| Titel: | Dellwik-Fleischer's Wassergasverfahren und seine Anwendungen. | 
| Autor: | Alfons Bujard | 
| Fundstelle: | Band 314, Jahrgang 1899, S. 65 | 
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                        Dellwik-Fleischer's Wassergasverfahren und seine
                           								Anwendungen.
                        Von Dr. Alfons
                                 								Bujard.
                        Dellwik-Fleischer's Wassergasverfahren und seine
                           								Anwendungen.
                        
                     
                        
                           Den Fortschritten der Wassergasindustrie wird allseitig ein grosses Interesse
                              									entgegengebracht. Nicht nur die industriellen Kreise, sondern neuerdings auch die
                              									Stadtverwaltungen ziehen die Frage der Benutzung des Wassergases, letztere wohl
                              									hauptsächlich als Ergänzung der Steinkohlengaswerke, ernstlich in Erwägung.
                              									Besondere Verhältnisse haben es mit sich gebracht, dass das blaubrennende Wassergas
                              									in Nordamerika schon längst in Gaszentralen erzeugt und als Beleuchtungsgas
                              									vermittelst Karburation durch Leuchtöle benutzt wird. Insbesondere die Erfindung des
                              									Auer-Lichtes, welches bekanntlich nur entleuchtetes oder nicht leuchtendes Gas für
                              									seinen Betrieb erfordert, macht es möglich, sich auch bei uns dieses Gas zu
                              									Beleuchtungszwecken dienstbar zu machen und es, was allerdings noch gute Wege haben
                              									dürfte, in Zentralgasanlagen für sich allein zu erzeugen oder es dem Steinkohlengase
                              									in grösseren oder kleineren Prozentsätzen beizumischen.
                           Einen wichtigen Fortschritt in der Wassergasindustrie bilden die Untersuchungen Dellwik-Fleischer's, welche die Möglichkeit ergeben
                              									haben, aus derselben Menge von Brennstoff mehr als doppelt so viel Wassergas zu
                              									erzeugen, indem beim Aufblasen der Kohlenstoff nicht zu Kohlenoxyd (Kohlennonoxyd),
                              									sondern zu Kohlensäure (Kohlendioxyd) verbrennt.
                           Wir geben hiermit eine Uebersicht über den Stand der Wassergasfrage nach der Dicke'schen Schrift, welche am Schluss der Abhandlung
                              									citiert ist.
                           Das Dellwik-Fleischer'sche Verfahren zur Erzeugung von
                              									Wassergas beruht auf einer Erfindung von Karl Dellwik
                              									und ist von Dr. E. Fleischer wissenschaftlich begründet
                              									und auf den jetzigen Stand gebracht worden.
                           Wenn Wasserdampf durch glühenden Kohlenstoff strömt, so entsteht ein Gemisch von
                              									Kohlensäure, Kohlenoxyd und Wasserstoff, Wassergas genannt, und zwar variirt der
                              									Kohlensäuregehalt je nach der Temperatur, welcher der Wasserdampf beim Durchströmen
                              									ausgesetzt ist.
                           Ist die Temperatur hinreichend hoch, so bilden sich keine Kohlensäure, sondern
                              									Kohlenoxyd und Wasserstoff und die theoretische Zusammensetzung des entstandenen
                              									Wassergases ist:
                           
                              
                                 
                                 50
                                 Vol.-%
                                 CO,
                                 
                              
                                 
                                 50
                                 „
                                 H,
                                 
                              
                                 oder
                                 93,33
                                 Gew.-%
                                 CO,
                                 
                              
                                 
                                   6,67
                                 „
                                 H.
                                 
                              
                           Sinkt die Temperatur, so entsteht nach und nach immer mehr Kohlensäure und in
                              									demselben Masse weniger Kohlenoxyd, so dass schliesslich ein Gas, bestehend aus
                           
                              
                                 33
                                 Vol.-%
                                 CO2,
                                 
                              
                                 66
                                 „
                                 H,
                                 
                              
                                 91,67
                                 Gew.-%
                                 CO2,
                                 
                              
                                   8,33
                                 „
                                 H
                                 
                              
                           erhalten wird. Nach den Versuchen von Naumann und Pistor (Berichte der chemischen Gesellschaft, Jahrg. 18 Heft 14) fängt
                              									Kohlensäure, über Kohlenstoff geleitet, bei etwa 550° C. an, sich in Kohlenoxyd
                              									umzusetzen; bei 950° C. beträgt die Umsetzung schon 94% und ist bei 1000° etwa
                              									vollkommen.
                           Aehnlich verhält sich Wasserdampf, wenn derselbe auf glühenden Kohlenstoff
                              									trifft.
                           Bei 500° ist die Zersetzung zu Wasserstoff und Kohlensäure, bei etwa 1000 bis 1200°
                              									zu Kohlenoxyd und Wasserstoff vollständig.
                           Theoretisch enthält 1 cbm Wassergas: = 0,5 cbm CO und 0,5 cbm H und erfordert zur
                              									Verbrennung: 2,387 cbm atmosphärische Luft = 3,1 kg.
                           Die praktischen Verhältnisse ergeben ein Wassergas von etwa folgender
                              									Zusammensetzung:
                           
                              
                                 CO
                                 = 40,00
                                 Vol.-%
                                 
                              
                                 H
                                 = 51,00
                                 „
                                 
                              
                                 CH4
                                 = 0,55
                                 „
                                 
                              
                                 CO2
                                 = 4,80
                                 „
                                 
                              
                                 N
                                 = 3,65
                                 „
                                 
                              
                           Dasselbe besitzt pro 1 cbm eine Verbrennungswärme von 2570
                              									Kal. Die älteren Wassergasgeneratoren produzieren beim jedesmaligen Warmblasen,
                              									welches pro Stunde etwa 45 Minuten dauert, Generatorgas (CO + N) und haben eine
                              									Wassergasproduktionszeit von nur 15 Minuten pro Stunde.
                           Die Wassergasgeneratoren System Dellwik jedoch
                              									produzieren beim jedesmaligen Warmblasen kein Generatorgas, sondern Abhitze (CO2 + N), und zwar braucht man für Warmblasen pro
                              									Stunde eine Zeit von etwa 10 Minuten, wodurch etwa 50 Minuten auf die
                              									Wassergasproduktion entfallen, so dass pro 1 kg Koks im Dellwik-Generator die hohe
                              									Ausbeute von 2,5 cbm Wassergas erzielt wird, gegenüber nur 1 cbm Wassergas bei den
                              									älteren Verfahren. Folgende Wärmevergleichsberechnung zeigt die bei dem
                              									Wassergasprozess System Dellwik disponibel verbleibende
                              									Wärmemenge:
                           
                              
                                 1 Molekül H2O = 18 kg Dampf
                                    											braucht zur   Zersetzung: 2 × 28780
                                 = 57560
                                 Kal.
                                 
                              
                                 1 Atom C = 12 kg dadurch zu CO verbrannt  
                                    											liefert
                                    28800
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 folglich fehlen:
                                    28760
                                 Kal.
                                 
                              
                           Diese sind zuzuführen, d.h. zur Zersetzung von je 18 kg Dampf
                              									sind 28760 Kal. durch Warmblasen zu ersetzen.
                           Von dieser Wärme ist nur derjenige Teil für die nächste Dampfzersetzung disponibel,
                              									welcher in dem Koks verbleibt. Man hat daher als die durch Warmblasen erzeugte,
                              									disponible Wärme die Differenz zwischen der Gesamtverbrennungswärme und der durch
                              									die Verbrennungsgase entführten anzusehen.
                           Nehmen wir nun an, es werde in einem Falle die Kohle zu CO, im anderen zu CO2 verbrannt, in jedem Falle aber in der richtigen
                              									(theoretischen) Luftmenge. Dann haben wir pro 12 kg C (Kohlenstoff):
                           
                           
                              
                                 A.
                                 Aelteres Wassergasverfahren, wenn C zuCO verbrannt wird: 12 C à 2400
                                    											Kal.
                                 28800
                                 Kal.
                                 
                              
                                 
                                 Dazu gehören 16 O, welche als CO bei etwa700° entweichen und dadurch
                                    											(spez. Wärmevon CO = 0,248): 28 × 700 × 0,248    4860
                                    											Kal.entführen.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 Auf 16 O kommen noch 16 × 3,31= 52,9 kg N, welche bei 700°(spez.
                                    											Wärme von N = 0,244):52,9 × 700 × 0,244                          
                                    											9035  „entführen.
                                 13895
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Daher sind rund
                                 14905
                                 Kal.
                                 
                              
                                 
                                 disponibel.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 B.
                                 Wassergasverfahren Dellwik, wenn C zu CO2(44) verbrannt wird:12 ×
                                    											8080
                                 96960
                                 Kal.
                                 
                              
                                 
                                 Die 44 CO2 (spez. Wärme = 0,217)
                                    											entziehenbei 1000°, 44 × 1000 × 0,217             9548 Kal.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 Und 2 × 52,9 = 105,8 N =105,8 × 1000 × 0,244                      
                                    											25814   „
                                 35362
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Daher disponibel hier
                                 61598
                                 Kal.
                                 
                              
                           Es bleibt daher bei gleichem C-Verbrauch bei Verbrennung zu CO2 (Dellwik) viermal so
                              									viel Wärme für Wassergas disponibel, als wie bei Verbrennung zu CO (älteres
                              									Verfahren).
                           Die Wassergasausbeute beträgt, wie schon erwähnt, 2,5 cbm pro 1 kg Koks nach dem
                              									Dellwik-Verfahren, bezogen auf ein Koksmaterial von etwa 8% Aschengehalt; diese
                              									Ausbeute hat sich auch, im Grossbetrieb ergeben.
                           Die verschiedenen Kohlengeneratoren hingegen liefern bis jetzt nachweislich nur eine
                              									Ausbeute von 1,25 cbm, welche Ausbeute sowohl für technische wie städtische Zwecke
                              									jedenfalls einen geringen wirtschaftlichen Wert haben dürfte. Einen Dellwick'schen Generator zeigt Fig. 1.
                           Von allgemeinem Interesse dürfte nun zunächst die Anwendüng des Wassergases für
                              									städtische Zwecke sein.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 314, S. 66
                              Fig. 1.Dellwik-Fleischer's Wassergasgenerator.
                              
                           Während das reine, nicht karburierte Wassergas noch bis vor wenigen Jahren auf
                              									unserem Kontinent hauptsächlich für industrielle Zwecke angewendet wurde und die
                              									Beleuchtung damit ebenfalls nur in Verbindung mit seiner industriellen Verwendung
                              									stattfand, hat sich seit der Erfindung von Auer's
                              									Glühlicht nun auch für die Beleuchtung von Städten das reine Wassergas Bahn
                              									gebrochen.
                           So hat die Stadt Radkersburg in Steiermark (noch nach einem älteren System vor
                              									mehreren Jahren) und Brummen in Holland (nach Dellwik-System) reines Wassergas
                              									eingeführt, wobei ausschliesslich Auer-Licht zur Anwendung kommt. Eine weitere
                              									Anlage nach Dellwik-System ist zur Zeit in Osterfeld im Bau. Ein Schema solcher
                              									Anlagen zeigt Fig. 2. Die Anlage besteht im
                              									wesentlichen aus folgenden Apparaten: Das nicht leuchtende Wassergas wird im
                              									Generator A erzeugt (B ist
                              									Reservegenerator), gelangt, nachdem es den Skrubber C
                              									zwecks Kühlung passiert hat, in den Ausgleichbehälter D. Letzterer hat den Zweck, das Gas in stets gleichmässigem Strome durch
                              									die Reinigeranlage passieren zu lassen, da ohne diesen die Reinigeranlage, welche
                              									jetzt genau so gross wie bei Leuchtgas ist, etwa dreimal grösser sein müsste,
                              									ausserdem das Gas ruckweise dieselbe passieren würde. Von der Reinigeranlage aus
                              									geht das Gas denselben Weg wie das Leuchtgas, also durch den Stationsgasmesser E in den Hauptgasbehälter F und von dort durch den Druckregler nach der Stadt.
                           Wo noch keine Gasanstalt ist, empfiehlt es sich, bei der Billigkeit der Anlage wie
                              									des Gases, reines Wassergas zu machen. Die Herstellungskosten des reinen Wassergases
                              									pro Kubikmeter sind kaum ein Drittel so hoch wie bei Leuchtgas, und die Anlagekosten
                              									der Gasanstalt bei kleineren Gaswerken betragen etwa die Hälfte und bei grösseren
                              									Anstalten nur ⅓ bis ¼ der Anlagekosten gleich leistungsfähiger
                              									Steinkohlengasanstalten.
                           Ungefähre Kosten der verschiedenen Lichtquellen.
                           
                              
                                 Lichtquelle
                                 Art desBrenners
                                 Konsum proStunde in l
                                 Lichtstärke(Hefnerlicht)
                                 Kosten pro Brenn-stunde in Pf.
                                 Kosten pro1000 Kerzenund
                                    											Stunde
                                 
                              
                                 An-fangs-licht
                                 MittlereLicht-stärke
                                 An Gas
                                 AnAuer-strumpf
                                 Total
                                 
                              
                                 Petroleum
                                 –
                                 –
                                 –
                                 40
                                 –
                                 –
                                 3,46
                                 Pf.86,6
                                 
                              
                                 Retorten-gas
                                 Schnitt-brenner
                                 150
                                 –
                                 16
                                 1,275
                                 –
                                 1,275
                                 80,0
                                 
                              
                                 –
                                 Argand
                                 250
                                 –
                                 30
                                 2,125
                                 –
                                 2,125
                                 71,0
                                 
                              
                                 –
                                 Regenera-tivbrennermittlererGrösse
                                 2300
                                 –
                                 530
                                 19,55
                                 –
                                 19,55
                                 37,0
                                 
                              
                                 –
                                 Auer-brenner
                                 110
                                 60–70
                                 50Die
                                          													Lichtstärke ist bei Verwendung von schwachkerzigem Leuchtgas höher
                                          													zu bewerten.
                                 0,935
                                 0,187
                                 1,122
                                 22,4
                                 
                              
                                 ReinesWassergas
                                 Auer-brenner
                                 150
                                 90
                                 75
                                 0,450
                                 0,187
                                 0,637
                                 8,5
                                 
                              
                                 Karbu-riertesWassergas
                                 Schnitt-brenner
                                 150
                                 –
                                 22
                                 1,275
                                 –
                                 1,275
                                 58,0
                                 
                              
                                 Elek-trischesLicht
                                 Glüh-lampe
                                 –
                                 –
                                 16
                                 –
                                 –
                                 –
                                 ca. 200
                                 
                              
                           Vergleichung der Wärmeabgabe pro Lichtstärke verschiedener
                              									Lichtquellen.
                           
                              
                                 Lichtquelle
                                 Wärmeeinhei-ten pro 1 l Gas
                                 Art desBrenners
                                 Konsum proStunde in l
                                 Lichtstärken(Hefnerlampe)
                                 Wärmeeinheitenpro Kreze
                                 
                              
                                 An-fangs-licht
                                 Durch-schnitt-licheLicht-stärke
                                 
                              
                                 Retorten-gas
                                 5,3
                                 Schnitt-brenner
                                 150
                                 16
                                 16
                                 
                                    \frac{150\,.\,5,3}{16}=50\mbox{ W.-E.}
                                    
                                 
                              
                                 –
                                 –
                                 Argand
                                 250
                                 30
                                 30
                                 
                                    \frac{250\,.\,5,3}{30}=44\mbox{ W.-E.}
                                    
                                 
                              
                                 –
                                 –
                                 Regenera-tivbrennermittlererGrösse
                                 2300
                                 530
                                 530
                                 
                                    \frac{2300\,.\,5,3}{530}=23\mbox{ W.-E.}
                                    
                                 
                              
                                 –
                                 –
                                 Auer-brenner
                                 110
                                 60–70
                                 60
                                 
                                    \frac{110\,.\,5,3}{50}=12\mbox{ W.-E.}
                                    
                                 
                              
                                 ReinesWassergas
                                 2,6
                                 Auer-brenner
                                 150
                                 90
                                 75
                                 
                                    \frac{150\,.\,2,6}{75}=5,2\mbox{ W.-E.}
                                    
                                 
                              
                                 Elek-trischesLicht
                                 –
                                 Glüh-lampe
                                 –
                                 16
                                 NachRenk16
                                    											Kerzen= 46 W.-E.
                                 
                                    \frac{46}{16}=3\mbox{ W.-E.}
                                    
                                 
                              
                                 Karbu-riertesWassergas
                                 6,5
                                 Schnitt-brenner
                                 150
                                 22
                                 22
                                 
                                    \frac{150\,.\,6,5}{22}=44,3\mbox{ W.-E.}
                                    
                                 
                              
                           Das Wassergas ist geruchlos, es muss daher, um es bei Defekten, Offenstehen von
                              									Halmen u.s.w., ohne weiteres entdecken zu können, riechend gemacht werden. Dies geschieht
                              									entweder mittels Merkaptan oder Karbylamin am zweckmässigsten hinter dem
                              									Druckregulator dadurch, dass durch einen eigens hierfür konstruierten Tropfapparat
                              									abgemessene Quantitäten vorgenannter Flüssigkeiten in das nach der Stadt führende
                              									Hauptrohr hineingelassen werden, woselbst die Flüssigkeit sich verflüchtigt und mit
                              									dem Gasstrom fortgeführt wird.
                           Bedenken gegen die Spuren von Eisenkohlenoxyd im Wassergas bei Verwendung von
                              									Glühlicht sind erhoben und sehr übertrieben worden. Ein Missstand ist es aber
                              									immerhin, dem man Rechnung tragen muss. Diese Eisenverbindung entsteht schon bei der
                              									Bereitung, sie ist daher im ungereinigten Wassergas vorhanden und wird bei der
                              									Reinigung aus diesem nahezu ganz entfernt. Um die nachträgliche Entstehung des
                              									Eisenkohlenoxyds zu vermeiden, ist in erster Linie dafür Sorge zu tragen, dass das
                              									gereinigte Wassergas in möglichst geringe Berührung mit blanken Eisenflächen tritt.
                              									Dieses wird erreicht durch eine sorgfältige Innenteerung des Rohrnetzes, sowie
                              									Verlegung von verzinkten schmiedeeisernen Leitungen in den Häusern hinter der Gasuhr
                              									nach den Lampen hin.
                           Die zu verwendenden Auer-Brenner sind in der Konstruktion einfacher wie die
                              									Leuchtgas-Auer-Brenner, die Entleuchtungsvorrichtung ist nicht erforderlich, und es
                              									sind diese Brenner im Prinzip kleine Argand-Brenner.
                           Im übrigen werden solche Wassergasbrenner gehandhabt wie Leuchtgas-Auer-Brenner, nur
                              									empfiehlt es sich, für die Strümpfe (infolge der höheren Flammentemperaturen als bei
                              									Leuchtgas) ein etwas stärkeres Gewebe zu nehmen.
                           Die ungefähren Kosten der verschiedenen Lichtquellen sind in der Tabelle S. 66
                              									angegeben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 314, S. 67
                              Fig. 2.Schema einer Wassergasanlage. (Reines blaues Wassergas.)
                              
                           Wie man sieht, ist die einfachste und schönste Beleuchtung, wenn man die Verwendung
                              									von Auer-Licht ganz durchführt. Will man hiervon absehen, so kann man auch
                              									karburiertes Wassergas verwenden. Eine solche Anlage zeigt Fig. 3.
                           Dies geschieht dort, wo von vornherein leuchtendes (karburiertes) Wassergas verlangt
                              									wird und die Oelpreise die Karburierung des Gases vertragen. Analog der in Fig. 2 dargestellten Anlage wird das nicht leuchtende
                              									Wassergas in dem Ausgleichbehälter D produziert, von wo aus
                              									dasselbe nach dem Retortenofen H geführt und in den
                              									Boden der Retorte zusammen mit Oel (Oelsyphon) eingeleitet wird. Das Oel fliesst in
                              									eine in die Retorte eingeschobene kurze eiserne Pfanne, verdampft in derselben, die
                              									Oeldämpfe mischen sich mit dem eintretenden Wassergas und so wird das Gemisch durch
                              									die Temperatur der Retorte (etwa 700°) zu karburiertem Wassergas vergast. Das Gas
                              									passiert dann weiter die Kondensation J, die
                              									Reinigeranlage K und gelangt auf dem schon vorher
                              									beschriebenen Wege nach dem Hauptgasbehälter und der Stadt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 314, S. 68
                              Fig. 3.Schema einer Wassergasanlage mit Oelkarburierung. (Karburiertes
                                 										Wassergas in Retorten.)
                              
                           Bekanntlich wird das Wassergas in Amerika und England meist nicht in Retorten,
                              									sondern in grossen mit dem Wassergasgenerator zusammenhängenden regeneratorartigen
                              									Kammern karburiert (nach den Systemen von Humphreys und
                                 										Glasgow, Löwe u.a.). Bei der Karburierung aber sind drei Faktoren von
                              									grosser Bedeutung, von deren Einhaltung die Herstellung eines guten gleichmässigen
                              									Gases abhängt. Es sind dieses in gleichen Zeiten gleiche Volumina Wassergas, gleiche
                              									Quantitäten Oel und gleiche Temperatur. Diese Bedingungen werden am einfachsten und
                              									sichersten von Retortenöfen erfüllt. Durch das am Boden jeder Retorte angebrachte
                              									Gaseintrittsregulierventil wird ein stets gleichmässiger Strom von Wassergas
                              									abgegeben; der Eintritt von stets gleichmässigen Quantitäten Oel ist durch die
                              									Oelreguliervorrichtung gesichert; während eine praktisch stets gleichmassige
                              									Ofentemperatur durch die Regulierung der Oefen von der Hand des Fachmannes zu
                              									erzielen ist. Ein grosser Vorzug bei Retortenkarburierung ist auch darin zu
                              									erblicken, dass man durch entsprechende Stellung der Wassergas- und
                              									Oelregulierungsventile es in der Hand hat, schnell und leicht mit den Kerzenstärken
                              									herauf oder herunter zu gehen.
                           Die Temperatur der Retorten ist hierbei nicht so hoch wie bei Leuchtgas (etwa 1000°),
                              									sondern nur etwa 700°. Die Reinigung der Retorte geschieht bei Herstellung eines 16
                              									Kerzengases in 24 Stunden zweimal, was natürlich die Haltbarkeit der Retorten
                              									günstig beeinflusst.
                           Was die Quantitäten des in Retorten produzierten karburierten Wassergases betrifft,
                              									so haben Versuche und Vergleiche dargethan, dass beispielsweise eine
                              									Leuchtgas-Normalretorte pro Stunde 40 bis 50 cbm dieses Gases von 16 bis 22 Kerzen
                              									produzieren kann. Bei Leuchtgas produziert eine solche Retorte bei 3 Zentner Ladung
                              									und 4stündiger Entgasungsdauer rund 10 cbm pro Stunde.
                           Eine weitere Anwendungsweise des Wassergases, und dies ist für grössere Gemeinden
                              									zunächst am wichtigsten, besteht in der Erweiterung der Steinkohlengasanlagen durch
                              									Zumischung von reinem Wassergas zum Leuchtgas mit oder ohne Aufbesserung der
                              									Leuchtkraft dieses Gemisches durch Benzol.
                           Bestehende Leuchtgasanstalten und besonders solche, welche einesteils an dem Maximum
                              									ihrer Produktionsfähigkeit angelangt sind, anderenteils einen guten Absatz für den
                              									Koks nicht finden, sind in der Lage, bei verhältnismässig geringen Anlagekosten
                              									durch Beimischung von Wassergas zu dem Leuchtgas die Produktionsfähigkeit des
                              									Gaswerks ganz bedeutend zu erhöhen und zwar, je nachdem der Gesamtkoks auf Wassergas vergast wird,
                              									bis auf das Vierfache der ursprünglichen Produktion (nach Dicke). Diese Beimischung vollzieht sich in folgender Weise:
                           Der Wassergasgenerator wird am zweckmässigsten, auch schon des Kokstransportes Wegen,
                              									entweder im Retortenhause selbst oder in der Nähe desselben aufgestellt (Fig. 4). Das in dem Ausgleichbehälter D produzierte nicht leuchtende Wassergas wird in
                              									einfacher Weise mittels eines Regulierventils hinter dem Exhaustor zu dem Leuchtgas
                              									geleitet, passiert mit demselben die Reinigungsanlage, sich in derselben reinigend
                              									und mit dem Leuchtgas mischend, und gelangt so als Mischgas auf dem bekannten Wege
                              									in den Hauptgasbehälter. Die eventuelle Aufbesserung des Mischgases auf bestimmte
                              									Kerzenstärke wird dann durch einen vor Eingang des Gasbehälters liegenden
                              									Benzolapparat in bekannter Weise bewirkt. Das aus dem Ausgleichbehälter D austretende Wassergas kann auch je nach Umständen
                              									eine separate Reinigungsanlage passieren und auf diese Weise nach dem
                              									Hauptgasbehälter F gelangen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 314, S. 69
                              Fig. 4.Erweiterung einer Steinkohlengasanlage durch Wassergas, karburiert
                                 										mittels Benzol. (Zumischung von reinem Wassergas zum Leuchtgas und Aufbesserung
                                 										dieses Gemisches durch Benzol.)
                              
                           Auf eines möchte aber hierbei der Referent aufmerksam machen. Das Zumischen von
                              									Wassergas ermöglicht eine ganz wesentliche Verbilligung des gemischten
                              									Steinkohlengases wohl kaum. Der Vorteil liegt mehr in der Vereinfachung des
                              									Betriebes und in dem Umstand, dass man rasch Gas machen kann und geringeren Platz
                              									braucht. Dem Wassergasprozess fehlen die Nebenprodukte, deren Vorhandensein in der
                              									Steinkohlengasindustrie neuerdings durch Verbesserung der Methode der Gewinnung
                              									einzelner derselben von grösserer Bedeutung als seither geworden ist.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)