| Titel: | Schiffbau.Neues im Schiffswesen. | 
| Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 245 | 
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                        Schiffbau.Neues im Schiffswesen.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 220 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Neues im Schiffswesen.
                        
                     
                        
                           In Bezug auf schnell fahrende Torpedoboote grösserer Art, der sogen.
                              									Torpedobootzerstörer, scheint England jetzt am hervorragendsten zu arbeiten.
                              									Wenigstens deutet der Umstand, dass die deutsche Marine bei Thornycroft ein Boot dieser Art bestellte, auf diesen Schluss hin.
                           Das österreichische Torpedoboot Magnet hatte nach einer
                              									Mittheilung von Ziese in den Verhandlungen der
                              									Petersburger polytechnischen Gesellschaft bei 450 t Wasserverdrängung 26 Knoten
                              									Fahrt.
                           Es wurden bei der Probe Progressivfahrten gemacht, um die für die verschiedenen
                              									Schnelligkeiten erforderliche Kraft zu notiren, es erwiesen sich nachstehende
                              									Resultate:
                           
                              
                                 für
                                   5
                                 Knot.
                                 Geschwindigkeit
                                 waren
                                 erforderlich
                                   54
                                 Touren
                                     90
                                 
                                    
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                                 283
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                           Wenn man durch Verlängern der Curve auf den Kraftverbrauch für noch grössere
                              									Schnelligkeiten schliessen wollte, so würde man zum Resultat kommen, dass für eine
                              									Geschwindigkeit von 30 Knoten etwa 8000  erforderlich wären.
                           Die beiden neuesten Panzerschiffe der deutschen Marine, Ersatz Friedrich der Grosse und Kaiser Friedrich
                                 										III, werden in Stahl und Eisen, 1897 * S. 845,
                              									eingehend besprochen. Ersatz Friedrich der Grosse ist
                              									von dem Chefconstructeur der kaiserlichen Marine, dem Geheimen Admiralitätsrath Dietrich, entworfen; ihm verdankt unsere Flotte eine
                              									Reihe vorzüglicher Schiffstypen, die der deutschen Marine eigenthümlich sind. Der
                              									Grundsatz, den grössten Gefechtswerth mit der geringsten Wasserverdrängung zu
                              									vereinigen, ist hier in einem von keiner fremden Marine erreichten Grade
                              									durchgeführt. Der Verzicht auf jene ungeheuren Grössenverhältnisse, welche die
                              									neuesten Schlachtschiffe der englischen und japanischen Flotte haben, hat nicht
                              									allein seinen Grund in den noch unzulänglichen Dockanlagen, über die unsere
                              									Kriegshäfen verfügen, es ist vielmehr ein vorherrschender Grundgedanke unserer
                              									Constructeure, die Schlachtschiffe so compendiös wie möglich zu gestalten und ihnen
                              									neben einem hohen militärischen Werth auch die grösste Beweglichkeit und die besten
                              									Seeeigenschaften zu sichern. Ersatz Friedrich der
                                 										Grosse hat eine Länge von 115 m, eine grösste Breite von 20,4 m und einen
                              									mittleren Tiefgang von 7,85 m. Letzterem entspricht eine Wasserverdrängung von 11130
                              									t. Das Baumaterial ist bester deutscher Stahl; die Panzerung besteht aus an der
                              									Oberfläche gehärtetem Stahl. Der Schiffskörper ist in möglichst viele wasserdichte
                              									Zellen getheilt, um eine hohe Schwimmfähigkeit zu erzielen. Der Panzerschutz besteht
                              									aus einem 2 m hohen und 30 bis 15 cm starken Gürtelpanzer, der sich über ⅘ der
                              									Schiffslänge von vorn erstreckt. Das hintere Fünftel des Schiffskörpers ist zur
                              									Gewichtsersparniss nur mit einem 75 mm starken gewölbten Panzerdeck geschützt. Der
                              									übrige ganze Schiffskörper wird durch ein 65 mm starkes Panzerdeck, das sich auf
                              									die Oberkante des Panzergürtels stützt und vorn zur Verstärkung der Ramme nach unten
                              									geneigt ist, geschützt. Verschiedene Stellen haben noch sogen. Splitterschutzdecke
                              									von 20 mm Stärke erhalten. Einen weiteren Panzerschutz haben ferner die beiden
                              									schwercalibrigen Geschützthürme von 250 mm Dicke, die Geschützthürme und Casematten
                              									für die 15-em-Schnelladekanonen von 150 mm Dicke und der Commandothurm, der mit
                              									Panzerplatten von 250 und 100 mm Stärke umgeben ist. Das Schiff erhält drei
                              									dreicylindrige, dreifach expandirende Maschinen, die in vollständig getrennt
                              									liegenden, wasserdichten Abtheilungen stehen und je eine dreiflügelige
                              									Bronzeschraube treiben. Das Dreischraubensystem ist bei allen grösseren Neubauten
                              									unserer Marine eingeführt und bietet ökonomische wie militärische Vortheile. Der
                              									Dampf wird in Wasserrohrkesseln erzeugt werden. Die grösste Geschwindigkeit beträgt
                              									18 Knoten bei der vollentwickelten Gesammtmaschinenleistung von 13000 . Ersatz Friedrich der Grosse ist somit eines der
                              									schnellsten Schlachtschiffe der Welt. Das normale Kohlenfassungsvermögen ist auf 650
                              									t bemessen, kann jedoch nach Bedarf auf 1000 t erhöht werden und gibt dem Schiffe
                              									einen Actionsradius, der es zu einem selbständigen Schlachtschiffe für die Nordsee
                              									wie überhaupt in europäischen Gewässern macht. Das Ruder ist als Balanceruder
                              									construirt und liegt tief unter Wasser, vor feindlichen Geschossen und vor
                              									Zusammenstössen geschützt. Es wird bewegt durch zwei kräftige Dampfmaschinen, die
                              									unter dem 75 mm starken Panzerdeck des Hinterschiffes liegen. Der neue Panzer erhält
                              									zwei Gefechtsmasten aus Stahl, der vordere ist sehr dick gehalten und gleicht einem
                              									hohen schlanken Thurme, der durch Wendeltreppen zugänglich ist. Er trägt in seinen
                              									Marsen leichte Schnellade- und Maschinengeschütze sowie in seinem Topp einen
                              									mächtigen Scheinwerfer. Der hintere Mast dient lediglich zu Signalzwecken, ist
                              									jedoch ebenfalls mit einem starken Scheinwerfer ausgerüstet. Vier weitere
                              									Scheinwerfer stehen ausserdem auf Podesten ausserhalb der Bordwände in 4 m Höhe über
                              									der Wasserlinie. Sie dienen vorwiegend zur Aufsuchung von feindlichen Torpedobooten
                              									bei Nacht und erleichtern den zahlreichen Schnelladekanonen die Abwehr nächtlicher
                              									Angriffe von Torpedobooten. Auf Grund der reichlichen Ausrüstung mit Scheinwerfern
                              									sind auch die sonst üblichen Torpedoschutznetze weggefallen. Ein grosses Feld ist
                              									der Elektricität an Bord eingeräumt. Sie versorgt nicht allein die gesammte
                              									Innenbeleuchtung, sondern versieht auch die Elektromotoren, die zum Bewegen der
                              									Geschützthürme, der Geschosshebemaschinen, der Bootshissvorrichtung u.s.w. an
                              									zahlreichen Punkten aufgestellt sind.
                           Was dieses Schlachtschiff im Besonderen auszeichnet und ihm grosse Vorzüge vor den
                              									Schiffen der Brandenburgklasse gibt, ist seine ausserordentlich starke Artillerie
                              									und deren vorzügliche Aufstellung, die nach ganz neuen Gesichtspunkten erfolgt und
                              									die grösste Ausnutzung jedes Geschützes ermöglicht. Es ist durchweg das
                              									langcalibrige Geschütz zur Verwendung gekommen, das den Geschossen die grösste
                              									Durchschlagskraft gibt. Ersatz Friedrich der Grosse
                              									führt 4 × 40 Caliber lange 24-cm-Geschütze in je zwei drehbaren Panzerthürmen, vorn
                              									und achtern. Dieses Geschütz vermag alle zur Zeit auf Kriegsschiffen verwendeten
                              									Panzerungen zu durchschlagen. Ferner 18 × 40 Caliber lange
                              									15-cm-Schnelladekanonen. Hiervon stehen 12 in gepanzerten Einzelcasematten und 6 in
                              									gepanzerten Drehthürmen. 12 × 8,8-cm-Schnelladekanonen hinter Stahlschilden, 12 ×
                              									3,7-cm-Maschinenkanonen und 12 × 8-mm-Maschinengewehre. Im Ganzen 58 Geschütze. Die
                              									Gesammtarbeitsleistung einer Breitseite in 1 Minute berechnet sich wie folgt: 4
                              									Schuss aus 24-cm-Geschütz von 860 k Geschossgewicht = 17396 mt; 54 Schuss aus
                              									15-cm-Schnellkanonen von 2754 k Geschossgewicht = 55728 mt; 90 Schuss aus
                              									8,8-cm-Schnellkanonen von 630 k Geschossgewicht = 7830 mt, was zusammen 148 Schuss
                              									von 4244 k Geschossgewicht und 80954 mt ausmacht. In dieser Aufstellung sind die
                              									Maschinenkanonen und Maschinengewehre weggelassen. Man kann sagen, dass die
                              									Artillerieleistung des neuen Schlachtschiffes um ⅓ grösser ist, als die der Schiffe
                              									der Brandenburgklasse, obwohl seine Wasserverdrängung nur um 1000 t grösser ist.
                              									Dieser Neubau bezeichnet daher in jeder Hinsicht einen bedeutenden Fortschritt in
                              									unserer Kriegsschiffbautechnik. Als Angriffswaffe tritt noch zu der sehr starken
                              									Artillerie die Torpedoarmirung, die aus sechs Lancirrohren für den 45-cm-Torpedo
                              									besteht. Fünf dieser Rohre liegen unter Wasser und sind durch das Panzerdeck
                              									geschützt. Hiervon sind vier Breitseitrohre und ein Bugrohr. Das sechste Heckrohr
                              									liegt über Wasser. Das neue Schlachtschiff erhält eine Besatzung von 655 Mann. Die
                              									Gesammtkosten für den Neubau stellen sich auf rund 20000000 M. Es entfallen hiervon
                              									14120000 M. auf Schiff und Maschinen, 5000000 M. auf die artilleristische Armirung
                              									und 900000 M. auf die Torpedoarmirung. Das Schiff wurde durch Prinz Heinrich Kaiser Wilhelm II. getauft.
                           Der kürzlich vom Stapel gelassene Panzerkreuzer Ersatz
                                 										Leipzig ist der erste wirklich moderne erstklassige Kreuzer, über welchen
                              									die deutsche Marine verfügen wird, ein Schiff gleichzeitig, welches nach Abmessung,
                              									Armirung und Geschwindigkeit den höchsten modernen Anforderungen genügen wird.
                           Ein moderner Panzerkreuzer unterscheidet sich von einem Panzerschiff der Neuzeit,
                              									welches die höchste Gefechtskraft in Schutz- und Trutzwaffen in sich vereinigen
                              									muss, dadurch, dass bei ihm, der an Grösse dem Panzerschlachtschiff kaum nachsteht,
                              									die Eigenschaften der Geschwindigkeit und des weiten Actionsvermögens, also des
                              									Zurücklegens grösser Strecken unter Dampf, auf Kosten seines Panzerschutzes
                              									besonders ausgebildet sind. Es ist dadurch im Stande, feindliche Kreuzer, die des
                              									Panzerschutzes entbehren, zu bekämpfen und deren Recognoscirungsversuche gegen eine
                              									Schlachtflotte zu vereiteln, mit feindlichen Panzerschiffen ein Feuergefecht zu
                              									führen, da er selbst schwere Schnellfeuerartillerie führt, sich dem wirksamen
                              									Angriff eines ihm überlegenen Panzers aber jederzeit vermöge seiner höheren
                              									Fahrgeschwindigkeit entziehen kann. Für Panzer älterer Construction, die
                              									nothgedrungenermaassen in allen Marinen im Ernstfalle hier und da noch mit
                              									Verwendung finden, ist der moderne Panzerkreuzer in vielen Fällen ein weit
                              									überlegener Gegner. Deutschland hat früher einmal, vor 25 Jahren, einen
                              									Panzerkreuzer besessen, die Hansa. Es war dies ein 1872
                              									vom Stapel gelaufenes Holzschiff, welches mit Panzerung versehen wurde, 3600 t
                              									Deplacement, eine Maschine von 3000 , 12 Seemeilen Fahrgeschwindigkeit, 8
                              									Geschütze in Casematten und 397 Mann Besatzung hatte. Das Schiff führte
                              									vollständige Takelage, konnte also weite Entfernungen ohne Zuhilfenahme seiner
                              									Maschine zurücklegen, und hatte demgemäss, trotz geringen Kohlenvorrathes, einen
                              									grossen Actionsradius. Dies machte das Schiff zur Verwendung auf überseeischen
                              									Stationen sehr geeignet, und es hat ganz vortreffliche Dienste geleistet. Heutzutage
                              									kann eine Macht mit einem solchen Schiffe selbst den unbedeutendsten central- und
                              									südamerikanischen, sowie ostasiatischen Staaten gegenüber nicht mehr mit irgend
                              									welcher Aussicht auf Erfolg auftreten; denn der Gefechtswerth eines solchen Schiffes
                              									ist derart gering, dass er modernen Schiffen kleinerer Art gegenüber, namentlich
                              									wegen der ausserordentlich gestiegenen Leistungsfähigkeit der Artillerie, gar nicht
                              									mehr in Betracht kommt. Alle Staaten, die irgendwo überseeische Interessen zu
                              									vertreten haben könnten, sehen wir daher auch längst im Besitze von Panzerkreuzern,
                              									nur Deutschland machte bisher hierin eine Ausnahme.
                           Die Länge des gewaltigen Schiffes beträgt 120 m, seine Breite 20,40 m, sein mittlerer
                              									Tiefgang 7,90 m, das Deplacement beläuft sich auf 10650 t. Die Maschinenanlage wird,
                              									wie bei dem Panzerschiff I. Klasse Friedrich der
                                 										Grosse, aus drei Viercylindermaschinen mit Wasserrohrkesseln bestehen. Wir
                              									rechnen mit Zuversicht darauf, dass nur deutsche Industrie dabei in Frage kommen
                              									kann. Die Maschinen sollen drei Schrauben treiben, welche dem Schiffe eine
                              									Geschwindigkeit von 19 Knoten in der Stunde bei einer Entwickelung von 13000 bis
                              
                              									14000  verlernen werden. Die ersten Kielplatten zu dem Schiffe wurden am 1.
                              									April 1896 gelegt. Construirt ist Ersatz Leipzig auch
                              									von Dietrich. Der grosse Kohlen- und Theerölvorrath von
                              									1100 t und die grosse Geschwindigkeit von 19 Knoten bei etwa 13500 bis 14000
                              									 kennzeichnen das Schiff als Kreuzer; doch wird dasselbe bei dem geringen
                              									Bestände der deutschen Flotte an modernen Schlachtschiffen im Bedarfsfalle auch
                              									einen sehr werthvollen Factor für die Schlachtflotte bilden können. Sein guter
                              									Panzerschutz von 80 bis 200 mm dickem gehärteten Nickelstahl und die schwere
                              									Armirung, die sich in der Hauptsache nur durch die geringere Zahl von
                              									15-cm-Geschützen von derjenigen der neuen Panzerschiffe I. Klasse unterscheidet,
                              									machen Ersatz Leipzig zu einem werthvollen Zuwachse der
                              									Flotte.
                           Der Kreuzer erhält an Armirungen vier 24-cm-Geschütze auf doppelter Drehscheibe,
                              									sechs 15-cm-Geschütze in gepanzerten Einzelcasematten, sechs 15-cm-Geschütze in
                              									gepanzerten Drehthürmen, zehn 8,8-cm-Geschütze und zehn 3,7-cm-Geschütze, endlich
                              									acht 8-cm-Maschinengewehre. Daneben wird das Schiff eine überaus starke
                              									Torpedoarmirung besitzen. Die Besatzung ist auf 550 Mann bemessen. Bis zum 30. Juli
                              									1897 waren in dem Schiffskörper 2655 t verbaut, darunter Stahlplatten im Gewichte
                              									von 1596000 k, 336593 k Winkelstahle, 197380 k Stahlbalken und 93804 k Nieten. Für
                              									die Holzbeplankung sind bis jetzt 265823 k Teakholz verbaut.
                           Dieser Panzerkreuzer ist auf den Namen Fürst Bismarck
                              									getauft worden.
                           Die Verwendung der Dampfturbinen in der Marine hat durch
                              									den erfolgreichen Versuch der Benutzung der Parsons'schen Dampfturbine auf dem Dampfboot Turbinia eine neue Anregung gefunden, deren Tragweite noch nicht zu
                              									übersehen ist (vgl. Dampf, 1897 S. 823; Engineering,
                              									1897 * S. 526; Engineer, 1897 * S. 397; Technische Rundschau, 1897 * S. 261).
                           Nach einem von Charles A. Parsons, dem Erfinder der
                              									Turbine, in der Institution of Naval architects gehaltenen Vortrage begann man mit
                              									der Construction von Verbund-Dampfturbinen im J. 1885, und zwar baute man zuerst
                              									kleine Turbinen zum Betriebe von Dynamo. Nach und nach fertigte man grössere
                              									Maschinen an, aber bis zum Jahre 1892 war der Dampfverbrauch zu gross, als dass man
                              									dieselben auf Schiffen hätte verwenden können, obgleich sie in Bezug auf Gewicht,
                              									Raumbeanspruchung und Tourenzahl gewöhnlichen Dampfmaschinen überlegen waren. Im J.
                              									1892 wurde eine hochentwickelte, zur Condensation eingerichtete Dampfturbine für die
                              										Cambridge electric Supply Co. construirt, welche
                              									bei einer Prüfung durch Prof. Ewing einen
                              									Dampfverbrauch von 6,84 k für 1 Stunde und 1 i bei einer Dampfspannung von 7 at Ueberdruck aufwies, wenn der Dampf auf
                              									53° C. über Sättigungspunkt erhitzt wurde. Später wurden Verbundturbinen bis zu 900
                              									 mit und ohne Condensation construirt, bei denen man den geringen
                              									Dampfverbrauch von 6,34 k für 1 i bei
                              									Verwendung gesättigten Dampfes und 7 at Ueberdruck für Maschinen von 200 
                              									und einen noch geringeren Dampfverbrauch bei grösseren Maschinen festgestellt
                              									hat.
                           Nach missglückten Versuchen wurde die Verbund-Dampfturbine vom Boote entfernt und
                              									durch drei Verbund-Turbinen ersetzt, die direct mit drei Schraubenwellen verkuppelt
                              									sind, und in der Art einer dreifachen Expansionsmaschine arbeiten. Der
                              									Hochdruckmotor befindet sich an der Steuerbordseite, der Mitteldruckmotor an der
                              									Backbordseite und der Niederdruckmotor in der Mitte. Sie sind für eine vollständige
                              									Expansion des Dampfes aufs 100fache entworfen und jede Turbine leistet ungefähr ⅓
                              									der ganzen entwickelten Kraft. Die Dreitheilung des Motors hat sich besonders in
                              									Bezug auf eine gedrängtere Anordnung und ein wirksameres Functioniren der Turbinen
                              									von Vortheil erwiesen. Das Gewicht der Maschinen und die Umdrehungsgeschwindigkeit
                              									erfuhren keine Aenderung. Durch die Dreitheilung war es möglich, die Schrauben und
                              									ihre Wellen von entsprechend geringerer Grösse vorzusehen (wobei jede Schraube auch
                              									nur ein Drittel der früheren Triebkraft benöthigt) und ihre Arbeitsverhältnisse
                              									denjenigen der gewöhnlichen Schiffsschrauben in hohem Grade zu nähern.
                           Die Vortheile, die, wie man behauptet, sich aus der Verwendung der
                              									Verbund-Dampfturbine auf Schiffen, im Vergleich zu gewöhnlichen Dampfmaschinen
                              									ergehen, sollen durchschlagend sein.
                           Im December 1896 fanden mehrere Probefahrten auf die gemessene Meile statt, und die
                              									erzielte Maximal-Durchschnittsgeschwindigkeit unter der nöthigen Berücksichtigung
                              									der Fluth betrug 29,6 Knoten in der Stunde, bei einer durchschnittlichen Tourenzahl
                              									von 2550 Umdrehungen in der Minute.
                           Am 1. April 1897 wurden weitere Versuche vorgenommen. Das Mittel der beiden, in
                              									kurzen Zeiträumen auf einander folgenden Probefahrten ergab eine Geschwindigkeit von
                              									31,01 Knoten in der Stunde; die durchschnittliche Tourenzahl betrug 2100 Umdrehungen
                              									in der Minute; auf der schnellsten Fahrt legte das Schiff 32,61 Knoten in der Stunde
                              									zurück.
                           
                           Der Dampfverbrauch bei 31,01 Knoten ist ungefähr 11325 k in der Stunde oder 7,18
                              									k für 1 i. Es sei jedoch bemerkt, dass die
                              									Annahme der Triebkraft zu 60 Proc. die Verwendung von Schiffsschrauben der besten
                              									bis jetzt bekannten Form voraussetzt. Wenn diese Schrauben also durch andere mit
                              									höherem Nutzeffect ersetzt werden, was ja möglich, ja sogar wahrscheinlich ist, so
                              									würden sich die Verbrauchsziffern für 1 i
                              									entsprechend besser stellen und auch die Geschwindigkeit des Bootes würde sich
                              									entsprechend erhöhen. Bei einer Geschwindigkeit von 11,4 Knoten ergab sich durch
                              									Messung mit einem Dampfmessapparat ein Dampfverbrauch von 1223 k in der Stunde, was
                              									einem Kohlenverbrauch von etwa 11,14 k für 1 Knoten entspricht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 248
                              Triebwerk der Turbinia.
                              
                           Fig. 3 und 4 geben eine Skizze der
                              									eigenartigen Anordnung des Triebwerkes der Turbinia.
                           Man erkennt in der Skizze die neuen Propellerschrauben S, welche durch drei Turbinen bethätigt werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 248
                              Fig. 5.Wasserdruckpropeller, System Krafft.
                              
                           Je drei Schrauben sitzen auf drei Wellen, von denen die mittlere auch von einer
                              									besonderen Turbine angetrieben werden kann und dann den Rückwärtsgang des Schiffes
                              									bewirkt. Die drei Hauptturbinen sind mit einander ebenso verbunden
                              									(Verbund-Turbinen) wie die Cylinder einer Kolben-Verbunddampfmaschine; aus dem
                              									Kessel strömt der Dampf zuerst in die Hochdruckturbine H, dann in die Mitteldruckturbine M und
                              									schliesslich in die Niederdruckturbine N, von denen
                              									jede ihre besondere Schraubenwelle treibt. Auf dem Längenschnitt ist die Lage des
                              									Dampfkessels, des Schornsteines der mit H und N bezeichneten Hoch- und Niederdruckturbine, der mit
                              										S bezeichneten Schrauben auf der Mittelschiffs- und
                              									Steuerbord-Schraubenwelle, sowie des mit St
                              									bezeichneten Steuerruders klar erkennbar. Aus der Querschnittszeichnung ist die Lage
                              									der mit H, M und N
                              									bezeichneten drei Turbinen, welche ganz unter der Wasserlinie liegen, und auch die
                              									Lage der Grelings, auf denen die Bedienungsmannschaft steht, klar ersichtlich. Das
                              									Boot nimmt, sobald die Turbinen angestellt werden, sehr schnell seine grösste
                              									Geschwindigkeit auf und ist fast ebenso schnell durch Ausschaltung der auf den
                              									Vorwärtsgang arbeitenden Turbinen und Einschaltung der zum Rückwärtsgange bestimmten
                              									zum Stillstande zu bringen. Das Steuerruder ist bei der Turbinia auf Backbordseite angebracht, wie aus dem Plane links unten auf
                              									unserem Bilde ersichtlich ist.
                           Die Dampfturbine Parsons's ist seit Jahren bekannt, sie
                              									lässt hochgespannten Dampf in eine Reihe von Kammern hinter einander einströmen und
                              									in ihnen Schaufelräder in Umdrehung versetzen. Die Expansion des Dampfes findet
                              									dabei stufenweise statt, indem der Druck von einer Kammer zur anderen um den
                              									gleichen Betrag fällt. Die Schaufelräder sind sämmtlich auf derselben Welle
                              									angebracht und drehen sich daher mit gleicher Geschwindigkeit.
                           Die für Deutschland ertheilten betreffenden Parsons'schen Patente Nr. 33066 und 41479 sind seit 1893 erloschen.
                           Der Erfolg der Turbinia ist Veranlassung geworden, dass
                              									der Erfinder des gleichfalls erloschenen D. R. P. Nr. 196, Adolf Müller in Coblenz, den Anspruch erhoben hat, dass die Parsons'sche Turbine sich an seine Erfindung anlehne.
                              									Selbstverständlich würde die Richtigkeit dieses Umstandes an der Freude über den
                              									technischen Erfolg einer neuen Sache nichts ändern. Wir weisen darauf hin, dass auch
                              
                              									die Dampfturbine von de Laval, sowie der Daimler'sche Gasumlaufmotor für Schiffstriebzwecke
                              									probeweise Anwendung gefunden haben soll.
                           Ein Wasserdruckpropeller, System Krafft, wird in der Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Maschinenindustrie,
                              									1897 * S. 173, eingehend beschrieben und sei hier mit Bezug auf Fig. 5 und 6
                              									erörtert.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 248
                              Fig. 6.Wasserdruckpropeller, System Kraft.
                              1 Dampfmaschine; 2 Pumpwerk; 3
                                 										Fester Propeller; 4 Drehbarer Propeller; 5 Steuerpropeller.
                              
                           Es handelt sich in ähnlicher Weise wie bei den bekannten und vielfach ohne grösseren
                              									Erfolg angewendeten Wasserprallschiffen um den Gedanken, durch Druckpumpen Wasser in
                              									das Fahrwasser zu drücken und durch die Reaction das Fahrzeug anzutreiben.
                           Auf die Dampfmaschinenwelle ist ein Stirnradgetriebe aufgesetzt, welches gleichzeitig
                              									auf zwei Stirnräder im Verhältniss von 1 : 3 oder 1 : 4 arbeitet; diese Stirnräder
                              									betreiben je eine Druckpumpe, in welche das Wasser durch seitliche, die Schiffswände
                              									durchdringende Saugrohre direct zuläuft, während sämmtliche Pumpen ihr Druckwasser
                              									in ein gemeinschaftliches Druckrohr abgeben, welches in guter Abrundung von den Pumpen
                              									abgehend sich in die Rohre b für die festen Propeller,
                              									in jene c für die drehbaren Propeller und in das
                              									schwache zum Steuer führende Rohr d spaltet. Die festen
                              									Propeller haben die Gestalt von langen coulissenartigen Schlitzen und können durch
                              									Ventile in ihren Zuleitungen b nach Belieben ein- oder
                              									ausgeschaltet werden; die davor liegenden Drehpropeller haben eine Form, im
                              									Wesentlichen darin bestehend, dass auf einen festen, seitlich an den Schiffsrand
                              									befestigten Rohrstutzen mittels Manschettendichtung ein Rohr aufgesetzt ist, welches
                              									die entweder als Schlitz- oder Lochreihe gestalteten Düsenöffnungen enthält; die
                              									Drehachse dieses Rohres ist nach oben hin in eine Stange fortgesetzt, welche durch
                              									Schneckenrad, Schnecke und Handrad in Umdrehung versetzt wird. Dienen diese
                              									drehbaren Propeller schon zur Drehung und Wendung des Schiffes, so soll dies noch
                              									mehr mit dem eigentlichen Steuer d erreicht werden; da
                              									die Strahlen desselben nicht nur in ihrer flössen artigen Wirkung beim Drehen den
                              									Widerstand ergeben, sondern bei einer Stellung im Winkel zur Längsachse auch durch
                              									ihre Reaction einen seitlichen Druck ausüben, so wird die Empfindlichkeit des
                              									Steuers daraus erklärlich.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)