| Titel: | Messvorrichtungen.Die Schwingungszahlen der einfachen Wagebalken, mit besonderer Rücksicht auf einfache Handelswagen als Hilfsmittel zur Justirung derselben. | 
| Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 226 | 
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                        Messvorrichtungen.Die Schwingungszahlen der einfachen Wagebalken, mit
                           								besonderer Rücksicht auf einfache Handelswagen als Hilfsmittel zur Justirung
                           									derselben.Vgl. 1897 304 * 156.
                        Mit Abbildungen.
                        Die Schwingungszahlen der einfachen Wagebalken u.s.w.
                        
                     
                        
                           I. Untersuchung des leeren Wagebalkens ohne Schalen und
                              									Gehänge.
                           Bei der Herstellung der feinen Wagen für Laboratoriumszwecke wurde die Beobachtung
                              									der Schwingungszahlen schon immer als ein wesentliches Hilfsmittel betrachtet. Bei diesen Wagen
                              									stimmen die Resultate der Beobachtung nicht sehr gut mit denen der Rechnung überein.
                              									Es muss wegen der im Verhältnisse zur Belastung bedeutenden Reibung eine erhebliche
                              									Correctur eintreten. Bei der Herstellung der Handelswagen wurde wohl auch das
                              									schnellere oder langsamere Spielen als Kriterium der Empfindlichkeit betrachtet,
                              									aber man war bis jetzt nicht gewohnt, mit bestimmten Zahlen zu rechnen. Gerade bei
                              									den weniger empfindlichen Wagen stimmt aber die Berechnung der Schwingungszahlen
                              									sehr gut mit der Beobachtung derselben.
                           Der Zweck der vorliegenden Arbeit ist es nun, einfache, praktisch verwendbare Formeln
                              									zu diesem Zwecke zu liefern.
                           Die Zahl der Schwingungen für eine Minute ist leichter und sicherer zu bestimmen, als
                              									die Zeitdauer einer Schwingung in Secunden ausgedrückt. Die Schwingungsdauer ist
                              									deshalb in den folgenden Formeln durch die Anzahl der Schwingungen in der Minute
                              									ersetzt.
                           Ein schwingender Wagebalken ist als ein materielles Pendel anzusehen. Für ein
                              									mathematisches Pendel ist die Dauer einer einfachen Schwingung in Secunden:
                           
                              t=\pi\,\sqrt{\frac{l}{g}},
                              
                           wenn l die Pendellänge
                              									bedeutet.
                           Für ein materielles Pendel ist:
                           
                              t=\pi\,\sqrt{\frac{\mbox{Trägheitsmoment}}{\mbox{statisches Moment}}}.
                              
                           Das Trägheitsmoment des leeren Balkens ist \frac{W}{g}\,\varrho^2, worin W das Gewicht des leeren Balkens,
                           
                              g die Beschleunigung beim freien
                                 										Falle = 9810 mm,
                              ρ der Trägheitsradius ist.
                              
                           Das statische Moment des Wagebalkens ist W e1, wenn e1 der Abstand des Schwerpunktes von der Drehachse
                              									ist.
                           Daher die Schwingungsdauer eines einfachen Wagebalkens:
                           t=\frac{\pi}{\sqrt{g}}\,\sqrt{\frac{W\,\varrho^2}{W\,e_1}} oder t^2=\frac{\pi^2}{g}\,\frac{W\,\varrho^2}{W\,e_1}
                           \frac{\pi^2}{g}=\frac{1}{995}, wenn π2 = 986 und g = 9810
                              									ist.
                           Bezeichnet man mit z die Anzahl der Schwingungen in der
                              									Minute, so ist
                           
                              t^2=\frac{3600}{z^2}.
                              
                           Dies in obige Gleichung eingesetzt, gibt:
                           
                              \frac{3600\,\times\,995}{z^2}=\frac{W\,\varrho^2}{W\,e_1}
                              
                           oder, wenn man W ausscheiden
                              									will:
                           
                              \frac{3600\,\times\,995}{z^2}=\frac{\varrho^2}{e_1}
                              
                           3582000 e1 = ρ2z2,
                           z^2=\frac{3582000\,e_1}{\varrho^2} . . . . . (1
                           \varrho^2=\frac{3582000\,e_1}{z^2} . . . . . (1a
                           Um z2 zu berechnen,
                              									muss man ρ2 und e1 kennen; da aber z an einem vorhandenen Wagebalken leicht zu beobachten
                              									ist, so lässt sich ρ2
                              									nach 1a bestimmen, wenn e1 bekannt ist.
                           e1 ist demnach
                              									zunächst zu berechnen.
                           Bedeutet in Fig. 1: l die
                              									Länge des Hebelarmes, q1 ein Zulegegewicht, welches, in der Entfernung l von der Drehachse aufgelegt, das Ende des Wagebalkens um m senkt, so dass er mit der Horizontalen den Winkel α bildet und in dieser Stellung wieder Gleichgewicht
                              									herrscht.
                           Die Gleichung für das Gleichgewicht ist:
                           
                              q
                              1
                              l cos α = We
                              1
                              sin α
                              
                           
                              q_1=\frac{W\,e_1}{l}\,tg\,\alpha.
                              
                           Da α immer sehr klein ist, kann
                              									man tg α = sin α setzen, wodurch man erhält:
                           
                              q
                              1
                              l = We
                              1
                              sin α
                              
                           
                              sin\,\alpha=\frac{m}{l},
                              
                           also
                           q_1\,l=W\,e_1\,\frac{m}{l} und q1l2= We1m
                           e_1=\frac{q_1\,l^2}{W\,m} . . . . (2
                           An einem vorhandenen Wagebalken ist q1, l, W und m durch Messen, Wiegen und Beobachten gegeben, also
                              									lässt sich e1 leicht
                              									ermitteln.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 226
                              Fig. 1.
                              
                           ρ lässt sich nach Gleichung 1a nun berechnen, wenn z und e1 gegeben sind.
                           Die Grösse von ρ hängt nur von der Gestalt des Wagebalkens ab und ist für jeden Wagebalken
                              									eine fest bestimmte Grösse.
                           Auf die Schwingungsdauer belasteter Handelswagen hat jedoch ρ keinen grossen Einfluss, weil hier das Trägheitsmoment, dem die
                              									Schwingungsdauer proportional ist, =\frac{W\,\varrho+2\,(L+F)}{g}, wenn F
                              									das Gewicht einer Wageschale und L ihre Belastung ist,
                              									und weil W im Vergleich zu 2 (L + F) bei Handelswagen immer klein,
                              									durchschnittlich etwa = 0,07 2 (L + F), ist.
                           Beispiel. Es seien an einem Wagebalken
                           q1 =
                              									0,5 g l = 250 mm W = 250 g
                              										m = 6 mm,
                           so ist
                           
                              e_1=\frac{250\,\times\,250\,\times\,0,5}{2500\,\times\,6}=2\mbox{ mm},
                              
                           z ist beobachtet mit 18,5, z2 demnach = 342,
                           \varrho^2=\frac{3582000\,\times\,2}{342}, nach 1a = 20947,
                           ρ = 145.
                           Es ist demnach
                           
                              \frac{l^2}{\varrho^2}=\frac{62500}{20947}=3.
                              
                           Aehnliche Werthe für \frac{l^2}{\varrho^2} findet man meistens bei Beispielen von
                              									Handelswagen, da diese in der Gestalt einander ähnlich sind, und es kann daher
                              									\frac{l^2}{\varrho^2}=3 als gültig angenommen werden.
                           
                              Beziehungen zwischen der Schwingungszahl z, der
                                 										Empfindlichkeit
                              \frac{W}{q_1}
                              und der Senkung m.
                              
                           Ersetzt man in Gleichung 1
                           
                              z^2=\frac{3582000\,e_1}{\varrho^2}
                              
                           e1 (nach Gleichung 2) durch
                           
                              \frac{l^2\,q_1}{W\,m},
                              
                           so wird
                           z^2=\frac{3582000}{m}\,\frac{l^2}{\varrho^2}\,\frac{q_1}{W} . . . . (3
                           und für
                           
                              \frac{l^2}{\varrho^2}=3
                              
                           z^2=\frac{3582000\,\times\,3}{m}\,\frac{q_1}{W} . . . . (4
                           \frac{W}{q_1} ist die Empfindlichkeit des leeren Wagebalkens.
                           Aus Gleichung 4 geht hervor, dass z2 bei gleicher Empfindlichkeit der Senkung m umgekehrt proportional ist. Je kleiner bei einem
                              									bestimmten Uebergewichte m ist, desto schneller spielt
                              									die Wage, desto grösser ist seine Empfindlichkeit, entsprechend grösser ist
                              									\frac{W}{q_1}.
                           Ist am Wagebalken eine Zunge l1 angebracht und bezeichnet m1 den Ausschlag ihrer Spitze, so ist m_1=m\,\frac{l_1}{l}.
                           Das Aichungsgesetz schreibt für m keinen bestimmten
                              									Werth vor, es sagt nur, der Ausschlag müsse ein deutlich wahrnehmbarer sein.
                              									Gleichung 4 zeigt aber, dass die Grösse von m dem
                              									Ausschlage bezüglich der Schwingungsdauer eine sehr grosse Rolle spielt, denn diese
                              									Gleichung sagt, dass das Quadrat der Schwingungszahlen dem Producte aus m und \frac{W}{q_1} umgekehrt proportional ist. Für eine
                              									bestimmte Empfindlichkeit ist also m für die
                              									Schwingungszahl maassgebend.
                           Das Aichungsgesetz fordert als Grenze der Empfindlichkeit für Wagen, welche mehr als
                              									5 k auswiegen sollen, dass ein Uebergewicht von 1/2000 der Last L noch einen merklichen Ausschlag gibt. Für 2 (L + F) kann demnach die Empfindlichkeit mit
                              										1/5000
                              									angenommen werden und soll 1/5000 auch für den leeren Wagebalken gelten.
                           Ist zum Beispiel W = 2500 g, so ist \frac{W}{q_1}=5000, wenn q1 = 0,5 g für
                              									\frac{l^2}{\varrho^2}=3 ist,
                           
                              z^2=\frac{3582000\,\times\,3}{m\,\times\,5000}=\frac{2149}{m},
                              
                           wofür
                           
                              \frac{2150}{m}
                              
                           gesetzt werden kann.
                           
                              
                                 Für
                                 
                                    m
                                    
                                 =
                                   1 ist z2
                                 =
                                 2150
                                 
                                    z
                                    
                                 =
                                 46,4
                                 
                              
                                 
                                 
                                    m
                                    
                                 =
                                   5 ist z2
                                 =
                                 430
                                 
                                    z
                                    
                                 =
                                 20,7
                                 
                              
                                 
                                 
                                    m
                                    
                                 =
                                 10 ist z2
                                 =
                                 215
                                 
                                    z
                                    
                                 =
                                 14,6,
                                 
                              
                           wird \frac{W}{q_1}=20000, so ist für
                           
                              
                                 m =   1
                                 z2 =
                                    											538
                                 z = 23,2
                                 
                              
                                 m =   5
                                 z2
                                    											= 108
                                 z = 10,4
                                 
                              
                                 m = 10
                                 z2 =  
                                    											54
                                 z =   7,4.
                                 
                              
                           Eine bequeme Formel lässt sich bilden, wenn z in l Beziehung zu l gebracht
                              									wird. Wird das Verhältniss \frac{l}{m} constant mit 50 angenommen, ebenso \frac{W}{q_1}=5000
                              									und \frac{l^2}{\varrho^2}=3 und multiplicirt man in Gleichung 3 Zähler und Nenner der rechten
                              									Seite mit l, so wird:
                           
                              \left{{z^2=\frac{3582000}{}\,\frac{l^2}{\varrho^2}\,\frac{l}{m}\,\frac{q_1}{W\,l}}\atop{=\frac{3582000\,\times\,3\,\times\,50}{5000\,l}=\frac{107460}{l}}}\right\}\
                                 .\ .\ (5
                              
                           
                              Tabelle für verschiedene Längen von l.
                              
                           
                              
                                 
                                    l
                                    
                                 =
                                 50
                                 mm
                                 
                                    z
                                    2
                                    
                                 =
                                 2149
                                 
                                    z
                                    
                                 =
                                 46
                                 
                              
                                 
                                    l
                                    
                                 =
                                 100
                                 „
                                 
                                    z
                                    2
                                    
                                 =
                                 1074
                                 
                                    z
                                    
                                 =
                                 32
                                 
                              
                                 
                                    1
                                    
                                 =
                                 200
                                 „
                                 
                                    z
                                    2
                                    
                                 =
                                 540
                                 
                                    z
                                    
                                 =
                                 23
                                 
                              
                                 
                                    1
                                    
                                 =
                                 300
                                 „
                                 
                                    z
                                    2
                                    
                                 =
                                 358
                                 
                                    z
                                    
                                 =
                                 19
                                 
                              
                                 
                                    1
                                    
                                 =
                                 400
                                 „
                                 
                                    z
                                    2
                                    
                                 =
                                 268
                                 
                                    z
                                    
                                 =
                                 16
                                 
                              
                                 
                                    l
                                    
                                 =
                                 500
                                 
                                    „
                                    
                                 
                                    z
                                    2
                                    
                                 =
                                 213
                                 
                                    z
                                    
                                 =
                                 14,5
                                 
                              
                                 
                                    l
                                    
                                 =
                                 600
                                 „
                                 
                                    z
                                    2
                                    
                                 =
                                 179
                                 
                                    z
                                    
                                 =
                                 13,4
                                 
                              
                                 
                                    l
                                    
                                 =
                                 700
                                 „
                                 
                                    z
                                    2
                                    
                                 =
                                 153
                                 
                                    z
                                    
                                 =
                                 12,4
                                 
                              
                                 
                                    l
                                    
                                 =
                                 800
                                 „
                                 
                                    z
                                    2
                                    
                                 =
                                 135
                                 
                                    z
                                    
                                 =
                                 11,6
                                 
                              
                                 
                                    1
                                    
                                 =
                                 900
                                 „
                                 
                                    z
                                    2
                                    
                                 =
                                 119
                                 
                                    z
                                    
                                 =
                                 11
                                 
                              
                                 
                                    l
                                    
                                 =
                                 1000
                                 „
                                 
                                    z
                                    2
                                    
                                 =
                                 107
                                 
                                    z
                                    
                                 =
                                 10,3
                                 
                              
                           Leere Wagebalken, welche nach dieser Tabelle schwingen, haben die Empfindlichkeit =
                              									5000.
                           Sind die Schwingungen langsamer, so ist der Schwerpunkt hinunter, wenn schneller
                              									hinauf zu setzen.
                           Bei ganz feinen Wagen wird gewöhnlich m nicht grösser
                              									als 1 und constant angenommen.
                           Nach Gleichung 5 ist
                           z^2=\frac{10746000}{}\,\frac{l}{m}\,\frac{q_1}{W\,l} für \frac{l^2}{\varrho^2}=3.
                           Ist m = 1 und geht l
                              									heraus, so ist
                           z^2=\frac{10746000}{}\,\frac{q_1}{W} oder \frac{3582000}{}\,\frac{l^2}{\varrho^2}\,\frac{q_1}{W},
                           es ist demnach z2 der Empfindlichkeit umgekehrt proportional. Bei
                              									ganz feinen Wagen wird \frac{l^2}{\varrho^2} oft = 1 und 1,5, und ändert sich dann die Formel
                              									dementsprechend.
                           Aus Vorstehendem geht hervor, dass es von grösser Wichtigkeit ist, die Verhältnisse
                              									des leeren Wagebalkens vorerst zu erproben und für ihn
                              										e1 und ρ festzustellen.
                           Das scheint jedoch vielfach versäumt zu werden, weil in Büchern oft Beispiele mit
                              									negativem e1 angeführt
                              									werden. Ein Wagebalken mit negativem e1 kann aber für sich allein nicht spielen, und wird
                              									es nie gelingen, sichere Beobachtungen mit einer Wage mit negativem e1 zu machen.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)