| Titel: | Elektrische Lokomotivlampe. | 
| Fundstelle: | Band 311, Jahrgang 1899, S. 45 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Elektrische Lokomotivlampe.
                        Elektrische Lokomotivlampe.
                        
                     
                        
                           Gleich in den frühesten Entwickelungstagen der modernen Starkstromtechnik
                              									äusserte sich das Bestreben, das elektrische Licht in der Form einer zum Vorleuchten
                              									auf grössere Distanzen geeigneten Lokomotivlampe zur Sicherung der Eisenbahnzüge in
                              									Verwertung zu bringen. Mit einer lediglich zu diesem Zwecke von Wenzel Sedlaczek konstruierten, an dieser Stelle
                              									mehrfach erwähnten und beschriebenen Lampe hatten 1878 zwischen Leoben und St. Michel die
                              									ersten Probefahrten mit gutem Erfolge stattgefunden. In den Jahren 1881 bis 1883
                              									fanden damit auch auf den elektrotechnischen Ausstellungen zu Paris, München
                              									und Wien sehr wohlmeinend aufgenommene Versuche statt. Zu einer praktischen
                              									Anwendung ist es jedoch lediglich auf den k. k. österreichischen Staatsbahnen
                              									gekommen, wo die Sedlaczek-Lampe auf der Nebenbahnlinie Wittmannsdorf-Guttenstein
                              									bis zum Jahre 1889 in regulärer Benutzung stand. Im letztgenannten Jahre wurde diese
                              									Einrichtung aber wieder aufgelassen, weil der Betrieb der Lampe sehr viel Dampf
                              									erforderte und die Deckung eines solchen Bedarfes für die kleinen
                              									Nebenbahnlokomotiven mit Schwierigkeiten verbunden war. Dass die Anwendung der
                              									elektrischen Lokomotivlampe so vereinzelt blieb, und ihre ephemere Lebensdauer
                              									überhaupt einerseits im scharfen Widerspruche mit den gehegten Erwartungen stand,
                              									erscheint aber andererseits vom eisenbahnbetriebstechnischen Standpunkte durch die
                              									hohen Anschaffungs- und Betriebskosten sowie namentlich durch die Befürchtung
                              									entschuldigt, das intensive Licht der elektrischen Lampe könne die Signallichter
                              									schlagen und den Lokomotivführer stören, die Signalfarben weiss, grün und rot gut zu
                              									unterscheiden. Günstiger standen die Vorbedingungen für eine Entwickelung auf den
                              									amerikanischen Bahnen, wo ja selbst auf den Hauptlinien keine so ausgiebige und
                              									unausgesetzte Bahnbewachung besteht, wie in Europa, und wo schon deshalb sowie auch
                              									wegen der sonstigen bekannten Verhältnisse gefährliche Hindernisse auf den Geleisen
                              									der laufenden Strecken ungleich leichter und häufiger vorkommen. Nichtsdestoweniger
                              									sind hier erst im Jahre 1894 und zwar zuerst auf der Vandakabahn Versuche mit einer von C. M. Georg
                                 										Pyle konstruierten Lokomotivlampe gemacht worden, deren Ergebnisse sich
                              									allerdings so günstig anliessen, dass diese Einrichtung nunmehr in Amerika ziemliche
                              									Verbreitung gewann. Bei der Pyle'schen Lampe findet
                              									übrigens vielfach eine zweifache Ausnutzung des elektrischen Lichtes statt,
                              									insofern, als nämlich die Reflektoren das Licht nicht nur vor den Zug auf die
                              									Bahnstrecke, sondern zum Teile senkrecht in die Höhe werfen, wodurch ein
                              									Strahlenkegel gebildet wird, der schon auf grosse Entfernungen hin gesehen werden
                              									kann, und auf diese Weise den Zug ankündigt. Mit solchen elektrischen Lampen sind
                              									laut einer aus The Engineering News stammenden
                              									Mitteilung der Zeitschrift Le genie civil (1898, S.
                              									379) seit 2½ Jahren bereits mehr als 200 Lokomotiven amerikanischer Eisenbahnen
                              									ausgerüstet und erst unlängst wieder Einführungsversuche auf der Cleveland-, der Cincinnati-, sowie auf der Chicago- und St.
                                 										Louis-Eisenbahn vorgenommen worden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 46
                              Fig. 1. Dampfturbine mit Dynamomaschine.
                              
                           Für die Speisung der Lampe liefert den erforderlichen Strom eine Dynamomaschine dd, Mg. 1, welche von einer Dampfturbine tt angetrieben wird. Diese beiden Vorrichtungen sitzen
                              									auf einer gemeinsamen Welle w, und sind zu einem
                              									einzigen, auf der Dampfkammer der Lokomotive, im rechten Winkel zur Längsachse der
                              									letzteren befestigten Apparate verbunden, dessen Gesamtlänge 460 mm beträgt, während
                              									sich die grösste Höhe und Breite mit je 457 mm beziffert. Ein 18 mm starkes
                              									Dampfrohr verbindet die Lokomotive bei r1 mit der Turbine und der an dieser Stelle
                              									eintretende Dampf wirkt direkt auf die fünf Düsen des Turbinenrades 2, um sodann
                              									durch den Mittelraum zu entweichen und vermittelst eines bei r2 angesetzten Rohres wieder in die
                              									Dampfkammer zurückzukehren. Die 27 mm starke Welle w
                              									läuft in zwei Lagern l1
                              									und l2 aus
                              									Phosphorbronze, welche mit Hilfe von zwei Schmierringen, die in die Oelbehälter p1 bezw. p2 tauchen,
                              									unausgesetzt reichlich gefettet werden. Bei normaler Geschwindigkeit macht w in der Minute 1800 Umdrehungen und beläuft sich die
                              									Leistung der Dampfturbine auf eine Pferdestärke. Um Ueberschreitungen dieser
                              									normalen Geschwindigkeit hintanzuhalten, ist an der Rückseite des Rades z eine Reguliervorrichtung angebracht, d.h. es sind an
                              									vier Stellen Klappen n vorhanden, deren Deckel durch
                              									verstellbare Spannfedern f offen gehalten werden,
                              									bis zufolge der erhöhten Geschwindigkeit die Fliegkraft der in Scharnieren
                              									beweglichen Deckel so gross wird, dass sie die Federspannung überwindet. In diesem
                              									Falle werden die vier Klappen geschlossen und hierdurch der Zutritt des Dampfes zu
                              									den Düsen so lange behindert, bis infolge gesunkener Geschwindigkeit die Spannfedern
                              									wieder das Uebergewicht gewinnen und die Scharniere bezw. Klappen aufziehen. Die
                              									Dynamomaschine erzeugt einen Strom von 25 Ampère und 40 Volt; ihre Befestigung auf
                              									der Welle w wird durch eine einfache Kopfschraube
                              									bewerkstelligt, die leicht weggenommen werden kann. Am oberen Teile des Kollektors
                              									nimmt eine Schleifbürste von Graphit, am unteren eine solche aus Kohle den Strom ab.
                              									Die Träger der beiden Bürsten sind fest, dafür aber können die letzteren verstellt
                              									werden, und zwar ohne dass man erst die Spannung der zugehörigen Federn ändern
                              									müsste. Der Strom dient sowohl für den Betrieb der grossen Lampe zum Vorleuchten,
                              									als gleichzeitig zur Speisung der in den gewöhnlichen Signallaternen der Lokomotive
                              									angebrachten Glühlampen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 46
                              Fig. 2. Lokomotivlampe.
                              
                           Die zum Vorleuchten des Zuges an der Vorderwand der Lokomotive oder am Rauchfange
                              									angebrachte Lampe, Fig. 2, besitzt eine höchst
                              									einfache Anordnung, welche im besonderen darauf Rücksicht nimmt, dass trotz der
                              									fortdauernden Erschütterungen und des Schleuderns der Lokomotive während der Fahrt
                              									ein gleichmässiges Licht geliefert werden soll, und die Lampenteile vor
                              									Beschädigungen, sowie vor vorzeitiger Abnutzung bewahrt bleiben müssen. Die
                              									Unterkohle k1 steckt in
                              									einer gewöhnlichen Klemme n1, welche durch die zwei Spiralfedern f1 und f2 hochgehoben wird, soweit dies die konische Hülse
                              										a, welche das obere Ende des Kohlenstiftes k1 umgibt, gestattet.
                              									Die Oberkohle k2 steckt
                              									in der federnden Klemme n2
                              									, an der gleichzeitig die Rückleitung l1 angeschlossen ist;
                              										k2 nimmt in der
                              									Ruhestellung, geleitet von Führungsstiften und namentlich durch den Ring b festgehalten, stets die senkrechte Lage ein. Der an
                              									dem Drahtstängelchen p befestigte Ring b ist kaum merklich weiter, als die Stärke des
                              									Kohlenstiftes beträgt, so dass dieser vermöge seines Eigengewichtes bis zur
                              									gegenüberstehenden Unterkohle niedergehen kann, wenn b
                              									genau wagerecht steht, wogegen ein solches Nachgleiten unmöglich wird, sobald b ein wenig gehoben und schiefgerückt ist, weil dann
                              									die Ring wände die Kohle festklemmen. Eine derartige Lage bekommt b, sobald das Drahtstängelchen p, das am oberen geschlitzten Ende durch den Stift q eine Führung erhält, gehoben wird, und letzteres geschieht mit Hilfe des
                              									um den Drehzapfen i beweglichen Hebels h1
                              									h2
                              									, dessen letztbezeichneter Arm unter das Endstück von
                              										p greift. An dem anderen Hebelarm h1 ist das
                              									Leitstängelchen s1
                              									eines Kernes aus weichem Eisen angelenkt, welch letzterer sich im Inneren der
                              									Solenoidspule m bewegt. Eine Spannfeder f zieht, solange die Lampe keinen Strom erhält, den
                              									Hebel h2 nach abwärts,
                              									wodurch b und h2 die in Fig. 2
                              									dargestellte Lage einnehmen. Kommt hingegen Strom in die Lampe, so nimmt er seinen
                              									Weg über die Solenoidwindungen und die beiden Kohlenstifte; es zieht mithin m seinen Kern ein und, indem infolgedessen h1 niedergeht, bewegt
                              									sich h2 nach aufwärts
                              									und hebt dabei p samt b
                              									und k2 genau so hoch,
                              									dass sich nunmehr der Lichtbogen bildet. Wird späterhin durch Abbrennen der Kohle
                              									die Entfernung der beiden Spitzen zu gross, so überwindet wieder die Wirkung der
                              									Spannfeder jene des Solenoides und der Arm h2, also auch p geht
                              									niederwärts. Der Klemmenring b gelangt hierdurch in die
                              									genau wagerechte Lage und lässt den Kohlenstift k2 nachgleiten. Mithin ist das ursprüngliche
                              									Verhältnis hergestellt und die soeben betrachteten Wandlungen erneuern sich nun
                              									fortlaufend in gleicher Weise, solange die Lampe Strom hat. Damit die durch den
                              									Solenoidkern oder die Spannfeder veranlassten Hebelbewegungen nicht zu heftig
                              									erfolgen, ist der Arm h1 auch noch mit dem Kolbenstängelchen s2 einer Ueberfallbremse c durch ein Gelenk in Verbindung gebracht. Um die Höhenlage des
                              									Lichtbogens regulieren zu können, dient eine im Lampenfusse vorgesehene
                              									Viereckführung und die mit einer Gegenmutter versehene Schraubenspindel r. Vermöge der früher geschilderten Anordnung kann die
                              									Oberkohle bis auf einen Rest von 5 cm verbraucht werden; Ober- wie Unterkohle haben
                              									eine Stärke von 15,5 mm. Die Leuchtkraft der Lampe beträgt 400 Kerzen, und die
                              									Entfernung bis auf welche bei freiem Ausblick Hindernisse auf der Bahn durch die
                              									Lampe deutlich erkennbar gemacht werden, wird mit 800 m angegeben.