorzüge wegen den Hebelpressen weit überlegen
                              									sind, so liegt es auf der Hand, dass für Zwecke starker Compression ausschliesslich
                              									das Wasser in Betracht kommt.
                           Verwendet hierfür ein Constructeur heute noch den directen Dampf oder comprimirte
                              									Luft, dann ist das ein ebenso arger Missgriff, als wenn man einen Dampfhammer auf
                              									eine Unterlage aus Gummi elasticum stellen wollte.
                           Die Leistungsfähigkeit der Borsig'schen Presse hängt
                              									lediglich von der Schnelligkeit ab, mit welcher der Arbeiter das Schmiedestück zu
                              									handhaben vermag. Unter allen Umständen arbeitet dieselbe schneller als die
                              									Dampfschmiedeschnellpresse.
                           Was die Regelbarkeit der Stärke und der Wirkung des Druckes der Borsig'schen Presse betrifft, so möchten wir hier zum
                              									Schlusse noch eine kurze Erläuterung hinzufügen:
                           Die Regulirbarkeit der Stärke des Druckes bedeutet Vermeidung von Kraftvergeudung. Es
                              									unterliegt wohl keinem Zweifel, dass kleinere Schmiedestücke weniger Druck erfordern
                              									als grosse. Angenommen, ein grosses Schmiedestück erfordere zur Bearbeitung einen
                              									Höchstdruck von 600000 k, während ein kleineres nur 100000 k gebraucht, so wäre es
                              
                              									doch eine unverantwortliche Kraftvergeudung, wenn man diese kleineren Stücke mit
                              									5mal so hohem Drucke als nothwendig ist pressen wollte. – Auch die Regelung der
                              									Wirkung des Druckes, also ob derselbe schneller oder langsamer auf das Schmiedestück
                              									wirken soll, ist unter Umständen von hoher Wichtigkeit für das erfolgreiche
                              									Schmieden, besonders für das Schmieden von Formstücken. Man kann nämlich dadurch
                              									nach Wunsch und Bedarf die Wirkung des sogen. Vor- sowohl, als auch die des
                              									Hauptdruckes regeln, also entweder den Vordruck schneller und den Hauptdruck
                              									langsamer und umgekehrt auf das Schmiedestück wirken lassen, ohne dadurch die
                              									Leistungsfähigkeit der Presse zu beeinträchtigen. – Die Hauptsache dabei aber ist,
                              									dass diese einmal festgestellte Stärke des Druckes u.s.w. während des Betriebes
                              									unabhängig von der Zuverlässigkeit des die Steuerungshebel bedienenden Arbeiters ist
                              									und unverändert bleibt. Hierdurch ist man in der Lage, jedes Schmiedestück von
                              									bestimmter Grösse und Form, selbst nach Wochen und Monaten, immer unter absolut
                              									gleichen Druckverhältnissen zu pressen, und man kann daher selbst bei
                              									Massenfabrikation stets Schmiedestücke von gleicher Homogenität und Beschaffenheit
                              									erzielen.
                           
                           Diese eben angeführte Regelbarkeit der Borsig'schen
                              
                              									hydraulischen Schmiedepresse hat den grossen Vorzug, dass man mit gleichem Vortheile
                              									dieselbe sowohl für die Anfertigung grosser, wie für die kleinsten Schmiedestücke
                              									verwenden kann, weil die zur Verwendung kommende Betriebskraft stets im Verhältniss
                              									zur Grösse des zu pressenden Schmiedestückes steht. Durch sinngemässe Ausnutzung
                              									dieser Eigenschaften der Presse machen sich deren Anlagekosten sehr bald
                              									bezahlt.