| Titel: | Der Venturi-Wassermesser. | 
| Fundstelle: | Band 308, Jahrgang 1898, S. 61 | 
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                        Der Venturi-Wassermesser.
                        Mit Abbildung.
                        Der Venturi-Wassermesser.
                        
                     
                        
                           Nach dem Centralblatt der Bauverwaltung ist der
                              									Venturi-Wassermesser im J. 1887 von dem Civilingenieur Clemens Herschel in New York erfunden worden, der seiner Erfindung im
                              									Andenken an den italienischen Gelehrten Venturi den
                              									Namen gab. Venturi machte zuerst im J. 1796 auf die
                              									Beziehungen aufmerksam, die zwischen den Geschwindigkeiten und den Spannungen in
                              									durchströmten Röhren von zu- und abnehmendem Querschnitt bestehen. Zur Messung sehr
                              									grosser Wassermengen in weiten Rohrleitungen, wie sie bei grossen Wasserversorgungen
                              									und Bewässerungen gebraucht werden, zeigt sich die ausserordentlich einfache Vorrichtung in
                              									gleichem Maasse geeignet, wie für kleine Rohrweiten und geringe Durchflussmengen,
                              									und ist neuerdings auch in Europa schon mehrfach in Anwendung gekommen.
                           Die Einrichtung des Wassermessers beruht auf folgender Erwägung: Die Geschwindigkeit
                              									des fliessenden Wassers entspricht der Geschwindigkeitshöhe nach dem Gesetze
                           h=\frac{v^2}{2\,g}.
                           In jedem Punkte einer geschlossenen Leitung gleicht der Unterschied zwischen dem
                              									hydrostatischen Drucke Ps, der eintritt, wenn die Strömung gehemmt
                              									wird, und dem hydraulischen P, der in der strömenden
                              									Flüssigkeit herrscht – beide in Wassersäulenhöhen gemessen – der
                              									Geschwindigkeitshöhe h, vermehrt um die dem
                              									durchlaufenen Wege entsprechende Widerstandshöhe w.
                           
                              P_s-P=h+w=\frac{v^2}{2\,g}+w.
                              
                           Verändert sich von einem Punkte der Rohrleitung zum anderen die Geschwindigkeit v in v1, so ändert sich dementsprechend P in P1, und es ergibt sich
                           
                              P_s-P_1=\frac{{v_1}^2}{2\,g}+w,
                              
                           vorausgesetzt, dass beide Querschnitte in einer Höhe und nahe
                              									bei einander liegen, so dass Ps und w in
                              									beiden gleich gross anzunehmen sind.
                           Alsdann ergibt sich, wenn man beide Gleichungen von einander abzieht,
                           
                              P_1-P=\frac{v^2-{v_1}^2}{2\,g}.
                              
                           Kennt man nun das Grössenverhältniss der beiden betrachteten Rohrquerschnitte
                           
                              q = nq
                              1,
                              
                           so ist dementsprechend
                           v1= nv,
                           und es wird aus obiger Gleichung
                           
                              v=\sqrt{\frac{2\,g\,(P_1-P)}{1-n^2}}.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 308, S. 62
                              Venturi-Wassermesser.
                              
                           Man kann sonach aus den unmittelbar messbaren inneren Spannungen von zwei verschieden
                              									grossen Rohrquerschnitten die Geschwindigkeit und somit auch die Menge des
                              									durchfliessenden Wassers ermitteln. Zu diesem Zwecke bildet das Venturi-Rohr eine
                              									Einschnürung in der Rohrleitung, gewöhnlich auf ein Drittel des Durchmessers. Dicht
                              									vor dem Anfange der Verjüngung und an der engsten Stelle derselben befinden sich
                              									ringförmige, mit dem Innenraume des Rohres in Verbindung stehende Kammern. Die in
                              									diesen bestehenden Spannungen werden durch enge Röhrchen von Kupfer oder Blei nach
                              									dem Messwerke übertragen, wo sie auf die beiden Oberflächen von zwei
                              									Quecksilbersäulen wirken, die am Boden mit einander in Verbindung stehen (Fig. 1).
                              									Die jeweilige Stellung der beiden Quecksilberspiegel entspricht also dem
                              									Spannungsunterschiede der beiden Rohrquerschnitte und damit der wechselnden
                              									Geschwindigkeit in der Rohrleitung. Sie wird durch einen Schwimmer und elektrischen
                              									Contact auf ein Zählwerk übertragen, von dem, der Rechnung gemäss, die durch das
                              									Rohr fliessende secundliche Wassermenge entweder abgelesen werden kann oder dauernd
                              									aufgezeichnet wird. Das Zählwerk kann in einer Entfernung bis zu 300 m von der
                              									Rohrleitung aufgestellt werden. Die Erfahrung lehrt, dass der Druckhöhenverlust, den
                              									die Rohrverengung verursacht, äusserst gering ist, wenn die Verjüngung und
                              									Erweiterung des Rohres sich allmählich vollziehen. Zahlreiche, mit grosser Sorgfalt
                              									ausgeführte Versuche haben die in nachstehender Zusammenstellung angeführten Zahlen
                              									ergeben. Darin bedeutet v die Geschwindigkeit in der
                              									engsten Stelle in Meter-Secunden, h den
                              									Druckunterschied zwischen dem Eingangspunkte und der engsten Stelle des
                              									Venturi-Rohres in Meter der Wassersäule gemessen, und f
                              									den Druckhöhenunterschied zwischen dem oberen und dem unteren Ende des
                              									Venturi-Rohres, das ist die Widerstandshöhe, die durch die Einschnürung verloren
                              									geht.
                           
                              
                                 
                                    v
                                    
                                 =
                                 0,75
                                 1,50
                                 2,80
                                 6,10
                                 11,70
                                 m
                                 
                              
                                 
                                    h
                                    
                                 =
                                 0,029
                                 0,12
                                 0,37
                                 1,925
                                   7,50
                                 m
                                 
                              
                                 
                                    f
                                    
                                 =
                                 0,004
                                 0,015
                                 0,052
                                 0,246
                                   0,93
                                 m
                                 
                              
                           Und zwar bleiben die Werthe von h und f gleich gross für die verschiedenen Rohrweiten von
                              									0,26 bis 2 m, die versucht worden sind, und ändern sich nur mit den
                              									Geschwindigkeiten nach Maassgabe obiger Zusammenstellung. Bei den Versuchen hatte
                              									die engste Stelle durchweg ein Drittel des Rohrdurchmessers, also ein Neuntel des
                              									Querschnittes der Rohrleitung. Der Verlust ist danach verschwindend klein, er kann
                              									ganz vermieden werden, wenn nicht eine fortdauernde, sondern nur zeitweilige Messung
                              									der durchfliessenden Wassermengen erforderlich ist. In solchen Fällen legt man den
                              									Wassermesser in ein seitliches Umlaufrohr und sperrt das Hauptrohr zum Zwecke der
                              									Messung. Die Genauigkeit des Venturi-Messers ist durch sehr eingehende Versuche als
                              									überraschend gross erwiesen worden. Während die Durchflussgeschwindigkeiten im
                              									engsten Querschnitte zwischen 1,50 und 15 m in 1 Secunde betrugen, war der
                              									Messungsfehler niemals grosser als 6 Proc. der Wassermenge, und das Zählwerk zeigte
                              									bei 28 Versuchen mit einem 1,20 m weiten Rohre nur einen mittleren Fehler von 0,25
                              									Proc. gegen die aus den gemessenen Spannungsunterschieden berechnete
                              									Wassermenge.
                           Das Venturi-Rohr ist frei von allen beweglichen Theilen im Durchflussraume und
                              									deshalb auch zur Messung unreiner Wässer besonders geeignet. Ebenso wird es für
                              									salzhaltige und andere chemische Flüssigkeiten mit Vorliebe verwandt und in solchen
                              									Fällen zuweilen in Bronze ausgeführt. Ein Zählwerk zur Messung gesättigter
                              									Salzlösung befindet sich auf den Werken der Solvay Process
                                 										Company in Syracuse, N. Y., wie es in ähnlicher Anordnung auch auf den
                              									Werken derselben Gesellschaft bei Detroit, M., in Benutzung ist. Neben dem
                              									gewöhnlichen Zählwerk steht die Vorrichtung, die dazu dient, die Salzlösung von dem
                              									Werke fern zu halten. Dieses selbst ist mit Oel gefüllt. Der dem Erfinder patentirte
                              									Wassermesser wird
                              									für Amerika von Builders Iron Foundry in Providence, R.
                              									I., hergestellt und ist für Europa durch George Kent,
                              									199–201 High Holborn, London, zu beziehen. Der Preis beträgt für Rohrweiten von 31
                              									bis 122 cm einschliesslich Zählwerk zwischen 2000 und 8000 M. Ein 70 cm weiter
                              									Venturi-Messer ist in Wien bei der neuen Wienthalleitung im Gebrauche. (Nach Eger.)