| Titel: | Neuerungen an Fahrrädern. | 
| Autor: | O. K. | 
| Fundstelle: | Band 311, Jahrgang 1899, S. 197 | 
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                        Neuerungen an Fahrrädern.
                        (Schluss des Berichtes S. 183 d. Bd.)
                        Neuerungen an Fahrrädern.
                        
                     
                        
                           V. Reifen.
                           Eine bedeutende Verbesserung hat der Dunlop-Pneumatikreifen für die Saison 1899 durch
                              									eine neue Konstruktion der Stahldrahteinlage erfahren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 197
                              Fig. 160. Befestigung des Dunlop-Pneumatikreifen.
                              
                           Bisher bestand dieselbe aus zwei Drahtringen, die, aus dem besten Stahl ausgeführt,
                              									je einen Druck von 19 Zentnern aushielten. Da man jedoch die Enden des Drahtes
                              									verbinden musste, um einen endlosen Ring zu erhalten, so musste notwendigerweise der
                              									Draht an einer Stelle zusammengelötet werden. Diese Stelle blieb immer die
                              									schwächste und widerstand nur einem Druck von etwa 8½ Zentnern. Ein weiterer
                              									Uebelstand war der, dass die Drähte zu stark waren, um leicht gehandhabt werden zu
                              									können. Bei der neuen Stahldrahteinlage sind nun diese Schwierigkeiten dadurch
                              									beseitigt, dass, wie Fig. 160 und 161 zeigen, anstatt eines einfachen dicken Drahtes ein
                              									viel dünnerer verwendet, wird. Dieser sogen. Multiflex ist dreimal gewunden und nur
                              									an einer Stelle durch Verflechten zusammengemacht. Die betreffende Stelle wird dann
                              									leicht überlötet und zur Sicherheit noch mit einem besonderen Verschluss versehen.
                              									Die Multiflex-Stahldrahteinlage ist so stark, dass sie einem Druck von über 40
                              									Zentnern erfolgreich Widerstand zu leisten im stände sein soll, und die Stärke der
                              									Drähte ist so gleichmässig verteilt, dass man keine schwache Stelle findet. Durch
                              									diese Stahldrahteinlage, die dünner und nicht so schwer ist, als die alten Drähte,
                              									wird die Stärke und Dauerhaftigkeit der Reifen wesentlich erhöht.
                           Der wichtigste Punkt in der neuen Konstruktion ist, dass der Stahldraht viel
                              									geschmeidiger als die alte Drahteinlage ist, was einen grossen Vorteil beim
                              									Montieren bietet.
                           Auf eine Vorrichtung zum Befestigen der Luftreifen bezw. -mäntel, welche ein leichtes
                              									Abnehmen zum Zwecke der Reparatur ermöglicht, ist G.
                                 										Roy in Chorlton-Cum-Hardy (Grafsch. Lancaster), D. R. P. Nr. 97925, erteilt
                              									Worden.
                           Fig. 162
                              									zeigt die Befestigung eines Luftreifens, Fig. 163 die eines
                              									Luftreifenmantels, und Fig. 164
                              									veranschaulicht die Anordnung eines auf der Felge verschiebbaren Ringes.
                           Erstere ist nur an einer Seite mit einem Flansch c1 ausgerüstet, von der anderen Seite wird ein
                              									rinnenförmiger, genau auf die Felge passender Ring b auf denselben aufgeschoben. In diesem ist die eine Kante des Luftreifens
                              										a bezw. des Luftreifenmantels a1 befestigt. Die
                              									andere Kante, welche etwas verstärkt ist, wird zwischen die Flanschen b1 und c1 des Ringes b und der Felge c gelegt,
                              									der Ring fest gegen den Flansch c1 gepresst und durch Klammern d o. dgl. festgestellt, so dass die freie Kante des
                              									Luftreifens zwischen den beiden Flanschen festgehalten wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 197
                              Fig. 161. Stahldrahteinlage „Multiflex“ des
                                 										Dunlop-Pneumatikreifen.
                              
                           Metzeler und Co. in München bringen einen Luftschlauch
                              									in den Handel, durch welchen eine leichte und sichere Montierung erzielt wird.
                              									Derselbe besteht aus zwei flachen, endlos gearbeiteten Streifen Gummi, welche an
                              									ihren Rändern miteinander verbunden und zusammen vulkanisiert sind. Diese
                              									Konstruktion des Luftschlauches gestattet, dass derselbe in die Innenseite irgend
                              									eines Pneumatikmantels mittels Gummilösung aufgeklebt werden kann. Laufmantel und
                              									Luftschlauch bilden so ein Ganzes, was, wie bereits erwähnt, eine ausserordentlich
                              									leichte und sichere Montierung bewirkt. Die bisher so häufig vorgekommenen
                              									Verletzungen des Luftschlauches durch Einklemmen oder Verdrehen erscheinen dabei
                              									völlig ausgeschlossen. Die Verbindung des Mantels mit dem Band-Luftschlauche hat
                              									aber auch den grossen Vorzug, dass Mantel und Luftschlauch leicht wieder voneinander
                              									gelöst werden können. Wird eine Reparatur nötig, so werden durch Benzin Mantel und
                              									Schlauch an der verletzten Stelle gelöst, zwischen Mantel und Band-Luftschlauch da,
                              									wo die Durchlöcherung erfolgt, eine Gummischeibe oder -platte eingelegt, beide
                              									aneinander gepresst, wodurch sich, die Teile wieder miteinander verbinden, und kann
                              									dann der Reifen sofort wieder eingelegt und aufgepumpt werden. Jede Reparatur kann
                              									vorgenommen werden, ohne dass das Rad aus dem Rahmen genommen werden muss. Der
                              									Umstand, dass der Mantel mit dem Luftschlauch nicht dauernd verbunden ist, gestattet
                              									ferner eine stetige Auswechselung und Verwendbarkeit des einen oder anderen etwa
                              									abgenutzten Teiles. Fig. 165 zeigt den
                              									Reifen in luftleerem Zustand, während Fig. 166 denselben
                              									aufgepumpt zeigt.
                           Einen amerikanischen Pneumatikreifen ohne Luftschlauch zeigt Fig. 167. Derselbe endigt in zwei Polstern aa1
                              									, sowie in Lappen bb1
                              									, von denen der eine b auf
                              									der Felge aufliegt, während der andere b1 sich auf b legt.
                              									Dieser Reifen wird
                              									nicht auf die Felge gekittet, was bei Reparaturen von grossem Vorteil ist, sondern
                              									legt sich, sobald derselbe aufgepumpt wird, fest an die Felge an, und das zwischen
                              										a und a1 liegende Polster verhindert den Reifen, sich zu
                              									öffnen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 198
                              Befestigung für Pneumatikreifen von Roy.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 198
                              Pneumatikreifen von Metzeler und Co.
                              
                           Fig. 168
                              									zeigt einen aus Luftschlauch und Vollgummi kombinierten Reifen. Mit dem Vollgummi,
                              									welcher als Lauffläche dient, sind zwei Reihen kleiner Metallplatten (Fig. 169)
                              									verbunden, welche, sobald der Luftschlauch aufgebläht wird, samt dem Laufgummi in
                              									die Höhe steigen und von ihren umgebördelten Kanten in der Felge gehalten werden.
                              									Erfolgt während der Fahrt ein Platzen des Luftschlauches, so braucht erstere nicht
                              									unterbrochen zu werden, denn der Laufgummi senkt sich dadurch soweit in die Felge
                              									hinein, als es der obere umgebördelte Rand der Metallplatten erlaubt, wodurch jetzt
                              									der Reifen als ein solcher aus Vollgummi wirkt, und gelegentlich eine Reparatur
                              									vorgenommen werden kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 198
                              Fig. 167. Pneumatikreifen ohne Luftschlauch.
                              
                           Bei dem Reifen von E. Goltstein in Bonn (D. R. P. Nr.
                              									99249) sind, wie Fig. 170 und 171 zeigen, zwischen
                              									Nr. 99249) sind, wie Fig. 170 und 171 zeigen,
                              									zwischen Luftschlauch f und Mantel a auf einem elastischen Bande c einzelne durch Zwischenräume voneinander getrennte, unelastische
                              									Druckkörper b im Inneren des Mantels angeordnet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 198
                              Kombinationsreifen.
                              
                           Dieser Mantel, sowie die Druckkörper sind spitzbogenförmig gestaltet, ersterer ist
                              									noch mit Hakenrändern versehen, durch welche derselbe in entsprechend hakenförmig
                              									eingebogenen Rändern d1
                              									der Felge d dadurch gehalten wird, dass beim
                              									Aufblähen des Luftschlauches f die seitlichen
                              									Hakenränder mittels der Druck- und Sicherheitskörper b
                              									durch deren Keilwirkung gegen die Hakenränder der Felge gepresst werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 198
                              Kombinationsreifen von Goltstein.
                              
                           Die Druckkörper übertragen bei der Fahrt den auf den Mantel ausgeübten Druck auf den
                              									Luftschlauch, wobei es für die elastische Wirkung wesentlich ist, dass zwischen den
                              									Druckkörpern kleine Zwischenräume derart vorgesehen sind, dass nicht nur ein
                              									Ausdehnen des Materials in der Richtung quer zur Felge, sondern auch in der
                              									Umfangsrichtung stattfinden kann.
                           Den Reifen der Piccadilly Tyre Co., Ltd., in London, ein
                              									luftschlauchloser Pneumatik, welcher aber auch mit Luftschlauch versehen werden
                              									kann, zeigt Fig. 172. Derselbe bedarf weder Drähte
                              									noch anderer sonst üblicher Befestigungen, noch Clincher-Felgen, sondern besitzt nur
                              									quadratische biegsame Wulste aus Segelleinwand – Kanevas –, welche sich
                              									zusammendrücken und auseinander ziehen lassen, weshalb man diesen Pressluftreifen
                              									sehr schnell abnehmen und auflegen kann.
                           Die Wülste besitzen an den Flächen, wo sie sich miteinander und wo sie die Flanschen
                              									der Felge berühren, einen Ueberzug aus weichem Gummi. Die Breite der Wülste über den
                              									Felgenflanschen sind etwas grösser als die Breite der Felgenrinne, so dass, wenn der
                              									Pneumatik in diese Rinne hineingepresst ist, eine sehr enge Verbindung der
                              									Gummiflächen an den Berührungsseiten hervorgebracht werden muss, wodurch der
                              									Pneumatik mit der Felge befestigt ist und auch ohne komprimierte Luft gefahren
                              									werden kann.
                           Durch die Seitenwände der Felge werden die Wülste an ihren äusseren und unteren
                              									Flächen festgehalten bezw. unterstützt, besitzen aber dort, wo sie sich mit ihren
                              									inneren Seitenflächen berühren, keine Unterstützung, somit verursacht jeder Druck,
                              									welcher auf die Wülste aus dem Inneren des Pneumatiks in der Richtung der Achse des
                              									Rades ausgeübt wird, eine Depression der Wülste und der zusammenstossenden Flächen
                              									gegen die Radachse hin, und wirken dieselben dadurch wie ein Bogen, welcher seine
                              									Widerlager auf der Felge besitzt und einer Zusammendrückung ausgesetzt ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 198
                              Fig. 172. Pneumatikreifen der Piccadilly Tyre Co., Ltd.
                              
                           Wenn man nun unter diesen Bedingungen Luft in den Pneumatik pumpt, und jede
                              									Vergrösserung des Luftdrucks eine korrespondierend grössere Depression hervorruft,
                              									so wird auch folglich eine vergrösserte Kompression auf die Wülste ausgeübt und
                              									dadurch der Pneumatik desto fester gegen die Felge gedrückt, als der Luftdruck in
                              									dem Pneumatik sich vergrössert.
                           Nach langen Versuchen bringen jetzt die Reform-Fahrradwerke von P. Fröhlich und Co.
                              									in Viersen, Rheinl., einen Federreifen auf den Markt, der die Vorzüge des Pneumatiks
                              									besitzt, ohne dessen Nachteile aufzuweisen (Schweizer Patent Nr. 15704). Das Rad
                              									besteht aus einer inneren Felge a (Fig. 173 und 174), welche
                              									in üblicher Weise auf der Nabe festgespannt ist. Um diese Felge ist eine zweite e konzentrisch angeordnet, welche den Laufgummi f trägt und zwar so, dass derselbe ohne weitere
                              									Befestigung (durch Einklemmen) festsitzt. Zwischen den beiden Felgen sind in gewissen Abständen
                              									Spiralfedern c einerseits lose in Gleitstücken b angebracht, andererseits legen sich die äusseren
                              									Enden gegen Backenstücke d, welche die äussere Felge
                              										e tragen. Um das seitliche Federn zu verhindern,
                              									sind in einem halbrunden Wulst an der Felge e Stifte
                              										g eingeschraubt, welche durch ein Loch der
                              									Gleitstücke b in länglichen Schlitzen der Felge a geführt sind. Durch diese Konstruktion wird eine
                              									gleich weiche Federung wie bei Luftreifen erzeugt und gleichzeitig verhindert, dass
                              									die äussere Felge bei jeder Fahrart, besonders bei Nehmen von Kurven, von der
                              									Radebene abweicht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 199
                              Federreifen von Fröhlich und Co.
                              
                           Ein Verschmutzen des Zwischenraumes zwischen den beiden Felgen ist infolge der
                              									beständigen Durchbiegungen des Reifens und der Zentrifugalkraft nicht möglich.
                           Der Reifen von O. Ramsey in El Campo, Tex., besteht, wie
                              										Fig.
                                 										175 und 176 zeigen, aus einer Serie Spiral- und Blattfedern. Diese sind zwischen
                              									der Lauffläche und der Felge so zusammengestellt, dass im Falle eines Bruches die
                              									eine oder die andere leicht ersetzt werden kann.
                           Zu diesem Zweck sind die Blattfedern zu auseinander laufenden Armen von
                              									ungleichmässiger Länge gebogen, so dass die unteren Enden der langen Arme auf die
                              									äusseren Enden der kurzen Arme übergreifen. Die Spiralfedern sind in zwei
                              									abwechselnden Sätzen angeordnet, deren einer, da wo die Blattfedern gebogen und an
                              									der Felge befestigt sind, festsitzt, während der andere Satz da, wo die Arme der
                              									Blattfedern übergreifen, befestigt ist. Ueber diesem Federsystem liegt ein an der
                              									Lauffläche verstärkter Gummimantel, welcher in einem Falz der Felge mittels
                              									Federmetallreifen und durchgehender Schraubenbolzen mit Muttern befestigt ist.
                              									Dieser Metallreifen besteht, zum Zweck einer etwaigen Reparatur der Federn oder des
                              									Mantels, aus Sektoren, so dass nicht der ganze Reifen, sondern nur der an der
                              									defekten Stelle sitzende Sektor abgeschraubt zu werden braucht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 199
                              Federreifen von Ramsey.
                              
                           Zum Schutz gegen Eindringen von Feuchtigkeit, wodurch die Federn rosten würden, ist
                              									unter der Lauffläche des Gummimantels ein Korkstreifen befestigt, unter welchem, um
                              									diesen vor Verletzungen durch die Federn zu schützen, sich ein Lederstreifen
                              									befindet.
                           
                        
                           VI. Steuersperren.
                           Um das Fahrrad gegen Diebstahl zu sichern, bringt die Brandenburgia, A.-G., in Brandenburg a. H. eine Steuersperre an ihren
                              									Rädern an, die wie jeder andere Absteller benutzt wird, und zwar derartig, dass man
                              									den birnförmigen Körper (Fig. 177 und 178)
                              									hineindrückt oder herauszieht. Gehalten wird derselbe durch eine kleine Kugel.
                              									Um das Fahrrad zu verschliessen, dreht man einen kleinen Schlüssel einigemal herum,
                              									der Absteller ist verschlossen, und somit ist die Lenkstange unbeweglich. Das
                              									Fahrrad ist also unlenkbar und infolgedessen nicht zu benutzen. Der Absteller ist an
                              									der Steuerhülse so befestigt, dass derselbe wohl gedreht, aber nicht abgeschraubt
                              									werden kann. Natürlich werden die Schlüssel in vielen Variationen gemacht und ist
                              									ein Oeffnen mittels Sperrhakens unmöglich.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 199
                              Steuersperre der Brandenburgia, A.-G.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 199
                              Steuersperre von Stutznäcker.
                              
                           Bei der Steuersperre (D. R. G. M. Nr. 52604) von W.
                                 										Stutznäcker in Dortmund befindet sich in einem am Steuerrohr angebrachten
                              									kleinen Gehäuse ein mit zwei Ansätzen versehener Gewindenippel (Fig. 179 und 180), der
                              									mittels eigen geformten, leicht abnehmbaren Schlüssels in die entsprechenden
                              									Vertiefungen des Gabelrohres durch Rechtsdrehen leicht eingeschraubt wird, wodurch
                              									die Steuerung absolut und sicher abgestellt ist. Ein selbstthätiges Einschalten oder
                              									Ausrücken während der Fahrt ist nicht möglich.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 199
                              Steuersperre von Kirschner und Co.
                              
                           Die Komet-Fahrradwerke, A.-G., vorm. Kirschner und Co.
                              									in Dresden bringen ebenfalls eine diebessichere Steuersperre (D. R. G. M. Nr. 49964)
                              									von höchst einfacher Konstruktion auf den Markt. Die Feststellvorrichtung wird mittels eines
                              									abnehmbaren Schlüssels a, wovon ein jeder im Dorn
                              									verschieden ist, gesperrt bezw. durch einen leisen Druck in der den Mechanismus
                              									tragenden Patrone b arretiert. Fig. 181 zeigt den
                              									Apparat ausser Thätigkeit, dessen Montage durch Einschrauben in das Steuerrohr
                              									erfolgt, und Fig.
                                 										182 zeigt den herausgeschlossenen Stift bezw. den Apparat in
                              									Thätigkeit.
                           
                        
                           VII. Zubehörteile.
                           Immer weiter schreitend ist das Fahrrad nahezu auf der höchsten Stufe der technischen
                              									Vollkommenheit angelangt, weshalb auch den Zubehörteilen immer mehr Aufmerksamkeit
                              									zugewendet wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 200
                              Fig. 183. Lenkstangengriffbefestigung von Reich Goldmann und Co.
                              
                           Die Handgriffe, welche zuerst fast ausschliesslich aus Horn gefertigt wurden, werden
                              									jetzt aus Holz, Kork, Celluloid u.s.w. hergestellt und in die Lenkstange
                              									eingekittet. In neuester Zeit sieht man nun Handgriffe als Etui für Nähutensilien
                              									ausgebildet, ja sogar solche, welche mittels Glühkörper, die sich im Inneren
                              									derselben befinden, geheizt werden können. Handgriffe, bei welchen das Kitten
                              									vermieden wird, so dass diese, ohne unbrauchbar zu werden, leicht auszuwechseln
                              									sind, bringt die Offenbacher Celluloid- und
                                 										Hartgummiwarenfabrik von Reich, Goldmann und
                                 										Co. in Offenbach a. M. auf den Markt. Fig.
                                 										183 zeigt die Art, wie dieselben mittels Schraube an der Lenkstange
                              									festgemacht werden, während Fig. 184 einen solchen
                              									Griff mit gepresstem Ornamentüberzug aus Celluloid darstellt. Die Fabrik überzieht
                              									auf dieselbe Weise auch Lenkstangen, wodurch ein elegantes Aussehen erzielt und
                              									zugleich dem Rosten vorgebeugt wird (Fig. 185).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 200
                              Fig. 184. Lenkstangengriff mit Celluloidüberzug von Reich, Goldmann und
                                 										Co.
                              
                           Der Kettenkasten, welcher zuerst aus Blech gefertigt wurde, verursachte, wenn
                              									derselbe noch so gut montiert war, immer ein Klappern. Ein weiterer Uebelstand war
                              									der, dass man keine Kontrolle über den Kettenmechanismus hatte, und zudem war
                              									derselbe ziemlich schwer.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 200
                              Fig. 185. Lenkstange mit Celluloidüberzug von Reich, Goldmann und Co.
                              
                           Aus diesen Gründen ging man zu den durchsichtigen, aus Celluloid erzeugten über,
                              									welche sich jedoch anfangs bedeutend verzogen, so dass man es vorzog, das Rad besser
                              									ohne Kettenkasten zu fahren.
                           Reich, Goldmann und Co. stellen nun einen Kettenkasten
                              									aus Celluloid her, der in wenigen Minuten aufmontiert werden kann, sich nicht
                              									verzieht, und sowohl fest wie stabil sitzt, so dass jedes Geräusch ausgeschlossen
                              									erscheint. Das Gewicht beträgt für Herrenräder 650 g und für Damenräder 600 g
                              										(Fig. 186).
                           Auch an Damenfahrrädern lässt der bisher gebräuchliche Kleiderschutz viel zu wünschen
                              									übrig. Den in dieser Hinsicht vielfach empfundenen Mängeln abzuhelfen, und zugleich
                              									einen einfachen und praktischen, wirklich sicheren Schutz gegen das gefährliche
                              									Einzwängen und Zerreissen der Kleider durch das Getriebe zu bieten, ist der Zweck
                              									der in Fig.
                                 										187 abgebildeten Konstruktion.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 200
                              Fig. 186. Kettenkasten aus Celluloid von Reich, Goldmann und Co.
                              
                           Die Ausführung kann entweder in Rohrgeflecht oder auch in Seiden schnüren erfolgen.
                              									Ein Hauptvorteil dieser Neuerung liegt darin, dass der in seinen beiderseitigen
                              									Flügeln leicht aufklappbare Kleiderschutz es jederzeit ermöglicht, ohne
                              									Schwierigkeit an das Rad selbst heranzukommen. Während man bisher, um an die hinter
                              									dem Kleiderschutz gelegenen Teile des Rades zu gelangen, erst die langwierige Arbeit
                              									zu verrichten, das Seidenschnurgeflecht aus 64 bis 70 Oesen herauszunehmen hatte,
                              									genügt hier ein einziger Griff, um ohne Werkzeug und ohne ein Lösen von Schrauben
                              									und Muttern vorzunehmen, das Rad bloss zu legen, das Geflecht durch einfaches
                              									Aufklappen vom Rade zu entfernen und letzteres hierdurch für notwendige
                              									Reinigungsarbeiten leicht und bequem zugänglich zu machen.
                           Frei und unbehindert kann man nach Aufklappen dieses Kleiderschutzes die Reinigung
                              									der oberen wie der unteren Seite des Schutzbleches, der Felgen, Speichen, Radnaben
                              									u.s.w., sowie das Herausnehmen des Hinterrades vornehmen. Das Rohrgeflecht lässt
                              									sich entweder trocken abbürsten oder mit Wasser abwaschen, und ebenso rasch wie es
                              									abgenommen wurde, lässt sich der Kleiderschutz auch wieder mit einem Ruck am Rade
                              									befestigen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 200
                              Fig. 187. Rechtsseitiger Flügel des Kleiderschutzes.Fig. 188.
                                 										Kettenkasten.Fig. 189. Bügel zum Befestigen des Kleiderschutzes.Fig.
                                 										190. Scharnierschelle zur Verbindung der Flügel des Kleiderschutzes.Fig.
                                 										191. Befestigungsstrebe des Kettenkastens.Fig. 192. Hinteres Blech des
                                 										Kettenkastens.
                              
                           Ein Schlaffwerden des Geflechtes, wie solches bei den bisher in Verwendung
                              									gestandenen Kleiderschützern so häufig beobachtet wurde, ist ausgeschlossen, weil
                              									das Geflecht fest in die Rahmen geflochten ist und dadurch dem Kleiderschutz, ob
                              									derselbe in Rohr oder in Seide hergestellt ist, eine ausserordentliche Stabilität
                              									verliehen wird.
                           Fig. 187 bis
                              										192
                              									zeigen die Konstruktion des Kleiderschutzes und Kettenkastens. Fig. 187 stellt den
                              									rechtsseitigen Kleiderschutz dar. Der eine Flügel ist kleiner, weil derselbe über
                              									dem Kettenkasten zu stehen kommt.
                           
                           Fig.
                                 										190 zeigt eine scharnierartig aus federndem Stahl hergestellte Klammer.
                              									Mit zwei dieser federnden Klammern Werden beiderseitig je zwei Flügel des
                              									Kleiderschutzes verbunden, und beim Befestigen an dem Rade wird die Scharnierschelle
                              									auf das hintere obere Gabelrohr aufgedrückt bezw. beim Entfernen der Flügel mit
                              									leisem Drucke vom Gabelrohre abgezogen.
                           Zur weiteren Befestigung der Flügel am Schutzblech dient ein in Fig. 189 abgebildeter
                              									Bügel, welcher an der Stelle, wo die Flügel anliegen sollen, mit zwei Schräubchen am
                              									Schutzblech befestigt wird. Der Bügel trägt an jeder Seite zwei seitlich bewegliche
                              									Federn, welche den Rahmen des Kleiderschutzes festhalten. Durch einfaches Drehen
                              									dieser Federn wird die Aufklappbarkeit der Flügel des Kleiderschutzes
                              									bewerkstelligt; ebenso einfach erfolgt die Befestigung wieder durch Zurückschieben
                              									der Federn.
                           Fig. 188
                              									stellt den mit Rohr beflochtenen Kettenkasten dar. Der mit vernickeltem Blech
                              									versehene Kurbelring ist so konstruiert, dass er ein Abnehmen des Kettenkastens ohne
                              									Lösen der Kurbel oder des Pedals gestattet.
                           Zur leichteren Regulierung, sowie zur Befestigung bezw. Entfernung des Kettenschutzes
                              									dient die Strebe Fig. 191, deren Schelle um das Rahmenrohr stets, auch beim Abnehmen des
                              									Kettenkastens, am Rade befestigt bleibt. Das hintere Blech (Fig. 192) ist ebenfalls
                              									derart konstruiert, dass es im Bedarfsfalle eine leichte Lösbarkeit, sowie ein
                              									Regulieren des Kettenkastens ermöglicht. Neben den erwähnten Vorteilen bietet dieser
                              									von J. v. Matzner in Berlin in den Handel gebrachte
                              									Kleiderschutz und Kettenkasten für den Fahrradfabrikanten noch den Vorzug, dass das
                              									Bohren von Löchern und Eindrücken von Oesen im Schutzblech und im Kettenkasten
                              									fortfällt. Dieser Kettenkasten, welcher an jedes Radmodell passt, hat ein Gewicht
                              									von 400 bis 500 g.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 201
                              Fig. 193. Kettenbürste der Gesellschaft für mechan. Industrie.
                              
                           Als weitere Neuheit sei noch ein Kleiderschutz erwähnt, welcher fächerartig zu beiden
                              									Seiten des Hinterrades herabgelassen wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 201
                              Fig. 194. Kettenbürste der Gesellschaft für mechanische Industrie.
                              
                           Für Fahrräder, welche keinen Kettenkasten besitzen, bringt die Gesellschaft für mechanische Industrie m. b. H. in
                              									Frankfurt a. M. eine Kettenbürste (System Reimling) in
                              									den Handel, welche neben dem Reinhalten der Kette, dieselbe, wie Fig. 193 zeigt, mit Graphit speist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 201
                              Fig. 195. Schmutzfänger von Kegelmann.
                              
                           Um die Verbindung des Graphitbehälters mit der Bürste möglichst raumsparend zu
                              									gestalten, musste für die letztere die feststehende, längliche Form gewählt
                              									werden, die zugleich am besten die gleichmässige Verteilung des Graphits auf den
                              									vorbeigleitenden Kettengliedern bewirkt. Durch Verstellung auf dem Gabelrohr kann
                              									auch eine Spannung der Kette bewirkt werden. Die Bürstchen sind leicht
                              									auswechselbar, die Befestigung und Bedienung des Apparates ist aus Fig. 194 ersichtlich.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 201
                              Fig. 196. Teleskopluftpumpe von Zirrgiebel.
                              
                           Bei Herrenrädern sind die zur Zeit der Vollgummireifen allgemein üblichen
                              									Schutzbleche fast gänzlich verschwunden. Bei Einführung der Pneumatikreifen mussten
                              									die Schutzbleche notgedrungen viel breiter gemacht werden, und die Folge war, dass
                              									dieselben einen ziemlich grossen Luftwiderstand boten. Aus diesem Grunde wurden dann
                              									Schmutzfänger aus Bänder von Ledertuch konstruiert. Dieselben, von A. Kegelmann in Offenbach a. M., bestehen entweder aus
                              									einem einzigen Stück, welches am Gabelkopf eingehakt wird, dann unterhalb des
                              									Tretkurbelgehäuses durchgeht und am oberen Ende des Sattelstützrohres wieder von
                              									einem Ring gehalten und zuletzt an der Hinterradgabel mittels Streben gespannt wird.
                              									Bei einer anderen Ausführung derselben Firma besteht der Schmutzfänger, wie Fig. 195 zeigt, für das Vorderrad für sich allein, und
                              									derjenige des Hinterrades wird statt am Gabelkopf am Tretkurbelgehäuse eingehakt.
                              									Andere Ausführungen bestehen darin, dass das über dem Hinterrad stehende Band
                              									mittels einer kleinen Kurbel, welche sich am oberen Ende der Hinterradgabel
                              									befindet, aufgerollt werden kann. Ein anderer Schmutzfänger, dessen Konstruktion in
                              									Anwendung von teleskopartig ineinander verschiebbaren Röhren besteht, ist durch D.
                              									R. P. Nr. 98194 O. Lelm in Paris gegen Nachahmung
                              									geschützt. Die Rohre liegen in der hohlen Sattelstütze und können über das Hinterrad
                              									hinausgeschoben werden. Mit dem letzten Rohr ist das Schmutzband verbunden, welches
                              									am oberen Ende des Sattelstützrohres in einer Trommel geführt wird.
                           Auch die Werkzeugtaschen haben Verbesserungen erfahren. Dieselben waren früher
                              									rohrförmig gestaltet und hinter dem Sattel angebracht, wodurch neben unschönem
                              									Aussehen die darin befindlichen Werkzeuge durch die Erschütterungen stets ein
                              									unangenehmes Geräusch verursachten. In letzter Zeit werden dieselben fast
                              									ausschliesslich in ∇-Form dem Rade beigegeben und am oberen Rahmen- und
                              									Sattelstützrohr befestigt.
                           Die Luftpumpen bildeten anfänglich keine angenehme Beigabe zum Fahrrad, da infolge
                              									ihrer primitiven Ausführung das Aufpumpen der Reifen sehr schwer war.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 201
                              Fig. 197. Teleskopfusspumpe von Zirrgiebel.
                              
                           Die Lipsia-Fahrradindustrie vorm. B. Zirrgiebel in
                              									Leipzig sucht bei der in Fig. 196 abgebildeten
                              									Teleskoppumpe (D. R. P. Nr. 95424 und 89263) durch ein grosses Luftvolumen die
                              									Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Ein weiterer Vorteil derselben ist, dass beim Ausziehen, sowie
                              									auch beim Zusammenschieben nur kurze Bewegungen erforderlich sind. Das Gewicht
                              									derselben ist ein geringes. Eine wesentliche Verbesserung dieses Systems ist noch
                              									dadurch herbeigeführt, dass bewegliche, jeweilig zwischen Kolben und Cylinder
                              									liegende Führungsringe mit um den Umfang gehenden, innen und aussen Luft
                              									durchlassenden Längsrillen in die Pumpe eingeschaltet sind.
                           Die Haltbarkeit ist dadurch gesteigert, dass die Cylinder eine grosse Führungsfläche
                              									besitzen; alle durch Staub oder unreine Schmiermittel in das Innere der Pumpe
                              									gelangenden Fremdkörper werden durch die Rillen der Führungsringe entfernt, ebenso
                              									werden die hindernden Luftwiderstände durch günstige Spaltung der Luftsäule
                              									beseitigt. Die aussen an den Cylindern liegenden Verschraubungen gestatten die
                              									grösste Ausnutzung der Cylinder.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 202
                              Fig. 198. Rahmenpumpe von Zirrgiebel.
                              
                           Neuerdings konstruierte die erwähnte Firma eine stark wirkende Teleskopfusspumpe
                              										(Fig. 197). In Fig.
                                 										198 sehen wir eine Pumpe, welche am oberen Rahmenrohr des Fahrrades
                              									angehängt wird. Der Handgriff, der Fusstritt, sowie der Schlauch können bei
                              									derselben an den Cylinder angelegt und festgeklemmt werden. Fig. 199 zeigt eine der gebräuchlichen Werkstattpumpen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 202
                              Fig. 199. Werkstattpumpe von Zirrgiebel.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 202
                              Fig. 200. Motorfahrzeugpumpe von Zirrgiebel.
                              
                           Endlich sei noch Zirrgiebel's Luftpumpe für
                              									Motorfahrzeuge erwähnt. Dieselbe ist, wie Fig. 200
                              									zeigt, mit Manometer versehen, da die Stärke der Pneumatiks an Motorfahrzeugen
                              									es zur Unmöglichkeit macht, mit der Hand zu fühlen, ob der Reifen genügend
                              									aufgepumpt ist oder nicht.
                           Eine ebenfalls sehr stark wirkende Pumpe (Fig. 201), welche sich
                              									nebenbei durch leichtes Arbeiten auszeichnet, fabriziert A.
                                 										Kegelmann in Offenbach a. M. unter dem Namen „Suleika“.
                           Dieselbe besitzt den Vorzug, dass zur Vermeidung jedes schädlichen Raumes in
                              									derselben direkt hinter dem kleinsten Kolben ein sicher wirkendes Rückschlagventil
                              									in Form eines Lederkolbens (D. R. G. M. Nr. 84864) angeordnet ist. Hierdurch wird
                              									erreicht, dass die nach dem ersten Kolbenstoss zusammengepresste Luft in dem zur
                              									Aufnahme des Schlauches dienenden Hohlraum der Pumpe, und im Innern des Schlauches
                              									sitzt und infolge des Rückschlagventils nicht mehr zurücktreten kann. Fig. 202
                              									zeigt diese Pumpe im zusammengeschobenen Zustand.
                           Grosse Verbesserungen haben in den letzten Jahren die Laternen erfahren. Zuerst waren
                              									es sehr primitive Oellampen, nach und nach wurde zur Kerze übergegangen, ohne
                              									befriedigende Resultate zu erzielen, so dass neben Erdöllampen, welche mit und ohne
                              									Cylinder konstruiert wurden, wieder die Oellaternen, jedoch in verbesserter Form,
                              									auf den Markt gelangten. Auch elektrische Lampen kamen in den Handel, welche es aber
                              									nicht vermochten, das Feld zu behaupten, bis in neuester Zeit mit der Entdeckung des
                              									Calciumkarbids die Acetylenlaternen auftauchten, deren Industrie in der letzten Zeit
                              									sehr an Ausdehnung gewonnen hat. Fig. 203 zeigt eine
                              									solche Laterne von H. Riemann in Chemnitz-Gablenz,
                              									welche unter dem Namen „Phänomen“ in den Handel kommt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 202
                              Luftpumpe „Suleika“ von Kegelmann.
                              
                           Um dieselbe in Gebrauch zu nehmen, wird das Bassin c
                              									mittels Flügelschrauben gelöst und abgenommen und der in diesem Bassin liegende
                              									Behälter, welcher zur Aufnahme des Calciumkarbids dient, herausgenommen und gefüllt.
                              									Bevor der gefüllte Karbidbehälter wieder in den Unterteil eingesetzt und letzteres
                              									angeschraubt wird, wird der Wasserbehälter bei a
                              									gefüllt; die Lampe ist jetzt gebrauchsfertig, und genügt eine Vierteldrehung der
                              									Flügelmutter b des Wasserventils nach links, um das
                              									nötige Wasser auf das Karbid tropfen und die Gasentwickelung beginnen zu lassen.
                              									Explosionsgefahr ist ausgeschlossen, da sich dem eventuell zu viel entwickelnden Gas
                              									zwei offene Ausgänge bieten, und zwar der Brenner und ein Loch im Verschlussdeckel
                              										a des Wasserbassins, durch welche dasselbe
                              									entweichen kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 202
                              Fig. 203. Acetylenlaterne von Riemann.
                              
                           Im grossen ganzen unterscheiden sich die einzelnen Ausführungsformen der
                              									Acetylenlaternen nur in ihrer äusseren Form, sowie in der Zuführung des Gases, was
                              									entweder mit oder ohne Schlauchleitung geschieht (vgl. auch D. p. J. 1898 308 116).
                           
                           Die unter dem Namen „Pfadfinder“ von M.
                                 										Klein in Berlin in den Handel gebrachte Acetylenlampe (Fig. 204, D. R. G. M. Nr. 104040) weicht jedoch in
                              									ihrer äusseren Form als auch in ihrer eigenartigen Einrichtung von den bestehenden
                              									Systemen dadurch ab, dass das Tropfsystem mit dem Saugsystem in Verbindung gebracht
                              									ist. Das Karbid ist, statt breit nebeneinander, übereinander gelagert, was eine
                              									langsame Inangriffnahme desselben, von unten heraufsteigend, bedingt. Das nicht
                              									benutzte Karbid wird dadurch nicht zerstört und kann, ohne dass man es herausnimmt,
                              									wieder gebraucht werden. Die Regulierung der Flamme geschieht durch den Gashahn p. Durch Anordnung eines dreifachen Metallgazefilter
                              										m wird das Gas geeinigt, wodurch ein helles, rein
                              									weisses Licht, und keine Verstopfung des Brenners entsteht.
                           Die Reinigung ist durch Anwendung des Saugestrumpfes, welcher etwa 1 Pfg. kostet, und
                              									mit dem verbrauchten Karbid herausgezogen und durch einen neuen ersetzt wird,
                              									bedeutend vereinfacht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 203
                              Fig. 204.Acetylenlaterne von Klein.
                              A Wassereinfüllöffnung; b Gasrohr;
                                 										c Einschnappfeder für die Wasserregulierung; d Zahnrad am oberen Ende der
                                 										Ventilstange; e Ventilstange; f Karbidbehälter; g Mantel; h Ventil; i
                                 										Saugestrumpfhalter; k Eingehängter Saugestrumpf; l Gassammelraum; m Filter mit
                                 										Gummiplatte; n Abschraubbarer Fuss; o Gasrohr; am Mantel sitzend; p
                                 										Gasregulierhahn; q Ableitungshahn für eventuell sich sammelndes Kondenzwasser; s
                                 										Schlauch; t Reflektor.
                              
                           Das Tropfventil lässt sich durch Anwendung eines Zahnrades d, welches an der Stange des Ventiles h
                              									sitzt, durch Einschnappen einer Feder c genau
                              									regulieren.
                           Die Laterne wird auch so hergestellt, dass der Gasentwickler an jeder beliebigen
                              									Stelle des Rahmens befestigt werden kann, so dass nur der Reflektor mit Brenner Vorn
                              									am Rade sitzt.
                           Bei der Acetylenlampe (Fig. 205) von N. Salmonsen in Nürnberg, „Nürnberger Trichter“,
                              									kommt der Wassertropfapparat ganz in Fortfall und das Karbid und die
                              									Entwickelungsflüssigkeit werden direkt zusammengebracht. Mit reinem Wasser ist
                              									dieses nicht möglich, weil die Entwickelung zu stürmisch und heftig wäre, weshalb
                              									ein mit Glycerin versetztes Wasser als Entwickelungsflüssigkeit in der Lampe benutzt
                              									wird. Das Glycerin hat die Eigenschaft, die Acetylenentwickelung langsam und
                              									gleichmässig zu dachen, verflüchtigt sich selbst aber nicht mit dem Gas, sondern
                              									bleibt in der Lampe wirksam, so dass später nur Wasser nachgefüllt zu werden
                              									braucht, wenn die zuerst Zugesetzte Flüssigkeit verbraucht ist.
                           Eine weitere Neuerung ist der Verschluss der Lampe ohne jede Verschraubung, einfach
                              									durch drei Gummistöpsel, welche gleichzeitig die grösste Sicherheit gegen
                              									Explosionsgefahr bieten; falls ein Ueberdruck in die Lampe kommen sollte, öffnet
                              									sich eben einer der drei Stöpsel als Sicherheitsventil von selbst und jede Gefahr
                              									ist ausgeschlossen, weil die Lampe sofort erlischt. Diese Gummistöpsel gewähren
                              									aber auch den Vorteil der leichten Reinigung der Lampe. Wenn dieselbe gereinigt
                              									werden soll, giesst man durch Oeffnung b einfach
                              									Wasser, schüttelt einigemal um und öffnet den Stöpsel c, wodurch sich die Lampe entleert. Alsdann spült man noch etwas mit Wasser
                              									nach und die Lampe ist wieder gebrauchsfertig.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 203
                              Fig. 205. Acetylenlaterne von Salmonsen.
                              
                           Eine fernere gänzlich neue Einrichtung ist der obere Reinigungsbehälter mit Karbid.
                              									Das Acetylengas wird darin vollkommen getrocknet und gelangt ohne jedes
                              									Kondenswasser in den Brenner. Hierdurch wird eine grosse Leuchtkraft der Lampe
                              									bedingt, welche ein weisses starkes Licht gibt. Durch das direkte Zusammenbringen
                              									von Karbid und Entwickelungsflüssigkeit in einem trichterförmigen Behälter wird der
                              									Gasdruck im Inneren der Lampe ein geeigneter für das konstante Weiterbrennen der
                              									Gasflamme, welche infolgedessen auch beim heftigsten Stoss, Schütteln und Sturm
                              									nicht erlöscht. Nach mehrmaligem Gebrauch ist der obere Karbidbehälter durch
                              									Abnehmen des Stöpsels a zu entleeren und mit Wasser
                              									durchzuspülen, d ist ein Vorratsbehälter für
                              									Calciumkarbid.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 203
                              Fig. 206. Radlaufglocke von Riemann.
                              
                           E. Th. Turney (D. R. P. Nr.
                              									93393) schlägt einen Entwickler vor, der nur so viel Gas gibt, als sofort verbraucht
                              									wird. Eine in einer Hülse befestigte Calciumkarbidpatrone wird SO lange von Wasser
                              									benetzt, als sie von einer an einem Ende befestigten Feder gegen ein Drahtnetz am
                              									anderen Ende gedrückt wird. Sie wird nur hier aufgebraucht und durch die Feder in
                              									demselben Masse nachgeschoben. Soll die Entwickelung aufhören, so wird von
                              									ausserhalb des Gehäuses, in dem die Patrone eingeschlossen ist, auf das Drahtnetz
                              									ein Deckel mit Gummidichtung aufgepresst. Aehnlich drückt zur Verwendung für
                              									Laternen die Wizard Manufacturing Company (Englisches
                              									Patent Nr. 21831/1897) das Karbid gegen eine Feuchtigkeit aufnehmende Masse, zu
                              									deren unteren Seite Wasser aus einem Behälter fliesst (D. p.
                                 										J. 1898 309 196).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 203
                              Fig. 207. Radlaufglocke von Prichard.
                              
                           Die Signalglocken haben ebenfalls mannigfaltige Verbesserungen erfahren. Allgemeinen
                              									Anklang findet die Radlaufglocke, welche mittels eines Hebels am oberen Ende der
                              									Vorderradgabel befestigt wird. An diesem Hebel ist die Glocke durch einen zweiten
                              									drehbar verbunden. Um die Glocke in Thätigkeit zu setzen, ist mit derselben ein
                              									Zugriemen verbunden, welcher mittels einer Schlinge an der Lenkstange hängt. Durch
                              									Zug an diesem Riemen senkt sich die Glocke, so dass ein Laufrädchen, welches auf den
                              									Klöppel wirkt, mit dem Vorderrad in Berührung kommt und in rasche Umdrehung versetzt wird, wodurch
                              									die Glocke gleich einer elektrischen ertönt. Sobald der Riemen losgelassen wird,
                              									hebt sich die Glocke selbstthätig durch Federkraft.
                           Fig. 206 zeigt eine solche Glocke von H. Riemann in Chemnitz-Gablenz.
                           Besser ist die Glocke (D. R. P. Nr. 98425) von R. G.
                                 										Prichard in Llwyn Onn Portmadoc (England). Da dieselbe in der Höhe des
                              									oberen Rahmenrohres angebracht ist, ist einem Verschmutzen in wirksamer Weise
                              									vorgebeugt.
                           Wie Fig. 207 zeigt, wird dieselbe mittels der Bremse
                              									durch leichtes Anziehen bethätigt, während sie bei starkem Bremsen ausser Thätigkeit
                              									tritt. Die Wirkungsweise ist folgende: Sobald die Bremse angezogen wird, kommt
                              									zunächst die Rolle a mit dem Reifen e in Berührung und bringt die Glocke d mittels Schnur c und
                              									Rolle b zum Ertönen; zieht man jetzt die Bremse aber
                              									fester an, so wird einerseits die Rolle a mit ihren
                              									federnden Lagerarmen nach oben, andererseits die Rolle b nach unten bewegt, wodurch die Schnur c
                              									lose wird, so dass die Bewegung der Rolle a nicht mehr
                              									auf Rolle b wirkt.
                           Zum Schlusse sei noch die mit einem Revolver ausgerüstete Glocke (D. R. P. Nr.
                              									101758) von F. Messedat und Co. in Köln erwähnt.
                              									Dieselbe bietet einen wirksamen Schutz gegen Belästigung durch Hunde, da aus
                              									derselben rasch hintereinander 10 Stück 5 mm Platzpatronen gefahrlos abgefeuert
                              									werden können. Um diese Revolverglocke, deren äusseres Aussehen sich nur durch den
                              									Schiesshebel von den gewöhnlichen Glocken unterscheidet, zu laden, wird die obere
                              									Schale abgehoben, so dass das Werk frei liegt (Fig.
                                 										208). Die in der Mitte liegende Scheibe, welche die Patronen gegen
                              									Herausfallen sichert, wird jetzt ebenfalls abgenommen, und das Werk kann geladen
                              									werden. Hiernach wird die Scheibe und Glockenschale wieder aufgesetzt, wonach die
                              									Glocke schussbereit ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 311, S. 204
                              Fig. 208. Signalglocke mit Schiessvorrichtung von Messedat und Co.
                              
                           
                              
                                 O. K.