| Titel: | Glasindustrie.Zur Technologie des Glases. | 
| Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 164 | 
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                        Glasindustrie.Zur
                           								Technologie des Glases.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 141 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Zur Technologie des Glases.
                        
                     
                        
                           Ueber thermische Widerstandscoëfficienten verschiedener
                                 										Gläser in ihrer Abhängigkeit von der chemischen Zusammensetzung von A. Winkelmann und O.
                                 										Schott in Jena (Wied. Annalen, 1894 N. F. Bd.
                              									51 S. 730 bis 746).
                           Die Frage, von welchen Eigenschaften eines Glases seine Widerstandskraft gegen
                              									plötzliche Temperaturänderungen bedingt wird, hat für die Technik grosse Bedeutung
                              									und ist in vorliegender Arbeit zum ersten Mal wissenschaftlich behandelt worden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 164
                              Fig. 1.(S. Seite 141.) Apparat zur Bestimmung der Zugfestigkeit.
                              
                           Bei Temperaturänderungen treten sowohl Zug- als auch Druckspannungen auf; beim
                              									Springen eines Glases durch Abkühlung oder Erwärmung kommen jedoch nur erstere wegen
                              									der weit geringeren Zugfestigkeit des Glases gegenüber der Druckfestigkeit in
                              									Betracht.
                           Die Verfasser betrachten den Fall, dass ein Glas den halben unendlichen Raum
                              									ausfülle, seiner ganzen Ausdehnung nach die Temperatur 0° C. habe und seine ebene
                              									Begrenzungsfläche plötzlich zur Zeit 0 auf die Temperatur ϑ0 (wo ϑ0 negativ ist) abgekühlt und auf dieser Temperatur
                              									erhalten werde. Nach einer Ableitung, deren Wiedergabe hier zu weit führen
                              									würde, gelangen die Verfasser zu der Formel:
                           
                              \frac{P}{p}=\frac{1}{B}\,\frac{P\,\sqrt{x}}{E\,.\,\alpha\,\sqrt{s\,.\,c}}=\frac{1}{B}\,.\,F.
                              
                           In dieser Formel bedeuten:
                           
                              F den thermischen
                                 										Widerstandscoëfficienten,
                              B eine Constante, die von der
                                 										Natur des Glases unabhängig ist,
                              P die Zugfestigkeit,
                              p die Zugspannung in der
                                 										äussersten Schicht, bezogen auf die Einheit des Querschnittes,
                              E den
                                 										Elasticitätscoëfficienten,
                              x die
                                 										Wärmeleitungsfähigkeit,
                              α den thermischen
                                 										Ausdehnungscoëfficienten,
                              c die specifische Wärme,
                              s das specifische Gewicht.
                              
                           Je grösser F ist, um so grössere Temperaturdifferenzen
                              										P werden ertragen, ehe das Glas springt. \frac{P}{p}
                              									muss grösser als 1 bleiben, damit keine Zertrümmerung eintritt. Die maassgebenden
                              									Erscheinungen beim Bruch durch Abkühlung spielen sich im Wesentlichen in der
                              									äusseren Begrenzungsfläche und in der dieser zu allernächst liegenden Schicht ab;
                              									dies gilt jedoch nur für die angenommene einfache Begrenzung.
                           Die hier in Betracht kommenden Grössen sind für eine Reihe von Gläsern schon
                              									bestimmt, können auch berechnet werden (vgl. die vorher besprochenen Arbeiten von
                              										Winkelmann 1893 289 254,
                              									ferner Schott 1893 289
                              									257).
                           Das specifische Gewicht wurde bei Zimmertemperatur bestimmt und auf Wasser von 4° als
                              									Einheit bezogen. Setzt man voraus, dass das Glas aus einer Mischung der
                              									Bestandtheile, die keine Volumenänderung erfahren, zusammengesetzt ist, so wird das
                              									specifische Gewicht s des Glases:
                           
                              s=\frac{100}{\frac{a_1}{z_1}+\frac{a_2}{z_2}+\frac{a_3}{z_3}+.\ .\ .},
                              
                           wo z1, z2, z3 das specifische
                              									Gewicht der Bestandtheile bedeutet, a1, a2, a3 aber den Procentgehalt derselben im Glase. Für die
                              									Grössen von z werden die berechneten Werthe unter A
                              									eingesetzt:
                           
                              
                                 
                                 A
                                 B
                                 
                              
                                 PbO
                                 9,6
                                 9,32
                                 
                              
                                 BaO
                                 7,0
                                 5,00
                                 
                              
                                 ZnO
                                 5,9
                                 5,65
                                 
                              
                                 Al2O3
                                 4,1
                                 3,85
                                 
                              
                                 As2O5
                                 4,1
                                 4,09
                                 
                              
                                 MgO
                                 3,8
                                 3,40
                                 
                              
                                 CaO
                                 3,3
                                 3,15
                                 
                              
                                 K2O
                                 2,8
                                 2,66
                                 
                              
                                 Na2O
                                 2,6
                                 2,38
                                 
                              
                                 P2O5
                                 2,55
                                 2,38
                                 
                              
                                 SiO2
                                 2,3
                                 2,17
                                 
                              
                                 B2O3
                                 1,9
                                 1,46
                                 
                              
                           Unter B finden sich die direct beobachteten specifischen Gewichte der Bestandtheile.
                              									Wie man sieht, sind die letzteren kleiner als die ersteren, und daraus geht hervor,
                              									dass durch Vereinigung der Bestandtheile zu einem Glase eine Volumverminderung
                              									eintritt.
                           In der nebenstehenden Tabelle ist in der letzten Verticalspalte der thermische
                              									Widerstandscoëfficient F berechnet. Da in der Rechnung
                              									der cubische Ausdehnungscoëfficient benutzt wurde, so sind in der folgenden Tabelle die
                              									Werthe von \frac{F}{3} angeführt. Die mit einem * bezeichneten Werthe sind berechnet,
                              									nicht beobachtet.
                           Tabelle XI.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 165
                              Fortlaufende Nr.; Chemische
                                 										Zusammensetzung; Zugfestigkeit in k/qmm; Elasticitätscoëfficient in k/qmm;
                                 										Cubischer Ausdehnungscoëfficient; Leitungsfähigkeit; Specifische Wärme;
                                 										Specifisches Gewicht; Thermischer Widerstandscoëfficient
                              
                           Wie aus der letzten Verticalspalte hervorgeht, zeigen die thermischen
                              									Widerstandscoëfficienten beträchtliche Unterschiede.
                           Der grösste Werth (4,84 für Nr. 37) ist mehr als viermal so gross wie der kleinste
                              									(1,17 für Nr. 20). Das Glas Nr. 20, ein schweres Bleisilicat, weist unter allen
                              									Gläsern den kleinsten Werth für den Quotienten \frac{P}{E} auf; es hat ferner die
                              									kleinste Leitfähigkeit und einen grossen Ausdehnungscoëfficienten; durch das
                              									Zusammentreffen dieser Umstände wird der kleine Werth bedingt.
                           Zur Prüfung der in der Tabelle berechneten thermischen Widerstandscoëfficienten
                              									wurden Würfel von 1 und 2 cm Seitenlänge auf eine constante Temperatur erwärmt und
                              									plötzlich in kaltes Wasser getaucht, um zu erfahren, welche
                              									Maximaltemperaturdifferenz dieselben ertragen, ohne zu zerspringen.
                           In der folgenden Tabelle ist eine Zusammenstellung
                           Tabelle XII.
                           
                              
                                 NummerderGläser
                                 Widerstands-coëfficient . ⅓= F .  ⅓
                                 Maximale Temperaturdifferenz,die
                                    											ertragen wurde von Würfeln
                                 
                              
                                 mit 2 cm Seite
                                 mit 1 cm Seite
                                 
                              
                                 21
                                 4,10
                                 110,5°
                                 148,0°
                                 
                              
                                 34
                                 4,06
                                 –
                                 148,0
                                 
                              
                                 19
                                 3,56
                                 95,5
                                 –
                                 
                              
                                 22
                                 3,45
                                 84,7
                                 103,5
                                 
                              
                                 25
                                 3,23
                                 78,5
                                 103,5
                                 
                              
                                 23
                                 2,79
                                 70,9
                                   90,5
                                 
                              
                                 31
                                 2,51
                                 32,0
                                   50,5
                                 
                              
                                 24
                                 2,49
                                 66,2
                                   98,5
                                 
                              
                                 28
                                 2,32
                                 77,8
                                   88,4
                                 
                              
                                 26
                                 2,14
                                 69,8
                                   88,5
                                 
                              
                                 33
                                 1,96
                                 65,8
                                   87,0
                                 
                              
                                 27
                                 1,49
                                 –
                                   62,7
                                 
                              
                                 20
                                 1,17
                                 52,8
                                   61,9
                                 
                              
                           der Beobachtungen gegeben. Die Gläser sind nach der
                              									Grösse der in der Tabelle XI berechneten Widerstandscoëfficienten geordnet, soweit
                              									Versuche mit ihnen angestellt wurden. Die Beobachtungen beziehen sich auf Würfel von
                              									2 cm und von 1 cm Seite, die getrennt von einander aufgeführt sind.
                           Vergleicht man die Zahlenwerthe der beiden letzten Columnen mit einander, so findet
                              									man allgemein, dass die Würfel von 1 cm Seite eine höhere Temperaturdifferenz
                              									ertrugen, als die entsprechenden Würfel von 2 cm Seite. Es steht dieses Resultat mit
                              									der bekannten Erfahrung im Einklänge, dass ein Glas um so besser plötzliche
                              									Temperaturdifferenzen aushält, je dünner es ist.
                           Abgesehen vom Glase Nr. 31, zeigen die übrigen Gläser eine mit der Rechnung genügende
                              									Uebereinstimmung.
                           Dass die Gläser plötzliche Erwärmungen viel besser vertragen, als plötzliche
                              									Abkühlungen, wurde durch einen Versuch mit Glas Nr. 20 nachgewiesen. Ein Würfel
                              									dieses Glases von 2 cm Seitenlänge (von Zimmertemperatur) wurde in siedendes
                              									Glycerin eingetaucht und dann in geschmolzenes Zinn von 480° C. und sprang in keinem
                              									Falle, während der gleiche Würfel eine Abkühlung von 52,8° nicht mehr auszuhalten
                              									vermag.
                           Der feurige Fluss und die Silicate von Prof. F. Knapp Naturwissenschaftliche Rundschau; Sprechsaal,
                              									1895 S. 466 und 494). Ein sehr lesenswerther Artikel aus der Feder des berühmten
                              									Technologen, in welchem die mächtige Kraft feuerflüssiger Silicate als Lösungsmittel
                              									für Salze, Metalloxyde und Metalle selbst an der Hand von zahlreichen Beispielen
                              									erörtert wird, eine Eigenschaft der Silicate, welcher man nach Ansicht des
                              									Verfassers häufig nicht genügend Rechnung getragen hat.
                           Da man zur Zeit keine sicheren Methoden zur Scheidung des Gelösten vom chemisch
                              									Gebundenen hat, so ist, nach Knapp, das Aufstellen
                              									chemischer Formeln als Ausdruck der Constitution des Glases immer misslich.
                           Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischemGebrauche von Dr. F.
                                 										Förster (Zeitschrift für Instrumentenkunde,
                              									Bd. 13 S. 457). Verfasser macht zunächst darauf aufmerksam, dass die Wirkung von
                              									Wasser auf Glas auf die freiwerdenden Alkalien zurückzuführen ist. Er fasst die
                              									Lösung von Glas und insbesondere von Wasserglas in Wasser nicht als eigentliche
                              									Lösung, sondern vielmehr als Quellungsvorgang auf, bei
                              									welchem der Unterschied zwischen der festen Substanz und der schliesslichen Lösung
                              									durch eine stetige Reihe von Uebergangsformen (gequollenem, wasserhaltigem Glase)
                              									überbrückt wird.
                           Die Menge der SiO2, die von dem Wasser bei
                              									gewöhnlicher Temperatur aus dem Glase aufgenommen wird, ist verschwindend, bei 100°
                              									C. wird Alkali und Kieselsäure in nahezu gleichen Mengen aufgenommen, bei höheren
                              									Temperaturen noch mehr, jedoch immer nicht so viel, als dem Verhältnisse SiO2 : Na2O, (K2O) im Glase entsprechen würde. Zurück bleibt eine
                              									Schicht von Calciumsilicat. Der Kalkgehalt spielt demnach bei der Verwendung von
                              									Glas zu Wasserstandsröhren eine grosse Rolle. Die kalkreicheren Fenstergläser
                              									übertreffen an Widerstandsfähigkeit die kieselsäurereicheren härteren böhmischen
                              									Verbrennungsröhren, beide jedoch werden durch das Jenaer Thermometerglas 59III, welches den inneren Theil der
                              									Verbundglaswasserstandsröhren bildet, bedeutend übertroffen.
                           Eine 1/1000-Normalalkalilösung greift Glas nicht merklich stärker an als Wasser.
                              									Doppelt normale Alkalilösung löst Kalk-Alkaligläser als solche auf. Grössere
                              									Vermehrung des Alkaligehaltes steigert nicht merklich die Wirkung solcher Lösungen
                              									auf Glas; concentrirte Alkalilösungen lösen weniger Glas auf als verdünntere.
                           Die Natronlauge greift das Glas am stärksten an, daran schliessen sich die Kalilauge,
                              									das Ammoniak und das Barytwasser.
                           Alkalicarbonate erhöhen beträchtlich die Angreifbarkeit des Glases durch Wasser. Die
                              									verschiedenen Gläser zeigen jedoch gegen Carbonatlösungen ein anderes Verhalten als
                              									gegen Wasser. Die Bildung von Calciumcarbonat durch doppelte Umsetzung aus dem
                              									Silicat kommt hier als wesentlich in Betracht.
                           Die Wirkung von Säuren auf Glas wurde durch
                              									Gewichtsabnahme von Glaskolben, welche durch 6 Stunden, mit verschiedenen Säuren
                              									gefüllt, auf 100° C. erhitzt worden waren, festgestellt.
                           Dabei stellte sich heraus, dass ein und dasselbe Glas stets die gleiche Gewichtsmenge
                              									verlor, gleichgültig, ob es mit Schwefelsäure, Salzsäure, Salpetersäure oder
                              									Essigsäure behandelt worden war, und gleichgültig, ob die Säure 1/1000-normal, ob
                              									sie normal oder 10fach-normal war. Nur die sehr concentrirten Säuren zeigten einen
                              									geringeren Angriff auf Glas, keine Säure jedoch greift das Glas so stark an, als
                              									reines Wasser.
                           Auch bei höheren Temperaturen (260 bis 270° C.) zeigten die Säuren dasselbe Verhalten
                              									gegen Glas.
                           Dieses Verhalten der Säuren ist offenbar auf ihre neutralisirende Wirkung gegen das
                              									aus dem Glase gelöste Alkali zurückzuführen.
                           Interessant ist der Vergleich des Verhaltens der Kalk-Natrongläser mit dem anderer
                              									Kalk-Alkalisilicate, die weniger Kieselsäure enthalten. Letztere werden von Säuren
                              									stärker angegriffen als von Wasser, und von concentrirten Säuren stärker als von
                              									verdünnten. Ebenso verhält sich auch das geschmolzene Metasilicat Na2SiO3. Diese
                              									Silicate verhalten sich also umgekehrt wie die Gläser gegen Säuren. Wasserglas
                              									von der Formel Na2O3SiO2 wird von stärkeren Säuren weniger
                              									angegriffen als von schwächeren.
                           Die Bleikrystallgläser mit genügendem Kieselsäuregehalt werden wie die Kalkgläser von
                              									Säuren weniger angegriffen als von Wasser. Das Umgekehrte tritt ein, wenn der
                              									Bleigehalt grösser wird wie bei Flintgläsern.
                           Concentrirte Schwefelsäure wirkt nur in Dampfform bei höherer Temperatur auf gutes
                              									Glas ein. (Beschläge von Alkalisulfaten auf Gläsern bei ihrer Herstellung, wenn
                              									S-haltige Steinkohlen zur Feuerung dienen; Angriff der Kolben bei der Kjeldahl'schen Stickstoffbestimmung.)
                           Gasförmige Kohlensäure wirkt nur auf Glas ein, welches durch Einwirkung der
                              									Feuchtigkeit eine oberflächliche Zersetzung erlitten hat.
                           In den beiden folgenden Tabellen sind die chemische Zusammensetzung und die
                              									Angreifbarkeit der besten zu chemischem Gebrauche hergestellten Gläser
                              									zusammengestellt.
                           Tabelle I.
                           
                              
                                 Num-mer desGlases
                                 K2O
                                 Na2O
                                 CaO
                                 MnO
                                 Al2O3(+ Fe2O3)
                                 SiO2
                                 RI2O : CaO : SiO2
                                 Anzahl der in100
                                    											MolekülenenthaltenenAlkali-molekule
                                 
                              
                                 1
                                   6,2
                                   6,4
                                 10,0
                                 0,2
                                 0,4
                                 76,8
                                 0,95 : 1 :   7,16
                                 10,4
                                 
                              
                                 2
                                   7,0
                                   8,3
                                   8,1
                                 –
                                 0,3
                                 76,3
                                 1,44 : 1 :   8,80
                                 12,7
                                 
                              
                                 3
                                 11,8
                                   4,9
                                   7,6
                                 0,1
                                 0,5
                                 75,1
                                 1,50 : 1 :   9,24
                                 12,8
                                 
                              
                                 4
                                   4,3
                                 10,0
                                   7,8
                                 –
                                 0,3
                                 77,6
                                 1,48 : 1 :   9,28
                                 12,6
                                 
                              
                                 5
                                   46
                                 10,1
                                   7,7
                                 –
                                 0,4
                                 77,2
                                 1,54 : 1 :   9,36
                                 13
                                 
                              
                                 6
                                   0,6
                                 14,3
                                 11,2
                                 0,4
                                 2,9
                                 70,6
                                 1,18 : 1 :   5,88
                                 14,6
                                 
                              
                                 7
                                   9,7
                                   9,0
                                   6,8
                                 –
                                 0,4
                                 74,1
                                 2,04 : 1 : 10,17
                                 15,4
                                 
                              
                                 8
                                   6,7
                                 13,7
                                   7,2
                                 0,3
                                 3,2
                                 68,9
                                 2,27 : 1 :   8,91
                                 18,6
                                 
                              
                           Tabelle II.
                           
                              
                                 Num-mer
                                    											desGlases
                                 Alkaliabgabe an Wasser, aus-gedrückt in
                                    											Tausendstel-Milli-grammen Na2O, von 100
                                    											qcmOberfläche
                                 Gewichtsabgabe in Milli-grammen von 100
                                    											qcm Ober-fläche bei 3tägiger Behandlungmit 100° warmer
                                 
                              
                                 bei 8 tägiger Be-handlung mitWasser von
                                    											20°nach 3 tägigerVorbehandlungmit Wasser vonder
                                    											gleichenTemperatur
                                 bei darauf fol-gender 3stün-diger
                                    											Behand-lung mit Wasservon 80°
                                 doppeltnormalerNatronlauge
                                 doppeltnormalerSodalösung
                                 
                              
                                 1
                                 13
                                   27
                                 37
                                 59
                                 
                              
                                 2
                                 14
                                   56
                                 40
                                 77
                                 
                              
                                 3
                                    14,5
                                   45
                                 38
                                 79
                                 
                              
                                 4
                                 15
                                   50
                                 38
                                 73
                                 
                              
                                 5
                                 18
                                   66
                                 42
                                 79
                                 
                              
                                 6
                                 27
                                   98
                                 31
                                 41
                                 
                              
                                 7
                                 32
                                 217
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 8
                                 77
                                 654
                                 46
                                 45
                                 
                              
                           Glas Nr. 1, welches dem Stas'schen Glase in der
                              									Zusammensetzung nahe kommt, gehört zu den widerstandsfähigsten Gläsern, die zur Zeit
                              									vom Chemiker gebraucht werden.
                           Ueber die Löslichkeit des Glases in Wasser von Dr. Chr. Dralle (Sprechsaal,
                              									1896 S. 25, 49, 75, 101). Ein Referat über die wichtigsten Ergebnisse der auf diesem
                              									Gebiete angestellten umfangreichen Untersuchungen.
                           Ueber die Einwirkung von Reagentien auf Glas von Dr. Chr. Dralle (Sprechsaal,
                              									1896 S. 383, 407, 435). Ein Referat über die weiter oben behandelte Arbeit Förster's, unter Berücksichtigung älterer Arbeiten mit
                              									Litteraturangaben.
                           Prof. L. L. de Koninck hat beobachtet, dass die Magnesiamischung besonders energisch auf die
                              										Glasoberfläche einwirkt (Chemiker-Zeitung, 1895 S. 450; 1896 S. 129). Ein Erlenmeyer'scher Kolben aus Jenaer Glas wurde mit kaltem Wasser ausgewaschen und
                              									dann mit gewöhnlicher Magnesiamischung gefüllt. Nach ungefähr 13 Monaten war die von
                              									der Lösung benetzte Fläche des Kolbens vollständig mit einem aus kieselsaurer
                              									Magnesia bestehenden Häutchen bekleidet, welches, auf dem Filter gesammelt,
                              									getrocknet und geglüht, 0,1525 g wog, entsprechend 0,2168 g wasserhaltigem,
                              									lufttrockenem Silicate.
                           In Ostwald's Laboratorium werden alle Glasgeräthschaften
                              									für feinere Arbeiten vor dem Gebrauche mit Wasserdampf behandelt und dadurch
                              									widerstandsfähiger gemacht. Verfasser hat sich nun durch Versuche überzeugt, dass
                              									ein derartig behandeltes Glasgefäss auch gegen Magnesiamischung eine bedeutend
                              									erhöhte Widerstandsfähigkeit besitzt.
                           
                        
                           Rohmaterialien, Glasfabrikation.
                           Neues Pressglas mit sogen. Brillantpressung wird von
                              									einer Hütte Ungarns hergestellt und übertrifft alle Fabrikate dieser Art von
                              									Deutschland und Oesterreich.
                           S. A. gibt im Sprechsaal,
                              									1894 S. 254, Anhaltspunkte zur Herstellung solchen Glases.
                           Im J. 1893 zog sich durch die glastechnische Fachlitteratur eine Reihe von Aufsätzen
                              									über den Sauerstoff und seine Anwendung heim
                                 										Glasschmelzen. Nach einem Patente des Engländers Thomas sollte durch Einblasen von Sauerstoff in die schmelzende Glasmasse
                              									eine beträchtliche Zeitersparniss im Schmelz- und Läuterungsprocess bewirkt werden.
                              									Bestätigt wurden diese Angaben durch die Gutachten zweier englischer
                              									Sachverständiger, L. Lewes und L. Temple Thorne. Nach ihren Angaben sollte bei Anwendung von Sauerstoff
                              
                              									eine Zeitersparniss von 50 Proc. und mehr erreicht werden.
                           Die grossen Hoffnungen, welche sich an dieses neue Schmelzverfahren knüpften,
                              									erwiesen sich bald als trügerisch, und gegenwärtig spricht Niemand mehr von der
                              									Anwendung des Sauerstoffes zum Glasschmelzen. Die beiden Sachverständigen scheinen
                              									arg getäuscht worden zu sein.
                           Man hat das Einführen von Sauerstoff in die schmelzende Glasmasse mit dem
                              									Bessemer-Process verglichen, mit dem es thatsächlich einige Aehnlichkeit hat;
                              									wahrscheinlich ist der Erfinder auch von der Beobachtung, dass beim Einblasen von
                              									Luft in geschmolzenes Roheisen ausserordentlich grosse Wärmemengen frei werden,
                              									ausgehend, auf den Gedanken gekommen, ähnliches beim Glase zu versuchen und dadurch
                              									den Schmelzprocess zu verkürzen. – Der Grund, warum er beim Glase nicht zum Ziele
                              									kommen konnte, ist darin gelegen, dass im Glase meist gar keine, oder doch nur ganz
                              									geringe Mengen von verbrennbaren Substanzen enthalten sind, der Sauerstoff also
                              									unverbraucht entweichen wird; seine Wirkung kann bloss darin bestehen, das Glas
                              									durchzumischen, eine Wirkung, die man viel einfacher durch Einblasen von Luft,
                              									Wasserdampf u. dgl. erreichen kann. Trotz der Misserfolge ist immerhin der Gedanke
                              									nicht ganz von der Hand zu weisen, den Glashafen gewissermaassen in einen kleinen
                              									Glasofen zu verwandeln.
                           Wenn es gelänge, dem Glassatze grössere Mengen oxydirbarer Substanzen beizumischen,
                              									derart, dass dieselben leicht und vollständig verbrennen, ähnlich wie Phosphor und
                              									Silicium im Roheisen der Bessemer-Birne, dann könnte der Schmelz- und
                              									Läuterungsprocess des Glases durch Einblasen von comprimirter Luft oder von
                              									Sauerstoff bedeutend abgekürzt werden.
                           Nach G. Kassner wird dem Calciumplumbat als Glasschmelzmittel noch immer nicht genug Aufmerksamkeit
                              									geschenkt. Misserfolge bei der Anwendung von Calciumplumbat in der Glasindustrie
                              									sind darauf zurückzuführen, dass man den Glassatz mit dem Plumbate nicht genügend
                              									gemischt hatte (das Glas erhielt in solchen Fällen Schlieren und Streifen). Ein
                              									anderer Uebelstand, die Grünfärbung des erschmolzenen Glases, soll durch grössere
                              									Reinheit des Materials bereits behoben worden sein.
                           Der Preis von Calciumplumbat beträgt bei waggonweisem Bezug 20 M. für 100 k.
                           Fabrikation des Wasserglases von Max v. Reiboldt (Sprechsaal, 1894 S. 4). Das
                              									Wasserglas wurde im J. 1818 von Joh. Nep. v. Fuchs
                              										entdecktEs war bereits Glauber 1648 bekannt. (D. Ref.) und
                              									von Kuhlmann zuerst in grösserem Maasstabe fabrikmässig
                              									dargestellt. Gegenwärtig wird dieses über die ganze Erde verbreitete Product in
                              									Deutschland in zwölf Fabriken gewonnen; v. Baerle und
                                 										Wöllner, das grösste Etablissement dieser Art, erzeugen allein jährlich
                              									etwa 120000 Centner festes Glas, das zum grössten Theil nach allen Ländern der Erde
                              									exportirt wird. Durch die nicht unbeträchtliche Concurrenz in diesem Artikel ist der
                              									Preis auf etwa ⅓ gesunken, so dass jetzt eine viel ausgedehntere Verwendung
                              									desselben möglich ist, als früher.
                           Kaliwasserglas erhält man durch Zusammenschmelzen von
                           
                              
                                 Sand
                                 100
                                 Th.
                                 
                              
                                 Potasche
                                 66
                                 „
                                 
                              
                                 Holzkohle
                                 3
                                 „
                                 
                              
                           Für Natronwasserglas gilt, als in der Praxis erprobt, folgender Satz:
                           
                              
                                 Sand
                                 100
                                 Th.
                                 
                              
                                 Wasserfreies Natriumcarbonat
                                 50
                                 „
                                 
                              
                                 Holzkohle
                                 3
                                 „
                                 
                              
                           Doppel Wasserglas wird aus Mischungen von Sand, Soda, Potasche und Kohle erschmolzen.
                              									Nach W. Artus soll man bereits vor 1000 Jahren besseres
                              									Wasserglas hergestellt haben als heute; derartiges Wasserglas kann nachgeahmt werden
                              									durch Verschmelzen von
                           
                              
                                 Sand
                                 165
                                 Th.
                                 
                              
                                 Potasche
                                 120
                                 „
                                 
                              
                                 Holzkohle
                                 10
                                 „
                                 
                              
                                 Cararischem Marmor
                                 7
                                 „
                                 
                              
                           Das Product wird in Folge seines Kalkgehaltes Kalikalkwasserglas genannt.
                           In guten Wannenöfen kann mit 1 k Kohle 3 bis 3,5 k Wasserglas geschmolzen werden.
                           Ueber Paul Siemon's Verfahren zur Herstellung von
                                 										Tafelglas findet sich im Sprechsaal, Bd. 26 S.
                              									140, ein interessanter Artikel von einem ungenannten Autor, in welchem dargethan
                              									wird, mit welchen bedeutenden Schwierigkeiten die ersten Versuche, in den Rostocker Glashüttenwerken dieses Glas herzustellen, zu
                              									kämpfen hatten. Verfasser gibt dem Gedanken Ausdruck, dass noch Jahre vergehen
                              									werden, ehe alle Fabrikationsschwierigkeiten des gewalzten Tafelglases so weit
                              									überwunden sein werden, wie dies heute beim Pressglase der Fall ist.
                           Die Glasblasmaschinen von H. M.
                                 										Ashley und H. Hilde beschreibt Max v. Reiboldt (Sprechsaal, 1897 S. 844). Da die Maschinen von Ashley in D. p. J. 1890 287 * 376 und 1893 289 * 298, ferner das Patent
                              									von Hilde 1894 292 * 55
                              									bereits behandelt worden sind, so begnügen wir uns mit den vom Verfasser
                              									mitgetheilten Angaben über die praktische Bedeutung dieser beiden bekanntesten
                              									Erfindungen auf dem Gebiete der maschinellen Herstellung von Glasflaschen. Obwohl
                              									sich in Castelford eine Gesellschaft mit bedeutendem Capital zur Ausbeutung der
                              									Patente von Ashley bildete, so ist seine Maschine doch
                              									nicht zur Einführung gelangt. Das Unternehmen scheiterte an zwei Unvollkommenheiten
                              									der Erfindung; zunächst war die Leistungsfähigkeit der Maschine zu gering, denn
                              									diese stellte in einer Schicht nicht mehr Flaschen her als ein
                              									Durchschnittsglasmacher, dann aber konnte man nur gedrückte oder schwere
                              									Flaschenformen erzeugen, während die Herstellung von schweren Facons, wie die der
                              									Rheinweinflaschen, ausgeschlossen erschien; geradezu unmöglich war es, Flaschen mit
                              									Hohlboden, Kopfboden oder gar Patentboden anzufertigen.
                           Anders hatte sich dagegen die Erfindung von Hilde
                              									eingeführt, die gegenwärtig in Besitz der Firma H.
                                 										Pfropfe in Hamburg und der Actiengesellschaft für
                                 										Glasindustrie vorm. Friedr. Siemens übergegangen ist. Wie auch Ashley ist Hilde nicht
                              									Glasmann von Fach und hat ohne die näheren Kenntnisse der Glasfabrikation durch 7
                              									Jahre an der Verbesserung seiner Maschine gearbeitet; gegenwärtig ist sie so weit
                              									vervollkommnet, dass sie allen Anforderungen in bester Weise entspricht.
                           Zweckmässig wird eine Werkstatt mit je zwei Maschinen und vier Arbeitern ausgerüstet.
                              									Zwei solcher Maschinen fertigen in 1 Minute 3 Flaschen, was für die Stunde 350 bis
                              									360 Stück beträgt. Die Maschinen arbeiten ohne Abfall und erzeugen Flaschen, von
                              									denen eine genau so viel Glas wie die andere enthält und die darum genau gleich
                              									schwer, gleich in Form und Volumen ausfallen.
                           Das Problem der maschinellen Erzeugung von Glas erscheint demnach gelöst.
                           In einem Artikel, Der Aichzwang für Bier- und
                                 										Weinflaschen (Sprechsaal, 1897 S. 30), wird
                              									der Nachtheil besprochen, welchen die Einführung des neuen Gesetzes für die
                              									Flaschenfabrikanten und den Weinhandel mit sich führen wird.
                           Der Sprechsaal empfiehlt (1897 S. 54 und 84), Hängebahnen in Glashütten einzuführen, deren Betrieb
                              									den Transport von Materialien und fertigen Waaren sehr erleichtert.
                           Die Tafelglasfabrikation nach deutscher und belgischer
                                 										Art von W. M. (Sprechsaal, 1897 S. 3). Eine Beschreibung der beiden Arbeitsmethoden, der
                              									deutschen, bei welcher kurze Walzen mit grossem Umfange geblasen werden, und der die
                              									erstere fast gänzlich verdrängenden, besseren belgischen (auch rheinischen)
                              									Arbeitsweise, nach welcher lange Walzen (bis 3 m lang) mit kurzem Umfange
                              									hergestellt werden.
                           Derselbe Verfasser beschreibt auch die verschiedenen Methoden, welche zur Verzierung des Tafelglases durch den Sandstrahl
                              									angewendet werden (Sprechsaal, 1897 S. 442).
                           Geätzte und sandgeblasene Trinkgläser und Flaschen von
                              										W. M. (Sprechsaal,
                              									1897 S. 384 und 414).
                           Die Verwendung des Glases zu Bauzwecken nimmt nach der
                              										Chemiker-Zeitung, 1897 S. 345, allmählich zu. So
                              									werden in St. Gobain Opalinplatten aus 54 Th. Sand, 39 Th. Baryt und 7 Th. Soda
                              									geschmolzen und ausgewalzt. Von den Glashüttenwerken
                                 										Adlerhütten bei Penzing werden nach dem Patente Falconnier Glasbausteine gefertigt. Diese Steine werden meist aus
                              									halbweissem Glase, seltener aus Farbglas hergestellt; als Bindemittel dient
                              									Kalk unter Zusatz von Sand.
                           Die Benutzung von Hochofenschlacke zur Erzeugung von Glas wird von verschiedenen
                              									Seiten empfohlen. In Chicago waren nach Elbers aus
                              									Hochofenschlacke gewonnene Gläser in Form schön gefärbter Stücke ausgestellt.
                           Barytglas wird nach Sprechsaal, 1895 S. 687, erhalten
                              									durch Zusammenschmelzen von
                           
                              
                                 Quarzsand
                                 100
                                 Gew.-Th.
                                 
                              
                                 Potasche II (90procentig)
                                   25
                                 „
                                 
                              
                                 Soda (90procentig)
                                   10
                                 „
                                 
                              
                                 Kalkstein
                                   20
                                 „
                                 
                              
                                 Witherit (reinster englischer)
                                   20
                                 „
                                 
                              
                                 Brocken von gleichem Glase etwa
                                 100
                                 „
                                 
                              
                           Das aus solchem Gemenge hergestellte Glas soll feuriger und glänzender erscheinen als
                              									gewöhnliches Kalkglas. Es besitzt auch höheres specifisches Gewicht.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)