| Titel: | Elektrotechnik.Schienenstossverbindungen für elektrische Bahnen. | 
| Fundstelle: | Band 308, Jahrgang 1898, S. 178 | 
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                        Elektrotechnik.Schienenstossverbindungen für elektrische Bahnen.
                        Mit Abbildungen.
                        Schienenstossverbindungen für elektrische Bahnen.
                        
                     
                        
                           Mit der rapiden Entwickelung der elektrischen Bahnen sind in den letzt verflossenen
                              									Jahren naturgemäss auch die Ausrüstungsgegenstände nach Möglichkeit vervollkommnet
                              									worden.
                           Hierzu gehören auch die scheinbar nebensächlicheren, für den elektrischen Bahnbau
                              									aber sehr wichtigen Schienenstossverbindungen, die eine sichere, gut leitende
                              									Verbindung zwischen den einzelnen Schienen zur Stromrückleitung vermitteln, und
                              									neben ihrem Zwecke eine möglichst einfache Montage an Ort und Stelle gewährleisten
                              									sollen.
                           Wirft man einen Rückblick auf die ersten Verbindungen dieser Art, so wird die
                              									Vervollkommnung in der Verbindungsweise gegenüber früher und jetzt schnell
                              									ersichtlich sein.
                           Vor etwa 25 Jahren, als zuerst in Nordamerika die Schienen zur Stromleitung benutzt
                              									wurden, waren besondere Verbindungen über die Schienenstösse hinweg noch nicht
                              									bekannt. Da nun der bei Laschen und Schienenenden sich mit der Zeit bildende Rost
                              									durch Erhöhung des elektrischen Widerstandes einen grossen Stromverlust zur Folge
                              									hatte, bezieh. die Verwendung der Schienen zur Stromleitung unmöglich zu machen
                              									drohte, kam W. Robinson im J. 1874, dem entnommenen
                              									amerikanischen Patent nach, als erster zu der Construction eines
                              									Schienenstossverbinders.
                           Diesem Constructeur folgten, nach Auskunft amerikanischer Patentschriften bezieh.
                              									nach Angabe von H. P. Brown in der amerikanischen
                              									Zeitschrift El. World, auf dem Gebiete der Schienen
                              									verbinden Edison (1880); Stephen D. Field (1883, s. Fig. 2 und 3); Georg Westinghouse
                              									(1883, s. Fig. 4); E. L.
                                 										Orcutt (1888); Charles J. van Depoele (1889);
                              										A. Lieb (1890); H.
                                 										Garland (s. Fig. 5) u.a.m.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 308, S. 178
                              Fig. 1.Schienenverbinder von Robinson.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 308, S. 178
                              Fig. 2.Schienenverbinder von Field.
                              
                           Einige Constructionen aus den Jahren 1874 bis 1890 sind hier abgebildet. Erläuternd
                              									sei zu den diesbezüglichen Abbildungen Folgendes bemerkt.
                           Bei dem Schienenverbinder William Robinson (Fig. 1) ist unter die Laschen a eine elastische, zu einem Metallband b
                              									gebogene Feder gelegt. Das Metallband ist gewölbt bezieh. zu einer Feder gebogen,
                              									damit es auch bei dem Lockern der Laschen noch eine metallische leitende Verbindung
                              									herzustellen vermag. Bei dem Verbinder Fig. 2 (Field) ist an der Schiene auf eine Länge von 5 cm
                              									ein Einschnitt hergestellt. An den dabei entstehenden Haken h ist mittels feinem Draht d der Verbindungsdraht e befestigt und
                              									verlöthet. Nach Fig. 3 hat Stephen D. Field für den Kupferleiter eine Schutzplatte p angeordnet, die mit einem Laschenbolzen f befestigt wird und den Leiter überdeckt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 308, S. 178
                              Fig. 3.Schienenverbinder von Field.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 308, S. 178
                              Fig. 4.Schienenverbinder von Westinghouse.
                              
                           Letztere Anordnung aus dem Jahre 1883 nimmt übrigens in dem Gedanken eine kürzlich in
                              									die Gebrauchsmusterrolle des Deutschen Patentamtes unter Nr. 87548 eingetragene
                              									Ausführungsform vorweg. („Im Hohlraume der gewölbten Aussenlasche angeordneter
                                 										Leiter zur Verbindung der Enden der als Rückleitung dienenden Fahrschienen
                                 										elektrischer Bahnen.“) Fig. 3 (Field) und genanntes D. R. G. M. Nr. 87548
                              									unterscheidet sich dadurch, dass bei Nr. 87548 die Schutzplatte fortgelassen und der
                              									Draht unter die Lasche g gelegt ist.
                           Der Westinghouse'sche Verbinder (Fig. 4) soll ein Verlöthen (wie z.B. bei Fig. 2) der zu verwendenden Säure halber entbehrlich
                              									machen und ausserdem bei Erschütterungen der Schienen nachgeben können. Der
                              									Verbinder ist daher aus einem Draht gebildet, der an den Enden spiralförmig
                              									gewickelt und mit Ansätzen versehen ist.
                           Bei dem Verbinder nach Fig. 5 wird ein mit einer Rinne
                              									zur Aufnahme des Verbindungsdrahtes b versehener Bolzen
                              										a in die Fahrschiene eingeschlagen. Der etwas
                              									konisch gestaltete Bolzen a drückt den Draht b alsdann fest an die Innenfläche der
                              									Schienenausbohrung.
                           Seit den 1890er und insbesondere in den letzten Jahren sind nun von deutschen
                              									Constructeuren und deutschen Firmen ausserordentlich viele Schienenstossverbinder in
                              									Vorschlag gebracht und von diesen wieder ein Theil bei dem Bahnbaue zum Einbauen
                              									gebracht worden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 308, S. 178
                              Fig. 5.Schienenverbinder von Garland.
                              
                           Alle diese theils bewährten, theils über einen praktischen Versuch nicht
                              									hinausgekommenen oder auch überhaupt nicht zu einem praktischen Versuche gelangten
                              									Verbinder zu beschreiben, würde bei der grossen Menge zu weit führen. Nur der
                              									Hauptunterschied der Verbinder sei kurz erwähnt. Zerlegt man die Constructionen in
                              									zwei Klassen und sieht dabei von besonderen, die Schienenstösse verbindenden
                              									Vorkehrungen, wie Unterlegen von Blechen unter die Laschen, von einem Umgiessen der
                              									Stösse (worauf später noch Bezug genommen wird) u.s.w. ab, so sind auf der einen
                              									Seite solche Verbinder zu verzeichnen, bei welchen die beiden Haltkörper (Bolzen)
                              									mit dem Ergänzungsdraht, Blech o. dgl. ein fertiges Ganzes bilden, und auf der anderen Seite
                              									befinden sich lose Haltkörper, die erst an Ort und Stelle bei der Installation mit
                              									dem Ergänzungsdrahte zu versehen sind.
                           Zu den besonderen, die Schienenverbinder ersetzenden Vorkehrungen würden also u.a.
                              									die in Fig. 1, 2 und
                              										3 angegebenen Vorrichtungen, zu den directen
                              									Schienenstossverbindern der ersten Gruppe die Verbinder nach Fig. 4 und 6 und zu der zweiten
                              									Gruppe die Schienenverbinder nach Fig. 5 und 7 zu zählen sein.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 308, S. 179
                              Schienenverbinder von Gould und Co.
                              
                           Bei der ersten Hauptgruppe sind die, die Haltkörper verbindenden Drähte, Bleche u.
                              									dgl. meist in die Haltbolzen (wie Fig. 6 zeigt)
                              									eingenietet, da ein Verlöthen in der Praxis zu Unzuträglichkeiten führt.
                           Bekanntlich gehören zu einem derartigen Verbinder ein dem Schienenstosse entsprechend
                              									langer Draht u (Fig. 6) mit zwei
                              									Haltkörpern vw, die je in ein Loch des Schienensteges
                              									auf der einen und anderen Seite des Stosses eingeschoben und durch Umnieten des bei
                              										z entsprechend gestalteten Haltkörpers befestigt
                              									werden. Diese Art Schienenverbinder weichen nun unter sich hauptsächlich wieder in
                              									der Form des Ergänzungsdrahtes und Gestaltung des Haltkörpers von einander ab. Der
                              									Ergänzungsdraht ist u.a. bekanntlich S-, ∨-, ⋃- oder schleifenförmig
                              									gestaltet, damit der Verbinder bei dem Ausdehnen oder Verschieben der Schiene
                              									nachgeben kann; ferner hat der Haltkörper (Bolzen) vw
                              									einen cylindrischen oder kegelförmigen Schaft mit einem mehr oder weniger
                              									unterdrehten Kopfende.
                           Bei der Installation der zweiten Kategorie Verbinder wird auf jeder Seite des
                              									Schienenstosses ein Haltkörper bezieh. Bolzen ohne Draht eingesetzt und dann erst
                              									ein loser Ergänzungsdraht in den Bolzen montirt. Für diese Kategorie bestehen weit
                              									weniger verschiedene Constructionen, jedoch ist dieser Verbinder 1Ji Folge praktischer Vorzüge in den letzten
                              									Jahren in Deutschland stark eingeführt worden. So kamen beispielsweise die
                              									solcherart construirten Gould'schen (aus der
                              									elektrotechnischen Fabrik Gould und Co. in Berlin
                              									stammenden) Schienenverbinder in Jahresfrist in über 10000 Exemplaren zum Einbauen
                              									in die Schienen, während die zur erstgenannten Kategorie gehörenden
                              									Verbinderconstructionen (s. Fig. 6) derselben Firma gegen früher in der Verbrauchszahl mehr
                              									zurückgingen.
                           Da der Gould'sche Verbinder (D. R. G. M. Nr. 65025) auch
                              									einer der ältesten seiner Art sein dürfte, so sei er hier an Hand von Abbildungen
                              									kurz beschrieben.
                           Der Schienenverbinder Fig.
                                 										7 besteht aus einem Bolzen a und einer Mutter
                              										b. Ersterer wird aus gezogenem Eisen verfertigt und
                              									besitzt eine Lange von etwa 40 mm. Die eine Hälfte des Bolzens ist mit einer
                              									Steigung von 19 : 23 konisch abgedreht und die andere Hälfte mit einem Gewinde
                              									versehen. Auf etwa ¾ der Gesammtlänge hat der zur Aufnahme des Ergänzungsdrahtes
                              									ausgebohrte Bolzen einen Längsschlitz e1 der ein Zusammenpressen des Bolzens und
                              									Festklemmen des Ergänzungsdrahtes gestattet. Da als Ergänzungsdraht meist verzinnter
                              									Kupferdraht von 10 mm Durchmesser verwendet wird, so erhält die Bohrung des
                              									ebenfalls stark verzinnten Bolzens eine lichte Weite von 10,2 mm.
                           Die zum Einziehen des Bolzens in den Schienensteg bestimmte Sechskantmutter b wird je nach Wunsch mit einer Ausdrehung c versehen, wodurch ein sicheres Anlegen der Mutter an
                              									den Schienensteg gewährleistet wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 308, S. 179
                              Fig. 8.Konisch geschlitzte Schienenstossverbinder von Gould und
                                 										Co.
                              
                           Die Verwendung dieser konischen, geschlitzten Schienenstossverbinder zeigen die Fig. 8 und 9. a ist wieder der Bolzen, b
                              									ist die Mutter mit der Auslochung c und d ist der in die Bohrung des Bolzens eingeführte
                              									Ergänzungsdraht, f bedeutet eine Muffe zur Verbindung
                              									zweier Ergänzungsdrähte für den Fall eine Reihe von Schienenstössen, z.B. bei
                              									Weichen, unter Anwendung einer entsprechenden Anzahl der Verbinder leitend verbunden
                              									werden sollen.
                           Die verzinnte Muffe, welche aus Messing verfertigt ist, hat einen durchgehenden
                              									Längsschlitz, wird je zur Hälfte über die beiden zu verbindenden Drähte geschoben
                              									und unter Zuhilfenahme des Schlitzes verlöthet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 308, S. 179
                              Fig. 9.Konisch geschlitzte Schienenstossverbindungen von Gould und
                                 										Co.
                              
                           Da, wo es sich um das Verbinden von einfachen Schienenstössen handelt, wird zur
                              									Erzielung des den Stromverhältnissen entsprechenden Gesammtquerschnittes mittels des
                              									Ergänzungsdrahtes d zweckmässig auch ein geschlossener
                              									Ring zu bilden sein, indem der Draht durch die Bolzen weit genug durchgeschoben,
                              									umgebogen und beide Enden (zwischen d* und d1
                              									Fig. 9) mit einer Muffe verbunden werden.
                           Bei der Installation der Verbinder wird der Schienensteg 10 bis 20 cm vom Stoss
                              									durchbohrt – sofern die Schienen nicht bereits mit den entsprechenden Bohrungen
                              									bestellt und angeliefert waren – und mit einer Reibahle aufgerieben. Zweckmässig
                              									construirte, einfache Apparate gestalten diese Arbeitsvorrichtungen sehr einfach und
                              									schnell ausführbar.
                           Der Schienenverbinder wird dann in die Schienenbohrung eingesetzt und nach
                              									Einfügen des Ergänzungsdrahtes mittels der Mutter fest angezogen, wobei einerseits
                              									durch entsprechendes Zusammenpressen der durch den Schlitz gebildeten Ringhälften
                              									die Aussenwandung des Bolzens a sich innig in die
                              									Schienenbohrung einschmiegt und andererseits ein Anschmiegen und Festklemmen des
                              									Drahtes in dem Bolzen a erzielt wird.
                           Ebenso wie zur leitenden Verbindung der Schienenstösse kann dieser Verbinder auch zum
                              									Anschliessen der Erdableitung von Telegraphen-, Telephonanlagen u.s.w. an das
                              									Schienengestränge zweckmässigste Verwendung finden.
                           Abweichend von der, ganzen Art der bisherigen Schienenverbindungen ist das
                              									vorerwähnte Umgiessen der Schienenstösse, welches z.B. die Grosse Berliner
                              									Strasseneisenbahn auf einer 30 km langen Strecke versuchsweise vornehmen lässt.
                           Nachdem die Stösse vollständig frei gelegt sind, werden zu diesem Zwecke zunächst die
                              									Schienenenden genau ausgerichtet und durch Unter- und Zwischenlegen von Keilen
                              									fixirt.
                           Sodann werden an beiden Seiten der Gleise- und Schienenstösse mittels starken
                              									Hakenzangen schwere grosse Formen angeklemmt. In die Mundstücke der Formen wird
                              									darauf das flüssige Metall, welches ein transportabler Cupolofen liefert,
                              									eingegossen. Das Metall überdeckt somit (auf eine Länge von etwa 30 cm) den
                              									Schienenstoss vollständig.
                           Das Verfahren, welches in Lyon bereits angewendet worden ist, und bei welchem die
                              									Laschen entbehrlich werden, verursacht nur ungeheure Kosten, die für das laufende
                              									Meter Gleis 4 M. betragen sollen.
                           
                              Conr. Hesse.