| Titel: | Schiffbau.Neues im Schiffswesen. | 
| Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 269 | 
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                        Schiffbau.Neues
                           								im Schiffswesen.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 245 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Neues im Schiffswesen.
                        
                     
                        
                           Lüftung der Schiffsräume.
                           Betreffs der Lüftung der Schiffe und besonders deren Heizräume wurden schon
                              									zahlreiche Versuche gemacht; man studirte besonders die Einrichtungen für die
                              									Anwendung von Lüftern oder Luftpumpen, aber diese Apparate geben nicht immer
                              									zufriedenstellende Resultate; in den tropischen Gegenden z.B. ist die bei einer
                              									hohen Temperatur von aussen angesaugte Luft nicht im Stande, den Zug der
                              									Kesselfeuerung zu verstärken, man ist also genöthigt, das Feuer anzustrengen und, um
                              									den Wirkungen der Ausdehnung zu begegnen, grosse Massen einzuführen, um den zur
                              									Verbrennung nöthigen Sauerstoff zu erhalten. Unter diesen Umständen wird viel
                              
                              									Brennstoff verbraucht und die Gesundheit der Heizer geschädigt. Ganz anders würde
                              									sich die Sache verhalten, wenn die äussere Luft mit einer niederen Temperatur in dem
                              									Heizraume ankommen könnte.
                           Bei der Anwendung der bis jetzt gebräuchlichen Mittel sind also die Schwierigkeiten
                              									sehr gross, und es ist manchmal unmöglich, eine genügende Menge Luft in den Heizraum
                              									zu bringen, trotz aller Maassregeln, die man getroffen hat, um auch die schwächste
                              
                              									Brise zu benutzen. Wenn z.B. das Schiff unter dem Winde mit derselben
                              									Geschwindigkeit läuft, ist die Ventilation durch Windfänge ganz unmöglich.
                           Erst in den letzten Jahren gelang es, wie in der Zeitschrift
                                 										für Berg-, Hütten- und Maschinenindustrie, 1897 * S. 101, mitgetheilt wird,
                              									der Firma J. Evans und Co. nach zahlreichen Versuchen,
                              									einen Apparat zu bauen, welcher in dem Heizraume einen lebhaften Luftzulauf von
                              									oben nach unten, und zwar in Manneshöhe herstellt, auch wenn die
                              									atmosphärischen Einflüsse oder der Lauf des Schiffes jede Ventilation durch
                              									Windfänge unmöglich macht. Auch bietet dieser Apparat den Vortheil, die Luft zu
                              									erfrischen und unter der äusseren Temperatur eintreten zu lassen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 269
                              Lüftung der Schiffsräume von Evans und Co.
                              
                           Fig. 7 und 8 zeigen den Einbau eines
                              									solchen Apparates; er besteht aus einem kleinen Luftcompressor, welcher in der Nähe
                              									der Maschine, aber unabhängig von derselben aufgestellt und durch eine Leitung a mit einem oder zwei Apparaten b verbunden ist, wie einen solchen Fig. 9
                              									darstellt. Die Luft tritt durch das Mundstück o ein,
                              									während zu gleicher Zeit durch die Leitung e ein
                              									schwacher Dampfstrom zugeführt wird. Die grosse Geschwindigkeit, mit welcher die
                              									Luft aus dem Mundstücke o ausströmt, verursacht eine
                              									innige Mischung mit dem Dampfe in dem Raume c des
                              									Cylinders k, welcher eine Asbestumkleidung l hat, die durch den Mantel m gehalten wird.
                           In dem unteren Theile dieses Cylinders ist der Zerstäuber f mittels eines Ansatzes eingeschraubt. Das Ganze befindet sich in einem
                              									Windfange von 0,45 bis 0,60 m Durchmesser und ist mit mehreren Rohransätzen
                              									versehen, welche sich nach unten erweitern. Der Strahl des Zerstäubers ruft einen
                              									energischen Luftstrom hervor und kann je nach den klimatischen Zuständen ganz aus
                              									Luft oder aus Dampf, welcher in einem Ueberhitzer getrocknet wurde, bestehen. Sind
                              									beide gemischt, so bietet er die Möglichkeit, den Heizraum oder jeden anderen Theil
                              									des Schiffes mit abgekühlter und in einem gewissen Grade angefeuchteter Luft zu
                              									lüften.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 269
                              Fig. 9.Lüftung der Schiffsräume von Evans und Co.
                              
                           Zu diesem Zwecke befindet sich auf dem Cylinder k ein
                              									Ventil, welches von aussen mehr oder weniger von seinem Sitze entfernt werden kann.
                              									Ein Theil der Mischung in dem Raume c geht dann in die
                              									Schlange g, welche den Cylinder k umgibt. Der Dampf condensirt hier und das so gebildete Wasser geht aus
                              									der letzten Windung der Schlange in das Ablaufrohr und von da in den Zerstäuber f. Alle Wassertröpfchen werden vom Hauptstrome
                              									mitgenommen und zerstäubt; indem sie sich nun mit der trockenen, von aussen durch
                              									den Windfang kommenden Luft mischen, verdampfen sie von Neuem und entnehmen die dazu
                              									nöthige latente Wärme dieser Luft, welche dadurch erkältet wird. In diesem
                              									Zustande verbessert sie nicht allein die Gesundheit des Heizraumes, sondern auch die
                              									Zugverhältnisse und dadurch das sparsame Functioniren der Kesselfeuerung.
                           Durch das Ventil i kann man also die in die Schlange
                              									gehende Dampfmenge reguliren und die Luft in dem nöthigen Maasse erfrischen. Es
                              									versteht sich von selbst, dass in den Breiten, wo die Luft heiss und sehr trocken
                              									ist, die Temperaturerniedrigung, welche durch ihre Mischung mit dem feuchten Dampfe
                              									hervorgebracht wird, relativ gross ist.
                           Die Einrichtung des Zerstäubers ist aus den Abbildungen klar zu ersehen. Die
                              									Zuführung f endigt in ein breites Mundstück, auf dessen
                              									Wände zwei convergente Zungen von einer nicht oxydirenden Legirung befestigt sind.
                              									Diese beiden Zungen sind derart vereinigt, dass die Breite des Spaltes damit zu
                              									reguliren ist. Auch kann man diese Zungen leicht abschrauben, um sie, wenn nöthig,
                              									zu reinigen.
                           Dieser Luftzuführer wurde an Bord des Dampfers Santareuse installirt und während einer Reise von Liverpool nach dem
                              									Amazonenstrome und zurück versucht. Er erlaubte in den Tropen eine vollkommene
                              									Verbrennung und hielt sowohl den Heizraum wie die Salons stets relativ kühl. Während
                              									die Aussentemperatur am Amazonenstrome zwischen 51 und 53° variirte, gelangte die
                              									Luft mit 30 bis 32° in den Heizraum.
                           Bei einem kürzlich in Manchester gemachten Versuche wurde Luft durch einen Windfang
                              									mit einer Geschwindigkeit von 396 m in der Minute zugeführt; die Temperatur, welche
                              									beim Anfange des Versuches in dem Heizraume 32,7° betrug, sank in wenigen Minuten
                              									auf 21° bei 14,4° Aussentemperatur.
                           
                        
                           Commandoapparate.
                           Die Commandoübertragung in den Steuer- und Maschinenraum
                              									wird auf den grossen Schiffen gewöhnlich mit Hilfe der Elektricität bewirkt und
                              									namentlich auch gesichert. Die Leichtigkeit und Raschheit, mit welcher die
                              									Elektricität auch die grössten Entfernungen überwindet, gab Veranlassung, den
                              									elektrischen Betrieb für Apparate zur Fernübertragung von Zeigerstellungen zu
                              									verwenden. Eine derartige Fernübertragungsanlage besteht aus Geber und Empfänger,
                              									welche, beliebig weit von einander entfernt, durch elektrische Leitungen mit
                              									einander verbunden sind. Bringt man nun den Hebel des Gebers in irgend eine
                              									Stellung, so soll sich. der Zeiger am Empfänger genau synchron mit dem Geberhebel
                              									bewegen und sofort genau die entsprechende Stellung einnehmen.
                           Derartige Anlagen finden vielfach an Bord von grösseren Handelsdampfern oder von
                              									Kriegsschiffen Anwendung. Sie haben hier den Zweck, die Befehle des Commandirenden
                              									über Schnelligkeit und Umdrehungsrichtung der Schiffsmaschine, also über
                              									Geschwindigkeit und Fahrtrichtung des Schiffes selbst, dem wachhabenden Maschinisten
                              									im Maschinenraume zu übermitteln. Stellt z.B. der Commandirende auf der
                              									Commandobrücke den Hebel seines Geberapparates auf das Commando „Halbe Fahrt
                                 										voraus“, so stellt sich der Zeiger des Empfängers im Maschinenraume sofort
                              
                              									auf das Feld mit demselben Commando ein.
                           Die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft in Berlin
                              									verwendet nun für ihre Fernübertragungsapparate die dem Drehstrome bezieh.
                              									Mehrphasenstrome eigenthümliche Stromschaltung, bei welcher mit dem Hebel des
                              									Gebers ein Magnetfeld im Empfänger sich genau synchron dreht, also ein vollkommenes
                              									Drehfeld entsteht. Bei diesen Drehfeldfernzeigern besteht der Geber aus einer in
                              									sich geschlossenen Widerstandsspule a (Fig. 10), welcher
                              									letzteren an zwei einander gegenüber liegenden Stellen b mittels eines beweglichen Hebels c Strom
                              									zugeführt wird. An drei, um 120° gegen einander versetzten Stellen d1d2d3 wird dieser Strom
                              									von der Widerstandsspule abgenommen und durch drei Leitungen e dem Empfänger zugeführt. Dieser Empfänger besteht aus einem System von
                              									drei bezieh. einer aus einem mehrfachen von drei zusammengesetzten Anzahl von
                              									Magnetspulen f1f2f3, in deren
                              									magnetischem Felde ein mit einem Zeiger versehener Magnet g um eine Achse sich frei drehen kann. Wird nun mittels der beiden
                              									diametral gegenüber liegenden, beweglichen Schleifcontacte b Strom dem Geber zugeführt, so vertheilt sich dieser in der
                              									Widerstandsspule a desselben nach den Abzweigleitungen
                              										e
                              									Fig. 10. zum Empfänger
                              									und in dessen Spulen f1f2f3 derartig, dass hier
                              									ein magnetisches Feld erzeugt wird, dessen Stellung der Richtung des Geberhebels
                              									entspricht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 270
                              Stromschaltung der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft.
                              
                           Hat z.B. der Geberhebel die in Fig. 11, Nr. I,
                              									dargestellte Stellung, so vertheilt sich der Strom derartig, dass die beiden
                              									äusseren Spulen des Empfängers nach innen Nordpole erzeugen, während die mittlere
                              									Spule einen nach innen gerichteten Südpol erzeugt. Die Componenten dieser drei
                              									Spulen setzen sich also zu einem magnetischen Felde zusammen, dessen Richtung in der
                              									That derjenigen des Geberhebels entspricht. Wird jetzt der Geberhebel um 60°
                              									gedreht, so dass er die in Fig. 11, Nr. II, gegebene Stellung einnimmt, so ändert sich die
                              									Stromvertheilung derart, dass die untere und mittlere Spule des Empfängers dieselben
                              									Pole, wenn auch in veränderter Stärke beibehält, während die obere Spule ihre Pole
                              									geändert hat und einen nach innen gerichteten Südpol erzeugt. Die Componenten der
                              									drei Spulen setzen sich jetzt zu einem magnetischen Felde zusammen, das gegenüber
                              									der ursprünglichen Lage genau in derselben Weise um 60° verdreht ist, wie der Hebel
                              									des Gebers.
                           
                           In entsprechender Weise zeigt die Fig. 11 (Nr. III, IV, V
                              									und VI) die synchrone Bewegung des magnetischen Feldes im Empfänger mit dem
                              									Geberhebel bei Weiterbewegung des letzteren immer um 60°. Eine nochmalige
                              									Weiterbewegung des Geberhebels aus Stellung Nr. VI im gleichen Sinne um weitere 60°
                              									ergibt dann wieder die Anfangsstellung Nr. I, so dass also mit dem Geberhebel auch
                              									das magnetische Feld im Empfänger eine volle Umdrehung vollendet hat. Es wird also
                              									thatsächlich im Empfänger ein vollkommenes Drehfeld gebildet.
                           Diese einzelnen Ströme in den Spulen des Empfängers verlaufen dabei annähernd in
                              									einer sinoidalen Form, während sie gleichzeitig um je 120° gegen einander verschoben
                              									sind.
                           Fig. 12 zeigt die
                              									Verhältnisse dieser Ströme unter besonderer Hervorhebung der Stellungen Nr. I bis
                              									VI, wie sie Fig. 11
                              									darstellt.
                           Aendert sich nun bei diesen Drehfeldfernzeigern die Spannung des zugeführten Stromes,
                              									so wird wohl eine Aenderung der Stärke der einzelnen Ströme im Empfänger bewirkt,
                              									nicht aber eine Aenderung der Verhältnisse dieser Ströme unter einander. Es bleibt
                              									also auch das Verhältniss der einzelnen drei Componenten, aus welchen sich das
                              									magnetische Feld zusammensetzt, in jeder Stellung, unabhängig von der Spannung, das
                              									gleiche, d.h. die Richtung des magnetischen Feldes bleibt dieselbe, während sich nur
                              									die Stärke desselben entsprechend der Spannung ändert. Die Drehfeldfernzeiger sind
                              									also in ihrer Wirkungsweise vollkommen unabhängig von Spannungsänderungen des
                              									zugeführten Betriebsstromes.
                           Die Verbindung zwischen Geber und Empfänger erfolgt durch drei Leitungen (Fig. 10), während die
                              
                              									Anzahl der zu übertragenden Signale eine sehr grosse sein kann. So ist es ohne
                              									weiteres möglich, den Apparat derartig einzurichten, dass er von Grad zu Grad genau
                              									zeigt, so dass also hierbei 360 einzelne Signale gegeben werden können. Da das
                              									magnetische Feld sich sofort, entsprechend der Stellung des Geberhebels, bildet, so
                              									stellt sich auch der Zeiger des Empfängers sofort unmittelbar in die richtige
                              									Stellung ein. Auch ist vor der Inbetriebsetzung keinerlei Einstellung oder Controle
                              									erforderlich, da jeder Stellung des Geberhebels immer nur eine einzige Stellung des
                              									Drehfeldes entspricht.
                           Das Verwendungsgebiet der Drehfeldfernzeiger, deren Grundidee von Prof. Dr. L. Weber in Kiel herrührt und welche der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft patentirt sind,
                              									hat eine weite Ausdehnung, von denen hier nur die der Commandoübertragung erläutert
                              									sei.
                           Die Ansprüche, welche an diese Commandoapparate in Bezug auf unbedingte Genauigkeit
                              									und Betriebssicherheit gestellt werden müssen, sind die denkbar grössten, da hiervon
                              									unter Umständen die Existenz des ganzen Fahrzeuges abhängen kann. Besonders bei der
                              									Einfahrt in enge Hafeneingänge, sowie um anderen Fahrzeugen leicht ausweichen zu
                              									können, muss der Commandirende die Maschine seines Schiffes unbedingt und sicher in
                              									der Gewalt haben. – Bei den zuerst verwendeten Maschinentelegraphen, welche auch
                              									jetzt noch vielfach im Gebrauche sind, geschah die Befehlsübermittelung rein
                              									mechanisch. Im Geber auf der Commandobrücke befindet sich hierbei ein Kettenrad,
                              									welches durch Ketten, Zugstangen u.s.w. direct mit dem Kettenrade des Empfängers im
                              									Maschinenraume in Verbindung steht. Wird nun mittels eines Hebels das Kettenrad
                              									im Geber gedreht, so bewegt dieses unmittelbar das Kettenrad des Empfängers und den
                              									an letzterem angebrachten Zeiger. Diese mechanischen Maschinentelegraphen erfordern
                              									aber zu ihrer Bethätigung einen nicht unerheblichen Kraftaufwand. Ferner müssen
                              									dieselben fortdauernd beaufsichtigt und in Stand gehalten werden, um einerseits an
                              									den Zwischengliedern ein Klemmen oder Festsetzen zu vermeiden und andererseits
                              									dieselben bei Temperaturunterschieden genügend gleichmässig gespannt zu halten.
                           Diese Uebelstände bewirkten es, dass nach Einführung der elektrischen Beleuchtung an
                              									Bord, welche etwa im J. 1880 erfolgte, auch sofort Versuche mit elektrisch
                              									betriebenen Maschinentelegraphen gemacht wurden.
                           Hierbei erwiesen sich die mit Anwendung eines Solenoides nach Art der Voltmeter
                              									gebauten Apparate sehr bald als untauglich, da dieselben nur unter der Voraussetzung
                              									einer unbedingt gleichmässigen Spannung des zugeführten Stromes richtig
                              									functionirten, eine Bedingung, die sich aber, wenn nicht eine besondere Stromquelle
                              									für die Maschinentelegraphen vorgesehen wird, an Bord nicht erfüllen lässt.
                           Auch die vielen Apparate, welche auf der Anwendung von Sperrklinken beruhen, konnten
                              									trotz sorgfältigster Ausführung und bester Construction nicht genügen, da ein
                              									Versagen der Sperrklinken niemals mit unbedingter Sicherheit ausgeschlossen ist.
                              									Diese Apparate haben den Nachtheil, dass sie vor jeder Inbetriebsetzung auf ihre
                              									synchrone Stellung untersucht und eingestellt werden, da anderenfalls der Zeiger des
                              									Empfängers immer in demselben Zwischenraume sich vor bezieh. hinter dem Geberhebel
                              									herbewegen würde, in welchem er sich vor der Inbetriebsetzung befand. Bei anderen
                              									Apparaten enthält der Empfänger ebenso viel Spulen, als Commandos vorgesehen sind,
                              									und wird dann durch den Geber immer nur diejenige Spule erregt, welche zu dem
                              									gewünschten Commando gehört. Dieses System hat jedoch den Nachtheil, dass ebenso
                              									viel Leitungen vorhanden sein müssen, als Commandos.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 271
                              Fig. 13.Maschinentelegraph der Allgemeinen
                                 										Elektricitäts-Gesellschaft.
                              
                           Es wurde nun versucht, diesem Uebelstände abzuhelfen durch Verminderung der
                              									Spulenzahlen auf drei. Hierdurch macht sich jedoch die Einschaltung einer
                              									Uebersetzung erforderlich, die zu ähnlichen Störungen Veranlassung geben kann, wie
                              									die Sperrklinken. Alle diese Ungenauigkeiten und Fehlerquellen sind nun, wie schon
                              
                              									weiter oben gezeigt, bei den Drehfeldfernzeigern in Folge der eigenartigen Anordnung
                              									des zugehörigen Systemes ausgeschlossen. Das genannte System gestattet auch ohne
                              									weiteres die Herstellung von Apparaten mit Rückantwort. Bei diesen Apparaten ist
                              									immer ein Geber und ein Empfänger in einem gemeinsamen Gehäuse vereinigt, wie z.B.
                              									der von der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft
                              									gebaute Maschinentelegraph (Fig. 13) zeigt. Der aus
                              									dem Apparate hervorragende Hebel gehört dabei zu dem Geber, während der über dem
                              									Zifferblatte spielende Zeiger vom Empfänger bethätigt wird. Die Schaltung ist nun
                              									eine derartige, dass der Geber der Commandostelle (Fig.
                                 										14) mit dem Empfänger an der Befehlsausführung in dem Maschinenraume
                              									direct in Verbindung steht, während andererseits der Geberhebel im Maschinenraume
                              									den Empfänger des Apparates an der Commandostelle bethätigt. Legt also z.B. der
                              									Commandirende seinen Geberhebel auf das Commando „Halbe Fahrt voraus“ , so
                              									zeigt der Zeiger des Apparates im Maschinenraume sofort dasselbe Commando an. Der
                              									Maschinist stellt nun zum Zeichen, dass er das Commando richtig erkannt hat, seinen
                              									Geberhebel gleichfalls auf „Halbe Fahrt voraus“, wodurch nun auch der Zeiger
                              									des Apparates an der Commandostelle sich auf dieses Commando einstellt und so dem
                              									Commandirenden anzeigt, dass sein Befehl richtig verstanden wurde. Beide Apparate
                              									sind ausserdem mit Signalglocken ausgerüstet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 272
                              Fig. 14.Maschinentelegraph der Allgemeinen
                                 										Elektricitäts-Gesellschaft.
                              a Glocke; b Commandostelle; c
                                 										Befehlsausführung; g Widerstandsspule für Geber; k Contact im Geberhebel für
                                 										Glocke; m Magnetspule für Empfänger; s Schleifcontact für Geber; z Magnet mit
                                 										Zeiger für Empfänger.
                              
                           In ähnlicher Weise sind die Steuertelegraphen (Fig.
                                 									15) eingerichtet. Bei diesen lässt sich aber die Anordnung auch derart
                              									treffen, dass der Geber der Commandostelle auf einen einfachen Zeigerapparat im
                              									Ruderraume wirkt, während der Geberhebel für die Rückantwort direct von der
                              									Ruderwelle bethätigt wird, so dass auf diese Weise dem Commandirenden unmittelbar
                              									angezeigt wird, wie sein Befehl bezüglich der Rudereinstellung ausgeführt worden
                              									ist. Derselbe Geber auf der Ruderwelle kann ausserdem noch eine beliebige Anzahl
                              									einfacher Ruderanzeiger im Maschinenraume, bei dem Hilfssteuerapparate u.s.w.
                              									betreiben, welche dann alle stets die jeweilige Ruderstellung anzeigen. – Ausser
                              									anderen Fernzeigern werden an Bord noch hauptsächlich gebraucht: Heizraumtelegraphen
                              									und Umdrehungsanzeiger. Erstere übermitteln Befehle bezüglich des Dampfdruckes, des
                              									Speisewassers u.s.w., während letztere die Umdrehungszahl der Schraubenwelle
                              									anzeigen.
                           Ueber das Signalwesen zur Sicherung der Schiffahrt sprach W.
                                 										Schäffer im Petersburger polytechnischen Verein (Verhandlungen, 1897 S. 122). Wir entnehmen dem
                              									ausführlichen Vortrage folgende Einzelheiten.
                           Den Schiffen stehen folgende Signale zur Verfügung: Tonsignale: die Kanone, die Glocke, das Nebelhorn, die Syrene und die
                              									Pfeife – alles Signale, die nur einen Ton ohne jegliche Variation geben können, oder
                              									doch mit einer sehr geringen Variation, die dann wiederum auch sehr leicht
                              									missverstanden werden kann und jedenfalls einen zu kleinen Spielraum lässt, um von
                              									einem Schiffe zum anderen Befehle oder Nachrichten zu übergeben. Lichtsignale: Um ein Lichtsignal zu geben, muss das
                              									Schiff verschiedene Ziffern hinter einander zeigen, die dann zusammen eine Nummer
                              									des Codex für Signale bilden. Dabei kann es leicht passiren, dass das Signal oder
                              									auch nur ein Theil des Signales falsch gesehen wird, auch ist es sehr zeitraubend,
                              									denn zwischen jeder Ziffer muss der Signalisirende warten, bis die Antwort erfolgt,
                              									ob auch das Signal gesehen und verstanden worden ist. Jedenfalls ein grosser Mangel,
                              									wenn der Befehl ein eiliger ist. Ausserdem muss dann der betreffende Signalisirende
                              									sehr genau aufpassen, ob nicht die Bedienung der Signale unverhofft einen Fehler
                              									macht, der jedenfalls schwer zu corrigiren ist, da jede Ziffer einen ganz anderen
                              									Sinn bedeutet.
                           Der Vortragende bespricht nun einige Vervollkommnungen dieser Signale.
                           I. Die Tonsignale. Der Apparat besteht aus einem
                              									Dampfmusikinstrument, welches in vier Grundtönen Variationen zulässt, die einem
                              									Codex von 625 Capiteln und ebenso vielen Nummern im Capitel entsprechen würden, was
                              									schon eine grössere Zahl als nothwendig ausmacht. Mittels des Apparates ist der
                              
                              									Signalisirende im Stande, in 25 Musikstücken 100000 Signale zu geben, die alle
                              									leicht unterscheidbar sind. Der Apparat ist seitens einer Commission des russischen
                              									Marineministeriums geprüft und für zweckentsprechend befunden worden. Die Signale
                              									sind deutlich unterscheidbar auf folgende Entfernungen:
                           
                              
                                 bei ruhigem Wetter
                                 
                                 1,5
                                 Werst
                                 
                              
                                 bei Wind 5 nach Beaufort
                                 gegen den Windmit dem Winde
                                 1,02,0
                                 „„
                                 
                              
                           Die Versuche sind mit einem Dampfdrucke von 45 Pfund
                              									ausgeführt worden. Doch lässt sich bei einem höheren Dampfdrucke und einem
                              									entsprechenden Apparate auch eine grössere Schallweite, und zwar wahrscheinlich die
                              									doppelte erzielen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 307, S. 272
                              Fig. 15.Steuertelegraph der Allgemeinen
                                 										Elektricitäts-Gesellschaft.
                              
                           Der Apparat besteht aus vier Dampfpfeifen, die auf einem gusseisernen Postamente
                              									aufgestellt sind und auf einer wagerechten Drehscheibe nach jeder Richtung gedreht
                              									werden können. Dieser letztere Umstand erwies sich bei den Versuchen von grosser
                              									Wichtigkeit, denn die Tonstärke hing sehr wesentlich von der Richtung der
                              									Tonöffnungen ab. Der Apparat wird auf Deck aufgestellt und von unten in ihn ein
                              									Dampfrohr eingeleitet. Auf der Mitte der Höhe des Postamentes hat das Dampfrohr ein
                              									Absperrventil; das Dampfrohr selbst geht bis zum Ventilkasten, der gleich oberhalb
                              									der Drehscheibe auf dem Postamente angebracht ist. Im Ventilkasten sind vier Ventile
                              									eingesetzt: von jedem einzelnen derselben führt ein Stutzen bis zur zugehörigen
                              									Pfeife, die vier Pfeifen haben als Grundtöne = Do (C), sol (G) und eine Octave höher
                              									Do (C) und mi (E). Diese vier Grundtöne sind gewählt worden, um die gewöhnlichen
                              									Infanteriesignale zu geben, welche sich sehr leicht einprägen und unterscheiden
                              									lassen, doch lassen sich selbstverständlich beliebige Signale an dem Apparate
                              									machen. Von den vier Ventilen aus gehen Zugstangen bis zu den Hebeln, die zum
                              									Oeffnen oder Schliessen der Ventile dienen. Die Enden dieser Hebel ragen aus dem
                              									Ventilkasten heraus und werden von den Noten, die aus ausgeschnittenen
                              									Stahlplanchetts bestehen, in Bewegung gesetzt. Hinter dem Ventilkasten ist der
                              									Apparat für die Noten angebracht; derselbe besteht aus einer Handkurbel, mittels
                              									derer eine Welle gedreht wird; diese Welle ist mittels kleiner Zahnräder mit einer
                              									zweiten Welle verbunden, welche die Notenblätter mit Hilfe eines Zahnrades aufwärts
                              									bewegt, oberhalb dieser liegt eine lose Walze, welche die Noten an die Hebel
                              									andrückt, welche in ihre Ausschnitte eingreifen. Seitlich des Ventilkastens ist noch
                              									ein zweiter Hebel angebracht, der zum Abschliessen oder Oeffnen der vier Ventile
                              									dient, wenn das Hauptventil geöffnet ist und ein Notenblatt durch ein anderes
                              									ersetzt werden soll.
                           Die Handhabung des Apparates ist somit eine sehr einfache. Der Officier vom Dienst
                              									nennt dem Signalwächter die Nummer des Codex und überzeugt sich, ob der betreffende
                              									auch die richtige Nummer nimmt (die Nummern sind auf den Noten aufgedruckt); dann
                              									wird das Notenplättchen von unten bis zur Welle vorgeschoben, welche zur
                              									Fortbewegung der Noten dient, und nun nach Oeffnung der Ventile die Kurbel in
                              									Bewegung gesetzt, der Apparat spielt dann sein Signal mit vollen klaren Tönen.
                           Es empfiehlt sich dabei, möglichst trockenen Dampf zu benutzen, um die Klarheit der
                              									Töne nicht durch Condenswasser zu beeinträchtigen, doch genügt auch ein
                              									eingeschalteter Condenswasserabscheider für diesen Zweck vollkommen.
                           II. Lichtsignale. Für Lichtsignale besteht ein neuer
                              									elektrischer Apparat, der mittels einer Combination, entgegen den früher
                              									gebräuchlichen Apparaten, welche die Ziffern nur einzeln zeigten, fünf Ziffern mit
                              									einmal zeigt, so dass man im Stande ist, ohne irgend welche Schwierigkeiten 99999
                              									Signale zu geben. Der Apparat besteht aus einem automatischen Einschalter, der mit
                              									fünf Doppellaternen verbunden ist. Diese Laternen sind zur Hälfte roth, zur Hälfte
                              									weiss und geben die Ziffern des Codex an. Das Signal wird nicht, wie bisher üblich,
                              									in einzelnen Ziffern gegeben, sondern erscheint in einer vollen Zahl bis fünf
                              									Stellen. Den Hauptbestandtheil des Apparates bildet der Einschalter, derselbe
                              									besteht aus einem 7 Cubikzoll grossen eisernen Kasten, in welchen das elektrische
                              									Kabel mündet. An den beiden Innenseiten des Kastens sind je fünf Ausschalter
                              									angebracht, die die fünf rothen oder fünf weissen Laternen verbinden. In der Mitte
                              									dieses eisernen Kastens liegt eine kleine Stahlwelle, auf welcher in ihrer ganzen
                              									Länge ein Keil angebracht ist; diese Welle liegt mit einem Ende in der Nähe eines
                              									Zahnrades, durch welches sie in Bewegung gesetzt werden kann; dieses Zahnrad
                              									wird von einem kleineren angetrieben, welches auf einer Handkurbelwelle aufgesetzt
                              									ist. Die Kurbel ist vorn am Apparate angebracht. Die kleine mittlere Stahlwelle kann
                              									durch einen seitlichen Hebel (der Hebel bildet gleichzeitig den Haupteinschalter für
                              									die Magistralleitung) aus ihren Lagern befreit und leicht heraus und herein gestellt
                              									werden. Auf diese Welle werden Messingmuffen aufgesetzt, die mit verschiedenen
                              									Ausschnitten versehen sind, welche Hebel der Contacte ausrücken. In einem aparten
                              									Kästchen sind die Messingmuffen untergebracht und liegen in verschiedenen
                              									Nummerpäckchen im Ganzen 53 Stück für 9 Ziffern 0 bis 9 à 5 Stück und die leeren
                              									Zwischeneinsätze. Diese Muffen bilden mit ihren Ausschnitten indirect die
                              									verschiedenen Aus- und Einschalter des Apparates. Will man ein Signal geben, so
                              									braucht man nur die numerirten Muffen in der beorderten Zifferordnung auf die kleine
                              									Stahl welle zu setzen und die Stahlwelle in ihr Lager einzulegen, dann schaltet man
                              									mittels des seitlichen Hebels, welcher mit seinem Ausschnitte die Welle von oben
                              									festhält, den Strom ein. Durch Umdrehen der Handkurbel kann man dann beliebig oft
                              									das Signal wiederholen. Ein Irrthum in der Signalisirung ist gar nicht möglich, denn
                              									das Signal wird in vollem Bestände der Zifferordnung so lange gehalten, bis eine
                              									Antwort erfolgt ist. Statt der Handkurbel lässt sich auch ein mechanisches Triebwerk
                              									anbringen, welches dienlicher sein dürfte, da dann die Drehung keine
                              									Unregelmässigkeiten, wie beim Handbetriebe, haben würde.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)