| Titel: | Schiffbau.Neues im Schiffswesen. | 
| Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 174 | 
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                        Schiffbau.Neues im Schiffswesen.
                        Neues im Schiffswesen.
                        
                     
                        
                           Die letzte Versammlung der Institution of naval architects
                                    										and marine engineers hat hervorragende wesentliche Neuheiten nicht bekannt
                              									gegeben. Jedoch ist ein Ueberblick über die Geschichte und den Fortschritt des Schiffsmaschinenbaues in der englischen
                                 										Kriegs- und Handelsmarine beachtenswerth, der von J. Durston, dem Oberingenieur der königl. Flotte, und T. Milton, Oberingenieur am Lloyd Register of shipping,
                              									soweit er die Zeit des Bestehens des genannten Vereins umschliesst, gegeben wurde.
                              									Der Vortrag ist ausführlich im Engineer, 1897 * S. 27
                              									(vgl. auch Stahl und Eisen, 1897 S. 717), abgedruckt
                              									und erstreckt sich auf zwei Abschnitte, nämlich auf eine Betrachtung der
                              									Fortschritte, welche in theoretischer Beziehung betreffs Erkenntniss des Wesens der
                              									Schiffsmaschinen gemacht sind, sodann auf die Art, in welcher die theoretischen
                              									Erkenntnisse nutzbringend in die Praxis übertragen wurden, um die gesteigerten
                              									Arbeitsbedingungen und die Leistungsfähigkeit der heutigen Schiffsmaschinen zu
                              									erzielen.
                           Zur Zeit der Gründung der Institution of naval
                                 										architects (1859) war gerade das Werk von Rankines über die Dampfmaschinen erschienen, welches noch jetzt die
                              									maassgebenden Grundlagen für die Construction der Dampfmaschinen bietet. Es wurde
                              									damals der grosse Vortheil betont, welcher sich aus einer Steigerung der
                              									Dampfspannung für die Wirthschaftlichkeit der Dampfmaschine erwarten liess. Dieser
                              									Fingerzeig ist ausgiebig benutzt und in der Praxis bis zum Aeussersten angewendet.
                              									Hierzu trat dann die Erkenntniss des Vortheiles einer Expansion des Dampfes in
                              									mehreren Cylindern nach einander, eine Erkenntniss, die allerdings auf rein
                              									praktischem Wege, ohne die Hilfe der Theorie, gemacht und ausgenutzt wurde.
                           Die Wirthschaftlichkeit des Dampfbetriebes ist jetzt so weit getrieben, dass
                              									Dampfmaschinen der Kriegs- und Handelsmarine bei einem Dampfdrucke von rund 13 bis
                              									18 k auf 1 qc doppelt so wirthschaftlich arbeiten wie im J. 1860 mit 1,4 k Druck. Zu
                              									diesem Erfolge haben beigetragen: Die allgemeine Einführung der
                              									Oberflächencondensation und die hierdurch ermöglichte Erhöhung des Dampfdruckes, die
                              									Einführung des Cylinderkessels und die hierdurch gestattete Erhöhung der
                              									Dampfspannung, die Anwendung der schon früher versuchten Mehrfachexpansion, der
                              									Uebergang zum Mehrschraubensystem, die Einführung der Wasserröhrenkessel. Zur
                              									Ermöglichung der Fortschritte war erforderlich: Die Herstellung des Flusseisens für
                              									Bleche und grössere Schmiedestücke in grossen Mengen bei guter Beschaffenheit,
                              									Herstellung von Wellrohren für die Kesselfeuerungen, Ermöglichung von
                              									Frischwasserspeisung auf See, Herstellung nahtloser Stahl- und Eisenrohre,
                              									Metallpackungen u.s.w.
                           Wenn im Allgemeinen Kriegs- und Handelsmarine in ihren Neuerungen neben einander
                              									hergegangen sind, so gibt es doch wohl drei sehr wesentliche Punkte, welche
                              									lediglich Eigenthum der Kriegsmarine sind:
                           
                              1) Trotz gesteigerter Arbeitsspannungen im Kessel die
                                 										Herabsetzung der Probedrucke im Kesselmantel, folglich bedeutende
                                 										Gewichtsersparniss hierbei;
                              2) allgemeine Annahme der Wasserrohrkessel, und
                              3) die Einführung eines luftdichten Heizraumes mit
                                 										forcirtem Zuge, der es gestattet, im Falle der Noth für eine kurze Zeit in den
                                 										Maschinen, trotz gegebenen Gewichtes, eine besonders grosse Leistung zu
                                 										erzielen.
                              
                           Allerdings wendet man in der Handelsmarine auch in manchen Fällen Zugforcirung an,
                              									indessen ist dabei das System ein gänzlich verschiedenes, indem man nicht den
                              									Heizraum, sondern die Feuerung und besonders den Aschenraum luftdicht schliesst und
                              									Luft unter den Rost bläst.
                           In der Kriegsmarine ist nun allen diesen einzelnen Stufen der Entwickelung durch
                              									eingehende Versuche und Erfahrungen gewissermaassen ein Berechtigungs- und auch
                              									Zuverlässigkeitszeugniss ausgestellt worden, und wenn die Handelsmarine in manchen
                              									Punkten von den Gepflogenheiten und Gebräuchen der Kriegsmarine abweicht, so liegt
                              									das wesentlich an den gänzlich verschiedenen Anforderungen, welche an die Schiffe
                              									beider Kategorien gestellt werden.
                           Geht man die Verhandlungen der Institution mit Rücksicht auf die Errungenschaften der
                              									Jetztzeit durch, so springen an manchen Punkten die praktischen und gesunden Ideen
                              									vieler früherer Mitglieder hervor, Ideen, deren Ausführung nur durch einen zu frühen
                              									Tod ihrer Vertreter, oder durch Ungunst der Verhältnisse verhindert wurde.
                           Als im J. 1865 über den Misserfolg der Verbundmaschinen mit Oberflächencondensation
                              									verhandelt wurde, that Scott Russel den
                              									bemerkenswerthen Ausspruch: „Ich selbst halte fest an der Hoffnung, dass die
                                 										Maschinen der Zukunft Hochdruckexpansionsmaschinen mit Oberflächencondensation
                                 										und Frischwasser in den Kesseln sein werden.“ Und gleicher Weise findet man
                              									in einer Verhandlung von 1868 den Ausspruch: „Alles was dazu führen kann,
                                 										hochgespannten Dampf mit Expansion arbeiten zu lassen, ist bei weitem der
                                 										praktischste Weg, auf den wir unser Augenmerk richten sollen. Bei Anwendung von
                                 										hochgespanntem Dampf kann die Oceandampfschiffahrt viel mehr zum Nutzen unseres
                                 										Landes ausgedehnt werden, als das jetzt der Fall ist.“ Aehnlicher Aussprüche
                              									liessen sich noch eine ganze Zahl anführen, wenn dies nicht zu weit führen
                              									würde!
                           Hinsichtlich der Entwickelung der Wasserrohrkessel gibt Durston einige interessante Daten. Schon im J. 1857 baute man am Clyde auf
                              									dem S. S. Thetis Wasserrohrkessel ein, welche mit einem
                              									Druck von 120 Pfund gleich 8,45 k/qc arbeiteten, und von da an bis zum Jahre 1879 hat
                              									man dann in England eine ganze Reihe verschiedener Systeme solcher Wasserrohrkessel
                              									für Marinezwecke gebaut und versucht. Wenn auch diese Kessel in ihrem Aeusseren
                              									grosse Aehnlichkeit mit den neueren Typen besassen, so hatten sie doch alle einen
                              									Hauptfehler: mangelhaften Wasserumlauf und grosse Unzugänglichkeit für den Fall,
                              									dass Reinigung oder Ausbesserungen nöthig waren. So versuchte man während der Jahre
                              									1867 bis 1870 in der englischen Marine den sogen. Dundonald-Kessel an Bord der
                              									Schiffe Chanticleer, Oberon, Audacious und Penelope, 1875 auf dem Spartan, allein aus obigen Gründen ging man wieder davon ab. In den Jahren
                              									1874 und 1875 machte man böse Erfahrungen mit den Wasserrohrkesseln auf der Propontis und Montana und
                              									anderen Schiffen der Handelsmarine, und schliesslich gab man diese Kessel
                              									vollständig auf, zumal es andere Kesselsysteme gab, welche mit Leichtigkeit den für
                              									die damaligen Maschinen erforderlichen Dampf lieferten, bis dann später die
                              									Franzosen mit neuen Systemen von Wasserrohrkesseln auftraten und durchschlagenden
                              									Erfolg erzielten. Der erste bedeutende Erfolg auf englischer Seite war der
                              									Missionsdampfer Peace, welcher 1882 mit
                              									Thornycroft-Kesseln ausgestattet wurde, dann im Anschlusse hieran der Ariete und endlich 1885 seitens derselben Firma ein
                              									zweitklassiges Torpedoboot der englischen Marine. Nach Verlauf einiger Jahre (1892)
                              									schloss sich die Firma Yarrow mit einem ähnlichen
                              									Erfolge an und eine Zeitlang waren beide Firmen, Thornycroft und Yarrow, in ganz England die
                              									einzigen, welche brauchbare Wasserrohrkessel für Schiffe zu liefern im Stande
                              									waren.
                           Später kamen eine ganze Reihe von brauchbaren Systemen, sowohl englischen wie
                              									französischen Ursprunges, zur Verwendung, doch gebührt den Franzosen das Verdienst,
                              									zuerst solche Kessel mit weiten Rohren, anstatt, wie bislang üblich, mit engen
                              									Rohren, erfolgreich construirt zu haben; den interessantesten Fall von Bemühungen
                              									nach dieser Richtung zeigt die Firma Belleville, deren
                              									Patente auf solche Kessel bis zu 1850 zurückreichen.
                           Auch hinsichtlich des Heizmaterials für die Kessel ist ein Fortschritt zu
                              									verzeichnen, indem man dazu überging, an Stelle der festen Kohle flüssiges
                              									Heizmaterial zu verwenden. Augenblicklich wird in der englischen Marine ein
                              									Torpedobootzerstörer für Verbrennung flüssigen Heizmaterials in dem einen seiner
                              									beiden Heizräume eingerichtet.
                           Unter Berücksichtigung der augenblicklich im Bau befindlichen Fahrzeuge ist die
                              									englische Flotte von 450000  im J. 1860 auf 2500000  gekommen.
                              									Während vom Jahre 1847 an die Avantgarde der kleineren Schiffe stets höhere
                              									Dampfspannungen in ihren Kesseln aufweist, als die grossen Schlachtschiffe besitzen,
                              									hat in der neuesten Zeit hierin ein Umschlag zu Gunsten der letzteren stattgefunden,
                              									indem Terrible und Pelorus
                              									Dampfspannungen von 21,84 k bezieh. von 25,20 k aufweisen, gegenüber 21,0 k in dem
                              									neuesten Torpedobootzerstörer von 1897. Während der Jahre 1889 bis 1897 hielt sich
                              									in den grossen Schiffen die Dampfspannung auf der gleichen Höhe von 13,0 k und zeigt
                              									dies, dass man damals mit den üblichen Cylinderkesseln die Dampfdruckgrenze erreicht
                              									hatte, welche unter Innehaltung der Vorschriften der englischen Marine hinsichtlich
                              									Gewichtes und Raumes der Kessel statthaft erschien; erst mit Einführung der
                              									Wasserrohrkessel auch an Bord dieser grossen Schiffe springt dann der Dampfdruck
                              									plötzlich auf 25,20 k. Mit zunehmender Dampfspannung verringerten sich die
                              									Schwierigkeiten hinsichtlich der Dampferzeugung, so dass die Steigerung von 150 bis
                              									250 Pfund mit bedeutend weniger Mühe und geringerem Risico erreicht werden konnte,
                              									als diejenige von 30 auf 60 Pfund; es liegt dies zum Theil daran, dass die
                              									Wärmemenge, welche dem Dampfe zugefügt werden muss, um ihn um 1 at höher zu spannen,
                              									bei den niedrigen Drucken bedeutend grösser ist als bei den höheren.
                           Ein entscheidender Grund für den Maschinenbauer, stets nach Vergrösserung der
                              									Umdrehungszahl zu streben, liegt in der dadurch herbeigeführten Verringerung der
                              									Maasse und des Gewichtes der Maschinen, weil dadurch wiederum die Maasse des
                              									Fahrzeuges, besonders sein Tiefgang, und Hand in Hand damit seine Geschwindigkeit
                              									wesentlich beeinflusst werden. Während 1860 die grösseren Schlachtschiffe kaum
                              									mehr wie 55 Touren machten und damals die Maschinen des Bellerophon und Hercules von 6500 bezieh.
                              									8500 W mit rund 75 Touren bemerkenswerthe Ausnahmen für
                              									grosse Umdrehungsgeschwindigkeiten abgaben, ist man nur bei den kleineren Fahrzeugen
                              									bis auf rund 100 Touren gegangen, und auch die Kreuzer, deren Bau erst seit 1869 mit
                              									der Inconstant und Volage
                              									begann, machten 75 bis 77 Touren. Vom Jahre 1875 datirt die Einführung der stehenden
                              									Maschine und nach 1887 baute man eigentlich keine liegende Maschine mehr, da man
                              									gelernt hatte, theils durch Seitenpanzer, theils durch ein Panzerdeck, die
                              									stehenden, über die Wasserlinie hinausreichenden Maschinen zu schützen. Auch konnte
                              									man bei der stehenden Maschine einen grösseren Hub anwenden als bei der liegenden,
                              									wenngleich dies auch manchmal, wie der Vergleich der Kreuzer Orlando und Hawke zeigt, trotz einer ziemlich
                              									bedeutend erhöhten Kolbengeschwindigkeit zu einer Reduction der Tourenzahl führte;
                              									während Hawke bei einer Kolbengeschwindigkeit von 870
                              									Fuss eine Tourenzahl von 102 besitzt, lauten die entsprechenden Zahlen beim Orlando 830 und 119.
                           Auch bei den ersten Torpedobooten ging man rasch mit der Tourenzahl in die Höhe, sehr
                              									bald aber theilte man diese Art Schiffe in die weniger schnelle Halcyon-Klasse, 247 Touren, und in die schnellere
                              									Klasse der Torpedobootzerstörer, hinauf bis zu 412 Touren.
                           Als neuartiges Schiffsbaumaterial haben neuerdings besonders Nickelstahl und
                              									Aluminium Beachtung und über das Versuchsstadium hinausgehende Anwendung
                              									gefunden.
                           Nickelstahl wird in der englischen und deutschen Kriegsmarine verschiedentlich
                              									angewendet, und zwar besonders für die Divisionstorpedoboote, an deren Leichtigkeit
                              									und Festigkeit rücksichtlich ihrer thunlichst grossen Geschwindigkeit hohe
                              									Anforderungen gestellt werden. Der für Schiffsbauzwecke benutzte Nickelstahl hat
                              									eine Zugfestigkeit von 59 bis 66 k/qmm bei 10 bis 15 Proc. Dehnung auf eine Länge von
                              									200 mm.
                           Der englische Schiffsconstructeur E. Reed sprach in der
                              									Institution of civil engineers die Ueberzeugung aus, dass Nickelstahl sowohl in der
                              									Kriegsmarine wie in der Handelsmarine eine grosse Bedeutung erlangen werde, trotzdem
                              									Nickelstahl seiner umständlichen Herstellung halber noch etwa dreimal so theuer sei,
                              									als der bisher verwendete weiche Stahl. Aenderungen in der Construction können aber
                              									den Preisunterschied nur bis zu einem verhältnissmässig geringen Grade ausgleichen.
                              									Besonders beachtenswerth bleibt aber die Erkenntniss, dass der gefährliche Punkt bei
                              									der Verwendung von Nickelstahl zum Schiffsbau dort liegt, wo Druckspannungen
                              									auftreten; hier muss noch durch Versuche festgestellt werden, welche Grenzwerthe
                              									hierfür angenommen werden dürfen.
                           Für einen Schnelldampfer hat Blies nach Stahl und Eisen, 1897 S. 767, in der Institution of
                              									civil engineers folgende Rechnung aufgestellt, welche die Anwendungsfähigkeit von
                              									Nickelstahl erläutert.
                           Baut man einen 10000-t-Dampfer ganz aus Nickelstahl und setzt dabei voraus, dass
                              									Nickelstahl mit Zuverlässigkeit hergestellt werden kann, so lässt sich, da
                              									Nickelstahl 50 Proc. mehr Festigkeit besitzt als weicher Stahl, eine
                              									Gewichtsreduction bezüglich der auf Zug beanspruchten Theile um etwa 33⅓ Proc.
                              									erzielen; da aber hinsichtlich des sicheren Aufnehmens der Druckkräfte eine
                              
                              									Reduction der
                              									Spantentfernung, also eine Vermehrung der Spanten und Balken, erforderlich ist, so
                              									ist der Gewichtsgewinn nach dieser Richtung hin, wie früher gezeigt, etwa nur die
                              									Hälfte des obigen, also 16⅔ Proc. In Summa kann man bei einem 10000-t-Schiffe sagen,
                              									dass bei einem Schiffseigengewicht von 6000 t etwa 1000 t = 16⅔ Proc. mit Sicherheit
                              									sich ersparen lassen. Dieser Gewinn von 1000 t am Gewichte des Schiffskörpers liesse
                              									sich nun verwerthen, um Maschinenstärke und Kohlenvorrath zu vergrössern, und Blies rechnet aus, dass z.B. der hieraus zu ziehende
                              									Geschwindigkeitszuwachs für ein 20-Knoten-Schiff etwa 1¼ Knoten mit einem
                              									Kohlenverbrauch von 13 Proc. betragen würde. Wollte man nun ein Schiff aus weichem
                              									Stahl bauen, welches dieselbe nützliche Zuladung fasst und dabei 21½ Knoten Fahrt
                              									macht, so müsste man seine Dimensionen um etwa 10 Proc., seine Maschinenstärke um
                              									etwa 40 Proc. und seine ersten Anschaffungskosten um etwa 20 Proc. (in diesem Falle
                              									vielleicht 70000 £ = 1400000 M.) erhöhen. Nimmt man nun
                              									an, dass die auf beide Schiffe entfallenden Löhne die gleichen bleiben
                              									(wahrscheinlich sind sie für das Nickelstahlschiff geringer), so würde man als
                              									einzigen Unterschied in den Kosten dieser beiden Schiffe die Summe haben, um welche
                              									sich die 6000 t weicher Stahl von den 5000 t Nickelstahl unterscheiden. Angenommen,
                              									die ersteren kosteten 40000 £ = 800000 M. (133,3 M. für
                              									1 t), so hätte man für das Nickelstahlschiff zur Verfügung 40000 £  + 70000 £ = 110000 £ = 2200000 M. Denn da das Nickelstahlschiff um so viel
                              									leichter ist, müsste das gleichwerthige weiche Stahlschiff entsprechend vergrössert
                              									werden, mit einem Mehrkostenaufwand von 70000 £. Ein
                              									jeder Betrag, um welchen man das Nickelstahlschiff hinsichtlich seiner
                              									Materialkosten für den Rumpf billiger bauen kann, als jene Summe von 110000 £ ergibt, ist als Gewinn zu betrachten, wozu noch der
                              									Umstand hinzukommt, dass die Kohlenrechnung des weichen Stahlschiffes, wegen seiner
                              									grösseren Maschine, um etwa 19½ Proc. höher ist als diejenige des
                              									Nickelstahlschiffes.
                           Nach der augenblicklichen Preislage liessen sich heute 5000 t Nickelstahl für 75000
                              										£ = 1500000 M. (300 M. für 1 t) beschaffen, und
                              									dadurch hätte man schon, da 110000 £ zur Disposition
                              									stehen, 110000 – 75000 = 35000 £ = 700000 M. gewonnen.
                              									Es zeigen diese Zahlen den grossen Gewinn, den man daraus ziehen kann, wenn die
                              									Festigkeitsnummern des Materials in die Höhe gebracht werden. Indessen nicht bei
                              									allen Arten von Schiffen ist dieser Gewinn so gross, besonders nicht bei den jetzt
                              									üblichen grossen Frachtdampfern mit geringer Maschinenstärke. Hier rechnet Blies an einem ähnlichen Beispiel aus, dass
                              									verhältnissmässig bald eine Grenze erreicht ist, bei der es fraglich erscheint, ob
                              									der Gewinn an Gewicht des Schiffskörpers die hohen Kosten decken würde, welche sich
                              									aus dem noch so theuren Nickelstahl ergeben. Sehr wesentlich ist es daher und von
                              									Seiten der Schiffbauer mit hohem Interesse verfolgt, ob es der Eisen- und
                              									Stahlindustrie gelingen wird, jenes schöne Material billiger herzustellen, als das
                              									bis jetzt der Fall ist; der Vortheil, den der Schiffbau hieraus ziehen könnte, würde
                              
                              									bedeutend sein.
                           Ein an gleicher Stelle gehaltener Vortrag von Hartley
                                 										West ergänzt die Biles'schen Mittheilungen.
                              									Auch er berührt die Materialfrage, indem er die Vortheile hervorhebt, welche der
                              									Uebergang vom Holz zum Eisen und vom Eisen zum Stahl gebracht hat, und hält
                              									dann ebenso wie Blies den demnächstigen Uebergang zum
                              									Nickelstahl für wahrscheinlich. Während es früher nur schwer möglich gewesen sei,
                              									einen innigen und festen Verband der tragenden Theile eines Schiffes herzustellen,
                              									habe schon die Verwendung des Eisens hierin einen grossen Fortschritt gebracht, und
                              									waren die Hoffnungen, welche seiner Zeit die Rheder auf ihre Eisenschiffe setzten,
                              									so sanguinische, dass sie dieselben für unverwüstlich hielten. Allein eine grosse
                              									Sorglosigkeit, wenn nicht Nachlässigkeit in der Behandlung dieser Fahrzeuge führte
                              									sehr bald zu ihrer Zerstörung durch Rost. So wurde den Eigenthümern eine zwar
                              									heilsame, zum Theil aber auch sehr kostspielige Belehrung zu theil.
                           Indessen wuchsen die Maasse der Schiffe, besonders die Länge, und nun zeigten auf
                              									einmal die früher so gerühmten Eisenschiffe starke Zeichen von mangelnder
                              									Längsfestigkeit, und hierauf ist es zurückzuführen, dass man ein neues, festeres
                              									Material, den Stahl, lebhaft begrüsste. Weil aber eine Reihe der damaligen ersten
                              									Stahlsorten, besonders der Bessemer-Stahl, in sehr verschiedener Güte hergestellt
                              									wurde, so kamen sie, trotz verschiedentlicher Verwendung, doch niemals so recht in
                              									Aufnahme. Das einzige Mittel, diesen Sorten Vertrauen zu schaffen, wäre eine
                              									sorgfältige regelmässige Abnahmeprobe derselben gewesen, um dadurch ihre
                              									Brauchbarkeit und stete Gleichartigkeit festzustellen. Erst die grossen
                              									Dampfschiffahrtsgesellschaften, denen es in allererster Linie auf gutes Fabrikat,
                              									weniger auf Reduction der Anschaffungskosten eines neuen Schiffes ankam, gingen nach
                              									dem Beispiele der englischen Admiralität zur Verwendung des zwar theuren, aber
                              									zuverlässigen Siemens-Martin-Stahles über, und bewirkten durch die entstehende
                              									starke Nachfrage nach diesem Material sehr bald eine derartige Preisermässigung
                              									desselben durch Fortschritte in seiner Herstellung, dass es sogar später sich
                              									billiger stellte als wohl jenes erste Schiffbaueisen im eisernen Zeitalter. Auch
                              									schwand mit der Verwendung dieses guten Stahlmaterials das Gefühl der Unsicherheit
                              									und Besorgniss, welches die mangelhafte Festigkeit der grossen Eisenschiffe stets
                              									hervorrief. Allein nicht nur das bessere Material, sondern auch eine Reihe von sehr
                              									zweckmässigen Berechnungen und Aenderungen in der Construction eines Schiffes
                              									ermöglichten den Bau der neueren grossen Schiffe und vor allem eine auf stete
                              									Beobachtung und sorgfältigste Ueberwachung gestützte Beaufsichtigung des
                              									eigentlichen Baues des Schiffes, in allererster Linie der überall auftretenden
                              									Nietungen.
                           Auf diesen letzten Punkt legt der Verfasser einen besonderen Werth und spricht davon,
                              									wie man gerade beim Uebergange vom Eisen zum Stahl hinsichtlich der Nietung
                              									wesentliche Fortschritte, sowohl bezüglich ihrer genauen Berechnung wie auch ihrer
                              									sauberen, sorgfältigen Ausführung gemacht habe, und diesem Umstände sei es mit
                              									zuzuschreiben, wenn öfters Stahlschiffe, die auf Strand gerathen, sich so lange noch
                              									fest und unversehrt gehalten hätten, bis ihre Bergung möglich geworden, und dies
                              									unter Verhältnissen, unter welchen Eisenschiffe wohl längst in Stücke zerschlagen
                              									worden wären. Freilich sei es bezüglich des jetzt gebräuchlichen Flusstahles
                              									dringend nöthig, das Fahrzeug vor dem Rosten zu schützen, besonders da Flusstahl
                              
                              									stärker vom Roste angegriffen werde als Eisen, und deshalb könne ein öfteres
                              									Abkratzen, Reinigen und Neustreichen der Schiffe nur dringend empfohlen werden. Lasse man diese
                              									Vorsichtsmaassregeln ausser Acht, so könne dadurch Stahl stark in Misscredit
                              									kommen.
                           Ueber das Gesetz des Schiffswiderstandes schreibt E.
                                 										Heubach in der Deutschen Bauzeitung, 1897 S.
                              									467, indem er aus einigen Versuchsreihen hier nicht weiter interessirende
                              									theoretische Formeln ableitet. Es seien aus der umfangreichen Abhandlung hier nur
                              									die Mittheilungen über die Versuche selbst wiedergegeben.
                           Im Auftrage der französischen Regierung wurden durch den Oberingenieur de Maas zahlreiche Versuche über den Schiffswiderstand
                              									auf Flüssen und Kanälen vorgenommen. Diese Versuche, systematisch, mit grösster
                              									Genauigkeit und vorzüglicher Sachkenntniss durchgeführt, geben ein
                              									Beobachtungsmaterial, wie es in gleicher Vollkommenheit und Zuverlässigkeit früher
                              									nicht vorhanden war, und legen daher den weiteren Versuch nahe, mit ihrer Hilfe dem
                              									Gesetze des Schiffswiderstandes auf analytischem Wege nachzuforschen.
                           Es mag vielleicht gewagt erscheinen, aus verhältnissmässig wenigen Zahlenreihen ein
                              									Naturgesetz ableiten zu wollen; indessen dürfte doch das Ergebniss der folgenden
                              									Untersuchung für die Berechtigung des Verfahrens sprechen. Ein Hauptbeweis für diese
                              									Berechtigung möchte darin liegen, dass die Untersuchung zu einem allgemeinen,
                              									einheitlichen Gesetz führt, dem der Schiffswiderstand sowohl im Strome als im
                              									Kanäle, sowohl beim kleineren Binnenfahrzeuge als beim grossen Seeschiffe folgt. Es
                              									ist durchaus unwahrscheinlich und schwer mit dem systematischen Walten der Natur in
                              									Einklang zu bringen, dass der Schiffswiderstand im engen Kanalprofile etwas
                              									grundsätzlich Anderes sein soll, als jener im freien Strome, und dieser wiederum
                              									etwas dem Wesen nach Verschiedenes von dem Widerstände im Meere. Es musste vielmehr
                              									vermuthet werden, dass im Kanäle, im Flusse, im Binnensee, sowie auf dem Meere nur
                              									besondere Fälle ein und derselben Grunderscheinung vorliegen. In dem Umstände, dass
                              									die Untersuchung jene Wahrscheinlichkeit durchaus bestätigt, dürfte eine wesentliche
                              									Gewähr für die Richtigkeit der gezogenen Schlüsse zu erblicken sein.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)