| Titel: | Zum Jubiläum der Berliner Technischen Hochschule. | 
| Fundstelle: | Band 314, Jahrgang 1899, S. 49 | 
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                        Zum Jubiläum der Berliner Technischen
                              								Hochschule.
                        [Zum Jubiläum der Berliner Technischen Hochschule.]
                        
                     
                        
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 314, S. 49
                              
                           Am 18. bis 21. Oktober feierte die Technische Hochschule zu
                              									Berlin-Charlottenburg das seltene Fest eines Teiljubiläums, das hundertjährige
                              									Bestehen einer der beiden Lehranstalten nämlich, aus deren Verschmelzung sie im
                              									Jahre 1879 hervorgegangen ist. Es war im Herbst 1799, als die neubegründete
                              										„Bauakademie“ ihren Unterricht eröffnete. Als solche hat die Anstalt
                              									unter wechselnden Schicksalen bis vor 20 Jahren bestanden, wo sie mit der
                              										„Gewerbeakademie“, die ihren Ursprung bis zum 1. November 1821
                              									zurückleitet, zur gegenwärtigen „Technischen Hochschule“ vereinigt wurde.
                           Bei ihrem Entstehen hatte die junge Bauakademie, deren erste Anfänge bis auf die
                              									Gründung der Kunstakademie im Jahre 1696 zurückgehen, nicht ihres Gleichen. Als
                              									vorbildlich konnte in manchen Zügen höchstens die 1794 gegründete Ecole
                              									polytechnique in Paris gelten; doch diente letztere mehr militärischen als
                              									bürgerlichen Zwecken.
                           Auch die Gewerbeakademie war eine Schöpfung aus dem Drang der Umstände und des
                              									unabweisbaren Bedürfnisses heraus und ganz ohne Vorbild.
                           Wir führen unseren Lesern im Bilde die Gebäude der ehemaligen Gewerbeakademie in der
                              									Klosterstrasse, woselbst sich jetzt das Trachtenmuseum befindet, und der Technischen
                              									Hochschule in Charlottenburg vor.
                           Zwei Namen symbolisieren den Entwickelungsgang beider Anstalten, die Namen Karl Friedrich Schinkel und Wilhelm Beuth, ersterer als Lehrer an der Bauakademie von 1820 bis 1841,
                              									Vertreter idealistischer, letzterer als Begründer und Leiter der Gewerbeschule und
                              									des Gewerbeinstituts, Vorläufer der Gewerbeakademie, Vertreter streng realistischer
                              									Anschauungen. In den Jahren 1831 bis 1845 bekleidete Beuth das Direktorat beider Lehranstalten. Der 1. Oktober 1849 gab beiden
                              									Lehranstalten mit neuen Direktoren eine neue Verfassung. Zur Gewerbeakademie wurde
                              									das Gewerbeinstitut erst zu Anfang von 1866 erhoben. Die Jahre 1868 bis 1878
                              									brachten beiden Anstalten allmählich die vollständige Gleichstellung mit den
                              									Universitäten: Wahl des bisher den Geheimräten des Handelsministeriums
                              									entnommenen Direktors aus der Lehrerschaft, Mitwirkung der letzteren in der
                              									Verwaltung, Organisation der Studentenschaft. Der erste Direktor der Bauakademie,
                              									welcher den veränderten Verhältnissen entsprach, war Prof. Lucae (1873 bis 1877), der erste aus dem Lehrerkollegium hervorgegangene
                              									Direktor der Gewerbekammer Prof. Reuleaux (1868 bis
                              									1879). Ihren Abschluss erreichte diese Entwickelung, als bei der 1877 vom
                              									Abgeordnetenhause angeregten Verschmelzung beider Institute, die bis zum 1. April
                              									1879 durchgeführt war, der neuen an diesem Tage ins Leben tretenden „Technischen
                                 										Hochschule“ eine Verfassung gegeben wurde, kraft deren von da ab, wie an den
                              									Universitäten, der Rektor von der Lehrerschaft selbst gewählt, eine Gliederung in 5
                              									(später 6) Abteilungen herbeigeführt und eine weitgehende Beteiligung der Lehrer an
                              									Organisation und Verwaltung der Lehranstalt gewährt wurde. Der erste gewählte Rektor
                              									war Prof. Hermann Wiebe.
                           In den Jahren 1878 bis 1884 erfolgte die Errichtung des Prachtgebäudes der
                              									nunmehrigen, hoffentlich für immer ungeteilten Technischen Hochschule zu
                              									Charlottenburg, ein Werk, mit dem die Namen Lucae,
                                 										Hitzig und Raschdorff ehrenvoll verknüpft sein
                              									werden. In den seither verflossenen 15 Jahren hat die Entwickelung der Technischen
                              									Hochschule einen solchen Aufschwung genommen, dass die auf 2000 Besucher berechneten
                              									Räume bei weitem nicht mehr zureichen; denn die am 1. April 1879 nur 1200
                              									Studierende betragende Frequenz ist gegenwärtig auf 3800 gestiegen. Grosse Neu- und
                              									Erweiterungsbauten sind deshalb zur Zeit im Gange. Der Lehrkörper besteht
                              									gegenwärtig aus 135 selbständigen Lehrern (79 angestellten Professoren und Dozenten
                              									und 56 Privatdozenten, ungerechnet 132 ständige Assistenten, Sprachlehrer etc.). Die
                              									Zahl der Sammlungen und Lehrmittel, welche dem Institut zur Verfügung stehen, ist
                              									gross; seine Laboratorien, die chemischen, das elektrotechnische und dasjenige für
                              									Maschinenbau, sind vortrefflich eingerichtet.