| Titel: | Die Internationale Motorwagenausstellung zu Berlin 1899. | 
| Fundstelle: | Band 314, Jahrgang 1899, S. 121 | 
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                        Die Internationale Motorwagenausstellung zu
                           								Berlin 1899.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 106 d.
                           								Bd.)
                        Die Internationale Motorwagenausstellung zu Berlin
                           								1899.
                        
                     
                        
                           Die Berliner Maschinenfabrik Henschel und Co. G. m. b.
                                 										H., Berlin-Charlottenburg, beschäftigt sich gegenwärtig auch mit der
                              									Herstellung aller Arten von Motorfahrzeugen. Sie wendet die ihr geschützten Benzin-
                              									und elektrischen Motoren sowohl für Wagen als auch für Boote an. Auf der Ausstellung zeigte
                              									diese Firma interessante Erzeugnisse, nämlich ein zweisitziges Elektromobil
                              									(Phaethon), einen Benzinmotorwagen (zweisitziger mit Führersitz), ein kleines
                              									Motorboot mit Benzinmotor, ein Motordreirad mit aufsetzbarem Sitz für ein bis zwei
                              									Personen und endlich verschiedene kleine Modelle.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 314, S. 122
                              Fig. 41.Elektrische Droschke der Berliner Maschinenfabrik Henschel und
                                 										Co. G. m. b. H.
                              
                           Der Firma Henschel und Co. gebührt übrigens der Ruhm,
                              									die ersten elektrischen Droschken (Fig. 41) in Berlin
                              									eingeführt zu haben.
                           Ein besonderer Vorzug des neuen Systems liegt darin, dass man die Antriebsmotoren an
                              									beliebiger Stelle des Gefährtes unterbringen kann, z.B. in dem Wagenkasten;
                              									infolgedessen ist der ganze Antriebsmechanismus für das Auge unsichtbar.
                           Bei unserer Taxameterdroschke liegen die beiden Elektromotoren in M unter dem Kutschersitz. Mittels je einer biegsamen
                              									Welle W (eine patentierte neue Spezialität der Firma
                              										Henschel und Co.), die für besonders grosse
                              									Kraftbeanspruchungen gut geeignet ist, werden je ein Hinterrad mittels
                              									Kettenübertragung in Bewegung gesetzt. Durch dieses Verfahren wird das
                              									Differentialgetriebe überflüssig, ausserdem ist die Möglichkeit einer Reserve
                              									gegeben. Die Motoren sind gänzlich eingekapselt, daher also auch staubsicher und
                              									besitzen bei einer Spannung von ungefähr 85 Volt eine Tourenzahl von 1100 pro
                              									Minute.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 314, S. 122
                              Fig. 42.Elektrisches Phaethon der Berliner Maschinenfabrik Henschel und
                                 										Co. G. m. b. H.
                              
                           Von besonderer Bedeutung ist die Lagerung des Zapfens für das kleine Kettentriebrad,
                              									da sie ein durchaus stossfreies Anfahren der Droschke ermöglicht, wodurch der
                              									Antriebsmechanismus wesentlich geschont wird. Mit Hilfe des Zwischengliedes, der
                              									biegsamen Welle, das den Schwingungen des Wagens folgt, war man im stände, die
                              									Motoren fest mit dem Wagenkasten zu verbinden. Die Akkumulatorenbatterie wird von
                              									der Hagener Akkumulatorenfabrik-Actiengesellschaft
                              									geliefert und in einem besonderen Kasten B unter dem
                              									Wagen in wenigen Minuten untergebracht. Hierdurch bietet sich wiederum ein
                              									grosser Vorteil, nämlich, die Batterien in ganz kurzer Zeit auszuwechseln.
                           Für den Fall, dass einer der Motoren defekt werden sollte, ist die Schaltung im
                              									Kontroller so eingerichtet, dass jeder Motor für sich allein arbeiten, bezw. den
                              									Wagen antreiben kann, allerdings mit geringerer Fahrgeschwindigkeit.
                           Die Lenkung der Droschke geschieht durch ein Handrad S,
                              									welches den Zahnkranz des Drehschemels bethätigt. Da dieser in Kugellagern läuft,
                              									ist die Lenkung eine ebenso leichte wie sichere. Der Wagenlenker bedient das
                              									Steuerrad S mit der rechten Hand, mit der linken Hand
                              									den Hebel H des Kontrollers.
                           Die für diese öffentlichen Fuhrwerke erforderliche sichere Bremsung erfolgt sowohl
                              									elektrisch als auch mechanisch. Die letztere Art der Bremsung wird durch einen
                              									Fusstritt bethätigt und wirkt zur selben Zeit am Motor und an dem Radkranz der
                              									Hinterräder.
                           Die Akkumulatorenbatterie hat eine Kapazität von ungefähr 60 bis 70 Ampère-Stunden
                              									und genügt für eine Fahrstrecke von etwa 30 km. Die Batterie besteht aus 44 Zellen,
                              									so dass die Motoren mit einer Spannung von 80 bis 90 Volt arbeiten. Die notwendigen
                              									Widerstände sind in dem Kasten unterhalb des Kutschersitzes. Der Kontakt zur
                              									Bethätigung des elektrischen Warnsignals ist leicht mit dem Fusse erreichbar und
                              									befindet sich vorn an dem Wagen. Die biegsamen Wellen sind in Rollenlagern gelagert;
                              									der Nutzeffekt dieser Uebertragung ist wesentlich höher als derjenige mit
                              									Zahnrädern.
                           Die durchschnittliche Geschwindigkeit der Droschke beträgt 14 km, die maximale
                              									Fahrgeschwindigkeit etwa 18 km pro Stunde. Das Gewicht des (unbesetzten) Wagens
                              									beträgt 1250 kg; derselbe fasst mit dem Führer sechs Personen. Die Räder tragen
                              									Vollgummi von 70 mm Breite, welche sich für diese Last nach den vorgenommenen
                              									Versuchen gut bewähren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 314, S. 122
                              Fig. 43.Ladestation der Berliner Maschinenfabrik Henschel und Co. G. m.
                                 										b. H.
                              
                           Unter den ausgestellten Gegenständen erregte das elektrische Phaethon derselben Firma
                              										(Fig. 42) die allgemeine Aufmerksamkeit. Dasselbe
                              									zeichnet sich durch gefällige Form und verhältnismässig geringes Gewicht vorteilhaft
                              									aus; es eignet sich sowohl für den praktischen Gebrauch, als auch für Freunde des
                              									Automobilsports. Der Wagen ist für zwei Personen eingerichtet und kann noch mit
                              									einem Rücksitz versehen werden. Die Akkumulatoren gestatten bei einmaliger. Ladung
                              									eine Leistungsfähigkeit bis zu 70 km Wegstrecke. Die Räder sind mit. Pneumatiks
                              									ausgerüstet; die Federung ist eine gute und solide. Die Bremsung ist eine sichere,
                              									und zwar sind zwei mechanische Bremsen angebracht; ausserdem kann auch der Wagen
                              									elektrisch gebremst werden.
                           
                           Um das Fahrzeug auch dort, wo kein elektrischer Betriebsstrom vorhanden ist,
                              									benutzen zu können, hält die Firma zur Ladung der Akkumulatoren fahrbare
                              									Ladestationen (Fig. 43), die auch ausserhalb der
                              									Ladezeit für Beleuchtungs- und andere Zwecke benutzt werden können, zur Verfügung
                              									des Käufers. Das Verdeck des Wagens ist abnehmbar und kann dieser auf Wunsch als
                              									Dos-à-Dos eingerichtet werden, ebenso wie er auch durch Aufsetzen eines
                              									entsprechenden Wagenkastens als Geschäftswagen verwendbar ist. Steigungen können bis
                              									zu 10% ganz leicht überwunden werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 314, S. 123
                              Fig. 44.Motorboot für elektrischen und Benzinbetrieb der Berliner
                                 										Maschinenfabrik Henschel und Co. G. m. b. H.
                              
                           Ein weiteres von der Firma Henschel und Co.
                              									ausgestelltes interessantes Objekt war das Motorboot für elektrischen und
                              									Benzinbetrieb (Fig. 44). Der praktisch gebaute und
                              									geschützte Bootsantrieb (Fig. 45) besteht aus dem
                              									Motor, der biegsamen Welle und dem Propeller, welche sämtlich auf einem
                              									gemeinschaftlichen Rahmen befestigt sind, so dass die gesamte Vorrichtung ein
                              									zusammenhängendes Ganzes bildet. Der Motor, welcher ein Elektromotor oder
                              									Explosionsmotor sein kann (der also in ersterem Falle mit Hilfe einer
                              									Akkumulatorenbatterie, im letzteren zweckmässig mit Benzin betrieben wird), ist mit
                              									der biegsamen Welle gekuppelt; letztere erhebt sich schwanenhalsartig über die
                              									Bordwand des Bootes und trägt an ihrem öderen Ende den Propeller.
                           Die biegsame Welle ist in einer Stahlröhre gelagert, Welche zur ihrer Führung
                              									bestimmt ist, und welche gleichzeitig den Druck des Propellers aufnimmt und diesen
                              									Druck auf das Boot überträgt. Dabei ist die Lagerung des erwähnten Stahlrohres im
                              									Hinblick auf die Druckübertragung derartig durchgeführt, dass sich das Rohr um eine
                              									vertikale Achse drehen kann. Daraus ergibt sich der wesentliche Vorteil, dass sich
                              									der Propeller gleichzeitig auch zum Steuern verwenden lässt, da das Rohr und damit
                              									der Propeller sich im Winkel zum Schiffskiel einstellen lassen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 314, S. 123
                              Fig. 45.Bootsantrieb der Berliner Maschinenfabrik Henschel und Co. G. m.
                                 										b. H.
                              
                           Die Kuppelung zwischen der biegsamen Welle und dem Motor, welche bei dem Bootsantrieb
                              									mit Explosionsmotor auch die Umsteuerung mit einschliesst, ist derartig hergestellt,
                              									dass die in dem Rohre laufende biegsame Welle den Bewegungen desselben nach allen
                              									Seiten folgen kann. Die biegsame Welle selbst, welche nach einem neuen System (D. R.
                              									P.) angefertigt ist, erscheint auch für die grössten Kraftbeanspruchungen geeignet.
                              									Ihre grosse Biegsamkeit lässt selbst eine Drehung der Welle in kleinen Kurven ohne
                              									nennenswerten Kraftverlust zu. Wie wir erfahren, haben vorgenommene Messungen
                              									thatsächlich ergeben, dass der Nutzeffekt dieser neuen Uebertragung bei weitem höher
                              									ist, als der einer gleichen Uebertragung mit starrer, durch den Kiel des Bootes
                              									geführter Welle. Bei der letzteren Uebertragung geht durch die notwendig werdende
                              									Stopfbüchse natürlich viel Kraft verloren und es ist daher leicht ersichtlich,
                              									warum bei Benutzung einer solchen Uebertragung besonders für kleinere Boote
                              									unverhältnismässig grosse Motoren notwendig werden. Die Motoren für den neuen
                              									Bootsantrieb können bei den aufgezählten Vorteilen, die deren Verwendung bietet,
                              									durchschnittlich 20 bis 30% kleiner sein, als für die Antriebe älterer Konstruktion.
                              									Die biegsame Welle besteht aus federhartem Tiegelgussstahldraht und läuft in
                              									Vaseline; die Abnutzung ist infolgedessen die denkbar geringste.
                           Den Bootsantrieb, welcher der Berliner Maschinenfabrik
                                 										Henschel und Co. gesetzlich geschützt und von dieser fabrikmässig
                              									hergestellt wird, liefert die Firma komplett zum fertigen Einbau in das Boot. Es ist
                              									möglich, kleinere von 6 bis 8 m Länge innerhalb einer Stunde, im Notfalle in wenigen
                              									Minuten in ein Motorboot zu verwandeln. Für die Beiboote unserer grossen Kriegs- und
                              									Handelsschiffe dürfte dieser Motor von grosser Bedeutung sein; auch ist damit ein
                              									Mittel an die Hand gegeben, Fähren motorisch zu betreiben, und dem Segelboot bei
                              									flauem Winde eine wirkungsvolle motorische Hilfe zu geben.
                           Der elektrische Antrieb ist überall da zu empfehlen, wo Elektrizität billig und
                              									bequem zu haben ist, um die Akkumulatoren laden zu können, während der Benzinbetrieb
                              									überall da zweckmässig sein wird, wo Elektrizität nicht erhältlich ist, und vor
                              									allen Dingen lange Strecken durchfahren werden sollen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 314, S. 123
                              Fig. 46.Motordreirad mit abnehmbarem Zweisitz der Berliner
                                 										Maschinenfabrik Henschel und Co. G. m. b. H.
                              
                           Der Bootsantrieb ist im äussersten Hinterteile des Fahrzeuges untergebracht,
                              
                              									beansprucht wenig Raum und kann in jedes vorhandene alte Boot eingesetzt werden.
                           Ausser dieser Spezialität fertigen Henschel und Co.
                              									Motordreiräder (Fig. 46) mit abnehmbarem Zweisitz an.
                              									Dieselben sind in ihrer Form, sowie in der Anbringung des Motors und seiner
                              									Mechanismen ähnlich demjenigen von Cudell, Hille,
                                 										Kretzschmar u.s.w. (s. D. p. J. 1899 311 140 bis 141 Fig. 62 und 66). Der Zweisitz wird an
                              									Stelle des Sattels und mit einer besonderen Federung auf das Dreirad aufgesetzt. Man
                              									kann also das gewöhnliche Motordreirad schnell in ein Automobil verwandeln, welches
                              									nunmehr sowohl als Einsitzer, sowie auch als Zweisitzer verwendbar ist. Uebrigens
                              									liefert die Firma für diese Motordreiräder noch ein- bezw. zweisitzige Anhängewagen,
                              									so dass es dem Fahrer ermöglicht ist, unter Ausnutzung all dieser Kombinationen sich
                              									je nach Bedarf in Besitz verschiedenartiger Motorfahrzeuge zu setzen.
                           Ein interessantes Objekt auf der Ausstellung war der Akkumulator System Ribbe der Vereinigten
                                 										Akkumulatoren- und Elektrizitätswerke Dr. Pflüger und Co. in Berlin.
                           Da an Akkumulatoren für Motorwagen besonders hohe Anforderungen gestellt werden, muss
                              									deren Konstruktion auf das sorgfältigste ausgeführt werden. Dabei soll aber der
                              									Akkumulator möglichst leicht sein, um das Gewicht des Wagens nicht zu sehr zu
                              									vermehren, d.h. bei sehr geringem Gewicht eine grosse Kapazität besitzen. Er soll trotz seiner
                              									dünneren Platten möglichst unempfindlich gegen Erschütterungen sein. Insbesonders
                              									soll die aktive Masse von den Platten nicht abbröckeln und die Platten sollen sich,
                              									etwa infolge eines Stosses, innerhalb der Säure nicht leitend berühren oder sich
                              									gegeneinander verschieben, da dann Kurzschlüsse entstehen können. Der Akkumulator
                              									soll ferner plötzlich starke Strommengen (z.B. beim Anfahren des Wagens und beim
                              									Ueberwinden starker Steigungen) hergeben können. Endlich müssen die Gefässe aus
                              									einem möglichst leichten, unzerbrechlichen und säurebeständigen Material
                              									bestehen.
                           Allen diesen Anforderungen genügt der in der Ausstellung vorgeführte, durch
                              									Musterschutz und Patente geschützte Akkumulator System
                                 										Ribbe, der folgendermassen konstruiert ist:
                           Der feste Kern der Platte ist eine Tafel aus 3 mm dickem Walzblei, aus der mittels
                              									Stanzen bestimmte Teile entfernt sind, wodurch ein geeignetes Gitter zur Aufnahme
                              									der Füllmasse geschaffen wird. Sie wird, wie jede andere Akkumulatorenplatte, auf
                              									beiden Seiten mit einer Schicht der aktiven Masse bestrichen und darf vermöge ihrer
                              									eigenartigen Konstruktion als ein Mittelding zwischen einer Gitter- und einer
                              									Massenplatte bezeichnet werden. Laut Prüfungsschein der physikalisch-technischen
                              									Reichsanstalt zu Berlin-Charlottenburg besitzt eine komplette Zelle von 7,6 kg
                              									Gesamtgewicht inkl. Säure, gemessen bei stossweiser Entladung (also unter Umständen,
                              									wie sie dem Strassenbahnbetriebe entsprechen), eine Kapazität von 94 Ampère-Stunden
                              									bis zu einer Spannung von 1,5 Volt und von 84 Ampère-Stunden bis zu einer Spannung
                              									von 1,8 Volt. Es entfallen also im letzteren Falle auf 1 kg Gesamtgewicht etwa 11
                              									Ampère-Stunden.
                           Die zweite Bedingung, Widerstandsfähigkeit gegen Erschütterungen, insbesondere
                              									Verhinderung des Abbrökkelns der aktiven Masse, dann der Verschiebung oder
                              									gegenseitigen Berührung der Platten, d.h. Verhinderung von Kurzschluss ist beim
                              									Akkumulator System Ribbe in vollkommener Form erfüllt.
                              									Beide Seiten der Platten sind nämlich mit einem perforierten Celluloidblatt bedeckt
                              									und beide Blätter durch zahlreiche kreisrunde Löcher, also durch die Platte
                              									hindurch, miteinander durch Aceton verklebt, welches das Celluloid auflöst und nach
                              									Erstarrung die beiden Celluloidblätter an der Berührungsstelle zu einem Ganzen
                              									verbindet. Das Celluloid liegt nun völlig schlaff an der Oberfläche der Platte an
                              									und die Platte bildet so mit ihrem Schutzpanzer ein innig verbundenes Ganzes. Es
                              									gelingt nur unter Anwendung starker Werkzeuge, das Celluloid abzureissen. Dem
                              									Loslösen der aktiven Masse ist also schon rein mechanisch vorgebeugt und ihr
                              									Herabbröckeln vollständig ausgeschlossen. Diese Art der Anbringung der
                              									Celluloidblätter bietet noch folgenden wesentlichen Vorteil:
                           Man kann nämlich auf der Plattenoberfläche Celluloidstäbchen festkleben, die jede
                              									Berührung der Platten völlig verhindern. Dieses Verfahren hat einen ganz erheblichen
                              									Vorzug vor den lose zwischen den Platten aufgestellten Stäbchen.
                           Die ganze Art des Aufbaues ermöglicht also, bei völliger Stabilität des Ganzen und
                              									völliger Vermeidung der gegenseitigen Berührung der Platten, den vorhandenen Raum in
                              									denkbar günstiger Weise auszunutzen, so dass auch die zweite Bedingung vollständig
                              									erfüllt ist. Wenn ein leitender Körper versehentlich zwischen die Platten gelangen
                              									sollte, wird ein Kurzschluss nicht eintreten können, da nur das Celluloid berührt
                              									wird. Selbst gegenseitiges Berühren der Platten bei starker Quetschung bei einem
                              									Wagenzusammenstoss würde einen Kurzschluss ausschliessen.
                           Dass der Akkumulator System Ribbe die dritte Bedingung,
                              									plötzlich grosse Strommengen hergeben zu können, erfüllt, folgt aus den praktischen
                              									Ergebnissen der Probefahrten mit dem unten zu beschreibenden Trambahnwagen.
                           Als Gefässmaterial kann für den Akkumulator jede beliebige säurebeständige, leichte
                              									und elastische Substanz gewählt werden, wie Celluloid, Hartgummi u. dgl.
                           Ueber die Frage, wie dieser Akkumulator sich im praktischen Betrieb bewährt hat,
                              									können wir folgendes mitteilen.
                           Mit einer Ribbe'schen Batterie war ein Motorwagen
                              									der Linie „Zoologischer Garten–Steglitz Schlosspark“ mehr als 3 Monate in
                              									regelmässigem, und 3 Monate im Probebetrieb. Die Strecke hin und zurück – 12 km –
                              									wurde inkl. aller Haltestellen u.s.w. in 1 Stunde zurückgelegt, was bei 15 Fahrten
                              									täglich einer Tagesleistung von rund 180 km entspricht. Die Geschwindigkeit musste
                              									hierbei stellenweise auf 25 km erhöht werden. Für diese Leistung genügte eine
                              									einzige Ladung des Akkumulators, die nachts vorgenommen wurde und demnach für den
                              									ganzen Tagesbedarf ausreichte – ein sprechendes Beispiel für die ausserordentliche
                              									Kapazität bei geringem Gewicht. Betrug doch das Gesamtgewicht der Batterie 3,3 t!
                              									Auf derselben Strecke konnte der mit dem Akkumulator ausgestattete zweiachsige
                              									Motorwagen ohne Schwierigkeiten einen grossen vierachsigen Anhängewagen
                              									(Eigengewicht 5600 kg) mitnehmen, trotzdem einzelne Strecken bei gleichzeitigen
                              									scharfen Kurven Steigungen bis zu 1 : 22 (Schmargendorf–Wilmersdorf) aufwiesen. Das
                              									Anfahren an diesen Stellen zeigte wohl einen Ausschlag des Strommessers bis auf etwa
                              									150 Ampère (Normalstromverbrauch nur 20 bis 25 Ampère), hatte aber sonst keinerlei
                              									nachteilige Folgen für den Akkumulator, so dass also der Beweis für das
                              									Vorhandensein der dritten Bedingung, nämlich Fähigkeit, plötzliche und hohe
                              									Stromstösse hergeben zu können, erbracht ist. Nach diesen 6 Monaten zeigte sich die
                              									Kapazität der Batterie als durchaus unvermindert. Die einzelnen Zellen wiesen keine
                              									Spur einer Veränderung auf. Das Celluloid war glasklar und unverändert wie zu
                              									Anfang. Aus diesen Daten geht zur Genüge die hohe praktische Leistungsfähigkeit des
                              									Akkumulators hervor.
                           Ein ebenfalls interessantes Objekt, welches auf der Ausstellung vorgeführt wurde, war
                              									der elektrische Fahrradmotorwagen „Electra“ (System Müller) von A. Krüger in Berlin. Dieses
                              									Fahrzeug (Fig. 47), welches Platz für zwei Personen
                              									bietet, wird mit transportabler Elektrizität betrieben.
                           In fachmännischen als auch Laienkreisen machte sich schon seit einiger Zeit das
                              									Bedürfnis fühlbar, unabhängig von jeder Ladegelegenheit (wie sie bei Akkumulatoren
                              									erforderlich) Elektrizität in irgend einer Form käuflich, wie z.B. Petroleum, Benzin
                              									u.s.w., zu erwerben.
                           In der „transportablen Elektrizität“ (D. R. P. Nr. 93427 u.s.w.) ist es
                              									gelungen, eine primäre galvanische Batterie mit leicht auswechselbaren Elektroden
                              									(Platten) von hoher Leistungsfähigkeit zu schaffen. Diese Batterie zeichnet sich vor
                              									Akkumulatorenbatterien durch ein wesentlich geringeres Gewicht bei gleicher
                              									Kapazität aus, wobei die Leistungsfähigkeit noch dadurch erhöht wird, dass die
                              									Spannung bei gleicher Zeilenzahl etwa 20% höher ist. Hierzu tritt der weitere
                              									Vorteil, dass der Raumbedarf der „transportablen Elektrizität“ gegenüber den
                              									Akkumulatorenbatterien bei gleicher Leistungsfähigkeit ein wesentlich geringerer
                              									ist.
                           Diese hohe Leistungsfähigkeit wird durch die eigenartige Zusammensetzung der Batterie
                              									erreicht. Als positive Elektroden werden nämlich Bleisuperoxydplatten und als
                              									negative Zinkplatten verwendet. Die nach eigenem Verfahren (D. R. P.) hergestellten
                              									Bleisuperoxydplatten besitzen eine grosse Porosität und bedeutende Härte. Die Poren
                              									der Platten sind mit einem konzentrierten Elektrolyten gefüllt, welcher durch
                              									einfaches Aufgiessen von Wasser ausgelaugt wird.
                           Die Batteriekästen erhalten einzelne Zellen, in welche die Zinkplatten bereits
                              									eingesetzt sind und werden durch sinnreich konstruierte Deckel (D. R. G. M.)
                              									geschlossen. Zum Zweck der Benutzung einer solchen Batterie setzt der Konsument die
                              									entsprechende Anzahl Superoxydplatten in die Zellen, füllt dieselben mit
                              									gewöhnlichem Wasser und schliesst den Deckel. Die Batterie ist sodann sofort
                              									gebrauchsfähig und liefert eine Anfangsspannung von 2,5 Volt pro Zelle.
                           Nach stattgehabter Entladung (Verbrauch des Stromes) ersetzt man die entladenen
                              									Bleisuperoxydplatten durch frische und füllt den Apparat mit frischem Wasser,
                              									wodurch die Batterie sogleich wieder betriebsfähig wird.
                           Sowohl zur Bequemlichkeit als auch zur Vermeidung jedes Stromverlustes während der
                              									Nichtbenutzung werden grössere Batterien mit einem Füll- und Entleerapparat (D. R. P.)
                              									versehen, welcher gestattet, durch einen einzigen Handgriff die selbstthätige
                              									Entleerung bezw. Wiederfüllung der Batterie einzuleiten.
                           Die erwähnten Bleisuperoxydplatten lassen sich trocken Verpackt, beliebig lange
                              									aufbewahren. Infolgedessen wird wohl in absehbarer Zeit jedermann seinen Bedarf an
                              									Elektrizität in der Form der oben beschriebenen Platten zu allen möglichen
                              									Verwendungszwecken käuflich an allen Orten in der Weise beziehen können, wie z.B.
                              									Petroleum u.s.w., denn die Platten selbst repräsentiren einen Behälter für die
                              									Elektrizität und können nach geschehener Benutzung durch ein geeignetes Verfahren
                              									immer wieder regeneriert werden.
                           Die so erzeugte Elektrizität ist in bekannter Weise sowohl für Beleuchtung als auch
                              									Kraftbetrieb (Automobile) u.s.w. verwendbar.
                           Durch die Errichtung von Verkaufsstellen dieser Platten, selbst in den kleinsten
                              									Ortschaften, wird ganz besonders für Automobilzwecke die „transportable
                                 										Elektrizität“ an den Heerstrassen zugänglich gemacht werden können.
                           Ein besonderer Vorteil der „transportablen Elektrizität“ liegt noch darin,
                              									dass die Konsumenten mit der Lebensdauer der Bleisuperoxydplatten nicht zu rechnen
                              									haben, da der Konsument nach Verbrauch des elektrischen Stromes im Austausch gegen
                              									die benutzten Platten stets frische erhält. Die Anschaffungskosten eines Apparates
                              									zur Benutzung der transportablen Elektrizität sind daher nur eine einmalige Ausgabe,
                              									während bei Akkumulatoren bei der Lebensdauer der Platten auch die Verwendbarkeit
                              									aufhört und daher die Anschaffung einer neuen Batterie erforderlich wird.
                           Der Motorwagen selbst ist nun, wie auch aus der Abbildung zu ersehen, die Ausbildung
                              									eines Dreiradmodelles als Zweisitzer, Viersitzer u.s.w.
                           Seit dem Bestehen des Automobilismus geht das Bestreben der Konstrukteure dahin, für
                              									die elektrischen Automobile sowohl einen leichten und doch stabilen Wagen zu
                              									konstruieren, als auch durch sinnreiche und doch einfache Konstruktionen einen
                              									geeigneten Raum zur Unterbringung der Akkumulatoren, des Elektromotors und des
                              									Antriebsmechanismus zu schaffen, der die Formen des Gefährts nicht
                              									beeinträchtigt.
                           Mit dem vorliegenden elektrischen Fahrradmotorwagen „Electra“ (D. R. P. Nr.
                              									104698 und Nr. 106439) ist es dem -Erfinder W. A. Th.
                                 										Müller in Berlin gelungen, allen angeführten Ansprüchen zu genügen.
                           Die Bauart dieses Wagens ist dadurch eine besonders zweckmässige, dass die
                              									durchgehende Achse der Hinterräder Vermieden wird, wodurch ein uneingeschränkter
                              									Raum zur Aufnahme der Betriebsorgane geschaffen ist. Durch diese Konstruktion fallen
                              									die bei den bisherigen Motorwagen befindlichen kompakten Formen vollständig
                              									fort.
                           Das Konstruktionsprinzip des vorliegenden Fahrrad-Motorwagens gestattet das Gewicht
                              									des Wagengestells auf das Geringste zu reduzieren, denn alle Biegungsmomente sind
                              									auf das sorgfältigste vermieden und in den einzelnen Gestängen kommen nur Zug- und
                              									Druckspannungen vor. Trotzdem sind alle Teile des Wagens reichlich dimensioniert,
                              									um unvorhergesehenen Beanspruchungen mit Sicherheit widerstehen zu können.
                           Der Gang des Wagens ist vermöge seiner Einrichtung leicht, geräuschlos und auch
                              									vollkommen stossfrei, da die Räder mit starken Pneumatiks versehen sind.
                           Bei der Lenkvorrichtung ist jeder Zwischenmechanismus vermieden worden und die bei
                              									allen Zwei- und Dreirädern bekannte Lenkvorrichtung des Vorderrades zur Anwendung
                              									gelangt, so dass jede Vorkenntnis für den Lenkmechanismus in Wegfall kommt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 314, S. 125
                              Fig. 47. Elektrischer Motorwagen „Electra“ (System Müller) von
                                 										Krüger.
                              
                           Der Elektromotor selbst ist mit einer Wickelung versehen, die es ermöglicht, langsam
                              									aber mit grosser Kraftentfaltung anzufahren, ferner die Geschwindigkeit in mehreren
                              									Abstufungen zu vergrössern, sowie andererseits zu bremsen und rückwärts zu fahren.
                              									Von besonderem Wert ist die Schaltung, welche derart ausgeführt ist, dass sich jede
                              									Bewegungsänderung durch Handhabung einer einzigen Kurbel erreichen lässt. Auch diese
                              									praktische Vorrichtung ist zum Patent angemeldet.
                           Die Federung ist durchweg eine vorzügliche; die Batterie, der Motor und der Sitz
                              									ruhen jeder für sich auf eigens hierzu konstruierten starken Federn.
                           Die Bremsung dieses elektrischen Fahrradmotorwagens geschieht sowohl durch eine Fuss-
                              									als auch durch eine elektrische Bremse.
                           Das Signal wird durch eine scharfe wohlklingende Glocke, welche elektrisch in
                              									Thätigkeit gesetzt wird, bethätigt. Vorn zu beiden Seiten des Wagens befinden sich
                              									zwei starke elektrische Reflektorlampen.
                           Der Elektromotor mit Vorgelege und die Batterie sind durch einen Aluminiumkasten
                              									vollkommen eingeschlossen, daher unsichtbar und vor Staub und Schmutz geschützt.
                           Das Gewicht des kompletten betriebsfähigen Motorwagens für 60 km Leistungsfähigkeit
                              									beträgt etwa 180 kg.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)